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Politische Kommunikation in den Massenmedien: Von der Inszenierung politischer Persönlichkeiten und ihrer Darstellung im Rahmen politischer Talkshows

©2012 Bachelorarbeit 49 Seiten

Zusammenfassung

Gegenstand der Arbeit ist es, eine möglichst aufschlussreiche Betrachtung moderner Methoden zu geben, welcher sich Politiker und Parteien annehmen, um möglichst positive Wirkung beim Bürger im Zusammenspiel mit Medien zu erzielen. Hierbei wird im Speziellen auf den Bereich der Fernsehmedien (Bewegbilder) eingegangen. Verfolgt wird die Frage nach der Wichtigkeit einer wirkungsvoll positiven Inszenierung politischer Persönlichkeiten im Massenmedium Fernsehen. Exemplarisch wird dabei das Format der politischen Talkshow aufgegriffen, da sie dem Anschein nach das passende Forum für jene Art von Darstellung bietet. Die Kernfragen sind dabei: Welche Strategien der Inszenierung gibt es? Welche Voraussetzungen müssen für eine telekonforme Darstellung erfüllt werden? Was macht die Talkshow so erfolgreich und warum ist sie, wie sie ist?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt
7. Fazit ...36
Quellenverzeichnis ...39

1. Einleitung
1. Einleitung
1.1 Thematische Grundlage
In der Bundesrepublik Deutschland existieren fünf Fernseh-Vollprogramme
1
, neun
öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalten
2
, insgesamt 54 Fernsehsender
3
, 245
Radiosender
4
, 1690 Zeitungsformate, 7722 Zeitschriften und unzählige Newsblogs.
Man kann ohne Zweifel behaupten, Deutschland ist eine Informationsgesellschaft.
Informationen erzeugen Meinungen, Meinungen sorgen für Pluralismus. Eine
Voraussetzung die sich Medienschaffende für ein ganz besonderes Medienformat zu
Nutze machen. Die politische Talkshow. Nirgends sonst finden gesellschaftliche und
politisch relevante Diskussionen ein derart öffentliches Forum wie im Polittalk. Hitzige
Debatten, konfrontative Auseinandersetzungen, brisante Konstellationen. Die Idee
scheint aufzugehen. Seit Jahren stoßen Talkshows auf eine hohe Akzeptanz bei den
Zuschauern und verdrängen damit andere, teils ehemals erfolgreiche Formate von
ihren Sendeplätzen.
5
Hohe Einschaltquoten, duzende verschiedener Sendungen und
häufige Partizipation Politiker der ersten Riege geben den Redaktionen und Anstalten
Recht. Der Polittalk lebt. Grund genug, genauer hinzuschauen und zu überprüfen,
warum das so ist. Denn wo politisch kommuniziert wird, gibt es auch, gerade bei den
Verfolgern, politisches Interesse. Interessanterweise steht dieser Entwicklung eine
völlig widersprüchliche Situation gegenüber. Politisch Interessierte werden seit Jahren
weniger
6
. Zwar stabilisiert sich die Statistik in letzter Zeit
7
, trotzdem berührt gerade
junge Menschen das Thema Politik nur peripher
8
. Um diese Diskrepanz aufzuklären
gilt es, die politische Talkshow im Einzelnen näher zu beleuchten und eine Entwicklung
1
Siehe dazu o. V. (2009): Internationales Handbuch Medien, Hrsg. Hans-Bredow-Institut, 28. Auflage,
Baden
Baden,
S.
267.
2
Siehe dazu o. V. (2011): Mitglieder der ARD, Hrsg. Ard.de, URL: http://www.ard.de/intern/mitglieder/-/
id=8146/cjedh0/index.html [Stand: 13.08.2012]
3
Siehe dazu o. V. (2007): Interessantes aus der Werbewelt, Hrsg. Global Werbeagentur,
URL: http://www.global-werbeagentur.de/news.html#medien [Stand: 13.08.2012]
4
Ebd.
