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Leader und Follower: Beziehungsdynamische Interdependenzen

©2013 Bachelorarbeit 47 Seiten

Zusammenfassung

Führung. Wird man mit dieser Thematik konfrontiert, tauchen oft Assoziationen wie Einfluss, Macht und Herrschaft auf. Dabei handelt es sich teils um positive und teils um negative konnotative Zuschreibungen. Betrachtet man die Geschichte der Führungsforschung, wird klar, woher das rührt: Der Führende („Leader“) wird anfangs als Mittelpunkt des Geschehens betrachtet; um ihn herum sind nur Schatten von Gestalten angeordnet, die so unmündig und passiv sind, dass sie nicht in den Analysefokus der Forscher rücken. Wozu aber gibt es das Konstrukt der Führung („Leadership“), wenn es nicht auch Geführte („Followers“) gibt? Die vorliegende Studie hat zum Ziel, a) zu demonstrieren, wie relevant die Einbeziehung des Konstrukts des „Followerships“ (Ausübung der Gefolgschaft) ist, um das Führungsgeschehen besser zu verstehen, b) zu illustrieren, dass Followers weitaus mehr Einfluss haben, als man dies erwarten würde und c) zu veranschaulichen, wie interdependent und dynamisch die Beziehungsprozesse zwischen Leader und Follower sind.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.3.1 Transformationale vs. Transaktionale Führungstheorien: „Transformational vs. Transactional Leadership“

Die „Transformation“ des Followers durch den Leader ist zentraler Gegenstand der Transformationalen Führung. Der Leader hat das Potenzial, die Entwicklung und die Performance der Follower durch gezielte Beeinflussung zu verändern bzw. zu steigern. Emotionen, Inspirationen, Visionen, Missionsformulierungen (Sinndeutung und –gebung des Handelns) sowie Appelle an die Moral stellen dabei wichtige Einflussgrößen zur Zielerreichung dar. Somit werden individuelle Werthaltungen und Motive des Followers in ein gemeinsames Interesse „transformiert“.[1] Nach Burns (1978) profitieren sowohl Leader als auch Follower von den „transformierenden Effekten“.[2] Wunderer (2007) formuliert den transformationalen Führungsstil als Kompetenz des Leaders, durch „Transformation der [Follower] auf eine höhere Ebene, deren Bedürfnisse und Präferenzen im gewünschten [..] Sinne [zu verändern].“[3]

Davon abzugrenzen ist die Transaktionale Führung, bei der der Leader dem Follower die Transaktion einer Belohnung zuspricht, wenn dieser zur persönlichen Zielerreichung bestimmte Verhaltensmuster adaptiert.[4] Der Follower entgegnet dem Leader dafür mit mehr Achtung und Loyalität. Transaktionale Führung kann als ein auf rationalen Austauschbeziehungen basierenden Führungsstil angesehen werden. Hollander (1992a) hingegen sieht darin das Potenzial interdependenter Einflussprozesse („social exchange“) zwischen Leader und Follower.[5]

Transformationale Führung kann als eine Erweiterung von Transaktionaler Führung aufgefasst werden.[6]

2.3.2 Leader-Member Exchange (LMX) Theorie

Diese Theorie richtet ihren Fokus zum ersten Mal darauf, dass die Beziehung zwischen Leader und Follower im Sinne einer dyadischen Beziehung aufgefasst werden muss. Dyadisch meint, dass beim Betrachten der Führungsphänomene immer eine Zweiheit auftritt.

Im Kern wird angenommen, dass Leaders zu je verschiedenen Followern unterschiedliche dyadische Beziehungen aufbauen. Dabei verändert sich das spezifische Verhaltensmuster des Leaders im Zeitablauf abhängig von der konkreten Qualität der Leader-Follower-Beziehung. Der Leader unternimmt unter Anderem eine Kategorisierung der Follower in zwei verschiedene Gruppen: „Ingroup members“ und „Outgroup members“. Ingroup members zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine qualitativ höherwertige Beziehung zu ihrem Leader pflegen und dadurch auch mehr Handlungsspielräume und Ressourcen im Arbeitsalltag zugesprochen bekommen. Diese Beziehungen sind durch positive wechselseitige Austauschprozesse („social exchanges“) gekennzeichnet. Outgroup members haben eine Beziehung von niedriger Qualität zu ihren Leadern. Dies hat große Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit, Motivation, Compliance, Fluktuation, etc.

