Die Bewertung von temperaturbasierten Wetterderivaten
©2011
Bachelorarbeit
54 Seiten
Zusammenfassung
Wetterderivate basieren auf nicht handelbaren Underlyings wie die Temperatur und haben einen unvollständigen Markt. Aufgrund dieser Besonderheiten kommt es zu einem Problem bei der Bewertung. Es wurden bisher viele Modelle vorgeschlagen, es existiert jedoch kein einheitlicher Ansatz. Diese Arbeit versucht, die Bewertung anhand des bekannten Modells von Alaton, Djehiche und Stillberger (2002) darzustellen. Um die Bewertung durchführen zu können, wird die Temperatur unter einem Ornstein-Uhlenbeck-Prozess mit einer Brownschen Bewegung modelliert, wodurch die Temperatureigenschaften bestimmt werden können. Die Bewertung erfolgt risikoneutral und der Preis einer HDD-Option wird dabei unter einem Martingalmaß bestimmt. Bei CDD-Optionen erfolgt die Preisbildung mithilfe einer Monte-Carlo-Simulation. Außerdem muss das Modell an den tatsächlichen Markt angepasst werden, wo der Marktpreis des Risikos ins Spiel kommt. Dieser Wert wird im risikoneutralen Modell als konstant angenommen. Es wird aber auch gezeigt, dass in der realen Welt diese Annahme nicht praktizierbar ist, was insbesondere anhand von weiteren Ansätzen deutlich wird.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
AR
Autoregressive
ARCH
Autoregressive Conditional Heteroskedasticity
ARMA Autoregressive-Moving
Average
AvT Average
Temperature
BS
Black & Scholes
CAR
Continuous Autoregressive
CAT
Cumulative Average Temperature
CDD Cooling-Degree-Day
CME
Chicago Mercantile Exchange (Chicagoer Börse)
DAT
Daily Average Temperature (tägliche Durchschnittstemperatur)
DD
Degree-Day
DSM
Daily Simulation Method
EDD Energy-Degree-Day
(Energiegradtag)
GTZ
Gradtageszahlenindex
GARCH
Generalized Autoregressive Conditional Heteroscedasticity
HDD
Heating-Degree-Day
IFS
Intelligent Financial Systems
IVSM
Index Value Simulation Method
LIFFE
London International Financial Futures Exchange
OTC
Over-the-Counter
WIRE
Worldwide Intellectual Resources Exchange
WRMA
Weather Risk Management Association
Symbolverzeichnis
Konstante
Geschwindigkeit der Mean Reversion
( )
Verschiebungsoperator
Schätzer für die Geschwindigkeit der Mean Reversion
Tick Size
,
GARCH-Parameter
Der lineare Erwärmungstrend
,
GARCH-Parameter
Parameter des Trends
( )
Verschiebungsoperator
,
Terme im erweiterten Ornstein-Uhlenbeck Modell von Huang et al.
Amplitude
Wert einer europäischen Call-Option auf kumulierte CDDs
Anzahl der CDDs innerhalb einer Kontraktperiode
Kovarianz
( )
Preis einer HDD-Call-Option
Parameter der Fourier-Reihe der Ordnung
Stochastische Differentialgleichung für die Temperatur
Parameter der Fourier-Reihe der Ordnung
P
Ableitung einer Variable
Erwartungswert unter Normalverteilung
Erwartungswert unter dem Q-Maß
Störterm
Störterm
F-adaptierter stochastischer Prozess
Eine beliebige Funktion
Anzahl der HDDs innerhalb einer Kontraktperiode
Zeit in Tag(en)
Anzahl der Tage in einem Monat (
)
Strike Level
L
Ordnung der Autoregression
Marktpreis des Risikos
M
Ordnung des deterministischen Polynoms
Zeit in Monaten
Erwartungswert unter einem Q-Maß
Erwartungswert bei Normalverteilung
Verteilungsfunktion einer Normalverteilung
Tage in einem Monat
Tage innerhalb einer Kontraktperiode
= 2 /365
P
Ordnung der Fourier-Reihe
Wert einer europäischen Put-Option auf kumulierte CDDs
( )
Preis einer HDD-Put-Option
Phasenverschiebung
Kumulierte Verteilungsfunktion einer Normalverteilung
Variable für die Autoregression
Q
Ordnung der Fourier-Reihe
risikoloser Zinssatz
Erwartete Rendite in der risikoneutralen Welt
Anfangszeitpunkt der Kontraktperiode
Saisonale Komponente
Quadratische Variation
Varianz unter einem Q-Maß
Standardabweichung
Zeit
Temperatur an einem Tag
Maximale Temperatur an einem Tag
Minimale Temperatur an einem Tag
Mittlere Temperatur zur Zeit
linearer Trend
Regression von
Vorher vereinbarte Zahlung für jeden CDD über dem Strike
Q-Wiener Prozess
Varianz bei Normalverteilung
Varianz
Standard-Brownsche Bewegung
Lösung einer stochastischen Differenzialgleichung
Approximation von
Auszahlung einer HDD-Call-Option
Anfangswert der Temperatur zu Beginn der Kontraktperiode
(
= )
Auszahlung einer HDD-Put-Option
,
,
,
Parameter im Temperaturmodell von Huang et al.
