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Identifizierung und Bindung von High Potentials: Handlungsempfehlungen für kleine und mittelständische Unternehmen

©2007 Diplomarbeit 93 Seiten

Zusammenfassung

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) können sich dem immer intensiveren Wettbewerb, der zunehmenden Dezentralisierung der Unternehmensaktivitäten und der Internationalisierung sowie dem durch den demographischen Wandel zusätzlich beschleunigten Mangel an hochqualifizierten Fachkräften nicht mehr entziehen. Umso wichtiger ist es, die High Potentials in den eigenen Reihen zu identifizieren und durch entsprechende Maßnahmen längerfristig an das eigene Unternehmen zu binden. Dabei sind die Rahmenbedingungen bei KMU völlig andere als bei großen Unternehmen oder Konzernen, da häufig nur begrenzte finanzielle Mittel und Ressourcen zur Verfügung stehen, um nachhaltige Programme zu konzipieren und umzusetzen. Es gilt daher, pragmatische Konzepte zu entwickeln, die mit den vorhandenen Ressourcen realisierbar sind. Hierbei soll Sie dieses Fachbuch unterstützen – aus der Praxis für die Praxis.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.3.2.1 Potenzialeinschätzung durch die Führungskraft

Die Potenzialeinschätzung durch die verantwortliche Führungskraft, in der Regel der unmittelbare Vorgesetzte, verbindet eine aktuelle Leistungsbeurteilung mit der Einschätzung, wie sich der Mitarbeiter kurz- bis mittelfristig entwickeln wird. D. h. die Potenzialeinschätzung durch die Führungskraft setzt sich aus statusorientierter Kompetenzeinschätzung und zukunftsgerichteter Potenzialeinschätzung zusammen.[1]

2.3.2.1.1 Statusorientierte Kompetenzeinschätzung

Im ersten Schritt, der statusorientierten Kompetenzeinschätzung, beurteilt die Führungskraft den aktuellen Fähigkeitsstatus des Mitarbeiters bezogen auf das zuvor erstellte Kompetenzmodell. Um die Bewertung quantitativ zu strukturieren, bietet es sich an, eine geeignete Skalierung zugrunde zu legen, etwa von 1 bis 4, wobei die einzelnen Werte für folgende Ausprägungen stehen können:

1 = die Anforderungen werden nicht erfüllt
2 = die Anforderungen werden in der Regel erfüllt
3 = die Anforderungen werden voll erfüllt
4 = die Anforderungen werden in besonderem Maße erfüllt und teilweise übertroffen

Auf einen „Wert in der Mitte“, beispielsweise 3 bei einer Skala von 1 bis 5 wird bewusst verzichtet, um der „Tendenz zur Mitte“ vorzubeugen, die regelmäßig zu Beurteilungsfehlern führen kann.[2] Ferner ist darauf zu achten, dass die Bewertung nicht zu detailliert vorgenommen wird, beispielsweise mit zu vielen Skalenstufen, damit diese praktikabel bleibt. Die Bewertung sollte nicht zu „feinkörnig“ vorgenommen werden, d. h. die Anzahl der als wesentlich angenommen Kompetenzmerkmale wird auf ein sinnvolles Maß beschränkt.[3]

Die Kriterien für die Beurteilung der aktuellen Leistung könnten beispielsweise folgendermaßen aussehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Statusorientierte Kompetenzeinschätzung

Die einzelnen Kompetenzdimensionen können beliebig durch weitere organisationsspezifische Kompetenzmerkmale ergänzt werden, so dass eine „passgenaue“ Beurteilung des aktuellen Fähigkeitsstatus erfolgen kann.

Neben der unmittelbaren Führungskraft können auch Projektleiter, die den Mitarbeiter innerhalb eines Projektteams führen oder geführt haben, gebeten werden, eine Beurteilung abzugeben. Geben mehrere Personen ein Urteil ab, ist eine geeignete Form der Verknüpfung der Einzelurteile zu wählen, beispielsweise Summation, Mittelwert-Bildung oder eine übergreifende Gesamteinschätzung.[4]

2.3.2.1.2 Zukunftsgerichtete Potenzialeinschätzung

Die statusorientierte Kompetenzeinschätzung ist noch keine Potenzialeinschätzung. Diese erfolgt im zweiten Schritt, der zukunftsgerichteten Potenzialeinschätzung. Bei der Potenzialeinschätzung ist die Führungskraft gehalten, Annahmen zur vermuteten Weiterentwicklung der einzelnen Kompetenzen des Mitarbeiters zu treffen. Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang, einen Zeithorizont zu definieren, auf den sich die Einschätzung bezieht. So dürfte es schwierig sein, eine Potenzialeinschätzung über eine Zeitspanne von zehn Jahren abzugeben, da Einschätzungen dieser Art regelmäßig sehr spekulativ sind. Ein realistischer Zeithorizont könnte zwei bis drei Jahre sein, verknüpft mit einer Wahrscheinlichkeitsaussage, welche künftigen Funktionen bzw. Positionen ein Kandidat in diesem Zeitraum voraussichtlich übernehmen könnte.[5]

Um die Potenzialeinschätzung quantitativ zu strukturieren, gilt es ebenfalls, eine geeignete Skalierung zugrunde zu legen. Wird die Skala von 1 bis 4 beibehalten, können die einzelnen Werte beispielsweise für folgende Ausprägungen stehen:

1 = kein Potenzial
2 = geringes Potenzial
3 = teilweise Potenzial
4 = viel Potenzial

Die Kriterien für die Einschätzung des Potenzials innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre, angelehnt an die Kriterien zur Leistungsbeurteilung, könnten beispielsweise folgendermaßen aussehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Zukunftsgerichtete Potenzialeinschätzung

Auch bei der Potenzialeinschätzung gilt, dass die einzelnen Kompetenzdimensionen beliebig durch weitere organisationsspezifische Kompetenzmerkmale erweitert werden können, um eine unternehmensspezifische Potenzialeinschätzung zu erhalten.