LMX-Theorien wurden stets Revisionen unterzogen und weiterentwickelt.[7]

Ursprünglich wurde die LMX-Theorie als „Vertical Dyad Linkage (VDL)“ (Dyadentheorie der Führung) bezeichnet, da sie sich auf die reziproken Einflussprozesse innerhalb der vertikalen Dyaden konzentriert.[8]

Einer der aktivsten LMX-Entwickler und -forscher ist Graen (2004), der in einem Vorwort den Kern seiner Arbeiten wie folgt charakterisiert:

„Only leader-member exchange theory conceptualizes leadership as an interpersonal role-making process that emerges in power structures from the dynamics and influence structures created as dyads negotiate leadership relations and influential roles.“[9]

Neuere Entwicklungen stellen v.a. unterschiedliche Aspekte der Generierung von effektiven Leadership-Prozessen durch den Aufbau effektiver Leadership-Bezie­hungen in den Vordergrund. Im Laufe dieses dynamischen Prozesses („life cycle of a leader-follower relationship“), sollte der Leader eine kontinuierlich reifere und qualitativ hochwertigere Beziehung zu seinem Follower anstreben.[10]

Für Graen & Uhl-Bien (1995) ist LMX transaktional sowie transformational, wobei transformationales Führen die effektivsten LMX-Beziehungen nach sich zieht.[11]

2.3.3 Charismatische Führung: „Charismatic Leadership“

„Charismatische Führungsansätze beschreiben den Weberschen Grundlagen folgend allgemein den charismatischen [Leader] als Persönlichkeit mit der [..] Gabe, den [Followern] eine überzeugende Zukunftsvision eines besseren und sinnvolleren Lebens zu verdeutlichen.“[12]

Charismatische Führer haben prinzipiell einen starken Einfluss auf die Werthaltungen und auf das Verhalten des Followers.[13] und wirken inspirierend auf ihre Follower, so dass diese sich mit ihnen identifizieren möchten. Dabei verspüren sie generell eine starke emotionale Gebundenheit und Vertrauen zum Leader, so dass sie bereitwillig ihr Engagement zur Zielerreichung einsetzen.[14] Ihre Motivation rührt u.a. daher, die Gunst des Leaders zu erwerben bzw. beizubehalten oder den Leader unter keinen Umständen zu enttäuschen. Dies birgt allerdings auch die Gefahr der Ausbeutung des Followers durch einen egozentrischen und nicht aufrechten Leader.[15] In der Literatur wird Charismatische Führung häufig mit Transformationaler Führung in Verbindung gebracht.[16] Bass & Bass (2008) bspw. konstatieren »Charisma« als eine Komponente Transformationalen Führens.[17]

2.4 Kritische Würdigung

Traditionelle und neo-klassische Führungsforschung sind von führerzentrierten Annäherungen geprägt. Diese Bemühungen haben sich dabei vor allem auf das Führungsverhalten konzentriert.[18] Auffällig ist die Tatsache, dass Interaktions-partner der Leader, nämlich die Follower, bisher nur geringen Eingang in die Führungstheorien gefunden haben. Wurden Follower doch im Führungsprozess mitberücksichtigt, zeichnen sich die betrachteten Eigenschaften durch eine gewisse Passivität und Unterwürfigkeit aus.[19] Dass dieser Fokus zu eng und isoliert gefasst ist, wurde im Laufe der Zeit von vielen Forschern kritisiert.

Die meiste Kritik richtete sich auf die zu einseitige Konzentration auf den Leader („leader-focused-research“) und seine heroische Darstellung.[20] Eine solche Betrachtungsweise würde der Gleichsetzung von Leadership und Leader entsprechen und eine unzulässige Simplifizierung bei der Modellierung des Führungsprozesses nach sich ziehen. Man könnte dann sogar eher von Herrschaft und „rulership“ sprechen, als von Leadership.[21]

Es fehlte eine soziale und interaktionale Betrachtungsweise, die es erlaubt reziproke Einflussprozesse zu erkennen und zu behandeln, die beim Vorgang der Führung stattfinden. Dazu bedarf es weitergehender Einbeziehung des Followers in die Betrachtung des Führungsgeschehens.[22] Zahlreiche Studien, Analysen und Reviews stützen diese Kritikpunkte und geben Empfehlungen für zukünftige Forschungsbestrebungen.[23]

