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Depotmanagement in der Niedrigzinsphase

©2013 Bachelorarbeit 52 Seiten

Zusammenfassung

‘The return of my money is more important than the return on my money.’ Mark Twain
Dies war ein weit verbreitetes Motto vieler Anleger in den letzten Jahren. Die Anleger waren bereits zufrieden, wenn sie ihr Vermögen erhalten konnten. Die Höhe von Erträgen stand immer weniger im Fokus. Seit der letzten Wirtschaftskrise und der darauf folgenden Schuldenkrise in der Europäischen Union wurden viele neue Regelungen und Gesetze verabschiedet. Eine der entscheidenden Regelungen war die Festsetzung des Leitzinssatzes seitens der Europäischen Zentralbank auf das historisch niedrigste Niveau aller Zeiten. Die Anleger sowie die Banken müssen ihre Strategien an diese Situation anpassen, um erfolgreich Kapital vermehren oder dieses zumindest erhalten zu können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2.1 Preisstabilität

Stabile Preise verhelfen dem Markt zur mehr Transparenz. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es in einer preislich gesehen stabilen Umgebung einfacher ist, verschiedene Investitionen zu vergleichen um so eine bessere Investitionsentscheidung treffen zu können. Infolge der letzten Finanzkrise hat der Markt aus der Sicht vieler Investoren erheblich an Attraktivität verloren. Bei einer Preisstabilität würde der Markt immer mehr und mehr an Vertrauen gewinnen. Die Investitionen würden steigen und somit würde auch die Wirtschaft stetig angekurbelt werden[1].

Ein von stabilen Preisen geprägtes Umfeld würde außerdem dazu führen, dass die gesamte Lebensqualität der Bevölkerung aufrechterhalten oder sogar gesteigert wird. Gerade die sozial schwachen sind am stärksten von Preisschwankungen betroffen, denn diese können sich am wenigsten gegen Inflation absichern. Dies führt dann dazu, dass eine starke Umverteilung des Vermögens auf dem Markt stattfindet. Ebenfalls würden Preisschwankungen zu großen sozialen Differenzen innerhalb eines Landes oder einer Region führen[2].

Der Begriff der Preisstabilität selbst wurde vom EZB-Rat 1998 festgelegt: „Preisstabilität wird definiert als Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2 % gegenüber dem Vorjahr. Preisstabilität muss mittelfristig gewährleistet werden.“ [3] . Diese Definition wurde im Jahr 2003, nach einer gründlichen Überprüfung seitens der EZB, nochmals ergänzt. Die mittelfristige Preissteigerungsrate soll so einen Wert von „unter, aber nahe 2 %“ [4] beibehalten. Diese Definition enthält einige beachtenswerte Merkmale, welche nachfolgend kurz erläutert werden:

(1) Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI)

Der HVPI ist die offizielle Inflationsgröße, mit deren Hilfe die EZB die Preisstabilität misst[5]. Er ist also ein Preisindikator, der die Preisstabilität quantitativ definiert. Die Harmonisierung hat den Hintergrund, dass vor der Einführung der Europäischen Währungsunion (EWU) jedes Land seine eigene Berechnung der Konsumentenpreisindizes (CPI) hatte. Der CPI setzt sich aus einem Warenkorb zusammen, der fiktiv alle Waren mit ihren Preisen enthält, die die Verbraucher üblicherweise in dem Land konsumieren. Für die Zusammensetzung dieses Korbs gab es aber keine genaueren Richtlinien. Im Zuge der Vorbereitung der EWU mussten diese einzelnen CPI vergleichbar gemacht werden. Deshalb wurden die einzelnen CPI aufeinander abgestimmt und es ergab sich dadurch der „Harmonisierte Verbraucherpreisindex“[6]. Dieser Index wurde von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Ämtern, dem EWI und nachfolgend der EZB entwickelt. Die Definition der Preisstabilität legt also exakt den Preisindex fest, anhand dessen überprüft werden kann, ob Preisstabilität erreicht wird.

(2) Inflationsrate unter, aber nahe 2 %

Des Weiteren soll erklärt werden, was unter dem „Anstieg“ des HVPI zu verstehen ist. Hier wird von vornherein eine Deflation, also ein Preisverfall bzw. ein Rückgang des HVPI, ausgeschlossen. Gleichzeitig wird ebenso eine andauernd anhaltende Inflation ausgeschlossen. Mit dem Kriterium „unter, aber nahe 2 %“ wird eindeutig eine Obergrenze der am HVPI gemessenen Inflationsrate festgelegt[7]. Dies bedeutet, dass die Inflationsrate zwar die Marke von 2 % gegenüber dem Vorjahr nicht übersteigen darf, sich aber nahe dieser Marke bewegen muss[8].

