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Stadtentwicklung Moskau: Der Wohnsektor von 1954 bis heute

©2013 Bachelorarbeit 71 Seiten

Zusammenfassung

Die Rede des damaligen Regierungschefs der UdSSR Nikita Sergejewitsch Chruschtschow auf dem nationalen Baukongress im Dezember 1954 sollte für eine Zäsur im Bauwesen sorgen. Weg von unnötigen Schnörkeln, hin zu Produktivität wurde der Grundstein für den einprägsamen Massenbaustil der Sowjetunion gelegt, der bis heute Verwendung findet.
Am Beispiel der florierenden Hauptstadt Russlands, Moskau, wird die Entwicklung ab jenem Datum bis heute gezeigt. Ihre Versuche in den Anfangsphasen, die immer wieder von Rückschlägen gekennzeichnet war und auch einher ging mit der politischen Entwicklung des Landes. Für die einzelnen Phasen des Fortschritts werden Beispiele genannt, deren gesellschaftliche Einflüsse betrachtet und mit der Beschreibung eines aktuellen Projektes wird der Bogen in die heutige Zeit geschlagen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


4. Rede Chruschtschows auf dem Baukongress 1954 und Folgen

«Wir sind nicht gegen Schönheit, wir sind nur gegen sinnlose Dinge!»[1]

N.S. Chruschtschow

Mit diesen Worten kritisiert der neue Kremlherr und gleichfalls oberste Bauherr des Landes, N.S. Chruschtschow, in seiner mehrstündigen Rede unter dem Motto «Höhere Qualität mit weniger Kosten» vor der Nationalen Konferenz der Vertreter des gesamten planenden, organisierenden und ausführenden Bauwesens direkt den Moskauer Chefarchitekten Alexander Wlasow. Ganz und gar sarkastisch berichtet er vom Entwurf des Architekten Sacharow für ein Wohngebäude, an dessen oberen Geschossen Skulpturen angebracht werden sollen: «Das Wohnzimmer mit fünf Wänden und einem Fenster in der Ecke ist unpraktisch, ganz zu schweigen davon, daß die Bewohner dieses Zimmers ein ganzes Leben lang auf den Rücken einer Skulptur zu blicken haben... Gut, daß man solche Häuser nicht gebaut, daß man den Genossen Sacharow von derartigen Kunstwerken abgehalten hat.»[2] Doch steckt hinter dieser persönlichen Kritik weitaus mehr, als es zunächst den Anschein hat.

Der Tod Stalins hinterließ eine politische- und gestalterische Lücke, insbesondere in der Bauweise der Hauptstadt. Dies machte sich, als erster den Mut dazu habend, Chruschtschow zu Nutze. Eingangs erwähnter Wlasow steht stellvertretend für den im Jahre zuvor ver­storbenen politischen Übervater und dessen bevorzugten Baustil. Dieser Baustil bestand aus industriell gefertigtem Stuck und Ornamenten, überladener Detailverliebtheit, Gebäuden mit Spitzen, Türmen und anderen «solcher Überflüssigkeiten».[3] Die Stadt wurde als in sich geschlossener Organismus gesehen. Dagegen wetterte Chruschtschow – nicht minder popu­lis­tisch – verweisend auf die enormen Baukosten der Moskauer Hochhäuser[4] und der «Un­sinnig­keit von Repräsentationsausgaben, solange noch Wohnungsnot herrsche.»[5]

Eine diplomatische Vorgehensweise war dabei vonnöten, da man in der Sowjetunion und speziell in Moskau noch recht stolz war auf die kürzlich erfolgte Neugestaltung der Stadt.[6]

Zudem war die öffentliche Stigmatisierung einzelner Architekten, der Führung der Akademie für Architektur, des Staatskomitees für Bauwesen und des Architektenverbandes – wenn­gleich notwendig für eine Neuorientierung – mit der Gefahr verbunden, in der Öffentlichkeit Erinnerungen an die politischen Methoden des «symbolischen Gewaltakts» der Stalinzeit zu wecken.[7] Einer Zeit, von der Chruschtschow sich deutlich distanzieren wollte. So kam es erst knapp ein Jahr später, anlässlich des zweiten Architektenkongresses, zu einer klaren Aussage contra spätstalinzeitlicher Architektur in der Verordnung Über die Beseitigung der Über ­ mäßigkeit im Planen und Bauen des Zentralkomitees der KPdSU und des Ministerrats der Sowjetunion:

«Durch nichts gerechtfertigte Turmaufbauten, zahlreiche Zierkollonaden, Portici und andere architektonische Verirrungen, die der Vergangenheit entlehnt sind, wurden zu einem Massenphänomen beim Bau von Wohn- und öffentlichen Gebäuden, als deren Folge in den letzten Jahren für den Wohnungsbau die finanziellen Ansätze erheblich überschritten worden sind.»[8]

Kritisiert werden dort ebenfalls Architekten, diese «beschäftigen sich nur mit der Außen­gestaltung der Fassaden und arbeiten nicht an der Verbesserung der inneren Planung und Einrichtung»[9] der Gebäude.

