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Die Chinesische Wechselkurspolitik seit 1990

©2010 Diplomarbeit 64 Seiten

Zusammenfassung

Seit den 1970er Jahren hat Chinas Wirtschaft einen beispiellosen Aufschwung erlebt. China hat sich in dieser Zeit von einer Planwirtschaft zu einer offenen Wirtschaft entwickelt. Besonders nach dem Beitritt zur WTO ist die Wirtschaft Chinas immer offener geworden. Ein wichtiger Aspekt der außenwirtschaftlichen Öffnung ist die Frage des Währungsregimes und des Wechselkurses. Die chinesische Wechselkurpolitik spiegelt die Wirtschaftentwicklung Chinas wider. Vor den 90er Jahren gab es in China keine echte Währungspolitik, weil das Wirtschaftsystem noch planwirtschaftlich war. Die Wechselkurspolitik wird aus politischen Gründen festgelegt. Deswegen wird in dieser Arbeit besonders die Wechselkurspolitik seit 1990 diskutiert. Die Wechselkurspolitik Chinas steht gegenwärtig in zentralem Fokus der internationalen Finanzmärkte. Die Handelspartnerländer von China z.B. die USA, Japan und die EU werfen China vor, dass sich China mittels eines unterbewerteten RMB einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschafft. China gerät zunehmend unter Druck, seine Währung RMB aufzuwerten.
Das Ziel dieser Arbeit ist zu analysieren, wie die chinesische Wechselkurspolitik sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat, welche Rolle die Wechselkurspolitik für die Wirtschaftentwicklung Chinas gespielt hat und wie die Wechselkurspolitik in Zukunft festgelegt wird.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


IV
Symbolverzeichnis
S
Der Dollar Preis für ein Euro
( , )
Preisniveau in der EU
( , $)
Preisniveau in den USA
Preis des repräsentativen Warenkorbs in der EU
$
Preis des repräsentativen Warenkorbs in den USA
( , $/)
Der nominale Wechselkurs zwischen Euro und Dollar
( , $/)
Der reale Wechselkurs zwischen Euro und Dollar
Handelsgewicht
Export
Import
Der effektive Wechselkurs
Wechselkurs der Inlandswährung gegenüber der jeweiligen
Fremdwährung i

V
Tabellenverzeichnis
Tabelle.1:
Die wichtigsten Handelspartner Chinas 2008 (Mrd. USD)...45
Abbildungsverzeichnis
Abbildung.1: BIP
Chinas
von
2000
bis 2008 und die Wachstumsrate ···················26
Abbildung.2: Wechselkurs
von
RMB gegen US-Dollar (1994-2009)·····················27
Abbildung.3: Devisenreserven Chinas(1990-Sep.2009)····································29
Abbildung.4:
Leistungsbilanz- und Kapitalbilanzüberschüsse Chinas von
1990 bis 2008········································································32
Abbildung.5:
Exporte und Importe von 2002 bis 2008 und ihre Wachstumsrate ······34
Abbildung.6:
Die ,,Impossible Trinity" der Währungspolitik ·································36
Abbildung.7:
Anteil der Investitionen, des Export und des Konsums am BIP
von 2000 bis 2008 ··································································40
Abbildung.8:
Handel zwischen China und den USA und die gesamte
Handelsbilanzdefizit der USA ····················································44