(3) Mittelfristige Ausrichtung

Zuletzt soll noch kurz die Aussage, dass die Preisstabilität mittelfristig gewährleistet werden muss[9], näher erläutert werden. Die Geldpolitik der EZB muss vorausschauend gestaltet werden, da die geldpolitischen Impulse sich immer erst Quartale oder Jahre später auf das Preis- bzw. Inflationsniveau auswirken[10]. Das bedeutet, dass die EZB keinerlei Einflüsse auf die kurzfristigen Konjunktur- oder Preisschwankungen (z. B. die sehr volatilen Benzinpreise) nehmen kann.

Vor dem Hintergrund der immer wieder auftretenden Turbulenzen an den Finanzmärkten wird oft gefordert, die Geldpolitik der EZB auch auf die Asset-Kurse, wie den Aktienkursen oder Immobilienpreisen, auszuweiten.

2.2.2 Ausweitung der Geldpolitik

Das Ziel einer Ausweitung der Geldpolitik wäre, spekulative Blasen an den Finanzmärkten verhindern zu können. Zwar erscheint diese Betrachtungsweise als attraktiv, da die Asset-Preise und deren Kurse Hinweise auf die Stabilität eines Finanzsystems enthalten. Allerdings erwies sich die frühzeitige Erkennung der spekulativen Blasen als problematisch. Die Identifikation wird erst nach geraumer Zeit möglich. Dies resultiert daraus, dass der Umfang und die Dauer einer Blase stochastische Werte sind und sich daher nicht genau vorhersagen lassen. Eine zu früh gestartete geldpolitische Reaktion einer Zentralbank könnte daher sogar noch zusätzliche Probleme hervorrufen. Es wird eher geraten, vorsichtig auf die möglichen Prognosen der inflationären Entwicklung zu reagieren. Stabilitätsorientierte Zentralbanken können damit den höchstmöglichen Beitrag zur Erreichung der Preisstabilität leisten[11].

Nachdem die Beweggründe für das Handeln der EZB bezüglich der Geldpolitik aufgezeigt wurden, soll im folgenden Abschnitt auf die sogenannten Steuerungsinstrumente eingegangen werden, mithilfe derer die EZB erfolgreiche Geldpolitik betreiben und somit wirksamen Einfluss auf die Wirtschaftsakteure und sekundär auch auf die Privatanleger nehmen kann.

2.3 Die Steuerungsinstrumente der EZB

2.3.1 Offenmarktpolitik

Unter dem Begriff der Offenmarktpolitik wird verstanden, dass die EZB am „offenen“ Kapitalmarkt Wertpapiere an- und verkauft[12]. Mit der Offenmarktpolitik wird direkter Einfluss auf die sich im Wirtschaftskreislauf befindliche Geldmenge genommen[13]. Bei einem Verkauf von Wertpapieren auf dem Geld- und Kapitalmarkt wird dem Wirtschaftskreislauf Liquidität entzogen und umgekehrt[14].

Liquiditätssuchende Geschäftsbanken können in regelmäßigen Abständen Geld von der Zentralbank beschaffen[15]. Offenmarktgeschäfte sind zum Beispiel Repo-Geschäfte, feste Käufe oder Verkäufe, Emissionen von EZB-Schuldverschreibungen etc[16]. Hinsichtlich des direkten Zusammenhangs mit dem Leitzins, und dementsprechend auch der Begrifflichkeit des Niedrigzinses, wird nun explizit auf die Repo-Geschäfte eingegangen.

Der Begriff Repo-Geschäfte ist eine Abkürzung für Repurchase Agreements und wird als eine Geldmarkttransaktion verstanden, bei der besicherte Kredite mit relativ kurzen Laufzeiten seitens der EZB an die Geschäftsbanken ausgegeben werden[17]. Gleichzeitig verpflichtet sich die Geschäftsbank, diesen Betrag innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu einem bestimmten Zinssatz zurückzuzahlen[18]. Dementsprechend wird dieser Zinssatz Repo-Rate genannt[19]. Die Repo-Geschäfte haben einen 14-tägigen Rhythmus und sind das Hauptrefinanzierungsgeschäft der EZB[20].

Bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften kann die EZB zwischen zwei sogenannten Standardtender-Verfahren wählen, zum einen den Mengen- und zum anderen den Zinstender[21].

Bei einem Mengentender gibt die EZB den Zinssatz vor, zu dem sich die Geschäftsbanken das Geld leihen können[22]. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die Geschäftsbanken der EZB in Form von Geboten mitteilen, wie viel Liquidität zu dem einheitlichen Zinssatz benötigt wird. Nach Durchsicht der vorliegenden Gebote und einer Beurteilung der aktuellen Marktlage entscheidet dann die EZB über das Gesamtvolumen der dem Markt zugeführten Liquidität[23].

Beim zweiten Verfahren, dem Zinstender, müssen liquiditätssuchende Banken nicht nur die Geldmenge, sondern auch den Zinssatz nennen, zu dem sie das Repo-Geschäft abschließen wollen[24]. Zuvor wird seitens der EZB der sogenannte Mindestbietungssatz publiziert. Dieser Mindestbietungssatz setzt eine Art Untergrenze fest, welche bei der Abgabe der Gebote nicht unterschritten werden darf[25]. Die EZB selbst entscheidet dann, welches Gebot welcher Bank akzeptiert oder abgelehnt wird. In der Regel ist es so, dass Banken, die einen Zinssatz geboten haben, der deutlich über dem Mindestbietungssatz liegt, auch gute Chancen haben, das Angebot akzeptiert zu bekommen[26]. Wer aber exakt den Mindestzins bietet oder ihn gar unterschreitet, läuft Gefahr, aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen zu werden[27]. Der Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte im Rahmen der Offenmarktpolitik ist der entscheidende europäische Leitzins[28].

2.3.2 Der Leitzins

Der Artikel 12 Absatz I der ESZB-Satzung besagt, dass der EZB-Rat dafür zuständig ist, Leitlinien und Entscheidungen zu erlassen, die zur Wahrung der im EG-Vertrag festgehaltenen Ziele notwendig sind. Zu diesen gehört auch die Festlegung des Leitzinssatzes[29]. Von den Leitzinssätzen sind viele andere Zinssätze auf dem Geld- und Kapitalmarkt abhängig[30]. Mit den oben genannten Standardtender-Verfahren hat sich die EZB ein Instrument geschaffen, die Geldmenge auf dem Markt direkt zu steuern. Dieses hat somit nicht nur Auswirkung auf die Akteure an den Geld- und Kapitalmärkten, sondern auch für Bankkunden. Wird der Leitzins gesenkt, so senken auch die Geschäftsbanken die Zinsen für Kredite und Sparguthaben. Umgekehrt gilt: Wenn der Zins steigt, steigen die Kosten für Kredite, aber auch die Zinsen für die Sparguthaben der Kunden[31].

Die Banken können sich eine beliebige Menge an Liquidität in Form von kurzfristigen Krediten von der EZB leihen. Allerdings muss die Initiative für solch einen kurzfristigen Kredit immer vonseiten der Geschäftsbank ausgehen. Geldpolitische Geschäfte, die durch Initiative der Geschäftsbank zustande kommen, werden ständige Fazilitäten genannt. Diese unterteilen sich in Spitzenrefinanzierungsfazilität und Einlagefazilität[32]. So gelten innerhalb der Eurozone neben dem Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte zwei weitere Zinssätze als Leitzinssätze:[33] Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und der Zinssatz für die Einlagefazilität.

Mit den Zinssätzen für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität wird um den Leitzins, den Zins für das Hauptrefinanzierungsgeschäft, eine Art Zinskanal gebildet. Die Einlagefazilität setzt dabei die Unter- und die Spitzenrefinanzierungsfazilität die Obergrenze. Der Zusammenhang zwischen dem Geldmarkt (Geschäftsbank und Notenbank) und dem Kreditmarkt (Geschäftsbank und Publikum) wird durch die Verbindung zwischen dem Zentralbankgeldbedarf und dem Kreditgeschäft der Geschäftsbanken hergestellt.