5
Vgl. Gäbler, Bernd (2011): Zusammenfassung der Studie. ,,... und unseren täglichen Talk gib uns
heute!", Hrsg. Otto Brenner Stiftung, URL: http://www.otto-brenner-shop.de/fileadmin/ user_data/shop/
dokumente/obs_arbeitshefte/2011_08_12_AH68_Talkshow_Ergebnisse.pdf
[Stand:
13.08.2012]
6
Vgl. Schmidt, Steffen (2011): Politisches Interesse, Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung,
URL:
http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/
47506/politisches-interesse?p=all
[Stand:
13.08.2012]
7
Vgl. o. V. (2012):Interesse der Bevölkerung für Politik von 2007 bis 2011, Hrsg. Statista,
URL:
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/168745/umfrage/interesse-der-bevoelkerung-fuer-
politik/
[Stand:
13.08.2012]
8
Vgl. o. V. (o. J.): Jugend und Politik, Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung,
URL:
http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/40294/jugend-und-
politik?p=all
[Stand:
13.08.2012]

1. Einleitung
in der politischen Kommunikation zu erläutern, welcher sich die politische Talkshow
kräftig bedient. Der medienwirksamen Inszenierung von Politikern.
1.2 Gegenstand und Zielsetzung
Gegenstand der Arbeit ist es, eine möglichst aufschlussreiche Betrachtung moderner
Methoden zu geben, welcher sich Politiker und Parteien annehmen, um möglichst
positive Wirkung beim Bürger im Zusammenspiel mit Medien zu erzielen. Hierbei wird
im Speziellen auf den Bereich der Fernsehmedien (Bewegbilder) eingegangen.
Verfolgt wird die Frage nach der Wichtigkeit einer wirkungsvoll positiven Inszenierung
politischer Persönlichkeiten im Massenmedium Fernsehen. Exemplarisch wird dabei
das Format der politischen Talkshow aufgegriffen, da sie dem Anschein nach das
passende Forum für jene Art von Darstellung bietet. Kernfragen dabei sollen sein:
Welche Strategien der Inszenierung gibt es? Welche Voraussetzungen müssen für
eine telekonforme Darstellung erfüllt werden? Was macht die Talkshow so erfolgreich
und warum ist sie wie sie ist?
1.3 Überblick und Forschungsmethode
Um eine möglichst fundierte Grundlage zu schaffen beginnt die Arbeit mit der
Erläuterung des Verhältnisses von Medien und Politik. In diesem Kontext wird näher
darauf eingegangen, welche spezifische Rolle die Medien als politischer Informant für
die Gesellschaft haben. Das nächste Kapitel beschreibt Methoden der Inszenierung
politischer Personen in der modernen Informationsgesellschaft. Daraus hervorgehend
sollen nachfolgend Umsetzungen der medienwirksamen Darstellung gezeigt werden.
Hierbei geht es um drei Schwerpunkte. Welche Personen besonders geeignet sind, um
sich im Rahmen des Fernsehens darzustellen, welcher Voraussetzungen es bedingt,
um eine solche Person verkörpern zu können und welche visuellen und
dramaturgischen Vorgehensweisen es seitens der Akteure und Macher bedingt, um
den Zuschauer möglichst fest zu binden. Im letzten Kapitel wird auf das exemplarische
Beispiel der politischen Talkshow eingegangen. Begonnen wird mit der Erläuterung
des Formats. Differenzierter betrachtet folgt eine Analyse des mediengerechten
Gesprächs. Die Bedeutung für die Akteure soll der nächste Abschnitt erklären, gefolgt
von den Erfolgsgründen der politischen Talkshow. Abschließend wird erläutert, warum
die Talkshow, speziell in Bezug auf die Gästeauswahl, bestimmte Merkmale aufweist,
welche immer wiederkehren und welche Kritik sie damit hervorruft.
Das wissenschaftliche Herangehen der vorliegenden Arbeit fand generell unter
Zuhilfenahme der Literaturanalyse statt. Die angewendeten Quellen weisen dabei
einen Anteil an kommunikationswissenschaftlichem aber auch populärwissen-
2

schaftlichem Charakter auf. Dies liegt begründet in der Tatsache, dass es sich bei
dem Thema ,,Talkshow" durchaus um einen relevanten Gegenstand der
Kommunikations- und Politikwissenschaft handelt. Vor allem aber handelt es sich um
ein populäres TV-Format, welches für den interessierten Zuschauer in vorwiegend
populärwissenschaftlicher Literatur behandelt wird. Der Autor bittet darum, diese
Ausgangslage für die Ausarbeitung zu berücksichtigen.
