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Elektromobilität in Deutschland: Ein Konzept zur Verteilung von Stromtankstellen

©2013 Bachelorarbeit 48 Seiten

Zusammenfassung

Das vorliegende Buch erläutert, mit Hilfe der Standortplanung, ein mögliches Konzept für einen ausreichenden Aufbau einer Infrastruktur für eine wirtschaftliche Verteilung von Stromtankstellen. Hierfür werden zunächst die im Energiekonzept von September 2010 dargelegten Ziele der Bundesregierung erläutert und anschließend aufgezeigt, welche Schritte zur Zielerfüllung die Bundesregierung bereits unternommen hat. Daraus leitet sich ab, welche Maßnahmen bis 2020 geschaffen werden müssen, um die Rahmenbedingungen für eine Million Elektroautos zu schaffen. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk auf die Reichweite der Elektromobile von derzeit ca. 100 bis 150 km. gelegt, wobei zunächst die theoretischen Grundlagen der Standortplanung dargelegt, sowie eventuelle Chancen auf Kooperationen mit beispielsweise dem Einzelhandel aufgezeigt werden. Im Zuge der nachfolgenden Konzepterstellung wird ein mögliches Vorgehen zur optimalen Verteilung der Stromtankstellen vorgestellt, worauf abschließend eine Bewertung des Konzepts erfolgt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Ziele und Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich Elektromobilität

2.1 Ziele der Bundesregierung

2.2.1 Elektromobilität durch erneuerbare Energie

Für die Bundesregierung steht fest, dass Elektrofahrzeuge mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen beladen werden sollen. Nur so könnten sie ihr erhebliches Potenzial zur Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen vollständig ausschöpfen. Erklärtes Ziel des beschlossenen Regierungsprogramms Elektromobilität ist es, dass bis 2020 mindestens eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren, bis 2030 soll diese Anzahl auf sechs Millionen gesteigert werden. Parallel sollen regenerative Energien so ausgebaut werden, dass bis zum Jahr 2050 der urbane Straßenverkehr überwiegend mit regenerativen Energieträgern realisiert werden kann.[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Die angestrebte Anzahl Elektroautos auf deutschen Straßen[2]

Prognosen besagen, dass sich der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 verdoppeln wird. Dies ist auch für das Energiekonzept der Bundesregierung unumgänglich. Deren erklärtes Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien von derzeit 17,1 % auf 35 % bis zum Jahr 2020 zu steigern.[3] Das derzeitige Energieversorgungssystem ist noch nicht auf diesen sehr hohen Anteil an erneuerbaren Energien ausgerichtet. Das bedeutet, dass das System der Stromversorgung ist so umzugestalten, dass erneuerbaren Energien zur Hauptversorgungsquelle werden.[4] Die Bundesregierung wird daher die konventionellen Energieträger bis 2050 Schritt für Schritt durch erneuerbare Energien ersetzen. Bis 2050 soll ihr Anteil auf 60 % am Energieverbrauch und 80 % am Stromverbrauch ansteigen.[5] Sie setzt sich dafür ein, dass in ausreichendem Umfang Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht, der die zusätzliche Nachfrage aus Elektrofahrzeugen berücksichtigt.[6]

2.1.2 Batterieforschung

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Weiterentwicklung der Energietechnik. Derzeit sieht sich Batterietechnik mit zwei Problematiken konfrontiert: die Reichweite der Batterien und die zu hohen Kosten. Erklärtes Ziel ist es daher, die Batterien bei mindestens gleichbleibender Qualität preiswerter herzustellen und dem Markt zugänglich zu machen. Aktuell ist der Batterie-Pack mit Kosten von rund 15.000 bis 20.000 Euro noch der teuerste Bestandteil eines Elektrofahrzeugs. Der Durchbruch zur Produktion von kostengünstigen und leistungsfähigen Lithium-Ionen-Batterien mit einem Preis von 1.500 bis 2.000 Euro wird ab dem Jahr 2015 erwartet.[7] Zudem besteht Handlungsbedarf bei der Reichweite der Batterien. Die Reichweite von Fahrzeugen mit Elektromotor ist heute mit ca. 100 bis 150 km[8] noch deutlich geringer als bei herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor. Auch an der Ladetechnik wird weiter gearbeitet. Die Ladeströme zum Aufladen einer Batterie sind noch begrenzt, sodass selbst eine Schnellladung im Moment noch erheblich mehr Zeit in Anspruch nimmt, als wir es vom Betanken herkömmlicher Fahrzeuge gewohnt sind. So beträgt die Ladezeit für die Akkus bei der Nutzung einer gewöhnlichen Haushaltssteckdose mit einem Ladestrom von 16 Ampere bei 230 Volt etwa 6 bis 8 Stunden für einen Li-Ionen-Akku. Durch die Verwendung eines Starkstromanschlusses mit einem Ladestrom von 63 Ampere und 400 Volt ließe sich die Ladezeit für ein Elektroauto auf 2,5 Stunden verkürzen.[9] Eine eigene wettbewerbsfähige Zell- und Batterieproduktion sei ein Schlüsselbereich für die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Batterien einem längeren Lebenszyklus standhalten müssen sowie leistungsstärker, billiger und leichter werden sollen.[10]

2.1.3 Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur

Die Ladeinfrastruktur ist eine wichtige Voraussetzung für die Ausbreitung der Elektromobilität. Eine Herausforderung stellt daher insbesondere der Aufbau einer öffentlich zugänglichen Infrastruktur dar. Mit Blick auf die lange Ladedauer, die dazu verhältnismäßig kurzen Reichweiten der reinen Elektrofahrzeuge und der sich damit stellende Kapazitätsfragen, ist zu prüfen, wie eine bedarfsgerechte und wirtschaftlich interessante Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum aufgebaut werden kann. Beim Aufbau einer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur gibt es noch einige offene Fragen. Klar ist: Der Aufbau und die Finanzierung dieser Infrastruktur ist grundsätzlich Aufgabe der Wirtschaft. Weiterhin muss der Aufbau so gestaltet sein, dass Infrastrukturen möglichst flächendeckend entstehen können und die Entwicklung von Parallelinfrastrukturen wie im Mobilfunkbereich vermieden wird. Da sich die Entwicklung der Elektromobilität noch in einer ersten Phase befindet, wird die Bundesregierung die Erfahrungen der Betreiber und der Nutzer beim Aufbau einer öffentlichen Ladeinfrastruktur genau beobachten und deren gesetzliche Grundlagen regelmäßig überprüfen. Das geschieht vor allem in den Schaufenstern (siehe Kapitel 2.2). Ziel der Bundesregierung ist eine bedarfsgerechte, kunden- und wettbewerbsfreundliche, diskriminierungs- und barrierefreie öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur. In Deutschland gibt es derzeit keine Angaben über die angestrebte Menge der Stromtankstellen. Frankreich hingegen hat bereits konkrete Planungen bezüglich der Ladeinfrastruktur. So plant die französische Regierung bis 2020 zwei Millionen Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen.[11] Bis 2015 sollen zunächst 75.000 öffentliche Stromtankstellen sowie 900.000 private Lademöglichkeiten entstehen. Bis 2020 soll diese Zahl auf insgesamt 4,4 Mio. wachsen. In jeder Stadt mit 10.000 Einwohnern sollen dann mindestens 800 Zapfsäulen zur Verfügung stehen.[12]

