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Strategien zur Mitarbeitermotivation: Auswirkungen von Hunden am Arbeitsplatz

©2013 Bachelorarbeit 46 Seiten

Zusammenfassung

Zahlreiche Studien belegen, dass Hunde die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen positiv beeinflussen können. Doch wie bringt man die Betreuung des vierbeinigen Freundes mit den eigenen Arbeitszeiten und -anforderungen in Einklang? Vor diesem Problem stehen sowohl Hundebesitzer als auch Menschen, die sich gerne einen Hund halten würden, sich aufgrund der beschriebenen Problematik allerdings dagegen entscheiden. In den letzten Jahren entstand daher die Möglichkeit, den Hund mit an den Arbeitsplatz zu nehmen, welches sich aufgrund der besseren Vereinbarung von Job und die Betreuung des Hundes positiv auswirkt. In diesem Zusammenhang setzt sich die vorliegende Arbeit mit der Frage auseinander, inwiefern Hunde im Büro direkte (nicht zuletzt wirtschaftliche) Vorteile für die Unternehmen mit sich bringen könnten, indem sie sich positiv auf das Arbeitsklima, die Motivation der Mitarbeiter sowie die Leistung von Teams auswirken.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3 Definitionen und thematische Abgrenzung der Arbeit

Im Folgenden werden die Begriffe Arbeitsklima, Mitarbeitermotivation und Teambildung definiert und ihr Zusammenhang mit dem Thema Hundehaltung im betriebswirtschaftlichen Kontext erläutert.

3.1 Psychologische Dimensionen

3.1.1 Arbeitsklima

Als Arbeits- oder Organisationsklima werden die kollektiven Wahrnehmungen der Mitarbeiter und Führungskräfte in Bezug auf die Art und Weise, wie ihr Unternehmen operiert und funktioniert, bezeichnet.[1]

Sowohl Holland (1985) als auch Pfeffer (1983) in seinem „Modell der Organisationdemographie“ stellten fest, „dass Homogenität auf der Gruppen- wie Organisationsebene entsteht.“ Dies bedeutet, dass das Organisationsklima und die -kultur maßgeblich von den Menschen geprägt werden, die in einer Organisation tätig sind. Menschen sind nicht zufällig bestimmten Organisationen zugeordnet, sondern entscheiden sich gezielt für diejenige Arbeitswelt, in die sie passen. Dies wird in der Sozialpsychologie als wahrgenommene Ähnlichkeit bezeichnet.[2]

Die verschiedenen Definitionen des Organisationsklimas unterscheiden sich da­durch, dass sie entweder den äußeren Organisationsmerkmalen wie Führungsstil, Normen, physische Umwelt, Be- und Entlohnung etc. mehr Bedeutung beimessen, oder aber den Wahrnehmungen derselben durch die Mitarbeiter (Organi­sationsklima als „psychologisches Konstrukt“).[3]

Im Unterschied zur Arbeitszufriedenheit, die die individuelle Wahrnehmung des einzelnen Mitarbeiters wiedergibt, handelt es sich beim Organisationsklima um eine „Summe von Wahrnehmungen“ mit möglichen Verhaltenskonsequenzen.[4]

Das Organisationsklima beeinflusst auch die Produktivität, wie Frederiksen et al. in ihren Studien belegen. So führt eine weitgehend freie Arbeitsatmosphäre, die den Mitarbeitern einen gewissen Spielraum lässt, zu einer höheren Arbeits­leistung.[5]

3.1.2 Mitarbeitermotivation

Der Begriff Motivation bezeichnet den Prozess der Verhaltensänderung eines Menschen.[6] Motive sind die „Beweggründe menschlichen Verhaltens“ wie z.B. Bedürfnisse, Wünsche oder Triebe, die der Motivation zugrunde liegen.[7] Man unterscheidet zwischen intrinsischen, d.h. von innen verursachten Motiven, wie z.B. Sinnhaftigkeit der Arbeit und Freiraum in der Arbeitsgestaltung, und extrinsischen, also von außen bedingten Motiven, wie beispielsweise Entlohnung, Arbeitsplatzsicherheit und Betriebsklima.[8]

Laut Weinert[9] ist die Motivation einer der wichtigsten Bestimmungsfaktoren der Arbeit. Zum Verständnis und zur Verbesserung der Arbeitsleistung von Mit­arbeitern müssen in jedem Fall die Motivationstheorien hinzugezogen werden. Diese untergliedern sich in die Inhalt-Ursache- und die Prozess-Theorien. Bei den Prozess-Theorien geht es darum, wofür Mitarbeiter ihre Anstrengungen auf­wenden, also das „Wie“. Bei den Inhalt-Ursache-Theorien geht es um die Fak­toren, die den Menschen zur Arbeit motivieren, also das „Was“. Diese werden wiederum in die arbeits- und bedürfniszentrierten Theorien untergliedert. Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit soll hier kurz auf die bedürfniszentrierten Theorien eingegangen werden.