2. Politik in den Massenmedien
Das Verhältnis von Politik und Medien ist im Grunde so alt, wie die Medien selbst.
Wobei in diesem Zusammenhang der Begriff Medien als das zu betrachten ist, wie
moderne Massenmedien heute verstanden werden.
,,Sammelbezeichnung für alle Kommunikationsprozesse, die sich öffentlich und
allgemein zugänglich über technische Übertragungsmittel meist einseitig an ein
weit verstreutes anonymes Publikum richten."
9
Gemeint sind also in erster Linie die Klassiker der Informationsmedien wie Zeitungen,
Zeitschriften und Bücher. In jüngerer Geschichte gesellen sich zu dieser
Zusammenstellung natürlich noch die Rundfunkmedien, Ton- und Filmträger sowie die
Digitalmedien hinzu. Um das Verhältnis von Politik und Medien allgemein zu
betrachten, soll im vorliegenden Kontext das Medium als Informationskanal über
Politik, gerichtet an den Bürger, verstanden werden. Deutschland genießt, bedingt
durch seine Geschichte, eine sehr liberale und moderne Medienlandschaft. Das
Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG
10
) und die damit verbundene
Pressefreiheit (,,Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu
äußern und zu verbreiten [...] Eine Zensur findet nicht statt."
11
) sind nicht nur eine hart
erkämpfte und durch die Geschichte geprägte Errungenschaften, im Zusammenhang
mit Berichterstattung spricht man mittlerweile von einer einflussreichen Verantwortung
der Medien. Durch die hohe Akzeptanz und starke Präsenz, sind Medien der Jetztzeit
an der Entwicklung politischer und gesellschaftlicher Prozesse beteiligt. Die
Einflussnahme einer subjektiven Darstellung von Geschehnissen ist jedoch kein
Geheimnis, das sich erst mit der Emanzipation der Medien verdeutlicht hat. Da der
Bürger in der Regel nicht selbst politische Entscheidungen und Vorgänge am Platz des
Geschehens verfolgt, sind sie der Informationskanal, auf den er sich verlässt. Zur Zeit
9
Vgl. o. V. (o. J.): Massenmedien, URL: http://www.wissen.de/lexikon/massenmedien
10
Siehe dazu o. V. (2012): Grundgesetz, URL: http://dejure.org/gesetze/GG/5.html [Stand: 13.08.2012]
11
Ebd.
3

2. Politik in den Massenmedien
der Aufklärung in Europa und der Französischen Revolution kritisierte Joseph II
12
die
Möglichkeiten freier Publikation, welche die ,,Grundsätze aller Religion und Sittlichkeit,
aller gesellschaftlichen Ordnung zu untergraben die Bande aller Staaten, aller Nationen
aufzulösen fähig sind."
13
Und das, nachdem er bereits die Rechte der
Meinungsäußerung gelockert hatte. Es wird deutlich, dass die theoretische
Machtposition in einer Gesellschaft mit freien Medien schon immer eine
ernstzunehmende Rolle gespielt hat. Klar ist, dass solche extremen Ansichten mit dem
Festhalten an Machtpositionen einer vergangenen Epoche zu tun haben. Hat man
damals befürchtet, durch freie Meinungsäußerung und unzensierte
Informationsweitergabe Aufruhr und Revolution herbeizuführen, so drückt sich das
heute in einer weitaus liberaleren Rollenzuteilung aus.
2.1 Stellung der Medien
Die Begrifflichkeit die vierte Gewalt ordnet den Medien die inoffizielle Gleichstellung
neben Legislative, Judikative und Exekutive ein. Medien haben auf verschiedene Art
und Weise die Möglichkeit, die wahrgenommene Realität zu beeinflussen bis hin zur
eigenen Gestaltung. Zwei fachlich perfektionierte Strategien hierbei sind:
1. Agenda Setting
Medien bilden Politische Vorgänge und Informationen nicht nur ab, sie selektieren,
filtern und gestalten ihre Darstellung. So wird zwangsläufig eine subjektive
Informationsvermittlung erzeugt. Der Rezipient nimmt nur noch den Ausschuss wahr
und bildet sich demzufolge anhand dieser seine politische Meinung.
