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Die Bedeutung von Vorwissen für den Lernerfolg: Einsatz einer Lerntheke im Erdkundeunterricht zur Kompensation individueller Defizite im Hinblick auf relevantes Vorwissen zu Beginn der gymnasialen Oberstufe

©2013 Examensarbeit 46 Seiten

Zusammenfassung

Im Unterrichtsfach Erdkunde sind beim Übergang von der Mittelstufe in die gymnasiale Oberstufe hessischer Gymnasien häufig auffallende Unterschiede im Hinblick auf fachlich relevantes Vorwissen der Schülerinnen und Schüler festzustellen. Oft steht die Lehrkraft zunächst vor der Herausforderung, umfangreiche Wiederholungsphasen einzurichten, bevor die auf die Mittelstufeninhalte aufbauenden Themenkomplexe der Oberstufenlehrpläne behandelt werden können.
In der Literatur der konstruktivistisch orientierten pädagogischen Psychologie und Didaktik spielt die Bedeutung des sogenannten „Vorwissens“ für den Lernprozess bzw. -erfolg eine grundlegende Rolle.
Dem Autor, der während seines Referendariats eine Schulklasse zu Beginn der Einführungsphase im Fach Erdkunde übernahm, erschien es notwendig, eine eigene Vorgehensweise zu planen, durchzuführen und im Anschluss einer kritischen Reflexion zu unterziehen, mit der der dargestellten Problematik sinnvollerweise begegnet werden kann. Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit bestand darin, ein Konzept zur Wiederholung der, für das bevorstehende erste Unterrichtshalbjahr der gymnasialen Oberstufe, unmittelbar relevanten Mittelstufeninhalte zu entwickeln und dadurch heterogene Leistungsvoraussetzungen im Hinblick auf individuelles, fachliches Vorwissen zu kompensieren. Das zu entwickelnde Konzept sollte sich dabei auf einen möglichst kurzen Unterrichtszeitraum beschränken sowie auf den Grundlagen eines modernen Unterrichts und damit einer geeigneten Methode basieren.
Das Ergebnis dieser Arbeit stieß im Rahmen verschiedener Fachvorträge im und über das Studienseminar hinaus auf großes Interesse.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Situation der Lerngruppe und Ermittlung der Lernausgangslage

