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Herausforderung Internationales Geschäft: Was erwartet der Mittelstand von seiner Hausbank?

©2013 Bachelorarbeit 57 Seiten

Zusammenfassung

Die jüngste Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Zusammenarbeit von Banken und Firmenkunden auf eine harte Probe gestellt. Viele Kreditinstitute müssen sich neu orientieren und die Erfolgsfaktoren für ihre Einrichtung neu definieren. Das Firmenkundenklientel findet aber immer noch eine besondere Beachtung bei den Banken, da es ein durchaus attraktives Ertragspotenzial in sich trägt. Doch nach der Finanzkrise gilt es vor allem das verlorene Vertrauen der Kunden in ihre Bank zurückzugewinnen und die partnerschaftliche Beziehung wieder aufzubauen. Vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmenskunden kommt der Beziehungsebene eine hohe Bedeutung zu. Der Erfolg des Mittelstands als Wirtschaftsmotor Deutschlands beruht auf Werten wie Stabilität, Beständigkeit, Leistungsbereitschaft und Qualität. Doch in Zeiten steigender Globalisierung sind auch mittelständische Unternehmen aufgefordert, sich mit ausländischen Märkten zu beschäftigen. Die Nachfrage nach Dienstleistungen für das Auslandsgeschäft steigt kontinuierlich. Bei der Herausforderung „Internationalisierung“ ist es also die Aufgabe der Bank, ihren Kunden als Partner und Berater zur Seite zu stehen und die benötigten Leistungen anzubieten. Dies ist die Voraussetzung um eine dauerhafte Geschäftsbeziehung aufrecht zu erhalten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Volkswirtschaftliche Bedeutung des deutschen Mittelstands

Mittelständische Unternehmen stehen stets im Fokus des Staates und der Politik, was ein Indiz für ihre hohe volkswirtschaftliche Rolle für Deutschland ist. Die Bedeutung der KMU lässt sich anhand einiger statistischer Daten belegen.

Auf Grundlage der KMU-Definition des IfM Bonn sind über 99% aller deutschen Unternehmen dem Mittelstand zuzurechnen. Diese haben im Jahr 2011 rund 2 Billionen des Gesamt-umsatzes aller deutschen Unternehmen erwirtschaftet, was einem Anteil von rund 37% entspricht und einem Zuwachs von 8,1% im Vergleich zum Vorjahr. Ihr Beitrag zur gesamten Nettowertschöpfung des Landes belief sich im Jahre 2010 auf fast 52%.

Eine besondere Bedeutung ist den mittelständischen Unternehmen bei der Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze beizumessen. Im Jahr 2011 stellten sie rund 60% aller sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze in Deutschland. Zusätzlich engagieren sich die KMU intensiv in der Ausbildungsarbeit. Hier stellten sie über 83% aller Ausbildungsplätze bereit. Mit ihrem Beitrag tragen sie entscheidend zur niedrigen Jugendarbeitslosenquote von 7,9% bei, was im europäischen Vergleich ein hervorragender Wert ist. Nicht umsonst werden mittelständische Unternehmen als „Jobmotor“ Deutschlands bezeichnet.[1] Vor allem auch in schwierigen konjunkturellen Phasen zeigte sich bereits mehrfach, dass der Mittelstand im Vergleich zu Großunternehmen eher von Entlassungen absieht, was für den Beschäftigungsmarkt von enormer Bedeutung ist.[2]

Weiterhin sind für anhaltendes wirtschaftliches Wachstum Unternehmensinvestitionen wichtig. Der Anteil der KMU betrug in 2011 195 Mrd. Euro, was einen Anstieg zum Vorjahr in Höhe von 10% bedeutet. Positiv ist dies vor allem vor dem Hintergrund des zurückhaltenden Investitionsverhaltens in den Vorjahren und dem mittlerweile langsameren Konjunkturaufschwung zu werten.[3] Ebenso wird die Innovationsstärke als ein wesentlicher Indikator für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens gesehen.[4] In 2010 entfielen ca. 39% aller Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf den Mittelstand. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Mittelstand rund 99% aller deutschen Unternehmen ausmacht, erscheint dieser Beitrag als gering. Der Rückschluss, dass der Mittelstand zu geringe Innovationtätigkeit ausübt, wäre in diesem Zusammenhang jedoch unangemessen. Im Gegenteil, in den vergangenen Jahren haben mittelständische Unternehmen ihren Aufwand für F&E im Vergleich zu Großunternehmen prozentual deutlich mehr gesteigert und auch der Innovationserfolg lässt sich mit einer Innovatorenquote von über 65% sehen.[5] Gerade für die „Hidden Champions“ ist das Thema Innovation von existenzieller Bedeutung, weil ihr Erfolg nachhaltig davon abhängt, dass sie den Nachahmern immer eine Nasenlänge voraus sind.