Zu den bekanntesten Vertretern der bedürfniszentrierten Motivationstheorien gehören Abraham H. Maslow und Clayton P. Alderfer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Bedürfniszentrierte Motivationstheorien nach Maslow und Alderfer [10]

Maslow ordnet die Bedürfnisse des Menschen in steigender Rangfolge, d.h. die Bedürfnisse der unteren Stufen müssen befriedigt sein, damit die jeweils höher stehenden überhaupt auftreten.

Alderfer[11] lieferte 1972 mit seiner ERG-Theorie eine Abwandlung der Maslowschen Theorie, die speziell auf die Bedürfnisse von Mitarbeitern in Organisationen eingeht. Hierbei werden die menschlichen Grundbedürfnisse auf drei Ebenen verteilt. Die „ Existence “-Bedürfnisse entsprechen Maslows physio­logischen und Sicherheitsbedürfnissen (wie finanzielle und nicht-finanzielle Entlohnung für die Arbeit), beziehen jedoch zusätzlich die Arbeitsbedingungen mit ein. Die „ Relatedness “-Bedürfnisse beinhalten sowohl die sozialen als auch die Wertschätzungsbedürfnisse aus Maslows Hierarchie. Die „ Growth “-Bedürf­nisse entsprechen Maslows fünfter Stufe, den Bedürfnissen nach Selbst­verwirklichung und Produktivität.

Die Anwesenheit von Hunden im Büro lässt sich sowohl in den sozialen oder „ Relatedness“ -Bedürfnissen einordnen, insofern Hunde von ihren Besitzern oft als Freund oder Familienmitglied angesehen werden, als auch in den Achtungs- und Wertschätzungs- bzw. Growth-Bedürfnissen, da Unternehmen den Mitarbei­tern mit dem Zugeständnis, ihren Arbeitsplatz zu gestalten und selbst zu entscheiden, wie sie ihre Aufgaben am effizientesten erledigen, ihre besondere Wertschätzung ausdrücken.[12]

3.1.3 Teambildung

Als Teambildung oder Teamentwicklung wird der Prozess beschrieben, den Arbeitsgruppen im Verlauf ihres Bestehens durchlaufen, mit dem Ziel, eine Verbesserung der Zusammenarbeit zu erreichen und ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen.[13]

Die Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie unterscheidet zwischen formalen und informellen Gruppen. Formale Gruppen werden von der Unter­nehmensleitung zur Erfüllung betrieblicher Ziele zusammengesetzt. Informelle Gruppen entstehen dagegen auf natürliche Art und Weise, durch gemeinsame Interessen oder zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse. Informelle Gruppen können die betriebliche Kommunikation (positiv oder negativ) beeinflussen und sind daher für die Betriebsleitung von großem Interesse.[14]

3.2 Betriebswirtschaftliche Bedeutung und Zusammenhänge

Bereits Taylor[15] stellte in seiner Scientific-Management-Theorie fest, dass das oberste Gebot einer Organisationsleitung sein sollte, die Einstellungen der Mitarbeiter gegenüber ihrer Arbeit und der Organisation zu beeinflussen. Dazu sollten nicht nur finanzielle Anreize bedacht werden, sondern insbesondere auch die Arbeitsbedingungen. Auch die Hawthorne-Studien[16] zeigten, dass diese maßgeblich zur Zufriedenheit der Mitarbeiter beitragen. In den Studien wurde die Auswirkung einer Reihe verschiedener Arbeitsbedingungen wie Pausen, Be­leuchtung, Kommunikation etc. auf die Mitarbeiterzufriedenheit getestet. Dabei zeigte sich, dass die Einstellungen der Mitarbeiter deren Reaktionen und Arbeits­verhalten beeinflussen. Ein wesentliches Ergebnis der Studien war, dass soziale Beziehungen am Arbeitsplatz motivierender sein können als eine materielle, d.h. finanzielle Belohnung, und dass informelle Gruppen die Leistung der Mitarbeiter wesentlich beeinflussen.