Mein seit Beginn des Schuljahres 2012/13 eigenverantwortlich geleiteter Erdkunde-Kurs der Einführungsphase (E-XI) besteht aus 18 SuS, darunter 14 Mädchen und vier Jungen. Der Erdkundeunterricht findet als Doppelstunde mittwochs in der 5./6. Stunde in Raum B 226 statt. Der Raum ist relativ groß und daher für eine Vielzahl von Unterrichtsmethoden geeignet. Im Nebenraum befindet sich die Erdkunde-Mediensammlung, was den Einsatz von Wandkarten, Atlanten und weiteren Unterrichtsmaterialien begünstigt. Der Kurs wurde zu Schuljahresbeginn, d.h. unmittelbar vor der Durchführung der dieser Arbeit zugrunde liegenden Untersuchung, neu zusammengesetzt, sodass sich die SuS teilweise noch nicht sehr gut untereinander kannten. Hier sind insbesondere L., N. und Z. zu nennen, die zuvor die kooperative xxxxxxxxxxxxx-Schule in xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx besucht haben, welche nicht über eine gymnasiale Oberstufe verfügt. Die übrigen SuS wurden im Verlauf der Mittelstufe, je nach Klassenzugehörigkeit, von insgesamt vier verschiedenen Fachkollegen unterrichtet. Die Lerngruppe zeigt gegenüber dem Unterrichtsfach Erdkunde eine positive Einstellung.[1] Die Unterrichtsatmosphäre ist seit Beginn des Schuljahres stets entspannt und lernförderlich, da die Gruppe sehr umgänglich ist. Um wichtige Erkenntnisse für die Planung des bevorstehenden Schuljahres, insbesondere im Hinblick auf das bestehende Vorwissen zu gewinnen, wurde zur Ermittlung der Lernausgangslage während der ersten Doppelstunde ein Selbsteinschätzungs- bzw. Selbstdiagnosebogen eingesetzt.[2] Der Bogen sollte Aufschluss über mögliche Heterogenitäten bzgl. des vorhandenen Fachwissens über inhaltliche Schwerpunktsetzungen des Mittelstufenunterrichts sowie über persönliche Interessen der SuS geben, u.a. um Unterrichtsmethoden und Medien zukünftig möglichst schülerorientiert einsetzen zu können. Insgesamt ging es mir durch den Einsatz des Fragebogens weniger um die Ermittlung des genauen Vorwissens jedes einzelnen Kursteilnehmers, als vielmehr darum, markante Auffälligkeiten zu diagnostizieren. Insbesondere sollte überprüft werden, welche Themengebiete insgesamt besser bzw. schlechter beherrscht werden, aber auch inwieweit es ggf. zu Streuungen kommt, d.h. tatsächlich auffallend unterschiedliches Vorwissen zu bestimmten (Teil-)Themengebieten vorliegt. Die einzelnen Items (Untersuchungsmerkmale) zu den Rubriken „Fachwissen“ und „allgemeine Interessen“ waren anhand vier vorgegebener Antworten einer symbolischen Rating-Skala (++ , + , - , --) einzuschätzen. Die Auswahl der Untersuchungsmerkmale erfolgte zum einen durch Rücksprache mit Fachkollegen bzgl. der Inhalte, die während der Mittelstufe und Einführungsphase unterrichtet werden. Zum anderen fanden Lehrplan und Fachcurricula der Jahrgangsstufen 8.2 und 9.1 sowie der Einführungsphase Berücksichtigung.[3] Auf diese Weise kristallisierten sich die beiden Themenfelder „Endogene Kräfte“ sowie „Klima und Vegetation“ heraus, anhand deren eine Bestimmung der Lernausgangslage vorgenommen werden sollte. Als Untersuchungsmerkmale wurden solche ausgewählt, die einen möglichst guten Überblick über die Kenntnisse der SuS zu den entsprechenden Themengebieten zu vermitteln versprachen. Die Angabe eines Namens war nicht erforderlich, da es lediglich darum ging, herauszufinden, bei welchen (Teil-)Themen sich der Kurs unsicher ist und welches Ausmaß eine mögliche Heterogenität annimmt. Dies diente dazu, um abschätzen zu können, in welchem Umfang eine mögliche Wiederholungs- bzw. Kompensationsphase anzulegen ist. Ohne die Angabe von Namen ist zudem mit genaueren Ergebnissen zu rechnen, da die SuS sich beim Ankreuzen der rechten Spalten (- , --) nicht bloßgestellt fühlen und keine Bewertungsangst aufkommt. Stattdessen sollte ein persönliches Symbol vermerkt werden, um später den eigenen Diagnosebogen wiederfinden zu können. Die Auswertung des Selbstdiagnosebogens erfolgte in mehreren Schritten. Zuerst wurde die Verteilung der Schülerangaben in Form der in Abb. 1 dargestellten schwarzen Zahlen visualisiert.[4] Im Bereich des Fachwissens werden bei der überwiegenden Zahl der Items große Streuungen deutlich, die auf ein z.T. sehr unterschiedliches Vorwissen der SuS hindeuten. Einzelne „Ausreißer“, wie bspw. bei Untersuchungsmerkmal 11, könnten auf einfaches Vergessen zurückzuführen sein, während Items mit auffallend auseinanderklaffenden Antworten (z.B. Item 9) auf unterschiedliche Schwerpunktsetzungen verschiedener Fachkollegen des xxxxxx-Gymnasiums oder benachbarter Schulen während der Mittelstufe hinweisen könnten. Nicht zuletzt werden die im Folgenden veranschaulichten Ergebnisse durch unterschiedliche Leistungsniveaus beeinflusst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Auswertung des ersten Selbstdiagnosebogens zu Beginn der Unterrichtsreihe

Quelle: Eigene Darstellung.

