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Wohnformen für Menschen mit Demenz

©2013 Bachelorarbeit 63 Seiten

Zusammenfassung

Viele Menschen, die nicht mit dem Thema der Demenz vertraut sind, haben die Vorstellung, dass ein dementer Mensch in einem Altenheim lebt. Dass jedoch nicht jedes Altenheim eine spezielle Betreuung von dementen Personen anbietet, ist vielen dabei unklar.
Es ist davon auszugehen, dass die Erkrankten nicht sofort mit der Diagnosestellung ins Heim ziehen. Also muss es noch andere Möglichkeiten des Wohnens für Menschen mit Demenz geben.
Die vorliegende Studie befasst sich mit der Frage, welche Wohnformen für demente Menschen existieren und welche Vor- bzw. Nachteile diese Wohnformen mit sich bringen. Bei der Beantwortung dieser Frage wird im speziellen auf die einzelnen Stadien der Demenz eingegangen, da man keine pauschale Aussage darüber treffen kann, welche Wohnformen für demente Personen zu bevorzugen sind. Vielmehr ist davon auszugehen, dass jedes Stadium der Demenz besondere Anforderungen an die Wohnform stellt. Auf diese Möglichkeiten des Wohnens, mit einer diagnostizierten Demenz, wird hier eingegangen. Zuerst werden die Formen des Wohnens mit Demenz erläutert, bevor genauer auf die Wohnformen in den verschiedenen Stadien der Erkrankung eingegangen wird.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



1 Einleitung
Ä(V VLQG JURH XQG IXUFKWHLQIO|HQGH =DKOHQ GLH GDV 7KHPD 'HPHQ]
beleuchten wie der Blitz den Gewitterhimmel. Fünf Millionen Menschen in
Deutschland haben ein Familienmitglied, das an Alzheimer erkrankt ist.
720000 der 1,3 Millionen Patienten leben zu Hause. Die Sorge für die Kranken
und ihre Angehörigen wird unsere alternde Gesellschaft in den nächsten
Jahren und Jahrzehnen noch intensiver
EHVFKlIWLJHQ DOV KHXWH³
1
Anhand dieses Zitates, aus dem Buch: Demenz. Was wir darüber wissen, wie wir
damit leben, werden zwei Dinge klar. Zum einen, ist das Thema Demenz schon
heute sehr präsent in Deutschland. Laut dem Zitat haben fünf Millionen Deutsche ein
dementes Familienmitglied. Dies bedeutet, dass über sechs Prozent aller Deutschen
direkt von dem Thema betroffen sind. Nehmen wir noch Pflegepersonal und Ärzte
hinzu, welche täglich mit der medizinischen und pflegerischen Versorgung von
dementen Menschen beauftragt sind, erreicht man sicherlich eine Zahl welche die
zehn Prozent überschreiten wird. Der zweite Punkt der aus dem Zitat hervorgeht ist
die Tatsache, dass die Zahl derer die täglich mit dem Thema konfrontiert sein werden
in Zukunft stetig zunehmen wird. In unserer alternden Gesellschaft wird das
Krankheitsbild Demenz immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dieser Punkt lässt sich
mit der demographischen Transformation begründen. Unter demographischer
Transformation ist zu verstehen:
Ä'LH 7KHRULH GHU ÄGHPRJUDSKLVFKHQ 7UDQVIRUPDWLRQ³ V\QRQ\P IU
ÄGHPRJUDSKLVFKHU hEHUJDQJ³ ZXUGH ]XHUVW LQ GHQ ]ZDQ]LJHU -DKUHQ
aufgestellt und entsprechend weiterentwickelt. Sie geht davon aus, dass
Gesellschaften mit geringer wirtschaftlicher und sozialstruktureller Entwicklung
mit zunächst hohen Geburten- und Sterbeziffern bedingt durch
Ä0RGHUQLVLHUXQJ
XQG
,QGXVWULDOLVLHUXQJ³
EHU
HLQH
3KDVH
VWDUNHQ
Bevölkerungswachstums letztendlich zu einer stagnierenden oder
schrumpfenden Bevölkerung mit niedrigen Geburten- und niedrigen
6WHUEH]LIIHUQ JHODQJHQ³
2
Diese beiden Gründe veranlassten den Autor dieser Arbeit sich genauer mit dem
Thema der Demenz zu befassen. Durch die Arbeit in der stationären Altenhilfe erhielt
1
Bruhns/Lakotta/Pieper (2010), S. 11
2
Buser/Schneller/Wildgrube (2007), S. 190
5

