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Systemrelevanz von Geschäftsbanken

©2013 Bachelorarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

„Das Schlimmste ist überstanden.“ Zu dieser Erkenntnis kam Richard Fuld, seinerzeit CEO der inzwischen insolventen Investmentbank Lehman Brothers, vier Monate vor der Insolvenz seiner Bank, die die erste echte Rezession der Weltwirtschaft einläutete. Die Banken-, Finanz-, Wirtschafts-, Vertrauens- und Hypothekenkrise, die das politische und wirtschaftliche Geschehen noch bis zum Zeitpunkt dieser Arbeit prägt, stand dabei aber nicht nur im Zeichen des großen „Bankensterbens“. Viel eher wurden im Rahmen der Finanzkrise dreistellige Milliardenbeträge zur Rettung zahlreicher Banken aufgewandt, die zu einem großen Teil aus öffentlichen Mitteln stammen. Die Verwendung dieser Mittel, die zweifelsohne auch in die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte oder in Bildung, Forschung oder Infrastrukturmaßnahmen hätten fließen können, wurde letztendlich als alternativlos angesehen. Wissenschaft, Interessenverbände und Politiker waren sich einig, dass kein Weg an der Unterstützung insolvenzgefährdeter Banken vorbei führt und sahen sich in der Insolvenz von Lehman Brothers in den vereinigten Staaten bestätigt, welche eine weltweite Vertrauenskrise auslöste und die ohnehin bereits angespannte Situation auf den Finanzmärkten verschärfte. Die öffentliche Meinung war jedoch eine andere. Die Selbstverständlichkeit, mit der in kürzester Zeit zwei- oder dreistellige Milliardenbeträge zur Rettung von Banken mobilisiert wurde, wo auf kommunaler Ebene jeder Cent zweimal umgedreht werden muss, traf in der Bevölkerung auf Unverständnis. Dabei kam immer wieder die Frage nach der Rechtfertigung der Staatshilfen auf. Warum wurden Opel oder Schlecker nicht gerettet, aber Banken scheinbar bedingungslos über Nacht gerettet? Die Erklärung liegt in der Systemrelevanz der Geschäftsbanken.
Das Ziel dieser Arbeit ist die kritische Untersuchung der Systemrelevanz einer Geschäftsbank, um die Verwendung öffentlicher Mittel zur Unterstützung der Geschäftsbank in Krisensituationen rechtfertigen zu können und gegebenenfalls die sich daraus ergebenden Probleme angehen zu können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2
In einem nächsten Schritt wird in Kapitel vier die Systemrelevanz einer Geschäftsbank
untersucht. Anhand einiger Indikatoren wird zunächst erläutert, was eine systemrelevante
Bank auszeichnet. Da sich die vergangene Finanzmarktkrise gut zur Veranschaulichung vieler
theoretischer Bestandteile dieser Arbeit eignet und weiterhin die Systemrelevanz einer Bank
innerhalb der Krise sowohl öffentliche Debatten als auch wissenschaftliche Diskussionen
prägte, wird in einem Exkurs nochmals die zentralen Ereignisse und Maßnahmen diskutiert.
Abschließend wird erläutert, warum systemrelevante Banken ein Problem darstellen, wie es
behoben werden kann und ob staatliche Unterstützungsmaßnahmen für systemrelevante
Geschäftsbanken tatsächlich gerechtfertigt sind.
Da die Verwendung öffentlicher Mittel zur Stützung eines systemrelevanten Kreditinstituts
sowohl in der Wissenschaft als auch in der öffentlichen Meinung kritisch gesehen wird, wird
anhand zweier Fallstudien in Kapitel 5 sowohl die Möglichkeit einer Verweigerung von
Staatshilfen, als auch die umfangreiche Unterstützung einer Geschäftsbank aufgezeigt.
2.
Begriffliche Abgrenzungen
2.1
Geschäftsbank
Für den Begriff der Geschäftsbank existiert in der Literatur eine Vielzahl an Definitionen
1
, die
sich lediglich im Detailgrad oder im betrachteten Aspekt unterscheiden. Grundsätzlich
versteht man unter Geschäftsbanken ,,diejenigen Banken, die universell tätig sind, also alle
Bankgeschäfte betreiben" (Wirtschaftslexikon24 2013). Weiterhin unterscheidet man
durchaus verschiedene Arten von Banken, so wird z.B. das Investmentbanking als
eigenständiger Bereich gesehen und folglich manche Banken als Investmentbanken oder
Investmentgesellschaften bezeichnet: ,,Eine Investmentgesellschaft ist eine Institution, die
Anteilsscheine an die Öffentlichkeit vergibt und Einnahmen daraus dazu verwendet, eine
Auswahl, ein Portfolio von verschiedenen Aktien Anleihen oder eine Kombination beider
Anlageformen zu kaufen" (Mankiw/Taylor 2011, S.683)
2
. Da aber in den USA seit 1999 ein
Universalbankensystem etabliert ist und dieses in Europa zumindest bis 2013
3
der Standard
war, bietet es sich an, auf die allgemeine aber relativ präzise Definition des Begriffs
Geschäftsbank aus dem Glossar der deutschen Bundesbank zurückzugreifen: ,,Eine Bank ist
ein Wirtschaftsbetrieb, der Dienstleistungen rund ums Geld erbringt. Banken vergeben
Kredite und schaffen in diesem Zuge Giralgeld. Zu ihrer Refinanzierung nehmen sie fremde
1
Eine eher geldtheoretische Definition liefert Issing (2011, S.53), wo hingegen bei Mankiw/Taylor (2011,
S.683) die Rolle der Bank als Dienstkeister definiert wird.