Weinert[17] betont außerdem, dass die Organisations- und Personalpsychologie in den letzten Jahrzehnten ein immer stärkeres Augenmerk auf die Arbeits­zufriedenheit legt, die die Gefühle und Einstellungen von Mitarbeitern gegenüber ihrer Arbeit oder ihrer Arbeitssituation umfasst. Gründe hierfür sind u.a. die Zusammenhänge zwischen Arbeitszufriedenheit und Organisationsklima sowie zwischen Arbeitszufriedenheit und Produktivität und die Feststellung, dass Arbeit einen wichtigen Einfluss auf das Privatleben hat. Auch zwischen der Arbeits­zufriedenheit und der Mitarbeitermotivation besteht ein direkter Zusammenhang. Die Arbeitszufriedenheit richtet sich auf das subjektive Empfinden eines Mitarbeiters, also darauf, ob er sich an seinem Arbeitsplatz wohlfühlt und das Unternehmen als positiv empfindet. Daraus resultiert daher auch das Verhalten eines Mitarbeiters an seiner Arbeitsstelle, d.h. seine Motivation.

Welche konkreten Auswirkungen die Anwesenheit von Hunden auf betriebliche Aspekte wie Arbeitsklima, Mitarbeitermotivation und Teambildung hat, wird anhand der Ergebnisse verschiedener Studien im folgenden Kapitel dargestellt.

4 Studienergebnisse und Umsetzung in der Praxis

In den USA und Schweden haben sich Forscher bereits mit den Auswirkungen von Hunden am Arbeitsplatz auseinandergesetzt. Die Ergebnisse dieser Studien sollen im Folgenden näher erläutert werden. Zudem werden Beispiele für die Umsetzung in amerikanischen und deutschen Unternehmen angeführt und die Meinungen von zwei deutschen Unternehmen dargestellt, die im Rahmen dieser Arbeit befragt wurden.

4.1 Studienergebnisse

4.1.1 Eastern Kentucky University (2001)

Eine 2001 veröffentlichte Studie[18] der Eastern Kentucky University beschäftigte sich mit den psychologischen und organisatorischen Auswirkungen von Tieren am Arbeitsplatz. Ziel war es u.a. herauszufinden, ob Haustiere am Arbeitsplatz als förderlich für die soziale Interaktion zwischen Mitarbeitern, Vorgesetzten und Kunden wahrgenommen werden und ob sie zur Stressminderung bei den Mit­arbeitern beitragen. Dazu wurden 193 Arbeitnehmer aus 31 Unternehmen, in denen Haustiere erlaubt sind, befragt. Die meisten der befragten Firmen waren kleine Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern. Die Studie ergab, dass Tiere am Arbeitsplatz Stress reduzieren und sowohl dem Unternehmen in Bezug auf Mitarbeiterzufriedenheit und - moral als auch den Mitarbeitern bezüglich ihrer Gesundheit zugute kommen. Außerdem wurde deutlich, dass die Auswirkungen auf Mitarbeiter, die ihr eigenes Haustier an den Arbeitsplatz mitbringen, größer waren als auf jene, die ihr Haustier zuhause lassen oder kein Tier besitzen. Hinsichtlich der Unternehmenskunden gaben die befragten Mitarbeiter an, dass sich die Tiere positiv auswirkten, z.B. indem sie die Kunden unterhielten und sich diese dadurch entspannten. Allerdings äußerten einige der Befragten auch Bedenken, da von den Tieren eine Ablenkung ausgehe, sie Probleme wie Allergien und Schmutz mit sich brächten und sich manche Kunden durch sie verängstigt oder gestört fühlen könnten.

4.1.2 Eastern Kentucky University (2006)

In einer darauffolgenden Studie[19] setzten sich die Autoren mit der Wahrnehmung des Arbeitsumfelds, des Unternehmens und der Mitarbeiter durch Außenstehende bei Anwesenheit von Hunden und Katzen auseinander. Dazu wurden 482 Studenten aus dem psychologischen Fachbereich elf Fotos eines Arbeitsplatzes vorgelegt. Die Fotos zeigten stets denselben Arbeitsplatz, sechsmal mit jeweils einem Hund unterschiedlicher Rasse im Bild, viermal mit Katzen und einmal ohne Tiere. Daraufhin mussten die Studenten einen Fragebogen ausfüllen, zunächst aus Sicht eines Kunden, dann aus Sicht eines Mitarbeiters des abgebildeten Unter­nehmens. Dabei wurde u. a. nach der Wahrnehmung von Professionalität, Sauber­keit, Sicherheit, Zufriedenheit und der Stimmung bei Betrachtung des Arbeits­platzes gefragt. Außerdem gab es zwei offene Fragen dazu, was den Teilnehmern an dem Büro gefiel und was nicht.