14
2. Reziproke Effekte
Die Politik richtet sich in ihrer Themenfindung nach dem aktuellen Zeitgeschehen so
wie es in und durch die Medien dargestellt wird. Reziproke Effekte werden aber auch
dann geschaffen, wenn Politik sich nach den Maßregelungen der Medien richtet und
politische Ereignisse mediengerecht aufbaut.
12
Joseph II., Benedikt August Johann Anton Michael Adam (* 13. März 1741 in Wien; 20. Februar 1790
ebenda), war ein Fürst aus dem Geschlecht Habsburg-Lothringen, Erzherzog im Erzherzogtum
Österreich, wurde 1764 römisch-deutscher König und war von 1765 bis 1790 Kaiser des Heiligen
Römischen Reiches, ab 1780 auch König von Böhmen, Kroatien und Ungarn.
13
Strasser (1962), zitiert nach Wilke, Jürgen (2008): Grundzüge der Medien- und
Kommunikationsgeschichte,
Köln/Weimar/Wien,
S.
133.
14
Vgl. Bußkamp, Heike (2002): Politiker im Fernsehtalk. Strategien der medialen Darstellung des
Privatlebens von Politikprominenz, Wiesbaden, S. 19.
4

2. Politik in den Massenmedien
Es wird deutlich, dass die Medien einen hochrangigen Stellenwert im politischen
Geschehen haben. Die Frage stellt sich, wie dieser Stellenwert zustande gekommen
ist. Wie wird ein gesellschaftlicher Teil, ein Bereich oder gar eine Branche zu einem
politischen Einflussnehmer? Für diese Frage ist es wichtig zu wissen, wie Politik in
unserer Gesellschaft wahrgenommen wird.
2.2 Medien als politischer Transit
Niklas Luhmann beschreibt drei Arten von politischer Informationsweitergabe in
modernen Gesellschaften. Die erste ist die direkte Interaktion zwischen politischen
Akteuren und ihrer Umwelt. Eine Wahlkampfveranstaltung ist hier ein exemplarisches
Beispiel. Gekennzeichnet ist diese Art von Informationsfluss durch die direkte
Anwesenheit der Beteiligten. Die zweite Informationsweitergabe ist der Kontakt
zwischen Politiker und Organisationssystemen. Hierbei beschränkt sich der
Informationsaustausch auf die Weitergabe an Mitarbeiter eines oder mehrerer
Organisationssysteme. Und dies selbst bei Nichtanwesenheit dieser. Im Hinblick auf
eine demokratische Gesellschaftsordnung werden Informationen also bestenfalls durch
Vertreter einer Gruppe bzw. des Volkes aufgenommen und verarbeitet. Nicht jedoch
vom Bürger selbst. Diesen Ansatz greift eine Partei auf, um Informationen auf
Organisationsebene transparenter zu gestalten. Die Piratenpartei bietet interne
Beschlussfindungen, Verhandlungen und Diskussionen permanent via Onlinemedien
zur Einsicht an. So heißt es im Wahlprogramm der Berliner Piratenpartei:
,,Berliner werden durch die lückenhafte Wiedergabe von Sitzungen, Beratungen
und Verhandlungen des Senats auf den Onlinepräsenzen des Landes Berlin und
der Senatsverwaltungen nur unzureichend informiert. Jedoch ist freier Zugang,
online wie auch offline, zu öffentlichen Daten, Sitzungsprotokollen, Berichten,
Publikationen und Verhandlungsprotokollen Grundvoraussetzung für eine
Beteiligung durch die Einwohner dieser Stadt. Alle Informationen sind unmittelbar
und nachvollziehbar zu veröffentlichen."