2
Weitere Aspekte des Investmentbanking bei Baßeler/Heinrich/Utecht (2010, S.513).
3
Vgl. Abschnitt 4.5 und Baßeler/Heinrich/Utecht (2010, S.513)

3
Gelder an (Einlagengeschäft) oder begeben Schuldverschreibungen. Zu den weiteren
Hauptaufgaben der Banken gehört es, die Wirtschaft mit Bargeld zu versorgen, den
bargeldlosen Zahlungsverkehr abzuwickeln sowie Wertpapierdienstleistungen zu erbringen.
Banken sind in Deutschland diejenigen Unternehmen, die nach § 1 Abs. 1 KWG die dort
genannten Bankgeschäfte betreiben" (Deutsche Bundesbank 2013). Im Folgenden werden die
Begriffe Bank, Geschäftsbank und Kreditinstitut daher synonym verwendet.
2.2
Liquidität
Liquidität ist ein umfangreicher Begriff, der viele verschiedene Aspekte beinhaltet. Im
Rahmen dieser Arbeit wird unter Liquidität vor allem eine Eigenschaft von
Wirtschaftssubjekten verstanden: ,,Gemeint ist hier die Fähigkeit eines Wirtschaftssubjektes,
alle Zahlungsverpflichtungen termingerecht erfüllen zu können, Liquidität in diesem Sinne
stellt also auf die Zahlungsfähigkeit" (Issing 2011b, S.174). Da die Zahlungsunfähigkeit der
allgemeine Eröffnungsgrund zur Insolvenz ist (§17 InsO), werden die Begriffe
Zahlungsunfähig und Insolvent fortan als Synonyme verwendet. Ein weiterer wichtiger
Aspekt von Liquidität ist allerdings, dass es in der Bankenbetriebslehre und im
Rechnungswesen unterschiedliche Stufen von Liquidität gibt, welche jeweils ,,die
Leichtigkeit, mit der ein Aktivum in das Tauschmittel der entsprechenden Volkswirtschaft
umgewandelt werden kann" (Mankiw/Taylor 2011, S.761) beschreiben
4
.
2.3
Systemrelevanz
Für die Systemrelevanz einer Geschäftsbank existiert eine einheitliche aber recht ungenaue
Definition: ,,Ein Institut gilt dann als systemrelevant, wenn seine Schieflage eine erhebliche
negative Auswirkung auf andere Finanzunternehmen, den Finanzmarkt oder das Vertrauen
der Einleger und Marktteilnehmer in die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems hat" (FMSA
2013a)
5
. Systemrelevante Banken werden oft als Systemically Important Financial Institution
(SIFI) oder Systemically Important Bank (SIB) bezeichnet (FSB 2012, Ziffer 1) und sind
umgangssprachlich too big to fail, also zu groß, um zu scheitern. Da die vergangene
Finanzkrise zeigte, dass nicht nur die Finanzmarktstabilität, sondern durchaus auch die
Stabilität der gesamten Volkswirtschaft von einer einzigen Geschäftsbank abhängen kann
bietet es sich an, eine etwas drastischere Definition für den Begriff too big to fail (tbtf) zu
4
Vgl. auch Issing (2011, S.174) und Deutsche Bundesbank (2013b) und BMWI (2013)
5 Diese Definition ist gängig in den meisten öffentlichen Institutionen und Regulierungsbehörden, vgl. Baseler
Ausschuss für Bankenaufsicht (2011, Ziffer 3) und ist weiterhin fast deckungsgleich mit der in §48b Abs.2
KWG verankerten Definition von Systemgefährdung

4
wählen: ,,Er bezeichnet seither den Umstand, dass der Staat ein Unternehmen aufgrund seiner
schieren Grösse nicht untergehen lassen darf, ohne einen erheblichen volkswirtschaftlichen
Schaden zu riskieren" (Zürcher 2010, S.4).
3.
Funktionsweise und Krisenanfälligkeit des Bankwesens
3.1
Zentralbanken und Interbankenmarkt
Moderne Volkswirtschaften setzten seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf das zweistufige
Bankensystem, in dem neben den Geschäftsbanken auch eine Zentralbank existiert, die als
Notenbank die Aufgabe der Geldschöpfung
6
übernimmt (Spahn 2009, S. 18).
Dabei ergibt sich die Abhängigkeit der Geschäftsbanken von der Zentralbank und somit die
Nachfrage der Geschäftsbanken an Notenbankgeld durch das Zusammenspiel zweier
Kreisläufe (Bofinger 2011, S.428):
-
Die Kunden einer Bank benötigen Geld und fragen bei der Bank einen Kredit nach.
-
Die Bank muss die Kreditvergabe zumindest teilweise
7
durch die Aufnahme von
Zentralbankguthaben decken, da auch die Geschäftsbank ein gewisses Maß an Liquidität
aufweisen muss.