Aus Mitarbeitersicht wurde die Stimmung in Büros mit Haustieren als besser wahrgenommen als in Büros ohne Tiere. Außerdem vermuteten die Studenten, dass die soziale Interaktion in Büros mit Haustieren begünstigt werde. Obwohl sich die Teilnehmer aus Mitarbeitersicht in den Büros mit Tieren als zufriedener einschätzten, gaben 41 % bei den offenen Fragen an, ihnen würden Haustiere am Arbeitsplatz nicht gefallen, teils wegen gesundheitlicher Bedenken, teils wegen zu befürchtender Ablenkungen.

Das Ergebnis der Studie war, dass die Anwesenheit von Tieren die Wahrnehmung einer Arbeitsumgebung durchaus beeinflusst. Die Teilnehmer nahmen die Büros mit Haustieren aus Mitarbeitersicht als förderlich für die Arbeitsatmosphäre, aber als weniger professionell wahr. Diese Ergebnisse bestätigen auch die Resultate ihrer vorherigen Studie.[20]

4.1.3 State University of New York/University of California (2002)

Forscher der State University of New York und der University of California veröffentlichten 2002 die Ergebnisse einer Studie[21], die u.a. die Auswirkung von Haustieren in Stresssituationen testete. Dazu wurde die kardiovaskuläre Reaktivität bei 240 verheirateten Paaren, von denen die Hälfte ein Haustier besaß, gemessen. Unter der kardiovaskulären Reaktivität versteht man „[…] die durch äußere Einwirkung (z.B. psychische Belastung) hervorgerufene Abweichung eines Reaktionsparameters (z.B. der Herzfrequenz) von einem unter Ruhe­bedingungen erhobenen Wert.“[22] Die Teilnehmer wurden in vier verschiedenen Situationen sowohl unter psychischem als auch unter physischem Stress getestet: allein, mit ihrem Haustier bzw. einem Freund (bei den Teilnehmern ohne Haustier war ein Freund anwesend), mit ihrem Ehepartner sowie mit ihrem Ehepartner und ihrem Haustier bzw. Freund. Um psychischen Stress zu simulieren, mussten die Teilnehmer Kopfrechenaufgaben lösen, der physische Stress wurde mittels eines Kälte-Druck-Tests nachgestellt. Der Kälte-Druck-Test oder Cold-Pressure-Test (CPT) dient als Belastungstest der Herzfunktion und zur klinischen Prüfung der Kreislaufregulation durch Blutdruckkontrollen während und nach einminütigem Eintauchen einer Hand in Eiswasser.[23]

Die Studie zeigte, dass Teilnehmer mit Haustieren im Vergleich zu jenen ohne Haustier bereits während der Messung im Ruhezustand deutlich niedrigere Herzfrequenzen und Blutdruckwerte aufwiesen als die Testgruppe ohne Haustiere. Außerdem stiegen die Werte der Haustierhalter geringer an und erholten sich nach den Tests auch schneller wieder. Unter den Tierhaltern wurde die niedrigste Er­höhung der Werte und schnellste Wiederherstellung der Ruhewerte nachgewiesen, wenn nur das Haustier während des Tests anwesend war. Dies zeigt laut den Forschern, dass Menschen ihr Haustier als wichtigen, unterstützenden Teil ihres Lebens empfinden und dass mit der Anwesenheit von Tieren sowohl kardio­vaskuläre als auch verhaltensbezogene Verbesserungen einhergehen.

4.1.4 Swedish University of Agricultural Sciences (2010)

Die Swedish University of Agricultural Sciences führte 2007 eine telefonische Erhebung[24] durch, bei der 204 berufstätige Hundehalter und 90 Arbeitgeber in Schweden zu ihrer Einstellung gegenüber Hunden am Arbeitsplatz und ihren Bedenken befragt wurden. 76 % der Hundehalter gaben an, sich dank ihres Hundes gesünder zu fühlen. Bezüglich der Unterbringung während der Arbeitszeit gaben 73 % an, ihren Hund zuhause zu lassen, 16 %, ihn zur Arbeit mitzunehmen und 11 %, eine Form der Tagesbetreuung zu nutzen. 53 % der Hundehalter würden ihren Hund gerne mit zur Arbeit bringen. Zwar erklärten 59 % der Arbeitgeber, dass der Arbeitsplatz ihrer Meinung nach durch Hunde sozialer und freundlicher werde, doch 68 % äußerten Bedenken wegen Allergien, und 66 % betrachteten eventuelle Ängste anderer Mitarbeiter und Kunden als Problem. Zudem war 81 % der befragten Unternehmen nicht bewusst, dass seitens der Mit­arbeiter eine so große Nachfrage bestand. Insgesamt waren es kleinere Unter­nehmen, die am häufigsten Hunde am Arbeitsplatz gestatteten.[25]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Antwort der Hundebesitzer auf die Frage "Sind Hunde an Ihrem Arbeitsplatz erlaubt?", Verteilung nach Unternehmensgröße [26]