2.3.3 Der Geldmarkt

Geld entsteht durch die Vergabe eines Kredits der Zentralbank an die Geschäftsbank. Gleichzeitig wird Geld vernichtet, indem die verliehenen Kredite zurückgezahlt werden[34]. Die Zentralbank ist eine Marktteilnehmerin, welche den Zinssatz setzt, jedoch die Mengenlösung dem Geldmarkt überlassen muss. Die Geschäftsbanken ihrerseits finanzieren mit diesem Geld (plus den Einlagen der Sparer) die Kreditnachfrage, vor allem die des Staates und der Unternehmen. Der Geldmarkt besteht somit zusammengefasst aus Geldausleihungen unter institutionellen Marktteilnehmern mit Laufzeiten bis zu einem Jahr[35]. Damit wird Zentralbankgeld effektiver verteilt und einzelne Banken können sich so zusätzliche Liquidität beschaffen[36].

Neben den Repo-Geschäften und der Finanzierung über Fazilitäten sind zwei weitere Transaktionen auf dem Geldmarkt generell üblich[37]. Dazu zählen hohe Kredite ohne Besicherung als Tages und Termingeld sowie die kurzfristige Geldleihe in Form von Geldmarktpapieren. Unter Tages- und Termingeld werden unbesicherte Kredite mit Laufzeiten von einem Tag bis zu einem Jahr verstanden. Die Banken verzichten üblicherweise auf einen schriftlichen Vertrag und es kommt zu einer mündlichen Vereinbarung. Das Ganze geschieht auf hoher Vertrauensbasis, da bei dieser Art von Geschäften keine Sicherheiten hinterlegt werden[38]. Tagesgeld und Termingeld unterscheiden sich bezüglich des Zeitpunkts, zu dem der geliehene Geldbetrag zurückgezahlt wird. Beim Tagesgeld zum Beispiel wird bei einem sogenannten „Overnight“-Kredit der Geldbetrag über Nacht zurückgezahlt. Es handelt sich also um Transaktionen, die innerhalb eines Tages stattfinden. Transaktionen hingegen, die sich über mehr als einen Tag erstrecken, werden als Termingeld bezeichnet[39].

Bei der kurzfristigen Geldleihe in Form von Geldmarktpapieren bestätigt der Kreditnehmer dem Kreditgeber schriftlich durch die Ausgabe einer Urkunde, einen bestimmten Geldbetrag ausgeliehen zu haben und diesen nach Ablauf einer festgelegten Frist zurückzuzahlen[40].

3. Depotmanagement

Im vorangegangenen Kapitel wurden die Ursachen der Leitzinsen erläutert und gezeigt, welche Beweggründe hinter einer Niedrigzinspolitik stehen. Der Geldmarkt ist das Bindeglied zwischen der EZB und dem Depotmanagement der Privatanleger. Die Veränderungen des Leitzinssatzes führen zur Veränderungen der Kreditlinien innerhalb des Geldmarktes. Um den dadurch entstehenden Mehr- oder Minderaufwand zu kompensieren, verändern die Kreditinstitute auch die Zinsen für ihre Produkte. In einer Niedrigzinsphase sinken somit die Zinsen für Kredite oder Festgeldanlagen. Wenn so Unternehmen an günstigere Kredite gelangen, wird auch mehr investiert. Infolgedessen steigen die Aktienkurse und das Wirtschaftswachstum wird angekurbelt. Der Privatanleger sollte daher immer ein Auge auf die Aktionen der Zentralbanken haben, um gegebenenfalls schnell die Strukturierung seines Depots dem veränderten Umfeld anpassen zu können.

Im Folgenden werden zunächst die Grundbegriffe des Depotmanagements geklärt. Darauf folgend werden mögliche Strategien entwickelt, wie Anleger ihr Kapital in der Niedrigzinsphase sicher und gewinnbringend investieren können.

3.1 Begriffe, Instrumente und Ansätze des Portfolio-Managements

Zunächst soll auf die Begriffe Portfolio und Depot eingegangen werden. Ein Portfolio ist die Gesamtheit aller Asset-Klassen bzw. der Gesamtbestand von Wertpapieren[41]. Ein Depot im weiteren Sinn ist ein Ort zur Aufbewahrung von Gegenständen. Im engeren Sinn und bezogen auf den Geldmarkt ist ein Depot eine Bezeichnung für die bei einer Bank zur Verwaltung und Verwahrung hinterlegten Wertpapiere[42]. Wenn also ein Anleger verschiedene Finanzinsturmente besitzt, so wird die Zusammensetzung dieser Anlagen als Portfolio und der Ort, wo diese Wertpapiergegenstände etc. aufbewahrt werden, als Depot bezeichnet.