Falls sich eine Notenbank dazu entscheidet, Geld zu schöpfen, also die Geldmenge zu
erhöhen, wird sie Geld drucken und dieses Geld gegen Wertpapiere der Geschäftsbanken
tauschen. Geschäftsbanken erhalten ihre Liquidität also zunächst durch den Verkauf von
Wertpapieren an die Zentralbank (Mankiw/Taylor 2012, S.765f).
In der Realität haben Zentralbanken mehrere Instrumente zur Steuerung der Geldmenge, im
Folgenden werden kurz die Instrumente der europäischen Zentralbank dargestellt:
Offenmarktgeschäfte: Die europäische Zentralbank kauft Wertpapiere am Geld ­ oder
Kapitalmarkt an. Die Offenmarktgeschäfte bilden den Rahmen der Geldpolitik der EZB.
Möchte eine Geschäftsbank ihre Liquidität über Offenmarktgeschäfte mit der europäischen
Zentralbank beziehen, so lassen sich folgende Möglichkeiten aufzeigen (bpb 2013a):
-
Hauptrefinanzierungsgeschäfte: Die Notenbank bietet den Geschäftsbanken
Zentralbankguthaben mit einer Laufzeit von 14 Tagen an. Die Vergabe des
Zentralbankguthabens erfolgt durch das Zinstenderverfahren, bei dem Geschäftsbanken
Gebote über Menge und Verzinsung des erwünschten Zentralbankguthabens abgeben. Die
6
Zur Methodik der Geldschöpfung vgl. Spahn (2009, S.19ff) und Issing (2011, S.53ff)
7 Vgl. auch Spahn (2009, S.22ff), wo an dieser Stelle die Thematik des Geldbasismultiplikator und des
Kreditschöpfungsmultiplikator erörtert wird.

5
Zentralbank legt lediglich einen Mindestbietungssatz bekannt, der gleichzeitig dem
populäreren ,,Leitzins" entspricht.
-
Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte: Die Zentralbank bietet den Geschäftsbanken
monatlich Zentralbankgeld mit einer Laufzeit von 3 Monaten an, welche die kürzere
Laufzeit der Hauptrefinanzierungsgeschäfte ergänzen.
Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte haben in der jüngeren Finanzmarktkrise an
Bedeutung gewonnen, als die EZB sich im Oktober 2011 dazu entschied, zukünftig
Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von bis zu 3 Jahren anzubieten, um die Situation
auf den Geld- und Kapitalmärkten zu lockern (Deutsche Bundesbank 2013a).
Ständige Fazilitäten
8
: Falls Geschäftsbanken ihren Liquiditätsbedarf durch die
Hauptrefinanzierungsgeschäfte nicht ausreichend- oder überdecken, werden von der EZB
weitere Möglichkeiten zur Liquiditätsverwaltung angeboten (Spahn 2009, S.98f):
-
Spitzenrefinanzierungsfazilität: Eine Geschäftsbank, die ihren Liquiditätsbedarf nicht über
Hauptrefinanzierungsgeschäfte decken konnte, kann bei der Zentralbank
Spitzenrefinanzierungsfazilitäten in Anspruch nehmen. Spitzenrefinanzierungsfazilitäten
sind in ihrer Höhe nicht begrenzt und sprichwörtlich auch ,,über Nacht" verfügbar, der von
der EZB geforderte Zins liegt allerdings i.d.R. um einen Prozentpunkt über dem
Hauptrefinanzierungszinssatz.
-
Einlagenfazilität: Eine Geschäftsbank kann überschüssige Liquidität zu einem
entsprechend unter dem Hauptrefinanzierungszinssatz liegenden Zinssatz jederzeit bei der
EZB anlegen und wieder darüber verfügen.
Mindestreserve: Jedes europäische Kreditinstitut muss bei der EZB eine Mindestreserve
halten. Die Höhe dieser Mindestreserve wird durch Multiplikation der Mindestreservebasis
mit dem Mindestreservesatz von 1% (ehemals 2%)
9
ermittelt. Damit sich die
Mindestreservehaltung nicht negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Geschäftsbanken auswirkt, wird sie bei der EZB verzinst. Die Verzinsung orientiert sich dabei
an dem durchschnittlichen Zinssatz der kürzlich abgeschlossenen
Hauptrefinanzierungsgeschäfte der Geschäftsbank.
8
Die Ständigen Fazilitäten bilden die Grenzen für den Tagesgeldsatz, vgl. hierzu neben Spahn (2009, S.98f)
auch Baßeler/Heinrich/Utecht (2010, S. 562) und Görgens/Ruckriegel/Seitz (2008, S.274f).
9
Dies War eine Reaktion der EZB auf die schwierigen Verhältnisse auf dem Geldmarkt, ein kurzes Statement
der EZB ist im Amtsblatt der Europäischen Union vom 21.12.2011 veröffentlicht zur Verordnung Nr. 1358/2011

6
Die Mindestreserve ist ein wichtiges Instrument der Zentralbank, da sie die Liquidität der
Geschäftsbanken verknappt und somit eine Zwangsnachfrage der Geschäftsbanken an
Zentralbankgeld bewirkt (Görgens/Rückriegel/Seitz 2008, S.211ff).