4.1.5 Virginia Commonwealth University (2012)

Eine Forschergruppe der Virginia Commonwealth University untersuchte in einer Studie[27], wie sich die Anwesenheit von Hunden am Arbeitsplatz u.a. auf den Stress der Mitarbeiter, die Einsatzbereitschaft im Unternehmen und die Arbeits­zufriedenheit auswirkte. Die 2012 veröffentlichte Untersuchung wurde in einem Zeitraum von einer Woche bei einem großen amerikanischen Keramikwaren-Handelsunternehmen mit ca. 550 Angestellten durchgeführt, bei dem täglich zwischen 20 und 30 Hunden von den Mitarbeitern mitgebracht werden. Dazu wurden die Mitarbeiter in drei Gruppen eingeteilt. Die DOGS-Gruppe umfasste die Mitarbeiter, die ihren Hund an den Arbeitsplatz mitbringen, die NODOGS-Gruppe diejenigen, die einen Hund besitzen, diesen jedoch nicht mitbringen, und die NOPETS-Gruppe die Mitarbeiter ohne Hund. Anhand von Speichelproben und Umfragen wurden der Level des Stresshormons Cortisol bzw. die subjektiv empfundene Arbeitszufriedenheit dieser drei Gruppen im Tagesverlauf ver­glichen. Bei der Messung des Stress-Levels am Morgen stellten die Forscher keine merkbaren Unterschiede zwischen den drei Mitarbeitergruppen fest. Im Tagesverlauf nahm der wahrgenommene Stress bei den Mitarbeitern der DOGS-Gruppe ab, während er in beiden Kontrollgruppen anstieg. Vor allem bei den Hundehaltern war der empfundene Stress an Tagen, an denen der eigene Hund zuhause blieb, erheblich höher als an Tagen, an denen er anwesend war. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Anwesenheit von Hunden im Betrieb den arbeitsbedingten Stress der Hundehalter reduzierte und dadurch deren Arbeits­zufriedenheit steigerte. Auch andere Mitarbeiter, die mit den Hunden in Kontakt kamen, erwiesen sich als zufriedener und die Arbeitszufriedenheit in der Firma lag insgesamt über dem Branchendurchschnitt.

Wie der Leiter der Studie, Randolph T. Barker, außerdem betonte, bemerkten die Forscher, dass aus der Hundehaltung am Arbeitsplatz eine hundebezogene Kommunikation entstand, die möglicherweise zur Leistung der Mitarbeiter und zur Arbeitszufriedenheit beitrug, obwohl diese Beobachtungen nicht Teil der Studie selbst waren.[28] So baten beispielsweise Mitarbeiter ohne Hund ihre Kollegen aus der DOGS-Gruppe darum, den Hund in einer Pause mitnehmen zu dürfen. Dies führte somit auch zu einer kurzen sportlichen Betätigung. Auch die Rückmeldungen der Mitarbeiter an die Forscher waren meist positiv, wie z.B. „Hunde […] können die Kooperation der Mitarbeiter untereinander verbessern“. Barker schlussfolgerte, dass die Anwesenheit von Tieren sich als kostengünstige Maßnahme zum Wohlbefinden der Mitarbeiter eigne, die für viele Unternehmen ohne hohen Aufwand umsetzbar wäre.

4.1.6 Central Michigan University (2010)

Colarelli et al. [29] wiesen 2010 in ihrer Studie nach, dass die Anwesenheit eines Hundes im Büro eine effizientere Zusammenarbeit von Mitarbeitern zur Folge haben könnte. Hierzu führten sie zwei Experimente durch. Im ersten Experiment stellten sie zwölf Teams aus jeweils vier Mitarbeitern die Aufgabe, ein Werbe­video für ein vorgegebenes Produkt zu entwickeln. Jeder Teilnehmer sollte Ideen für die Werbung einbringen, am Ende musste das Team eine Lösung präsentieren. Bei einem Teil der Gruppen war ein Hund anwesend, bei anderen nicht. Im Anschluss an das Experiment wurden die Teilnehmer befragt, wie ihnen die Zusammenarbeit mit den Teammitgliedern erschienen war. Hinsichtlich Vertrauen und Gruppenzusammenhalt bewerteten die Teilnehmer, bei denen der Hund anwesend war, ihre Kollegen besser als bei der Testgruppe.