15
Die Partei nimmt sich also bewusst diesem Thema an und lockert somit den
Informationsaustausch auf Organisationssystemebene. Die dritte Ebene bezeichnet
Luhmann als das Gesellschaftssystem. Hierbei handelt es sich um eine
Interaktionsverflechtung zwischen Bürger und politischem Akteur. Das heißt, es findet
eine kommunikative Erreichbarkeit statt. Diese Erreichbarkeit findet in modernen
Gesellschaften durch Massenmedien statt. Und zwar nicht unmittelbar, sondern durch
Medien vermittelt. Zwar finden sich in modernen Gesellschaften jede der drei Arten der
15
Vgl. o. V. (2011): Wahlprogramm Berlin 2011, Piratenpartei Deutschland, Landesverband Berlin, URL:
http://www.piratenpartei.de/wp-content/uploads/2012/02/Wahlprogramm-Berlin-2011.pdf, S. 10
[Stand:
13.08.2012]
5

2. Politik in den Massenmedien
Informationsweitergabe wieder, in ,,[...] hochgradig funktional differenzierten
Gesellschaften sind politische Informationen jedoch zumeist massenmedial
vermittelt."
16
Dies macht deutlich, dass sich die Allgemeinheit politisch vorrangig über
Massenmedien informieren lässt. Politikerfahrung und Meinungsbildung prägt sich
durch das, was einem die Medien servieren. ,,Alles was wir über unsere Gesellschaft
urch Massenmedien. Es sei denn, wir sind im Urlaub."
17
Die hohe
Verantwortung, die den Medien damit zukommt, liegt auf der Hand. Sie sind die
wichtigste und vorrangigste Quelle, um dem Volk Politik zu vermitteln. Um dieser
Verantwortung gerecht zu werden, gibt es Maßnahmen. Eine der Wichtigsten ist der
Rundfunkstaatsvertrag, welcher eine klare Aufgabe an die Medien stellt. Dieser
formuliert einen wirtschaftlich und politisch unabhängigen Informationsauftrag. "Auftrag
der Medien ist es, zu informieren, zu kritisieren und Orientierung zu versuchen."
18
Diesem Auftrag nehmen sich die Medien an. Die Ausführung erfolgt jedoch nach
eigenen Regeln. Medien funktionieren nach der Regel des Dirigierens der
Selbstbeobachtung einer Gesellschaft. Sie orientieren sich an der Schaffung
höchstmöglicher Aufmerksamkeit immer wechselnder Themen und überlassen es der
Gesellschaft am Ende selbst, wie sie diese interpretieren.
19
Die große Gefahr dabei ist
jedoch zunehmend das Risiko des kollektiven Irrtums.
20
Zusammenfassend lässt sich
also festhalten, Massenmedien sind der größte und wichtigste Kanal für die politische
Information in der Gesellschaft. Sie richten sich nach einem klaren Auftrag, führen
diesen, um funktionieren zu können, nach ihren eigenen Regeln aus. Sie filtern die
Wahrnehmung politischer Vorgänge und geben so ein bedingtes Bild der Politik frei,
welches zur neutralen Meinungsbildung beim Bürger reichen muss. Dem Journalismus
kommt gesellschaftspolitisch die Rolle der vierten Gewalt zu. Medien sind somit als
aktive Teilnehmer der politischen Kultur zu betrachten.
21
2.3 Rolle der Medien als politischer Aufklärer
Wie vorhergehend beschrieben, haben (vor allem die öffentlich rechtlichen
Rundfunkanstalten) einen Informations- und Orientierungsauftrag. Angesichts des
16
Bußkamp (2002), S. 17.
17
Luhmann, Niklas (1986): Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf
ökologische Gefährdungen einstellen?, Opladen, S. 9.
18
Leyendecker, Hans in Konken, Michael (2005): Medienmacht und Medienmissbrauch,
Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung, URL:http://www.bpb.de/apuz/28622/medienmacht-und-
medienmissbrauch?p=all)
[Stand:
13.08.2012]
19
Vgl. Meyer, Thomas/Ontrup, Rüdiger/Schicha, Christian (2000): Die Inszenierung des Politischen. Zur
Theatralität
von
Mediendiskursen,
Wiesbaden,
S.