Da Banken nicht nur mit der Zentralbank und ihren Kunden handeln, sondern auch
untereinander Geschäfte betreiben, ist eine nähere Betrachtung des sog. Interbankenmarkts
notwendig. Auf dem Interbankenmarkt werden neben dem Handel von Devisen, Wertpapieren
und Derivaten auch Ausleihungen von Notenbankgeld mit unterschiedlichen Laufzeiten
getätigt (Deutsche Bundesbank 2013b)
10
. Der Interbankenmarkt bietet Geschäftsbanken
weitere Möglichkeiten, ihren Bedarf an Liquidität zu decken und überschüssige Liquidität zu
handeln: ,,Institute, die am Ende eines Tages überschüssige Mittel haben, leihen sie gegen
einen Zins jenen Konkurrenten, die gerade zusätzliche Liquidität benötigen. Da sich
Kreditgeber und -nehmer abwechseln, werden am Interbankenmarkt auch große Summen zu
relativ tiefen Sätzen ­ solchen, die nicht stark von den Kosten abweichen, die die Banken für
die Ausleihungen bei der Zentralbank haben ­ ausgeliehen" (Aebersold Szalay 2011)
11
. Dem
Interbankenhandel wird im Laufe dieser Arbeit eine besondere Bedeutung zukommen, da er
einen guten Indikator für die Finanzmarktstabilität darstellt
12
.
3.2
Die Rolle der Geschäftsbank in der Volkswirtschaft
Im folgenden Abschnitt werden die Funktionen der Geschäftsbanken in der Volkswirtschaft
untersucht, welche sie zu potentiell systemrelevanten Instituten machen. Die zentrale
Funktion der Geschäftsbank in der Volkswirtschaft besteht zunächst in ,,der Gewährleistung
eines reibungslosen Geld- und Kapitalverkehrs, der Bereitstellung von
Finanzierungsmöglichkeiten für private Haushalte, Unternehmen und öffentliche Haushalte
sowie in der Bereitstellung verschiedener Geldanlagemöglichkeiten" (Radtke 2010, S.4). Die
klassische Geschäftsgrundlage der Geschäftsbank ist somit die Vergabe von Krediten und
Annahme von Einlagen. Die Bank tritt in der Volkswirtschaft weiterhin als Finanzintermediär
auf: Sie vermittelt gewünschte Einlagen und benötigte Kredite und bringt diese auf einen
gemeinsamen Nenner, indem sie folgende Funktionen erfüllt (Hartmann-
Wendels/Pfingsten/Weber 2010, S.5-10)
13
:
11
Vgl. Spahn(2009, S.98f), Baßeler/Heinrich/Utecht (2010, S. 562) und Görgens/Ruckriegel/Seitz (2008,
S.274f).
12
Vgl. Abschnitt 3.1, Abschnitt 3.4b) und Abschnitt 4.3.3
13
Vgl. Zürcher (2010, S.12f) und Bofinger (2011, S.177f)

7
-
Losgrößentransformation: Eine Geschäftsbank kann durch Bündelung und Aufspaltung
von Einlagen den Bedarf an Krediten spezifischer Volumina optimal decken. Somit
können ,,kleine Passiva" oder ,,kleine Aktiva" zum gewünschten Aktivum bzw. Passivum
transformiert werden.
-
Fristentransformation: Geschäftsbanken können Fristunterschiede zwischen Anlage- und
Finanzierungswünschen ausgleichen, da sie, vorausgesetzt sie beachten die ,,goldene
Bankregel
14
", zu jedem Zeitpunkt fällige Einlagen mit fälligen Krediten bedienen können.
-
Risikotransformation: Das Risikoprofil einer Einlage lässt sich durch das Erstellen eines
Portfolios konfigurieren. Durch die Mischung von Anlagemöglichkeit mit
unterschiedlichem Ausfallsrisiko entsteht somit eine Anlage mit gewünschtem Verlust-
und Gewinnpotential.
Es ist durchaus denkbar, dass private Haushalte oder Unternehmen ihre Anlagemöglichkeiten
oder Kreditgeber ohne Finanzintermediäre sondieren
15
, entscheidend ist allerdings, dass
Geschäftsbanken als Finanzintermediäre diese Aufgabe wesentlich effizienter und unter
Minimierung der Informations- und Transaktionskosten erfüllen. Baßeler/Heinrich/Utecht
(2010, S.494f) fassen dies zusammen: ,,Für die Vertragspartner sind Modalitäten und
Qualitäten eines Kreditvertrags kaum transparent, dies begründet hohe Such- und
Informationskosten. [...] Schließlich ist die Kreditvergabe eine recht aufwendige Transaktion,
weil zur Kreditvergabe komplexe Verträge geschlossen werden müssen. [...] Dies sind
Konstellationen, die zur Bildung von Institutionen (Banken) herausfordern."
In einem nächsten Schritt wird nun die Finanzierungsfunktion und somit der Prozess der
Kreditvergabe einer Geschäftsbank betrachtet. Die Existenz eines Kreditmarktes
16
erlaubt
realwirtschaftlichen Unternehmen, bessere Investitionsentscheidungen zu treffen, da viele
Investitionen nur mit Fremdkapital getätigt werden können (Issing 2011a, S.155f).