In einem weiteren Schritt erfolgte die Bildung von Durchschnittswerten (arithmetische Mittelwerte) der getroffenen Angaben (Merkmalsausprägungen) für die einzelnen Items (rote Werte in Klammern). Dazu wurden den vier Antwortmöglichkeiten von links nach rechts drei, zwei, ein bzw. null Punkte zugewiesen, so dass der pro Untersuchungsmerkmal bestmögliche zu erreichende Wert 3,0 (linke grüne Linie), der schlechtest mögliche Wert 0,0 (rechte grüne Linie) beträgt. Die blauen, durch Linien miteinander verbundenen Punkte visualisieren die Mittelwerte der Schülerantworten für die einzelnen Items. Diese Darstellungsform gibt Aufschluss darüber, welche (Teil-) Themenfelder insgesamt bereits gut beherrscht werden (wie z.B. die Entstehung der Jahreszeiten, Item 6, arithmetisches Mittel 2,1) und wo auf der anderen Seite mit großen Defiziten zu rechnen ist (z.B. beim Umgang mit dem Begriff „Subduktion, Item 3, Durchschnittswert 0,8).[5] Sehr kleine Werte (z.B. unter 1,0) könnten darauf hindeuten, dass diese Untersuchungsmerkmale während des Unterrichts der Mittelstufe höchstens eine untergeordnete Rolle spielten. Die Interpretation der vorliegenden Ergebnisse bestätigt die in Kapitel 1 geschilderten Befürchtungen zu Beginn der Planungsphase für das bevorstehende Schuljahr, wodurch ich mich in meiner Zielsetzung bestätigt sah. Bzgl. der ausgewählten Unterrichtsinhalte besteht ein stark unterschiedliches Vorwissen und damit umfangreicher Förderbedarf, dem es zu Beginn der Einführungsphase zu begegnen gilt, um Voraussetzungen für bessere Lernergebnisse der SuS zu schaffen. Im nächsten Schritt bestand die Herausforderung in der Entwicklung eines praktikablen Konzeptes auf der Basis der gewonnen Erkenntnisse.

3 Didaktische Überlegungen

Wie im vorausgegangenen Kapitel bereits angedeutet, erfolgte die Auswahl der Inhalte des zu entwickelnden Konzeptes schließlich durch einen Abgleich der diagnostizierten Lernausgangslage sowohl mit den Vorgaben von Lehrplan und Fachcurricula als auch mit den Ergebnissen der Kollegengespräche über die Unterrichtspraxis.[6] Der hessische Lehrplan für das Unterrichtsfach Erdkunde sieht für das erste Halbjahr der Einführungsphase (Jahrgangsstufe E1) die Auseinandersetzung mit geoökologischen Grundlagen einer Raumanalyse vor.[7] Den Schwerpunkt bildet eindeutig die Klimageographie im Rahmen naturgeographischer Sachverhalte, die dort als „unverzichtbare Voraussetzung für die komplexen Mensch-Raum-Bezüge“[8] der Jahrgangsstufe E2 angesehen wird. Als verbindliche Unterrichtsinhalte werden dort Klimazonen, globale Luftmassenverteilungen und –bewegungen, die Innertropische Konvergenzzone und die damit zusammenhängenden Vegetationszonen angegeben. Weiterhin bildet der Klimawandel mit dessen natürlichen und anthropogenen Ursachen ein eigenständiges Themengebiet. „Unsere Erdkunde-Fachschaft am xxxxxx-Gymnasium legt bereits in der Mittelstufe einen Schwerpunkt auf klimageographische Inhalte, die im ersten Halbjahr der Einführungsphase weiter vertieft werden sollen. Unsere Schüler sollen beim Übergang in die Qualifikationsphase dazu in der Lage sein, die Entstehung der globalen Luftdruckgebiete und Windgürtel zu erklären und Klimadiagramme aus verschiedenen Klimazonen zu interpretieren. Dass der Lehrplan nicht sehr konkret formuliert ist, bietet uns den entsprechenden Spielraum. Das bestehende Fachcurriculum für die Oberstufe ist veraltet und bedarf einer Überarbeitung.“[9] Vor diesem Hintergrund ist am xxxxxx-Gymnasium in der Jahrgangsstufe E1 z.Zt. die Bearbeitung folgender inhaltlicher Schwerpunkte vorgesehen:

- Wärme- & Strahlungshaushalt der Erde
- Aufbau der Atmosphäre
- Innertropische Zirkulation (Vertiefung)
- Globale Luftdruckgebiete und Windgürtel
- Wettergeschehen in den mittleren Breiten
- Klimazonen
- Klimaklassifikationen
- Natürlich und anthropogen bedingte Klimaveränderungen

Für das zweite Halbjahr der Einführungsphase sieht der Lehrplan eine „Strukturanalyse des Nahraumes“[10] mit anschließender Projektarbeit vor. Dabei erfolgt eine umfassende Bearbeitung des Heimatraumes unter Berücksichtigung anthropogener Einflüsse, Entwicklungen, Probleme und der diesen zu Grunde liegenden Kräften.[11] Im Falle des xxxxxx-Gymnasiums Lampertheim bedeutet dies die intensive Auseinandersetzung mit dem Natur- und Kulturraum des Oberrheingrabens. Hier spielt neben klimatischen Einflussgrößen auch die Entstehungsgeschichte durch endogene und exogene Kräfte eine wichtige Rolle. Außerdem werden bspw. auch Böden und die Genese relevanter Landschaftszonen thematisiert. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen zeichnet sich der Umfang des entsprechend notwendigen Vorwissens ab. In Anbetracht der dieser Arbeit zugrunde liegenden Zielsetzung, die eine Wiederholungs- bzw. Kompensationsphase über eine Zeitdauer von zwei Doppelstunden vorsieht, wird deutlich, dass dies für die vorgesehenen Unterrichtsinhalte der gesamten Einführungsphase nicht zu leisten ist. Daraus resultierte die Entscheidung, das Augenmerk ausschließlich auf das Themengebiet zu legen, welches für die Inhalte des ersten Halbjahres der Einführungsphase unmittelbar relevant ist – die Klimageographie. Eine genauere Festlegung des für die Jahrgangsstufe E1 vorauszusetzenden klimageographischen Vorwissens für das zu entwickelnde Kompensationskonzept verlangte zudem die Überprüfung der am xxxxxx-Gymnasium vermittelten Inhalte der Jahrgangsstufen 8.2 und 9.1.[12] Das hessische Kerncurriculum, welches erst seit dem Jahr 2012 die verbindliche Grundlage für den Unterricht in der Sekundarstufe I darstellt, gewährt inhaltlich relativ große Spielräume. Der hessische Lehrplan, dessen Inhalte nach wie vor als Orientierung dienen können, formuliert folgende Themenfelder für das erste Halbjahr:[13]

- Gradnetz und Erde im Weltraum
- Zusammenhang zwischen Klima und Vegetation
- Dynamik endogener und exogener Kräfte
- Auswirkungen von Eingriffen des Menschen in den Naturhaushalt

Insgesamt sind für die Vermittlung dieser Inhalte 19 Stunden eingeplant, wobei vier Stunden auf den Zusammenhang zwischen Klima und Vegetation entfallen. Die Unterrichtspraxis am xxxxxx-Gymnasium dehnt dieses Stundenkontingent deutlich aus. „Die Fachschaft Erdkunde hat sich in den letzten Jahren darauf verständigt, das Thema „Klima und Vegetation“ in der Jahrgangsstufe 8.2 als deutlichen Schwerpunkt zu behandeln, was uns im Hinblick auf die bevorstehenden Unterrichtsinhalte der Einführungsphase als sinnvoll erscheint. Dabei haben die Fachkollegen aber Spielraum für individuelle Schwerpunktsetzungen. Über die Inhalte der physischen Geographie können wir uns nicht zuletzt stärker von Fächern wie Politik und Wirtschaft abgrenzen.“[14] Dies ist im bis 2012 gültigen Fachcurriculum für die Mittelstufe in dieser Form noch nicht berücksichtigt, wird aber in der neuen Fassung sehr deutlich.[15] Die Auswirkungen von Eingriffen des Menschen in den Naturhaushalt werden am xxxxxx-Gymnasium i.d.R. anhand des Raumbeispiels der afrikanischen „Sahelzone“ untersucht, wo bereits komplexere klimageographische Zusammenhänge, bspw. in Form der innertropischen Zirkulation, thematisiert werden. Sollte es aufgrund der knappen Stundenkalkulation des Lehrplans zu zeitlichen Engpässen kommen, dann verschieben sich einige der Inhalte in das folgende Halbjahr. In der Jahrgangsstufe 9.1 stellen Strukturwandel und Entwicklungschancen anhand weltweiter Raumbeispiele u.a. unter Berücksichtigung bereits bekannter klimageographischer Voraussetzungen die Kerninhalte dar, was schließlich in eine Einführung zur Projektarbeit mit abschließender Präsentation übergeht.[16] In diesem Zusammenhang wurde in den vergangenen Jahren bspw. bereits des Öfteren der Monsun in Indien als klimageographische Besonderheit thematisiert.[17] Das im Hinblick auf die Fachkenntnisse nur oberflächlich formulierte Anschlussprofil des Lehrplans von der Mittelstufe in die gymnasiale Oberstufe spielt für die Auswahl der Inhalte des zu entwickelnden Konzeptes aufgrund der schulspezifischen Schwerpunktsetzungen des xxxxxx-Gymnasiums keine Rolle. Unter Berücksichtigung der bisher dargestellten Bedingungen habe ich mich für eine Untergliederung der klimageographischen Inhalte in folgende Teilbereiche entschieden:

- Jahreszeiten und Beleuchtungszonen der Erde
- Entstehung von Regen
- Wind als Druckausgleichströmung
- Regionale Windsysteme
- Innertropische Zirkulation
- Klimadiagramme und Klimazonen
- Vegetationszonen
- Monsun

Diese Teilthemen bauen zum Großteil aufeinander auf und stellen eine wichtige Voraussetzung für die bevorstehende Arbeit in der Jahrgangsstufe E1 dar, weshalb sie zu Beginn des Halbjahres zu wiederholen bzw. diesbezügliche heterogene Lernausgangslagen zu kompensieren sind. Das Thema „Endogene/Exogene Kräfte“[18], welches erst für die Jahrgangsstufe E2 Voraussetzung ist, sollte durch die SuS in Eigenverantwortung im Laufe des ersten Halbjahres wiederholt bzw. erarbeitet werden.[19] Dazu erhielt der Kurs während der ersten Doppelstunde einen zur Orientierung dienenden Fragenkatalog mit Angaben zu am xxxxxx-Gymnasium vorhandenen Schul- und Fachbüchern zum Nachlesen. In der letzten Doppelstunde des Halbjahres soll das Thema im Kurs gemeinsam zusammengefasst und ggf. aufgetretene Unklarheiten geklärt werden.

4 Didaktisches Zentrum und zu fördernde Kompetenzbereiche

Didaktisches Zentrum der Unterrichtsreihe

Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten bzw. wiederholen die für das erste Halbjahr der Einführungsphase vorausgesetzten klimageographischen Grundlagen, indem sie sich in Form einer Lerntheke mit entsprechenden Inhalten eigenverantwortlich und selbstständig auseinandersetzen.

Kompetenzorientierte Lernziele[20]

Die SuS …

Kompetenzbereich Fachwissen

- …erläutern die Auswirkungen der Stellung und Bewegung der Erde im Sonnensystem und leiten daraus die Entstehung der Beleuchtungszonen ab. (F1)
- …erläutern die für die Niederschlagsbildung elementaren Auswirkungen unterschiedlicher Temperaturen auf die Wasseraufnahmefähigkeit von Luft. (F2)
- …erläutern die Entstehung und Auswirkung von Luftdruckunterschieden. (F2)
- …erläutern die Entstehung der regionalen Windsysteme „Land-Seewind“ und „Föhn“. (F2)
- …erläutern die Entstehung der Innertropischen Zirkulation sowie die damit verbundene Ausprägung der (sub-)tropischen Luftdruckgebiete. (F2)
- …beschreiben und erklären die Bedeutung des Klimas für die Ausprägung verschiedener Vegetationszonen. (F2)
- …beschreiben und erklären das naturgeographische Phänomen des Monsun. (F2)

Kompetenzbereich Räumliche Orientierung

- …kennen die Klima- und Vegetationszonen der Erde in Grobform und nutzen diese als grundlegende räumliche Orientierungsraster. (O1)

- …lesen thematische Karten und werten diese unter einer zielführenden Fragestellung aus. (O3)

Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung/Methoden

- ... wählen Informationen aus Texten, Karten, Bildern und Diagrammen problem-, sach- und zielgemäß aus. (M2)

- ...wandeln gewonnene Informationen in andere Darstellungsformen (Schaubilder und Klimadiagramme) um. (M3)

Kompetenzbereich Kommunikation

- …verstehen geographisch relevante schriftliche Aussagen in Fachsprache. (K1)

5 Methodische Überlegungen

5.1 Mögliche Vorgehensweisen zur Erreichung der Zielsetzung

Nach der Festlegung der relevanten klimageographischen Grundlagen, im Rahmen der dieser Arbeit zugrunde liegenden Zielsetzung[21], galt nun die Überlegung einer zur Umsetzung geeigneten methodischen Vorgehensweise.[22] Dazu wurden mehrere Möglichkeiten berücksichtigt und gegeneinander abgewogen, von denen an dieser Stelle zwei exemplarisch vorgestellt werden sollen. Eine Variante stellt der fragend-entwickelnde Frontalunterricht dar, eine „Unterrichtsform, bei der die Klasse als Plenum unterrichtet wird. […] Die Aufgabe besteht darin, die Schüler durch Erklärungen, Visualisierungen, Impulse und Fragen zum Denken, Darstellen, Begreifen und zum Wiederholen von Sachverhalten anzuleiten.“[23] Die Lehrperson kann die einzelnen Teilthemen nach eigenen Vorstellungen aufbereiten und der Lerngruppe durch ein Lehrgespräch erneut ins Gedächtnis rufen. Ein gezielter Wechsel von Fragstellungen, Nachdenk- und Austauschphasen (auch der SuS untereinander) erfolgt lehrergesteuert über alle acht Themenbereiche hinweg, so dass eine vollständige Auseinandersetzung aller SuS mit der Materie sowie deren inhaltliche Richtigkeit gewährleistet sind. Obwohl diese Methode in der Literatur für Wiederholungsphasen als geeignet eingestuft wird, ist sie für das bevorstehende Unterrichtsvorhaben jedoch nicht von Vorteil. Vor dem Hintergrund der in Kapitel 1.2 beschriebenen, konstruktivistischen Ansätze modernen Unterrichts besitzt das fragend-entwickelnde Unterrichtsverfahren zwar „eine wichtige Funktion im Wechselspiel zwischen notwendiger Lehrerlenkung und eigenverantwortlichem Lernen“[24], sollte jedoch mit anderen schülerzentrierten Methoden verknüpft sein, statt den Unterricht zu dominieren. Frontalunterrichtsphasen sollten von limitierter Zeitdauer in Erarbeitungs- oder Sicherungsphasen eingesetzt werden, da sie den gesamten Kurs gleichen Lernanforderungen und Lerntempi unterwerfen. Den SuS bliebe auf diese Weise verwehrt, individuelle Schwerpunkte gemäß der unterschiedlichen Lernausgangslagen zu setzen. Da man sich zudem an den stets langsamsten SuS orientieren müsste, wäre die aufzubringende Zeit schwer einschätzbar und zwei Doppelstunden wahrscheinlich nicht ausreichend. Als weitere Variante wäre ein selbstständiges Erarbeiten der acht einzelnen Teilthemen in Partnerarbeit bzw. Kleingruppen und anschließender Präsentation im Plenum denkbar. Zuerst würde eine Erarbeitungsphase von etwa 45 bis 60 Minuten erfolgen, während der sich die SuS ein bestimmtes Themenfeld anhand von durch die Lehrperson erstellter Sachtexte mit unterstützenden Abbildungen aneignen. Die Arbeitsblätter könnten Hinweise über weiterführende Literatur oder zur Verfügung stehende Medien enthalten, um die Selbstständigkeit zu fördern und verschiedene Lerntypen anzusprechen. Das korrekte Verstehen der Inhalte wäre Voraussetzung für die anschließende Vorbereitung eines adressatengerechten Vortrags, dem sich eine kurze Diskussionsrunde zur Beseitigung evtl. auftretender Unklarheiten anschließt. Die Sicherung könnte darin bestehen, dass jedes Team als Hausaufgabe dem Kurs ein einseitiges Informationsblatt bzw. Handout zum eigenen Thema entwickelt und auf der Online-Lernplattform „ItsLearning“, mit der das xxxxxx-Gymnasium arbeitet, als Download zur Verfügung stellt. Diese Vorgehensweise erachte ich im Hinblick auf meine Zielsetzung jedoch aus mehreren Gründen als nicht sinnvoll. Zum einen arbeiten nur zwei bis drei Kursmitglieder zusammen, was das vollständige Verstehen sowie eine korrekte, anschauliche Wiedergabe nicht hinreichend gewährleistet. Die Wahrscheinlichkeit, dass umfangreichere Nachbesprechungen nötig sind, schätze ich als relativ hoch ein. Eine Zeitvorgabe von zwei Doppelstunden würde bedeuten, dass nur etwa zehn Minuten für die einzelnen Präsentationen inkl. möglicher Gesprächsrunden im Anschluss zur Verfügung stehen würden. Vor dem Hintergrund unterschiedlichen Vorwissens und verschiedener Arbeitstempi ist zudem davon auszugehen, dass die vorgegebene Erarbeitungszeit für einige Arbeitsgruppen zu kurz bzw. zu lang ist, was einer effizienten Nutzung der zur Verfügung stehenden Zeit im Wege steht. Abgesehen davon würden die etwa zehnminütigen Vorträge bedeuten, dass sich alle SuS, ähnlich der fragend-entwickelnden Methode, unabhängig des individuellen Vorwissens, in gleichem zeitlichem und inhaltlichem Umfang mit allen der durch die Mitschüler präsentierten Themen auseinandersetzen würden. Diese Vorgehensweise hätte ein Ausklammern wichtiger individualisierender bzw. binnendifferenzierender Potenziale zur Folge. Die Aufarbeitung des Themenbereichs der Klimageographie auf der Basis der diagnostizierten Heterogenität bzgl. des Vorwissens bietet meiner Meinung nach jedoch hervorragende Möglichkeiten für eigenverantwortliches, selbstständiges und kooperatives Lernen. Sollten diese Potenziale nicht im Konflikt mit dem vorgesehenen Zeitrahmen stehen, halte ich es für sinnvoll, diese bestmöglich auszuschöpfen, denn der „Unterricht in der gymnasialen Oberstufe strebt […] die Fähigkeit an, selbstständig zu lernen und zu arbeiten […]“[25].