2.3.2.1.3 Leistungs-Potenzial-Matrix

Die Ergebnisse der statusorientierten Kompetenzeinschätzung und der zukunftsgerichteten Potenzialeinschätzung können nun zusammen geführt und in der sogenannten Leistungs-Potenzial-Matrix, auch Personalportfolio genannt, abgebildet werden.

Auf der Abszisse der Matrix werden die kumulierten Skalenwerte der statusorientierten Kompetenzeinschätzung (Leistung) abgetragen, auf der Ordinate die kumulierten Skalenwerte der zukunftsgerichteten Potenzialeinschätzung (Potenzial).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Leistungs-Potenzial-Matrix

Die Leistungs-Potenzial-Matrix ermöglicht eine einfache grafische Darstellung der Ergebnisse der Kompetenz- und Potenzialeinschätzung und gibt Auskunft über die Verteilung der einzelnen Kandidaten. Ferner lassen sich anhand der Quadranten, in denen sich die Kandidaten wiederfinden, erste Handlungsempfehlungen ableiten. So bedürfen Mitarbeiter, die im A-Quadranten platziert sind, d. h. die Anforderungen, die an sie gestellt werden eher nicht erfüllen, aber eine sehr gute Potenzialaussage von der Führungskraft erhalten haben, besonderer Aufmerksamkeit ihrer Führungskraft. Es gilt, die Gründe und Ursachen herauszufinden, in denen die mangelhafte Leistungsmotivation liegt. Mitarbeiter, die sich im D-Quadranten befinden, könnten ermutigt werden, neue Aufgaben zu übernehmen und über ihre Funktionsentwicklung zu größerer Bandbreite hingeführt werden.

Besondere Beachtung verdienen die Kandidaten im B-Quadranten, dem sogenannten „Goldfischteich“. Hierbei handelt es sich um Mitarbeiter, die bereits Leistungsträger sind und eine beachtliche Potenzialaussage erhalten haben. Kandidaten, die sich im besonders gekennzeichneten Bereich des B-Quadranten befinden, sind als High Potentials zu bezeichnen.

2.3.2.1.4 Wahrscheinlichkeitsaussage

Die Potenzialeinschätzung durch die Führungskraft kann durch die oben erwähnte Wahrscheinlichkeitsaussage ergänzt werden. Die Führungskraft trifft eine Wahrscheinlichkeitsaussage, welche künftigen Funktionen bzw. Positionen ein Kandidat im Zeitablauf voraussichtlich übernehmen könnte. Es eignet sich folgende Darstellung, die von der Führungskraft auszufüllen ist, wobei die Funktionsbezeichnungen organisationsspezifisch festzulegen sind:[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Wahrscheinlichkeitsaussage[7]

2.3.2.1.5 Etwaige Problembereiche

Im Rahmen der Potenzialeinschätzung durch die Führungskraft kann es unter Umständen zu Problemen und klärungsbedürftigen Fragen kommen. Ergeben sich die Kompetenzmerkmale noch aus der Anforderungsanalyse, gilt es, für die statusorientierte Kompetenzeinschätzung und die zukunftsgerichtete Potenzialeinschätzung klare Regeln aufzustellen und deren Einhaltung sicherzustellen. So muss jede Führungskraft bei der Beurteilung und Potenzialeinschätzung den gleichen Bewertungsmaßstab anlegen, was regelmäßig eine Schulung der Führungskräfte erforderlich macht. Ferner gilt es, die Vorgesetzteneinschätzung zu verifizieren, beispielsweise durch die Einbeziehung weiterer Führungskräfte und einer Diskussion der Ergebnisse innerhalb des Management- bzw. Leitungskreises, sogenannter Personalsichtungsrunden.[8] Empfehlenswert ist weiterhin die Einbeziehung ergänzender und stärker objektiv ausgerichteter Einschätzungsverfahren, die in den nächsten Kapiteln erläutert werden.[9]

Zu berücksichtigen sind auch die Abgrenzungskriterien der Potenzialträger. Hierbei sollte es sich um nachvollziehbare Kriterien wie Alter, bisheriger beruflicher Werdegang, nachgewiesene objektive Qualifikationen, wie beispielsweise ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung, oder einschlägige berufliche Erfahrungen handeln, beispielsweise in der Projektarbeit oder bei komplexen Aufgabenstellungen im Tagesgeschäft. Je nachvollziehbarer und transparenter die Mindestanforderungen für einen Potenzialträger im Vorfeld definiert sind, im Hinblick auf fachliche, methodische, soziale, persönliche und führungsspezifische Kompetenzen, desto weniger Klärungsbedarf entsteht im Nachhinein.[10]

Ebenfalls festzulegen ist der Rhythmus, in welchem die Potenzialeinschätzungen erfolgen sollen. Diese können beispielsweise an jährliche Mitarbeitergespräche oder Leistungsbeurteilungen gekoppelt werden. Aber auch die seltenere Erhebung einer Potenzialanalyse ist denkbar, beispielsweise in Zeitabständen von zwei bis drei Jahren. Neben dem Rhythmus der Potenzialanalyse ist auch die Kommunikation der Ergebnisse an die Mitarbeiter zu planen; inwieweit werden die Mitarbeiter über die Ergebnisse informiert und wann ist der richtige Zeitpunkt.[11]

2.3.2.2 Potenzialinterviews durch Human Resources

Potenzialinterviews werden in der Regel von erfahrenen Personalentwicklern im Rahmen eines strukturierten Interviews durchgeführt, bzw. moderiert. Ist kein interner Personalentwickler vorhanden oder verfügt dieser nicht über die erforderliche Methodenkompetenz, um ein solches Potenzialinterview professionell durchzuführen, kann ein externer Berater diese Aufgabe übernehmen.