In einem zweiten Experiment wurden 13 Vierer-Teams in dem Spiel „Gefan­genen-Dilemma“ getestet. Bei dieser Variante des Spiels wurden alle Gruppen­mitglieder eines Verbrechens beschuldigt. Jeder Einzelne musste entscheiden (ohne sich mit den anderen beraten zu können), ob es für ihn vorteilhaft sei, seine Kollegen zu verraten oder aber ihnen die Loyalität zu bewahren. Die Ent­scheidung jedes Einzelnen beeinflusste die Bestrafung aller Teammitglieder. Das mildeste Strafmaß erhielt derjenige, der als einziger seine Teammitglieder verriet, das schwerste der, der als einziger seine Kollegen nicht verriet. Das zweitmildeste Strafmaß wurde erzielt, wenn alle vier entschieden, niemanden zu verraten. Bei Anwesenheit eines Hundes im Experiment zeigten die Teilnehmer eine um 30 % geringere Wahrscheinlichkeit des Verrats gegenüber ihren Gruppenmitgliedern als die Testgruppen ohne Hund.

4.1.7 Zusammenfassung der Studienergebnisse

In der folgenden Abbildung werden die Ergebnisse der o.g. Studien unter Berück­sichtigung der psychologischen Dimensionen Mitarbeitermotivation, Arbeitsklima und Teambildung zusammengefasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 : Überblick über die Studienergebnisse in Hinblick auf Mitarbeitermotivation, Arbeitsklima und Teambildung

4.2 Beispiele aus der Unternehmenspraxis

4.2.1 USA

Während in Deutschland die Behandlung des Themas „ Bürohund “ noch in den Kinderschuhen steckt, gehören in den USA Haustiere schon lange zum Unternehmensalltag. So ergab bereits in den 1990er Jahren eine Umfrage der American Animal Hospital Association, dass 24 % der befragten Hundehalter ihr Tier mit zur Arbeit nahmen.[30] Bis 2004 stieg die Zahl sogar auf 37 % an.[31]

In den USA wurde der „ Take Your Dog to Work Day “, an dem Hunde ihre Besitzer für einen Tag zum Arbeitsplatz begleiten können, bereits 1999 ins Leben gerufen. Während damals nur rund 300 Firmen teilnahmen, stieg die Zahl bis 2003 auf mehr als 5.000 teilnehmende Unternehmen.[32]

In einigen Betrieben ist eine niedergeschriebene Pet bzw. Dog Policy fester Bestandteil der Unternehmenskultur. Der Softwarehersteller Autodesk beispiels­weise erlaubt seinen Mitarbeitern bereits seit der Unternehmensgründung im Jahr 1982, ihre Tiere mit an den Arbeitsplatz zu bringen.[33]

Doch auch US-amerikanische Firmen stoßen bei der Umsetzung dieser Idee zuweilen auf Probleme. So hatte der amerikanische Futtermittelhersteller Purina anfänglich mit Widerstand gegen Tiere im Büro zu kämpfen. Die Idee, einen „ Take Your Pet to Work Day “ einzuführen, rief in den 1990er Jahren sowohl Beschwerden der Mitarbeiter als auch Einwände der Firmenjuristen hervor. Diese machten sich Sorgen um Angestellte mit Tierhaarallergien oder Ängsten und äußerten Zweifel, ob die Mitarbeiter sich weiterhin auf ihre Arbeit konzentrieren würden. Außerdem gaben sie zu bedenken, dass es auf dem Firmengelände zu Beißvorfällen kommen könnte.[34] Die Bedenken konnten jedoch im Laufe der Zeit ausgeräumt werden, und heute sind sowohl Hunde als auch Katzen in dem Betrieb willkommen, was dazu beitrug, dass Purina 2011 und 2012 auf Platz 1 der „ Top Places to Work “ in St. Louis landete.[35]