2.2 Bisherige Maßnahmen im Bereich der Ladeinfrastruktur

Derzeit sind bereits rund 4.550[13] Elektrofahrzeuge in Deutschland unterwegs. Mit der steigenden Beliebtheit der Elektroautos steigt auch die Anzahl an Elektrotankstellen in Deutschland. Die größte Netzdichte an E-Tankstellen ist unter anderem im Ruhrgebiet, in der Region Neckar-Alb und im Raum Erlangen-Nürnberg zu finden. Von den öffentlichen Tankstellen gibt es dabei zurzeit 1.725[14] Stück. Elektromobilität ist bereits jetzt auf Deutschlands Straßen sichtbar. Gerade in den Modellregionen und Modellprojekten ist Elektromobilität „erfahrbar“, dort sind rund 2.000 Elektroautos im Einsatz. Zudem wurden hunderte von Ladesäulen aufgestellt. Die Bundesregierung hat am 12.10.2011 den Startschuss für Förderprogramm "Schaufenster Elektromobilität" gegeben. Dabei handelt es sich um groß angelegte regionale Demonstrations- und Pilotvorhaben, in denen die innovativsten Elemente der Elektromobilität gebündelt und international sichtbar gemacht werden. Für das Gesamtprogramm stellt der Bund Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro bereit. Hieran beteiligen sich das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesverkehrsministerium mit jeweils 67 Millionen Euro, das Bundesforschungsministerium mit 20 Millionen Euro. Das Bundesumweltministerium wird 25 Millionen Euro zu dem Programm beitragen; davon werden schwerpunktmäßig die Klima- und Umweltauswirkungen der Elektromobilität sowie die Koppelung von Elektrofahrzeugen an Erneuerbare Energien in den Schaufenstern untersucht und erprobt. Die Demonstrations- und Pilotvorhaben in den Schaufenstern sollen zu einem Großteil von den teilnehmenden Unternehmen mitfinanziert werden, sodass von dem Einsatz der Fördermittel eine erhebliche Hebelwirkung ausgehen wird.[15] In acht Städten und Regionen laufen Modellversuche des Bundesverkehrsministeriums. Dabei arbeiten Politik, Industrie, Wissenschaft und Kommunen eng zusammen.[16] Die breite Einführung elektrischer Antriebssysteme im Straßenverkehr ist nicht nur mit technologischen Herausforderungen verbunden, sondern auch mit organisatorischen, strukturellen, städteplanerischen und rechtlichen. Deshalb gehören Großstädte und großräumige Gebiete mit städtischem und ländlichem Anteil und ländliche Regionen dazu. Diese sind München, Hamburg, das Rhein-Main Gebiet, die Region Stuttgart, Bremen-Oldenburg, Berlin-Potsdam, das Rhein-Ruhr Gebiet und Sachsen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Überblick über die Modellregionen in Deutschland[17]

In den Regionen werden insgesamt über 200 Projekte gefördert, sodass ein vielseitiger Eindruck von Elektromobilität gewonnen werden kann. Ziel ist es, der innovativen Elektromobilitätstechnologie in Deutschland branchenübergreifend und -verknüpfend in konstruktiver Zusammenarbeit mit den Bundesländern Schaufenster zu bieten. Dies bedeutet, die deutsche Technologiekompetenz in wenigen Großprojekten sichtbar zu machen, indem die beteiligte öffentliche Hand und die Industrie hier ihre Kompetenzen und Mittel zusammenführen und bündeln. Dabei werden in der kommenden Phase des Marktaufbaus Erfahrungen aus den bisherigen Förderprogrammen der Bundesregierung hilfreich sein und sollen genutzt werden. Als eine von acht deutschen Modellregionen hat Hamburg die erste Ausbaustufe der Elektromobilität im Rahmen der Modellregion Elektromobilität realisiert. Im Mittelpunkt der Modellregion Hamburg steht die Nutzung von regenerativen Energien, der diskriminierungsfreie Zugang zur Ladeinfrastruktur und die Integration der Ladesäulen in das urbane Umfeld. Mit einer Förderung des Bundes von knapp 8,3 Millionen Euro wurde die Fahrzeugerprobung, der Aufbau von Ladeinfrastruktur bei Unternehmen und auf öffentlichen Straßen sowie die Entwicklung und Umsetzung neuer Mobilitätskonzepte unterstützt.[18] Eine wichtige Voraussetzung bei der Einführung der Elektromobilität ist die Schaffung einer bedarfsgerechten innerstädtischen Ladeinfrastruktur. Eine Einbindung in die Stadt- und Verkehrsentwicklungsplanung ist unerlässlich, um die Nachhaltigkeit der Planung und die Qualität der Stadtgestaltung zu unterstützen. Hierzu zählt auch die Anbindung von Ladestationen im Übergang zum öffentlichen Nah- und Fernverkehr.[19] Im Hamburg fahren in Verbindung mit dem Modelversuch 353 unterschiedliche batterieelektrischen Fahrzeuge[20], für diese gibt es im Hamburger Stadtgebiet rund 110 Ladepunkte. 50 Ladesäulen befinden sich an Stellflächen im öffentlichen Straßenraum, in städtischen Parkhäusern und auf Park+Ride-Flächen. Hinzu kommen rund 60 Ladesäulen auf privatem Grund, z. B. in Tiefgaragen. Der Strombedarf für die Fahrzeuge wird an den Ladesäulen im öffentlichen Raum zu 100 % aus erneuerbaren Energien gedeckt. So nutz die Elektromobilität ihren Klimavorteil aus.[21]