Alles in allem ist festzuhalten, dass die Bedeutung der KMU für die deutsche Volkswirtschaft als extrem wichtig anzusehen ist. Nicht umsonst ist Mittelstandspolitik regelmäßig ein Bestandteil der politischen Programme, die günstige Rahmenbedingungen für den Mittelstand schaffen sollen, um diese wichtige Gruppe an Unternehmen zu unterstützen und zu fördern.[6]

3 Internationalisierung mittelständischer Unternehmen

3.1 Definition Internationalisierung

Um die internationalen Tätigkeiten mittelständischer Unternehmen näher zu beleuchten, gilt es zunächst den Begriff der Internationalisierung zu definieren. Zu Beginn ist festzuhalten, dass die Internationalisierung der Wirtschaftsmärkte keine Trenderscheinung ist, die vor allem in den letzten Jahrzehnten aufgekommen ist, sondern vielmehr eine lange Entwicklung hinter sich hat.[7]

Die Ursprünge der Internationalisierung liegen bereits im Alten Orient als der erste Handel mit Edelmetallen, Kleidung und Vieh außerhalb der eigenen Ortsgrenze stattfand. Zeitgleich spielte für die Ägypter der Seehandel eine große Rolle. Ebenso waren zu dieser Zeit Griechen und Römer, zunächst im Tauschgeschäft „Ware gegen Ware“ sowohl in den Städten des eigenen Reiches als auch außerhalb der Reichsgrenzen aktiv. Mit Einführung von Edelmetallen als Zahlungsmittel gewannen die „Ware-gegen-Geld-Geschäfte“ an Bedeutung. Der Handel erstreckte sich dabei über weitere Teile Europas, Afrikas und Asiens. Die Organisation und Ausgestaltung dieser länderübergreifenden Geschäftsbeziehungen hing dabei stark vom Einfluss der Kirche und der Regierung auf die Wirtschaft in den jeweiligen Ländern ab. Nach dem Zerfall des Römischen Reiches blühte der Außenhandel erst wieder ab dem Mittelalter auf. In Deutschland wurde diese Zeit durch den Begriff „Hanse“ geprägt, als die norddeutschen Kaufleute Handelsgemeinschaften bildeten, um so ihre wirtschaftlichen Interessen im Ausland besser zu vertreten. Auch im restlichen Europa entwickelte sich der grenzüberschreitende Handel äußerst erfolgreich, sodass Mitteleuropa zum pulsierenden Zentrum der Aktivitäten wurde und Südeuropa ablöste. Ab dem 15. Jahrhundert gewann der Überseehandel immer mehr an Bedeutung. Die heute als ehemalige Kolonialmächte bekannten Länder wie England, Portugal, Spanien, Frankreich oder Niederlande, spielten in dieser Zeit eine bedeutende Rolle. Mit zunehmender Industrialisierung öffneten sich die Märkte immer mehr, sodass es ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts vermehrt zu Direktinvestitionen[8] im Ausland kam.[9]

Das heutige Verständnis vom Phänomen „Internationalisierung“ ist in der Literatur ähnlich wie beim Begriff des Mittelstands weit gefasst. Laut Dülfer wird als Internationalisierung jegliche Aufnahme ausländischen Geschäftsaktivitäten verstanden.[10] Da hier jedoch die Leistungserstellung eines Unternehmens im Vordergrund steht und nicht jeder grenzübergreifender Informationsaustausch als ein Indikator für Internationalisierung gilt, wird für die Begriffsbestimmung unter internationaler Tätigkeit eines Unternehmens der regelmäßige Austausch von Waren und Dienstleitungen im bedeutenden Ausmaß mit dem Ausland verstanden.[11] Die Internationalisierung kann sowohl als ein Zustand als auch als ein Prozess betrachtet werden. Die Auslegung als ein Zustand bestimmt den Grad der Internationalisierung des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dieser wird anhand von unterschiedlichen quantitativen und qualitativen Messgrößen bestimmt und bildet den Umfang ausländischer Geschäftsaktivitäten im Verhältnis zu den inländischen ab.[12] Die Zeitpunktbetrachtung ermöglicht eine Aussage zum strukturellen und verhaltensorientierten Stand des internationalisierenden Unternehmens, ist jedoch kein Indikator dafür, welche Bedeutung ausländische Aktivitäten für die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens haben.[13] Aus dynamischer Sicht wird die Internationalisierung als ein Prozess dargestellt. Auf diese Betrachtungsweise wird im folgenden Unterkapitel genauer eingegangen.