der Verfasser dieser Arbeit tiefere Einblicke in die Versorgung von dementen
0HQVFKHQ 1DFK OlQJHUHQ hEHUOHJXQJHQ VWHOOWH VLFK GHP $XWRU GLH )UDJH Ä:DV ZDU
PLW GHQ 0HQVFKHQ EHYRU VLH LP +HLP ZDUHQ³ (V LVW GDYRQ DXV]XJHKHQ GDV die
Bewohner nicht sofort mit der Diagnosestellung ins Heim ziehen. Also muss es noch
andere Möglichkeiten des Wohnens für Menschen mit Demenz geben. Auf diese
Möglichkeiten des Wohnens, mit einer diagnostizierten Demenz, soll im weiteren
Verlauf dieser Arbeit eingegangen werden.
1.1 Fragestellung
Die Absicht des Autors liegt darin, mittels dieser Arbeit der Frage nach zu kommen
welche Wohnformen für demente Menschen existieren. Welche Vor- bzw. Nachteile
bringen diese Wohnformen mit sich. Bei der Beantwortung dieser Frage soll im
speziellen auf die einzelnen Stadien der Demenz eingegangen werden, da der
Verfasser der Überzeugung ist das man keine pauschale Aussage darüber treffen
kann, welche Wohnformen für demente Personen zu bevorzugen sind. Vielmehr geht
er davon aus, dass nicht jede Wohnform sich gleichermaßen für Bewohner in den
einzelnen Stadien der Demenz eignet.
1.2 Überblick
Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über den Verlauf der Arbeit gegeben werden.
Zu Beginn werden, sich wiederholende Begriffe erklärt. Diese Begriffsklärung wurde
auf ein sehr geringes Maß reduziert, da dies nicht den Hauptbestandteil der Arbeit
darstellen soll. Im Anschluss daran, folgt ein Kapitel in dem die verschiedenen
Formen des Erlebens der Erkrankung Demenz dargestellt werden sollen. In Bezug
auf das Thema der Arbeit, Wohnformen für Menschen mit Demenz, ist dieses Kapitel
von großer Bedeutung, denn nicht nur der Betroffene selbst erlebt eine Veränderung
in seiner Lebensweise durch die Erkrankung, vielmehr erleben auch Angehörige und
professionell Pflegende tägliche Veränderungen, welche auf das Krankheitsbild
Demenz zurückzuführen sind. Nachdem die verschiedenen Erlebensweisen
beschrieben wurden, schließt sich ein viertes Kapitel an. In diesem Kapitel soll ein
Überblick über generelle Wohnformen im Alter gegeben werden. Viele Menschen,
welche nicht direkt vom Krankheitsbild der Demenz betroffen sind, sei es als
Erkrankter, Angehöriger oder Pflegender, haben die Vorstellung das ein dementer
Mensch in einem Altenheim lebt. Das jedoch nicht jedes Altenheim eine spezielle
Betreuung von dementen Personen anbietet ist vielen dabei unklar. Ich möchte
6

erzielen, dass verdeutlicht wird, dass die Form des Wohnens mit Demenz nur einen
Teil an Wohnformen für ältere Menschen darstellt. Im fünften Kapitel soll dann
genauer auf die Wohnformen für Menschen mit Demenz eingegangen werden.
Zuerst werden diese Formen des Wohnens mit Demenz nur erläutert, bevor im
sechsten Kapitel genauer auf die Wohnformen in den verschiedenen Stadien der
Erkrankung eingegangen werden soll. Im siebten und letzten Kapitel, soll
abschließend ein Fazit gezogen und die aus dem sechsten Kapitel gewonnenen
Erkenntnisse zusammengefasst werden.
7