Auch bei einigen großen Firmen wie Google und Amazon sind in den USA Hunde willkommen. Ein Unternehmenssprecher von Amazon berichtet sogar von mehreren hundert Hunden, die täglich die Mitarbeiter zur Arbeit begleiten.[36] Google hat zudem eine weltweite Dog Policy, d.h. nach Absprache im jeweiligen Team dürfen an sämtlichen Standorten Hunde mitgebracht werden.[37]

4.2.2 Deutschland

Inhalt dieses Kapitels ist u.a. eine Telefonbefragung zweier Unternehmen. Ursprünglich war geplant, einen Befürworter und einen Gegner von Hunden im Büro zu interviewen. Allerdings stellte sich die Suche nach einem Unternehmen, das sich ausdrücklich gegen Hunde im Büro ausspricht, schwieriger und langwieriger dar als angenommen. Als endlich ein Unternehmen bereit war, an der Befragung teilzunehmen, kam aufgrund der Kürze der Zeit leider kein Telefontermin mit dem Verwaltungsdirektor zustande.[38] Daher wurde stattdessen ein Betrieb, der sich noch nicht näher mit Hunden am Arbeitsplatz beschäftigt hat, zu allgemeinen Bedenken befragt.

Ein in Rheinland-Pfalz ansässiges Unternehmen[39] wurde 2008 zu einem der „ Hundefreundlichsten Unternehmen “ in Deutschland ausgezeichnet.[40] Von den 120 Mitarbeitern des mittelständischen Unternehmens bringen acht ihre Hunde regelmäßig mit zur Arbeit. Da der Betrieb, der Medizintechnik produziert, trotz der strengen Hygienevorschriften Mitarbeitern aller Abteilungen die Mitnahme ihres Hundes ermöglichen möchte, wurde in direkter Nähe zum Betriebsgelände ein Hundeauslauf mit beheizbarem Blockhaus angelegt. Das Unternehmen berichtet von vielen positiven Auswirkungen der Anwesenheit der Hunde am Arbeitsplatz, wie z.B. einer Verbesserung der Zusammenarbeit und des Aus­tauschs der Mitarbeiter, einem angenehmeren Arbeitsklima sowie einer Stei­gerung der Konzentration und Mitarbeitermotivation. Als einzigen Nachteil nennt das Unternehmen, dass verschiedene Mitarbeiter oder Kunden Angst vor Hunden haben könnten. Allerdings gab es bisher nie Probleme oder Beschwerden; auch anfangs eher zurückhaltende Kollegen haben mittlerweile ihre Berührungsängste abgebaut und in einem Fall sogar selbst einen Hund angeschafft.

Auch in einer saarländischen Steuerberatungskanzlei[41] wurde bereits von Mit­arbeitern der Wunsch geäußert, ihren Hund mitzubringen, wie einer der Steuer­berater im Telefoninterview mitteilte. Allerdings dürfen dort nicht regelmäßig, sondern nur bei Betreuungsengpässen Hunde mitgebracht werden. Gründe gegen eine entsprechende Genehmigung sind u.a., dass andere Mitarbeiter Angst vor Hunden haben, Mandanten Hunde im Büro als negativ empfinden und schlecht erzogene und laute Hunde den Arbeitsablauf und die Konzentration der Mitarbeiter stören könnten. Außerdem ist der Steuerberater nicht der Meinung, dass Hunde Vorteile für den Arbeitsalltag mit sich bringen.

Wie diese Kanzlei haben sich die meisten deutschen Betriebe noch nicht näher mit dem Thema beschäftigt. Allerdings wird auch deutlich, dass bereits viele Unternehmen den Trend erkannt haben, wie das größte deutsche Online-Portal für Arbeitgeberbewertungen Kununu zeigt. Dort sind derzeit Einträge zu mehr als 37.500 Unternehmen in Deutschland aufgelistet, von denen knapp 6.200 die Mitnahme von Hunden an den Arbeitsplatz erlauben, darunter sowohl große Unternehmen wie z.B. die Deutsche Telekom AG, die Siemens AG, die Deutsche Bahn, die Allianz Deutschland AG und die Daimler AG, als auch etliche kleine und mittelständische Betriebe.[42]

Der Deutsche Tierschutzbund initiiert seit 2008 jährlich den bundesweiten Aktionstag „Kollege Hund“, an dem Hundehalter die Gelegenheit haben, ihr Haustier mit an den Arbeitsplatz zu nehmen.[43] Nachdem anfänglich 800 Unter­nehmen an dem Tag teilnahmen[44], waren es im Jahr 2012 bereits über 1000 Firmen aller Bundesländer.[45]

Allerdings bringt die Hundehaltung im Büro durchaus auch ein gewisses Konfliktpotenzial mit sich, wie der Fall eines niedersächsischen Unternehmens zeigt. Eine Arbeitnehmerin klagte 2012 vor dem Arbeitsgericht Hannover gegen die Hundehaltung in ihrem Betrieb, weil sie sich aufgrund ihrer Hundephobie außerstande sah, ihre tägliche Arbeit zu verrichten. Da es ihr jedoch nicht gelang, die Schwere ihrer Angstzustände zu beweisen, endete der Prozess mit einem Vergleich, und die Mitarbeiterin wurde in den hundefreien Empfangsbereich des Unternehmens versetzt.[46]

[...]