Der Begriff der Internationalisierung ist von dem in der Fachliteratur oft gleichgesetzten Begriff der Globalisierung abzugrenzen. Während die Internationalisierung die Ausweitung ökonomischer Aktivitäten über die nationale Grenze hinaus definiert, versteht man unter Globalisierung die umfassendere Form der Internationalisierung im Sinne größerer räumlicher Zerstreuung der internationalen Wirtschaftstätigkeiten. Globalisierung ist quasi die fortgeschrittene Phase des Internationalisierungsprozesses.[14]

3.2 Der Internationalisierungsprozess

Unter dem Prozess der Internationalisierung wird ein Vorgang über einen Zeitraum verstanden, in dem sich das Internationalisierungsvorhaben entwickelt. Folglich ist dieser Prozess durch bestimmte Ziele und Beweggründe des Unternehmens geprägt, die für eine Auslandsaktivität sprechen.[15] In der Literatur tauchen unterschiedliche theoretische Ansätze auf, die diesen dynamischen Prozess darstellen. Eine Auswahl der bekanntesten wird hier, ohne kritische Würdigung, kurz aufgezeigt.

So stellt Raymond Vernon in seinem Produktlebenszyklusmodell die Ausfuhr von Gütern und das Investitionsverhalten im Ausland in Abhängigkeit zu Lebensphasen eines neuen Produktes dar. Bedingt durch die Veränderungen der Nachfragestruktur, der Produktionsprozesse und der Kostenentwicklung im Unternehmen variiert die Intensität des Exports[16] bzw. werden Direktinvestitionen getätigt. Dadurch können gewisse Skaleneffekte genutzt werden.[17] Darauf aufbauend beschäftigt sich Aharoni in seiner behavioristischen Entscheidungstheorie in erster Linie mit der Thematik der Direktinvestitionen. Seine Forschungen ergeben, dass Entscheidungen im Unternehmen nicht rational getroffen werden. Also entschließen sich Geschäftsführer aus unkalkulierbaren Risikogesichtspunkten trotz der attraktiven Gewinnmöglichkeiten oft gegen eine Auslandsinvestition. Vielmehr braucht das Unternehmen neben den Profiterwartungen weitere externe Anreize, wie z.B. Kundenempfehlungen oder erfolgreiche Internationalisierungsengagements von Konkurrenten. Das Unternehmen durchläuft in diesem Entscheidungsprozess unterschiedliche Phasen vom Entscheidungsanstoß, im Ausland zu investieren, über die Informationseinholung bis hin zur nachträglichen Überprüfung des Entschlusses.[18] Über den Entscheidungsprozess hinaus geht Aharoni in diesem Zuge auf den langfristigen Internationalisierungsprozess ein, der sich als ein schrittweiser kontinuierlicher Prozess darstellt, der von der Lernfähigkeit der Organisation lebt. D.h. je mehr Erfahrungen die Unternehmen im Auslandsgeschäft sammeln, desto geringer wird das Risiko eingestuft, desto höher ist der Informationsstand des Unternehmens und die Auslandsaktivitäten werden schrittweise zur Selbstverständlichkeit.[19] Einen weiteren theoretischen Ansatz bietet das Uppsala-Modell von Johanson und Vahlne aus dem Jahr 1977, das wohl das bekannteste in der Literatur ist. Dieses beschreibt die Internationalisierung als einen sukzessiven Prozess, bei dem die Unternehmen ihre Bindung an ausländische Märkte nach und nach erhöhen und sich dabei immer mehr von den Heimatmärkten entfernen. Die zentrale Aussage des Models ist, dass der Internationalisierung keine objektiven Entscheidungen zu Grunde liegen, sondern, dass sie eher ein schrittweiser Prozess der Anpassung an externe Rahmenbedingungen und unternehmerische Entwicklungen ist. Der Prozess stellt sich in einer Spirale dar, die aus statischen Faktoren „Marktwissen“ und „Marktbindung“ und Veränderungsfaktoren „Bindungsentscheidungen“ und „laufende Geschäftstätigkeiten“ gebildet wird. Diese Faktoren beeinflussen sich gegenseitig und geben den Anstoß für weitere Entscheidungen. Somit hat steigendes Marktwissen Einfluss auf die laufenden Geschäftstätigkeiten, die zukünftigen Investitionsentscheidungen und den Ressourcentransfer, was zu höherer Marktbindung im Ausland führt. Je weiter die Unternehmen in ihrem Lernprozess der Internationalisierung vorangeschritten sind, desto höher ist ihre Bindung an den ausländischen Markt. Das Uppsala-Modell wurde im Laufe der Jahre mehrmals weiterentwickelt.[20] Auch haben Macharzina und Engelhard als Weiterentwicklung von vorhandenen Theorien einen sogenannten GAINS-Ansatz („Gestalt Approach of International Business Strategies“) aufgesetzt, bei dem der Prozess der Internationalisierung als ein ganzheitlicher Bestandteil der Unternehmensentwicklung betrachtet wird.[21] Dieser Ansatz wird hier jedoch nicht weiter betrachtet, da dieser vor allem die Großunternehmen und nicht die KMU im Blick hat.[22]