Bei Durchsicht der Literatur wird klar ersichtlich, dass eine Vielzahl von Determinanten und Prozessen bzw. Variablen außer Acht gelassen wurden. Die traditionellen Theorieansätze bilden das Konstrukt der Führung daher nur unzureichend, oft zu statisch und zu positivistisch ab. Unbestritten ist, dass das Führungsphänomen in seiner Gänze noch nicht erfasst wurde und eventuell auch gar nicht erfasst werden kann.[24] Schließlich wurde sich dem Führungsphänomen auch von verschiedensten Disziplinen, Kontexten, Perspektiven und Intentionen aus angenähert. Dass hieraus kein allgemeingültiges Führungsverständnis generiert werden kann, ist offensichtlich.[25]

Leadership sollte stärker als ein dynamischer Entwicklungsprozess erachtet werden, der sich in der Praxisausübung fortlaufend verändert. Auch wegen der durch die Globalisierungseffekte hervorgerufenen steigenden Komplexitäten und sich ändernden Rahmenbedingungen bedarf die Leadership-Forschung eines moderneren bzw. adäquateren Zugangs.

Durch die Bedenken bzgl. der klassischen Ansätze der Führungsforschung hat sich in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel vollzogen, und zwar zu einer eher geführtenzentrierten Sichtweise. Seit dem späten 20. Jahrhundert ist ein signifikanter Interessenanstieg hinsichtlich des Followerships zu verzeichnen.[26] Dies ist Gegenstand der Betrachtung im nächsten Kapitel.

3 Die Rolle des Followers im Führungsprozess

„[..] we believe that theory in any scientific area is an ongoing social process. Theories develop and change as new data and perspectives are developed.”[27]

Ausgehend von diesem Forschungsverständnis möchte dieses Kapitel einen groben Einblick in eine „Quasi-Gegenbewegung“ der Führungsforschung gewähren. Nachfolgend werden nur die einflussreichsten Theorien und Ansätze vorgestellt, die maßgeblich dazu beigetragen haben, sich vermehrt dem Followership zuzuwenden und somit neue Perspektiven und Herangehensweisen in die Leadership-Forschung einbringen.

3.1 Der Follower im Fokus: “Follower-centered perspective on Leadership”

Geführtenzentrierte Theorieansätze beziehen die wichtige Rolle des Followers mit ein, um das komplexe Konstrukt des Führungsprozesses besser zu erörtern. Damit richtet sich der Analysefokus eher auf Leadership als auf Followership.[28] Dennoch bilden diese Ansätze ein wichtiges Fundament, den Führungskontext als Interaktion zwischen Leader und Follower zu verstehen.[29] Nachfolgend wird exemplarisch eine in der Literatur sehr repräsentative Arbeit vorgestellt, die zum Ziel hat, eine geführtenzentrierte Annäherung zu forcieren.[30]

3.2 Die Romantisierung des Führungsprozesses: “The Romance of Leadership”

Die “Romance of Leadership-Theorie” von Meindl et al. (1985) ist eine der ersten Arbeiten, die ausgehend von einer Fundamentalkritik an der bisherigen Forschungsweise zu einer stärker geführtenzentrierten Annäherung hinsichtlich Leadership führte.[31] Meindl et al. konstatieren eine zu positivistische Perspektivbildung bzgl. Leadership.[32] Die traditionellen Theorien der Führungsforschung werden einer sehr strengen Kritik unterzogen. Der Vorwurf liegt u.a. darin begründet, dass die Tendenz besteht, organisationale Outcome-Parameter alllein dem Leader bzw. dem Leadership als Verursacher zuzuschreiben, statt andere kausale Zusammenhänge zu betrachten, die zu einer richtigeren Sichtweise führen würden.