35.
20
Vgl. ebd., S. 139.
21
Vgl. Groebel, Jo (2009): Polittalk: (K)Ein Nachruf, in: Michel, Sascha/Girnth, Heiko (Hrsg.): Polit-
Talkshows ­ Bühnen der Macht, Bonn, S. 71.
6

2. Politik in den Massenmedien
Nutzungsverhaltens und des gesellschaftlichen Stellenwerts der Massenmedien ist
dieser Auftrag heute wichtiger denn je. Über kein anderes System beziehen die
meisten Bundesbürger mehr Informationen als über die Medien. Indem sie den oben
genannten Auftrag erfüllen, kann man von einer Funktionswirkung der Medien
sprechen. Diese Funktionen der Medien sind rechtlich nirgends fixiert oder
beschlossen. Trotzdem findet sich in der Kommunikationswissenschaft eine
Darstellung der verschiedenen Bestimmungen der Medien wieder.
2.4 Politische Funktionen der Medien
Ein Teilbereich dieser Funktionen fällt in den Bereich des Politischen. Nachfolgend
sollen nun diese Funktionen erläutert werden.
Herstellung von Öffentlichkeit
Ronneberger meint damit nicht die Versammlung an einem öffentlichen Platz.
22
Vielmehr spricht er von einer Öffentlichkeit die dadurch entsteht, dass ,,Informationen
via Massenmedien veröffentlicht, also offiziell zugänglich gemacht werden."
23
Es soll
die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die Willensbildung einer
demokratischen Gesellschaft durch Klärung und Diskussionen von Meinungen und
Standpunkten erreicht wird. Das Veröffentlichen von Programmen, Absichten,
Forderungen und Zielen für alle, am politischen Prozess Beteiligten ist dafür
Maßgabe.
24
Die Chance seine Informationen in diese Öffentlichkeit zu bringen, müssen
theoretisch alle haben.
25
Artikulationsfunktion
Medien sollen der Vielfalt von Interessen und Meinungen zur Artikulation verhelfen.
,,Das bedeutet, dass sie als Sprachrohr für alle demokratisch akzeptablen Parteien,
Verbände und Interessengruppen fungieren (bzw. zu fungieren haben) und daher jeder
einzelne mit seiner wirklichen Überzeugung im Darstellungsraum der Medien vertreten
sein muss."
26
Korrelationsleistung
Laut Saxer haben die Medien nicht nur die Aufgabe, über ihre Möglichkeiten
Standpunkte zu verbreiten, sondern diese auch sinngemäß zu reduzieren um sie auf
22
Vgl. Burkart, Roland (2002): Kommunikationswissenschaft, 4.,überarbeitete und aktualisierte Auflage,
Wien/Köln/Weimar,
S.
363.
23
Ebd.
24
Vgl. ebd., S. 391.
25
Vgl. ebd., S. 393.
7

3. Aufbau und Inszenierung von politischer Kommunikation
ein übersichtliches Level zu bringen. Darüber hinaus sollen Medien Informationen
verständlich formulieren, artikulieren bzw. übersetzen.
27
Politische Sozialisationsleistung
Angesichts des hohen Differenzierungsgrades einer modernen Gesellschaft, wird auch
das politische System immer unübersichtlicher. Die Sozialisationsfunktion hat hier die
Aufgabe, vor allem die verschiedenen politischen Rollen (Wähler, Parteien, Mitglieder,
Demonstranten, etc.) zu erklären. Nur unter diesen Gegebenheiten ist eine eigene
Einordnung und schließlich aktive Teilnahme möglich.
28
Bildungsfunktion
Laut Ronneberger ist die Bildungsfunktion eng verknüpft mit der Sozialisierungs-
leistung und doch differenziert zu betrachten. Ziel ist es, dem Bürger die Fähigkeit zu
geben, Informationen zu empfangen und verarbeiten zu können. Diese Art von Bildung
mündet in der Fähigkeit einer eigenen Meinungsbildung.