Anhangsverzeichnis
Abbildung 1:
Historische Nominalwerte der gehandelten Wetterderivate 1999-2008
Abbildung 2:
Tägliche Durchschnittstemperaturen gemessen am Flughafen Bromma
in Stockholm 1989-1997
Abbildung 3:
Kurvendiagramme der Zeitreihen, Daily Average Temperature
I. EINFÜHRUNG
Rund 80 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtleistung in den Industrieländern wird vom
Wetter beeinflusst (Handelsblatt, 2008). Durch Versicherungsverträge können sich
Unternehmen gegen extreme Wetterereignisse schützen. Eine Möglichkeit, sich gegen alle
auftretenden Wetterkonditionen abzusichern, besteht z.B. durch Wettderivate. Die
Unternehmen können damit die Wetterrisiken und deren Einfluss kontrollieren. Dank
Wetterderivaten muss sich deshalb bspw. ein Energieversorger nicht mehr vor einem milden
Winter fürchten, der infolge der globalen Erwärmung eintreten kann.
Die Vorstellung dieser innovativen Finanzinstrumente ist der Gegenstand dieser Arbeit. Sie
konzentriert sich auf temperaturbasierte Wetterderivate, da die Temperatur in Bezug auf
Wetter die wichtigste Rolle spielt. Das Augenmerk liegt hier auf der Bewertung von
Wetterderivaten, wofür im Vorfeld durch Temperaturmodellierung die Basis geschaffen wird.
Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird die Frage beantwortet, warum bis heute kein
einheitliches Modell für die Bewertung vorhanden ist und was Wetterderivate dabei von
traditionellen Finanzderivaten unterscheidet. Um eine Antwort zu finden, werden
verschiedene Modelle vorgestellt, wobei der risikoneutrale Ansatz in den Vordergrund
gestellt wird.
Die Vorgehensweise sieht wie folgt aus: Zuerst werden die allgemein Grundlagen erläutert.
Dabei wird auf die Entstehung und die Struktur des Marktes eingegangen. Darauf folgt ein
Abschnitt zu den Basisvariablen, in dem die wichtigsten Wetterindizes explizit beschrieben
werden. Anschließend werden die Produkte vorgestellt, die in Optionen, Futures und Swaps
unterteilt werden. Komplexere Strukturen bleiben außerhalb der Betrachtung. Das zweite
Kapitel beinhaltet, aufbauend auf den Grundlagen vom ersten Kapitel, die Modellierung der
Temperatur. Untersucht wird der stochastische Ansatz von Alaton, Djehiche und Stillberger
(2002), die einen Ornstein-Uhlenbeck-Prozess verwenden. Dieses Modell dient als Grundlage
für viele weitere Modelle und wird häufig in der Literatur als das Alaton-Modell definiert. Im
nächsten Abschnitt werden zwei weitere Modelle von Huang, Shiu und Lin (2008) sowie
Campbell und Diebold (2004) vorgestellt, die auf dem GARCH-Ansatz beruhen. Ersteres
bietet eine Erweiterung des Alaton-Modells und Letzteres ist allgemein für den GARCH-
Ansatz in Verbindung mit Wetterderivaten bekannt, womit die Auswahl der Modelle
begründet werden kann. Zum Ende des Kapitels werden weitere Ansätze zur
Temperaturmodellierung aufgezählt, ohne auf empirische Details einzugehen.