Als Ursache wird ein „romantisiertes Bild“ des Leaders i.S. einer heroischen Betrachtungsweise postuliert, das als vorherrschende Rezeptionsweise identifiziert wird, hervorgerufen durch bestimmte psychologische und soziologische Vorgänge, deren Auswirkungen untersucht wurden: „[…] results […] provided us with initial support for the proposition that the perceived causal priority of and attributions to leadership in understanding organizational events and occurrencies are likely to occur when performances are either very good or very bad.”[33] Diese Romantisierung des Leaders führe zu verzerrten und organisations-bezogen oft dysfunktionalen Annahmen.[34]

Meindl und Kollegen haben die klassische Führungsforschung mit ihrer Arbeit in Frage gestellt. Durch Studien haben sie Evidenz geliefert, dass der Blickwinkel bzgl. Leadership tatsächlich sehr eng gefasst war. Die Bedeutung des Leaders als solcher wurde systematisch überschätzt, während andere Parameter, die Einfluss auf Outputs haben, unterschätzt oder nicht beachtet wurden. Ihr Appell richtete sich zum einen auf eine Einbeziehung kognitiver Wahrnehmungsprozesse und zum anderen darauf, die bisherigen Methoden in der Leadership-Forschung dem Objekt „Follower“ zugewandt anzuwenden, da dieser einen Großteil zur Zielerreichung innerhalb von Organisationen beiträgt.

Im Nachgang von „The Romance of Leadership” betonte Meindl (1995) in Leadership Quarterly, dass das Werk keineswegs eine Ablehnung der bisherigen Leadership-Forschungen zum Ziel hatte, sondern Nachdruck darauf legen wollte, wie signifikant der Kontext des Followers ist, um den Führungsprozess zu verstehen. Daher plädiert er für eine geführtenzentrierte Herangehensweise und konstatiert: „The romance of leadership perspective focuses on the linkage between leaders and followers as constructed in the minds of followers.“[35] Auf diesen Ansatz wird in Kapitel 4.2 näher eingegangen und die Bedeutung von kognitiven Prozessen herausgestellt.

3.3 Follower und Followership: “Follower-based approaches”

Von den geführtenzentrierten sind geführtenbasierte Theorieansätze zu unterscheiden. Die Followership-Forschung untersucht und analysiert geführtenbasierte Perspektiven auf Followership an sich, als eigenständiges Untersuchungsobjekt. Vertreter dieser Theorieansätze argumentieren, dass die geführtenzentrierten Theorie zwar einen Fortschritt in der Führungsforschung darstelle, jedoch wenig Erklärungen über das Konstrukt des Followerships liefern.[36]

Im Folgenden wird repräsentativ ein Artikel von Kelley (1988) vorgestellt, der den Anspruch hat, den Follower in den Mittelpunkt der Betrachtung zu ziehen. Dieser wird in der Literatur häufig als Auftakt in der Followership-Fokussierung wahrgenommen.[37]

3.4 Lob des Followers: „In Praise of Followers”

Bereits in der Einleitung stellt Kelley fest, dass der bisherige Fokus auf Leadership zwar sehr aufwändig und vielfältig erfolgt ist, aber im Ganzen dennoch als unbefriedigend zu erachten ist. Es fehlt die aufrichtige Würdigung des Followers, aufgrund der zu zentrierten Hingabe der Wissenschaft hinsichtlich des Leaders.

Er arbeitet heraus, dass Erfolge in Unternehmungen davon abhängen, wie die Organisation geführt wird und wie die Gefolgschaft folgt und nicht von einer wie auch immer zu definierenden optimalen Leader-Persönlichkeit allein. Er kommt zu einem anderen Rollenverständnis des Followers: „To cultivate good followers, we need to understand the human qualities that allow effective followership to occur.”[38]

Kelley argumentiert, dass wir in unserem Alltag (v.a. im Beruf) sehr oft die Rolle eines Followers einnehmen, selbst beim Innehaben einer Leaderposition.[39] Er kommt im weiteren dazu, dass sich dabei je nach Umständen bessere oder schlechtere Ergebnisse ereignen und betrachtet diese Kontexte, um zu verstehen, wann sich gutes Followership ereignet und wann nicht. Ist Followership effektiv, so bedarf es unter Umständen lediglich der Delegation von Autorität.

Effektive und ineffektive Followers unterscheiden sich in ihrer Motivation, Ambition, Partizipation und in der bewussten Wahrnehmung ihrer Rolle. Die Art und Weise, wie Follower folgen, wird anhand von zwei Dimensionen gemessen: 1) Sind sie selbstständig und kritische Beurteiler oder überlassen sie dies dem Leader? Und 2) Wie engagiert und involviert sind die Follower im Hinblick auf positive, organisationale Outcomes? Daraus folgen fünf Basis-Follower-Stile: „The sheep“, “The yes people”, “The alienated”, “The pragmatics” und “The star follower”.[40]

Follower unterscheiden sich außerdem in ihren Qualitäten. Dazu zählen u.a. Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten und persönliche Charaktermerkmale. Diese überschneiden sich mit denen eines Leaders (Stereotypen). Demnach könnten Follower und Leader die gleichen Menschen sein. Das einzige, was sie unterscheidet, ist die Rolle, die sie übernehmen.