Da die Kriterien für die Bewertung und Einschätzung eines Potenzialträgers aufgrund der organisationsspezifischen Anforderungen unterschiedlich ausgestaltet sein können, gibt es keinen standardisierten Aufbau für ein Potenzialinterview. Es empfiehlt sich daher, einen firmenbezogenen Fragenkatalog mit entsprechenden Auswertungskriterien zu erarbeiten. Als Gesprächsinhalte, die für ein strukturiertes Potenzialinterview exemplarisch sind, nennt Kunz u. a. den „bisherigen beruflichen Werdegang und besondere Erfahrungen; Stärken und Entwicklungswünsche aus der Sicht des Kandidaten; Einstellungen und Motive bezogen auf die weitere berufliche Karriere; persönliche Erfolge und Misserfolge in der eigenen beruflichen Laufbahn – verbunden mit der Frage, durch welche Umstände z. B. besondere Leistungen erzielt wurden und welche Annahmen der Kandidat zu den Gründen für Erfolg oder Misserfolg hat („Kausalattribution für berufliche Erfolge“); individuelle Strategien zum Selbstmanagement und zur Bewältigung komplexer beruflicher Problemstellungen, [...]; Herangehensweise an Führungsaufgaben, insbesondere Sensibilität für die vielfältigen Anforderungen in der Personalführung.“[12]

Die Dauer eines solchen Interviews sollte mindestens 90-120 Minuten betragen, in Abhängigkeit des gewählten Aufbaus. Neben explorativen Fragen zur Sondierung des Potenzials können auch verhaltensorientierte Übungen und Rollenspiele in das Interview einbezogen werden. Diese ausgewählten verhaltensorientierten Übungen und Rollenspiele sollten erkennen lassen, wie der Kandidat mit typischen Anforderungen umgeht, beispielsweise in der Rolle eines Projekt- oder Teamleiters. Damit erhält das Potenzialinterview stärker den Charakter eines Einzel-Assessment-Centers.[13]

Im Vorfeld der Durchführung eines Potenzialinterviews ist festzulegen, welche Rolle der Personalentwickler übernimmt. Für die Durchführung durch einen Personalentwickler allein spricht, dass dieser, im Vergleich zu einer primär operativ tätigen Führungskraft, in dieser Methodik der Potenzialanalyse besser geschult ist. Ferner zeichnet sich ein Personalentwickler durch eine höhere Neutralität in der Urteilsbildung aus, da er nicht direkt dem Team der Führungskraft angehört. Argumente gegen diese Durchführungsvariante sind, dass der Personalentwickler den jeweiligen Kandidaten nicht in seinem direkten Arbeitsumfeld kennen lernt und auch über keine unmittelbaren Eindrücke aus der Zusammenarbeit mit ihm verfügt, was insbesondere die Einschätzung der sozialen Kompetenz erschwert. Dazu kommt, dass nur mit einer eingeschränkten organisationsinternen Akzeptanz des Urteils gerechnet werden kann, wenn Aussagen zu einer spezifischen Fach- und Führungslaufbahn getroffen werden sollen, da ein Personalentwickler nur einen begrenzten Einblick in das operative Tagesgeschäft besitzt und daher insbesondere die Anforderungen an die fachliche Kompetenz nur bedingt einschätzen kann.[14]

Es empfiehlt sich daher, dass Personalentwickler, bzw. externe Berater, als Moderatoren des Potenzialinterviews agieren und die Führungskräfte in ihrer Rolle als Interviewer methodisch und prozessorientiert unterstützen, die inhaltliche Potenzialaussage aber durch die Führungskraft erfolgt.

2.3.2.3 Potenzial-Assessment-Center

Das Potenzial-Assessment-Center (PAC) ist von einem Auswahl-Assessment-Center und von einem Development-Center abzugrenzen. Während bei einem Auswahl-Assessment-Center unmittelbare Stellenbesetzungsentscheidungen ge­troffen werden, sowohl bei der internen Personalauswahl als auch bei der Auswahl externer Kandidaten, handelt es sich bei einem PAC um eine weitere Methode der Potenzialanalyse.[15] Die sogenannte „Gewinner-Verlierer-Problematik“, die für ein klassisches Auswahl-Assessment-Center typisch ist, wird somit reduziert. Es gilt vielmehr, ein durch die Verhaltensbeobachtungen begründetes Gesamtfeedback abzuleiten, dass für die einzelnen Kandidaten einen eher „beratenden Charakter“ hat. Dieser beratende Charakter geht aber nicht so weit wie bei einem Development-Center, dessen Intention die Selbsterfahrung eigener Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten ist, verbunden mit einem Feedbackverfahren, das zur fähigkeitsbezogenen Sensibilisierung der einzelnen Kandidaten dient.[16] Auf die Methodik des Development-Centers wird im folgenden Kapitel 2.3.2.4 detaillierter eingegangen.