2 Begriffsklärung
Der folgende Teil dient der Klärung von Begriffen, welche im Verlauf dieser Arbeit,
vom Autor, wiederholt verwendet werden. Dieser Teil wurde auf ein geringes Maß
reduziert, da davon ausgegangen wurde das die Begrifflichkeiten dem Leser nicht
völlig fremd sind.
2.1 Demenz
Bevor auf Wohnformen für Menschen mit Demenz eingegangen werden kann, soll im
folgenden Abschnitt ein kurzer Überblick über das Krankheitsbild der Demenz
gegeben werden. Dabei beschränkt sich der Autor auf eine Definition, zu erwähnen
sei das es mehrere Definitionen für Demenz gibt. Weiterhin wird kurz eine
Unterteilung der Demenz nach ihren zu Grunde liegenden Ursachen und den Stadien
aufgezeigt.
2.1.1 Definition Demenz
ÄDemenz: organisch bedingter, fortschreitender Verlust geistiger Fähigkeiten.
Komplexes Symptombild eines chronischen Verwirrtheitszustandes mit
Gedächtnis-, Wahrnehmungs- und Denkstörungen, Desorientiertheit,
Persönlichkeits-veränderungen und in der Folge auch körperlichem Abbau.
%HWULIIW Y D 0HQVFKHQ QDFK GHP /HEHQVMDKU³
3
Anhand dieser Definition der Demenz, aus einem Lehrbuch für die
Altenpflegeausbildung, wird deutlich das es sich bei dem Krankheitsbild Demenz um
ein vielschichtiges Zusammentreffen von Symptomen handelt. Die auftretenden
Symptome können unterschiedliche Ursachen haben, anhand dieser Ursachen
unterteilt man die Demenz in vier verschiedene Formen.
2.1.1.1 Demenz bei Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Demenz ist eine nicht reversible Demenz. Geprägt ist diese Form der
Demenz durch Auffälligkeiten im Gehirn wie z.B. Atrophie, Neuritischen Plaques und
Alzheimer-Fibrillen. Ebenfalls wurde im Gehirn von Alzheimer Erkrankten ein Mangel
des Transmitters Acetylcholin festgestellt sowie eine Minderung des
Glukoseverbrauchs und einer verringerten Durchblutung des Hirns.
4
3
Staschull (2003), S.720
4
Vgl. Marwedel (2005), S. 242
8