Diese Unterstützung der realwirtschaftlichen Investitionstätigkeit ist ein wichtiger Aspekt, da
konsequent richtige Investitionsentscheidungen zur Erhöhung des Erfolgs der Unternehmen
und somit auch zur Erhöhung des Einkommens der privaten Haushalte und der
14
Vgl. hierzu bpb (2013b): Die von der Bank gewährten Kredite müssen nach Umfang und Fälligkeit der, der
Bank zur Verfügung gestellten Einlagen entsprechen.
15
Die Kreditvergabe von Verbraucher zu Verbraucher ohne Finanzintermediär wird allerdings momentan durch
die Möglichkeiten des Internets und Portalen wie www.auxmoney.com verstärkt
16
Zur Abgrenzung der Begriffe Geldmarkt, Kapital und Kreditmarkt vgl. Spahn (2009, S.37)

8
Steuereinnahmen in einer Volkswirtschaft führen (bpb 2013c)
17
. Das Wohlergehen einer
Volkswirtschaft ist also letztendlich auch abhängig von einem funktionierenden Kreditmarkt,
auf dem Risiken richtig beurteilt werden und die richtigen Investitionen dementsprechend
gefördert werden
18
. Wie sich die Geschäftsbanken als Kreditanbieter auf dem Kreditmarkt
verhalten, wird im nächsten Gliederungspunkt erörtert
19
.
3.3
Kalkül der Geschäftsbanken und neue Geschäftsmodelle
Banken als Kreditinstitute sind trotz ihrer bedeutenden Rolle für die Volkswirtschaft in erster
Linie ,,Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig [...] betreiben" (§1KWG).
Gemäß der Theorie der rationalen Entscheidungsfindung und allgemein anerkannten
mikroökonomischen Grundsätzen folgen Unternehmen dem Prinzip der Gewinnmaximierung.
Eine Geschäftsbank wird demnach ihre Rolle in der Volkswirtschaft so interpretieren, dass ihr
eigener Gewinn maximiert wird. Zwar sieht die Theorie vor, dass Nutzenmaximierung auf
Angebots- und Nachfrageseite letztendlich zu einer optimalen, gleichgewichtigen Allokation
führt, dieses Gleichgewicht kann allerdings leicht durch Asymmetrien und
Wettbewerbsverzerrungen gestört werden
20
.
Weiterhin sind vor allem systemrelevante Banken innerhalb dieser Theorie ein Störfaktor:
,,Einzelne Finanzinstitute können im Zuge der eigenen Gewinnmaximierung rationale Ziele
festlegen, die jedoch aus der Sicht des Gesamtsystems nicht optimal sind, da sie solche
Externalitäten nicht berücksichtigen" (Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht 2011, Ziffer 3).
Banken erzielen ihren Gewinn durch die Ausnutzung der Zinsspanne, d.h. dem Unterschied
zwischen den Zinssätzen der vergebenen Kredite und den Zinssätzen, den die
Geschäftsbanken auf ihre Kapitalquellen (EZB, Interbankenmarkt, Sichteinlagen etc.)
entrichten müssen (Baßeler/Heinrich/Utecht 2010, S.511). Folglich werden Geschäftsbanken
versuchen, diesen Unterschied zu maximieren, indem sie ihre Refinanzierungskosten bei der
Zentralbank und im Interbankenhandel minimieren und anderseits bei der Kreditvergabe
möglichst hohe Zinseinnahmen erzielen. Das Zinsniveau am Kreditmarkt ergibt sich
allerdings als Gleichgewicht aus Kreditangebot und Kreditnachfrage (Issing 2011, S.156) und
17
Betrachtet man insbesondere Investitionen als Investitionen in den technischen Fortschritt und Bildung, so
lässt sich die Notwendgkeit von Investitionen für eine Volkswirtschaft leicht am Solow-Modell erklären, vgl.
Solow (1956)
18
Die Situation eines nicht funktionerendem Kreditmarkts wird in Kapitel 4 noch erörtert
19
Grundsätzliches zur Kreditmarkttheorie bei Issing (2010, S.156f) oder Mankiw/Taylor (2012, S. 691ff)
20
Vgl. Abschnitt 3.4

9
ist folglich keine von den Geschäftsbanken beliebig steuerbare Größe. Trotz dieser
Eigenschaft lassen sich über die Höhe eines Zinses einige Aussagen treffen, wonach der
Zinssatz durch folgende Überlegungen bestimmt wird: (Spahn 2009, S.55ff)
21
:
-
Risikoprämie: Der Zinssatz eines Kredits ist abhängig von der Fähigkeit des Schuldners,
seinen Kredit zurückzuzahlen. Kreditnehmer mit einer guten Bonität müssen hierbei eine
geringere Risikoprämie entrichten, als Schuldner mit vergleichsweise schlechter Bonität.
-
Erwartungen: Mehrere kurzfristige, sukzessive Geldanlagen haben den gleichen erwarteten
Ertrag wie eine langfristige, einmalige Geldanlage. Dieser Sachverhalt lässt sich leicht an
der empirisch belegten Zinsstrukturkurve
22
darstellen.