Mit der Machtübernahme Chruschtschows ging wie bereits be­schrieben ein architektonischer Paradigmenwechsel einher. Orien­tiert wurde sich nun an der Moderne – uniformierte Gebäude inmitten einer Stadtlandschaft wurden gefordert und umgesetzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Vorsicht, Verzierungen! 1956

Getreu diesem Motto sollte mit einer weitesgehend kleinen Anzahl von normierten Bauelementen eine möglichst große Vielfalt an Baueinheiten erschaffen werden. «Nicht der Architekt, sondern die wiedererstarkende Schwerindustrie, auf die Chruschtschow sein Hauptaugenmerk legte, sollte nun die Städte bauen.»[10]

Noch zu Lebzeiten Stalins hatte der jetzige oberste Mann im Staat, in seiner Zuständigkeit in der Moskauer Bauverwaltung, von Andrej Burov Versuche mit aufeinandergeschichteten genormten Zementblöcken, der sogenannten Großblockbauweise machen lassen. Anfangs gegen den Widerstand Stalins, der Beton für einen kapitalistischen Baustoff hielt.[11]

Lange Zeit wurde die Explosivität dieser Rede verkannt und ihr keine besondere Bedeutung geschenkt. So schreibt noch 1983 Albrecht Martiny «Der Baukongress selbst ordnete sich in eine Reihe durchaus vergleichbarer Veranstaltungen ein, er war noch keineswegs ein Wende­punkt in der Baupolitik; [...].[12] Laut Peter Knoch hingegen bewertet sie die aktuelle Baugeschichtsforschung im Jahre 2o1o als «eines der wichtigsten Manifeste der modernen Architektur»[13] und zugleich ein «Meilenstein für die im 2o. Jahrhundert typische Debatte zwischen Tradition und Moderne.»[14]

5. Wohnpolitik

Wohnraum = Untermauerung des Herrschaftsanspruches

Wohnraumproblematik und Politik gehen nicht erst seit der im letzten Kapitel behandelten Rede Chruschtschows einher. Bereits 1903 wurde im ersten Parteiprogramm der Sozial­demokratie des Russischen Reiches die Wohnungsfrage aufgegriffen. Worin es hieß, dass nur durch deren Lösung sich freiere Betätigungs- und Wirkungsmöglichkeiten eröffnen, soziale und ökonomische Konflikte besser zur Entfaltung und schließlich zur politischen Lösung kommen würden. Auch nach dem Oktoberumsturz 1917 setzten die an die Macht ge­kommenen Bolschewiki die politische Gestaltung der Wohnungsfrage fort. Orientiert wurde sich dabei an der Grundvorstellung Friedrich Engels’, der im Wohnungsproblem der Arbeiter vor allem eine Frage der Verteilung des Wohnraums gesehen hatte.[15] Wie bereits erwähnt, schwenkte dieser Kurs ab Mitte der zwanziger Jahre um und das Hauptaugenmerk von staatlicher Seite wurde weg vom privaten Wohnungsbau hin zum Industriebau gelenkt, der in den Planungen absolute Priorität hatte - mit fatalen Folgen für die Wohnsituation der Bürger.

Eine Änderung – ich möchte gar von einem radikalen Kurswechsel sprechen – fand mit der Rede des Parteivorsitzenden auf dem Baukongress 1954 statt, wenngleich es bis 1961 dauerte, bis die Wohnungsfrage Eingang in das Parteiprogramm der KPdSU fand:

„Die KPdSU stellt die Aufgabe, das akuteste Problem der Hebung des Wohlstands des Sowjetvolks, das Wohnungsproblem, zu lösen. Im Laufe des ersten Jahrzehnts wird der Wohnraummangel behoben werden. Familien, die noch in überbelegten und schlechten Wohnräumen leben, werden neue Wohnungen erhalten. [...] Im zweiten Jahrzehnt wird die Benutzung der Wohnung für alle Bürger allmählich unentgeltlich.“[16]

Insbesondere das Ziel des zweiten Jahrzehnts ist als utopisch anzusehen, da es die wirt­schaft­lichen Möglichkeiten der Sowjetunion maßlos überschätzte und die Realität außer Acht ließ.[17]

Nichtsdestotrotz verfolgte man weiterhin diesen Plan, insbesondere deswegen, da es sich hierbei um ein sehr geeignetes Instrument zur politischen Selbstdarstellung handelte und einen Themenbereich ansprach, der eine hohe Priorität im Volk besaß. Es entstand somit ein neuer Gesellschaftsvertrag zwischen der Führungsriege um Chruschtschow und der Bevölkerung. „Dieser ungeschriebene Vertrag ließ den Regierenden das Monopol politischer Macht, die Kontrolle über Medien und die Reisefreiheit. Dafür verbesserten sie die Versorgung mit Wohnraum und Konsumgütern und garantierten Vollbeschäftigung sowie ein funktio­nie­rendes soziales Netz.“[18]

Eine besondere Eigenart war, dass „die Sowjetbürger den Erfolg der Wohnungspolitik an Veränderungen gegenüber gestern und vorgestern [messen], weniger an einer Positions­verbesserung im internationalen Vergleich.“[19] Dies kam der Staatsführung dahingehend zugute, dass der Abstand zum internationalen Vergleich so derart groß war, dass man ihn unmöglich hätte egalisieren können und die Forderung danach im Volk für erheblichen Unmut gesorgt hätte.

Eine Analogie, wie sie auch Chruschtschow anstellte, als er mit den – seiner Meinung nach – baupolitischen Verfehlungen der letzten Jahre ins Gericht ging. Er tat dies in einer Art, wie es sich bis dato noch keiner getraut hatte. Zweifelsohne war diese Kritik begründet. Wie bereits erwähnt, war der Mangel an Wohnraum beträchtlich, die Lage in diesem Sektor teils katastrophal und die „politische Führung hatte offensichtlich keine klare Vorstellung von dem starken Problemdruck, der in diesem Bereich bestand; noch weniger konnte von einem ausgeformten Programm die Rede sein.“[20] Diese Situation machte sich Chruschtschow zu Nutze, um über dies hinaus seine politischen Ambitionen zu verwirklichen, eine Klarheit in der politischen Führungsstruktur zu schaffen, welche seit dem Tode Stalins dringlicher denn je war.

Seit Ende November befand er sich inmitten einer Auseinandersetzung mit seinem wichtigs­ten Rivalen, Stalins „Kronprinzen“ Georgi M. Malenkow (1902-1988), dem führen­den Sekre­tär des Zentralkomitees der KPdSU nach dem Tode Stalins und seit März 1953 Vorsitzender des Ministerrats der Sowjetunion und der später „Anti-Partei-Gruppe“ ge­nannten oppositionellen Bewegung, die den gelernten Maschinenschlosser aus dem ukraini­schen Donezbecken 1957 stürzen wollte.