29
Kritik- und Kontrollfunktion
Eine funktionierende Demokratie ist daran zu erkennen, dass in ihr auch Kritik
geäußert werden darf. Kritik ist zu verstehen als eine Meinung, die mit der Meinung
einer anderen Einrichtung oder Person auseinandergeht. Die Massenmedien sollen
hier die verschiedenen Perspektiven/ Kritiken öffentlich darstellen, um ein trans-
parentes Bild der Divergenzen zu erhalten.
30
3. Aufbau und Inszenierung von politischer Kommunikation
Trockene Haushaltsdebatten. Ungreifbare, außenpolitische Themen. Dimensionen in
Zahl und Wert, die für den Bundesbürger in keinem vorstellbaren Verhältnis stehen.
Die Themengebiete heutiger politischer Inhalte können dafür sorgen, dass der Bürger
Politik nur noch als bezugsferne Welten wahrnimmt. Wer als politischer Vertreter, die
Aufmerksamkeit des potentiellen Wählers erreichen möchte, muss sich
Verständigungsbrücken schaffen. Hierbei soll es nicht darum gehen, kommunikativ
denselben Level zu erreichen, sondern vielmehr darum, sprachliche und
darstellerische Mittel zu finden, um einen Rahmen von Inhalten rezeptorisch attraktiver
zu gestalten.
27
Vgl. ebd., S. 394.
28
Vgl. ebd., S. 395.
29
Vgl. ebd.
30
Vgl. ebd., S. 396.
8

3. Aufbau und Inszenierung von politischer Kommunikation
3.1 Storytelling
Die narrative Verpackung stellt eine sehr potente Methode dieser Mittel dar. Eine
Geschichte erzählen oder auch das Storytelling bedeutet im allgemeinen
Vermarktungskontext, ein Produkt oder eine Marke von einer Konkurrenz zu
unterscheiden, in dem man es/ sie durch eine Geschichte im Wert auflädt. Der
Gegenstand wird in eine organische Hülle gewickelt und somit individuell und
authentisch gestaltet. Das Mittel dieser Methode ist keinesfalls neu. Die PR und das
Marketing bedienen sich hier einem uralten Bedürfnis, welches diese Strategie so
erfolgreich macht. Menschen haben sich schon immer Geschichten erzählt.
,,Geschichten faszinieren, unterhalten, stimulieren, prägen sich ein, lassen die Welt mit
anderen Augen sehen."
31
Geschichten regen Denkprozesse an, die dazu führen, sich
intensiv mit einem Gegenstand zu beschäftigen.
Die nutzbringenden Merkmale von Storytelling sind:
- Storytelling macht neugierig.
- Es löst Emotionen aus.
- Es vermittelt das Gefühl von Vertrautheit.
- Storytelling macht komplizierte Zusammenhänge und Vorgänge verständlich.
32
Die Kunst, Politik in ein Narrativ einzubetten ist eine Aufgabe an modernes politische
Handeln. Im Idealfall sollte dem Wähler eine identitätsbildende Geschichte für
Deutschland erzählt werden. Diese Geschichte kann die sinnstiftende Grundlage für
das Verständnis politischer Entscheidungen werden.
33
Sie führt im Idealfall zu einer zu
Entfremdung des Politischen bzw. zur Entpolitisierung.
34
Aus Sicht des
Politikerberaters Michael Sprenger ist das Storytelling nicht nur nützlich, sondern
essentiell geworden. ,,Storytelling ist aus meiner Sicht ein unverzichtbares Mittel der
Politik von heute, weil es der einzige Weg oder fast der einzige Weg ist, mit dem man
die Wähler noch erreichen kann."
35
3.1.1 Die Geschichte richtig erzählt
31
Hasenbeck, Manfred (2008): Imagegewinn durch Storytelling,
URL:
http://www.kommunikationskongress.de/files/2012/05/Hasenbeck_Manfred.pdf
[Stand:13.08.2012]
32
Vgl. ebd.
33
Neumann, Brigitte (2010): Mächtige Geschichtenerzähler, URL: http://www.dradio.de/
dlf/sendungen/marktundmedien/1254266/
[Stand:13.08.2012]
34
Vgl. Altwegg, Jürg (2009): Die Märchen der Macht, URL: http://www.faz.net/
aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/politische-rhetorik-die-maerchen-der-macht-1754362.html
[Stand:
13.08.2012]
35
Neumann (2010).