„In Praise of Followers“ appelliert deutlich, organisationale Anpassungen vorzunehmen, (Prozess-) Partizipationen zu verbessern und Trainings einzuführen, die auf den Follower zugeschnitten sind. Ziel müsse sein, den Follower als einen „supporting player“ zu erkennen und ihn zu fördern.[41]

„We need to pay attention to followers. Followership is worthy of its own discrete research […], conversations about leadership need to include followership because leaders neither exist nor act in a vacuum without followers.”[42]

3.5 »Leader-Follower-Dichotomie« und Diskussion

„The locus of leadership is not solely in a leader or solely in followers.”[43]

Die bisherigen Bestrebungen in der Führungsforschung sind vielseitig, teilweise kontrovers und divergierend. Während auf der einen Seite eine Konzentration auf Leadership zu verzeichnen ist, ist auf der anderen Seite eine intensive Widmung des Followerships zu beobachten.

Über die scheinbare Dichotomie wurden Diskussionen geführt, die mit der Zeit zu einer teilweisen Zusammenführung dieser verschiedenen Aspekte geführt haben.

Burns (1978) hat diesen Umstand bereits früh erkannt: „One of the most serious failures in the study of leadership has been the bifurcation between […] leadership and […] followership.”[44] Auch er plädiert für einen konzeptionell vereinten Zugang zu Leadership, wobei zu untersuchende Prozesse zwischen mehreren Akteuren zu berücksichtigen sind.

Ebenso Hollander (1992a): Er betrachtet Leadership und Followership als eine Einheit, in der Einfluss von beiden Parteien ausgeübt wird („social exchange“).[45] Bereits 1978 betont er, dass es nicht inkonsistent ist, Leader und Follower in Einem zu sein. Des Weiteren wird stark zum Ausdruck gebracht, dass der Follower keine passive Rolle im Führungsprozess einnimmt.[46]

Gronn (2003) kritisiert, dass die Annäherung an das Phänomen Leadership oft „gegabelt“ stattfindet. In einer Organisation werden die Mitglieder nach herkömmlicher Theorie ausschließlich entweder als Leader oder als Follower kategorisiert. Die Beziehung findet demnach zwischen zwei ganz unterschiedlichen und abgrenzbaren Personen statt. Dabei wird missachtet, dass die Rollenverhältnisse sich in bestimmten Situationen auch verschieben können. Er stellt die einzelnen Konstrukte Leadership und Followership bzgl. ihrer Nützlichkeit in Frage. Denn um Leadership zu erfassen, bedarf es der Umfassung mehrerer Akteure, verschiedener Verhaltensmuster und konstant veränderten Anforderungen. Zu betrachten sind daher auch Interdependenzen und die wechselseitigen, reziproken Einflussprozesse zwischen den Akteuren.[47]

Baker (2007) hat sich ebenfalls mit dieser Thematik befasst und kommt zu dem Schluss, dass beide Konstrukte gleiche Relevanz haben. Sie fordert daher, dass Leaders und Followers in ihrer Beziehung zueinander stärker untersucht werden sollten.[48]

Kenney et al. (1996) fassen wie folgt zusammen: „Leadership and followership processes must be synchronized, while acknowledging followership`s proactive role.”[49]

Dass der Follower als proaktiver Akteur Eingang in die Führungsforschung gefunden hat, ist ein wichtiger Fortschritt, um den Führungsprozess besser und ganzheitlicher zu erfassen. Ebenso ist als Fortschritt zu bewerten, beide Konstrukte zu vereinen, weil weder Leadership noch Followership isoliert betrachtet in der Lage sind, Leadership Effectiveness zu generieren. Das nachfolgende Kapitel soll die vorangehend aufgeführten Bedenken stützen, indem es auf wesentliche Interaktionsprozesse, Dynamiken und Interdependenzen bei Leader-Follower-Bezie­hun­gen eingeht.

[...]


[1] Vgl. Gosling et al. 2012, S. xviii; Vgl. Landy & Conte 2010, S. 560 ff.; Wunderer 2007, S. 234 ff..