3.1.1 Depots

Ein Depot, auch Wertpapierkonto genannt, ist das Konto, über das Wertpapiergeschäfte, wie z. B. Aktienkäufe, abgewickelt werden. Damit ein Anleger sein Vermögen an den Börsen investieren und vermehren kann, benötigt er ein Depot bei einer Bank. Ein Depot sollte grundsätzlich mit langfristiger Perspektive eröffnet werden. Für kurzfristigen Geldbedarf eigenen sich Anlagen in Aktien und andere Finanzinstrumente grundsätzlich nicht.

3.1.2 Depotmanagement

Seit je her versuchen Menschen, ihre Anlagen gewinnbringend anzulegen. Früher geschah dies durch direkte Beteiligungen an Unternehmen oder Käufe von Rohstoffen. Private Haushalte hatten aber wenige Möglichkeiten, sich direkt zu beteiligen. Erst mit dem Aufkommen der Kapitalmärkte vor etwa einem Jahrhundert wurde das Anlegen von Geld auch für private Personen ermöglicht[43]. Private Haushalte sind jedoch auf dem Gebiet der Kapitalmärkte eher unerfahren und verlassen sich daher oft auf Analysen und Empfehlungen anderer.

Im Jahr 1932 machte der Wirtschaftswissenschaftler Alfred Cowles eine Untersuchung bezüglich der Aussagekraft von Anlagevorschlägen der damaligen Aktieninformationsdienste, Analysten etc. In dem Buch „Portfolio-Management“ verweist der Autor Stefan Günther auf die Ergebnisse dieser Untersuchung. Das Resultat war unter anderem, dass damals die Chancen auf eine überdurchschnittliche Performance eines Depots beim Aktienkauf auf Empfehlung von Kapitalmarktexperten genauso hoch waren wie bei einer rein zufälligen Auswahl der Aktien[44].

Erst mit der Veröffentlichung des Artikels „Portfolio-Selection“ von Harry Markowitz im Jahre 1952 wurde die Öffentlichkeit auf dieses Thema aufmerksam.[45] Markowitz war einer der ersten, der erkannte, dass bei Aktienanlagen und deren Bewertung auch immer das Risiko betrachtet werden sollte. Sein Konzept des effizienten Portfolios richtete sich auf die Risiken. Die Kernaussage seiner Theorie ist, dass ein Portfolio, welches aus riskanten Anlagealternativen besteht, gleichzeitig auch als nicht riskant eingestuft werden sollte. Der Grund dafür liegt in der Diversifikation sowie den daraus entstehenden Diversifikationseffekten[46]. Auf diese wird weiter unten im Teil 3.2.4 näher eingegangen.

3.1.3 Portfolio-Management

Wie bereits erwähnt, ist ein Portfolio eine Art imaginäre Zusammenfassung der sich im Besitz einer Person befindlichen Finanzprodukte. Grundlage für die Zusammenstellung eines Portfolios ist ein ausgeprägtes Verständnis hinsichtlich der drei Haupteigenschaften eines Portfolios: Rendite, Sicherheit und Liquidität. Ausschlaggebend ist die Art und Weise, wie die einzelnen Vermögenswerte unter Beachtung dieser drei Kriterien miteinander kombiniert werden sollten, um eine bestmögliche Performance erreichen zu können. Als Performance wird die Wertentwicklung im Rahmen der drei Haupteigenschaften des Portfolios bezeichnet[47]. Das Schlüsselwort hierfür ist die Diversifikation. Diversifikation im Sinne von Markowitz besteht darin, Wertpapiere bzw. Wertpapierklassen gezielt so zu kombinieren, dass eine bestmögliche Portfolio-Strukturierung erreicht werden kann[48]. Der ganze Vorgang wird dann als Asset Allocation bezeichnet.

3.1.4 Asset Allocation

Asset Allocation besteht zum einen aus dem Entscheidungsprozess, der zu einer gezielten Aufteilung der einzelnen Positionen des Portfolios führt, und zum anderen wird damit das eigentliche Ergebnis dieser Entscheidung, die Zusammensetzung des Portfolios beschrieben[49]. Mit der Asset Allocation wird also bestimmt, welche Anlagekategorien und Anlageklassen in einem Portfolio berücksichtigt werden sollten und mit welcher Gewichtung diese zu versehen sind. Es ist zum Beispiel wichtiger, die Höhe des Anteils der Aktienquote in einem Portfolio zu klären, als die Frage, welche konkreten Aktien wann gekauft werden sollten.