9

3. Aufbau und Inszenierung von politischer Kommunikation
ankommt, wer die Geschichte vorträgt bzw. wie. Die Fähigkeit, eine Geschichte
authentisch zu kommunizieren ist eine Leistung, welche von einem guten Politiker
beherrscht werden sollte. Wichtige Regeln hierbei sind unter anderem die Folgenden:
Kurze Sätze verwenden, keine Nebensatzkaskaden benutzen, die sichere Bewegung
vor der Kamera, ruhig mal ein paar Gags oder Metaphern einbringen. Zudem sind
Formulierungen, die hängen bleiben sehr wichtig. Sie bilden die Agenturtauglichkeit
und decken das Unterhaltungsbedürfnis der Leute ab. Wichtig außerdem zu beachten
ist, dass der politische Inhalt im Vordergrund steht. Ein Kippen in Trivialität sorgt im
ungünstigsten Fall für einen Wandel vom Politiker, der die Sprache der Bürger spricht
hin zur Ulknudel, die man nicht mehr ernst nehmen kann. Storytelling sollte und kann
keine Politik ersetzen.
36
3.1.2 Die richtige Verpackung ­ Redaktionen und das Storytelling
Doch nicht nur aus der Perspektive der Politiker ist ein Thema, gepackt in eine gute
Geschichte, ein hilfreiches, kommunikatives Transportmittel. In Bezug auf TV-Formate
bemühen sich Journalisten und Redakteure redlich, ihre Inhalte in eine persönliche und
empathisch adaptive Hülle zu stecken. Ein ganz deutliches Beispiel ist die Besetzung
der Gäste in einer politischen Talkshow. Neben Politikern wird der Gästekreis oftmals
durch Einladungen von Experten, Journalisten, Unternehmern und Bürgern
aufgestockt. Der Diskussionshorizont soll damit erweitert werden.
37
Im Fall der TV -
Show ,,Anne Will" wird dies durch das sogenannte ,,Betroffenen-Sofa" umgesetzt.
Persönlich betroffene Personen aus dem alltäglichen Leben stellen ihre subjektiven
Eindrücke und Erlebnisse zu einem Thema dar. Der Geschichte wird somit redaktionell
die authentische, lebensnahe Verpackung verliehen. Die Krankenschwester, die
Überstunden macht, der Gewerkschaftler, welcher sich mit den Vorständen um
Tarifverhandlungen bemüht oder die Friseurin, welche unter dem geforderten
Mindestlohn arbeiten muss. Sie alle haben eine Geschichte zu erzählen, welche aus
dem wahren Leben stammt und nüchterne Reformen und Gesetze wesentlich
greifbarerer macht. Dem Zuschauer soll Vielfalt und Wirklichkeitsnähe bei gleichzeitig
nicht zu kurz kommender Unterhaltung geboten werden. Neben der Besetzung finden
in den Radaktionen aber noch andere Vorkehrungen statt, um dem Sendungstypus,
wie in einer Geschichte, einen höchstmöglichen Spannungsbogen zu geben. Es ist die
Konstellation der Gesprächsgäste, die Sortierung und Formulierung der Fragen des
Moderators, die konfrontativen Einspielungen von aufbereiteten Filmchen und feste
36
Vgl. Neumann (2010).
37
Vgl. Ramsauer, Peter (2009): Politische Talkshows: Wie sie wirken und wozu sie nützen aus der Sicht
eines Betroffenen, in: Michel, Sascha/Girnth, Heiko (Hrsg.): Polit-Talkshows ­ Bühnen der Macht,
Bonn
S.
61.
10

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2012
ISBN (PDF)
9783955499228
ISBN (Paperback)
9783955494223
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Erscheinungsdatum
2013 (Juli)
Note
2
Schlagworte
Medien Storytelling Edutainment Medienrhetorik politische Talkshow
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Titel: Politische Kommunikation in den Massenmedien: Von der Inszenierung politischer Persönlichkeiten und ihrer Darstellung im Rahmen politischer Talkshows
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