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es diverse Theorien zur Internationalisierung gibt, die unterschiedliche Strategien des Markteintritts aufzeigen. Eine gewisse Abbildung dieser Modelle spiegelt sich in den Internationalisierungsstufen von Meissner und Gerber wider, die in der folgenden Visualisierung aufgezeigt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Entwicklungsstufen im Internationalisierungsprozess[23]

Diese Entwicklung ist auch in der Unternehmenspraxis oft zu verzeichnen. Mit Fortschreiten der einzelnen Phasen kommt es dabei zur Risikosteigerung und unterschiedlicher Intensität der Kapital- und Managementleistungen im Gast- bzw. Stammland. Die Entwicklungsstufen stellen dabei einen möglichen Verlauf bei internationalen Geschäftsaktivitäten dar.[24] Eine detailliertere Aufgliederung ist dabei durchaus möglich.[25]

3.3 Motive für die Internationalisierung im Mittelstand

Der Schritt zur ausländischen Geschäftstätigkeit an sich ist schon bedeutend, doch welche Gründe sind für mittelständische Unternehmen ausschlaggebend, sich auf internationalen Märkten zu engagieren. Diese sollen in diesem Abschnitt beleuchtet werden.

Grundsätzlich kristallisierten sich begünstigt durch entscheidende politische, technische und soziokulturelle Entwicklungen der letzten Jahrzehnte drei wichtige Impulse für die Entwicklung internationaler Geschäftsaktivitäten heraus.[26] Erstens führten technische Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Einsatz moderner Transporttechnologien zu wesentlichen Einsparungen bei Transport- und Kommunikationskosten. Für Unternehmen ergaben sich Möglichkeiten, ihre Betriebsabläufe effektiver zu gestalten. Weiterhin führte die Liberalisierung der Märkte zum Abbau von Handelshemmnissen. In diesem Zusammenhang ist auch der Prozess der Deregulierung zu erwähnen, bei dem der Staat durch Abbau von Bürokratie und gesetzlichen Einschränkungen günstige Rahmenbedingungen für effektive wirtschaftliche Entwicklung schafft. Letztlich wird das Phänomen der Globalisierung durch die Veränderung des Kaufverhaltens anderer Kulturen verstärkt. Die Bevölkerung stark kulturell und religiös beeinflusster Länder öffnet sich auf Grund globaler Entwicklungen für die Moderne und passt auch ihre Nachfragegewohnheiten entsprechend an.[27]