2.1.1.2 Vaskuläre Demenz
Unter der Gruppe der vaskulären Demenzen werden alle Demenzen
zusammengefasst, welche eine Erkrankung der zerebralen Blutgefäße als Ursache
haben. Infarkte oder Blutungen können hierfür die Ursache sein. Innerhalb dieser
Gruppe können Subtypen klassifiziert werden. Diese Einteilung in Subtypen wird
anhand der Betroffenen Hirnregion vorgenommen.
Da Veränderungen der zerebralen Blutgefäße auch als Ursache einer Alzheimer-
Demenz angesehen werden können, ist umstritten ob die Vaskuläre Demenz
überhaupt als eigenständige Gruppe angesehen werden kann.
5
2.1.1.3 Mischformen
Bei einer Mischform liegen, sowohl die Veränderungen der Alzheimer-Demenz im
Gehirn vor, als auch die Schädigungen an den zerebralen Blutgefäßen. Daraus geht
hervor, dass auch diese Form der Demenz nicht reversibel ist.
6
2.1.1.4 Demenzen bei sonstigen Krankheiten
Zahlreiche weitere zerebrale oder körperliche Veränderungen können zu einer
Demenz führen. Laut ICD-10 werden diese Demenzen, mit völlig unterschiedlichen
Ursachen, zu der gruppe der Demenzen bei sonstigen Krankheiten
zusammengefasst. Ein frühzeitiges Erkennen einer Demenz dieser Gruppe ist von
großer Bedeutung, da bei frühzeitiger Behandlung der zu Grunde liegenden
Erkrankungen die Demenz bei sonstigen Krankheiten reversibel ist.
7
2.1.2 Einteilung in drei Stadien
Der Krankheitsverlauf einer Demenz wird im Allgemeinen in drei Phasen eingeteilt.
Es ist zu beachten dass der Übergang zwischen den einzelnen Phasen nicht klar
abgegrenzt ist. Zeitweise können Besserungen auftreten, diese sind jedoch meist
nicht von langer Dauer.
8
5
Vgl. Marwedel (2005), S. 242
6
Vgl. Marwedel (2005), S. 242
7
Vgl. Marwedel (2005), S. 242
8
Vgl. Gnamm/Köther (2000), S. 516
9

2.1.2.1 Stadium I
Das erste Stadium der Demenz ist durch zunehmendes Auftreten von
Gedächtnisstörungen gekennzeichnet. Das Kurzzeitgedächtnis ist hierbei besonders
betroffen. Das Festhalten von neuen Eindrücken fällt dem Betroffenen zunehmend
schwerer. Durch Fehlleistungen und Unsicherheiten treten erste Schwierigkeiten
beim bewältigen des Alltages auf, z.B. im Straßenverkehr oder beim Zurechtfinden in
unbekannten Umgebungen. Vorhandene Fähigkeiten nehmen ab und gehen
letztendlich ganz verloren. Viele Erkrankte reagieren in dieser Phase mit
Depressionen oder Ängstlichkeit.
9
2.1.2.2 Stadium II
Das zweite Stadium einer Demenz stellt oftmals die längste und schwierigste Zeit für
den Betroffenen und alle anderen Beteiligten dar. Der Gedächtnisverlust schreitet
weiter fort, auch ältere Gedächtnisinhalte gehen nun verloren. Es kommt zum
Auftreten von Sprachstörungen, dies hat zur Folge dass eine Kommunikation häufig
nur noch über die Gefühlseben stattfinden kann. Gewohnte Handlungsabläufe sind
nicht mehr durchführbar. Der Betroffene benötigt zunehmend Hilfe bei der
Verrichtung der alltäglichen Aktivitäten wie z.B. der Körperpflege oder der
Nahrungsaufnahme. Häufig treten in diesem Stadium Unruhezustände, meist in der
Nacht, auf. Neurologische Symptome sind ebenfalls häufig in diesem Stadium. Durch
die auftretende Harn- und Stuhlinkontinenz wird der Betroffene völlig Hilflos.
Dennoch ist der Erkrankte in dieser Phase meist noch nicht bettlägerig.
10
2.1.2.3 Stadium III
Erreicht der Betroffene die dritte Phase der Demenz ist er oftmals nicht mehr in der
Lage nahe Angehörige zu erkennen. Da die motorischen Fähigkeiten fast vollständig
abgebaut sind, ist es dem Erkrankten nicht möglich einfachste Verrichtungen, wie
z.B. das Halten einer Tasse, durchzuführen. In den meisten Fällen sind Patienten im
dritten Stadium der Demenz bettlägerig, dies hat zur Folge dass häufig
Beugekontrakturen auftreten. Der Tod tritt meist durch eine akute Infektion auf.
11
9
Vgl. Gnamm/Köther (2000), S. 516 - 517
10
Vgl. Gnamm/Köther (2000), S. 517
11
Vgl. Gnamm/Köther (2000), S. 518
10