3 Theorie

3.1 Standortauswahl

3.1.1 Standortplanung

In der Betriebswirtschaftslehre wird der Begriff Standort meist als geographischer Ort definiert an dem ein Unternehmen Produktionsfaktoren einsetzt. Zur Ermittlung des optimalen Standortes bedarf es einerseits der Kenntnis der relevanten Standortfaktoren und andererseits eines Verfahrens, das es ermöglicht die quantitativen und qualitativen Wirkungen der relevant erachteten Standortfaktoren zu bewerten.[22] Aufgabe der Standortplanung ist es, aus einer Vielzahl von möglichen Standorten einen bzw. mehrere so auszuwählen, dass eine weitestgehende Übereinstimmung zwischen Standortanforderungen und Standortbedingungen mit dem Ziel der Maximierung des wirtschaftlichen Erfolges gewährleistet wird.[23] Dies kann realisiert werden, wenn für eine komplexe und unsichere Entscheidungssituation eine möglichst optimale Informationsgrundlage geschaffen wird. Die Standortplanung bzw. der Standortplanungsprozess ist auch durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet und es kann erwähnt werden, dass die Initiierung und der Ablauf dieses Prozesses stets individuell und einzelfallabhängig sind.[24] Im Allgemeinen wird der Standortentscheidungsprozess in vier bis fünf Phasen eingeteilt: Die Initiativphase, Konzeptphase, die Informationsbeschaffungs- und Bewertungsphase sowie letztendlich die Entscheidungsphase.[25]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Phasen des Standortentscheidungsprozesses[26]

Für eine fundierte Standortplanung müssen alle relevanten Standortfaktoren ermittelt und gewichtet sowie ihre Wirkungen an dem Standort bewertet und eingeschätzt werden. Und das gestaltet sich schwierig, denn es müssen unterschiedliche Standortfaktoren, in ihrer Bedeutung verglichen werden.[27]

3.1.2 Standortfaktoren

Standortfaktoren sind maßgeblich für die Attraktivität von Standorten für Unternehmen verantwortlich und beeinflussen diese damit bei ihrer Standortwahl. Die räumlichen Unterschiede in der Ausprägung von Standortfaktoren führen zu einer räumlichen Differenzierung von Standortqualitäten, insbesondere zu einer räumlichen Differenzierung von Kosten und/oder Erlösen einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Es wird zwischen harten und weichen Standortfaktoren unterschieden: Harte Standortfaktoren wie z.B. Steuern, Absatzmarkt und Infrastruktur sind quantifizierbar und können direkt in die Markt- und Standortanalyse für ein Unternehmen mit einbezogen werden. Sie können zur Ermittlung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit von Standorten genutzt werden, da sie engere betriebswirtschaftliche Kosten- und Umsatzrelationen beinhalten.[28] Faktoren zur Erfassung der räumlichen Struktureigenschaften eines Standortes, sind Faktoren die die räumliche Lage eines Produktionsstandortes innerhalb der Standortstruktur des Unternehmens und in Relation zu seiner Umgebung kennzeichnen. Diese Faktoren dienen hauptsächlich zur Eingrenzung der Alternativen.[29] Wichtige harte Standortfaktoren sind bei der Planung von Tankstellen unter anderem die Erreichbarkeit und die Verkehrsanbindung aber auch die allgemeinen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel öffentliche Fördermittel, Steuervergünstigungen oder Steuern und Abgaben.[30] Weiche Standortfaktoren z. B. Freizeitmöglichkeiten und Bildungsangebot können nicht in die Kostenrechnung eines Unternehmens integriert werden, treten aber immer mehr bei der Standortwahl in Erscheinung.[31] Einflüsse des politisch-sozialen Umfeldes auf die Attraktivität eines Produktionsstandortes werden durch diese Faktoren erfasst. Diese werden als limitational oder auch als substitutional betrachtet. Substitutionale Faktoren sind keine beschränkenden Faktoren, das heißt, dass ungünstige Ausprägung eines Faktors durch günstige Ausprägungen anderer Faktoren kompensiert werden können.[32] Weiche Standortfaktoren spielen bei der Wahl eines Elektrotankstellen-Standortes eine eher unwichtige Rolle, da für die Betreibung einer Stromtankstelle bzw. einer Stromtanksäule kein speziell ausgebildetes Personal benötigt wird. Die Unterscheidung in quantitative und qualitative Faktoren erklärt sich in der unterschiedlichen Weise, wie diese Faktoren in dem Standortentscheidungsprozess bewertet und eingesetzt werden. Bei quantitativen Größen bietet sich der Einsatz eines quantitativen Entscheidungsmodells an, während bei qualitativen Größen Checklisten oder Scoring-Methoden benutzt werden.[33]

3.1.3 Standtorterschließung

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Standorterschließung. Da die Frage nach der Standortplanung und der Standortwahl oft dann gestellt wird, wenn ein Unternehmen beschlossen hat einen neuen Standort zu erschließen.[34] Dies kann entweder an dem vorhandenen oder an einem neuen Standort geschehen. Gründe für eine Standorterschließung können z.B. eine Kapazitätsausweitung, die Erschließung neuer Märkte oder einer Unternehmenspräsenz sein.[35] Beruht eine Standorteinrichtung auf einem Marktmotiv, so sind darunter zwei Ansätze zu verstehen: Erstens den Wunsch, bestehende Märkte besser und schneller zu bedienen, und zweitens das Bestreben, neue Märkte zu erschließen. Ist das Marktmotiv der Auslöser für den Standortentscheidungsprozess, so verspricht sich das Unternehmen durch den neuen Standort Vorteile in Hinblick auf den betrachteten Markt, insofern wirken Marktmotive als Pull-Faktoren bei der Standortplanung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung 4 Pull-Strategie[36]

Die Pull-Strategie zielt dabei auf den Verbraucher ab, der ein Produkt kaufen soll. Der Hersteller baut ein Image und Bekanntheitsgrad auf und übt durch den Verbraucher Druck auf den Handel aus, indem der Kunde nach dem Produkt fragt. Der Handel ist dann gezwungen, dieses Produkt bei entsprechender Nachfrage in seinem Sortiment zu führen. Marketingmaßnahmen, die den Handel zum Verkauf der Ware bringen sollen, werden nur nachrangig oder gar nicht eingesetzt. In empirischen Studien hat sich das Marktmotiv als zweitwichtigster Auslöser für Standortentscheidungsprozesse erwiesen.[37]