1
1. Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
Seit den 1970er Jahren hat Chinas Wirtschaft einen beispiellosen
Aufschwung erlebt. China hat sich in dieser Zeit von einer Planwirt-
schaft zu einer offenen Wirtschaft entwickelt. Besonders nach dem
Beitritt zur WTO ist die Wirtschaft Chinas immer offener geworden.
Ein wichtiger Aspekt der außenwirtschaftlichen Öffnung ist die Frage
des Währungsregimes und des Wechselkurses. Die chinesische
Wechselkurpolitik spiegelt die Wirtschaftentwicklung Chinas wider.
Vor den 90er Jahren gab es in China keine echte Währungspolitik,
weil das Wirtschaftsystem noch planwirtschaftlich war. Die Wechsel-
kurspolitik wird aus politischen Gründen festgelegt. Deswegen wird in
dieser Arbeit besonders die Wechselkurspolitik seit 1990 diskutiert.
Die Wechselkurspolitik Chinas steht gegenwärtig in zentralem Fokus
der internationalen Finanzmärkte. Die Handelspartnerländer von
China z.B. die USA, Japan und die EU werfen China vor, dass sich
China mittels eines unterbewerteten RMB einen unfairen Wettbe-
werbsvorteil verschafft. China gerät zunehmend unter Druck, seine
Währung RMB aufzuwerten. Das Ziel dieser Arbeit ist zu analysieren,
wie die chinesische Wechselkurspolitik sich in den vergangenen
Jahren entwickelt hat, welche Rolle die Wechselkurspolitik für die
Wirtschaftentwicklung Chinas gespielt hat und wie die Wechselkurs-
politik in Zukunft festgelegt wird.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit besteht aus drei Teilen. Daher wird an dieser
Stelle lediglich die Grobstruktur der Arbeit erläutert. In Kapitel 2 wer-
den die Grundlagen dieser Arbeit vorgestellt. Es wird in drei Teile un-
tergliedert: Im ersten Teil werden die Funktion und Bedeutung des
Devisenmarktes sowie die Konzepte des Wechselkurses dargestellt.

2
Im zweiten Teil geht es um die unterschiedlichen Wechselkurssys-
teme, nämlich ihre Entwicklung, Klassifikation und ihre Vor- und
Nachteile. Im dritten Teil wird die allgemeine Wechselkurspolitik dis-
kutiert, was der Grundstein für die Analyse der chinesischen Wech-
selkurspolitik ist. Kapitel 3 ist der Schwerpunkt dieser Arbeit. In die-
sem Kapitel wird zuerst die Entwicklung der chinesischen Wechsel-
kurspolitik, besonders die Wechselkurspolitik seit 1990, dargestellt.
Danach werden die Gründe für die Wahl der Wechselkurspolitik ana-
lysiert und die gegenüberstehenden Forderungen präsentiert. Im
letzten Kapitel werden die heutigen Auseinandersetzungen über den
RMB dargestellt. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und
einem Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der chinesischen
Wechselkurspolitik.

3
2. Grundlagen
2.1 Devisenmarkt und Wechselkurs
2.1.1 Funktionen des Devisenmarktes
Als Devisenmarkt bezeichnet man den globalen Markt, auf dem ver-
schiedene Währungen gehandelt werden. Hierbei liegt keine Bindung
an einen festen Börsenplatz vor, sondern entsteht der Markt durch ein
weltweites Netz von Interbankbeziehungen. Der Devisenhandel voll-
zieht sich meist über Computer, Telex oder Telefon in den Devisen-
handelsbüros von Banken und Maklern. Der Devisenhandel ist ein
weltweiter Großhandel, der jeweils an mehreren Handelsplätzen
gleichzeitig und nahezu rund um die Uhr stattfindet.
1
Mit einem
durchschnittlichen Umsatz von 3,2 Billionen US-Dollar pro Tag ist der
Devisenmarkt der mit Abstand liquideste Finanzmarkt der Welt.
2
Auf dem Devisenmarkt treffen Devisenangebot und Devisennach-
frage aufeinander. Die von den verschiedensten Akteuren angebo-
tenen und nachgefragten Devisen sind ausländisches Geld, welches
Kaufkraft in fremder Währung verkörpert.
3
Diese Kaufkraft in fremder
Währung benötigt man nicht nur zum Kauf von Waren und Dienst-
leistungen auf den ausländischen Gütermärkten. Sie werden auch zur
Anlage liquider Mittel auf ausländischen Finanzmärkten oder auch zur
Rückzahlung von Auslandskrediten verwendet. Die Funktion des De-
visenmarktes besteht grundsätzlich darin, Kaufkraft von Inlandswäh-
rung in Auslandswährung umzuwandeln.
4
Die Geschäftsbanken, die meistens als Spekulanten und Broker auf-
treten, sind eine der wichtigsten Teilnehmergruppen am Devisen-
markt. Der größte Teil des Devisenhandels vollzieht sich auf dem In-
1
Vgl. Caspers (2002), S. 38.
2
Vgl. Liu (2008), S. 30.
3
Vgl. Mlakar (2006), S. 6.
4
Vgl. Caspers (2002), S. 36.

