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Antibiotika Langzeit-Therapie bei chronischer Lyme-Borreliose mit Borrelien DNA-Nachweis durch PCR: Intensivbehandlung, Kombinationsbehandlung, Langzeitbehandlung

©2008 Studienarbeit 40 Seiten

Zusammenfassung

Gegenstand der Anwendungsbeobachtung sind 90 Patienten einer Internisten-Praxis, die wegen einer Lyme-Borreliose bereits leitlinienkonform 14 Tage bis 3 Wochen antibiotisch behandelt worden waren, die sich aber weiterhin krank fühlten und bei denen wir später Borrelien-DNA mittels der PCR-Methode nachweisen konnten, 82 davon durch Hautbiopsien, 8 im Urin. Die Krankheitsvorgeschichte bis zur Wiederaufnahme der antibiotischen Behandlung (zwischen 1998 und 2007) dauerte mindestens 1 Jahr, längstens 40 Jahre, im Durchschnitt 9,5 Jahre. Antibiotisch behandelt haben wir zu Anfang kontinuierlich zumeist ein halbes Jahr lang, später in Intervallen streng an den Symptomen der Patienten orientiert. Unter dieser Art der Therapie kam es bei 37,8% der Patienten zur Remission. 56,7% der Patienten litten immer wieder unter Krankheitsschüben, so dass bei ihnen die Behandlung in Intervallen auch über mehrere Jahre weiter geführt wurde. 5,5% der Patienten zeigten sich therapieresistent.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Patienten

2.1 Einschlusskriterien, Dauer, Alters- und Geschlechterverteilung

Kriterium für die Aufnahme in die Praxisstudie war der Borrelien-DNA-Nachweis mit der PCR-Methode bei 82 der 90 Patienten aus Hautbiopsien (s.Anhang 2, Seite 35), bei 8 (in unserer Anfangsphase) aus Urin.

Die Dauer des Leidens der Patienten (mindestens 1 Jahr, längstens 40 Jahre, im Durchschnitt 9,5 Jahre) zeigt Abbildung 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Dauer des Leidens in Jahren bis zum Beginn der an den Krankheitsverlauf adaptierten Antiinfektiva -Therapie (76 der 90 Patienten mit relativ sicher erscheinenden Verlaufsangaben der Patienten).

Alle Altersstufen waren etwa gleichmäßig vertreten. Der jüngste Patient war 7 Jahre alt, der älteste 88 Jahre. Der Altersdurchschnitt war 49 Jahre.

36,66% (33/90) der Patienten waren Männer, 63,33% (57/90) waren Frauen.

2.1.1 Klinische Symptome und Befunde

Bei den klinischen Symptomen und Befunden der Patienten dominierten die neurologischen, gelegentlich auch psychiatrischen Manifestationen [14], die Muskel-, Gelenk-, die Skeletterkrankungen [15] und die Allgemeinsymptome [14, 16].

Mit Abstand folgten andere differenzialdiagnostisch abgrenzbare Symptome und Befunde (Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die prozentuale Häufigkeit von klinischen Symptomen und Befunden.

1*. neurologisch-psychiatrisch, 2*. muskulo-skelettal, 3*. Erschöpfung und Schwäche, 4*. gastrointestinale Symptome [9, 17], 5*. Augenmanifestationen, 6*. Herzprobleme, 7*. Erythema migrans in der Anamnese, 8*. Hypertonie, 9*. Schilddrüsen-Erkrankungen.

Ein früher beobachtetes Erythema migrans wurde von 42,22% (38/90) der Patienten berichtet.

Eine Erhöhung der lebertypischen Enzyme fanden wir bei 20% (18/90) der Patienten, wie es A.C. Steere et al. bereits 1983 beschrieben hatten [18].

Bei 11,11% (10/90) der Patienten bestanden bösartige Tumore.

Bei 46,66% (42/90) der Patienten haben wir gezielt nach Koinfektionen gesucht. Bei der Frage nach Chlamydien fielen die Labor-Untersuchungen zu 80,64% (25/31) pathologisch aus, bei der Frage nach Mykoplasmen zu 78,26% (18/23), bei Yersinien zu 77,77% (7/9).