2.2 Pflegerische Konzepte zur Demenzbetreuung
In der Vergangenheit haben sich viele Konzepte für die Betreuung dementer
Menschen herauskristallisiert. Da das Hauptaugenmerk dieser Arbeit nicht darin liegt,
auf die verschiedenen Konzepte näher einzugehen, sollen im nun folgenden
Abschnitt, nur die Konzepte kurz beschrieben werden, welche im weiteren Verlauf
der Arbeit wiederholt genannt werden. Zu erwähnen sei, dass die beschriebenen
Konzepte in einer sehr kurzen Form erläutert werden. Eine genauere Beschreibung
würde den Rahmen der Arbeit zu sehr übersteigen.
2.2.1 Die Milieutherapie
Da für den Begriff der Milieutherapie keine einheitliche Definition besteht, kann sie
bezeichnet werden als:
Ä6DPPHOEHJULII IU 9HUIDKUHQ GLH GDV UlXPOLFKH XQG VR]LDOH 0LOLHX LQQHUKDOE
vorwiegend psychiatrischer Institutionen möglichst krankenhaus-unähnlich und
kommunikationsfördernd zu gestalten Versuchen. Vom Wohncharakter der
Zimmer über Dienstleistungsangebote, Gruppenaktivitäten und Kleidung bis
zur Strukturierung als therapeutische Gemeinschaft reichen die einzelnen als
0LOLHXWKHUDSLH EH]HLFKQHWHQ bQGHUXQJHQ³
12
2.2.1.1 Ursprung der Milieutherapie
Ihren Ursprung hat die Milieutherapie in der psychiatrischen Pflege. Negative Folgen,
wie z.B. der Hospitalismus, wurden auf die Unterbringung und Gestaltung des
Tagesablaufes zurückgeführt. Ursprünglich dienten psychiatrische Einrichtungen
lediglich dem Schutz der Umwelt vor dem Patienten. Nachdem sich jedoch
wiederholt die, zuvor bereits genannten, Folgen einstellten wurde man aufmerksam.
Die Folge war eine umfassende Psychiatriereform. Im Rahmen dieser Reform
orientierte man sich erstmals am ganzheitlichen Menschenbild. Das Einbeziehen des
Patienten in den Genesungsprozess rückte nun in den Vordergrund. Im Jahre 1947
orientierte sich, erstmals Maxwell Jones, am Konzept der therapeutischen
Gemeinschaft. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit, aller am
Genesungsprozess beteiligten Berufsgruppen und der Position des Patienten, wurde
ein Konzept der Milieutherapie entwickelt.
13
Für den Begriff der therapeutischen
12
Graber-Dünow (2003), S. 10
13
Vgl. Hametner (2010), S. 70
11

