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Innovation Management Framework: ISO 31000 als Leitlinie zur Strukturierung von Innovationsmanagement

©2012 Masterarbeit 71 Seiten

Zusammenfassung

Die Anzahl der Publikationen zum Thema Innovation und deren Förderung in Organisationen ist in den letzten 20 Jahren beträchtlich gestiegen. Verschiedene Literaturstudien haben die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst und analysiert, mit welchen Mitteln die Innovationsleistung eines Unternehmens verbessert werden kann, und welche Probleme dabei entstehen.
Übereinstimmend münden die Ergebnisse der Literaturanalysen in der Empfehlung, ein Modell (framework) zu entwickeln, das zur Strukturierung von Innovationsmanagement in Unternehmen anwendbar ist.
Im Rahmen der Entwicklung von Best Practice-Managementsystemen wurde die Norm ISO 31000 für Risikomanagement entwickelt, welche die Verknüpfung von verschiedenen Perspektiven auf die Wertschöpfung eines Unternehmens zu einem ganzheitlichen integrierten Wertemanagementsystem ermöglicht. Die Idee liegt nahe, diese Norm als Modell für eine effektive und effiziente Integration von Innovation in das Managementsystem von Unternehmen anzuwenden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.3.4.1 Definition und Abgrenzung

Die Unterscheidungsdimensionen (dimensions of innovation) beschreiben die zwei Perspektiven, aus denen Innovation in der Literatur betrachtet wird:

- Innovation als Entstehungsprozess von neuartigen Produkten, Diensten, Verfahren, etc. (innovation as a process)
- Innovation als Ergebnis (innovation as an outcome), z.B. das Telefon

Innerhalb der Dimensionen dienen weitere Differenzierungsmerkmale zur Abgrenzung.

Für Innovation alsErgebnis:

- Endprodukt (form): Innovation als neue Technologie, Produkt, Prozess, Dienstleistung oder als Geschäftsmodell oder Systeminnovation
- Auswirkung (magnitude): inkrementelles, radikales oder disruptives Vorgehen
- Bezug (referent): Innovation bezogen auf: Unternehmen, Branche, Markt oder Gesellschaft oder politisches System
- Art und Weise (type): Innovation technischer, administrativer oder ideeller Art
- Sichtbarkeit (nature): deutlich sichtbar oder nicht wahrgenommen

Für Innovation als Entstehungsprozess:

- Ebene (level): auf der Ebene von Individuum, Gruppe oder Organisation
- Treiber (driver): ressourcen-, markt- oder technologiegetrieben oder Zufall
- Ausgangspunkt in der Organisation (direction): Top Down oder Bottom Up
- Quelle (source): eigene Erfindung (Forschung und Entwicklung) oder Übernahme und Anpassung einer fremden Erfindung
- Entstehungsort (locus): innerhalb des Unternehmens oder durch Kooperation zwischen verschiedenen Organisationen oder im Netzwerk (open innovation)

2.3.4.2 Einflussfaktoren

Die Erfolgsfaktoren (determinants of innovation) richten den Blick auf die Leistungsmerkmale der Wirksamkeit und der Effizienz des Entstehungsprozesses von Innovation. Aus der Literaturanalyse lassen sich drei Hauptkategorien von Einflussfaktoren auf den Erfolg bzw. Misserfolg von Unternehmen herauslesen, die gleichzeitig als Hebel zur Verbesserung der Innovationsfähigkeit angesetzt werden können:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3.5 Innovationsprozess

Der Weg von der Idee zum Wert ist ein Prozess der Verwandlung. Er beginnt mit der Wahrnehmung eines Anstosses (Push oder Pull), welcher einen Handlungsbedarf weckt. Dieser Bedarf erzeugt eine Idee, die in ein physisches oder virtuelles Produkt verwirklicht und anschliessend profitabel verkauft wird (Bircher, 2005, S. 22). Die Abfolge der Prozessphasen zur Innovation kann, muss aber nicht - linear sein (Böhle, Bürgermeister & Porschen, 2012, S. 57; Ili & Albers, 2010, S. 22). Wie der Begriff der Innovation selbst, wird auch der Prozess von den Autoren in Tab. 1 unterschiedlich gegliedert. Deren jeweilige Strukturierungsmöglichkeiten aus der Literatur sind mit den Innovationsprozessphasen von Prothmann & Dörr (2011, S. 7) in Beziehung gesetzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Aktivitäten in den Projektphasen verschiedener Autoren

Herstatt (1999; S.80) bezeichnet die Ideenphase auch als "frühe Phase" oder als Fuzzy Frontend. Die letzte Phase wird je nach betrachteter Perspektive "Diffusion" (Unternehmen) oder "Adoption" (Kunde) genannt (Meissner, 2011, S. 22).

Der Innovationsprozess wird in der Regel von den betrieblichen Standardprozessen abgegrenzt und wird projektmässig geführt. Innovationsarbeit soll grundsätzlich von der Alltagsarbeit abgegrenzt werden, die keinen Bezug zur Innovation hat, um die Stabilität der nach Leistungseffektivität und Kosteneffizienz optimierten Betriebsprozesse nicht zu stören (Böhle, Bürgermeister & Porschen, 2011, S. 49; Hauschildt & Salomo, 2011, S. 46).

2.3.6 Innovationsfähigkeit

Ein Verbesserungspotenzial für das IM sehen Spath, Linder, & Seidenstricker (2011, S. 199-221) in der allgemeinen Fähigkeit eines Unternehmens, Innovationen zeitnah zu entwickeln und am Markt zu platzieren. Die Menge der Erfolgsfaktoren haben sie in neun Gestaltungsfelder zusammengefasst (vgl. Abb. 4): Innovationskultur, Strategie, Technologie, Markt, Produkt und Dienstleistung, Prozess, Struktur und Netzwerk, Kompetenz und Wissen, Projektmanagement.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Neun Gestaltungsfelder (Spath, Linder, and Seidenstricker, 2011, S. 199)

Die strategische Planung der Innovationstätigkeit eines Unternehmens beginnt mit der Identifikation und der Bewertung der eigenen Innovationsfähigkeit, in der sie mithilfe eines Audits die unternehmensspezifische Ausprägung der neun Gestaltungsfelder aufnehmen.

Die Ergebnisse des Innovationsaudits werden in der InnovationCard (das ist eine Balanced Scorecard auf Basis der neun Gestaltungsfelder) festgehalten und anhand eines Reifegradmodells interpretiert, so dass davon abgeleitet Verbesserungsempfehlungen ausgearbeitet werden können.

Die InnovationCard dient darüber hinaus zum Innovationscontrolling und zur langfristigen Steuerung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Innovationsbewertung & -controlling (analog Spath, Linder, & Seidenstricker, 2011, S. 203)

3 Hypothese und Voraussetzungen

Hypothese:

Die ISO 31000 für Risikomanagement eignet sich auch als Modell für Innovationsmanagement

Voraussetzung:

Innovationsmanagement ist das Management von Wagnis.

Risiko und Chance, die zwei Sichtweisen auf den Oberbegriff WAGNIS, können nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Während Chance die mögliche (wahrscheinliche) positive Seite von Innovation (up-side) darstellt, bedeutet Risiko einen möglichen (wahrscheinlichen) Wertverlust (down-side) als Folge wirtschaftlichen Handelns (Meier, 2011, S. 22).

Jakobi (2011) formuliert mit dem RiCh-Konzept: Managing Risks and Chances ein Modell zum Management von Innovationen, in dem beide Aspekte von Wagnis komplementär und nicht unabhängig voneinander betrachtet werden.

Der Internationale Standard ISO 31000:2009 (ISO 31000) stellt für das Risikomanagement eine Empfehlungsnorm zur Verfügung, die auf jede Art von Risiko anwendbar ist – sei es mit Werteverlust verbunden oder Wertegewinn - und impliziert damit seine Anwendbarkeit auch auf jede Art von Chance.

Methode:

Die ISO 31000 wird analysiert, inwieweit sie sich als Konzept für ein Innovationsmanagementsystem eignet, indem die Grundsätze (principles), der Rahmen (framework) und der Prozess (process) der ISO 31000 mit den in der Literatur beschriebenen Theorien und Praktiken des Innovationsmanagement auf Übereinstimmung geprüft werden.

Dazu fasse ich den englischen Normtext zusammen und stelle ihn zu Beginn jeden Kapitels in deutscher Übersetzung an den Anfang der Argumentation. Um den zusammengefassten und übersetzten Normtext von der Analyse abzugrenzen, wird er in Kursivschrift dargestellt.

Im Anschluss werden Aussagen aus der Literatur zum jeweiligen Absatz angeführt, um Abweichungen vom Verständnis des Normtextes herauszuarbeiten. Am Ende der Analyse werden die Ergebnisse zusammengefasst und bewertet.

Begründung: Obwohl Meier (2011) bereits eine sinngemässe Übersetzung vorgenommen hat, die ich als Basis der Zusammenfassung übernehmen könnte, bevorzuge ich den Weg, zuerst das Verständnis des Originaltextes herzustellen, den ich auf die relevanten Aussage reduziere, und erst anschliessend in die deutsche Sprache sinngemäss übersetze. Damit vermeide ich eine unbewusste Übernahme von allfälligen Interpretationen im deutschen Text. Das Risiko einer Bedeutungsverzerrung kann ich so besser einschätzen.

Zusätzlich prüfe ich die die eigene deutsche Zusammenfassung auf Konsistenz mit der Darstellung von Meier (2011) in deutscher Sprache.

4 Analyse und Ergebnisse

4.1 Überprüfung der Voraussetzungen für die Hypothese

Werte sind Vorstellungen über Eigenschaften (Merkmale, Attribute, Qualitäten), die Dingen, Ideen oder Beziehungen zugeordnet werden. Werte beschreiben also das Wie etwas / jemand ist oder – normativ gesehen – sein soll, in der subjektiven Wahrnehmung des Betrachters. Ein zugemessener Wert (value) ist immer an ein Interesse (stake) gebunden, die Interessensträger (stakeholder) sind Menschen - Individuen, Gruppen oder Gesellschaften. Der Wirtschaftsethiker Bernd Noll (2002, S. 9) sieht in Werten das dokumentiert, was ein Individuum, eine Gruppe oder eine Gesellschaft als wünschenswert ansehe (Noll, 2002, S.9).

Im Sinne der Unternehmensführung unterscheidet Meier (2011, S. 73) zwischen bilanzierbaren (tangibel: finanziell und materiell) und nicht-bilanzierbaren Werten (intangibel: immateriell) und gibt Beispiele für grundlegende Unternehmenswerte an:

- Finanziell: Umsatz, Gewinn
- Materiell im Sinne von Ressourcen: Inventar, Produkte
- Immateriell im Sinne von Potenzialen: Qualität, Rechte, Interessen, Beziehungen, Strukturen, Wissen, Information, Motivation, Kompetenz, Orientierung, Verhalten

Ziele (objectives) beziehen sich in der ISO 31000 auf die Vorstellung von konkreten zukünftigen Werten einer Organisation. Dabei bezieht sich die Gesamtheit aller möglichen Werte der Organisation, die in einem Wertesystem miteinander verknüpft sind. Ein Zielsystem ist demzufolge die Projektion des Wertesystems in die Zukunft.

Die zeitliche Projektion in die Zukunft ist mit Unsicherheit (Ungewissheit) verbunden, da die Ergebnisse nicht nur durch die von Zielen gesteuerten Massnahmen bestimmt werden, sondern auch durch ungeplante, unvorhergesehene Ereignisse und Einflüsse, deren Folgen die Ergebnisse ausprägen - als positive oder negative Abweichungen von den Zielen.

Risiko wird im alltäglichen Sprachgebrauch die als Möglichkeit verstanden, dass ein Schaden auftritt (Gottschalk-Mazouz, 2002, S. 485-491). Die Möglichkeit ist mathematisch als Wahrscheinlichkeit mit einer Zahl > 0 UND < 1 dargestellt ( Null (0) bedeutet Unmöglichkeit, Eins (1) absolute Sicherheit). Im Falle, dass die Wirkung (z.B. ein Schaden) quantifizierbar ist, kann das Risiko eines Ereignisses oder eines geplanten Ergebnisses (Ziels) mathematisch berechnet werden als Schadenshöhe x Eintrittswahrscheinlichkeit.

Der Internationale Standard ISO 31000 definiert Risiko allgemein als Wirkung von Unsicherheit auf Ziele (effect of uncertainty on objectives) (ISO, 2009, S. 1, Terms and definitions).

Chance: Das Steinbeis Institut für Risikomanagement bezeichnet Risiko in diesem Sinne als den möglichen Werteverlust als "Folge der möglichen / wahrscheinlichen Zielverfehlung" und leitet daraus die Definition von Chance als den "möglichen Wertegewinn als Folge der möglichen / wahrscheinlichen Zielerreichung" ab. (Meier, 2011, S. 22). Gottschalk-Mazouz (2002, S. 485-491) spricht vom spekulativen Risiko, wenn neben dem reinen Risiko auch Chancen berücksichtigt werden. Als rational gilt Handeln (Wirtschaften) dann, wenn die erwarteten Gewinne mit den wahrscheinlichen Verlusten mindestens gleichwertig sind.

Wagnis: Beide Aspekten von WagnisRisiko und Chance - zeichnen sich durch einen hohen Grad von Unsicherheit aus, beide sind mit dem Faktor Zeit, der zeitlichen Projektion in die Zukunft, verbunden. Die im Verlauf eingetretenen Ergebnisse werden nicht nur durch steuernde Massnahmen bestimmt, sondern auch durch ungeplante, unvorhergesehene Ereignisse und Einflüsse, deren Folgen im Ergebnis positive oder negative Abweichungen von den Zielen ausprägen.

Innovation: Es gibt viele und teils divergierende Definitionen zu Innovation. Gemeinsam ist allen, dass es sich um etwas Neuartiges handelt. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bedeutet dies, dass der Erfolg in der Unsicherheit der zeitlichen Dimension Zukunft liegt. Dadurch existieren noch keine Erfahrungen (Wissensbasis) im Herstellungs- und Vermarktungsprozess. Auch die Methoden zur Beurteilung und zum Umgang mit dem unbekannten Neuen sind rational noch wenig erfasst und damit emotional besetzt.

Müller-Prothmann & Dörr (2011, S. 7) behaupten, dass Innovationen erst entstehen, wenn Ideen in neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren umgesetzt werden und eine Wertsteigerung erzielen. Die Transformation von Idee in Wert ist aus der Perspektive des wirtschaftlichen Handelns immer mit Wagnis verbunden.

Innovationsmanagement: Management allgemein umfasst die Leitung von Unternehmen in personen- und sachbezogener Hinsicht, die Koordination des Einsatzes von Personal, Potenzial und Ressourcen zur Wertschöpfung. Managen als Aktivität folgt dem systematischen Ausüben von Management als Prozess, dem Regelkreis (P-D-C-A-Zyklus) aus Planung, Durchführung, Kontrolle und Steuerung aller Aktivitäten, die zur Erreichung der Unternehmensziele dienen. Über die Regelgrösse, der regelmässig gemessenen Abweichung vom Ziel, wird das Managementsystem kontinuierlich verbessert (Meier, 2011, S. 70-73; Spath, Linder & Seidenstricker, 2011, S. 25-27).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Definition Managementprozess nach Meier (2011, S. 82)

Meier (2011, S. 82) wendet den Managementprozess in Abb. 6 - als systematische Steuerung des Wertemanagementprozesses über die gemessene Abweichung (Regelgrösse) vom geplanten Ziel (Führungsgrösse) - auf das Management von Risiko an. Für Müller-Prothmann & Dörr (2011, S.12) liegt die wesentliche Aufgabe im Management von Innovation auch in die Planung, Durchführung und Steuerung.

In Anlehnung an das systemtheoretische Verständnis von Management nach Bleicher (2011, S. 18), Mitbegründer des St. Galler Modell zum Integrierten Management, kann Innovationsmanagement als systematische und proaktive Gestaltung und Lenkung von Prozessen auf allen Organisationsebenen Ebenen (normativ, strategisch und operationell) interpretiert werden, mit dem Ziel, aus neuen Ideen, deren Umsetzung und Diffusion in sozialen Systemen, zu Wert zu schöpfen.

Die Sichtweise des Integrierten Management stellt in ähnlicher Weise wie Meier (2011, S. 77) dar, dass Qualität und Risiko lediglich verschiedene Perspektiven auf den Wertschöpfungsprozess darstellen. Während Qualität auf das Ergebnis der Wertschöpfung gerichtet ist (Konformität mit den Anforderungen aus der Kundenperspektive), fokussiert Risiko die Ungewissheit als Wesensmerkmal des Ziels. Meier (2011, S. 86) sieht Chance auch als die komplementäre Sicht zu Risiko. Demnach formuliert er den Ansatz zur Integration aller Management-Normen mit Sichtweisen auf die Wertschöpfung, wie z.B. ISO 9001 (Qualität), 31000 (Risiko), 14001 (Umwelt), BS 18001 (Gesundheit & Arbeitsschutz), EFQM-Modell (business excellence model), u.a.. Es gehe nicht darum, die einzelnen normierten Managementsysteme in aller Perfektion jeweils für sich zu betreiben, sondern die einzelnen Prozesse dieser Systeme mit dem Wertschöpfungsprozess zu verknüpfen (Meier, 2011, S. 79).

In diesem Sinne könnte man die ISO 31000 als Integrationsnorm betrachten, in der auch das Innovationsmanagement seinen Platz als Perspektive auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation findet.

4.2 Grundsätze (principles)

Die Grundsätze (principles) der ISO 31000:2009 sind Empfehlungen an die Organisation (Leitlinien) für ein wirksames RM, mit denen die Organisation auf allen Ebenen übereinstimmen sollte (Meier, 2011, S.45).

4.2.1 Wert (value)

RM trägt zur nachweislichen Zielerreichung und Leistungsverbesserung in verschieden Bereichen der Organisation bei, z.B. im Gesundheits- und Arbeitsschutz, Sicherheit und Compliance, Akzeptanz, Umweltschutz, Produktqualität, Projektmanagement, Betriebseffizienz, Governance, Compliance, Image, in der Akzeptanz der Öffentlichkeit.

(Hauschildt & Salomo, 2011, S. 31) interpretieren Innovation als eine Neuerung, die grundsätzlich mit einer nachhaltigen Steigerung des Wertes des Unternehmens verbunden ist. Während er sich dabei aus betriebswirtschaftlicher Sicht auf finanzielle Werte bezieht, z.B. erzielten Gewinn oder bewirkte Kostensenkung, verweisen Müller-Prothmann & Dörr (2011, S. 7) auf eine erfolgreiche Marktdurchsetzung, um die Unternehmensposition im Wettbewerb nachhaltig zu sichern oder zu verbessern. Der Wertbegriff ist nach Meier (2011, S. 2) nicht nur auf finanzielle Werte beschränkt, sondern fasst auch materielle (Ressourcen) und nicht-materielle (Potenziale) in einem ganzheitlichen Wertesystem zusammen. Die ISO 31000 führt Beispiele für Werte an, wie z.B. Gesundheits- und Arbeitsschutz, Umweltschutz, Produktqualität, Image, und andere. Innovation kann analog zu Qualität, Risiko oder Umwelt auch als eine der Perspektiven auf die Wertschöpfung angesehen werden, die aus der Verkettung von Idee, Invention und Diffusion entsteht.

4.2.2 integraler Bestandteil der Unternehmensprozesse

RM kann nicht getrennt von den Kernprozessen des Unternehmens betrachtet werden, sondern ist Teil der Führungsverantwortung und soll in alle Unternehmensprozessen integriert werden, ebenso in die Strategische Planung und in alle Projekt- und Veränderungsmanagement Prozesse.

Der Grundsatz wird in Kap. 4.3 ausführlich erläutert, daher wird auf eine Beschreibung an dieser Stelle verzichtet.

4.2.3 Teil der Entscheidungsfindung (decision making)

RM hilft Entscheidungsträgern, informierte Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und Alternativen zu unterscheiden.

Jede unternehmerische Entscheidung ist im Hinblick auf das Wagnis für die Wettbewerbsstellung der Organisation zu prüfen. Die Betrachtung des Risikos und der Chance einer Entscheidung erhöht deren Komplexität durch Ungewissheit als Folge der Projektion in die der Zukunft. Aus der führungsbezogenen Sichtweise traditioneller theoretischer Leitlinien heben Hauschildt & Salomo (2011, S. 34) hervor, dass der Innovationsprozess ein Entscheidungsprozess sei für komplexe, neuartige Probleme im Rahmen der unternehmerischen Aktivitäten. Dabei zwinge die Komplexität zu einem strukturierten, nachvollziehbaren, auf Wissen basierenden Entscheidungsprozess, der auch den Vergleich von Alternativen und die Regelung von Konflikten einbezieht, z.B. im Spannungsfeld von Wissen und Wahrnehmung oder von Verteilung und Macht.

4.2.4 Ungewissheit (uncertainty)

RM berücksichtigt ausdrücklich Unsicherheit (Ungewissheit), ihr Wesen und die Art und Weise, wie mit dieser umgegangen werden soll.

Eine Innovation kann erst als solche bezeichnet werden, wenn sie in der Zukunft erfolgreich ist. Was wirklich eine Innovation sei - so Hauschildt & Salomo (2011, S. 22-23) - stelle sich erst nach Abschluss eines konkreten Innovationsprozesses heraus. Böhle, Bürgermeister & Porschen (2012, S. 3) begründen die Ungewissheit mit der Vielzahl von intangiblen Einflussfaktoren und Wirkungszusammenhängen, die sich schwer ex ante erfassen lassen. Die Ungewissheit definiert das erreichte Ergebnis als Erfolg (Wertgewinn durch verwirklichte Chance) oder als Misserfolg (Wertverlust durch eingetretenes Risiko) und stellt damit die Analogie zwischen Innovations- und Risikomanagement her. Im RiCH-Framework erläutert Jakobi (in Druck, S. 20-25), dass die Steuerung von Risiken und die Überwindung von Hemmnissen im Transformationsprozess von der Idee zum Markteintritt den Grossteil der Management Ressourcen in Anspruch nehmen kann.

Meissner (2011, S. 12-14) sieht in der systemtheoretischen Auseinandersetzung mit Innovation eine Möglichkeit, mit dem Phänomen Ungewissheit angemessen umzugehen. Die folgenden Merkmale des Innovationssystems führt er dazu als Gründe an:

- Abhängigkeit vom situativen Kontext des Unternehmens (die vielfältigen Ausprägungskombinationen erhöhen die Komplexität),
- Komplexität durch Mangel an Wissen über die Wirkungszusammenhänge,
- Unsteuerbarkeit von Organisationen, deren Verhalten als soziale Systeme nicht steuerbar wie eine Maschine sondern nur begrenzt beeinflussbar sind,
- Systemverhalten eines Unternehmens, dass durch Auftreten von unvorhersehbar Neuem (Emergenz) und Selbstbezüglichkeit geprägt ist.

Spath, Linder & Seidenstricker (2011, S. 157) schliessen sich der Empfehlung Meissners an, der Ungewissheit im Innovationsprozess aus interdisziplinärer Sicht zu begegnen und zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Einflussdimensionen und Abhängigkeiten in jeweils individuellen Kontexten innerhalb komplexer vielschichtiger Netzwerkstrukturen wirken. Sie raten davon ab, Innovationen monokausal ergründen zu wollen, die vielmehr einem lebenden Organismus gleichen als funktionale Maschine.

In der Ungewissheit erkennen Böhle, Bürgermeister & Porschen (2012, S. 7-8) ein strukturelles Merkmal von Innovation, vergleichbar der ISO-Norm, die Risiko als die Wirkung von Ungewissheit auf Ziele definiert (Meier, 2011, S. 30).

Um Innovationen zu fördern, sei es daher notwendig, Ungewissheit anzuerkennen und sie nicht als Defizit zu sehen, das es zu beseitigen gilt, sondern als Potenzial zur bewussten Stimulierung von Innovation (Böhle, Bürgermeister & Porschen, 2012, S. 7-8).

Das Innovationsmanagement (IM) werde sich seiner Möglichkeiten und Grenzen in der konkreten Organisation allmählich bewusst.

Auch Gassmann und Kobe (2006, S. 18) beobachten den Trend der Innovationsforschung vom Determinismus zur Wahrscheinlichkeitsbetrachtung, um der Ungewissheit handhabbar zu werden.

4.2.5 systematisch (systematic, structured, timely)

Ein systematisches, zeitgerechtes und strukturiertes Vorgehen trägt zur Effizienz und zu konsistenten, vergleichbaren und verlässlichen Ergebnissen bei.

Die Aufgabe von IM sei, so meinen Spath, Linder & Seidenstricker (2011, S. 23):

- die bewusste Gestaltung und Führung des Innovationssystems eines Unternehmens, und
- die Strukturierung der Innovationsaktivitäten, um die Unternehmensziele zu erreichen.

Gassmann & Sutter (2011, S. 1-21) wenden auf das IM das Konzept des Integrierten Management an, das auf allen Organisationebenen ausgestaltet werden soll - normativ, strategisch und operativ. In der systematischen Unterstützung des Innovationsprozesses liege der eigentliche Zweck des IM (Müller-Prothmann & Dörr, 2011, S. 11).

Eine Übersicht von Methoden und Hilfsmitteln zur Unterstützung des Prozesses von der Idee bis zu den Lessons Learned stellen Crossan & Apaydin (2010, S. 11678) im Rahmen ihrer umfangreichen Literaturauswertung zusammen.

Im Gegensatz dazu warnen Böhle, Bürgermeister & Porschen (2012, S. 1-8) vor der Gefahr, dass ein Bestreben zur weitmöglichen Planung und Steuerung Innovationen eher behindere als fördere. Notwendig sei ein anderes Management, das Raum für Ideen auf der Grundlage von Komplexitätssteigerung durch Ungewissheit schaffe.

Hauschildt & Salomo (2011, S.VII) möchten auf bewährte Management Instrumente aber nicht verzichten. Sie stellen sich vor, solche für den Innovationsprozess zu modifizieren oder zu ergänzen.

Meissner (2011, S. 45-57), der wie Böhle, Bürgermeister & Porschen (2012, S. 1-8) einer generellen Plan- und Steuerbarkeit von Innovationsaktivitäten widerspricht, räumt aber ein, dass der Versuch zur Strukturierung sinnvoll sei.

4.2.6 die best-verfügbaren Information

In diesem Grundsatz nimmt die ISO-Norm Bezug auf die Vielfalt von Informationsquellen, z.B. historische Daten, Erfahrung, Stakeholder Feedback, Beobachtung, Prognosen, Expertenbeurteilung. Von den Entscheidungsträgern wird erwartet, dass sie die vorhandene Informationsqualität durch kritisches Hinterfragen von Daten und Auswertungsmodellen oder uneinheitlichen Expertenaussagen hinterfragen.

Die Vielfalt und die Qualität von Information ist gleichsam für das Risiko- und das Innovationsmanagement relevant, z.B. formalisiertes und informellen Wissen aus verschiedenartigen Quellen, kombiniert mit Frühwarnsystemen, Sensoren und Indikatoren.

In ihrer Literaturanalyse weisen Crossan & Apaydin (2010, 1172) auf die Bedeutung von Information und Wissen sowie Wissenstransfer für die Entstehung von Innovationen hin, ebenso auf einen guten Draht zu Kunden. Das im Unternehmen vorhandene Wissen und die Kompetenz, dieses in zielgerichtete Handlungen umzusetzen, sind ein wesentliches Potenzial für neue Ideen und deren Verwertung geworden (Spath, Linder, and Seidenstricker 2011, S. 16). Insbesondere wirke sich die Generierung und Integration von interdisziplinären Wissensbereichen positiv auf die Innovationsfähigkeit aus (Spath, Linder, and Seidenstricker 2011, S. 156).

Auch Jakobi (in Druck, S. 25-30) empfiehlt die systematische Suche nach Informationsquellen über das Unternehmensumfeld hinaus in die Grenzbereiche auszudehnen. Beispielsweise ist bei Kunden, Partnern und Wettbewerbern in einer Lieferkette (supply chain), eine Fülle von Innovationsansätzen zu finden. Wirksame Kommunikationsstrukturen sollen den Wissensaustausch über alle Organisationsebenen hinweg gewährleisten.

Franken & Franken (2011, S. 25) skizzieren ein integratives Konzept, das Innovations- und Wissensmanagement mit Organisationalem Lernen verzahnt, um die gegenseitigen Beeinflussungen und Abhängigkeiten der Disziplinen untereinander stärker hervorzuheben. Das Konzept berücksichtigt sowohl die technische Entwicklung als auch die neuesten Erkenntnisse aus den Kognitionswissenschaften. In den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, welche Wirtschaft und Alltag zunehmend digitalisieren, erkennt er die Treiber der Dynamik für Innovationen, speziell in der:

- Gestaltung der Beziehungen zwischen der realen und der virtuellen Welt durch die Informations- und Kommunikationstechnologie,
- zunehmenden Vernetzung und Kommunikation zwischen Wissenswelten und
- Verbesserung der Intelligenz in der Informationsverarbeitung.

Zusätzlich erweitern wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Psychologie und kognitiven Neurobiologie die Gestaltungsräume der menschlichen der Wissensverarbeitung und die Kreativität in Veränderungsprozessen (Peters & Ghadiri, S. 23-56).

4.2.7 angepasst (tailored)

RM ist auf den internen und externen Unternehmenskontext sowie auf das jeweilige Risikoprofil abgestimmt.

Das IM-System eines Unternehmens wird auf den speziellen Kontext der Organisation zugeschnitten und in die Gesamtstrategie des Unternehmens integriert. Allgemeine Einflussfaktoren müssen auf die Relevanz im jeweiligen Einzelfall geprüft werden.

Die Innovationsforschung hat sich die Aufgabe gestellt, verallgemeinerbare Einflussfaktoren auf den Erfolg und den Misserfolg von Innovation zu identifizieren. Aus Sicht eines Unternehmens aber sind solche allmeinen Aussagen oft unbrauchbar, wenn sie für die eigene Organisation gerade nicht zutreffen. Spath, Linder & Seidenstricker (2011, S. 157) betonen, dass die genaue Analyse einer potenziellen Innovation notwendig sei, weil es aufgrund der verschiedensten Einflussdimensionen und Abhängigkeiten in jeweils Organisations- und situationsspezifischen Kontexten keine Patentrezepte gebe.

Die situativen Begrenzungen in einem Unternehmen können den individuellen Gestaltungspielraum für das IM der Organisation stark einschränken, meinen auch Hauschildt & Salomo (2011, S. 41-45).