Vergleichbar mit einem Auswahl-Assessment-Center ist der konzeptionelle Aufbau des PAC. So wird das PAC ebenfalls von einem Moderator geleitet, der durch eine Gruppe Beobachter unterstützt wird, die das Verhalten der Kandidaten während der einzelnen Übungen und Aufgabenstellungen analysiert und dokumentiert. Die Beobachtergruppe sollte sich wie bei einem klassischen Assessment-Center (AC) aus mehreren unabhängigen Beobachtern zusammensetzen: Führungskräfte, Psychologen und Mitarbeiter des Personalbereichs.[17] Typische Elemente sind die Selbst- oder Unternehmensvorstellung in Form einer Präsentation sowie eine repräsentative Auswahl unternehmensspezifisch abgestimmter, praxisbezogener Gruppendiskussionen mit und ohne Rollenvorgabe, Rollenspiele, Simulationen, Verhaltensübungen, Persönlichkeitstest und biografische Fragebogen.[18] Ausgehend von einer individuellen Verhaltensanalyse, die sich aus den Ergebnissen der Beobachter und der abschließend durchgeführten Beobachterkonferenz ergibt, wird angestrebt, den Kompetenzstatus und das Potenzial der Kandidaten besser zu beurteilen.[19] Die Dauer eines PAC beträgt im Durchschnitt ein bis zwei Tage. Dazu kommen die abschließende Beobachterkonferenz und die individuelle Feedbackrunde. In Bezug auf die Verfahrenskonzeption und -durchführung von PAC sei auf die einschlägige Literatur verwiesen.

Bei allen Vorteilen die das PAC als häufigste Methode zur Potenzialanalyse mit sich bringt, wie beispielsweise eine hohe Durchführungsflexibilität, eine gute Vergleichbarkeit der einzelnen Kandidaten, Begründbarkeit der Potenzialaussagen, ist es auch mit einigen Nachteilen behaftet. Das Verfahren ist in seiner Konzeption und Durchführung recht zeit- und kostenintensiv. Zum einen werden Führungskräfte als Beobachter bis zu mehreren Tagen gebunden, zum anderen sind in der Regel externe Berater zu engagieren, die als Moderator und Beobachter agieren sowie bei Vorbereitung und Konzeption unterstützend tätig sind. Auch ist die Prognosevalidität kritisch zu betrachten. So handelt es sich bei einem PAC lediglich um eine „Momentaufnahme“ – eine kurzfristige Höchstleistung eines guten Kandidaten sagt nichts über die weitere Entwicklung seiner individuellen Fähigkeiten aus. Dazu kommt, dass die Kandidaten während des Berufsalltags ständig mit neuen Situationen konfrontiert werden – dies gilt insbesondere für Führungskräfte – die in einem PAC nur bedingt abbildbar sind.[20]

Das PAC sollte daher lediglich als ein ergänzendes Instrument im Rahmen der komplexen Potenzialanalyse angesehen werden. Verbindliche Entscheidungen über die weitere berufliche Karriere der teilnehmenden Kandidaten sollten nicht allein auf Grundlage der Ergebnisse eines PAC getroffen werden.[21]

Das Einzel-AC, das bereits im Zusammenhang mit der Durchführung von Potenzialinterviews (Kapitel 2.3.2.2) erwähnt wurde, ist eine spezielle Form des AC. In einem Einzel-AC durchläuft der Kandidat die für ein AC typischen Übungen und Aufgaben alleine. Auf eine Gruppendiskussion wird verzichtet. Seine Leistungen und Ergebnisse werden in der Regel von zwei bis drei Beobachtern dokumentiert, die häufig auch gleichzeitig eine aktive Rolle übernehmen, beispielsweise als Rollenspielpartner. Diese „kleinen“ AC sind weniger aufwendig, sowohl was die Kosten als auch den Zeiteinsatz betrifft, und werden auch zur Potenzialanalyse im Managementbereich eingesetzt, insbesondere wenn der Kandidat seine Sozial- und Führungskompetenz bereits innerhalb des Unternehmens bewiesen hat.[22]

2.3.2.4 Development-Center

Im Gegensatz zu dem oben beschriebenen PAC, das durchgeführt wird, um eine möglichst objektive Einschätzung über Kompetenzen und voraussichtliche Entwicklungsalternativen der einzelnen Kandidaten zu erhalten, verfolgt das Development-Center (DC) das Ziel, bei den Kandidaten ein stärkeres Eigenbewusstsein und eine höhere Klarheit in Bezug auf ihre Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten zu erzeugen. Intensives und gezieltes Feedback von Führungskräften, Personalentwicklern, Organisationspraktikern und Beratern soll den Kandidaten Impulse für die individuelle Weiterentwicklung geben; geeignete Karriere- und Entwicklungswege sollen stärker aus eigener Kraft entwickelt werden. In diesem Zusammenhang stehen den Kandidaten die vorgenannten Feedbackgeber zur Verfügung, um Anregungen zu geben, wie einzelne Kompetenzen verbessert werden können, um diese Entwicklungsziele zu erreichen.[23]

Der konzeptionell-methodische Grundaufbau des DC ähnelt in der Regel dem eines herkömmlichen (P)AC. Bei Kunz findet sich eine umfassende Aufzählung der typischen Elemente eines DC: „Verdeutlichen von Anforderungskriterien in Fach- und Führungspositionen; Simulation von typischen verhaltensbezogenen Anforderungen in einzelnen Positionen durch Übungen, Rollenspiele und strukturierte Aufgabenstellungen – mit gruppendynamischen und sozial-kommunikativen Elementen [...]; Interviews zur Klärung von eigenen Karriereerwartungen und zur Identifikation von persönlichen Stärken und Entwicklungsbereichen; Feedbacks zu gesammelten Eindrücken bei der Verhaltensbeobachtung der Kandidaten; Abgleich von Selbst- und Fremdwahrnehmung, ggf. auch kollegiale Feedbacks zwischen den Teilnehmern untereinander; zusammenfassende Empfehlungen zu möglichen weiteren Qualifizierungs- und Förderschritten; weiterführende Beratungs-, Coaching- und Mentoringangebote unter anschließender Einbeziehung des Vorgesetzten, ggf. Ableitung eines Personalentwicklungsplans.“[24]