Eine Schwäche Malenkows auf diesem Gebiet ausnutzend, griff er ein populäres Thema mit der Absicht auf, seine eigene Position zu stärken.[21] Seine populistische Art fand nicht nur beim Auditorium Zustimmung, sondern auch beim Zeitungspublikum, „dem solche offenen kritischen Äußerungen in persönlichem Stil völlig ungewohnt und sicherlich sympathisch waren.“[22] Trotz des Ansprechens des bedeutenden Themas Wohnungspolitik, der direkten Kritik an vergangenen Entscheidungen und aktuellen Personen, vermied Chruschtschow es geschickt, sich auf einen politisch heiklen Beschluss wie z.B. ein konkretes Wohnungs­bau­programm festzulegen. In der Betrachtung des politischen Umfelds drängt sich dadurch natürlich der Eindruck auf, dass es ihm – nach seinem Engagement in der Agrarpolitik und der Profilierung als Außenpolitiker auf der Reise nach Peking – nun daran lag, innen- und wirtschaftspolitische Kompetenz zu zeigen.[23] Man kann mit Recht sagen, dass die Wohnungsfrage, sowohl im Kampf um die Macht als Mittel der Herrschaftslegitimation, als auch bei der Neuordnung der Gesellschaft infolge der Abkehr vom Terrorsystem Stalins, eine zentrale Rolle spielte. Wohnraum war das größte politische Kapital Chruschtschows, das Zurverfügungstellen dessen ein Machthebel gegen seine Rivalen und Gegner.[24]

Die Plattenbauten stellen daher eine Metapher dar für den Wandel von Stalin zu Chruschtschow, wie es Monica Rüthers formuliert.[25]

Neben der innenpolitischen Komponente Machtanspruch, Versorgung des Volkes mit Wohnraum, Unterstützung der Industrie und Abkehr von der Vergangenheit, gab es weiterhin eine außenpolitische: der Wettstreit mit dem kapitalistischen Klassenfeind im Westen. Auch dies wird in der Rede von 1954[26] sichtbar, in der Chruschtschow u.a. die Zielsetzung für die nächsten dreißig Jahre der Weltpolitik skizziert. „Diese neue Politik sollte sich in den neuen Strategien des Städtebaus ebenso widerspiegeln wie in den Baunormen der sozialistischen Architektur.“[27] Die Wohnbaupolitik war Teil eines Modernisierungsplans, „der sich an der internationalen Rivalität mit den westlichen, kapitalistischen Ländern orientierte.“[28]

Nicht zu vergessen ist der machtpolitische Aspekt, nämlich die Nutzung von Architektur als propagandistisches Mittel, getreu der Aussage Winston Churchills: „Zuerst formt der Mensch das Gebäude, dann formt das Gebäude den Menschen.“[29]. So sollte unter Stalin die geplante und geschaffene Baukunst dem Stil derer entsprechen, der sie formte und Geschlossenheit, Einheit, Kraft und Größe des Staates vor Augen führen. Der Paradigmenwechsel zu Chruschtschow forderte den „sowjetischen Funktionalismus: möglichst preiswert, möglichst viel Wohnraum und zugleich zementieren der künstlerischen Ausdrucksform einer kulturellen Einheit nach innen.“[30]

In der Folgezeit wurde die eigene Wohnung, unabhängig davon, wie klein sie auch sein mochte, mit modernem Interieur und in einem Neubauviertel gelegen, zum zentralen Symbol des neuen sowjetischen Wohlstands.[31] Eine Politik, die auch von Chruschtschows Nach­folgern fortgesetzt wurde, wenngleich nicht mehr in der radikalen Art und Weise, mit der er wie kein anderer Staatsmann solch großen politischen „Einfluss auf die Bauwirtschaft des Landes ausgeübt“[32]. hatte. Das Prinzip Wohnraum = Untermauerung des Herrschafts­anspruches sollte die kommenden Jahrzehnte weiterhin seine Gültigkeit haben. Ein herausragendes Beispiel hierfür sind die Olympischen Spiele von Moskau 198o, die – wie im Grunde alle Olympischen Spiele – zur Repräsentation genutzt wurden und gewaltige bauliche Maßnahmen bewirkten.

In den 199oer Jahren war das Problem mangelnden Wohnraums weiterhin akut und das Vorantreiben des Ausbaus Bestandteil der Politik. Im Gegensatz zu den bisherigen Massenbauten am Stadtrand wurde nun auch ein Augenmerk auf die Entwicklung des Zentrums gelegt. Ein Grund dafür ist u.a., dass im Bausektor vermehrt private Unternehmen zugelassen wurden und es nicht mehr nur am Staat lag zu bauen. Die Moskauer Politik verfolgte eine Strategie der weiteren Bebauung der Stadtränder, der Hochhaussiedlungen für „normale“ Bürger und gleichzeitig eine Praktik der Renovierung der Innenstadt mit Luxuswohnungen und Geschäfts-/Bürozentren für eine neue Elite.[33] Vom politischen Standpunkt aus rückten nun auch die Renovierung historischer Bauten und der Neubau von Einkaufszentren in den Fokus, vorzugsweise westlichen Standards entsprechend.

Hervorzuheben sind in den 1990ern die intensiven Bauarbeiten zur 85o-Jahr Feier der Stadt und insbesondere der monumentale Neubau der Christ-Erlöser-Kathedrale. Die Abkehr von der eigenständigen Architektur war spätestens zu diesem Zeitpunkt vollzogen. Wenngleich immer noch der Moskauer Stil, auf den ich später noch eingehen werde, gefordert und praktiziert wurde, nutzte man das Bauwesen nicht mehr zu 1oo% als politische Machtdemonstration und Abgrenzung vom Westen.