1
Der letzte und umfangreichste Teil der Arbeit bezieht sich auf die Bewertungsmodelle.
Wichtig in diesem Kapitel ist die Darstellung der Problematik bei der Bewertung von
Wetterderivaten, die zunächst erklärt wird. Im Vordergrund dieser Arbeit ist die risikoneutrale
Bewertung, welche im nächsten Abschnitt beschrieben wird. Dieser Abschnitt basiert
wiederum auf dem Alaton-Modell, welches ausführlich vorgestellt wird. Dabei wird auf die
Preisbildung bestimmter Optionen und auf die Übertragung des Modells auf den Markt
eingegangen. Nebenbei werden hier auch noch weitere risikoneutrale Ansätze kurz benannt.
Außer der risikoneutralen Bewertung gibt es auch andere Ansätze, welche dann im letzten
Abschnitt erläutert werden.
2
II. GRUNDLAGEN
In diesem Kapitel werden die Grundlagen für Wetterderivate beginnend mit dem Markt
dargestellt. Ziel dabei ist die Verdeutlichung der Besonderheit dieser Finanzinstrumente um
eine Basis für die darauf folgenden Kapitel zu schaffen.
2.1 Der Markt für Wetterderivate
Der Markt für Wetterderivate entwickelte sich erst ab dem Jahre 1997 mit der Deregulierung
des Energiesektors in den USA. Als Auslöser für diese Entwicklung kann das
Wetterphänomen El Nino betrachtet werden. El Nino verursachte in diesem Jahr einen
vergleichbar milden Winter und erhebliche Temperaturschwankungen, sodass sich
wettersensible Unternehmen eine Absicherung gegen diese Veränderungen suchten (Leistner,
2008, S.76). Daraufhin erfolgte die erste Transaktion mit Wetterderivaten im September 1997
zwischen zwei amerikanischen Energieunternehmen, Enron und Koch Industries. Enron
plante eine Absicherung über einen Versicherungsvertrag (Prettenthaler et al., 2006, S.75).
Aufgrund der hohen Prämien, welche die Versicherungen einbehielten, versuchte das
Unternehmen zum ersten Mal die Absicherung über Derivate abzuschließen. Ziel war dabei,
durch Temperaturschwankungen verursachte Änderungen der Stromabsatzmengen der beiden
genannten Unternehmen im Laufe der Wintermonate auszugleichen (Prettenthaler et al. 2006,
S.76). Damit entstand zum ersten Mal die Idee einer Absicherung von Mengen- und
Absatzrisiken, wo es vorher nur das Hedging von Preisrisiken gegeben hatte.
Energieversorger waren die Pioniere auf dem Wetterderivatenmarkt und machen heute noch
den größten Anteil aus. Später haben sich dem Markt Unternehmen aus unterschiedlichen
Branchen angeschlossen, welche als besonders wetterabhängig eingestuft werden können.
Hierzu zählen u.a. die Landwirtschaft, die Getränke- und Nahrungsmittelindustrie, die
Textilindustrie, die Bauwirtschaft, der Tourismussektor und die Gastronomiebranche
(Leistner, 2008, S.67). Ebenso können Versicherungsunternehmen, welche bis dahin die
Absicherung von Katastrophenrisiken angeboten haben, ihr Geschäft durch Wetterderivate
erweitern. Das Wetter beeinflusst die Unternehmen in ihren Absatz und die
Beschaffungsmengen der jeweiligen Güter und somit kommt es zu Nachfrageschwankungen
(Bucher, 2002, S.3).