4
terbankmarkt. Da die Transaktionen den Wert von $1 Mio. Dollar oder
mehr betragen, werden die meisten Transaktionen auf dem Inter-
bankmarkt zwischen den großen Finanzinstituten durchgeführt. Der
Einzelhandel und kleine Geschäfte haben keinen Zugang zum Inter-
bankmarkt. Deswegen werden die Devisengeschäfte mit relativ klei-
neren Beträgen in kleinen regionalen Banken oder Zweigstellen mit
einer nicht so günstigen Verrechnungsrate wie auf dem Interbank-
markt durchgeführt.
5
Die Zentralbanken sind ebenfalls ein wichtiger
Akteur auf dem Devisenmarkt. Aus wirtschaftspolitischen Gründen,
oder um das Gleichgewicht auf dem Devisenmarkt wiederherzustel-
len, können sie durch Devisenmarktinterventionen in den Markt ein-
greifen. Durch das Zusammentreffen von Devisenangebot und Devi-
sennachfrage von diesen Marktteilnehmern auf dem Devisenmarkt
bildet sich der Wechselkurs zwischen zwei Währungen.
6
2.1.2 Konzept des Wechselkurses
Auf dem Devisenmarkt bildet sich der nominale Wechselkurs als
Preisverhältnis zwischen zwei Währungen. Grundsätzlich gibt der
nominale Wechselkurs an, in welchem Verhältnis die Währung eines
Landes gegen die Währung eines anderen Landes getauscht werden
kann. Da an jeder Transaktion zwei Währungen beteiligt sind, lässt
sich der nominale Wechselkurs dabei in der Mengen- oder der
Preisnotierung ausdrücken. Die Preisnotierung gibt den Preis einer
Einheit der ausländischen Währung in Einheiten der inländischen
Währung an. Bei Mengennotierung ist es umgekehrt.
7
5
Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 36.
Um die
Kaufkraft und Wettbewerbsfähigkeit von zwei oder mehren Währun-
gen zu vergleichen ist der nominale Wechselkurs allein nicht ausrei-
chend. Man muss realen und effektiven Wechselkurs anwenden.
6
Vgl. Mlakar (2006), S. 25.
7
Vgl. Caspers (2002), S. 47.

5
2.1.2.1 Kaufkraftparität und realer Wechselkurs
An dem realen Wechselkurs kann man die Kaufkraft eines Landes
ablesen. Das Theorem der Kaufkraftparität besagt also, dass ein
Euro in allen Ländern die gleiche Kaufkraft haben muss. Um Preis-
niveauunterschiede auszugleichen, schwanken deshalb die Wech-
selkurse zwischen zwei Währungen. Wenn ein Markt völlig wettbe-
werbsorientiert ist, können wir nicht vom Weiterverkauf der Waren in
andere Länder profitieren. Da es keine Transaktionskosten gibt,
können die Preisunterschiede der Waren sofort durch Arbitragen
ausgeglichen werden. Das Theorem der Unterschiedslosigkeit der
Preise besagt, dass die Waren zum selben Zeitpunkt an verschiede-
nen Orten zu einheitlichen Preisen gehandelt werden sollen. Die
Kaufkraftparität ist eine Erweiterung des Gesetzes der Unter-
schiedslosigkeit der Preise. Anhand eines repräsentativen Waren-
korbs bietet die Kaufkraftparität die Möglichkeit, die Kaufkraft der
unterschiedlichen Währungen zu vergleichen.
8
Um die Kaufkraftparität zu berechnen, kalkulieren Wissenschaftler
zuerst den nominalen Preis eines repräsentativen Warenkorbs des
Landes. Dieser Preis steht für das Preisniveau eines Landes, das die
Kaufkraft einer Währung angibt. Das Preisniveau ist ein gewichteter
nominaler Preis der Güter und Dienstleistungen, die in einer Wirt-
schaft am meisten konsumiert werden.
9
$
ist z.B. der Preis für den
repräsentativen Warenkorb in den USA.
steht für den Preis des
gleichen Warenkorbs in der EU. Die Kaufkraftparität gibt an, in wel-
cher Größe der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro sein soll.
S ist der Dollar Preis für ein Euro.
10
8
Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 265.
( , ) = 1
und
( , $) =
9
Vgl. Wang (2005), S. 32.
10
Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 281.

