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TPM – Total Productive Maintenance: Praxisleitfaden zur Erhöhung der Gesamtproduktivität

©2003 Diplomarbeit 74 Seiten

Zusammenfassung

Die Veränderungen der gesellschaftlichen, technologischen, wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen fordern von den Unternehmen Innovationskraft und Flexibilität. Auf der Suche nach Verbesserungen und Innovationen begegnet man verschiedensten Managementmethoden, die bestehende Strukturen über Board werfen. Dabei ist nicht zu vergessen, dass jede Veränderung Risiken mit sich bringt – diese möglichst gering zu halten, sollte oberstes Gebot sein.
Total Productive Maintenance (TPM), als ein wesentlicher Baustein des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP), liefert wesentliche methodische Grundlagen für den operativen Bereich zur Reduktion aller Verlustquellen der Anlagenleistung. Über die Minimierung der Leistungs-, Qualitäts- und Verfügbarkeitsverluste zielt TPM auf eine Maximierung der Gesamtanlageneffektivität ab und trägt somit im Einklang mit KVP wesentlich zum Unternehmenserfolg bei.
In dieser Arbeit werden die Instrumentarien KVP und TPM näher durchleuchtet, welche Zielvorstellungen in welchem Ausmaß erreichbar sind und wo die Grenzen dieser Methoden liegen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2.3 Die BVW-Elemente

Das Betriebliche Vorschlagswesen besteht aus mehreren Elementen, die im Folgenden genannt werden:

- Information, Motivation, Qualifizierung
- Auswahl der Probleme und Gruppenmitglieder
- Regelungen für die Arbeit der Gruppen
- Organisatorische Verankerung
- Anreizsysteme
- Unterstützung durch externen Berater

(vgl. Wahren 1998, 21)

Information, Motivation, Qualifizierung

Da die ganzheitliche Beteiligung ein wesentliches Kriterium darstellt, muss zunächst erreicht werden, dass die Mitarbeiter ausreichend motiviert sind, Verbesserungsvorschläge zu machen. Realisiert werden kann dies durch umfassende Informations-, Schulungs- und Trainingsmaßnahmen. Die hohe Motivation der Beschäftigten führt zu einer größeren Bereitschaft, sich im Rahmen des BVW zu engagieren, was wiederum zu einer höheren Anzahl und einer besseren Qualität der Verbesserungen führt. (vgl. Wahren 1998, 22ff)

Auswahl der Probleme und Gruppenmitglieder

Ob die vorhandenen Probleme richtig erfasst und kollegial abgearbeitet werden, hängt stark davon ab, in welcher Form die Probleme festgelegt und die Gruppen zusammengesetzt werden. Sporadisch können die zu bearbeitenden Probleme vom Management vorgegeben werden, speziell wenn es sich um komplexere Themen handelt, die von Experten gelöst werden müssen. Auf Dauer jedoch werden die Methoden besser funktionieren, wenn die Mitarbeiter bei der Identifizierung von Problemen beteiligt sind. Bei den Gruppenmitgliedern sei zu erwähnen, dass ein Zusammenspiel von Mitarbeitern und Moderator der Gruppe notwendig ist, wobei nur solche Mitarbeiter in der Gruppe integriert sein sollten, die aus eigenem Willen teilnehmen möchten. (vgl. Merz/Biehler 1994, 185ff)

Regelungen für die Arbeit der Gruppen

Die höchsten Effekte erreichten Unternehmen mit einer Gruppengröße zwischen fünf und sieben Personen. Bei größeren Gruppen entstehen bereits Kommunikationsprobleme zwischen den Teilnehmern. Bezüglich der Dauer und dem Rhythmus von Gruppensitzungen ist festzustellen, dass Sitzungen mit der Dauer von maximal 60 Minuten und einem festen Sitzungsrhythmus von einem Monat am erfolgreichsten sind. (vgl. Wahren 1998, 27f)

Organisatorische Verankerung

Das Betriebliche Vorschlagswesen wird wesentlich effektiver sein, wenn es sinnvoll in der Organisation integriert ist. Die wichtigsten Organe der BVW-Organisation sind der BVW-Koordinator, die Bewertungskommission sowie eine BVW-Geschäftsstelle, die nachfolgend erläutert werden. (vgl. Urban 1993, 39ff)