Der Markt für Wetterderivate ist wie der amerikanische Finanzmarkt strukturiert. Einerseits
gibt es den Primärmarkt bzw. den Freiverkehrshandel als Netzwerk außerhalb der
Verantwortung der Börse, welcher als Over-the-Counter-Markt (OTC) bezeichnet wird
3
(Bari/Mraqua, 2006, S.2). Wichtiger Vorteil des OTC-Handels ist, dass die
Vertragsbedingungen individuell vereinbart und somit an spezifische Wetterkonditionen bzw.
Kundenbedürfnisse angepasst werden können. Auf der anderen Seite gibt es als
Sekundärmarkt die Börse, wo die Verkäufer öffentlich zwischen standardisierten Kontrakten
handeln. Zu ihren Vorteilen zählen geringere Transaktionskosten, geringeres Kreditrisiko und
die Erreichbarkeit größerer Kundenkreise. Außerdem haben hier ebenso kleinere Investoren
mit kleinen Transaktionen die Möglichkeit, ihre Geschäfte abzuwickeln (Salm, 2008, S.11).
Nach seiner Entstehung bestand der Markt aus reinem OTC-Handel. Der Börsenhandel
(Sekundärmarkt) begann erst im September 1999 auf der Chicago Mercantile Exchange
(CME) (Leistner, 2008, S.79). Hier werden standardisierte Produkte angeboten. Allerdings
findet der Großteil der Geschäfte immer noch auf dem OTC-Markt statt (Handelsblatt, 2008).
Es existierten außerdem internetbasierte Handelsplattformen, wobei die meisten sich als
Problemfälle erwiesen und aufgegeben wurden. Bisher durchgesetzt haben sich zwei führende
Online-Plattformen: Intelligent Financial Systems (IFS) von der Börse LIFFE (London
International Financial Futures Exchange) und Worldwide Intellectual Resources Exchange
(WIRE) (Leistner, 2008, S.79).
In Europa zeigte der Markt eine verspätete Entwicklung. Der erste Einsatz von
Wetterderivaten erfolgte in Frankreich zwischen Scottish Hydro Electric und Enron im Jahre
1998. Hier begann der Börsenhandel erst ab 2001 an der führenden Derivatenbörse LIFFE
(Hee/Hofmann, 2006, S.39). In Deutschland wurde erstmalig im Jahre 2000 zwischen der
französischen Bank Société Générale und den Wirten des Oktoberfestes ein Kontrakt
abgeschlossen. Das Ziel war dabei die Absicherung des Oktoberfestes mit einem
Niederschlagsderivat gegen Einnahmeausfälle durch niedrigere Besucherzahlen bei eventuell
eintretendem Regen (Hee/Hofmann, 2006, S.39) Der Anteil der europäischen Beteiligung am
globalen Markt betrug 30%, wobei noch Kapazitäten zur Ausweitung vorhanden sind
(Prettenthaler et al., 2006, S.76). Im Bezug auf Europa ist für einen effektiven Ausbau an
erster Stelle die Deregulierung des Marktes wichtig. Weiterhin erforderlich ist die bessere
Verfügbarkeit von qualitativen Wetterdaten, da deren Beschaffung trotz teilweise geringer
Qualität sehr hohe Kosten verursachen können. Hier muss man noch erwähnen, dass diese
Kosten in Europa erheblich höher sind als in den USA (Salm, 2008, S.10). Außerdem muss
der Markt einen größeren Anteil an potenziellen Teilnehmern gewinnen, um die Liquidität zu
erhöhen. Denn einem Markt, welcher nur aus Absicherungsgeschäften besteht, fehlt es häufig
an ausreichender Liquidität (Leistner, 2008, S.86). Dabei existieren wiederum für die
Investoren einige Probleme wie beispielsweise die fehlende Preistransparenz oder die
4
regulatorischen Beschränkungen hinsichtlich Investitionen. Das entscheidende Problem ist
dennoch, dass bisher keine einheitliche Bewertung allgemein akzeptiert wurde (Leistner,
2008, S.87f.).