3.1.4 Beispiel einer Verteilung mit bestimmten Vorgaben

Eine Rettungswache muss in Deutschland ein Gebiet von rund 170 km² (entspricht etwa der Große Mönchengladbachs)[38] mit rund 41.000 Einwohnern versorgen können.[39]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Kennzahlen zur rettungsdienstlichen Infrastruktur bei Rettungswachen[40]

Grund für diese Gebietsbeschränkung sind Landesrettungsdienstgesetze. Diese stellen sicher, dass die Notfallversorgung gewährleistet ist und dass bei Notfallpatienten Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens oder zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden eingeleitet werden können. Zusätzlich sind Rettungswachen bevorzugt in die Nähe der Einsatzschwerpunkte zu verlegen, sodass in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Notfälle zu bedienen sind. Das bedeutet, dass eine sogenannte Hilfsfrist von 15 Minuten[41] eigehalten werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 Das Erreichbarkeitspotential einer Rettungswache innerhalb der Hilfsfrist[42]

Bei der Planung der Standorte von Rettungswachen in einem Rettungsdienstbereich ist in zwei Stufen vorzugehen: In der ersten Planungsstufe erfolgt die Auswahl und Festlegung derjenigen Städte, in denen aufgrund ihrer siedlungsstrukturellen Ausstattung und zentralörtlichen Bedeutung sowie der damit verbundenen Notfallschwerpunkte zumindest ein Standort einer Rettungswache einzurichten ist. In der zweiten Planungsstufe erfolgt die kreisweite Festlegung der Standorte der bedarfsgerechten Rettungswachen im Rettungsdienstbereich. In stark verdichteten Gebieten, mit mehr als 100.000 Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von über 1.000 Einwohnern pro km², kann es notwendig sein, Rettungswachenversorgungsbereiche so zu verteilen, dass sich die Betreuungsgebiete angrenzender Rettungswachen überschneiden, um auch bei höhere Belastung eine gleiche Hilfsfrist zu gewährleisten. Decken sich die Grenzen der bedarfsgerechten Rettungswachenversorgungsbereiche nicht mit den Grenzen eines Rettungsdienstbereiches, so ist die Sicherstellung der Notfallversorgung in den entsprechenden Gebieten durch eine rettungsdienstbereichsübergreifende Bedarfsplanung unter Einbeziehung der benachbarten Träger der Notfallversorgung zu regeln.[43]

Nachdem nun die Grundlagen der Standortauswahl dargelegt wurden, wird im Folgenden näher auf das Thema Kooperationen eingegangen.

3.2 Kooperation

Kooperation kann definiert werden als ein zielgerichtetes gemeinsames Wirken von mindestens zwei Partnern, das auf die Optimierung einzelner Funktionen beschränkt und auf längere Dauer ausgerichtet ist. Die Kooperation nutzt die Vorteile der Spezialisierung die mit der Überbrückung räumlicher und zeitlicher Distanzen anfallenden gemeinsamer Probleme beider Institutionen optimal löst. Sie unterscheidet sich von der normalen Geschäftsbeziehung dadurch, dass sie im Vergleich zur normalen Geschäftsbeziehung auf eine langfristige Partnerschaft abzielt. Unternehmen gehen Kooperationen mit anderen Unternehmen ein, weil sie sich hiervon bestimmte Vorteile, wie z. B. den Eintritt in neue Märkte, das Ergänzen von fehlenden Ressourcen etc., erhoffen. Steigender Wettbewerb in einer Branche und die daraus resultierende „Rivalität“ in einer Branche stellt eine der größten und wesentlichen Triebkräfte zur Bildung von kooperativen Zusammenschlüssen dar. Sie führt zur Bildung von Kooperationen, in denen auf Unternehmerseite alle Ausprägungen vom kleinen Unternehmer bis zum Global Player vertreten sind.[44] Grundlage für eine Kooperation in der Betriebswirtschaft ist die Idee einer Verbindung von bisher rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen zu größeren Wirtschaftseinheiten.[45]

In weiteren Verlauf werden die Motive der Kooperationsbildung, mögliche Ausprägungen von Kooperationen und abschließend die Probleme von Kooperationen dargestellt.

3.2.1 Motive der Kooperationsbildung

Es gibt viele die für eine Kooperation sprechen. Zum einen gibt es die Zeitvorteile die einem eine bessere Position in Wettbewerb verschaffen können. Die Basis jeden Erfolges eines Unternehmens wird durch schnelles Eingreifen und Bewegen mit den eigenen Produkten oder Dienstleistungen in den Markt gesetzt.[46] Somit ist es wichtig, in hoher Beschleunigung Produkte und die Verbreitung sowie die Umstellung auf möglichst effiziente Weise auf den relevanten Märkten gewährleisten zu können, um Wettbewerbsvorteile gegenüber potentiellen Mitbewerbern zu erlangen. In einer Kooperation kann dies arbeitsteilig ablaufen, somit ist eine höhere Flexibilität und Zeitersparnis durch die verteilte, kooperative Produktion gewährleistet. Ein einzelnes Unternehmen muss alle Produktionsschritte allein bewältigen und ist unflexibler bei der Umstellung bestimmter Schritte in der Produktionskette.[47] Natürlich können operative Kostenvorteile in ihrer Leistungserstellung optimieren. Einsparungen, wie der gemeinsame Erwerb strategisch relevanter Ressourcen oder auch das Outsourcing bestimmter Vorgänge im Produktionsprozess, die nicht Bestandteile des Kernportfolios des Unternehmens sind, gehören dazu.[48] Ein weiterer Vorteil einer Kooperation ist, dass die zu erzielenden Erlöse der geschäftlichen Aktivitäten durch Kooperation mit mehreren Partnern generiert werden können. Die Zusammenarbeit mit branchenfremden Unternehmen führt zudem zur Erschließung neuer strategisch relevanter Märkte. Aber auch die Kooperation mit direkten Wettbewerbern ist nicht ausgeschlossen. Ein weiterer Punkt ist der Zugang zu strategisch relevanten Ressourcen durch Kooperation und auch der gleichzeitige Schutz der eigenen Ressourcen ist zu erwähnen, da nun eine mögliche Bündelung eine Stärkung mit sich bringt.[49] Durch die Fusion lassen sich verschiedene Fähigkeiten zusammen führen. Sie ermöglicht kürzere Innovationszyklen und somit wieder Wettbewerbsvorteile.[50] Die angesprochene Bündelung ermöglicht zudem das Anbieten neuer Produktformen sowie den Zugang zu neuen Kundengruppen. Dieser Zugang entsteht vorwiegend bei Kooperationen mit Anbietern von Komplementärprodukten und den aus dem Prozess der Zusammenarbeit entstehenden Synergieeffekten.[51]