-
Liquiditätsprämien: Basiert auf der Keynesschen Liquiditätsannahme. Jede Anlage von
Geld und somit die Aufgabe von Liquidität muss mit einem Anreiz verbunden sein.
Demnach ist eine längerfristige Aufgabe von Liquidität mit einem höheren Anreiz und
letztendlich mit einem höheren Zinssatz verbunden. Auch diese Annahme führt zu der
typischen Zinsstruktur.
-
Marktsegmentation: Es ist ebenfalls denkbar, dass Finanzaktiva unterschiedlicher Laufzeit
auf voneinander abgeschotteten Märkten gehandelt werden, da sie praktisch nicht
substituierbar sind. Somit wären Aussagen über eine etwaige Zinsstruktur schwierig und
die Ergebnisse der Erwartungs- und Liquiditätsprämientheorie nicht mehr gültig. Aufgrund
der zunehmenden Flexibilisierung der Finanzmärkte nahm die Relevanz der
Marktsegmentationstheorie in den letzten Jahren jedoch stetig ab
23
.
Weiterhin steht eine Geschäftsbank wegen ihren Gewinnabsichten in einem Konflikt
zwischen Rentabilität und Liquidität (Issing 2011a, S.73f):
Möchte eine Bank einen höheren Zinsgewinn realisieren, so muss sie Papiere handeln, die
entweder einen niedrigeren Liquiditätsgrad oder eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit
haben
24
. Dabei darf die Geschäftsbank nie den Eindruck erwecken, dass sie die praktisch
jederzeit fälligen Einlagen ihrer Kunden nicht bedienen kann, da es sonst zu einem sog. Bank
Run kommen könnte
25
.
21
Siehe auch Issing (2011, S.121ff) und Jarchow (2003, S.143ff)
22
Vgl. Issing (2011, S.127)
23
Das am 17.05.2013 in Deutschland beschlossene ,,Trennbankengesetz" könnte die Relevanz der Theorie
jedoch wieder stärken, vgl. Abschnitt 4.5
24
Vgl. Liquiditätsprämie und Risikoprämie in Abschnitt
25
Vgl. Abschnitt 4.1

10
Die Entwicklungen der letzten Jahren haben gezeigt, dass sich Geschäftsbanken nicht mehr
ausschließlich auf die Vergabe von Krediten an Wirtschaft und Haushalte konzentrieren, da
diese aus zu stark reguliert und nicht profitabel genug ist: ,,A core function of banks is to
actively search for and evaluate lending opportunities and advanceloans to credit-worthy
enterprises and households. [...] However, this share has declined substantially over time. [...]
One of the main reasons [...] is the relatively high regulatory riskweights on loans relative to
other types of assets, which puts them at a comparative disadvantage in the profit-seeking
strategies of banks. In effect, capital regulation based on risk-weights creates incentives for
banks to focus on non-lending activities" (Slovik 2012, S.6). Das Ergebnis dieser
Entwicklungen sind neue Finanzprodukte und Märkte, die immer mehr von der Realwirtschaft
abgekoppelt sind. Aktien und Anleihen werden zunehmend durch neue Finanzprodukte wie
Zertifikate oder Derivate ergänzt (Baßeler/Heinrich/Utecht 2010, S.499ff). Charakteristisch
für diese Entwicklung ist, dass nicht mehr nur in Maschinen oder Anlagen investiert wird,
sondern dass mit der Aussicht auf einen kurzfristigen Bewertungsgewinn spekulative
Vermögenswerte gekauft werden, wie beispielsweise während dem Aktienboom in der ,,New
Economy" bis 2000 oder während dem Immobilienboom bis 2007 (Baßeler/Heinrich/Utecht
2010, S.493)
26
. Die Finanzbranche argumentiert an dieser Stelle, dass Finanzinnovationen
wichtig für den reibungslosen Ablauf der internationalen Zahlungsströme sind: ,,Ebenso sind
moderne Volkswirtschaften ohne moderne Finanzprodukte nicht denkbar, oder nur unter
erheblichen Wohlfahrts- und Wachstumseinbußen denkbar. Ohne Absicherungsinstrumente
gegen Wechselkurs- oder Rohstoffschwankungen gibt es keine globale Wirtschaft"
(Ackermann 2012, S.15).
Die Rolle dieses Umdenken der Geschäftsbanken wird in Kapitel 4.3.1b) anhand der Technik
der Verbriefung deutlich.
3.4
Gefahren und Krisen der Geschäftsbanken
Damit in einem nächsten Schritt die Systemrelevanz einer Geschäftsbank unter dem Aspekt
ihrers Scheiterns erläutert werden kann, werden an dieser Stelle nun die Risiken des
Bankengeschäfts erörtert, die letztendlich zum Scheitern einer Geschäftsbank führen können.