Bei der Betrachtung der vorgenannten Elemente des DC wird deutlich, dass das Geben von gezieltem Feedback einen der Schwerpunkte bildet und es sich bei dieser Methode der Potenzialanalyse eher um ein Instrument mit beratender, orientierender und qualifizierender Funktion handelt als um ein Instrument mit bewertender und prognostizierender Funktion.[25]

Die Dauer eines DC beträgt in der Regel mehrere Tage. Die Vor- und Nachteile des DC gleichen denen eines PAC, wobei der Zeiteinsatz der Beobachter, und damit auch die Kosten, bei einem DC aufgrund der regelmäßig längeren Dauer noch einmal ansteigen. Eine Anwendung dieser Methode bietet sich insbesondere bei bereits agierenden Führungskräften und senioren, d. h. erfahrenen Fachspezialisten an, denen Impulse zu einer stärker selbstgetriebenen beruflichen Weiterentwicklung gegeben werden sollen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass DC eine gute Ergänzung innerhalb des Prozesses der Potenzialanalyse darstellen können, aufgrund des nochmals höheren Aufwands aber eher von größeren Unternehmen und Konzernen durchgeführt werden.

2.3.2.5 Sonstige Eignungsdiagnostische Verfahren

Neben den bereits vorgestellten Methoden zur Potenzialanalyse gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster eignungsdiagnostischer Verfahren, deren erklärtes Ziel eine validierte Potenzialanalyse ist. Bei diesen diagnostischen Verfahren handelt es sich meist um spezielle psychometrische Testverfahren, schriftliche Fragebögen zur Selbstbeschreibung, psychodiagnostische Testmethoden mit komplexen Aufgabenstellungen oder computergestützte, interaktive Verfahren, die immer häufiger auch online durchführbar sind. Allen diesen Verfahren ist eigen, dass sie keinen unmittelbaren Organisationsbezug haben.

Bei Anwendung dieser Verfahren gilt es jedoch, einige Punkte zu beachten. So sollte ein diagnostisches Verfahren nur dann zur Anwendung kommen, wenn dessen Gütekriterien (vgl. Kapitel 2.3.1) durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt worden sind, d. h. der Nutzen des Verfahrens zur Prognose des beruflichen Erfolgs durch ausreichend große Stichproben statistisch und wahrscheinlichkeitstheoretisch nachgewiesen wurde. Damit verbunden ist die Problematik der Messung des künftigen beruflichen Erfolgs, beginnend mit der fehlenden Definition des „Außenkriteriums“ beruflicher Erfolg: Anzahl der Beförderungen; Bedeutung der ausgeübten Fach- oder Führungsfunktion; Hierarchieebene, in der die Funktion angesiedelt ist; Führungsspanne; Höhe des Gehalts? Es handelt sich häufig eher um Diagnoseinstrumente zur Einschätzung aktueller Kompetenzen, beruflicher Neigungen, intellektueller Fähigkeiten oder berufsbezogener Persönlichkeitsmerkmale.[26]

Ein weiteres Problem ist der fehlende unmittelbare Organisationsbezug dieser Verfahren, der im Rahmen der Erstellung organisationsspezifischer Anforderungsprofile und Kompetenzmodelle sowie den daraus abgeleiteten spezifischen Übungen und Aufgaben, beispielsweise eines Potenzial-Assessment-Centers, gewährleistet wird. Ferner ist eine fachlich kompetente Auswertung und Interpretation der Ergebnisse erforderlich, die regelmäßig nur durch einen Psychologen oder einen entsprechend geschulten Berater erfolgen kann. Die Alternative sind Fehl- und Überinterpretationen, die zu vermeiden sind.[27]

Abschließend ist festzuhalten, dass die in diesem Kapitel beschriebenen eignungsdiagnostischen Verfahren durchaus zur Potenzialanalyse genutzt werden können, sofern die vorgenannten Punkte berücksichtigt werden. Sie eignen sich aber vielmehr als ergänzende Verfahren innerhalb eines Gesamtkonzepts zur Potenzialanalyse. Das gilt insbesondere für psychometrische Verfahren, die helfen können, eine umfassende Selbsteinschätzung des Kandidaten zu erstellen, die im weiteren Prozess der Potenzialanalyse mit der Fremdeinschätzung der Führungskräfte, bzw. Beobachter, abgeglichen werden kann und so eine Basis für intensive Feedbackgespräche geschaffen wird.

2.3.3 Grenzen der Potenzialanalyse

Neben den bereits betrachteten Einschränkungen der oben genannten Methoden zur Potenzialanalyse und den Anmerkungen zu deren prognostischen (oder prädiktiver) Validität[28] gibt es weitere Faktoren, die unter Umständen die mittelbaren Ergebnisse der Potenzialanalyse beeinflussen können. Diese werden nachfolgend kurz skizziert.