6. Wohnbau

„Sowjetische Architektur muss in ihrer Form einfach und streng sein.“

Nikita Chruschtschow, 1956

Wie ich in den vorangegangenen Kapiteln bereits beschrieben habe, herrschte in Moskau seit Beginn des industriellen Aufstiegs Mitte des 19. Jahrhunderts ein sich mehr und mehr zuspitzender Mangel an Wohnraum. Zum einen war dies dem massenhaften Zuzug von Landbevölkerung in die Stadt geschuldet, zum anderen der Unfähigkeit der Machthabenden, für Abhilfe zu sorgen. Die Ursachen dafür waren verschieden. Zweifelsohne durchlebte Russland zu Beginn des 2o. Jahrhunderts eine unruhige Zeit der Revolutionen und der beiden Weltkriege, jedoch lagen darin nicht die einzigen Gründe für das Nichtvorhandensein von Unterkünften in ausreichender Zahl. Viel zu lange wurden falsche Prioritäten gesetzt, ein Großteil der Energie in den Ausbau des industriellen Sektors gesteckt oder in repräsentative Bauten, die zwar beeindruckend aussahen und den Herrschaftsanspruch der Regierenden unterstrichen, jedoch mitnichten zur Verbesserung der Wohnsituation des Volkes einen Beitrag leisteten. Hinzu kam die historische Bausubstanz Moskaus, die, wie bereits beschrieben, wenig Flexibilität erlaubt.

Wie erwähnt wagte sich erst Chruschtschow aus verschiedenen Gründen an eine radikale Änderung der bestehenden Verhältnisse. Nach seinem Leitmotiv „Höhere Qualität bei niedrigeren Kosten“ entstand eine neue Form des Bauens, die prägend sein sollte für die damalige Sowjetunion und bis in unsere heutige Zeit. Da es im Verlauf der Geschichte Russlands – vielleicht abgesehen vom Bau St. Peterburgs durch Peter I. – ganz zu schweigen von der jüngsten Zeit, eine solche Revolution in der Baubranche gab, möchte ich diese Dekade genauer betrachten.

Die Ansprüche Chruschtschows an das neue Bauen waren gewaltig. Sie forderten nicht weniger als eine komplette Abkehr von der bisherigen Bausweise mit vielen Schnörkeln und Verzierungen – die eigentliche Funktion der Gebäude trat hinter ihrer äußeren Funktion zurück[34] - und eine neue Art des massenhaften Wohnens auf begrenztem Raum. Zwar kannte man so etwas schon durch die Kommunalki, jedoch war dies auf vergleichsweise geringem Raum. Es wurde jetzt groß gedacht und dank der Nutzung neuester Baustoffe wie Beton (der nun auch politisch korrekt war) öffneten sich völlig neue Möglichkeiten, deren ständige Ausbesserung und Verfeinerung Chruschtschow forderte. Eine Kennzahl für den rasanten Aufschwung der Nutzung dieses Werkstoffes ist bspw. die Anzahl der sogenannten „Betonarbeiter-Monteure“, die innerhalb von fünf Jahren von 196 im Jahre 1954 auf 4572 anstieg,[35] ein eindrucksvoller Beleg für die rasante Entwicklung der Fertigbauweise.

Die offiziellen Vorgaben lauteten, bis September 1956 Pläne für standardisierte Wohnhäuser, Schulen verschiedener Größe, Krankenhäuser, Läden u.ä. zu erstellen, womit das eigens dazu gegründete Zentrale Institut für die Erarbeitung von standardisierten Bauplänen beauftragt wurde.[36] Ausgelegt waren die Wohnbauten ursprünglich auf 2o Jahre, als zeitlich begrenzte Übergangslösung, bis eine qualitativ hochwertigere Lösung „на будущие времена» gefunden werden sollte.[37] Eine Ausgangsidee, wie man sie auch schon bei den Kommunalki hatte – die Resultate ähneln einander sehr.

Der Massenwohnungsbau setzte am Stadtrand ein, nicht im Zentrum. Dies hatte pragmatische Gründe: aufgrund der Wohnungsknappheit herrschte nicht ausreichend Platz für eine Umsiedlung. Von daher gab es zwischen 1953 und 1959 keine größeren Planungen im Zentrum. Die Prioritäten der Planungs- und Bautätigkeiten verlagerten sich mit dem Ziel, Wohnraum für alle zu schaffen, an die Peripherie. Was folgte war die Förderung standardisierter Massenbauweise.[38] Statt Pomp regierte nun Pragmatismus, der öffentliche Raum wurde nicht mehr wie unter Stalin der Macht gewidmet und erhielt keinen sakralen Charakter.[39]

Nachdem um 195o die Wohnfläche pro Kopf mit 4,8 m2 dramatisch niedrig lag, lauteten die neuen Zielvorgaben 9 m2/Person. Dementsprechend waren die gängigsten Modelle wie folgt konzipiert: Eine Zweizimmer-Wohnung hatte eine Grundfläche von ca. 44 m2, woraus sich 27 m2 reinen Wohnraums ergaben, da üblicherweise Küche, Bad und Flur nicht mitgezählt wurden. Vorgesehen war dieses Modell für drei Bewohner, zwei Personen hatten demnach Anrecht auf 18 m2, vier Personen folgerichtig auf 36 m2, um der festgesetzten Zielnorm zu entsprechen.[40]