Ausschlaggebend für den Erfolg der Verwaltung eines Vermögens ist die Aufteilung des zur Verfügung stehenden Kapitals auf verschiedene Märkte und Währungen. Für die Aufteilung des Kapitals sind Wünsche, Erfahrungen und Präferenzen des Investors von großer Bedeutung, weshalb sie in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden müssen[50]. Die klassische Asset Allocation beruht auf der von Markowitz entwickelten Theorie der Portfolio-Selection[51].

Der gesamte Asset-Allocation-Prozess sollte wie folgt aufgebaut sein[52].

(1) Strategische Asset Allocation (SAA)

Hierbei handelt es sich um die Erfassung aller relevanten Anlegerziele mit langfristiger Perspektive. Hiermit wird sozusagen die Basis für die grundsätzliche Ausrichtung des gesamten Portfolios gelegt. Das Ergebnis ist ein nutzenoptimaler Anlagen-Mix, der dem Depotmanager als Richtschnur für die Umsetzung der gesetzten Ziele dient. Nachdem dieser Planungsprozess vollzogen wurde, stellt sich die Frage, ob das Vermögen dann passiv oder aktiv verwaltet werden sollte. Eine passive Bewirtschaftung verfolgt die so genannte Buy & Hold Strategie[53]. Hierbei handelt es sich um eine langfristige Anlage mit dem Ziel der optimalen Allokation des Depots. Der Depotverwalter versucht dabei, sich im gesamten Anlagezeitraum möglichst exakt an die vorher definierte Anlagepolitik zu halten.

(2) Taktische Asset Allocation (TAA)

Die aktive Vermögensverwaltung orientiert sich an dem täglichen Marktgeschehen. Darum wird sie auch dem Bereich der TAA zugeordnet. Hierbei wird bewusst von dem als optimal gesehenen langfristigen Anlagen-Mix abgewichen, um Mehrerträge erwirtschaften zu können[54]. Das Besondere beim TAA ist außerdem, dass die Depotverwalter, im Gegensatz zu SAA, volle Entscheidungsvollmacht haben, um kurzfristigen Handel betreiben zu können.

Der am häufigsten angewendete Ansatz der TAA ist der Top-Down-Ansatz. Der Grundgedanke hierbei ist, dass durch den Kauf von unterbewerteten Titeln und den Verkauf von überbewerteten Titeln ein Gewinn erwirtschaftet werden sollte. Diese Strategie wird als Market Timing bezeichnet[55]. Die Market-Timing-Strategie beruht auf den Momentumbewegungen. Der Momentumindikator steht für die Kursdynamik. Bei steigenden Kursen befindet sich das Momentum über der Nulllinie und umgekehrt. Anhand des Momentums können mögliche Trends erkannt werden[56]. Das Market-Timing-Modell untersucht die Bewegungen des Momentumindikators und versucht so, die möglichen Bewegungen der Kurse vorherzusagen[57].

(3) Performanceanalyse

Um den Prozess der Asset Allocation abschließen zu können, müssen Analysen durchgeführt werden, die dem Investor die möglichen Entwicklungen der Depots aufzeigen. Die Aufgabe der Performanceanalyse ist somit Messung des Anlageerfolges. Dabei werden die Performance der Depots mit den vorher definierten Zielen verglichen und die Ursachen für die Abweichungen aufgedeckt und beurteilt[58].

3.2 Strategieentwicklung aus Anlegersicht

Um sich überhaupt mit der Frage auseinandersetzen zu können, in welche Vermögensgegenstände investiert werden soll, werden Information bezüglich der finanziellen Situation des Anlegers benötigt. Es sollte eine Art Haushaltsplan aufgestellt werden. Dieser Haushaltplan gibt Aufschluss darüber, wie viel Liquidität wann zur Verfügung stehen muss, um den kurz-, mittel- und langfristigen Liquiditätsbedarf decken zu können. Mithilfe der Veranschaulichung durch das Terrassenmodell wird es möglich, die Vermögensaufteilung auch als Nichtexperte auf die erforderliche Weise vorzunehmen.

[...]


[1] Vgl. Europäische Zentralbank (Hrsg.), 2001, S. 41.