6
1
$
stehen für das jeweilige Preisniveau in der EU und den USA.
=
$
/
Ein sinkendes Preisniveau bezeichnet man als Deflation, ein stei-
gendes Preisniveau als Inflation. Steigt das Preisniveau in der
Volkswirtschaft, sinkt die Kaufkraft der Währung. Der reale Wech-
selkurs bezeichnet das Verhältnis, zu dem ein repräsentativer War-
enkorb eines Landes gegen einen repräsentativen Warenkorb eines
anderen Landes getauscht werden kann.
( , $/) =
( , $/)
( , )
( , $)
Hierbei steht
( , $/) für den nominalen Wechselkurs zwischen
Euro und Dollar. Der reale Wechselkurs ist damit als ein Index defi-
niert.
11
Der reale Wechselkurs ist ein Maß für die Entwicklung der
Preise von einem repräsentativen Warenkorb der einen Volkswirt-
schaft im Verhältnis zur anderen.
2.1.2.2 Effektiver Wechselkurs
Bei der Beurteilung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eines
Landes auf dem Weltmarkt reicht die Betrachtung einzelner (bilate-
raler) Wechselkurse oft nicht mehr aus. Wird die Inlandswährung
gegenüber einigen Währungen auf- und gegenüber anderen Wäh-
rungen abgewertet, so stellt sich die Frage, ob die Inlandswährung
insgesamt an Wert gewonnen oder verloren hat. Vielmehr wird der
multilaterale Wechselkurs relevant. Er bezieht sich nicht nur auf zwei
11
Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 288.

7
Länder, sondern auf alle internationalen Handelspartner, mit denen
das Inland besonders intensiven Außenhandel betreibt und mit denen
es auf dem Weltmarkt konkurriert.
12
Um diese Frage zu beantworten, wird ein gewogener nominaler Au-
ßenwert bzw. ein nominaler effektiver Wechselkurs gebildet. Der ef-
fektive Wechselkurs oder auch multilaterale Wechselkurs misst die
Wertentwicklung der inländischen Währung gegenüber einem Wäh-
rungskorb. Der Währungskorb wird aus den Währungen der wich-
tigsten Handelspartner nach ihren entsprechenden Handelsgewich-
ten gebildet.
13
=
+
+
:
Solche Gewichte entsprechen der quantitativen Be-
deutung des jeweiligen Landes für die inländischen Exporte und Im-
porte. Zur Festlegung der Gewichte wird die Summe aus Exporten
und Importen mit dem betrachteten Land zu allen Exporten und Im-
porten des Inlandes ins Verhältnis gesetzt:
steht für das jeweilige Handelsgewicht des jeweiligen Landes.
(Mengennotierung) für den bilateralen Wechselkurs der Inlandswäh-
rung gegenüber der jeweiligen Fremdwährung i. Durch die Aufsum-
mierung der gewichteten Wechselkurse erhält man den effektiven
Wechselkurs:
=
=1
Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Landes ist nicht nur von
12
Vgl. Caspers (2002), S. 72.
13
Vgl. Wang (2005), S. 14.