Gemeinschaft existiert keine einheitliche Definition, dennoch Folgen alle Definitionen
vier wesentlichen Grundprinzipien:
14
Ä $NWLYH 5HKDELOLWDWLRQ VWDWW 9HUZDKUXQJ
2. Demokratisierung (statt Hierarchie)
3.Toleranz (gegenüber abweichendem Verhalten statt festgelegter
Vorstellungen und Erwartungen an Verhaltensweisen)
4. Communalism (= Problemlösungen in partnerschaftlicher Zusammenarbeit
PLW GHQ 3DWLHQWHQ VWDWW HLQVDPHU lU]WOLFKHU (QWVFKHLGXQJHQ³
15
2.2.1.2 Ziel der Milieutherapie
Nach Ursula Lehr, welche bereits 1979 Möglichkeiten milieutherapeutischer
Interventionen in der stationären Altenpflege definierte, hat Milieutherapie das Ziel:
16
Ä'em Patienten zu helfen, früher vorhandene, aber verlorengegangene
Fähigkeiten und Fertigkeiten neu zu entwickeln, sie in einer sicheren
Umgebung auszuprobieren, eine realistische Einschätzung seiner
zwischenmenschlichen Beziehungen zu gewinnen und sein Selbstwertgefühl
zu steigern. Dabei wird die stimulierende Wirkung gemischter Stationen
hervorgehoben (Männer und Frauen auf dem gleichen Flur), die Reaktivierung
durch tägliches Ankleiden, die Schaffung von gemütlichen und praktischen
Sitzgelegenheiten bzw. von Zentren im Flur, die zur Unterhaltung einladen, die
räumliche Ausgestaltung der Institution, die Farbgebung von Wänden, Fluren,
7UHQ 9RUKlQJHQ XVZ³.
17
2.2.2 Die Validation
Naomi Feil, geboren 1932 in München, begründete das Konzept der Validation.
Validieren bedeutet bekräftigen, für gültig erklären oder auch wertschätzen. Beim
Konzept der Validation bemüht sich der Validierende in die Gefühlswelt des zu
Validierenden einzufühlen, seine Erlebnisse sollen Wahrgenommen und als
berechtigt angesehen werden. Nach Feil ist das verwirrte Verhalten, wie z.B. der
14
Graber-Dünow (2003), S. 10
15
Graber-Dünow (2003), S. 10
16
Vgl. Graber-Dünow (2003), S. 11
17
Graber-Dünow (2003), S. 11 - 12
12

Rückzug in die Vergangenheit, nicht nur ein Symptom sondern erfüllt wichtige
Funktionen.
18
Ä 'HVRULHQWLHUWH DOWH 0HQVFKHQ OHEHQ OLHEHU LQ GHU 9HUJDQJHQKHLW ZHLO GLHVH
Zeit für sie bedeutender und angenehmer war, als die von Verlusten geprägte
Gegenwart es ist. So ist es leichter, ein positives Selbstbild
aufrechtzuerhalten.
2. Desorientierte alte Menschen werden sozusagen von unbewältigten
Konflikten eingeholt. Durch den Rückzug in die Vergangenheit versuchen sie,
diese Konflikte aufzuarbeiten. Werden sie dabei nicht verstanden, unterstützt
und validiert, gelangen sie in das letzte Stadium der Desorientiertheit, in dem
sie sich völlig von der Außenwelt abschotten. Dieses Stadium nennt Feil das
6WDGLXP GHV Ä9HUJHVVHQV³³
19
2.2.2.1 Die Zielgruppe der Validation
Personen zwischen dem Alter von 80 bis 100 Jahren werden von Feil als Zielgruppe
der Validation genannt. Diese Einteilung ist jedoch nur ein grobes Richtmaß und
kann von Ausnahmen durchbrochen werden. Zu validierende Menschen führten ein
relativ glückliches und sinnvolles Leben, Lebenskrisen werden jedoch geleugnet.
20
Da Validation weder konfrontieren noch Einsicht vermitteln will, ist diese Methode
nicht geeignet für Menschen die orientiert werden können oder auch wollen.
21
2.2.2.2 Die Grenzen der Validation
Die Methodik der Validation verleitet dazu, nach unbewältigten Konflikten bei
desorientierten Personen zu suchen. Oft werden diese Konflikte als Grund für die
Desorientierung angesehen. Medizinische Aspekte, als Ursache für die Verwirrtheit,
werden dabei vernachlässigt. Validation ist keine Schablone, die auf jeden Menschen
gleichermaßen aufgesetzt werden kann.
22
18
Vgl. Marwedel (2005), S. 216
19
Marwedel (2005), S. 216
20
Vgl. Messer (2009), S. 40
21
Vgl. Marwedel (2005), S. 216
22
Vgl. Messer (2009), S. 71
13