Die mittelbaren Ergebnisse einer Potenzialanalyse innerhalb einer Organisation, sowie der Erfolg daraus später abgeleiteter Maßnahmen, sind von deren professioneller Implementierung abhängig. Diese setzt voraus, dass die Potenzialanalyse strukturiert eingeführt wird und die Belegschaft entsprechend informiert wird. Das schließt ein, dass alle Mitarbeiter über die Ziele und Vorgehensweise der Potenzialanalyse informiert werden. Die Auswahlkriterien sollten transparent und für alle Mitarbeiter nachvollziehbar sein. Sofern eine Arbeitnehmervertretung (Betriebs- oder Personalrat) in der Organisation vorhanden ist, sollte diese ebenfalls einbezogen werden; etwaige formale Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte sind zu beachten. Werden diese Faktoren beachtet, können mögliche Widerstände bei der Einführung einer Potenzialanalyse von Seiten der Belegschaft von vornherein minimiert oder gar vollständig vermieden werden.[29]

Es gilt ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei einer Potenzialanalyse letztlich um wahrscheinlichkeitsgestützte Zukunftsprognosen handelt, um erfahrungsgeleitete Annahmen, die keine Gewähr für das tatsächliche Eintreffen der getätigten Entwicklungsaussagen sind. Dies gilt insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Unwägbarkeit, in denen Unternehmen häufig zu grundlegenden strukturellen Reorganisationen und Umstrukturierungen gezwungen werden.[30]

Werden diese Faktoren beachtet, steht einer erfolgreichen Identifizierung der High Potentials innerhalb einer Organisation nichts mehr entgegen. Nachdem die High Potentials mittels einer umfassenden Potenzialanalyse, die häufig mehrere der oben vorgestellten Methoden miteinander verbindet, identifiziert sind, gilt es, diese längerfristig an das Unternehmen zu binden, um im Wettbewerb bestehen zu können.

3. Bindung von High Potentials

Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der Bindung der High Potentials an das Unternehmen. Um geeignete Bindungs-Strategien zu entwickeln, gilt es, sich zunächst mit dem Thema Mitarbeiterbindung im Allgemeinen auseinander zu setzen sowie die unmittelbaren und mittelbaren Einflussfaktoren zu identifizieren. Unter Verwendung zweier Studien, die sich mit dieser Thematik beschäftigt haben, sowie eines theoretischen Modells werden im Anschluss daran die als wesentlich zu betrachtenden Einflussfaktoren im Rahmen der Bindung von Potenzialträgern abgeleitet. Abschließend werden Methoden und Strategien sowie aktuelle Trends zur Bindung von High Potentials vorgestellt.

Es überrascht nicht weiter, dass es in der wissenschaftlichen Literatur keine einheitliche Definition für den Begriff der Mitarbeiterbindung gibt.[31] Es wurde dennoch versucht, diesen komplexen Bereich in einer Kernaussage zusammenzufassen. So beschreibt Müller-Vorbrüggen Mitarbeiterbindung als „Bindung in Freiheit! [Und] Freiheit hat [...] nur der, der zwischen verschiedenen Optionen wählen kann; also [...] das Unternehmen zu verlassen oder auch nicht. [...] Bindung ist immer ein beidseitiger Akt vom Unternehmen an den Mitarbeiter sowie vom Mitarbeiter an das Unternehmen.“[32] Szebel-Habig beschreibt Mitarbeiterbindung als Zustand „[...] wonach seitens der Mitarbeiter ein besonderes Gefühl der Zugehörigkeit empfunden wird, das sich in Betriebstreue und damit einem faktischen Verbleib im Unternehmen niederschlägt.“[33] Eine gute Definition findet sich bei vom Hofe, sie definiert Mitarbeiterbindung wie folgt: „Mitarbeiterbindung betrachtet die vom Mitarbeiter empfundene Verbundenheit sowie seine Gebundenheit an ein Unternehmen und umfasst alle Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf abzielen, die Mitarbeiter darin zu beeinflussen, beim Unternehmen zu verbleiben und die Beziehung zu stabilisieren bzw. zu festigen.“[34] Letztere Definition deutet bereits an, dass es eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen und Einflussfaktoren in Bezug auf die Mitarbeiterbindung gibt.

3.1 Allgemeine Einflussfaktoren im Rahmen der Mitarbeiterbindung

Interessante Einblicke in die Einflussfaktoren im Rahmen der Mitarbeiterbindung gibt die Studie „Reconnecting with Employees“ von Towers Perrin von 2004, in der die Treiber zur Mitarbeiterbindung aus Sicht der Personalverantwortlichen und aus Sicht der Mitarbeiter gegenübergestellt wurden. So steht „ausreichende Entscheidungsfreiheit/Eigenständigkeit“ aus Mitarbeitersicht auf Platz 1 der wichtigsten Treiber zur Mitarbeiterbindung (Personalverantwortliche: nur Platz 8). Platz 2 aus Mitarbeitersicht nimmt „Vorgesetzter inspiriert durch Begeisterungsfähigkeit“ ein (Personalverantwortliche: nicht gelistet). „Festlegung der individuellen Vergütung konsistent und fair“ steht auf Platz 3 (Personalverantwortliche: nicht gelistet), „Work-Life-Balance“ nimmt Platz 4 (Personalverantwortliche: Platz 9) „und Aufstiegsmöglichkeiten“ Platz 5 ein (Personalverantwortliche: Platz 4) ein. Auffällig ist, dass der Treiber Nummer 1 der Personalverantwortlichen „wettbewerbsfähiges/branchenübliches Gehalt“ bei den Mitarbeitern nur Platz 10 einnimmt.[35] Dieses Ergebnis deckt sich mit Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie, dass die Vergütung lediglich ein sogenannter „Hygiene-Faktor“ ist und als selbstverständlich betrachtet wird, nicht aber zur Leistung motiviert. Zusätzliche leistungsbezogene Vergütungsbestandteile können zur Motivation beitragen; fallen diese jedoch weg, kann dies sogar zu einem Motivationsverlust führen.[36] Erste empirische Untersuchungen lassen sogar vermuten, dass durch den Einsatz von leistungsabhängigen Vergütungsbestandteilen nicht zwangsläufig höhere individuelle Leistungen erzielt werden.[37] Materielle Instrumente wie Vergütung, Erfolgsbeteiligung und Firmenwagen sind zwar Anreize, aber keine längerfristigen Bindungselemente. Szebel-Habig geht sogar noch einen Schritt weiter und vertritt die Meinung, dass bei einem hohen Bindungsgrad und einer langen Betriebszugehörigkeit ein Arbeitnehmer nicht mehr unverzüglich das Unternehmen wechselt, wenn er ein höheres Gehaltsangebot erhielte. Selbst ein um 20% höheres Gehalt würde bei solchen Mitarbeitern unter Umständen nicht ausreichen, um sie zu einem Wechsel zu bewegen.[38] Diese These erscheint gewagt und bedürfte einer ausführlichen empirischen Untersuchung.