[2] Vgl. Europäische Zentralbank (Hrsg.), 2001, S. 42.

[3] Europäische Zentralbank, 1998.

[4] Europäische Zentralbank (Hrsg.), 2011, S. 69.

[5] Vgl. Europäische Zentralbank (Hrsg.), 2011, S. 70.

[6] Vgl. Junius. et al., 2002, S. 208.

[7] Vgl. Europäische Zentralbank (Hrsg.), 2011, S. 69.

[8] Vgl. Europäische Zentralbank (Hrsg.), 2011, S. 71f.

[9] Vgl. Europäische Zentralbank (Hrsg.), 2011, S. 69.

[10] Vgl. Gerdesmeier, 2011, S. 63.

[11] Vgl. Görgens. et al., 2008, S. 197f.

[12] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 218

[13] Vgl. Beike, Schlütz, 1999, S. 31

[14] Vgl. Beike, Schlütz, 1999, S. 31

[15] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 218.

[16] Vgl. Junius. et al., 2002, S. 99.

[17] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 200.

[18] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 219.

[19] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 219.

[20] Vgl. Junius. et al., 2002, S. 104.

[21] Vgl. Junius. et al., 2002, S. 104.

[22] Vgl. Junius. et al., 2002, S. 106.

[23] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 228.

[24] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 228.

[25] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 228.

[26] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 228.

[27] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 228.

[28] Vgl. Heine, Herr, 2004, S. 69.

[29] Vgl. Protokoll, Artikel 12.

[30] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 235.

[31] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 235.

[32] Vgl. Heine, Herr, 2004, S. 74.

[33] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 241.

[34] Vgl. Issing, 2011, S. 55.

[35] Vgl. Fischer, Finanzmanagementkonzepte1_SS12, Folie 121.

[36] Vgl. Spahn, 2012, S. 19.

[37] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 194.

[38] Vgl. Beike, Schlütz, 2001, S. 193.

[39] Vgl. Becker, Peppmeier, 1992, S. 28.

[40] Vgl. Becker, Peppmeier, 1992, S. 29.

[41] Vgl. Krumnow. et al., 2002, S. 1032.

[42] Vgl. Krumnow. et al., 2002, S. 315.

[43] Vgl. Spremann, 2006, S. 643.

[44] Vgl. Günther. et al., 2012, S. 20.

[45] Vgl. Markowitz, 1970, S. 6, zit. In: Günther. et al., 2012, S. 21.

[46] Vgl. Albrecht, Maurer, 2008, S. 259.

[47] Vgl. Fischer, Finanzmanagementkonzepte1_SS12, Folie 19.

[48] Vgl. Albrecht, Maurer, 2008, S. 259.

[49] Vgl. Spremann, 2008, S. 15.

[50] Vgl. Krumnow. et al., 2002, S. 75.

[51] Vgl. Markowitz, 1970, S. 103, 129, 299.

[52] Vgl. Gügi, 1995, S. 9.

[53] Vgl. Günther. et al., 2012, S. 15f.

[54] Vgl. Günther. et al., 2012, S. 16.

[55] Vgl. Gast, 1998, S. 152.

[56] Vgl. Fischer, Finanzmanagementkonzepte1_SS12, Folie 109.

[57] Vgl. ratgeberGeld.at, S. 1.

[58] Vgl. Kleeberg, Rehkugler, 1998, S. 24.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956846793
ISBN (Paperback)
9783956841798
Dateigröße
811 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, ehem. Fachhochschule Landshut
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,6
Schlagworte
Europäische Zentralbank EZB Anlegerstrategie Anlagestrategie UniCredit Bank AG München Terrassenmodell

Autor

Wladimir Agapejew, B. A., wurde 1985 in Dnepropetrowsk in der Ukraine geboren. Mit 13 Jahren kam er 1993 nach Deutschland. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Landshut schloss er im Jahre 2013 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Schon im Laufe des Studiums sammelte er umfassende praktische Erfahrungen in der Bankenbranche. Nach einem Auslandsaufenthalt an der Anglia Ruskin University in Cambridge kam er nach Deutschland zurück und schrieb diese vorliegende Studie. Die verschiedenen Märkte, Anlagestrategien und der geschichtliche Hintergrund motivierte ihn diese Arbeit zu verfassen, um die Thematik der verschiedenen Arten der deutschen Anleger darstellen zu können.
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