[2] Vgl. Burns 1978, S. 18 ff., S. 41 ff. und S. 455.

[3] Vgl. Wunderer 2007, S. 243.

[4] Vgl. Landy & Conte 2010, S. 561.

[5] Vgl. Bass & Bass 2008, S. 618 ; Hollander 1992a, S. 72; Hollander 1978, S. 7.

[6] Vgl. Bass 2008, S. 647 ; Hollander 1992a, S. 73.

[7] Vgl. Graen & Uhl-Bien 1995, S. 219-247 ; Landy & Conte 2010, S. 558 ff.; Hogg et al. 2005, S. 992.

[8] Vgl. Yukl 2006, S. 117.

[9] Graen 2004, xi.

[10] Landy & Conte 2010, S. 558 f..

[11] Vgl. Graen & Uhl-Bien 1995, S. 239.

[12] Hentze et al. 2005, S. 184.

[13] Vgl. Wunderer 2007, S. 277 f..

[14] Vgl. Landy & Conte 2010, S. 565 f..

[15] Vgl. etwa Gardner et al. 2005, S. 344 und S. 365 ; Hollander 1992b, S. 51.

[16] Vgl. Yukl 2006, S. 249 ff.; Hollander 1992b, S. 51.

[17] Vgl. Bass & Bass 2008, S. 575.

[18] Vgl. Yukl 2006, S. 441.

[19] Vgl. etwa Bligh & Kohles 2012, S. 207.

[20] Vgl. Yukl 2006, S. 1 und S. 433; Burns 1978, S. 3; Meindl, Ehrlich & Dukerich 1985, S. 79 und S. 100; Lord & Brown 2004, S. 185; Russell 2003, S. 145; Hollander 2012, S. 12.

[21] Vgl. etwa Hollander 2012, S. 22; Wiswede 1990, S. 2 f; Burns 1978, S. 2.

[22] Vgl. etwa Yukl 2006, S. 433; Meindl 1995, S. 330; Kelley 1988; Riggio, Chaleff & Lipman-Blumen 2008, S. 2 f..

[23] Vgl. etwa Bligh, Kohles & Pillai 2011, S. 1058-1077; DeChurch et al. 2010, S. 1069-1085; Kempster & Parry 2011, S. 106-120.

[24] Vgl. hierzu etwa Wunderer 2007, S. 273; Burns 1978, S. 1 f..

[25] Vgl. auch Ladkin 2010, S. 28.

[26] Vgl. etwa Bligh & Kohles 2012, S. 205; Bligh, Kohles & Pillai 2011, S. 1061 und S. 1064.

[27] Lord & Maher 1991, S. 9.

[28] Vgl. Carsten et al. 2010, S. 543 ff..

[29] Vgl. etwa Bligh & Kohles 2012, S. 208.

[30] Vgl. etwa Bligh, Kohles & Pillai 2011, S. 1058 ff..

[31] Vgl. etwa Bligh & Kohles 2012, S. 206.

[32] Vgl. Meindl, Ehrlich & Dukerich 1985, S. 79.

[33] Meindl, Ehrlich & Dukerich 1985, S. 85.

[34] Vgl. Meindl, Ehrlich & Dukerich 1985, S. 78-102.

[35] Meindl 1995, S. 329 ff.; Zitat S. 330.

[36] Vgl. Carsten et al. 2010, S. 544.

[37] Vgl. etwa Baker 2007, S. 50; Kelley 2008, S.7; Bligh & Kohles 2012, S. 206.

[38] Kelley 1988.

[39] Vgl. etwa Collinson 2006, S. 179.

[40] Vgl. Kelley 2008, S. 7 f..

[41] Kelley 1988.

[42] Kelley 2008, S. 5.

[43] Lord & Maher 1991, S. 11.

[44] Burns 1978, S. 3.

[45] Vgl. Hollander 1992a, S. 71 ff..

[46] Vgl. Hollander 1978, S. 5 f..

[47] Vgl. Gronn 2003, S. 23 ff..

[48] Vgl. Baker 2007, S. 58.

[49] Kenney, Schwartz-Kenney & Blascovich 1996, S. 1140.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956846090
ISBN (Paperback)
9783956841095
Dateigröße
968 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Personalführung Führungslehre Führungsforschung Leadership Führungstheorie
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