Die Forschung schritt zügig voran, so dass nach der ersten Generation von Häusern mit Außenwänden aus Backsteinmauerwerk und mit vorgefertigten Elementen für die innere Tragekonstruktion, Treppenhäuser, Zwischendecken und Sanitärzellen[41], rasch zur Großtafelbauweise übergegangen wurde, quasi die Geburtsstunde der sogenannten „Platte“. Des Weiteren wurde durch den Einsatz von standardisierten Designpaketen eine Reduktion der Baukosten um 35-4o% erreicht.[42] Der Fokus lag auf der Serienproduktion, es sollte in kürzester Zeit möglichst viel gebaut werden. Zunächst waren dies drei- bis fünfgeschossige Gebäude, die von der Bevölkerung Chruschtschowki genannt wurden.[43] Die Begrenzung der Geschosszahl hing vor allem mit dem Mangel an Aufzügen zusammen: bis zu dieser Höhe mussten solche nicht eingebaut werden. Erst als ein paar Jahre später diese Unzulänglichkeit behoben, Lifte in ausreichender Zahl geliefert werden konnten und die Konstruktionen verbessert worden war, wurde das Portfolio um acht- bis vierzehnstöckige Einheiten erweitert.[44] Anfangs der 196oer Jahre ging die Entwicklung in großen Schritten voran „Technological innovation and improved building materials accelerated housing construction beyond all previous levels.“[45]

6.1. Mikrorayon

Zu etwa der gleichen Zeit begann ein offizieller Diskurs über „kommunale Wohnformen mit vergesellschafteten Dienstleistungen für reproduktive Arbeiten.“[46] Darunter verstand man die Idee des Mikrorayon, ein Konzept autonomer Wohnstädte, das bereits in den 192oer Jahren von kreativen Köpfen wie Le Corbusier entworfen worden war. In der Theorie war angedacht, dass

„the blocks would serve as totally integrated neighbourhoods, with all social and commercial services available to residents within easy walking distance of individual apartments. The blocks were thought to be a sort of urban garden city in which residents would live, study, and work safely removed from the dangers of congested, dirty, and noisy urban districts of the old industrial city.“[47]

Hier sollte sich alles auf engstem Raum gestaffelt zusammenfinden, angefangen bei Appartements über Krippe, Schule, Läden, Wäscherei und Kantine für 6 ooo – 2o ooo Einwohner.

Das erste seiner Art entstand in Novye Čeremuški – auch „Urmutter aller Plattenbauviertel“ genannt[48] - im Südwesten Moskaus nahe der neuen Universität, wo sich schon in den Jahren 1954-58 die größte Baustelle Moskaus befand, mit dem Ziel einer Stadterweiterung von insgesamt 2oo.ooo Personen.[49] Lange galt der Mikrorayon Kvartal Nr. 9[50] als das Vorzeige- und Experimentalmodell.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Mikrorayon

Das Wohngebiet war als Vorbote der Zukunft geplant, als „Insel des Sozialismus.“[51] Hier wurde große Sorgfalt auf die räumliche Anordnung der rechteckigen Standardbauten gelegt, es wurden innerhalb des Quartiers kohärente und funktionale Zoneneinteilungen geschaffen, proportional sinnvolle Verhältnisse zwischen Gebäudeabständen und deren Höhe, Aussichtspunkte und Raumfluchten sowie visuelle Rahmen.[52] Hervorzuheben ist insbesondere der Ansatz, das hier Wohnungen für ganz normale Familien, nicht für Funktionäre gebaut wurden.[53].

Obgleich das Konzept des Mikrorayon über Jahre für den sowjetischen Städtebau eine pragmatische Basis bildete, wurde die Idee in Gänze, d.h. gestufte Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, nie vollends umgesetzt. Ebenfalls wurde relativ schnell die Monotonie offenbar, „die später typisch für solche Wohngegenden werden sollte.“[54]

6.2 Satellitenstädte

Ein weiterer Versuch, Wohnraum zu schaffen, das Stadtwachstum kon­trollierbar zu machen und gleich­zeitig dem mehr und mehr aufkommenden Verkehrsproblem entgegen zu wirken, waren Satellitenstädte. Diese lagen jenseits des Grüngürtels, der zur Erholung der Bewohner Moskaus angelegt worden war.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 spielende Kinder vor Neubauten, 1957

196o begann man 38km außerhalb von Moskau mit dem Bau der ersten Siedlung dieser Art, Krjukovo, die den Planungen zufolge 65.ooo Menschen fassen sollte. Mit dem Hintergedanken, Arbeitswege zu verkürzen, wurden Industriebetriebe hierher verlegt, um Arbeitsplätze vor Ort zu generieren. Aus einem 1981 in der damaligen DDR erschienenen Fachwerk zum Thema der Siedlungsstruktur in der Sowjetunion möchte ich diesen Grundgedanken noch einmal in der offiziellen Lesart zitieren: „Die Siedlungen in den Umlandgebieten erfüllen Hilfs- und Versorgungsfunktion für die zentrale Stadt. Dabei entspricht das Profil der Industrie und einiger anderer Volkswirtschaftszweige im Umland der Millionenstädte in vielem dem der zentralen Städte.“[55]

6.3 Новый Арбат

Wenngleich der Großteil der Bauvorhaben in der Chruschtschow-Ära die obig beschriebenen Wohnsiedlungen in der Peripherie Moskaus und davon ausgehend im ganzen Land waren, gab es doch vereinzelte Projekte im Zentrum der Hauptstadt. Eines davon möchte ich gesondert erwähnen, die Umgestaltung des Arbat-Viertels. Dieses im Westen der Innenstadt, zwischen Garten- und Boulevard-Ring gelegene Viertel spielt bis heute eine wichtige Rolle in der Geschichte Moskaus, es steht „für die Tradition einer Metropole europäischen Zuschnitts, für ein Moskau, dessen Dichter, Künstler und Kaufleute in engem Verkehr mit Berlin und Paris standen und dennoch ihre eigene Lebensart bewahrten.“[56] Aus der Vorstadt des 14.-16. Jahrhunderts entwickelte sich im Lauf der Jahre bis ins 18. Jahrhundert eine der aristokratischsten Straßen Moskaus.[57] Nachdem das Viertel beim Großen Feuer 1812 völlig verwüstet wurde, baute man es zunächst im Empire Stil wieder auf. Später errichten reiche Kaufleute und Mitglieder des Großbürgertums hier ihre Jugendstilhäuser. Um 19oo wurden große komfortable Mietshäuser erbaut, in denen sich eine solide, bildungsbürgerliche Mittelschicht, sprich Ärzte, Ingenieure und Gymnasiallehrer, niederließ. Ab 1917 wurden diese verstaatlicht und aus den großen Mietwohnungen Kommunalki, Gemeinschaftswohnungen.