3.2.2 Eine Win-Win-Partnerschaft

Eine grundlegende Voraussetzung für die Bildung von Netzwerken ist der Ausgleich der Nutzen aller am Netzwerk beteiligten Unternehmen und damit die Schaffung einer Win-Win-Situation. Der Ressourceneinsatz und die erwirtschafteten Gewinne der Netzwerkpartner müssen sich innerhalb eines Netzwerkes weitgehend entsprechen.[52] Dies lässt sich u.a. mit Hilfe der Anreiz-Beitrags-Theorie begründen, welche besagt, dass eine Leistung so lange zur Verfügung gestellt wird, wie dafür im ausreichenden Maße Anreize vorhanden sind.[53] Allgemein betrachtet ist das oberste Ziel eines jeden Unternehmens die langfristige Sicherung der unternehmerischen Tätigkeit. Die Strategie, die hierzu führen soll und die sich daraus ergebenden Teilziele sind wiederrum von einer Vielzahl an Faktoren abhängig wie beispielsweise die Unternehmensform und Branche. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren werden Ziele formuliert, die die unternehmerische Tätigkeit langfristig sichern sollen. Eine Win-Win-Partnerschaft wird insbesondere angestrebt, wenn die Früchte der geschäftlichen Tätigkeit vor allem langfristig zum Tragen kommen. Denn langfristig wird keine einseitig erfolgsversprechende Geschäftsbeziehung bestehen können. Nur wenn beide Partner einen Vorteil erzielen können, werden diese auch bereit sein, eine Beziehung einzugehen. Das gemeinsame Streben nach Gewinn verbindet die Partner stärker miteinander. Es wird geprüft, ob der potentielle Partner die benötigten Kriterien erfüllt, um mit ihm eine Geschäftsbeziehung zu etablieren, die den Unternehmenszielen entspricht. Das Beziehungsmanagement sollte darauf ausgerichtet sein, das Vertrauen der Kunden zu stärken. Ein weiterer Vorteil einer solchen Partnerschaft ist die Risikominimierung, denn nicht nur der Gewinn sondern auch das Risiko wird geteilt.[54]

3.2.3 Horizontale Kooperation

Horizontale Kooperationen bestehen zwischen Betrieben derselben Produktions- oder Marktstufe und führen über Mengen- und Spezialisierungseffekte zu Kostensenkungen. Die von den Kooperationspartnern hergestellten Produkte können dabei produktions- oder verfahrenstechnisch verwandt sein. Durch den gleichen oder weitgehend ähnlichen Tätigkeitsbereich bietet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten der gemeinschaftlichen Aufgabenerfüllung: Erfahrungs- und Meinungsaustausch, gemeinschaftliche Marktforschung, Einkaufsgemeinschaften, gemeinschaftliche Entwicklung, wechselseitige Spezialisierung, gemeinschaftliche Anschaffung und Nutzung von Produktionsanlagen, gemeinsamer Kundenservice, Vertriebsgemeinschaft, Verkaufsgemeinschaft, Werbegemeinschaft.[55] Der Zweck einer horizontalen Kooperation kann in der Erzielung von Kostenvorteilen durch die gemeinsame Nutzung vorhandener oder zu beschaffender Ressourcen liegen. Auf diese Weise lassen sich Kapazitätsauslastungen erreichen die von einem der Partner allein nicht realisierbar wären. Ein in der Baubranche bekanntes Bespiel für horizontale Kooperation ist die Zusammenlegung von Werkhöfen zu effizienzgesteigerten Gerätebewirtschaftung. Horizontale Kooperationen werden vielfach angewendet, um durch die Bündelung der Baukapazitäten Aufträge abwickeln zu können, die aufgrund ihres Umfangs für ein Unternehmen allein nicht realisierbar wären. Darüber hinaus ist diese Kooperationsform auch in anderen Bereichen denkbar, wie z.B. im Bereich des Einkaufs oder der Personalschulung. Auch für kleinere und mittelständische Unternehmen bestehen viele Möglichkeiten für horizontale Kooperationen. Beispielsweise könnten Bauunternehmer mit Fliesenlegern und Installateuren eine Kooperation bilden um als Generalanbieter für Umbauten oder Erneuerungen auf dem Markt aufzutreten.[56]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 Kooperationsrichtungen[57]

3.2.4 Vertikale Kooperation

Bei vertikalen Kooperationen arbeiten Betriebe unterschiedlicher Produktionsstufen zusammen. Vorteile bieten sich durch die Sicherung von Absatz und Zulieferung, durch Know-how-Transfer sowie durch die Möglichkeit, Produktionsprozesse besser zu koordinieren und damit eine rationellere Fertigung zu erreichen. In dieser Form fokussieren sich die Partner auf Koordinaten in der Wertschöpfungskette, in denen sie mit ihren speziellen Kernkompetenzen die besten Ergebnisse für das Gesamtprodukt erzielen können. Weitere Aktivitäten, die den eigenen Kernkompetenzen fern oder komplementär sind, werden ausgelagert und an Partner vergeben, deren spezifische Fähigkeiten passend sind.[58] Die Kooperation mit vor- und nachgelagerten Prozessstufen erlaubt es, qualifizierte Zusatzleistungen und integrierte Verbundleistungen anzubieten und den Kundenservice zu verbessern. Im Falle geplanter Investitionen können technische Details (bspw. standardisierte Kommunikationstechniken) aber auch Kapazitäten aufeinander abgestimmt werden.[59] Im Dienstleistungssektor sind vertikale Kooperationen nicht so häufig anzutreffen, wie im industriellen Sektor. Die meisten Dienstleistungsunternehmen setzen ihre Leistungen ohne Absatzmittler ab, da diese die Qualitätsstandards nicht im gleichen Maße erhalten können.[60]