Diese allgemeinen Triebkräfte lassen sich selbstverständlich auf die mittelständischen Unternehmen übertragen. Dennoch sind hier noch weitere spezielle Beweggründe zu berücksichtigen. Einen großen Beitrag zu Internationalisierungsvorhaben haben veränderte Wettbewerbs- und Marktbedingungen. Sie äußern sich z.B. in Umsatzrückgängen auf Grund gesättigter Heimatmärkte oder im steigenden Kosten- und Wettbewerbsdruck. Somit ist die Verbesserung des Betriebsergebnisses und Steigerung des Umsatzes, durch Nutzung neuer Marktpotenziale und Faktorkostenvorteilen, einer der wichtigsten Motive für mittelständische Unternehmen. Auch sind Auslandsaktivitäten von Konkurrenten oft ausschlaggebend bei der Entscheidung für das internationale Engagement, da nur so die Sicherung der Marktposition bzw. die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden kann.[28] Ein weiterer wichtiger Beweggrund in diesem Kontext sind für den Mittelstand die Internationalisierungsvorhaben der Großunternehmen, die als Abnehmer oder gelegentlich auch Zulieferer agieren. Die Geschäftsbeziehung kann hier so gravierenden Stand haben, dass die Mittelständler gezwungen sind, dem Großunternehmen zur Aufrechterhaltung der Just-in-time-Kette ins Ausland zu folgen. Weiterer Gesichtspunkt kann hier aber auch die Schaffung eines weiteren Standbeins sein, um die Abhängigkeit von dem Großunternehmen zu reduzieren oder umgekehrt die einseitige Interdependenz in eine wechselseitige umzuwandeln, indem man als Hauptzulieferer an den ausländischen Standorten der Großunternehmen auftritt und einen Wechsel für sie unrentabel macht.[29] Zuletzt ist die Erschließung und Sicherung neuer finanzieller, personeller und betrieblicher Ressourcen als vorteilhaft zu erwähnen, die dem Unternehmen ein flexibles Handeln auf Grund der Neuausrichtung der Wertschöpfungskette und dadurch auch die Nutzung von Arbitrage- und Leveragevorteilen ermöglichen.[30]

Im Jahr 2011 führte die KFW Bankengruppe eine Studie zum Thema Globalisierung im Mittelstand durch. Bei der Befragung nach den Motiven für Auslandsaktivitäten wurden folgende Angaben gemacht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Motive für Auslandsaktivitäten mittelständischer Unternehmen[31]

Klar ersichtlich ist hier, dass absatz- und beschaffungsorientierte Motive im Vordergrund stehen. Von Bedeutung ist auch, dass an dieser Befragung rund 1300 export- und innovationsorientierte (größere) mittelständische Unternehmen teilnahmen. Dies spiegelt die tatsächliche Situation wider, dass an den internationalen Geschäftstätigkeiten i.d.R. größere mittelständische Industrieunternehmen und unternehmensorientierte Dienstleister beteiligt sind, während der überwiegende Teil typischer Handwerks-, Handels- und personenbezogener Dienstleistungsbetriebe vom Phänomen der Internationalisierung nicht betroffen ist.[32] Somit wird auch die Bedeutung der in Kapitel 2.1.4 genannten DMI-Definition der mittelständischen Unternehmen klar. Vor allem größere Mittelstandsunternehmen, die z.T. deutlich die quantitativen Grenzen nach der IfM überschreiten, agieren auf den internationalen Märkten. Somit ist diese Definition auch bei den nachfolgenden Ausführungen mit zu berücksichtigen.

3.4 Stellung des Mittelstands im internationalen Geschäft

Im Vergleich zu Großunternehmen haben mittelständische Unternehmen eine andere Position in der Internationalisierung. Auf der einen Seite verfügen sie über bestimmte Erfolgsfaktoren, stehen aber auf der anderen Seite vor besonderen Hindernissen.[33]

Ein großer Vorteil kleiner und mittelständischer Unternehmen im Vergleich zu den Großunternehmen ist die konsequente Verfolgung einer Nischenstrategie. Durch die Konzentration auf bestimmte Marktsegmente schafft es der Mittelstand, eine stabile Marktposition aufzubauen. Dieser Ansatz ermöglicht ihm, sich individuell auf die Kundenbedürfnisse einzustellen, zusätzlich besondere Serviceleistungen anzubieten und bei Marktveränderungen flexibel auf die geänderten Anforderungen zu reagieren. Der enge Kontakt zu den Kunden und die Marktnähe begünstigen die rasche Umsetzung von Innovationsideen. Der Mittelstand steht somit für gutes Image, hochqualitative Produkte und hohes verfügbares Spezialwissen und prägt dadurch den in der ganzen Welt bekannten „Made in Germany“-Ruf.[34] Desweiteren verfügen die KMU über flache Organisationsstrukturen und -hierarchien. Zum einen ermöglicht dies eine direkte Kommunikation zwischen der Unternehmensführung und der Mitarbeiterebene und dadurch einen Einbezug der Entscheidungsebene in die Betriebsabläufe, mit der Folge, dass die Mitarbeiter oftmals zufriedener, motivierter und engagierter sind als in Großkonzernen. Zum anderen sind die schnellen Entscheidungswege dank zentralisierter Führungskompetenzen als positiv zu werten.[35]

Die besondere Situation der Mittelständer stellt sie bei Aufnahme grenzüberschreitender Geschäftsaktivitäten aber auch vor einige Herausforderungen bzw. Probleme, die die Entscheidung für oder gegen unternehmerische Auslandsengagements beeinflussen. Neben den allgemeinen unternehmensexternen Hemmnissen, wie Markteintrittsbarrieren oder gesetzliche und kulturelle Rahmenbedingungen, sehen sich mittelständische Unternehmen vor allem mit unzureichenden Kenntnissen auf strategischer Ebene der Unternehmensführung, begrenzten Finanzierungsressourcen und Problemen bei Beschaffung verlässlicher Informationen konfrontiert.[36] Ein mittelständisches Unternehmen wird stark durch die Person des Eigentümer-Unternehmers geprägt. Die Persönlichkeit des Eigentümers ist von grundlegender Bedeutung für das Internationalisierungsverhalten.[37] Die Unternehmenskultur ist oftmals autoritär ausgelegt, der Eigentümer ist nicht bereit, Verantwortung oder Entscheidungen zu delegieren. Die Unternehmensführung ist dabei stark auf die operative Betriebsebene ausgerichtet. Gleichzeitig bestehen aber Defizite bei kaufmännischen Kenntnissen und beim Gespür für strategische Handlungen.[38] Daneben stellen eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten eine weitere Hürde für die KMU dar. Die Selbstfinanzierungskraft ist oftmals beschränkt. Die erwirtschafteten Gewinne reichen für den Kapitalbedarf nicht aus bzw. werden auch zum Lebensunterhalt gebraucht, da das Unternehmen üblicherweise die Haupteinkommensquelle ist. Nutzung der Beteiligungsfinanzierung wird wegen der damit verbundenen Abgabe von Kontroll- und Mitbestimmungsrechten und Neuregelung der Mehrheitsverhältnisse oft abgelehnt. Auch die Fremdkapitalfinanzierung gestaltet sich komplizierter, da das Verhalten von Vertragspartnern stark von Informationsasymmetrien beeinflusst ist. Speziell bei ausländischen Banken haben die Kunden keinen bekannten Status, bekommen auch die Förderungen des Gastlandes eher in Ausnahmefällen. Daneben sind für Kreditinstitute, insbesondere bei Auslandsfinanzierungen, die risikoreicher eingestuft werden, Kriterien wie Eigenkapitalquote, verfügbare Sicherheiten oder Liquiditätsentwicklung des Unternehmens bei ihrer Kreditentscheidung von Bedeutung. Hier haben mittelständische Unternehmen, bedingt auch durch die Unternehmensgröße, häufig nur begrenzte Mittel zur Verfügung.[39] In diesem Zusammenhang sollte die begrenzte Risikoaversion des Unternehmers mit erwähnt werden. Auf Grund der Tatsache, dass der Unternehmer rechtsformbedingt oft das volle Haftungsrisiko, auch mit dem Privatvermögen, für das Unternehmen trägt, ist er i.d.R. risikobehafteten Investitionen gegenüber zurückhaltender. Aber nicht nur der finanzielle Gedanke, sondern auch ein gewisses Traditions- und Verantwortungsbewusstsein beeinflusst den Unternehmer. Ein Erhalt des Unternehmens und Sicherung von Arbeitsplätzen spielen eine zentrale Rolle.[40] Die Problematik mit der Beschaffung zuverlässiger Informationen in der Außenwirtschaft wird mit dadurch bedingt, dass das Unternehmen üblicherweise über keine oder für das Internationalisierungsvorhaben unzureichende Organisationsstrukturen oder spezialisierte Mitarbeiter verfügt.[41]

Interessant ist jedoch, dass jegliche Vorbehalte und Probleme mit steigendem Internationalisierungsgrad an Bedeutung verlieren.[42] Ebenfalls wichtig ist, dass die Mittelständler auf Grund der Risikoaspekte und Kapitalbeschaffungsschwierigkeiten ihre internationalen Tätigkeiten weniger auf kapitalintensiven Direktinvestitionen aufbauen, sondern vordergründig im Export und Import aktiv sind.[43] Eine Studie der KfW Bankengruppe aus dem Jahr 2011 bestätigt diese Aussage. Nachfolgend eine Grafik zur Art der Auslandsaktivitäten im Mittelstand:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Auslandsaktivitäten mittelständischer Unternehmen[44]

Der Mittelstand erzielte im Jahr 2011 knapp 50% des gesamten Exportvolumens. Wenn man bedenkt, dass er 99% aller deutschen Unternehmen bildet, spielen die mittelständischen Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen auf den internationalen Märkten natürlich eine Nebenrolle. Laut KfW-Mittelstandspanel lag der Gesamtumsatz der KMU auf ausländischen Märkten in 2011 bei 597 Mrd. Euro, was 11% mehr als im Vorjahr war. Die Geschäftsaktivitäten im Ausland nehmen stetig zu, über 21% aller deutschen Mittelständler agieren international und erzielen dabei knapp 30% ihrer Gesamtumsätze. Zu den auslandsaktiven Mittelständlern gehören überwiegend größere Unternehmen ab 50 Mitarbeitern. Aus dieser Gruppe sind ca. 59% auslandsaktiv.[45]

3.5 Zwischenfazit

Mittelständische Unternehmen werden bei der Verfolgung ihrer unternehmerischen Ziele immer öfter mit dem Phänomen der Internationalisierung konfrontiert. Doch der Schritt zur Internationalisierung ist ein komplexer Prozess. Er ist mit bestimmten Anforderungen an ein Unternehmen gebunden und birgt Risiken. Auf der anderen Seite bietet er den Mittelständlern die Möglichkeit ihren unternehmerischen Erfolg weiter auszubauen. Wegen ihrer besonderen Strukturen und Merkmale bringen mittelständische Unternehmen einige Erfolgsfaktoren für die Außenwirtschaft mit. Es sind aber auch genau diese Strukturen und Merkmale, die sie vor außerordentliche Herausforderungen stellen. Diese Herausforderungen sind oftmals finanzieller Natur. Neben Finanzierungsfragen besteht Bedarf nach Bankdienstleistungen zur Abwicklung der Geschäfte mit ausländischen Geschäftspartnern und zum Aufbau des internationalen Standbeins. In diesem Zusammenhang spielen Kreditinstitute eine wichtige Rolle bei der Internationalisierung der Unternehmen. Vor allem mittelständische Unternehmen pflegen meist eine recht intensive und langfristige Beziehung zu ihrer Bank, die durch ein partnerschaftliches und vertrauensvolles Miteinander geprägt ist (sog. „Hausbankprinzip“). Das Kreditinstitut ist gut über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden informiert. Die beratende Funktion erstreckt sich oft auf sämtliche Unternehmensbereiche. Die Hausbank trägt damit in jeder Unternehmensphase eine besondere Verantwortung für den Mittelständler, auch im Internationalisierungsprozess der KMU. Sie ist somit ebenfalls vor Herausforderungen gestellt. Im nachfolgenden Kapitel wird nun die Rolle der Bank im Internationalisierungsprozess erläutert.

4 Das Bankgeschäft mit international tätigen Unternehmen

Die Bank als Partner im Internationalisierungsprozess mittelständischer Unternehmen übernimmt neben der klassischen Finanzierungsfunktion auch eine wichtige beratende Rolle. Der Einstieg in die ausländische Geschäftstätigkeit gestaltet sich beim Mittelstand auf Grund des niedrigen Informationsstandes und oft unzureichender Kenntnisse über die Geschäftsusancen im Ausland besonders schwierig. Hier besteht also eine besondere Anforderung an die Hausbank, eine unterstützende Beratungsfunktion zu übernehmen. Im Folgenden werden nun die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Auslandsgeschäfte bei der Bank betrachtet und weiterhin im Hinblick auf die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen im Internationalisierungsprozess das Produkt- und Dienstleistungsangebot untersucht. Da als Hausbank der Mittelständler oft die Sparkasse agiert, wird die Betrachtung speziell auf die Palette der Sparkassen-Finanzgruppe gerichtet.

[...]


[1] Vgl. IfM Bonn (2013), BMWi (2013) und KfW Bankengruppe (2012)

[2] Vgl. Staub (2012), S. 127

[3] Vgl. KfW Bankengruppe (2012)

[4] Vgl. Staub (2012), S. 129

[5] Vgl. IfM Bonn (2013)

[6] Vgl. Staub (2012), S. 130ff.

[7] Vgl. Kutschker/ Schmid (2002), S. 14

[8] Direktinvestitionen sind Kapitalanlagen im Ausland in Form von Unternehmensbeteiligungen (vgl. hierzu Neumair/ Schlesinger/ Haas (2012), S. 75

[9] Vgl. Kutschker/ Schmid (2002), S. 7-14

[10] Vgl. Dülfer (1982), S. 50

[11] Vgl. Swoboda (2002), S. 6

[12] Vgl. Becker/ Ulrich (2011b), S. 57 f.