Abbildung 1 zeigt die Nominalwerte der gehandelten Wetterderivate bis 2008. In 2008 ist im
Vergleich zu 2007 ein Anstieg von 19 auf 32 Milliarden Dollar zu sehen, wobei der
Höhepunkt mit 45 Milliarden bereits in 2005/2006 erreicht wurde. Die Entwicklung zeigt aber
deutlich, dass der Markt für Wetterderivate sich seit der Entwicklung sehr schnell gewachsen
ist. Nach einem Bericht der WRMA (Weather Risk Management Association) betrug der
geschätzte Nominalwert der Wetterderivate, die in 2008/2009 gehandelt wurden, 15
Milliarden US-Dollar. Im vorangegangenen Jahr betrug dieser Wert 32 Milliarden. Das
Handelsvolumen lag im Zeitraum von April 2008 bis März 2009 bei 601.000 Kontrakten,
welches in der Periode 2007/2008 bei 985.000 Kontrakten lag (STORM, 2009). Somit ist ein
wieder nach 2008 ein Rückgang des Handels zu beobachten. Für die Ursachen dieser
Entwicklung gibt es keine näheren Informationen. Eine mögliche Ursache könnte die in 2008
entstandene Finanzkrise sein. Da bei Wetterderivaten die Bewertung bisher noch unklar
geblieben ist, sind diese Produkte nach der Finanzkrise eventuell kritisch betrachtet worden.
Tatsache ist, dass bis dahin immer mehr wettersensible Branchen den Wetterrisikomarkt für
sich erkannt haben, da das Wetter einen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Leistung
vieler Branchen hat.
2.2 Basisvariablen
Nachdem ein Einblick in den Markt für Wetterderivate geschaffen wurde, werden in diesem
Abschnitt die Basisvariablen für diese Derivate vorgestellt, bevor zu den Produktarten
übergegangen wird. Wie bereits erwähnt, hängt der Wert eines Derivates vom Wert anderer
Variablen ab. Der Unterschied von Wetterderivaten zu anderen Derivaten liegt darin, dass
ihre Basisvariable keinen monetären Wert hat und dass diese Derivate nicht handelbar sind
(Hee/Hofmann, 2006, S.25). Solche Kontrakte wie Wetterderivate, bei denen Risiken
ausgetauscht werden und deren Auszahlungen von unsicheren Variablen abhängen, werden
auch Contingent Claims bezeichnet
Für Wetterderivate eingesetzte Basisvariablen werden in Form eines Indexes erfasst, welcher
die entsprechenden Ausprägungen über einen bestimmten Zeitraum widerspiegelt
(Hee/Hofmann, 2006, S.25). Diese Indizes sind unter anderem Temperatur, Niederschlag,
Windgeschwindigkeit und Sonnenstunden pro Tag, wobei der Temperatur mit Abstand die
5
größte Bedeutung zugewiesen wird. Eine Ursache dafür liegt in der Entwicklung des Marktes,
welcher durch zwei Energieversorger entstand. Denn die Temperatur hat einen wesentlichen
Einfluss auf den Umsatz der Energieunternehmen und ist gleichzeitig für die Endverbraucher
von größter Bedeutung (Leistner, 2008, S.47). Weiterhin haben historische Temperaturdaten
größtenteils eine gute Qualität im Vergleich zu anderen Basisvariablen und sind leicht zu
erwerben (Hee, 2006, S.26). Aus den genannten Gründen bezieht sich diese Arbeit auf
temperaturbasierte Derivate.
An der CME gibt es verschiedene Indizes für die gehandelten Verträge. Als Grundlage für die
meisten Indizes wird die tägliche Durchschnittstemperatur (DAT, Daily Average
Temperature) verwendet. Für die Berechnung werden die Maximum- und
Minimumtemperaturen eines bestimmten Tages benötigt (Ritter, 2009, S.10).
=
+
2
(2.1)
2.2.1 Degree-Day-Indizes
Temperaturschwankungen verursachen finanzielle Risiken. Um diese Schwankungen
gegenüber einer Referenztemperatur zu messen, entstand das Konzept der Degree-Days (DD).
Der Begriff stammt aus dem 20. Jahrhundert von amerikanischen Heizungsingenieuren. Nach
ihren Beobachtungen erhöht sich der Energieverbrauch, sobald die Temperaturen unter 18°C
(65°F) liegen. Zudem steigen die Absätze für Energie aufgrund des Einsatzes von
Klimaanlagen bei Temperaturen über 18°C (Hee/Hofmann, 2006, S.26).