3.2.5 Diagonale Kooperation

Die diagonale Kooperation entsteht durch eine branchenübergreifende Zusammenarbeit mit dem Ziel, einer bestehenden oder potentiellen Nachfrage ein entsprechendes Angebot gegenüberzustellen. Derartige Bündnisse, sich gegenseitig ergänzender Betriebe, ermöglichen durch Wissens- und/oder Leistungskombinationen die Schaffung neuer Produkte und Dienstleistungen. Vor allem die Zusammenführung unterschiedlichen Know-hows ermöglicht das Angebot kundenspezifischer Lösungen. Folglich findet hier ein Wandel vom Anbieten standardisierter Grundleistungen zum Anbieten individueller Problemlösungen statt.[61] Zudem können sich beteiligte Unternehmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette befinden oder nur zur Teilung von Kosten kooperieren, indem sie erworbene Ressourcen für die Produktion ihrer Erzeugnisse für unterschiedliche Märkte nutzen. Diagonale Kooperationen können für den Kunden von hohem Nutzen sein, da durch Kooperationen Möglichkeiten entstehen, komplette Systemlösungen anzubieten. Weiterhin ist es möglich den Kunden zu binden, indem die kooperierenden Unternehmen Programme einrichten, die die Kundenbindung an alle im Kooperationssystem beteiligten Partner stützt, wie es beispielsweise „Payback“ tut.[62]

In den nächsten beiden Abschnitten wird die diagonale Kooperation anhand von zwei Praxisbeispielen erläutert.

3.2.5.1 Kooperation Energieversorger mit dem Einzelhandel

Es gibt bereits Beispiele für eine diagonale Kooperation zwischen Mineralöl-Unter­nehmen und dem Einzelhandel. In 2005 versuchte der Hamburger Einzelhändler Edeka Zentrale AG das Geschäft mit Tankstellen auszubauen. Es wurden bundesweit mehr als 250 „Spar Express“-Shops mit dem Mineralölkonzern Conoco Phillips eröffnet, der Tankstellen unter der Marke „Jet“ betreibt.[63] Bei den geplanten Märkten handelt es sich um Geschäfte mit Verkaufsflächen von bis zu 130 m². Sie haben ein deutlich größeres Lebensmittelsortiment als die normalen Jet-Stationen. Die beiden Unternehmen versprechen sich davon ein gemeinsames Umsatzvolumen von mehr als 1 Milliarde Euro, hieß es.[64] Die Edeka-Tochter Spar will hiermit vor allem Kunden erreichen, die keine Zeit für langwierige Einkäufe während der üblichen Ladenöffnungszeiten haben. Erste Tests an zehn Jet-Stationen liefen bereits erfolgreich. Für Edeka ist das Tankstellengeschäft attraktiv: Die rund 13.000 deutschen Stationen setzten 2005 mit dem Shopgeschäft zwölf bis 13 Milliarde Euro um. „Wir gehen davon aus, dass der Umsatz 2005 leicht wächst oder zumindest gleichbleibt“, sagte eine Sprecherin des Bundesverbands Tankstellen und gewerbliche Autowäsche. Die Tankstellen sind auf dieses Zusatzgeschäft angewiesen, weil der Verkauf von Kraftstoffen nur schwache Margen bringt. „Rund drei Viertel des Ertrags erzielen die Stationen aus dem Warenverkauf“, schätzt Heino Elfert, Chefredakteur des Energie-Informationsdiensts.[65] Diese Kooperation war bis 2008 befristet.[66] Es wäre denkbar, dass sich Stromkonzerne wie e-on oder RWE sich mit einem der größeren Einzelhandelsketten in Deutschland zusammenschließen zum Beispiel REWE oder auch Edeka, die bundesweit verteilt sind. So könnte die Zeit des Aufladevorgangs mit dem Wocheneinkauf verbinden und somit die Zeit gut nutzen. Die beteiligten Unternehmen könnten eine Win-Win Situation schaffen, weil beide Partner einen Vorteil erzielen können, werden diese auch bereit sein, eine Beziehung einzugehen.

3.2.5.2 Kooperation mit öffentlichen Parkhäusern

Eine weitere Möglichkeit für eine diagonale Kooperation wäre eine Zusammenarbeit mit Parkhausbetreibern. In Fulda gibt es seit 2010 eine Kooperation zwischen dem osthessischen Energieversorger ÜWAG und Parkhausbetreiber Q-Park. Die Aktivitäten der ÜWAG zum Thema Elektromobilität hatten Q-Park veranlasst, auf den regionalen Energieversorger zuzugehen; so entstand das Konzept, eine Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge in einer neuen Tiefgarage im Zentrum von Fulda vorzusehen.[67] Zu finden ist sie in der 2010 neu gebauten Q-Park Tiefgarage Zentrum, einem der modernsten Parkobjekte Europas. Bei der Stromtankstelle handelt es sich um die erste in Osthessen. Sie ist in enger Kooperation zwischen Q-Park und ÜWAG entstanden. Diese hat die ÜWAG realisiert und dabei den Start in das Thema Elektromobilität aus eigener Kraft gestemmt – ohne staatliche Subventionen beziehungsweise ohne die Unterstützung großer Energieerzeugungsunternehmen. Damit gibt der führende osthessische Energieversorger nun den Startschuss für die Zukunft der ebenso ökologischen wie ökonomischen Fortbewegung in der Region.[68] Ein ähnliches Beispiel gibt es auch in der Stadt Hagen. Seit 2011 bieten Q-Park[69] und Mark E[70] im Parkhaus in der Innenstadt vier Stellplätze an, auf denen E-Automobile aufgeladen werden können. Um die Bürger für Elektromobilität zu gewinnen ist der Ladevorgang kostenfrei, zudem werden E-Mobilisten 50 % der Parkgebühren erlassen. Neben der Speicherung sei derzeit der Ladevorgang im öffentlichen und halböffentlichen Raum das Hauptproblem der E-Mobilität. Da setzt das langfristig angesetzte Projekt im Parkhaus an. Zwar ist es nicht möglich ein E-Auto während des Einkaufens bei Ladezeiten bis zu acht Stundenkomplett aufladen, jedoch sei Strom für rund 50 km recht schnell geladen. Das sehen die Kooperationspartner langfristig ihre Chance.[71] Das Potential der Parkhäuser sollte genutzt werden, da sie viele Stellplätze haben und somit eine Vielzahl von Elektroautos gleichzeitig aufgeladen werden können. So ist es möglich ein Großteil der geplanten Tankmöglichkeiten zu realisieren.