Die Einflussfaktoren lassen sich somit in materielle und immaterielle Faktoren, bzw. Anreizformen, einteilen. Materielle Einflussfaktoren sind Vergütungskomponenten, wie Lohn/Gehalt, Erfolgsbeteiligungen, bzw. Bonus, Firmenwagen, Aktienoptionen, Mitarbeiterdarlehen, arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge, sonstige betriebliche Sozialleistungen, wie beispielsweise Prophylaxemaßnahmen, betriebliches Vorschlagswesen usw. Zu den immateriellen Einflussfaktoren zählen die Unternehmenskultur, der Führungsstil, Weiterbildungsmöglichkeiten, Karrieremöglichkeiten, Arbeitszeitmodelle, Arbeitsinhalte, Arbeitsplatzgestaltung usw. um einige der zahlreichen Alternativen aufzuzählen.[39]

Es gilt nun, die Einflussfaktoren bei High Potentials von den allgemeinen Einflussfaktoren zu trennen, um entsprechende Methoden zur Bindung zu identifizieren.

3.2 Einflussfaktoren bei High Potentials

Um die Einflussfaktoren bei High Potentials von den allgemeinen Einflussfaktoren bei der Mitarbeiterbindung abzugrenzen, werden im weiteren Verlauf die Ergebnisse zweier Studien betrachtet sowie ein Ansatz, der auf dem theoretischen Modell des „Lebensphasenkonzepts eines Mitarbeiters“ nach Glasl basiert.

3.2.1 Studie von Thom

Im Rahmen der ersten betrachteten Studie im Jahre 2002 wurden über 500 Mitarbeiter befragt, die durch die Personalleitungen zweier Unternehmen als High Potentials identifiziert wurden. Der quantitative Teil dieser Studie fragte u. a. die Faktoren ab, die aus der Perspektive von High Potentials bei der Wahl der Arbeitsstelle eine wichtige Rolle spielen und einen nicht unerheblichen Einfluss auf die anschließende Bindung entfalten.[40]

Das erste Unternehmen (U1) ist in der Chemiebranche tätig (Rücklaufquote: 59,94%, N=214), bei dem zweiten Unternehmen (U2) handelt es sich um ein großes Schweizer Finanzdienstleistungsinstitut (Rücklaufquote: 73,79%, N=321).

Ein entscheidender Faktor ist der „Inhalt der Tätigkeit“, also die Aufgabe an sich, wenn sich ein High Potential für eine Stelle entscheidet (Mittelwert, jeweils gerundet U1: 1,15, bzw. U2: 1,19; absteigende 5-stufige Likert-Skala von 1 = „trifft völlig zu“ bis 5 = „trifft gar nicht zu“). Das stimmt überein mit dem Ergebnis auf die Frage nach möglichen Kündigungsgründen: Unbefriedigender Arbeitsinhalt 70,1% (U1), bzw. 72,2% (U2). Ein weiterer entscheidender Faktor sind die „Vorgesetzten“ (Mittelwert U1: 1,80, bzw. U2: 1,58). Auch hier zeigt sich eine klare Übereinstimmungen auf die Frage nach möglichen Kündigungsgründen: Führung 48,1% (U1), bzw. 66,5% (U2). Weitere wichtige Faktoren sind „Kollegen“ (Mittelwert U1: 1,83, bzw. U2: 1,77), „Gehalt“ (Mittelwert U1: 1,89, bzw. U2: 1,82), „Unternehmenskultur“ (Mittelwert U1: 1,94, bzw. U2: 1,84) und „Aus- und Weiterbildung“ (Mittelwert U1: 1,99, bzw. U2: 2,00). Auffällig ist, dass die Vergütung als nicht unwichtiger Faktor auftritt, auch wenn Thom ebenfalls betont, dass eine branchen-, funktions- und standortübliche Vergütung von High Potentials vorausgesetzt wird. Er geht sogar noch weiter, wenn er ausführt, dass weitere, massive materielle Anreize Negativeffekte auslösen können. Finanzielle Prämien, als zusätzliche extrinsische Motivation, verringern den inneren Antrieb und die Freude an der Tätigkeit. „Die Erfüllung der Arbeit ist nur noch Mittel zum Zweck, um an die Belohnung zu gelangen. [...] Nach Erreichen der Belohnung sinkt die Motivation und es braucht stets neue Anreize.“ Die materielle Dimension wirkt somit relativ kurzfristig und diene kaum der langfristigen, nachhaltigen Personalbindung.[41]

Als weniger entscheidende Faktoren sahen die befragten High Potentials „Arbeitsort und -weg“ (Mittelwert U1: 2,66, bzw. U2: 2,57), „Image des Unternehmens“ (Mittelwert U1: 2,60, bzw. U2: 2,00) und „Arbeitszeit“ (Mittelwert U1: 2,41, bzw. U2: 3,22).