8
nominalen Wechselkursen abhängig, sondern auch von der relativen
Güterpreisentwicklung gegenüber anderen Ländern. Der reale effek-
tive Wechselkurs ist ein wichtigerer Indikator für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit als der nominaler effektive Wechselkurs.
14
2.1.2.3 Bestimmungsfaktoren von Wechselkursen
Durch das Zusammentreffen von Devisenangebot und Devisennach-
frage auf dem Devisenmarkt bildet sich der Wechselkurs. Die tägli-
chen Schwankungen im Kurs einer Währung werden grundsätzlich
durch die Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage hervorgerufen.
Der Wechselkurs wird damit durch die Einflussfaktoren des Devi-
senangebots und der Devisennachfrage determiniert. Die Einfluss-
faktoren, die letztlich einen Anstieg oder Rückgang des Angebots bzw.
der Nachfrage nach einer Währung verursachen, sind aber schwierig
zu isolieren. Als wesentliche Bestimmungsfaktoren des Wechselkur-
ses einer Währung können daher gelten
15
:
¾ Konjunktur
Ein Staat mit guten Entwicklungsmöglichkeiten zieht Kapital aus an-
deren Ländern an. China hat sich in den letzten 30 Jahren schnell
entwickelt. Die Reform des marktwirtschaftlichen Systems in China
schafft für die ausländischen Investoren und Anleger viele Investiti-
onsmöglichkeiten. Um die ausländischen Investoren anzuziehen,
bietet die chinesische Regierung den ausländischen Investoren noch
besondere Begünstigungen wie z.B. steuerliche Bevorzugung. Die
chinesische Währung RMB wird verstärkt nachgefragt. RMB unter-
liegt deswegen seit vielen Jahren Aufwertungsdruck.
14
Vgl. Caspers (2002), S. 83.
15
Vgl. Caspers (2002), S. 55.

9
¾ Die Leistungsbilanzsituation
Um die Importe zu finanzieren brauchen die Importeure Fremdwäh-
rungen. Um die in heimischer Währung anfallenden Produktionskos-
ten zu bezahlen, bieten die Exporteure die aus dem Exportgeschäft
entstandenen Erlöse in Fremdwährung auf dem Devisenmarkt an.
Werden beispielweise in den USA vermehrt chinesische Waren im-
portiert, so spiegelt sich das in einer gesteigerten Nachfrage nach
RMB wider. Der RMB-Dollar-Kurs steigt soweit, bis die zusätzliche
Devisennachfrage befriedigt ist.
16
Dies spricht für eine Aufwertung
des RMB.
¾ Die Zinsdifferenz
Die nominale Zinsdifferenz zum Ausland ist von entscheidende Be-
deutung für internationale Kapitalbewegungen und damit auch für den
Wechselkurs.
¾ Die Attraktivität der betreffenden Währung
Die Attraktivität einer Währung steht in engem Zusammenhang mit
der subjektiv wahrgenommenen ,,Qualität" einer Währung, die maß-
geblich durch die Einschätzungen der Geld- und Finanzpolitik des
betreffenden Landes bestimmt wird.
Es gibt noch andere Einflussfaktoren, z.B. Inflation, Erwartung der
Marktteilnehmer, Direktinvestitionen und Deviseninterventionen der
Zentralbanken. Alle diese Einflussfaktoren gehen laufend mit unter-
schiedlicher Gewichtung in die Bestimmung der Wechselkurse ein.
Es ist schwierig die Kursbildung zu analysieren, weil die Einflussfak-
toren oft in unterschiedliche Richtungen weisen. Der Wechselkurs
reflektiert die am Markt bewerteten Erfolgsaussichten der betreffen-
den Volkswirtschaft. Hohe und niedrige Wechselkurse können daher
16
Vgl. Mlakar (2006), S. 25.