Den nächsten Wandel erlebte das Arbat-Viertel durch die Bauten des ersten Fünfjahres-Plans: Für Eliten aus Partei, Wirtschaft und Kultur entstanden in den ruhigen Gassen luxuriöse Wohnblöcke, komfortable Hotels, Schulen und Polikliniken. Unter den Bewohnern war auch der Autor des berühmten, in Moskau spielenden Romans „Der Meister und Margarita“, Michael Bulgakov (1891-194o).[58] Der sogenannte Arbat-Kult hat seine Wurzeln in den späten 5oer Jahren, als die Pläne Chruschtschows publik wurden, das Viertel großflächig umzugestalten und sich Bürgerkomitees bildeten, das „alte Moskau“ zu retten.[59]

Möglich machte dieses Projekt die Fertigstellung des ersten Abschnitts des Generalplans von 1935, der Bau des Kutuzow-Prospektes, der neuen Brücke über die Moskwa und dem Anschluss an den Gartenring. Die 1962 unter dem Arbeitstitel Nowy Arbat begonnene Umgestaltung bestand aus dem Abriss eines großen Teils des alten Arbat-Viertels, durch das von der westlichen Kremlmauer bis zum Hotel Ukraina an der Moskwa-Schleife die Schneise des neuen Kalinin-Prospekts[60] geschlagen wurde und dem Bau von durchgehend über zwanzig Geschosse in den Himmel ragenden Gebäuden. Der Plan Chruschtschows wurde brachial umgesetzt, man ignorierte alte Strukturen und Gebäude und machte dem Mammut-Projekt Platz.

In den fünf 24-geschossigen Türmen der rechten Straßenseite befanden sich jeweils 28o Wohnungen, im Erdgeschoss und in den zweigeschossigen Bauten dazwischen, die die Türme verbanden, waren Läden und Restaurants untergebracht, welche „Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen und des gehobenen Bedarfs“[61] garantieren sollten. Dazu das Kino Oktjabr, dass mit seinen zwei insgesamt 3ooo Zuschauer fassenden Kinosälen das größte Moskaus war. Die Bauweise der Wohntürme war gleich derer an der Peripherie der „kommunistischen Musterstadt.“[62]

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ragten vier 26-geschossige Bürohäuser in den Himmel, in denen zunächst Ministerien beheimatet waren. Die Form der Gebäude sollte an aufgeschlagene Bücher erinnern, die sich zunächst Richtung Kreml richteten, in späteren Plänen bzw. in der Realität gen Gartenring wendeten. Ver­bunden wurden die Hochhausscheiben durch einen über 85o m langen, zweigeschossigen Sockelbau, ebenfalls mit Läden und Restaurants ausgestattet.[63]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6

Chruschtschow 1962 mit einem Modell des Neuen Arbat. Beachtenswert ist auf diesem Foto die Bewusste Inszenierung Chruschtschows: im Gegensatz zu den Umstehenden trägt er einen hellen Anzug, zeigt in Feldherrenpose in ausgestrecktem Arm auf ein Detail des Modells.

Ziel des Projektes Neuer Arbat war in erster Linie, zu beweisen, dass man mit den industriellen Baumethoden nicht nur Wohnungen im Massenstil fertigen konnte, sondern gleichzeitig auch solche zu Repräsentationszwecken.[64] Der Kalinin Prospekt sollte in seiner Formsprache, der vertikalen Architektur, der Materialität und Beleuchtung die aufstrebende Sowjetunion zeigen, die sich zuletzt wegen den Erfolgen der Raumfahrt auf einem Höhenflug sah. Die Fertigstellung 1969 ging über die Amtszeit des 1964 abgesetzten Chruschtschow hinaus, trotzdem gilt der Kalinin Prospekt als Symbol seiner Regierungszeit.[65]

6.4 Späte 6oer Jahre

Die ausgehenden 6oer Jahre, die den Bürgern der Sowjetunion als die Zeit der großen Umsiedlung (bol’šoe pereselenie) in die novostroiki in Erinnerung blieben,[66] verliefen unter dem neuen „Bauherren“ Breschnew weitaus weniger radikal in ihren Entwicklungen. Zwar konnte wie bereits erwähnt das Liftproblem gelöst und dadurch höher gebaut werden – in den 7oern gar bis auf 24 Stockwerke – jedoch beschränkte sich der Fortschritt im Grunde genommen lediglich „auf das Quantifizierbare: größere Zimmer, mehr Geschosse und vor allem die Minimierung der Bauzeit standen im Zentrum der Anstrengungen. ‚In drei Tagen ein Geschoss, in drei Monaten ein Haus’, war die Losung.“[67] Ebenso verhielt es sich mit der technischen Entwicklung, bspw. war[68] die einzige Möglichkeit, die Heizung zu steuern, die Fenster zu öffnen und zu schließen - in Ermangelung von Ventilen zur Regulierung. Man kann davon sprechen, dass das Chruschtschowsche Programm zehn Jahre sehr gut funktionierte, in der Ära Breschnew jedoch stagnierte. U.a. als Folge der schlechten Qualität der Bauten, hervorgerufen durch mangelhaftes Material und nicht ausreichend ausgebildete Fachkräfte, worauf ich im Kapitel Probleme genauer eingehen werde.