26
Vgl. auch Mankiw/Taylor (2012, S.779ff)

11
a)
Refinanzierungsrisiko
Ein grundlegendes Risiko im Bankengeschäft entsteht im Rahmen einer der Hauptaufgaben
der Geschäftsbanken, der Fristentransformation. Geschäftsbanken verwenden kurzfristige
27
Einlagen ihrer Kunden, um mittel- und langfristige Kredite zu vergeben (Bofinger 2010,
S.178). Somit entsteht bei Banken ein ständiges Liquiditätsproblem, ,,weil der Bestand an
kurzfristigen, in Zentralbankgeld zu zahlenden Verpflichtungen weit größer ist als die Summe
aus Kassenbeständen und liquiden Wertpapieren" (Spahn 2009, S.30). Um die eigene
Zahlungsunfähigkeit zu verhindern
28
, muss eine Geschäftsbank ihre Kontrakte über Geschäfte
mit der Zentralbank oder am Interbankenmarkt refinanzieren
29
. Diese Refinanzierung ist für
eine Geschäftsbank allerdings mit einem Risiko verbunden: ,,Sind nämlich die Kreditzinsen
vertraglich fixiert, trägt die Bank das Risiko, dass während der Vertragslaufzeit die
Refinanzierungszinsen die vertraglich vereinbarten Zinsen übersteigen und die Bank aus
diesem Geschäft einen Verlust erleidet. Wird hingegen ein variabler, an einen Index
gekoppelter Zinssatz vereinbart, besteht aus Sicht der Bank die Gefahr, dass viele Schuldner
gleichzeitig zahlungsunfähig werden
30
" (Radtke 2010, S.7)
31
. Unerwartete Zinsschwankungen
beeinflussen also die Zinsspanne
32
der Geschäftsbanken und stellen somit ein nicht
unerhebliches Risiko für deren Geschäftstätigkeit dar
33
.
b)
Vertrauenskrisen
Vertrauen ist ein zentraler Faktor für die Stabilität der Finanzmärkte und beschreibt zunächst
,,die Erwartung, nicht durch das Handeln anderer benachteiligt zu werden" (Gablers
Wirtschaftslexikon 2013). Im weiteren Sinne besteht also das Vertrauen auf den
Finanzmärkten darin, dass geschlossene Verträge beidseitig erfüllt werden und somit niemand
einen Nachteil durch seine Geschäftsbeziehungen erwarten muss. Die Konsequenzen eines
gestörten Vertrauensverhältnisses für die Finanzmarktstabilität sind beachtlich und werden an
dieser Stelle kurz erörtert. Dabei ist nicht nur das Vertrauen der Banken untereinander
wichtig, sondern bereits das Vertrauen der Kunden einer Geschäftsbank in die Bank selbst.
Dazu wird zunächst die Situation eines sog. Bank Runs betrachtet:
27
Die Fälligkeit einer Einlage ist vom Willen des Depositärs abhängig und muss somit als äußerst kurzfristig
angenommen werden, vgl. Radtke (2010, S.9)
28
Ein aktuelles Beispiel der fehlgeschlagenen Fristentransformation ist der Fall der Hypo Real Estate, vgl.
Bofinger (2011, S.179) und Abschnitt 5.2
29
Vgl. Abschnitt 3.1
30
Im Vorfeld der jüngeren Finanzkrise konnten viele Hypothekendarlehen aufgrund steigender variabler Zinsen
nicht mehr bedient werden, vgl. Seel (2012, S.35f) und Abschnitt 4.3
31
Unerwartete Zinsschwankungen beeinflussen die Zinsspanne, vgl. Abschnitt 3.3
32
Vgl. Abschnitt 3.3
33
Die Relevanz dieses Aspekts wird durch die Zinsmanipulationen des LIBOR durch einige Banken bestärkt,
vgl. hierzu Siedenbiedel (2013)

12
Wenn viele Anleger gleichzeitig ihre Einlagen anfordern, handelt es sich um einen Bank
Run
34
. Für eine Geschäftsbank kann ein Bank Run fatale Folgen haben, da sie auf die
normalen Abhebegewohnheiten ihrer Kunden eingestellt ist (NZZ 2012) und deshalb nur
einen Bruchteil deren Einlagen in Form von ,,barem" Zentralbankgeld hält (Issing 2011a,
S.189). Um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, muss eine Geschäftsbank im Falle eines
Bank Runs ggf. einen beträchtlichen Teil ihrer Aktiva zu ungünstigen Konditionen
liquidieren, was zu Verlustgeschäften und letztendlich zu einer Verschlechterung ihrer
wirtschaftlichen Situation führt (Radtke 2010, S.9)
35
. Die Liquidität der Geschäftsbanken und
damit zusammenhängend auch die Stabilität der Finanzmärkte werden folglich maßgeblich
von dem Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde bestimmt. Dieses Vertrauen besteht
für die Kunden in der uneingeschränkten Sicherheit und Verfügbarkeit ihrer Bankdepositen
(Spahn 2009, S.30) und für die Banken in einer rationalen Abhebegewohnheit der Kunden,
die nicht gleichzeitig ihre Einlagen einfordern.
Das Vertrauensverhältnis der Banken ist von hoher Relevanz, da ein funktionsfähiger
Interbankenmarkt vom gegenseitigen Vertrauen der Banken abhängig ist: ,,In der Finanzkrise
konnte man beobachten, was passiert, wenn Banken sich untereinander nicht mehr vertrauen.