Dieses Potential hat auch der Energieversorger RWE erkannt als er mit Europas größter Parkhausbetreiber APCOA[72] eine Kooperation einging. Die Unternehmen starten die gemeinsame Markteinführung von Stromladestationen für Elektroautos in öffentlich zugänglichem Parkraum. Zunächst entstehen RWE-Ladestationen in 20 Berliner APCOA-Parkgaragen in zentralen Einkaufslagen, z.B. am Alexanderplatz oder am Brandenburger Tor. In einem weiteren Schritt wird auch in Parkhäusern großer Städte, wie Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München die RWE-Ladeinfrastruktur aufgebaut.[73] Die RWE AG rückt mit dieser strategischen Kooperation ihrem Ziel ein Stück näher, bundesweit ein flächendeckendes Tankstellennetz für Elektrofahrzeuge aufzubauen. Die RWE-Experten gehen davon aus, dass schon 2020 bis zu 2,5 Millionen Elektro-Autos auf Deutschlands Straßen fahren werden. Diese müssen natürlich Strom tanken. In Berlin hat RWE bereits 56 Ladepunkte für Elektro-Autos aufgestellt, bis Mitte 2010 sollen es 500 sein. In Essen stehen heute schon 11 Ladesäulen des Projekt-Partners APCOA. In 2009 sollen neben Düsseldorf auch Essen und Dortmund, Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Stuttgart und München Ladepunkte erhalten. Die Ballungsräume sind jedoch nur der Anfang. Langfristiges Ziel ist ein flächendeckendes Netz mit Ladepunkten – und zwar in ganz Europa.[74]

3.2.6 Probleme von Kooperationen

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen bringt jedoch nicht nur Chancen für die Unternehmen, sondern Kooperationen haben auch einen hohen Grad an Risiko und Fragilität, die in einer Lage der Abhängigkeit voneinander zu einem hohen Konfliktpotential und Interdependenzen führen kann. Die folgenden Punkte sollen Problemfelder und Herausforderungen bei der Bildung und Durchführung unternehmerischer Kooperationen darstellen. Einerseits sind Kooperationen in vielerlei Hinsicht gewinnbringend für die einzelnen Partner. Beispiele sind unter anderem die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen oder auch der freie Zugang zu externen Ressourcen. Gleichzeitig können diese Umstände aber ebenso zu einer Abhängigkeit von den an der Kooperation teilnehmenden Partnern führen. Wenn externe Partner in den Arbeitsablauf und der Produktion bestimmter Produkte oder Dienstleistungen integriert werden, sind die betroffenen Unternehmen abhängig von deren Leistungsfähigkeit, ihrer Bereitschaft zur Kooperation und ihrer Zuverlässigkeit. Durch diese Szenarien der Abhängigkeit erhöht sich das Risiko einer gewählten kooperativen Unternehmung im Hinblick auf die Möglichkeit des Scheiterns.[75] Aus diesen Gründen ist es von Vorteil, Vereinbarungen über Steuerung, Planung und das Abstimmen von Arbeitsprozessen zu beschließen, die einerseits das Verhalten unterstützen und regeln, welches der Kooperation förderlich ist, und andererseits mögliches kooperationshemmendes Verhalten abwägen und steuern können.[76] Eine weitere zu diskutierende Problematik ist die Interdependenz zwischen den beteiligten Unternehmen einer Kooperation. Durch die Vernetzung der Tätigkeiten innerhalb der Kooperation wird eine wechselseitige Integration gefördert. Somit hat jede Handlung des einen Partners Auswirkung auf die Handlungen des anderen und umgekehrt. Daher haben das eigene Handeln und dessen Ergebnis großen Einfluss auf Handlungen der anderen Partner im Produktionsprozess innerhalb der Kooperation. Um dieser Problematik Herr zu werden, bedarf es eines guten Managements der Kooperation. Die Schwierigkeit besteht darin, die einzelnen Partner und ihre Fähigkeiten, Ressourcen usw. zu einem ganzheitlichen System, welches von von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägt ist, zu formen. Das Resultat ist ein äußerst komplexes, auf wechselseitiger Abstimmung und hohem kooperativem Verhalten basierendes Gebilde.[77] Weiteres Konfliktpotenzial bergen unterschiedliche Zielsetzungen innerhalb der Kooperationen bei den einzelnen beteiligten Partnern. Dadurch, dass nicht alle möglichen Eventualitäten durch (vertragliche) Vereinbarungen innerhalb einer Kooperation abgedeckt werden können, besteht das Risiko, dass beteiligte Unternehmen nach Erreichung ihres, für sich selbst gesetzten Ziels innerhalb der Kooperation, diese vorzeitig verlassen, obwohl weitere Aktivitäten geplant sind.[78] Zudem können Konflikte entstehen, wenn Ziele des einen Partners die des anderen behindern oder beeinträchtigen. Hierbei wird in der Literatur zwischen drei verschiedenen Szenarien unterschieden. Erstens können die beteiligten Unternehmen differierende Ansichten und Vorstellungen über die gemeinsame Kooperation besitzen. Dann besteht die Möglichkeit, dass die Partner neben den ausgehandelten auch eigene Ziele verfolgen und diese außerhalb der Kooperation anstreben. Als dritte Option können verdeckte Ziele einzelner Partner angeführt werden. Hier handelt es sich um Ziele, die gegebenenfalls zu Lasten der anderen Partner gehen.

Zusammenfassend muss betont werden, dass die Problematik der Verfolgung von Individualzielen gegenüber den eigentlichen Kooperationszielen einen grundsätzlichen Konflikt darstellt. Bei Bildung von Kooperationen muss immer wieder beachtet werden, dass diese Zusammenschlüsse von Unternehmen ein rein kommerzielles Interesse zur Grundlage haben. Auch diese Problematik ist vom Management der Kooperation zu lö­sen, da individuelle, wenn nicht sogar für andere schädliche Ziele der Gesamtunternehmung der Kooperation schaden, wenn nicht sogar zu ihrem Scheitern führen kann.[79]

Nachdem nun die theoretische Basis gelegt wurde, soll im nachfolgenden Kapitel ein mögliches Konzept einer Standortplanung dargestellt werden.

[...]


[1] Vgl. (o.V.a, Regierungsprogramm Elektromobilität, 2011).