[1] Weinert (2004), S. 647

[2] Weinert (2004), S. 642 f.

[3] Weinert (2004), S. 644 ff.

[4] Weinert (2004), S. 645

[5] Frederiksen et al. (1972) zitiert in Weinert (2004), S. 651;

vgl. weiterführende Literatur Dunette (1973), Schneider (1973), Schneider & Snyder (1975)

[6] Weber et al. (2005), S. 205

[7] Gros (1994), S. 118

[8] Olfert (2010), S. 215

[9] Weinert (2004), S. 190 ff. sowie 241 ff.

[10] vgl. Weinert (2004), S. 199

[11] Alderfer (1972) zitiert in Weinert (2004), S. 193

[12] vgl. auch Kap. 3.1.1 Frederiksen et al. (1972)

[13] Weiand (2011), S. 151

[14] Weinert (2004), S. 394 f.

[15] Taylor (1911), zitiert in Weinert (2004), S. 247

[16] Weinert (2004), S. 248

[17] Weinert (2004), S. 245 ff.

[18] Wells/Perrine (2001), S. 81 ff.

[19] Perrine/Wells (2006), S. 65 ff.

[20] vgl. vorheriger Abschnitt, Wells/Perrine (2001), S. 81 ff.

[21] Allen et al. (2002), S. 727 ff.

[22] Manuck et al. (1990) zitiert in von Leupoldt/Ritz (2008), S. 281

[23] Medizin-Lexikon, Cold-Pressure-Test: http://www.gesundheit.de/

[24] Norling/Keeling (2010), S. 157 ff.

[25] vgl. Abb. 2

[26] Norling/Keeling (2010), S. 164

[27] Barker et al. (2012), S. 15 ff.

[28] VCU News Center: http://www.news.vcu.edu/

[29] Colarelli et al. (2010)

[30] McCullough (1998)

[31] American Animal Hospital Association, 2004 Pet Owner Survey: https://www.aahanet.org/

[32] Take Your Dog to Work Day, History: http://www.takeyourdog.com/

[33] McCullough (1998)

[34] McCullough (1998)

[35] Purina, Pets at work: http://www.purina.com/

[36] Huffington Post, Look Who’s Bringing Dogs to Work: http://www.huffingtonpost.com/

[37] Die Zeit, Kollege Hund: http://www.zeit.de/

[38] siehe Emailverkehr im Anhang

[39] vollständige Unternehmensbefragung siehe Anhang

[40] coachdogs, Die hundefreundlichsten Unternehmen 2008: http://www.coach-dogs.com/

[41] vollständige Unternehmensbefragung siehe Anhang

[42] Kununu, Suchergebnisse: http://www.kununu.com/

[43] Deutscher Tierschutzbund e.V., Pressemeldung Juni 2009: http://www.tierschutzbund.de/

[44] Deutscher Tierschutzbund e.V., Pressemeldung Mai 2009: http://www.tierschutzbund.de/

[45] Deutscher Tierschutzbund e.V., Kollege Hund, ein tierischer Schnuppertag: http://www.tierschutzbund.de/

[46] Hannoversche Allgemeine, Klage gegen „Kollege“ Hund: http://www.haz.de/

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783955499990
ISBN (Paperback)
9783955494995
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule RheinMain
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Arbeitspsychologie Personalpsychologie Tier Teambildung Arbeitsplatz Arbeitsklima

Autor

Maria Kohl wurde 1990 in Saarbrücken geboren. Ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden schloss die Autorin im Jahre 2013 mit Erhalt des Bachelor of Arts (B.A.) erfolgreich ab. Ihr großes Interesse für Psychologie, insbesondere für den Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie, sowie ihre eigenen Erfahrungen mit der Problematik der Hundebetreuung bei Berufstätigen, bewegten sie dazu, sich der Thematik der vorliegenden Arbeit zu widmen.
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