Aus diesen Gründen belasse ich es mit der detaillierteren Betrachtung an dieser Stelle, um später in der Entwicklung der 9oer wieder einzusetzen. Allerdings möchte ich es nicht versäumen, noch ein paar Kennzahlen des Chruschtschowschen Wohnraum-Programmes – „perhaps the most ambitious governmental housing program in human history“[69] - zu nennen: In den späten 8oern hatte dieses dazu geführt, dass der durchschnittliche Wohnraum von 4,8 m2 pro Person zu anfangs der 195oer auf 15,8 m2 pro Person angewachsen war. Lediglich 12% lebten unter dem Durchschnitt von vor 3o Jahren und ca. 9o% aller Stadtwohnungen hatten fließendes Wasser, Zentralheizung und WC.[70] Die Zahl der in Großbauweise errichteten Gebäude wurde in der Dekade von 1965-1975 von 25% auf 5o% verdoppelt.[71] Zudem erhöhte sich in der Zeit von 1959-1976 der Bevölkerungsanteil der Großstädte von 49 auf 59%.[72]

7. Probleme

Das Wohnbauprogramm Chruschtschows war wie bereits erläutert äußerst ambitioniert und geradezu revolutionär. Ungeachtet der Erfolge, die zweifelsohne realisiert werden konnten, gab es auch erhebliche Probleme und Rückschläge, auf die ich im folgenden Kapitel genauer eingehen möchte.

Die ersten Unzulänglichkeiten traten bereits gleich zu Beginn des Programms auf. Sie waren nicht ausschließlich technischer Natur - wobei man davon durchaus hätte ausgehen können, handelte es sich bei den zu benutzenden Baumaterialen in der Mehrzahl um für die damalige Zeit neueste Errungenschaften - sondern politischen Ursprungs. Wie ich im Kapitel Wohnpolitik aufzeigen konnte, waren die Maßnahmen zum Bau von Wohnanlagen nicht rein pragmatische, zur Beseitigung des massiven Mangels, sondern teilweise - wenn nicht sogar überwiegend – dem Machtanspruch Chruschtschows auf die Führungsrolle in der Sowjetunion geschuldet. Allem voran hatte seine harsche Kritik an den tonangebenden Architekten „Spannungen in der Zunft“[73] hervorgerufen, was dort zu einer Blockadehaltung gegenüber den Neuerungen führte. Ein Austausch des Personals war mangels Alternativen nicht möglich. Des Weiteren sorgten seine politischen Widersacher, namentlich wären dies Molotow, Malenkow, Kaganowitsch und Schepilow, bis Ende 1957 für stetige Störmanöver, die ein zügiges Beginnen der Arbeiten behinderten.

Nachdem die politischen Scharmützel der späten 5oer im Wesentlichen ausgetragen waren, konnte man sich ganz auf die bautechnischen Probleme „konzentrieren“. Schnell wurde offenkundig, dass diese breit angelegt waren. Angefangen von der Ent- und Weiterentwicklung neuer Werkstoffe, über Unzulänglichkeiten der bereits bestehenden materiellen Voraussetzungen – bekannte Baumaterialien, Transportwesen, Bautechnik inklusive Unterhaltung und Wartung – bis hin zu einer zu geringen Zahl an qualifizierten Facharbeitern, über die man nur in sehr geringer Zahl verfügte. All dies war „keineswegs in einem Zustand, der einen schnellen Übergang zu intensivem Wachstum erlaubt hätte.“[74] Hinzu kamen die Fragen der Zuständigkeiten, der Finanzierung und Planung, familienpolitische und sozialpolitische Leitideen. All dies zeigt die Komplexität des Themas und die besondere Aufgabe, die sich den Organisatoren dieses Projekts entgegenstellte.

[...]


[1] U.a. KNOCH/MEUSER, S. 290.

[2] MARTINY, S. 99.

[3] O-Ton Chruschtschow, u.a. KNOCH/MEUSER, S. 290.

[4] Nach den Worten Chruschtschows entfielen bspw. im Hochaus des Außenministeriums am Smolensker Platz mehr als 1/3 der Gesamtfläche auf Wände und Konstruktion bedingte Teile, die lediglich aus optischen Gründen so gestalteten Wände und Fassaden verursachten zusätzliche Heizkosten von 25o.ooo Rubel p.a. MARTINY, S. 101.

[5] MARX/KARGER, S. 49.

[6] Vgl. ebd..

[7] Vgl. hierzu MARTINY, S. 104.

[8] Vgl. MARX/KARGER, S 49. Auf die Rolle dieser Verfügung im Politischen gehe ich im Kapitel Wohnpolitik genauer ein.

[9] KNOCH/MEUSER, S. 290.

[10] KNOCH/MEUSER, S. 288.

[11] COLTON, Timothy: Moscow. Governing the socialist metropolics. Cambridge, Mass. 1995, S. 354.

[12] MARTINY, S. 104.

[13] KNOCH/MEUSER, S. 288.

[14] Ebd.

[15] Vgl. MARTINY, S. 25.

[16] MARTINY, S. 29.

[17] Vgl. ebd.

[18] RÜTHERS/SCHEIDE, S. 167.

[19] MARTINY, S. 37.

[20] MARTINY, S. 88.

[21] Die verzögerte Veröffentlichung seiner Rede zeigt, dass diese Absicht vermutlich erkannt wurde und auf Widerstand stieß. MARTINY, S. 95.

[22] Ebd. S. 103.

[23] Vgl. ebd. S. 103 ff.

[24] Vgl. RÜTHERS/SCHEIDE, S. 223.

[25] RÜTHERS/SCHEIDE, S. 264.

[26] Sicherlich hat Chruschtschow im Jahre 1954 noch die ein oder andere Rede mehr gehalten, der Einfachheit halber verzichte ich jedoch im weiteren Verlauf auf den Zusatz „Baukongress etc“, der einfacheren Lesbarkeit willen.

[27] KNOCH/MEUSER, S. 288.

[28] RÜTHERS, S. 235.