Anreizsysteme

Um die Mitarbeiter zur Beteiligung anzuregen, werden meist Prämien- und Anreizsysteme etabliert. Es kann das Vorschlagswesen unterstützen, wobei bei einem fehlenden Vertrauen in das Management auch das beste Prämiensystem unwillige Mitarbeiter nicht zu einsatzfreudigen Personen werden lässt. Es sollte daher nicht in den Mittelpunkt gestellt werden. (vgl. Rois 1999, 247)

Unterstützung durch externe Berater

Bei der Einführung eines BVW-Systems (als auch bei der Weiterentwicklung) ist es zu empfehlen, die Hilfe eines externen Beraters in Anspruch zu nehmen, da eine unparteiische Prozessbegleitung von erfahrenen Experten für das Unternehmen unerlässlich ist. (vgl. Wahren 1998, 32)

2.2.4 Organe des BVW

Um einen reibungslosen Ablauf der Vorschlagsaktivitäten zu gewähren, müssen die Rollen aller Beteiligten des BVW klar definiert sein und in einer Betriebsvereinbarung festgehalten werden. Dabei lassen sich folgende Organe zusammenfassen:

- BVW-Koordinator
- Vorschlagseinreicher
- BVW-Geschäftsstelle
- Gutachter
- Bewertungskommission

(vgl. Suppan 2003)

BVW-Koordinator

Er übernimmt die zentrale Funktion für die BVW-Organisation, indem er als Haupt- oder Nebentätigkeit alle anfallenden Koordinationsarbeiten wahrnimmt und für die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen (Betriebsvereinbarungen) die Verantwortung trägt. Weiters sorgt er dafür, dass die Voraussetzungen für eine effiziente Umsetzung der Ideen nicht beschnitten werden, er unterstützt die Mitarbeiter bei Fragen und Unklarheiten bezüglich des Vorschlagswesens und führt Werbemaßnahmen durch.

Je höher er in der Hierarchie angesiedelt ist, umso effektiver kann er das BVW-System unterstützen. (vgl. Urban 1993, 39f)

Vorschlagseinreicher

Der Kreis der Vorschlagsberechtigten sollte alle Beschäftigten eines Unternehmens umfassen, wobei die Verbesserungsvorschläge von einem oder mehreren Einreichern eingebracht werden können. Dies geschieht meist über BVW-Briefkästen an den Informationstafeln, den Betriebsrat, die persönliche Abgabe bei der BVW-Geschäftsstelle oder den Vorgesetzten. (vgl. Merz/Biehler 1994, 80)

Für die Anerkennung eines Verbesserungsvorschlages (VV) muss er folgende Punkte voraussetzen:

- Der VV muss ohne Arbeitsauftrag und freiwillig entstanden sein
- Der VV muss eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand bewirken und ein positives Verhältnis zwischen Nutzen und Aufwand darstellen
- Der VV muss neben dem Aufzeigen eines verbesserungsfähigen Zustandes auch Angaben zu dessen Lösung und dem zu erwartenden Erfolg anführen

(vgl. Suppan 2003)

BVW-Geschäftsstelle

Die Vorschläge werden in der BVW-Geschäftsstelle formal überprüft, registriert (laufende Nummer, Datum, Titel) und mit der Eingangsbestätigung versehen. Anschließend wird einerseits an den Einreicher eine Mitteilung der Annahme bzw. der Ablehnung des Vorschlages erfolgen und andererseits wird der VV an den Gutachter mit Terminstellung gesandt. Nach der Begutachtung gelangt der Vorschlag zur Bewertungskommission. Die BVW-Geschäftsstelle erstellt weiters ein persönliches Schreiben mit dem Bescheid und stellt die Auszahlungsanweisung über das Gehaltskonto aus. (vgl. Merz/Biehler 1994, 80f)

Neben den Auswertungen Anzahl der Verbesserungsvorschläge je Mitarbeiter pro Jahr, Summe der offenen Vorschläge, durchschnittliche Realisierungsdauer der VV sowie Aufteilung der VV über die Schichten und Abteilungen sollte weiters eine Nutzen/Aufwand-Analyse erstellt werden. (vgl. Rois 1999, 251)

Gutachter

Gutachter sind jene Personen im Unternehmen, die in einem Sachgebiet, welche vom Verbesserungsvorschlag tangiert werden, die notwendigen Fachkompetenzen aufweisen. Ihre Aufgaben bestehen darin, die an sie weiter geleiteten VV sachlich, fachlich eindeutig und objektiv zu begutachten. Um lange Wartezeiten für den Einreicher und unnötige Kosten für das Unternehmen durch verzögerte Realisierung des VV zu vermeiden, ist es notwendig, den Gutachtern Fristen zu setzen. (vgl. Urban 1993, 41f)

Bewertungskommission

Eine qualifizierte Bewertungskommission mit erforderlichem Fachwissen und notwendigen Kompetenzen besitzt das Vertrauen der Unternehmensführung und der Mitarbeiter zur Durchsetzung der Beschlüsse. Dabei entscheiden sie über die Annahme oder Ablehnung der VV, sie überprüfen die vom Gutachter vorgeschlagene Prämie und genehmigen diese. Weiters veranlassen sie gegebenenfalls eine Schutzrechtsprüfung und überprüfen, ob der VV noch in anderen Betriebsteilen umgesetzt werden kann.

Bei den Prämiensystemen existiert eine Reihe von Bewertungsverfahren, die in den Unternehmen ihre Anwendung gefunden haben:

- Bewertung nach Prozentsätzen
- Bewertung nach Punkten oder Faktoren
- Bewertung nach Klassen und Stufen
- Bewertung nach Ermessen und Erfahrung

(vgl. Wachter 2003)

Das betriebliche Vorschlagswesen ist eine bewährte Methode, die durch immer bessere Produkte und Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen auf erhöhte Kundenzufriedenheit abzielt. Mit 19 bzw. 14 Vorschlägen pro Mitarbeiter in einem Jahr belegten ein Automobilproduzent und ein –zulieferer beeindruckende Ergebnisse. Ersterer erzielte damit insgesamt einen Nutzen von knapp 4 Mio. €. Somit lohnt es sich für die Unternehmensführung, Verbesserungsvorschläge aufzugreifen und umzusetzen. (vgl. Hofmann 1998, 44)

2.3 Definition des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP)

2.3.1 KVP und Kaizen

Der japanische Begriff Kaizen (siehe Kapitel 2.1) bedeutet „das Gute verbessern“ oder „Veränderung zum Besseren“, womit die Forderung nach einem ständigen Verbesserungsprozess zum Ausdruck gebracht wird. Mit gleicher inhaltlicher Bedeutung wird Kaizen im amerikanischen Sprachraum mit „Continuous Improvement Process (CIP)“ übersetzt und folglich im deutschsprachigen Raum mit „ K ontinuierlicher V erbesserungs P rozess (KVP)“ übernommen. KVP ist somit eine Philosophie, der ein Konzept der Verbesserung der Produktivität, kontinuierlich und konsequent in kleinen Schritten zugrunde liegt.

Der Prozess basiert auf der Erkenntnis, dass Leitlinien, Methoden, Werkzeuge und Unternehmensziele in einem Gesamtzusammenhang gebracht und eingesetzt werden. (vgl. Kostka 1999, 8ff)

Ausgangspunkt dabei ist die Haltung jedes Einzelnen im Unternehmen, bestehende Ist-Situationen in Frage zu stellen, vorhandene Probleme aufzudecken, und konsequent nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen, um Zustände nachhaltig zu verbessern. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt, da die Ziele nur erreicht werden, wenn die Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten aller Mitarbeiter aktiviert und in den ständigen Verbesserungsprozess eingebracht werden. (vgl. Kämmerle 1997, 115)

KVP bedeutet eine kommunikationsintensive Suche nach besseren Lösungen ohne ein endgültiges Ziel zu erreichen. Jeder neue Standard birgt seine eigenen Probleme und Schwächen in sich und wird so zum Ausgangspunkt weiterer Verbesserungen auf höherem Niveau. (vgl. Howaldt/Kopp/Winther 1998, 38f)

Splittet man das Wort KVP auf, dann ergeben sich daraus die drei Bedeutungen Kontinuierlich, Verbesserung und Prozess. (vgl. Fischer/Maier 2000, 12)

Kontinuierlich

Keiner gibt sich mit einem erreichten Sollzustand zufrieden. Die Beschäftigten eines Unternehmens machen sich ständig Gedanken darüber, wie die Anlagen/Maschinen, Arbeitsabläufe und das Arbeitsumfeld noch besser optimiert und gestaltet werden können.

Verbesserung

Allen Mitarbeitern muss bewusst werden, dass nichts perfekt und jeder Zustand verbesserungsfähig ist.

Prozess

Eine erfolgreiche Verbesserung erreicht man, wenn gezielt und geplant nach den Fehlerursachen gesucht wird, um dem gewünschten Ziel „Schritt-für-Schritt“ näher zu kommen.

„Nicht der Begriff „Kontinuierliche Verbesserungen“ ist ausschlaggebend für die Effizienzsteigerung, sondern das hinter dem Wort Kaizen stehende System, das für die Einstellungsänderung der Mitarbeiter und die daraus resultierenden Produktivitätssteigerungen sorgt.“ (Rois 1999, 256)

KVP ist kein Mittel zur Bewältigung von akuten Unternehmenskrisen, sondern ein eigenständiger, ganz spezifischer Ansatz zur Verbesserung der Wettbewerbsposition eines Unternehmens. Darüber hinaus kann es aber auch ergänzend zu anderen Organisations- und Managementtechniken eingesetzt werden.

2.3.2 Ziele des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses

Mit der Einführung von KVP versprechen sich Unternehmen das Erreichen verschiedenster Ziele, die einerseits wirtschaftlich (unternehmensbezogen), andererseits sozial (mitarbeiterbezogen) ausgerichtet sind. Beide Zielrichtungen müssen sich ergänzen.

Wirtschaftliche Ziele:

- Erhöhung der Produktivität und Verbesserung der Qualität
- Abbau von Verschwendungen jeder Art
- Erhöhung der Anwesenheitszeit
- Verbesserung der Flexibilität
- Bestandsreduzierungen
- Einsparung an Energie, Material und Ressourcen
- Verbesserung der Verwaltungsabläufe
- Globale Markt-/Technologieführerschaft
- Verbesserung der Wirtschaftlichkeit durch Kostensenkung
- Reduzierung der Entwicklungs-, Durchlauf- und Lieferzeiten
- Erhöhung der Kundenzufriedenheit
- Verbesserung des Führungsverhaltens

(vgl. Kittel 2003; Rois 1999, 43; Schwager 1997, 62)

Soziale Ziele:

- Verbesserung der Teamfähigkeit
- Identifikation der Mitarbeiter mit dem Produkt und dem Unternehmen
- Erhöhung der Verantwortlichkeit der Beschäftigten
- Partnerschaftlicher Führungsstil sowie Abflachen der Hierarchien
- Qualifizierung der Mitarbeiter
- Beteiligung der Beschäftigten in Entscheidungsprozessen
- Erhöhung der Arbeits-/Mitarbeiterzufriedenheit
- Variable, erfolgsabhängige Entlohnung
- Sicherung der Arbeitsplätze
- Bessere betriebliche Kommunikation und Information
- Attraktivere Arbeitsplätze

(vgl. Kittel 2003; Schwager 1997, 62; Kämmerle 1997, 119)

Eine Konzentration auf reine wirtschaftliche Ziele führt häufig dazu, dass für die Gruppen oder den Einzelnen keine Zeit mehr verbleibt, eigene Ziele wie z.B. die Gestaltung des Arbeitsplatzes umzusetzen. Gerade diese sozialen Ziele, die sich auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter beziehen, stellen aber einen wichtigen Faktor für die Motivation zum KVP dar. Den sozialen Zielen muss somit eine gleichermaßen hohe Wertschätzung zugute kommen, wie den Zielen der Geschäftsführung.

2.3.3 Methoden und Werkzeuge

In der vorausgehenden Ausführung wurde in groben Zügen dargestellt, was die Ziele eines Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses sind. In diesem Abschnitt werden nun die Methoden und Werkzeuge vorgestellt, die zur Zielerreichung notwendig sind. Im Allgemeinen lassen sich Folgende zusammenfassen:

- 5 S
- Visualisierung
- Standardisierung
- 7 Verschwendungsarten
- TQM (siehe Kapitel 2.1.4)
- Teamarbeit
- TPM (siehe Kapitel 3)
- Kanban
- Policy Deployment (siehe Kapitel 2.1.4)
- Problemlösungstechniken
- BVW (siehe Kapitel 2.2)
- Entlohnung/Anerkennung

(vgl. Wachter 2003)

5S

Die 5S bilden die Basis des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Der Begriff 5S (Ordnung und Sauberkeit) kommt aus dem Japanischen und beinhaltet fünf Schritte (siehe Abb. 3). Europäische Unternehmen bevorzugen es oft, statt der japanischen 5S einen anderen Buchstaben in Anlehnung der Bedeutungen aus der Landessprache zu verwenden. (vgl. Imai 1997a, 77f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Der Begriff 5S. - Quelle: Imai 1997a, 77.

Visualisierung

Unter dem Begriff der Visualisierung wird die bildliche Darstellung von Wegen, Prozessen, Betriebsmittel, Werkzeugen, Arbeitsabläufen, Informationen und Daten verstanden. Mit dieser Methode können sich alle Führungskräfte und Mitarbeiter schnell einen Überblick über alle wichtigen Prozesse vor Ort verschaffen. Die wichtigsten Informationen (Produktivität, Ausschuss, Unfallrate, Anzahl der Verbesserungsvorschläge usw.) eines Bereiches werden auf einer KVP-Infowand (siehe Abb. 4) dargestellt, die somit das Zentrum des Informationsaustausches darstellt (vgl. Kämmerle 1997, 133ff).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: KVP-Info-Wand. - Quelle: Kämmerle 1997, 137.

Standardisierung

Die schriftlich formulierten Regeln des täglichen Geschäftslebens werden als Standards bezeichnet. Sie gelten im Sinne des KVP als eine allgemein gültige Handlungsmaxime, die den Mitarbeitern den Weg für eine effiziente, zielgerichtete Arbeitsweise aufzeigen soll. Standards sind auf Prozesse und nicht auf Funktionen ausgerichtet, wobei die Aufrechterhaltung und Sicherung leistungs- und qualitätsgerechter Tätigkeiten im Vordergrund steht. Nur durch sie wird sichergestellt, dass die beste Methode, etwas zu verrichten, auch von allen Beschäftigten angewandt wird. Es gilt, bestehende Standards ständig zu hinterfragen und zu verbessern. Werden Standards nur unzureichend kommuniziert, besteht die Gefahr, dass nur ein geringer Teil der Mitarbeiter die Standards einhält und damit die Grundlage weiterer Verbesserungen entzogen wird. Daher ist es notwendig, dass Vorgesetzte unmittelbar auf Verletzungen der Standards reagieren und sie nicht stillschweigend hinnehmen. (vgl. Schwager 1997, 112ff)

7 Verschwendungsarten

Das Produkt durchläuft während des Fertigungsprozesses viele kleine Einzelschritte (Lagerung, Transport, Bearbeitung usw.), von denen nur ein geringer Teil der eigentlichen Wertschöpfung dient. Ein großer Teil der Prozesse bezieht sich auf Tätigkeiten, die nicht zum Wertzuwachs beitragen. Da der Kunde jedoch nur für die eigentliche Wertschöpfung zu zahlen bereit ist, müssen die Verschwendungen (japanisch „Muda“) gesucht und weitestgehend beseitigt werden. Dabei wird versucht, schwerpunktmäßig die Verschwendungen zu verhindern, die Kosten, Durchlaufzeit und Qualität der Produkte beeinflussen. Dafür ist eine prozessorientierte Verschwendungssuche notwendig, die sich auf folgende 7 Verschwendungsarten konzentriert: Überproduktion, Transport, (Umlauf-)Bestände, Unnötige Bewegungen, Herstellung, Warte- und Liegezeit und Nacharbeit/ Fehler. (vgl. Kostka 1999, 60ff)

Die Reduzierung bzw. Eliminierung der Verschwendungen dient der Aufrechterhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und trägt nicht unerheblich zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei. Einige Unternehmen konnten in kurzer Zeit Produktivitätssteigerungen und damit eine Ergebnisverbesserung von bis zu über 70% erreichen. (vgl. Schwager 1997, 129)

Teamarbeit

„Ein Team ist eine Gruppe von Menschen, die konstruktiv zusammenarbeiten und miteinander Probleme lösen, um die gemeinsam vereinbarten Ziele zu erreichen. Die engen Beziehungen, die die einzelnen Teammitglieder miteinander verbinden, tragen wesentlich zum Erbringen hervorragender Leistungen bei. Dies setzt jedoch eine Begrenzung der Mitgliederzahl auf max. 10 Personen voraus.“ (Kostka 1999, 100)

Die Teamorganisation geht davon aus, dass alle Mitarbeiter eines Unternehmens einem Team zugeordnet sind. Die Organisation innerhalb eines Teams ist grundsätzlich dem Team selbst überlassen, wobei jedoch bestimmte Richtlinien eingehalten werden müssen. Somit ist das Team selbst verantwortlich, Aufgaben in der Gruppe dementsprechend zu verteilen und die durchzuführenden Maßnahmen mit anderen Teams abzusprechen. Durch die Teamarbeit wird die Zusammenarbeit der Kollegen gefördert, werden Verbesserungen aufgezeigt und gemeinsam im Team abgearbeitet, wird die Kreativität der Mitarbeiter erhöht, profitieren Beteiligte von den Erfahrungen und Erkenntnissen der Teammitglieder. Weiters wird die Beteiligung der Mitarbeiter am Verbesserungsvorschlagswesen durch einen umfassenderen Einblick in den Leistungsprozess forciert. (vgl. Rois 1999, 116ff)

Kanban

Das Wesentliche an der Kanban-Methode (auch bekannt als „Supermarkt-Idee“) ist, dass sichergestellt wird, dass die erforderliche Menge an Betriebsmitteln ständig am Ort des Produktionsprozesses vorhanden ist, damit der Mitarbeiter an seinem Platz die benötigten Dinge vorfindet. Durch eine angemessene Menge an Betriebsmitteln in seiner direkten Umgebung, kann die Leerlauf- oder Wartezeit minimiert werden. Bei der Unterschreitung einer kritischen Bestandsgrenze beschafft sich die nachgelagerte Bearbeitungsstufe die von der vorgelagerten Stelle benötigten Teile. Damit ein Kanban-System funktioniert, wird die Bestellung mit Kanban-Bestellkarten bei An- und Ablieferung der Materialien kommuniziert. Durch die selbstständige Anforderung von Produktionsmitteln seitens der verbrauchenden Fertigungsstelle innerhalb der Wertschöpfungskette kommt es zu einer Reduzierung der Durchlaufzeiten und zu Qualitätsverbesserungen, kürzeren Lieferzeiten sowie zu einer vereinfachten Produktionssteuerung. (vgl. Füser 1999, 139ff)

Problemlösungstechniken

Problemlösungstechniken sind systematische Vorgehensweisen, um Probleme bzw. Verluste zu erfassen und gemeinsam im Team bewältigen zu können. Dabei werden die einzelnen Problemlösungsschritte wie folgt unterteilt:

- Problem erkennen und auswählen (Teamzusammensetzung)
- Problemdarstellung: Zahlen, Daten, Fakten zur Erfassung der Ist-Situation
- Zielfestlegung
- Ursachenanalyse mittels 5xWarum-Analyse, Ishikawa-Diagramm, Brainstorming, Ideensammlung, Mind Mapping usw.
- Entwickeln und Planen der Lösung: Ideensammlungen von Alternativen, Bewertung der Vorschläge, Aktionsplan – Wer? Was? Wann?
- Lösungsüberprüfung: Ergebnisse mit Kennzahlen visuell darstellen
- Standardisierung zur Vermeidung eines Wiederauftretens

(vgl. Faber 2000, 15f)

Wenn Teams den Problemlösungsprozess in dieser Form durchlaufen, können mit hoher Wahrscheinlichkeit die zuvor angestrebten Ziele erreicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass alle Teammitglieder hinter den definierten Maßnahmen stehen und ausreichend motiviert sind, diese umzusetzen.

Entlohnung/Anerkennung

Ein Entlohnungssystem besteht einerseits aus der individuellen Leistungsentlohnung, die mit dem Mitarbeiter aufgrund unterschiedlicher Kriterien festgelegt wird, und andererseits aus einem Prämiensystem, das, wie bereits erläutert, auf die Entlohnung von Verbesserungsvorschlägen abzielt. Ausschlaggebende Kriterien für die individuelle Entlohnung sind die Leistung und die Motivation des Beschäftigten, die bei einem jährlichen Mitarbeitergespräch diskutiert werden. (vgl. Rois 1999, 178f)

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor ist die Anerkennung von Vorgesetzten. Sie sollten Einsatz und Leistung ihrer Mitarbeiter honorieren, indem sie bei einem persönlichen Gespräch ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen oder einen Sachpreis als Zeichen der Anerkennung überreichen. Eine KVP-Veranstaltung mit Tombola würde weiters die Belegschaft anspornen, sich mit KVP zu identifizieren und macht darüber hinaus auch noch Spaß für alle Beteiligten. (vgl. Wahren 1998, 31)

Bei der Umsetzung der nun vorgestellten Methoden und Werkzeuge sollten folgende KVP-Regeln angewandt werden (siehe Abb. 5):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Die zehn KVP-Regeln. - Quelle: Kämmerle 1997, 119.

2.3.4 Beteiligte des KVP

Die Einführung und Förderung des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses kann nur erfolgreich sein, wenn sich alle Beschäftigten eines Unternehmens mit einbringen und wenn sie sich ihrer Rolle bewusst sind. Zusammenfassend können als die wichtigsten Aufgaben und Pflichten der Beteiligten zur Verwirklichung des KVP genannt werden:

Management: - Vision entwickeln und Unternehmensstrategie festlegen

- KVP-Politik erstellen sowie KVP-Strategie entwickeln
- Verfahren, Methoden und Techniken für KVP einführen
- Aufgabengebiete zuweisen und KVP aktiv unterstützen
- KVP-Bewusstsein bei den betrieblichen Führungskräften entwickeln
- Fachleute hinzuziehen und Zielerfüllung überwachen
- KVP-Ziele den Bereichen zuordnen (vgl. Kämmerle 1997, 129f)

Führungskräfte: - Aktives Vorleben, Beispiel geben und Überzeugen

- Sicherstellung der Einhaltung von Standards durch organisatorisch-motivierende Maßnahmen
- Unterstützung, Förderung und Befähigung der Mitarbeiter
- Kommunikation Vorort (Gemba) fördern
- Vereinbaren von motivierenden Zielen
- Bereitstellung von Hilfsmitteln
- Schulungen durchführen (vgl. Schwager 1997, 178f)

Mitarbeiter: - Identifikation mit dem KVP-Prozess

- Verantwortung für Arbeitsplatz und -umfeld übernehmen
- Verantwortung für Qualität und Quanität
- Einhaltung und Weiterentwicklung von Standards
- Optimierung und Gestaltung der Arbeitsprozesse
- Verbesserungsvorschläge einbringen
- KVP-Techniken lernen und anwenden
- Verschwendungen vermeiden
- Achten auf Sicherheit, Sauberkeit, Ordnung und Umweltschutz

im Unternehmen (vgl. Fischer/Maier 2000, 29)

2.3.5 Barrieren und Fazit des KVP

Man darf sich nicht dem Irrglauben hingeben, dass die Einführung bzw. Fortführung eines Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ohne Probleme und Störungen von statten geht. Verschiedenste Formen von Widerständen wie zum Beispiel kulturelle, personelle, prozessuale Widerstände sowie Probleme im Umfeld können existieren. Deren Auswirkungen können sich wie folgt abzeichnen: skeptische Haltung der Mitarbeiter gegenüber Rationalisierung, ablehnende Haltung des Managements und das Gefühl der Kompetenzbeschneidung. Von Bedeutung ist allerdings der Grad, die Intensität und der Umfang der Probleme, wie sie in einem Unternehmen Gestalt annehmen. Die Ursache des Auftretens von Störfaktoren hängt vor allem von der in der Unternehmung vorherrschenden Struktur und der praktizierten und gelebten Unternehmenskultur ab. Ist man nicht vorausschauend genug bei der Implementierung eines KVP, können die möglichen Effekte von Störungen so weit reichend sein, dass sie den Gesamtprozess zum Stehen oder sogar zum Absterben bringen. Das wiederum führt einerseits zu erhöhten Kraft-, Kosten- und Zeitaufwendungen für das Unternehmen und andererseits zu einer Verschlechterung der Stimmung unter den Mitarbeitern und somit zur Verschlechterung des Betriebsklimas.

Um KVP erfolgreich mit den geringst möglichen Behinderungen zu implementieren, benötigt man eine gewisse Sensibilisierung, um Veränderungen langsam in den Verhaltensmustern, Einstellungen, Normen und Werten zu erwirken. Grundbedingung dafür ist jedoch, dass KVP ganz oben in der Hierarchie angesiedelt ist, eine Hauptposition in der Unternehmenspolitik einnimmt und damit zur zentralen Strategie des Unternehmens wird. Es darf nicht zu einer Verschließung gegenüber dem Veränderungsprozess seitens der Mitarbeiter kommen. Dies gelingt in der Regel nur dann, wenn KVP als ein eigenständiges, ganzheitliches und umfassendes Verbesserungssystem organisiert ist.

KVP ist für europäische Unternehmen kein Fremdwort mehr. Es wird in unterschiedlichster und vielfältigster Weise angewandt, wobei die Unternehmen erkannt haben, dass eine Kopie des Systems nicht der richtige Weg ist.

Eine Studie zu KVP in mehr als 100 deutschen Unternehmen ergab das folgende Ergebnis:

- 91 % gaben an, dass KVP die Motivation der Mitarbeiter gesteigert hat
- 44 % gaben an, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzte stark verbessert hat
- 80 % konnten Bestandsreduzierungen aufweisen
- 94 % konnten Durchlaufzeiten verkürzen
- 71 % konnten Nacharbeit und Ausschuss um bis zu 10% reduzieren
- 98 % senkten mit KVP ihre Kosten um bis zu 15%
- 94 % stufen den Ertrag höher als den Aufwand ein

(vgl. Kostka 1999, 22ff)

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2003
ISBN (PDF)
9783956847561
ISBN (Paperback)
9783956842566
Dateigröße
8.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
( Europäische Fernhochschule Hamburg )
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
Kaizen KVP Unternehmenskultur Betriebliches Vorschlagswesen Schwerpunktproblem

Autor

Dr. Markus Schober, MBA, wurde 1978 in Braunau/Inn geboren. Nach seiner technischen Ausbildung studierte er neben seiner beruflichen Tätigkeit als Führungskraft in der Aluminiumindustrie Wirtschaftsingenieurwesen und Wirtschaftswissenschaften. Seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn im Jahre 1998 konnte der Autor umfassende praktische Erfahrungen mit den Managementmethoden KVP und TPM sammeln. Schwerpunkte seiner Tätigkeit waren u.a. die Einführung, Koordination und Weiterentwicklung der Veränderungsprozesse im Unternehmen. Dabei standen die Entwicklung einer mitarbeiter- und verbesserungsorientierten Unternehmenskultur, kooperatives Führungsverhalten, unternehmensweite Kommunikation sowie die Teamarbeit im Fokus.
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