2.1.1.1 Serologische Befunde bei Borrelien-DNA-Nachweis

Gleichzeitig mit dem Borrelien-DNA-Nachweis wurde bei allen Kranken (90/90) die Borrelienserologie durchgeführt (MVZ Köln, s. Abb. 3). Im Elisa-Test fanden wir Borrelien-IgG-Antikörper in 46,66% (42/90) und Borrelien-IgM-Antikörper in 12,22% (11/90). Bei der alleinigen Anwendung des Elisa-Tests als Suchtest würden demnach etwa 53% der Kranken mit einem durch Borrelien-DNA nachgewiesenen Borrelien – Infekt und typischer Borreliose – Symptomatik unbehandelt bleiben.

Der Borrelien-IgG-Blot war mit 54,54% (48/88) um etwa 8% treffsicherer als das Elisa-Testverfahren. IgM-Ergebnisse waren diagnostisch von geringer Bedeutung. (Abbildung 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 3: Pathologische serologische Befunde bei Patienten mit positivem Borrelien-DNA-Nachweis durch PCR. Labor: MVZ Köln http://www.labor-koeln.de/

Manchmal fiel bei den einzelnen Patienten nur der Elisa-Test, manchmal nur das Immunoblot-Testverfahren pathologisch aus. Bei Patienten mit pathologischen Elisa-Testergebnissen war in 10,85% (9/85) das Immunoblot-Ergebnis unauffällig. Bei Patienten, die ein pathologisches Immunoblot-Testergebnis hatten, blieb bei 24,70% (21/85) das Elisa-Testergebnis unauffällig.

Bei 43,52% (37/85) der Patienten waren beide Testergebnisse gleichzeitig pathologisch ausgefallen. Bei 23,33% (21/90) waren Elisa und Blot unauffällig, d.h., wenn beide Tests zugleich angewendet blieben evtl. 23,33% der Patienten unbehandelt. Ähnliche Ergebnisse fanden bereits J. Oksi et al. 1995 [19], I. Santino et al. 2008 [20] sowie P. Hopf-Seidel 2008 [21].

3 Therapie

3.1 Grundlagen der Therapie mit Antiinfektiva

Basis der Behandlung der Patienten waren für uns Empfehlungen zur Lebensführung (Wärmeanwendung, Bewegung, ausgewogene Ernährung, Stressregulation, absolute Drogen-, Nikotin- und Alkoholabstinenz).

Ein auffälliges selbstschädigendes Suchtverhalten (zumeist Rauchen, Alkohol), fanden wir bei 14,44% (13/90) der Patienten.

Bei Bedarf verordneten wir nichtsteroidale Antiphlogistika [22] (bevorzugt Acetylsalizylsäure) und evtl. neurologisch wirksame Substanzen (bevorzugt Pregabalin) sowie andere Antizytokine [23] (bevorzugt Alphaliponsäure), gelegentlich auch toxinbindende Substanzen (bevorzugt Colestyramin) [24].

Die Einnahme von Symbiontenkulturen (Bifido- und Laktobazillen) [25], auch die Anwendung der altbekannten Schaukeldiät (wöchentlicher Wechsel zwischen vorwiegender Fleischnahrung und anschließend strikter Pflanzennahrung, evtl. mit Urin-pH-Messungen) haben wir befürwortet.

Immunmodulationstherapien haben wir nicht riskiert.

Vitamine und sog. Nahrungsergänzungsmittel wurden von uns nicht verordnet.

Antihistaminika und Cortikosteroide verwendeten wir nur im Notfall.

Intravenöse Dauerkatheter oder Portimplantate haben wir aus infektiologischen Gründen nicht verwendet.

Außerdem haben wir den Patienten auch Hinweise zu ihrer Ernährung, und zum Umgang mit Tieren und Aufenthalt in der Natur gegeben.

3.1.1 Antiinfektiva-Therapie

Wir setzten nur Antiinfektiva ein, die derzeit zur Behandlung der Lyme-Borreliose und zur Behandlung von Koinfektionen in der Literatur bereits beschrieben sind [2, 26-29].

Die Häufigkeit der Anwendung der wichtigsten von uns verwendeten Antiinfektivagruppen zeigt Abbildung 4.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 4: Antiinfektivagruppen und deren Einsatzhäufigkeit bei durch Borrelien-DNA-Nachweis und klinisch gesicherter Borrelieninfektion.

3.1.1.1 Tetrazykline

Wir bevorzugten Doxycyclin 200 mg/Tag i.v. in 100 ml NaCl 0,9%, meistens in Kombination mit Tetracyclin 2x500 mg/Tag oral am selben Tag in Anlehnung an S. Donta [7] über mindestens 20 Tage. In Abhängigkeit vom klinischen Verlauf wiederholten wir 20-tägige Behandlungszyklen. Später verordneten wir anstelle von Doxycyclin Minocyclin 2x 100 mg/Tagl, weil Minocyclin stärker lipophil ist und eine bessere Liquorgängigkeit haben soll [4, 12].

3.2 Betalaktam-Antiinfektiva

Von den Betalaktam-Antiinfektiva bevorzugten wir Ceftriaxon [2, 26, 27] in der Dosierung 2-4 g/Tag als Infusion durchgehend über zunächst 21 Tage, anschließend gepulst an 3-4 Tagen pro Woche mehrere Wochen lang.

Bei schweren Fällen mit neurologischer Beteiligung verwendeten wir anstelle von Ceftriaxon Cefotaxim 3x4g /Tag.

3.2.1 Makrolide

Von den Makroliden [30] zogen wir Clarithromycin in Anlehnung an J. Adler und Dattwyler et al. [31, 32] vor, mit zunächst 2x500mg/Tag i.v über 5 Tage, danach verabreichten wir es als Tabletten. Bei unbefriedigendem Behandlungserfolg kombinierten wir mit Doxycyclin. Telithromycin erschien uns zu risikoreich. Wir haben es nicht verwendet.

3.2.1.1 Linkosamide

Bei Versagen der genannten Therapieregime, führten wir auch Behandlungsversuche mit Clindamycin durch in der Dosierung von 2x900 mg i.v. plus 600 mg oral/Tag in Anlehnung an Jemsek [33].

3.3 Nitroimidazole

Von den Nitroimidazolen wurde Metronidazol [34] meist in der Dosierung 2x 500 mg i.v. plus 400 mg oral/die über 10 Tage verwendet. Metronidazol kam zumeist dann zum Einsatz, wenn andere Antiinfektivaregime versagt hatten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3.1 Lysosomotropika

Von den Lysosomotropika (C. de Duve 1994) [26] verwendeten wir Hydroxichloroquin 200 bis 400 mg/Tag überwiegend in Kombination mit Clarithromycin, gelegentlich auch mit Doxycyclin entsprechend den Angaben von O und SH Brorson und ST Donta [30, 35].

Lysosomotropika wurden bei der Lyme-Borreliose von uns nur zusammen mit anderen antiinfektiv wirksamen Substanzen angewendet.

3.3.1.1 Antimykotika

Fluconazol 200 mg/Tag über 25 bis 50 Tage verwendeten wir gelegentlich bei encephalopathischer Symptomatik. Unmittelbar folgend behandelten wir antiinfektiv weiter (Sequenztherapie) entsprechend den Angaben von F. Schardt [36].

Bei antiinfektivainduzierten Mykosen kamen auch weitere Antimykotika wie Nystatin und Amphomoronal zum Einsatz.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3.1.1.1 Sonstige Antiinfektiva

Bei nachgewiesenen Koinfektionen (Mykoplasmen, Chlamydien, Ehrlichien (Anaplasmen), Yersinien), bei erwiesener Ineffektivität oder bei Unverträglichkeit der primär eingesetzten Antiinfektiva wechselten wir zu den sog. sonstigen Antiinfektiva. Dies war bei 14,44% (13/90) der Patienten notwendig.

Unter der Gruppe der sonstigen Antiinfektiva befanden sich:

- Imipenem entspr. den Empfehlungen von J. Burrascano [37] (bei Ceftriaxonunverträglichkeit )
- Rifampicin entspr. den Empfehlungen von J. Burrascano [37] i.d.R. in Kombination mit Makroliden bei Koinfektionen, (z.B. bei Chlamydien entspr P.M. Robin und H.M. Freidank [38-40])
- Benzathinpenicillin [27]
- Roxithromycin plus Trimethoprim entsprechen R. Gasser [41]
- Vancomycin (selten) entspr. den Empfehlungen von J. Burrascano [37]

Bei Kindern, Schwangeren und Risikopatienten wichen wir aus auf Azithromycin 500 mg/Tag an drei aufeinander folgenden Tagen der Woche über mindestens 6 Wochen oder Amoxicillin bis zu 3x1000 mg/Tag [26, 42].

Metronidazol könne lt. Herstellerfirma auch bei Kindern angewendet werden.

4 Behandlungsstrategien

Wir behandelten nach keinem fixen zeitlichen Schema, sondern immer nach dem Krankheitsverlauf. Daraus ergab sich eine für den einzelnen Patienten extrem unterschiedliche Dauer der Behandlungszeiten mit Antiinfektiva.

Unter den geeignet erscheinenden Antiinfektiva bevorzugten wir einen

- Therapiewechsel („Strategiewechsel“).

Die Antiinfektiva-Dosierungen entsprachen den Angaben der Hersteller. Bei Antiinfektiva-Kombinationen wurden die Dosierungen nicht geändert. Die Dosierungen wurden dem Körpergewicht der Patienten i.d.R. angepasst.

4.1 Monotherapie

Wir verwendeten die Antiinfektiva-Monotherapie in Anlehnung an die Literaturangaben [4, 12, 16, 30] als

- zeitbegrenzte Intensivtherapie
- festfrequente Therapie in Behandlungszyklen („Sequenztherapie“)
- patientenadaptierte Intervalltherapie
- patientenadaptierte Antiinfektiva - Stoßtherapie („Watschentherapie“ 1).

Unter „Watschen-Therapie“ verstehen wir nach früher bereits erfolgreich durchgeführter längerfristiger Antiinfektivatherapie die kurzfristige Einnahme (4 bis 7 Tage) eines bei dem Patienten früher bereits wirksamen Antibiotikums bei einem Rezidiv der Erkrankung.

4.1.1 Kombinationstherapie

Wir verwendeten in den vergangenen drei Jahren auch Antiinfektiva-Kombinationen [26, 30], wenn die antiinfektive Monotherapie nicht gleich erfolgreich war [40, 43, 44] und bei nachgewiesenen Koinfektionen.

­­­­­­­­­­­ 1 Watschen (süddt. Begriff) = Ohrfeigen, Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht des Gegners.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2008
ISBN (PDF)
9783956847585
ISBN (Paperback)
9783956842580
Dateigröße
4.4 MB
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Lyme-Borreliose Lyme disease Borreliosis Polymerase-Ketten-Reaktion Desoxyribose Nukleinsäure

Autoren

1958 Studium der Naturwissenschaft, Abschluss in Medizin, Promotion an der Universität zu Köln im Fach Chirurgie. Weiterbildung in Allgemeinmedizin, Angiologie, Kardiologie, Innerer Medizin. 1975 bis 2006 niedergelassen als Internist und allgemeinmedizinisch arbeitender Hausarzt, in Crailsheim, Baden Württemberg. Fliegerärztliche Untersuchungsstelle, Taucheruntersuchungsstelle. Weiterbildungen: 1985 psychosomatische Medizin, 1995 Umweltmedizin. 2003 Nanozellbiologie und Nanostruktur - Medizin. 2004 bis 2006 in fachärztlich internistischer Gemeinschaftspraxis tätig in den Bereichen Gastroenterologie, Angiologie, Kardiologie, Hygiene, Infektiologie und Umweltmedizin. Seit 2007 Privatpraxis. Seit 2008 freier Mitarbeiter, seit 2012 ärztlicher Vertreter in der BCA-Clinic in Augsburg.
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