[13] Vgl. Staub (2012), S. 338 f.

[14] Vgl. Neumair/ Schlesinger/ Haas (2012), S. 7

[15] Vgl. Becker/ Ulrich (2011b), S. 59

[16] Definition des Begriffs siehe im Kapitel 4.2.1.2

[17] Vgl. Swoboda (2002), S. 41ff. und Guserl (2013), S. 85ff.

[18] Vgl. Aharoni (1966), S. 30ff.

[19] Vgl. Aharoni (1966), S. 175ff.

[20] Vgl. Swoboda (2002), S. 82ff., Johanson/ Vahlne (1977), S. 26ff. und Macharzina/ Wolf (2012), S. 913ff.

[21] Vgl. Guserl (2013)S. 129f.

[22] Vgl. Macharzina/ Wolf (2012), S. 916

[23] Eigene Darstellung angelehnt an Meissner/ Gerber (1980)

[24] Vgl. Habendank (2006), S. 40f.

[25] Vgl. Neumair/ Schlesinger/ Haas (2012), S. 346

[26] Vgl. Neumair/ Schlesinger/ Haas (2012), S. 9

[27] Vgl. Reinemann (2011), S. 113 und Neumair/ Schlesinger/ Haas (2012), S. 9-12

[28] Vgl. Ernst (1999), S. 73ff., Staub (2012), S. 342f. und Becker/ Ulrich (2011b), S. 62

[29] Vgl. Reinemann (2011), S. 115 und Ernst (1999), S. 75

[30] Vgl. Becker/ Ulrich (2011b), S. 62 und Nienaber (2002), S. 30f.

[31] Eigene Darstellung angelehnt an KfW Bankengruppe (2011)

[32] Vgl. Reinemann (2011), S. 115f.

[33] Vgl. Becker/ Ulrich (2011b), S. 63

[34] Vgl. Staub (2012), S. 122 und S. 344 und Ernst (1999), S. 66

[35] Vgl. Becker/ Ulrich (2011b), S. 63 und Staub (2012), S. 123f.

[36] Vgl. Hollenstein (2005), S. 431

[37] Vgl. Schmidt/ Menke/ Hespe/ Künzel (1995), S. 84

[38] Vgl. Ernst (1999), S. 59f. und Kaufmann (1995), S. 203

[39] Vgl. Staub (2012), S. 344f., Ernst (1999), S. 60ff. und Kaufmann (1995), S. 202f.

[40] Vgl. Ernst (1999), S. 62f.

[41] Vgl. Becker/ Ulrich (2011b), S. 63 und Staub (2012), S. 345

[42] Vgl. Schmidt/ Menke/ Hespe/ Künzel (1995), S. 85ff.

[43] Vgl. Hollenstein (2005), S. 231 und Staub (2012), S. 353f.

[44] Eigene Darstellung angelehnt an KfW Bankengruppe (2011)

[45] Vgl. KfW Bankengruppe (2012)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956848261
ISBN (Paperback)
9783956843266
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe Bonn
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,3
Schlagworte
Globalisierung Auslandsgeschäft Mittelstand Sparkasse Internationalisierung

Autor

Xenia Hamburg wurde 1985 geboren und lebt und arbeitet im oberfränkischen Coburg. Nach Abschluss der Fachoberschule in Coburg absolvierte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau bei der ansässigen Sparkasse mit sehr gutem Erfolg. Nach der Ausbildung hat die Autorin ihre Tätigkeit bei dem Institut in der Privatkundenberatung fortgesetzt. In dieser Zeit hat sie einen IHK-Bankfachwirtabschluss der Frankfurt School of Finance erlangt. Seit einigen Jahren ist sie in der gewerblichen Kundenberatung tätig und konnte umfassende Kenntnisse und Erfahrungen in der ganzheitlichen Beratung und Betreuung von kleinen und mittelständischen Unternehmen sammeln. Zur weiteren Qualifikation hat die Autorin ein Studium an der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe Bonn absolviert und den Titel Bachelor of Science (B.Sc.) mit Schwerpunkt Finance erlangt. Auch hier legte sie ihre Studiumspezialisierung auf den Bereich Finanzierung im Mittelstand. Der berufliche Werdegang und die Schwerpunkte des Studiums motivierten sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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