Ein Energiegradtag oder Energy-Degree-Day (EDD) ist die Abweichung von ein Grad der
täglichen Durchschnittstemperatur zum Referenzwert. Die Durchschnittstemperatur wird als
arithmetisches Mittel von Minimum und Maximum der jeweiligen Tagestemperaturen
ermittelt. Bei Temperaturen über 18°C spricht man von Cooling-Degree-Days (CDD) und bei
denen unter 18°C von Heating-Degree-Days (HDD) (Hee/Hofmann, 2006, S.27). Die Anzahl
der HDDs ist von der Kälte im Winter abhängig; je kälter es ist, desto mehr HDDs gibt es. Sie
werden im Zeitraum von November bis März ermittelt. Umgekehrt erhält man mit steigenden
Temperaturen mehr CDDs, welche in den Sommermonaten Mai bis September ermittelt
werden (Brix et al., 2005, S. 11f.). Die Monate April und Oktober werden in der Messung
nicht berücksichtigt und in der Literatur als shoulder months bezeichnet (Leistner, 2008,
S.50). Die Formeln zur Berechnung der Tageswerte sehen folgendermaßen aus (Alaton et al.,
2002, S.4):
6
= max{18 - , 0},
(2.2)
= max{ - 18, 0}
(2.3)
wobei der Temperatur an einem Tag entspricht. Mit der Summe der einzelnen HDD- und
CDD-Werte innerhalb einer Periode wird der Index für die gesamte Periode bzw. Saison
gebildet (Alaton et al., 2002, S.5):
=
=
(2.4)
Bei einem CDD-Kontrakt werden alle Tageswerte auf null zurückgestuft, wenn die
Temperaturen niedriger als 18°C sind. Daher kann ein effizienter Einsatz von CDDs in kalten
oder warmen Sommersaisons nur bei größeren Abständen vom Referenzwert erfolgen
(Leistner, 2008, S.51). Der Wert eines HDD oder eines CDD ist gleich null, wenn die
Temperatur genau dem Referenzwert entspricht. Also kann keiner von den beiden Indizes
jemals einen negativen Wert annehmen (Brix et al., 2005, S.15).
Degree-Days finden in Europa weniger Anwendung als in den USA. Erste und wichtigste
Barriere sind die milden Sommermonate in den meisten europäischen Ländern mit
durchschnittlichen Temperaturen um die 18°C (Leistner, 2008, S.50). Stattdessen werden
andere Basisobjekte verwendet. Im Winter wird statt HDD ein Gradtageszahlenindex (GTZ)
eingesetzt, bei dem die Differenz zwischen den mittleren täglichen Außentemperaturen unter
15°C und einer mittleren Raumtemperatur von 20°C gewählt wird. Im Sommer wird
alternativ zum CDD-Index der Average Temperature Index (AvT) zum Einsatz gebracht,
welcher im nächsten Abschnitt näher erläutert wird (Schäfer, 2005, S.8).
2.2.2 Average Temperature-Indizes
Als Alternative zum CDD-Index erwies sich der AvT-Index besonders in Europa als
erfolgreich, da sich die Übertragbarkeit der DD-Indizes auf die europäischen
Wetterverhältnisse als unpraktisch erwies. Hier wird die durchschnittliche Temperatur aus
dem arithmetischen Mittel der täglichen Durchschnittstemperaturen ermittelt (Hee/Hofmann,
2006, S.29). In dieser Rechnung wird kein Referenzwert in Betracht gezogen, wodurch der
AvT-Index in Europa immer interessanter wurde und die LIFFE auf durchschnittliche
Temperaturen basierende monatliche Wetterindizes für den Winter entwickelte. Denn die
7
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2011
- ISBN (PDF)
- 9783956845024
- ISBN (Paperback)
- 9783956840029
- Dateigröße
- 1.6 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- Kapitalmarkttheorie Kapitalmarkt GARCH Degree-Day-Indizes Swaps
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing