Corporate Social Responsibility: Unternehmerische Philanthropie oder nachhaltige Unternehmensstrategie?
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2.1 Historische Entwicklung
Die freiwillige Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen lässt sich bis in das antike Griechenland zurückverfolgen. Damals spendeten griechische Unternehmen aus philanthropischen Motiven, Geld und Nahrung an bedürftige Menschen (vgl. Loew et al., 2004, S. 18).
Der konkrete Begriff CSR stammt aus dem angloamerikanischen Raum der 50er. Er wurde erstmalig durch Howard R. Bowen im Jahr 1953 geprägt. In seiner Publikation „Social Responsibilities of the Businessmen“ fiel zum ersten Mal der Begriff Corporate Social Responsibility. Aus diesem Grund wird Bowen als der „Vater“ von CSR bezeichnet (vgl. Carroll, 1999, S. 270). In der Praxis haben die ersten Unternehmer wie Henry Ford, Andrew Carnegie oder George Cadbury bereits Ende des 19. Jahrhunderts durch Gesundheitsprogramme für ihre Mitarbeiter oder das Bereitstellen von Wohnungen für Arbeiter, gesellschaftliche Verantwortung übernommen (vgl. Bassen et al., 2005, S. 231). Ab den 1950er Jahren war CSR Gegenstand einer enormen Anzahl von Publikationen und kontroversen Diskussionen. Während CSR anfangs aus einer ethisch-moralischen Verantwortung entstand, so wird es heute aus der Perspektive der betrieblich orientierten Verantwortung betrachtet (vgl. Schmitt, 2005, S.7). Carroll (1999, S. 291f.) beschreibt die Evolution des CSR Konzepts in der Literatur. In den 1960er und 70er Jahren wurden zunächst theoretische Konzepte und Modelle entwickelt. Ab den 1980er Jahren lag der Fokus der Forschung mehr auf der praktischen Umsetzung von CSR. Zudem wurde CSR operationalisiert, indem sich die Forschung der Entwicklung von Messansätzen widmete und den Einfluss von CSR auf den Unternehmenserfolg untersuchte. In den 1990er wurde der Trend zur Operationalisierung fortgeführt, gleichzeitig entstanden weitere Begriffe und Konzepte wie z.B. Corporate Citizenship oder Sustainable Development, die auch das Thema der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen aufgreifen (vgl. Abb. 1).
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Abbildung 1: Die Entwicklung des CSR Konzepts und angrenzender Begriffe
Quelle: Mohan, 2003, S. 74
Diese auf dem CSR Grundgedanken aufbauenden Konzeptbegriffe weisen starke inhaltliche Überschneidungen mit CSR auf und werden zudem in der Literatur unterschiedlich definiert (vgl. Carroll, 1999, S. 292). Aus diesem Grund werden in Kapitel 2.3 einige dieser Begriffe erörtert und anschließend voneinander abgegrenzt.
2.2 Definitionen und Konzepte
2.2.1 CSR nach Carroll
Die Arbeiten von Archie B. Carroll gehören zu den wichtigsten und am meisten anerkannten der modernen CSR-Forschung (vgl. Loew et al., 2004, S. 21). Carroll definiert die unternehmerische Verantwortung wie folgt:
“The social responsibility of business encompasses the economic, legal, ethical, and discretionary expectations that society has of organizations at a given point in time“ (Carroll, 1979, S. 500)
Um die unternehmerische Verantwortung in ihrer Gesamtheit zu erfassen unterteilt Carroll (1991, S. 40) diese in vier zentrale Dimensionen und stellt sie in einer Verantwortungspyramide dar (vgl. Abb. 2). Nach Carroll erfassen diese Dimensionen das komplette Ausmaß von CSR.
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Abbildung 2: Die Verantwortungspyramide nach Carroll
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Carroll, 1991, S. 42
Die erste Dimension beinhaltet die ökonomische Verantwortung eines Unternehmens. Historisch gesehen wurden Unternehmen in erster Linie gegründet um nachgefragte Produkte und Dienstleistungen zu erstellen und diese gewinnbringend zu verkaufen. Der Profit stellt die zentrale Motivation eines Unternehmens dar. Dabei besteht die ökonomische Verantwortung beispielsweise aus der Maximierung der Aktienrendite, der Sicherung einer starken Wettbewerbsposition oder der Erreichung einer hohen Produktivität. Diese Dimension ist fundamental für die weiteren Verpflichtungen eines Unternehmens. Sie ist die Basis für die rechtliche, ethische sowie philanthropische Verantwortung. Ohne die Erfüllung der wirtschaftlichen Verantwortung kann sich ein Unternehmen nicht den weiteren Verpflichtungen widmen. (vgl. Carroll, 1991, S. 40 f.; Koscher, 2007, S. 9)
Die rechtliche Verantwortung stellt die zweite Stufe der Verantwortungspyramide dar. Die ökonomische Verantwortung muss innerhalb des gesetzlichen Rahmens erfüllt werden. Gesetze und Regelungen von Seiten des Staates oder regionalen Instanzen sind von Außen vorgegebene und geforderte Spielregeln, welche den Unternehmen den Handlungsspielraum bei der Verfolgung der Profitmaximierung aufzeigen. Dabei sind Gesetze, im Gegensatz zu den ethischen Grundsätzen, schriftlich festgehaltene, kodifizierte, ethische Normen. Die Nichtbeachtung dieser Gesetze führt zu Sanktionen durch den Gesetzgeber. (vgl. Carroll, 1991, S. 41; Promberger/Spiess, 2006, S. 9)
Die nächste Dimension beschreibt die ethische Verantwortung eines Unternehmens. Im Gegensatz zu der rechtlichen Verantwortung ist die ethische Verantwortung nicht in Gesetzen niedergeschrieben. Diese wird durch die nicht kodifizierten Werte und Normen einer Gesellschaft definiert. Durch die Werte und Normen entwickelt die Gesellschaft Erwartungen an ein Unternehmen. Konsumenten, Arbeitnehmer oder Kapitalgeber können so entscheiden, ob ein Unternehmen sich bei seinem Gewinnstreben fair verhält. Das außer Acht lassen der gesellschaftlichen Normen bei der Verfolgung von unternehmerischen Zielen, kann nicht durch den Gesetzgeber sanktioniert werden, jedoch kann solch ein Verhalten durch die Gesellschaft bestraft werden. Dies kann sich beispielsweise in Form von Boykotten seitens der Verbraucher äußern. (vgl. Carroll, 1991, S. 41; Promberger/Spiess, 2006, S. 9)
Die letzte Dimension der Verantwortungspyramide von Carroll ist die philanthropische Verantwortung von Unternehmen. Diese Dimension kann durch die Wünsche einer Gesellschaft in Hinblick auf ein Unternehmen definiert werden. Die Gesellschaft wünscht sich von einem Unternehmen, dass es sich wie ein guter Corporate Citizen verhält (vgl. 2.3). Dies beinhaltet beispielsweise freiwillige Aktivitäten in den Gemeinden oder Spenden für karitative Zwecke. Der Hauptunterschied zu der ethischen Verantwortung ist die Tatsache, dass bei Nichterfüllung dieser Wünsche ein Unternehmen nicht als unethisch betrachtet wird und keine Sanktionen durch die Gesellschaft befürchten muss (vgl. Carroll, 1991, S. 42; Loew et al., 2004, S. 21).
Diese Dimensionen der unternehmerischen Verantwortung dürfen nicht als separate Einheiten verstanden werden. Sie sind voneinander abhängig und bilden gemeinsam das CSR-Konzept. Ein Unternehmen, das seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden will, muss folglich die unterschiedlichen Verantwortungen simultan erfüllen (vgl. Carroll, 1991, S. 43).
2.2.2 CSR nach Wood
Die Arbeit von Donna J. Wood stellt eine Weiterentwicklung des CSR Konzepts von Carroll dar (vgl. Carroll, 1999, S. 289). Wood verwendet den Begriff Corporate Social Performance und definiert diesen folgendermaßen:
“CSP as a business organization's configuration of principles of social responsibility, processes of social responsiveness, and policies, programs, and observable outcomes as they relate to the firm's societal relationships” (Wood, 1991, S. 693)
Die CSP beschreibt die soziale Performance eines Unternehmens, also das Ausmaß, in dem sich ein Unternehmen gesellschaftlich verantwortlich verhält (vgl. Koscher, 2007, S. 11).
Woods Definition umschließt die Prinzipien/Motive der gesellschaftlichen Verantwortung, die Prozesse der Umsetzung sowie, die damit verbundenen möglichen Ergebnisse der CSP (vgl. Tabelle 1). Im Folgenden wird das CSP- Konzept von Woods näher erläutert.
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Tabelle 1: Das CSP Konzept nach Wood
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wood, 1991, S. 694
Die Prinzipien oder Motive der gesellschaftlichen Verantwortung sind die fundamentalen Werte und Normen einer Gesellschaft. Diese Werte und Normen stellen die zentralen Handlungsmotive der Menschen dar. Ein Unternehmen steht als wirtschaftliche Institution in ständiger Interaktion mit der Gesellschaft. Die Gesellschaft verleiht dem Unternehmen seine Legitimität ( Institutional principal: legitimacy). Ein Unternehmen, das seine gesellschaftliche Legitimität verliert muss mit Sanktionen rechnen, beispielsweise seitens der Verbraucher, Mitarbeiter oder Eigenkapitalgeber (vgl. Davis, 1973, S. 314). Zudem ist ein Unternehmen nur für die Sachverhalte verantwortlich, die unmittelbar zu seinem Betätigungsfeld gehören (Organizational principle: public responsibility). So können Unternehmen nicht für Probleme verantwortlich gemacht werden, die sie nicht verursacht haben. Ein Fahrzeughersteller kann beispielsweise für die Sicherheit seiner Fahrzeuge oder die Luftverschmutzung durch seine Fahrzeuge belangt werden (vgl. Wood, 1991, S. 698). Die konkrete Wahl von Maßnahmen um der gesellschaftlichen Verantwortung als Unternehmen gerecht zu werden wird durch die, hinter einem Unternehmen stehenden Manager, getroffen (Individual principle: managerial discretion). Die Manager eines Unternehmens sollten soziale und ökologische Aspekte in ihren Entscheidungen beachten, die Unternehmenspolitik auf die CSR-Thematik ausrichten und glaubhaft nach Außen kommunizieren um sich so dauerhaft die gesellschaftliche Legitimität zu sichern (vgl. Promberger/Spiess, 2006, S. 12).
Die Processes of corporate social responsiveness beschreiben die Art und Weise wie die gesellschaftlichen Erwartungen und Forderungen in einem Unternehmen aufgegriffen werden (vgl. Wood, 1991, 703). Das Environmental assessment ist ein Konzept zur Bewertung der Innen- und Außenwelt eines Unternehmens. Die Innenwelt bezeichnet die unternehmensspezifischen Strukturen. Die Außenwelt lässt durch drei Strukturen beschreiben. Die Wirtschaft mit der Problematik der Güterknappheit. Die Gesellschaft, die das Zusammenleben der Menschen regelt sowie das Ökosystem, als der Lebensraum in dem Wirtschaft und Gesellschaft eingebettet sind (vgl. Thommen, 2003, S. 20). Das Stakeholdermanagement bezeichnet den Ausgleich der Interessen von verschiedenen Anspruchsgruppen des Unternehmens (vgl. Kap. 3). Diese sind von den Handlungen des Unternehmens betroffen und können aber auch gleichzeitig enormen Einfluss auf das Unternehmen ausüben (vgl. Promberger/Spiess, 2006, S. 14 f.). Als letzter Teil der Processes of corporate social responsiveness ist das Issue management zu nennen. Dieses kann als problemorientiertes Analyseverfahren beschrieben werden, das dazu dient interne und externe Prozesse des Unternehmens zu beleuchten um so schnellstmöglich gesellschaftliche Anforderungen und Probleme zu erkennen und zu lösen (vgl. Wood, 1991, 706).
Bei den Ergebnissen eines gesellschaftlich verantwortungsvollen Handelns von Unternehmen (Outcomes of corporate behaviour) unterscheidet Wood (1991, S. 708) zwischen drei Arten. Zum einen den Social impacts, also dem Eindruck, den die Unternehmen hinsichtlich der Wahrnehmung von gesellschaftlicher Verantwortung hinterlassen. Des Weiteren beschreibt Wood die Social programs, diese können als die Unternehmensprogramme zur Umsetzung von gesellschaftlicher Verantwortung charakterisiert werden. Als letztes Ergebnis sind die Social policies zu nennen. Dabei wird die Unternehmenspolitik weitreichend auf die gesellschaftlichen Belange ausgerichtet. Die Social policies sind dabei das wünschenswerteste Ergebnis, da sie die nachhaltigste Form der Wahrnehmung von gesellschaftlicher Verantwortung darstellen (vgl. Wood, 1991, S. 708 f.).
Obwohl die CSR Konzepte von Archie B. Carroll und Donna J. Wood Meilensteine in der Entwicklung des CSR-Konzepts im angloamerikanischen Raum darstellen, ist in Deutschland und der EU ein anderes CSR-Konzept verbreitet. Dieses ist Gegenstand des nächsten Abschnitts.
2.2.3 CSR in Deutschland und der EU
Die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von CSR in Deutschland und der EU wurden maßgeblich durch das Grünbuch der Europäischen Kommission geprägt (vgl. Schmitt, 2005, S. 8; Pies et al., 2009, S. 318; Zink et al., 2005, S. 2). Das im Jahr 2001 erschienene Grünbuch: „Promoting a European Framework for Corporate Social Responsibility“ wurde noch im gleichen Jahr in eine deutsche Fassung mit dem Titel: Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung von Unternehmen“ übersetzt. Hier zeigt sich eine Schwäche in der Übersetzung. Das Wort „social“ wurde mit dem deutschen Wort „sozial“ übersetzt. Die richtige Übersetzung des Wortes „social“ wäre aber „gesellschaftlich“ gewesen. Dies zeigt auch die europäische Definition von CSR. Hier wird CSR verstanden als:
„ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“ (vgl. Europäische Kommission, 2001, S. 7).
Es lässt sich erkennen, dass neben den sozialen- auch ökologische Belange eine Rolle spielen. Somit umfasst CSR die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (vgl. Loew et. al, 2004, S. 26). Die Europäische Kommission unterscheidet bei ihrem CSR-Konzept zwischen einer internen und externen Dimension (vgl. Zink et al., 2005, S. 2).
Die interne Dimension bezieht sich in erster Linie auf die Arbeitnehmer eines Unternehmens. Dabei unterscheidet die Europäische Kommission Bereiche, wie das Humanressourcenmanagement, den Arbeitsschutz, die sozial verträgliche Umstrukturierung von Unternehmen sowie die Umweltverträglichkeit und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen (vgl. Europäische Kommission, 2001, S. 9 ff.;
Die externe Perspektive beinhaltet die Integration von Unternehmen in lokale Gemeinschaften, die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern, Zulieferern und Verbrauchern, die Beachtung der Menschenrechte sowie den globalen Umweltschutz (vgl. Europäische Kommission, 2001, S. 12 ff.)
In Deutschland wird das Grundverständnis des CSR-Konzeptes der Europäischen Kommission von der Bundesregierung sowie von der Mehrzahl der deutschen Wirtschaftsverbände geteilt. Die konkrete Umsetzung und Kommunikation in den deutschen Unternehmen zeigt jedoch, dass nur Teilsaspekte von CSR aufgegriffen werden, wie z.B. karitatives Engagement oder Verbesserung der Arbeitsbedingungen (vgl. BMU, 2008, S. 7).
In der wissenschaftlichen Diskussion nimmt CSR nur eine Nischenstellung ein (vgl. Pies et al., 2009, S. 318). Dies zeigen zwei Auswertungen der führenden deutschen Zeitschriften für die allgemeine Betriebswirtschaftlehre. Dabei wurden folgende Zeitschriften einmal für den Zeitraum 1999-2003 und im Jahr 2004 untersucht: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Zfbf), Zeitschrift für Betriebswirtschaft (ZfB) sowie Die Betriebswirtschaft (DBW). Die Auswertung zeigt, dass nur eine sehr geringe explizite Auseinandersetzung mit dem Begriff CSR stattfand und weiterer Forschungsbedarf besteht. (vgl. Hansen, 2004, S. 65, Loew et al., 2004, S. 37).
Dieser Arbeit wird, aufgrund der weiten Verbreitung in Deutschland und der EU, das CSR-Konzept der Europäischen Kommission zugrunde gelegt. Jedoch mit dem Unterschied, dass CSR als gesellschaftliche und nicht als soziale Verantwortung von Unternehmen bezeichnet wird.
2.3 Definition und Abgrenzung relevanter Begriffe
Wie die historische Entwicklung des CSR-Konzepts zeigt, gibt es einige Begriffe, die oft im Kontext mit CSR genannt werden. Diese Begriffe weisen zum Teil starke Überschneidungen mit CSR auf und werden in der Literatur oft widersprüchlich als Ergänzung oder Synonym zu CSR genannt (vgl. Wartick/Cochran, 1985, S. 758). Ein ganzheitliches Verständnis des CSR-Begriffes erfordert die Berücksichtigung und Kenntnis verwandter Konzepte (vgl. Bassen et al., 2005, S. 233). Aus diesem Grund werden folgende Begriffe kurz definiert und anschließend voneinander abgegrenzt:
- Corporate Citizenship (CC)
- Corporate Governance (CG)
- Sustainability
CC wird in der Literatur sehr unterschiedlich definiert. Zum einen wird CC als Teilaspekt von CSR bezeichnet, zum anderen als übergeordneter Begriff verwendet (vgl. Loew et al. 2004, S. 71). In Deutschland wird CC mit dem Begriff bürgerliches Engagement übersetzt (vgl. Kaiser/Schuster, 2004, S. 669). Von einem Unternehmen wird gefordert, dass es sich in seinem lokalen Umfeld wie ein guter Bürger verhält (vgl. Bassen et al., 2005, S. 234). CC beschreibt ein freiwilliges Engagement, das sich meistens nur auf das lokale Umfeld beschränkt und über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinausgeht und kann dadurch als Teilaspekt von CSR aufgefasst werden. Solch ein Engagement kann sich in Spenden und Sponsoring (Corporate Giving), Gründungen von gemeinnützigen Stiftungen (Corporate Foundations) oder im Einbezug von Mitarbeitern in ehrenamtliche Tätigkeiten (Corporate Volunteering) äußern (vgl. Gardberg/Fombrun, S. 2006, S. 330). Von diesem Engagement erhofft sich ein Unternehmen Reputation und Legitimität in seinem lokalen Umfeld. Dadurch sollen Wettbewerbsworteile, im Hinblick auf den unmittelbaren Standort, generiert werden (vgl. Gardberg/Fombrun, S. 2006, S. 331).
CG bezeichnet die Beziehung zwischen den Eigentümern und den Managern bzw. der obersten Führungsebene einer Unternehmung (vgl. Lannoo, 1999, S. 271; Mason/O’Mahony, 2008, S. 32). Bei der CG spielt die Effizienz und Effektivität der internen Führungsprozesse eine zentrale Rolle. Dabei ist beispielsweise das Principal-Agent-Problem zu nennen. Das Problem beschreibt, dass ein Manager (Agent) nicht immer im Interesse des Eigentümers (Prinzipals) handelt. Als ein Beispiel ist hier das Phänomen des „Consumption on the Job“ zu nennen (vgl. Lannoo, 1999, S. 272 f.). CG versucht durch Kontroll- und Anreizstrukturen solch ein Fehlerverhalten des Managements zu verhindern. CG regelt im Vergleich zu CSR die Beziehung zwischen den Stakeholdern: Eigentümer/Kapitalgeber und Manager, während CSR die Beziehungen zu allen potenziellen Stakeholdern regelt. Aus diesem Grund ist CSR das umfangreichere Konzept und CG kann folglich als Teilaspekt von CSR betrachtet werden (vgl. Mason/O’Mahony, 2008, S. 34; Bassen et al., 2005, S. 234 f.).
Der Begriff Sustainability bedeutet auf deutsch Nachhaltigkeit und wurde wesentlich von der World Commission on Environment and Development geprägt (vgl. Signitzer/Prexl, 2008, S. 1; Benijts, 2008, S. 30; Porter/Kramer, 2006 S. 3). Diese veröffentlichte im Jahr 1987 den Brundtland Report, der Nachhaltigkeit wie folgt definiert:
„Sustainable development meets the needs of the present without compromising the ability off future generations to meet their own needs“ (United Nations World Commission on Environment and Development, 1987, S. 8)
Nachhaltigkeit besteht also dann, wenn Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können (vgl. Hauff, 1987, S. 46). Nachhaltigkeit umfasst im Vergleich zu CSR nicht nur die Erwartungen oder Bedürfnisse der gegenwärtigen Gesellschaft oder im engeren Sinne der Stakeholder eines Unternehmens, sondern zusätzlich noch die Bedürfnisse der zukünftigen Generationen und kann somit als übergeordnetes Konzept verstanden werden (vgl. Bassen et al., 2005, S. 234).
Die logische Schlussfolgerung aus den vorgestellten Definitionen führt zur Abgrenzung, die in Abbildung 3 dargstellt wird.
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Abbildung 3 : Abgrenzung relevanter Begriffe
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Loew et al., 2004, S. 72; Signitzer/Prexl, 2008, S. 4
CC und CG können als Teilbereiche von CSR aufgefasst werden. Die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung eines Unternehmens führt zu einer nachhaltigen Entwicklung des jeweiligen Unternehmens (Corporate Sustainability, CS). Corporate Sustainability auf der mikroökonomischen Ebene trägt zur nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development) einer gesamten Volkswirtschaft (Makro Ebene) bei (vgl. Loew et al., 2004, S. 71).
Einschränkend muss erwähnt werden, dass durch die Vielzahl verschiedenen Definitionen der Begriffe CG, CC und CSR auch andere Abgrenzungen möglich sind. So wird CC in Hinblick auf CSR in der Literatur auch als übergeordnetes Konzept beschrieben (vgl. Kaiser/Schuster, 2004, S. 669). Die dargestellte Abgrenzung wird dieser Arbeit zugrunde gelegt, da sie aufbauend auf dem europäischen CSR-Konzept das CSR-Verständnis der deutschen Bundesregierung widerspiegelt und in der EU weit verbreitet ist (vgl. BMU, 2008, S. 6).
3. CSR als Wettbewerbsstrategie
Wenn Unternehmen nun bereit sind ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden, bleibt zu klären gegenüber welchen Gruppen der Gesellschaft sich ein Unternehmen verantwortungsvoll verhalten soll. Der Stakeholder Value Ansatz bietet die Lösung zu dieser Frage, in dem er die Anspruchsgruppen eines Unternehmens identifiziert und somit die konkrete und erfolgreiche Implementierung von CSR in einem Unternehmen ermöglicht (vgl. Carroll, 1991, S. 43; Schmitt, 2005, S. 129 ff.).
Kapitel 3.1 befasst sich mit dem Stakeholder Value Ansatz. Zunächst wird der Stakeholder Value Ansatz aus der Sicht von CSR begründet und die potenziellen Stakeholder eines Unternehmens identifiziert. Kapitel 3.2 geht anschließend auf die Kritik des Stakeholder Value Ansatzes ein. Dabei wird auf Grundlage des Shareholder Value Ansatzes der Standpunkt von Milton Friedman, des wohl bekanntesten Kritikers von CSR bzw. des Stakeholder Value Ansatzes, dargestellt. Selbst die schärfsten Kritiker von CSR relativieren ihren Stanpunkt, wenn durch die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung Wettbewerbsvorteile generiert werden können (vgl. Promberger/Spiess, 2006, S. 16). Aus diesem Grund werden in Kapitel 3.3 die, aus dem Stakeholder Value Ansatz abgeleiteten, potenziellen Wettbewerbsvorteile aufgezeigt.