[2] Abb. modifiziert nach (o.V.a, Elektromobilität- Deutschland als Leitmarkt und Leitanbieter, 2011).

[3] Vgl. (o.V.a, Forschung im Bereich Erneuerbare Energien, 2010).

[4] Vgl. (o.V.a, Erneuerbare Energien ausbauen).

[5] Vgl. (o.V.a, Forschung im Bereich Erneuerbare Energien, 2010).

[6] Vgl. (o.V.a, Regierungsprogramm Elektromobilität, 2011).

[7] Vgl. (o.V.a, www.focus.de).

[8] Vgl. (o.V.a, www.elektroauto-fahren.com).

[9] Vgl. (www.umweltbewusst-heizen.de).

[10] Vgl. (o.V.a, Regierungsprogramm Elektromobilität, 2011)

[11] Vgl. (Hoberg, Leimeister, Jehle, & Helmut, 2010)

[12] Vgl. (Ritter, 2010)

[13] Vgl. (o.V.A, 2012).

[14] Vgl. (o.V.a, www.lemnet.org).

[15] Vgl. (o.V.a, www.bmu.de, 2012).

[16] Vgl. (o.V.a, www.bundesregierung.de).

[17] Abb. (www.bmvbs.de).

[18] Vgl. (o.V.a, Metropolregion wird elektro-mobil).

[19] Vgl. (o.V.a, www.elektromobilitaethamburg.de).

[20] Vgl. (o.V.a, Metropolregion wird elektro-mobil).

[21] Vgl. (o.V.a, www.elektromobilitaethamburg.de).

[22] Vgl. (Hansmann, 1974) S.15.

[23] Vgl. (Dr. Domschke & Dr. Drexl, 1995) S.6.

[24] Vgl. (Lüder & Küpper, 1983) S.9.

[25] Vgl. (Karl, 2006) S.3.

[26] Eigene Abbildung.

[27] Vgl. (Maßmann, 2005) S.17.

[28] Vgl. (Maßmann, 2005) S.17.

[29] Vgl. (Karl, 2006) S. 7.

[30] Vgl. (Gudehus, 2006).

[31] Vgl. (o.V.a, www.handelswissen.de).

[32] Vgl. (Karl, 2006) S.7.

[33] Vgl. (Maßmann, 2005) S. 11.

[34] Vgl. (Dr. Domschke & Dr. Drexl, 1995) S. 5f.

[35] Vgl. (Karl, 2006) S.5.

[36] Abb. modifiziert nach http://en.wikipedia.org/wiki/Push_and_pull.

[37] Vgl. (Maßmann, 2005) S.20.

[38] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mönchengladbach.

[39] Vgl. (Behrendt & Schmiedel, 2003) S.508.

[40] Abb. modifiziert nach Notfall & Rettungsmedizin 7, 24. Oktober 2003 S. 501.

[41] Vgl. RettDG §8 II.

[42] Abb. (Behrendt & Schmiedel, 2003).

[43] Vgl. (Behrendt & Schmiedel, 2004) S. 85.

[44] Vgl. (Kippelt, 2009) S.3.

[45] Vgl. (Döhring & Wöhe, 2000) S. 320.

[46] Vgl. (Wrona & Schell, 2005) S. 336.

[47] Vgl. (Kippelt, 2009) S. 6.

[48] Vgl. (Riemer, 2005) S. 9.

[49] Vgl. (Wrona & Schell, 2005) S. 336.

[50] Vgl. (Riemer, 2005) S. 10.

[51] Vgl. (Wrona & Schell, 2005) S. 337.

[52] Vgl. (Pfohl, 2004) S. 4.

[53] Den Grundstein für die Anreiz-Beitrags-Theorie legten March/Simon, 1958.

[54] Vgl. (Pfohl, 2004) S. 104.

[55] Vgl. (Staudt, 1992).

[56] Vgl. (Dipl- Ing. Schulte & Prof.Dr.-Ing. Girmscheid, 1998) S. 26.

[57] Abb. modifiziert nach (Albers, 2000) S. 9.

[58] Vgl. (Morschett, 2005) S. 395.

[59] Vgl. (Staudt, 1992).

[60] Vgl. (Bruhn, 2005) S. 1291.

[61] Vgl. (Staudt, 1992).

[62] Vgl. (Bruhn, 2005) S. 1292.

[63] Vgl. (o.V.a, www.spiegel.de, 2006).

[64] Vgl. (Lipinski, www.handelsblatt.com, 2006).

[65] Vgl. (Lipinski, www.handelsblatt.com, 2005).

[66] Vgl. (o.V.a, www.spiegel.de, 2006).

[67] Vgl. (o.V.a, www.fuldaerzeitung.de, 2010).

[68] Vgl. (o.V.a, www.uewag.de, 2010).

[69] Q-Park ist ein niederländischer Parkraumbewirtschafter. Mit Niederlassungen in Deutschland, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Irland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland ist er der zweitgrößte Parkhaus- und Parkplatzbetreiber in Europa.

[70] Energiedienstleister für die märkische Region.

[71] Vgl (Josten, 2011).

[72] Die APCOA Gruppe bewirtschaftet derzeit rund 1,2 Millionen Einzelstellplätze an über 5.400 Standorten in 18 europäischen Ländern.

[73] Vgl. (o.V.a., http://www.deutschland-ueberblick.de/).

[74] Vgl. (o.V.a., http://www.rwe.com/, 2008).

[75] Vgl. (Riemer, 2005) S.18.

[76] Vgl. (Kilich, 2007) S. 22.

[77] Vgl. (Riemer, 2005) S.19.

[78] Vgl. (Kilich, 2007) S.22.

[79] Vgl. (Riemer, 2005) S.19.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956845116
ISBN (Paperback)
9783956840111
Dateigröße
3.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Fulda
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
Elektrotechnik Stromtankstelle Standortplanung Infrastruktur Ladestation

Autor

Jennifer Serabian, B.A, wurde 1987 in Fulda geboren. Ihr Studium der internationalen Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Fulda schloss die Autorin im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte sie umfassende praktische Erfahrungen in der Logistikbranche. Unterschiedliche Projekte und Seminare weckten das Interesse der Autorin an der „grünen Logistik“, welche den Grundstein für diese Arbeit legten.
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Titel: Elektromobilität in Deutschland: Ein Konzept zur Verteilung von Stromtankstellen
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