3 Wie Demenz erlebt wird
Demenz ist eine sehr weit reichende Diagnose. Die Auswirkungen dieser Diagnose
spüren nicht nur der Betroffene selbst, auch die Angehörigen spüren deutliche
Veränderungen ihres Alltages durch die Diagnose Demenz. Eine dritte Gruppe, die
durch Demenz in ihrem Leben beeinträchtigt wird, stellt das Pflegepersonal dar. Das
Pflegepersonal sind die Demenzexperten, Angehörige verlassen sich darauf dass
ausgebildete Pflegekräfte wissen wie sie mit einem demenzkranken Menschen
umgehen müssen. Durch diese Erwartungen, die von Angehörigen an das
Pflegepersonal gestellt werden, erlebt das Pflegepersonal Demenz auf eine ganz
andere Art und Weise als die Angehörigen oder auch der Betroffene selbst. Im nun
folgenden Teil soll kurz auf dieses Erleben der Demenz, der jeweiligen
Personengruppen, eingegangen werden.
3.1 Wie der Betroffene Demenz erlebt
Das Erleben einer jeden Person ist einzigartig, dies gilt auch für Menschen die an
Demenz erkrankt sind. Lange Zeit wurde Menschen, welche an einer Demenz
erkrankt sind, keine echte Subjektivität in ihrem Empfinden zugestanden. Ein
ermutigendes Zeichen, der jüngeren Vergangenheit, ist es das Menschen mit
Demenz eine echte Subjektivität zugebilligt wird. Durch dieses Zugeständnis ist ein
beträchtlicher Fortschritt erzielt wurden. Das bereits gewonnene Wissen birgt ein
enormes Potential um die Versorgungspraxis, von dementen Menschen, zu
erweitern.
23
Natürlich ist es nicht möglich genaue Informationen über die Erfahrungen und
Empfindungen dementer Menschen zu erhalten, dennoch können intersubjektive
Schlussfolgerungen gezogen werden.
24
Laut Kitwood gibt es viele Wege um Einsicht
in die subjektive Welt der Demenz zu erlangen. Er ist der Meinung, dass der Zugang
zur Welt des Dementen sich aus Bruchstücken, wie eine Art Collage,
zusammensetzt.
25
Sechs dieser Bruchstücke sind:
Ä - Berichte von Betroffenen, die sie zu Beginn der Demenz geschrieben
haben;
- strukturiertes Zuhören Betroffener in herbeigeführten Situationen;
23
Vgl. Kitwood (2008), S. 107
24
Vgl. Zimmermann (2009), S. 22
25
Vgl. Kitwood (2008), S. 111
14

- aufmerksames Zuhören der Äußerungen im Alltag;
- Beobachtungen von Verhaltensweisen der Betroffenen;
Befragung von Menschen, die eine Krankheit mit ähnlichen Symptomen erlebt
haben;
-
(LQVDW] GHU HLJHQHQ SRHWLVFKHQ 9RUVWHOOXQJVNUDIW³
26
Da jeder Mensch individuelle Erfahrungen im Leben macht und somit seine ganz
persönliche Individualität entwickelt, lassen sich sechs Typen der Persönlichkeit
definieren.
27
Ä- 'HQ Ä$EKlQJLJHQ³ GHU JHUQH +ilfe annimmt und nur widerwillig
Eigeninitiative ergreift;
-
'HQ Ä8QDEKlQJLJHQ³ GHU GHQNW GDVV HU GLH .RQWUROOH KDW XQG VHLQH
Krankheit nicht anerkennen mag;
-
'HQ Ä3DUDQRLGHQ³ GHU VFKQHOO DQNODJW XQG PLVVWUDXW
-
'HQ Ä=ZDQJKDIWHQ³ GHU GHQ 9HUOXVW YRQ Kontrolle und Ordnung fürchtet und
den Selbstzweifel plagen;
-
'HQ Ä+\VWHULVFKHQ³ GHU $XIPHUNVDPNHLW VXFKW
-
'HQ Ä3V\FKRSDWHQ³ GHU VHKU LPSXOVLY LVW XQG VLFK QXU XP VLFK VRUJW³
28
Anhand einer Studie, welche an 132 dementen Personen, durchgeführt wurde fand
Sean Buckland [1995] sechs Hauptgruppen der Persönlichkeit heraus.
29
Ä- ängstlich-passiv (30%),
- stabil-verträglich-routineliebend (28%),
- emotional-sozial-aktiv (26%),
- emotional-zurückgezogen-passiv (8%),
- stabil-extrovertiert-umtriebig (4%),
26
Zimmermann (2009), S. 23
27
Vgl. Zimmermann (2009), S. 23
28
Zimmermann (2009), S. 23
29
Vgl. Kitwood (2008), S. 109
15