[29] U.a. wird dieses Zitat auch Albert Schweitzer zugeordnet. Der Rivalität Russland – Westen wegen habe ich hier Churchill genannt.

[30] KNOCH/MEUSER, S. 27.

[31] Vgl. RÜTHERS/SCHEIDE, S. 69.

[32] KNOCH/MEUSER, S. 288.

[33] Vgl. GDANIEC, S. 84.

[34] MARTINY, S. 85.

[35] Ebd. S. 129.

[36] Vgl. ebd. S. 110.

[37] Vgl. LATOUR, Alessandra: Moskva 189o-2ooo. Putevoditelʹ po sovremennoj architekture, Moskau 2oo7, S. 88.

[38] Vgl. RÜTHERS, S. 144.

[39] Vgl. RÜTHERS/SCHEIDE, S. 155.

[40] Vgl. ebd. S. 166.

[41] Vgl. HUBER, Werner: Hauptstadt Moskau. Ein Reiseführer durch das Baugeschehen der russischen Metropole von Stalin über Chruschtschow und Breschnew bis heute, Zürich 1998, S. 195.

[42] BRUMFIELD, William Craft (Hrsg.), RUBLE, Blair A.: Russian housing in the modern age. Design and social history, Washington D.C. 1993, S. 238.

[43] Aufgrund des prekären Zustandes werden diese heute meist „ chruščeby “ genannt – truščeby sind Elendsviertel. HUBER, S. 197. Weitere „Kosenamen“ für die neuen Gebäude waren u.a. korobki (Schachteln) und pjatietažki (Fünfstöcker). RÜTHERS, S. 263.

[44] Vgl. RÜTHERS, S. 225.

[45] BRUMFIELD/RUBLE, S. 242.

[46] RÜTHERS, S. 245.

[47] BRUMFIELD/RUBLE, S. 248.

[48] RÜTHERS/SCHEIDE, S. 165.

[49] Anhand der Beschreibung ist anzunehmen, dass auf diesem Wege der im Eingangszitat erwähnte Martin Hürlimann nach Moskau kam.

[50] Insgesamt gab es die Kvartale 9-15 in denen verschiedene Formen des Wohnbaus, wie z.B. die Kommunenhäuser, ausprobiert wurden. Exemplarisch dafür habe ich die Form des Mikrorayons ausgewählt da eine breite Betrachtung zum einen den Rahmen sprengen würde und zu anderen diese Idee des Bauens bis in die heutige Zeit angewandt wird.

[51] RÜTHERS, S. 276.

[52] Vgl. RÜTHERS/SCHEIDE, S. 169.

[53] Vgl. ebd. S. 165.

[54] RÜTHERS/SCHEIDE, S. 169.

[55] MAZANOVA, Margarita B. (Mitarb.), hrsg. vom Rat zum Studium d. Produktivkräfte beim Staatl. Plankomitee d. UdSSR u. von d. Forschungsleitstelle für Territorialplanung d. Staatl. Plankomm. d. DDR. [Autoren: M. B. Mazanova ... Uebers.: P. Pansa. Wiss. Red.: A. Morgenstern]: Siedlungsstruktur und Urbanisierung. Probleme ihrer planmässigen, proportionalen Gestaltung in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, Gotha/Leipzig 1981, S. 25.

[56] SCHRÖDER, Hans Henning: Die Spiele der Kinder des Arbat, oder: „Wohin schaut eigentlich die Miliz?“, in: Osteuropa 38 (1988) Nr. 1, S. 81-86.

[57] Mittlerweile stand der Name „Arbat“ nicht mehr für das ganze Viertel, sondern nur noch für die Hauptstraße.

[58] Vgl. RÜTHERS, S. 187ff.

[59] SCHRÖDER, S. 81.

[60] Heute ул. Новый Арбат

[61] MARX/KARGER, S. 5o.

[62] Ebd.

[63] Die markant im Stadtbild hervortretenden Hochhäuser nannte der Volksmund schnell zuby Chruščeva – Chruschtschows Zähne.

[64] Vgl. HUBER, S. 105ff & RÜTHERS, S. 211ff & KNOCH/MEUSER, S. 275ff.

[65] HUBER, S. 105.

[66] Vgl. RÜTHERS, S. 278.

[67] HUBER, S. 198.

[68]...und ist es aus eigener Erfahrung noch heute...

[69] BRUMFIELD/RUBLE, S. 234.

[70] Vgl. ebd. S. 232.

[71] Ebd. S. 243.

[72] MAZANOVA, S. 23. Wichtig hierbei zu bemerken ist zweierlei: für Moskau bedeutete das, dass der fehlende Wohnraum nicht nur für die bestehende Einwohnerzahl der Stadt geschaffen werden musste, sondern auch für die Neuhinzugekommenen. Des weiteren galt es für die Baubranche wie in nahezu allen Bereichen: der Trend ging bzw. geht von Moskau aus. Die Art zu bauen kam nicht nur hier zur Anwendung, sonder das Konzept wurde auf die gesamte Sowjetunion übertragen.

[73] MARTINY, S. 113.

[74] MARTINY, S. 115.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956846311
ISBN (Paperback)
9783956841316
Dateigröße
6.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Immobiliensektor Wohnraummangel Stadtgeschichte Moskau Russland Massenbaustil

Autor

Hannes Blank wurde 1983 in Dieburg geboren. Bereits während seines BA-Studiums der Osteuropa-/Ostmitteleuropastudien hielt er sich regelmäßig für mehrere Monate in Russland, insbesondere Moskau auf. Resultierend aus den dort gemachten Erfahrungen und dem Interesse für diese sich ständig mit hoher Geschwindigkeit weiterentwickelnden Metropole entstand seine Abschlussarbeit zum Thema der Stadtentwicklung mit explizitem Bezug auf die Veränderungen bezüglich der Wohnsituation der Moskwiči.
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Titel: Stadtentwicklung Moskau: Der Wohnsektor von 1954 bis heute
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