3.1 Stakeholder Value
Als Meilenstein in der Stakeholder Theorie kann das, im Jahr 1984 veröffentlichte, Buch von Edward Freeman „Strategic Management: A Stakeholder Approach“ bezeichnet werden (vgl. Mitchell et al., 1997, 853; Schwerk, 2007, S. 22; Waddock/Graves, 1997, S. 303). Freeman definiert Stakeholder als:
„Any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the organization's objectives” (Freeman, 1984, S. 84)
Wood/Jones (1995, S. 231) begründen, inwiefern der Stakeholder Value Ansatz die Umsetzung von CSR ermöglicht. Dabei unterscheiden sie zwischen drei zentralen Gründen:
- Stakeholder sind die Quelle der Erwartungen, die beschreiben welches Verhalten eines Unternehmens erwünscht oder unerwünscht ist.
- Stakeholder sind unmittelbar von dem Verhalten eines Unternehmens betroffen.
- Stakeholder beurteilen, inwiefern das Verhalten eines Unternehmens ihren Erwartungen entspricht.
Somit verschaffen Stakeholder einem Unternehmen seine Legitimität, die unabdingbar für die langfristige Existenz eines Unternehmens ist (vgl. Davis, 1973, S. 314).
Stakeholder sind folglich Gruppen oder Individuen, die einen Anspruch auf ein Unternehmen haben, weil sie durch das Handeln dieses Unternehmens direkt oder indirekt betroffen sind (vgl. Thommen, 2003, S. 22). Diese können von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein. Generell lassen sich folgende Sakeholdergruppen unterscheiden:
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Abbildung 4 : Die verschiedenen Stakeholdergruppen
Quelle: Promberger/Spiess, 2006, S. 17
Zu den wichtigsten internen Anspruchsgruppen zählen die Eigentümer, das Management sowie die Mitarbeiter eines Unternehmens. Zu den Ansprüchen der Mitarbeiter zählen beispielsweise ein sicherer Arbeitsplatz oder ein hohes Einkommen. Das Management eines Unternehmens strebt z.B. nach großer Macht und nach Prestige. Die Eigentümer (Shareholder) werden erst zweitrangig entschädigt, in Form des Residualgewinns eines Unternehmens. Sie tragen ein Teil des Risikos, was ihre ausgeprägte Erfolgsorientierung erklärt (vgl. Promberger/Spiess, 2006, S. 18; Ulrich/Fluri, 1995, S. 79.).
Die externen Anspruchsgruppen bestehen unter Anderem aus den Kunden, den Fremdkapitalgebern, dem Staat und der Gesellschaft oder den Lieferanten. Die Kunden wünschen sich qualitativ hochwertige Leistungen zu günstigen Preisen. Die Lieferanten stabile Liefermöglichkeiten und günstige Konditionen. Die Fremdkapitalgeber erwarten in erster Linie ein geringes Anlagerisiko und eine hohe Verzinsung. Der Staat und die Gesellschaft erwarten von einem Unternehmen beispielsweise das Einhalten von Rechtsvorschriften, das Zahlen von Steuern und sichere Arbeitsplätze (vgl. Ulrich/Fluri, 1995, S. 79).