Der erste Schritt der Organisation zu einem wirksamen IM ist die Festlegung eines eigenen Innovationsverständnisses, der die eigene Unternehmensstrategie, die Ziele und Prozesse an die vorhandenen Potenziale und Ressourcen und an den Typus der angestrebten Innovation anpasst. Das betrifft vor allem die Strukturgebung des IM-System, z.B. welche Art von Innovationen im Fokus stehen, wer darüber entscheidet, wie vorzugehen ist, welche Methoden, Instrumente, Verfahren unterstützend eingesetzt werden können (Hauschildt & Salomo, 2011, S. 22). Ähnlich nähern sich andere Autoren über die W-Fragen (Wer,Was,Wie, etc.) an die Herausarbeitung eines auf die Organisation zugeschnittenen IM-Systems an (Crossan & Apaydin, 2010; Eveleens, 2010; Gopalakrishnan, Kessler & Scillitoe, 2010; Morris, 2011).

Aus systemtheoretischer Sicht unterstreicht auch Meissner (2011, S. 11-12) die Abhängigkeit vom spezifischen Kontext einer Organisation wegen der grundsätzlichen Komplexität, der Selbstbezüglichkeit und Unsteuerbarkeit von sozialen Systemen.

4.2.8 Mensch und Kultur (human factors)

RM erkennt die Fähigkeiten, Wahrnehmungen und Interessen von Menschen innerhalb und ausserhalb der Organisation, welche die Zielerreichung positiv oder negativ beeinflussen können.

Die Kultur der Organisation, so betont Meissner (2011, S.98) sei das Substrat, auf dem Innovationen gedeihen. Sie ist der wichtigste fördernde oder hemmende Einfluss für den Innovationserfolg. Die Innovationskultur wirke sich auf alle Teilaspekte des IM aus: die Innovationsstrategie, den Prozess, die Struktur und das Innovationsverhalten müsse zur Kultur passen. Sie drückt sich in den Werten, Normen, Ansichten und Symbolen einer Organisation aus.

Crossan & Apaydin (2010; S. 1172) unterscheiden in der Literaturanalyse fördernde und hemmende Einflussfaktoren auf den Ebenen Individuum, Gruppe und Führung heraus. Wie sich Mitarbeitende vom Innovationshindernis zu Innovationsmotoren entwickeln können, beschreiben Stern & Jaberg (2007, S. 20-97) anhand von den vier Grundmustern: Antrieb, Führung, Unternehmenskultur und dem Spannungsfeld aus Kunde, Wettbewerb und dem eigenen Unternehmen.

In der Literatur gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, wie die weichen Faktoren (Mensch & Kultur) adressiert werden können (vgl. Übersicht aus der Literatur in Tab. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Einflussfaktoren auf die Innovationskultur

Es dürfe nicht vernachlässigt werden, dass schliesslich der Mensch die Quelle der Innovation sei (Gassmann & Kobe, 2006, S. 3-24). Gerade in Widerständen sehen Hauschildt & Salomo (2011, 95-118) ein Wesensmerkmal der Innovation. Sie beschreiben Auslöser und Wirkungen von Widerstand und beleuchten eingehend Argumente, Verhalten sowie die Eigendynamik in der Entwicklung von Widerständen. Offensichtlich müssen die Fähigkeiten, die Bereitschaft und Legitimation der Mitarbeitenden gegeben sein, damit die Mitarbeitenden am Innovationsprozess aktiv teilnehmen können. Der Dreiklang aus Wissen, Wollen und Können bildet heute die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg, damit ist Wissen zu einem neuen Rohstoff geworden (Spath, Linder & Seidenstricker , 2011, S. 16).

4.2.9 transparent (transparent & inclusive)

Die angemessene und zeitgerechte Einbeziehung von Stakeholdern und Entscheidungsträgern auf allen Ebenen der Organisation gewährleistet, dass RM relevant und aktuell bleibt. Damit wird sichergestellt, dass die Stakeholder-Interessen und ihre Sicht bei der Definition der Risikokriterien berücksichtigt werden.

Die aktive Teilnahme der Stakeholder ist notwendig, um einerseits ihre Interessen abzuholen und andererseits ihren Einfluss auf die Innovationsentscheidungen zu gewährleisten. So können Missverständnisse frühzeitig aufgedeckt und Konflikte gelöst werden, bevor sich Widerstände manifestieren. (Hauschildt & Salomo, 2011, 99). Darüber hinaus sind die Stakeholder eine wichtige Informationsquelle für die Wahrnehmung von Stimmungen und Absichten. Ihre Rolle als Promotoren von Innovation kann nur ausgefüllt werden, wenn sie frühzeitig an der Bildung der Vision, der Ziele und Innovationsstrategie beteiligt werden.

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Details

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Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2012
ISBN (PDF)
9783956849350
ISBN (Paperback)
9783956844355
Dateigröße
3.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fernfachhochschule Schweiz
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Innovation Management Innovationsmanagement Risikomanagement Managementsysteme Integriertes Management
Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing
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