10
mit der wirtschaftlichen Stärke oder Schwäche eines Landes in Ver-
bindung gebracht werden.
17
2.2 Wechselkurssysteme
2.2.1 Entwicklung der internationalen Wechselkurssysteme
Die meisten Industriestaaten führten am Ende des 19. Jahrhunderts
einen Goldstandard ein, der sich gegenüber dem Bimetallismus bzw.
dem Silberstandard durchsetzte. Der Goldstandard stand im engen
Zusammenhang mit der damaligen Entwicklung der Weltwirtschaft.
Gold wurde als eine transportable, universelle und stabile Einheit zur
Wertbestimmung gesehen. Der Preis der eigenen Währung eines
Landes wurde in Einheiten von Gold fixiert. Hierbei übernahm das
Land die Verpflichtung, zu diesem Kurs jederzeit Gold gegen die ei-
gene Währung zu tauschen.
18
Nachdem der erste Weltkrieg ausgebrochen war, verboten viele
Länder den freien Export des Goldes und brachten die Banknoten in
Umlauf, die nicht umtauschbar waren, um die Rüstungsausgaben zu
finanzieren. Der Goldstandard wurde sodann tatsächlich suspendiert.
In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen versuchte man den
Goldstandard in einer modifizierten Form wiederherzustellen. Im Jahr
1922 hat die internationale Wirtschaftskonferenz in Italien empfohlen,
neben Gold auch Devisen als Devisenreserven zu halten. Die Devi-
sen konnten im Ausland gegen Gold getauscht werden. Aber unter
der Einwirkung der Wirtschaftskrise zwischen 1929 und 1933 hoben
die meisten Länder dieses System allmählich auf.
19
Nach dem Zusammenbruch des restaurierten Goldstandards war das
17
Vgl. Caspers (2002), S. 58.
18
Vgl. Caspers (2002), S. 159.
19
Vgl. Sheng (2008), S. 20.

11
internationale Währungssystem sehr unorganisiert, was zu Störungen
des regulären Welthandels und des internationalen Kapitalverkehrs
führte. Um die Stabilität der Wechselkurse zu sichern, wurden im Juli
1944 auf der internationalen Währungs- und Finanzkonferenz der
Vereinten Nationen der Internationale Währungsfonds (IWF) ge-
gründet und das Bretton-Woods-System als Wechselkurssystem be-
schlossen. Die Paritäten sämtlicher Mitgliedsländer wurden gegenü-
ber dem Gold und/oder dem Dollar fixiert. Es handelt sich dabei um
ein System fester Wechselkurse, bei dem die Wechselkurse innerhalb
einer Bandbreite von 1% von der Parität abweichen durften. Die
Goldkonvertibilität des Dollars bildete den Kern des BWS. Da die
Zentralbanken der Mitgliedsländer Dollar beim amerikanischen
Schatzamt zu einer festen Goldparität einlösen konnten, war der
US-Dollar Leitwährung und mit Gold als Reservewährung hinterlegt.
20
Um die Weltwirtschaft neu zu ordnen und die wachsenden Kosten
des Korea- und Vietnamkriegs zu finanzieren, übten die USA eine
expansive Geldpolitik aus. Aber die Goldreserven wurden nicht so
schnell erhöht. Die USA war nicht mehr bereit, Dollar gegenüber Gold
zum vereinbarten Preis zu konvertieren. Um den Dollarüberhang
abzubauen und damit inflationäre Effekte zu vermeiden, wurden 1969
die Sonderziehungsrechte (SZR) ins Leben gerufen. Sie sollten eine
Art Weltwährung werden. Aber am Ende haben sie die Erwartungen
nicht erfüllt.
21
Nach einer Abwertung des US-Dollars und der folgen-
den Aufhebung der Goldeinlösungsverpflichtung für diese Währung,
wurde das Bretton-Woods-System im Jahr1973 außer Kraft gesetzt.
Außer den Ostblockstaaten und China waren bis 1973 fast alle Län-
der der Erde beteiligt.
22
Im Jahr 1976 hatte der IWF nach dem Jamaica Agreement seinen
20
Vgl. Sheng (2008), S. 23.
21
Vgl. Hüfner (2009).
22
Vgl. Caspers (2002), S. 166.

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Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (PDF)
9783956845291
ISBN (Paperback)
9783956840296
Dateigröße
775 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Siegen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Wechselkurs Devisenmarkt Devisen Wechselkurssystem Managed Floating Geldpolitik
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