Die enorme Anzahl von verschiedenen Stakeholdern mit zum Teil konkurrierenden Ansprüchen verdeutlicht, dass es einem Unternehmen unmöglich ist, allen Ansprüchen gerecht zu werden und somit eine Priorisierung der Stakeholder nötig ist. Mitchell et al. (1997, S. 874) unterscheiden zu diesem Zweck zwischen der Macht eines Stakeholders in Bezug auf ein Unternehmen, der Legitimität und Dringlichkeit seiner Ansprüche. Stakeholder, die auf ein Unternehmen Macht ausüben können und deren Ansprüche zudem legitim und dringend sind, sollten nach diesem Ansatz vor allen anderen Stakeholdern berücksichtigt werden (vgl. Mitchell et al., 1997, S. 878).
3.2 Shareholder Value
Der Shareholder Value Ansatz stellt den Gegenpol zum Stakeholder Value Ansatz dar. Der Shareholder Value Ansatz wurde wesentlich in den 1980er Jahren von Alfred Rappaport geprägt (vgl. Koscher, 2007, S. 17). Nach Rappaport soll sich das unternehmerische Handeln allein an den Anteilseignern (Shareholder) orientieren (vgl. Rappaport, 1999, S. 11). Für die Anteilseigner stellt sich der Shareholder Value als sogenannter Total Return dar. Dieser ist die Summe aus Kursgewinnen, Dividenden, und Bezugsrechten (vgl. Bulmann, 2007, 21).
Einer der wohl bekanntesten Kritiker des CSR Konzepts und zugleich Verfechter des Shareholder Value Ansatzes ist Milton Friedman (vgl. Carroll, 1979, S 497; Griffin/Mahon, 1997, S. 5 f.; McWilliams/Siegel, 2001; 118). Nach Friedman muss ein Unternehmen nur die Interessen seiner Eigentümer, sprich Anteilseigner beachten. Diese haben in der Regel nur ein Interesse an der Maximierung des Profits ihres Unternehmens. Wenn nun Manager eines Unternehmens Mittel ausgeben, die nicht unmittelbar dem Zweck der Gewinnmaximierung dienen, dann verschwenden sie Geld, das nicht ihnen gehört und handeln somit rechtswidrig. Zudem argumentiert Friedman, dass Manager nur das Know-how besitzen um ein Unternehmen zu führen. Sogar wenn sie nun gesellschaftliche Verantwortung übernehmen wollen, dann besitzen sie nicht die geeigneten Fähigkeiten um dies zu tun. Allein der Staat hat die Aufgabe sich um das gesellschaftliche Wohlergehen zu kümmern. Manager, die versuchen dies zu tun verursachen unnötige Kosten, die entweder den Gewinn der Unternehmenseigner schmälern, die Gehälter der Angestellten senken oder zu einer Verteuerung der hergestellten Produkte und Dienstleistungen führen. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens verringert und letztendlich seine Existenz gefährdet. Somit kommt Friedman zu der Schlussfolgerung, dass die einzige Verantwortung der Unternehmen die Profitmaximierung sei (vgl. Friedman, 1970).
Es ist unrealistisch anzunehmen, dass Unternehmen CSR umsetzen werden, wenn dadurch nur Kosten verursacht werden. Dies würde auch dem, in Kapitel 2.2.1 vorgestellten, CSR-Konzept von Carroll widersprechen. Carroll (1991, S. 40) beschreibt die ökonomische Verantwortung als die erste und fundamentale Verantwortung von Unternehmen. Somit muss für eine nachhaltige Umsetzung des CSR-Konzepts in der Wirtschaft, eine Win-win-Situation entstehen, von der Unternehmen und die Gesellschaft gleichermaßen profitieren (vgl. Schwerk, 2007, S. 18 f.; Forthmann, 2009, S. 54 f.). So wäre CSR auch mit dem Shareholder Value Ansatz vereinbar. Die Befürworter von CSR beschreiben aus diesem Grund diverse Wettbewerbsvorteile, die durch die Implementierung von CSR in einem Unternehmen entstehen können. Diese werden im folgenden Abschnitt kurz skizziert.
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Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (PDF)
- 9783956847196
- ISBN (Paperback)
- 9783956842191
- Dateigröße
- 4.2 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Hohenheim
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 2
- Schlagworte
- Corporate Citizenship Sustainbability nachhaltige Unternehmensführung Corporate Governance Green Investment