-emotional-extrovertiert-
NRQWUROOLHUHQG ³
30
Anhand der zuvor genannten Beschreibungen ist erkennbar wie unterschiedlich die
(UNUDQNXQJ YRQ %HWURIIHQHQ HUOHEW ZLUG 'LH ÄlQJVWOLFK-SDVVLYH³ 3HUVRQ NDQQ PLW GHU
Ä$EKlQJLJHQ³ YHUJOLFKHQ ZHUGHQ (LQH besondere Anfälligkeit für Verzweiflung
zeichnet beide Personengruppen aus. Oftmals werden diese Personengruppen als
vegetierend beschrieben. Auf der einen Seite gibt es Betroffene mit geringer
Krankheitseinsicht, diese sind oft misstrauisch und machen Andere für ihre Krankheit
verantwortlich. Demgegenüber steht die Gruppe der Betroffenen, die sich ihrer
Krankheit bewusst sind. Diese Gruppe ist verhältnismäßig gering, es wird
angenommen dass diese Personen ihre Krankheit in einer gutartigen Weise
erleben.
31
3.2 Wie die Angehörigen Demenz erleben
Die Belastungen, welche von den Angehörigen erlebt werden, richten sich in erster
Linie, nach den Bindungen zwischen dem Erkrankten und dem Angehörigen. Die
größte schmerzhafte Erfahrung ist wohl die Tatsache das die Angehörigen
miterleben wie der Erkrankte, mit fortschreitendem Krankheitsverlauf, immer mehr
Eigenschaften verliert die ihn zu dem gemacht haben was er ist, oder in dem Fall
war. Da der Begriff unheilbar oftmals mit aussichtslos verwechselt wird macht sich
unter den Angehörigen ein Gefühl der Hilflosigkeit breit. Emotionen die von
pflegenden Angehörigen oft angegeben werden sind unter anderem Angst, Scham,
Schuld, Wut oder Ekel. Der Alltag des Angehörigen richtet sich nur noch nach den
Bedürfnissen des Erkrankten, Beruf und Hobbys müssen zurück stecken oder
werden sogar gänzlich aufgegeben. Dieses Zurückfahren der eigenen Bedürfnisse
des Angehörigen dient dazu den Bedürfnissen des Erkrankten nachkommen zu
können. Ebenfalls kommt es zu finanziellen Einbußen, welche nicht nur auf die
Aufgabe der Berufstätigkeit zurückzuführen sind, vielmehr ist die Versorgung eines
demenzkranken Angehörigen, im häuslichen Umfeld, auch mit hohen Kosten
verbunden, welche nur teilweise durch die Kassen übernommen werden.
Schwerwiegende Folgen können z.B. Depressionen bei den versorgenden Personen
sein. Ist der pflegende Angehörige an die Grenzen seiner Belastbarkeit geraten,
bleibt oftmals die nächste logische Schlussfolgerung ein Umzug in eine Einrichtung
30
Kitwood (2008), S. 109 - 110
31
Vgl. Zimmermann (2009), S. 24
16

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Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956846557
ISBN (Paperback)
9783956841552
Dateigröße
766 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
3
Schlagworte
Vaskuläre Demenz Alzheimer ambulante Pflege Seniorenresidenz Kurzzeitpflege
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Titel: Wohnformen für Menschen mit Demenz
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