Der sogenannte Interbankenhandel kam vollständig zum Erliegen" (Beckert 2010, S.15). Eine
unmittelbare Konsequenz einer Vertrauenskrise auf den Interbankenhandel ist, dass Banken
untereinander nur noch kurzfristige oder gar keine Liquidität mehr in Form von
Zentralbankguthaben austauschen (Steltzner 2007, S.1)
und somit die Liquiditätsströme
einiger Banken gestört werden
36
.
Solche Vertrauenskrisen werden vor allem durch Informationsasymmetrien verstärkt, welche
jedoch ein ständiges Problem wirtschaftlicher Beziehungen darstellen.
Informationsasymmetrien entstehen, wenn ein Geschäftspartner besser über eine für die
Geschäftsbeziehung relevante Tatsache informiert ist als der andere (Mankiw/Taylor 2012,
S.574). Für den Kreditvergabeprozess und den Interbankenhandel bedeutet dies, dass ein
potentieller Schuldner über seine eigene wirtschaftliche Lage und die Aussichten seiner
Investitionsprojekte besser informiert ist, als der potentieller Gläubiger (Spahn 2009, S.27).
Generell kennt der Käufer von Wertpapieren somit die Bonität dieser Wertpapiere schlechter,
als der Verkäufer der Wertpapiere (Baßeler/Heinrich/Utecht 2010, S.495).
Informationsasymmetrien beeinflussen demnach die Kreditvergabeprozess und den
34
Ausführlich in: Diamond/Dybvig (1983, S.401ff)
35
Im Falle eines Bank Runs tritt die Notenbank gegebenfalls als ,,Lender of Last Resort" auf, vgl. hierzu
Abschnitt 3.5a) und Spahn (2009, S.30f)
36
Vgl. Abschnitt 3.1

13
Interbankenhandel wesentlich. Bei der Kreditvergabe haben Informationsasymmetrien
zunächst einen Preiseffekt, da neben der bereits erläuterten Risikoprämie eine zusätzliche
Prämie für die Informationsasymmetrie mit unmittelbaren Auswirkungen auf die
Finanzierungskosen realwirtschaftlicher Unternehmen aufgeschlagen wird (EZB 2008a,
S.94). Die zusätzliche Prämie entsteht, wenn Geschäftsbanken bei hohen
Informationsasymmetrien viel Zeit und Geld in die Prüfung des Kreditnehmers investieren
müssen und diese Kosten letztendlich dem Kreditnehmer anlasten (Jarchow 2003, S.233f).
Asymmetrische Informationen haben neben ihrer Auswirkung auf die Höhe der Kreditzinsen
auch Auswirkungen auf das Kreditangebotsverhalten der Geschäftsbanken und sind der
Grund für die adverse Selektion im Kreditvergabeprozess: ,,Schon bei Auswahl von
Kreditkunden droht eine adverse Selektion, wenn Kreditzusagen an die artikulierte
Zinszahlungsbereitschaft der Kreditnachfrager gebunden werden. Solide Kreditnehmer mit
wenig profitablen, aber sicheren Projekten werden dabei tendenziell von Akteuren mit
riskanten, aber potentiell ertragreichen Vorhaben verdrängt" (Spahn 2009, S.27). Diese Form
von Kreditrationierung, bei der Kredite nur an Kreditnachfrager mit hoher
Zinszahlungsbereitschaft vergeben werden, ist für Geschäftsbanken mit einem Risiko
verbunden, da sie auf einem Trugschluss zurückzuführen ist. Der Trugschluss besteht darin,
dass mit steigendem Zinssatz gleichzeitig der aus dem Kreditgeschäft resultierende Gewinn
steigt, da ,,ab einer bestimmten Zinshöhe die Forderungsverluste den Zinsertrag
überkompensieren" (Spahn 2009, S.27). Eine Erklärung für die Beobachtung, dass mit
steigender Zinszahlungsbereitschaft des Kreditempfängers auch das Risiko der Kreditvergabe
steigt, liefern Stiglitz und Weiss (1983, S.393): ,,The expected return to the bank obviously
depends on the probability of repayment, so the bank would like to be able to identify
borrowers who are more likely to repay. It is difficult to identify "good borrowers" [...] those
who are willing to pay high interest rates may, on average, be worse risks; they are willing to
borrow at high interest rates because they perceive their probability of repaying the loan to be
low."
Die ständigen Informationsasymmetrien sind vor allem in Krisenzeiten ein großes Problem
für das Vertrauen der Kreditgeber in ihre Schuldner. Da das für die Höhe eines Kreditzins
relevante Kreditrisiko auch von der allgemeinen wirtschaftlichen Situation einer
Volkswirtschaft abhängig ist, neigen Banken bei Informationsasymmetrien zu einem
prozyklischen Kreditangebotsverhalten
37
und somit zu einem verknappten Kreditangebot in
konjunkturell schwachen Zeiten, was letztendlich auch zu gesamtwirtschaftlichen
37
Vgl. BIZ (2010, S.20f)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2013
ISBN (PDF)
9783956845581
ISBN (Paperback)
9783956840586
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität des Saarlandes
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Geschäftsbank Liquidität Bankwesen Finanzkrise
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Titel: Systemrelevanz von Geschäftsbanken
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