[...]


[1] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 57 f.

[2] Vgl. SCHNELL/HILL/ESSER (1999), Methoden der empirischen Sozialforschung, S. 330 f.

[3] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 58.

[4] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 58.

[5] Vgl. Ebenda, S. 60.

[6] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 60.

[7] KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 60.

[8] Weitere ausführliche Ausführungen zu dem Thema Personalsichtungsrunden, lassen sich u. a. bei KUNZ finden: Nachwuchs fürs Management, S. 77 ff.

[9] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 62.

[10] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 62 f.

[11] Vgl. Ebenda, S. 63.

[12] KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 67.

[13] Vgl. Ebenda, S. 67; Vgl. KAHABKA (2004), Potenzialbewertung und Potenzialentwicklung der Mitarbeiter, in: BRÖCKERMANN/PEPELS (Hrsg.), Personalbindung, S. 92.

[14] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 64.

[15] Vgl. SCHULER (2000), Psychologische Personalauswahl, S. 121.

[16] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 69 ff.

[17] Vgl. SCHULER (2000), Psychologische Personalauswahl, S. 118.

[18] Vgl. SCHULER (2007), Assessment Center als multiples Verfahren zur Potenzialanalyse, in: SCHULER (Hrsg.), Assessment Center zur Potenzialanalyse, S. 6

[19] Vgl. KAHABKA (2004), Potenzialbewertung und Potenzialentwicklung der Mitarbeiter, in: BRÖCKERMANN/PEPELS (Hrsg.), Personalbindung, S. 92; KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 68.

[20] Vgl. Ebenda, S. 92.

[21] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 69.

[22] Vgl. KAHABKA (2004), Potenzialbewertung und Potenzialentwicklung der Mitarbeiter, in: BRÖCKERMANN/PEPELS (Hrsg.), Personalbindung, S. 92.

[23] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 72 ff.

[24] KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 73.

[25] Vgl. Ebenda, S. 72.

[26] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 75 f.

[27] Vgl. Ebenda, S. 76 f.

[28] zur prognostischer (oder prädektiver) Validität siehe SCHULER (2000), Psychologische Personalauswahl, S. 53 f.

[29] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 111 ff.

[30] Vgl. KUNZ (2004), Nachwuchs fürs Management, S. 109 f.

[31] Vgl. BAUER/JENSEN (2001), Determinanten der Mitarbeiterbindung, S. 8.

[32] MÜLLER-VORBRÜGGEN (2004), Best Practise-Personalbindungsstrategien in internationalen Unternehmen, in: BRÖCKERMANN/PEPELS (Hrsg.), Personalbindung, S. 345.

[33] SZEBEL-HABIG (2004), Mitarbeiterbindung: Auslaufmodell Loyalität?, S. 33.

[34] VOM HOFE (2005), Strategien und Massnahmen für ein erfolgreiches Management der Mitarbei- terbindung, S. 8.

[35] Vgl. TOWERS PERRIN HR SERVICES (2004), Reconnecting with Employees; JAEGER (2006), Mitarbeiterbindung, S. 28 f.

[36] Vgl. COMELLI/VON ROSENSTIEL (1995), Führung durch Motivation, S. 133 f.

[37] Vgl. HOLTMANN/MATIASKE/WELLER (2003), Nachhaltiges HR-Management in öffentlichen Organisationen, S. 17.

[38] Vgl. SZEBEL-HABIG (2004), Mitarbeiterbindung: Auslaufmodell Loyalität?, S. 118.

[39] Vgl. KNOBLAUCH (2004), Motivation und Honorierung der Mitarbeiter als Personalbin- dungsintrumente, in: BRÖCKERMANN/PEPELS (Hrsg.), Personalbindung, S. 101 ff.

[40] Zur Studie siehe THOM/FRIEDLI (2002), Personalerhaltung. Fallstudien zur Personengruppe der High-Potentials, S. 1 ff.

[41] THOM et al. (2003), Retention-Management für High Potentials, in: Jahrbuch Personalent- wicklung und Weiterbildung 2004, S. 245.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2007
ISBN (PDF)
9783956848926
ISBN (Paperback)
9783956843921
Dateigröße
5.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Harz - Hochschule für angewandte Wissenschaften (FH)
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Personalbindung Retention Retention Management Praxis Best Practice Human Resources Personalwesen Mitarbeiterbindung

Autor

Markus Kotzur, Dipl.-Kaufmann (FH) und Betriebswirt (VWA), wurde 1978 in Recklinghausen geboren. Von 2003 bis 2005 war er als Personalreferent und Ausbildungsleiter bei der LexisNexis Deutschland GmbH in Münster tätig und ab 2005 als Personalleiter bei der Cycos AG in Aachen sowie ab 2007 zusätzlich als Geschäftsführer von Cycos Italia Srl in Mailand und Cycos Spain SLU in Madrid. Von 2008 bis 2012 war er als Human Resources Director Germany für das französisch-amerikanische Softwareunternehmen Axway in Berlin tätig. Seit 2013 arbeitet er als Inhaber von mk hr consulting als selbständiger Berater vor allem mit den Schwerpunkten Personal- und Organisationsentwicklung, Change Management, Restrukturierung und HR (Interim) Management.
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Titel: Identifizierung und Bindung von High Potentials: Handlungsempfehlungen für kleine und mittelständische Unternehmen
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