[...]


[1] Diesen Eindruck belegen auch die Auswertungen des im Folgenden beschriebenen Selbsteinschätzungsbogens. Vgl. dazu Abb.1.

[2] Vgl. zum eingesetzten Selbsteinschätzungsbogen Anhang, S. 36. Die Erstellung des Bogens erfolgte in Anlehnung an aktuelle Erdkunde-Fachdidaktikseminarinhalte am Studienseminar für Gymnasien in xxxxx.

[3] Vgl. zu den Lehrplanvorgaben HKM1, 2010, S. 16-19, 22-25. Vgl. zu den Fachcurricula die Dateien 09 bis 11 auf der beigefügten CD-Rom.

[4] Einige exemplarische, von SuS ausgefüllte Selbstdiagnosebögen finden sich auf der beigefügten CD-Rom (Dateien 12 bis 14).

[5] Eine Auswertung der allgemeinen Interessen erfolgt in Kapitel 5.2.

[6] Dass die jeweils gültigen Fachcurricula dabei jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen ist damit zu begründen, dass im Jahr 2012 ein neues Fachcurriculum für die Sekundarstufe I auf Basis des neuen Kerncurriculums verabschiedet wurde. Während der Zeit, in der sich die SuS der aktuellen Einführungsphase noch in der Mittelstufe befanden, galt das seit 2005 bestehende Fachcurriculum, welches sich bzgl. der Mittelstufeninhalte kaum von den Lehrplanvorgaben unterscheidet. Für die Oberstufe gilt offiziell noch das Fachcurriculum aus dem Jahr 2001. Eine auf Lehrplan und aktueller Unterrichtspraxis basierende Erneuerung steht noch aus. Bisher existiert noch kein Kerncurriculum für das Fach Erdkunde in der gymnasialen Oberstufe.

[7] Vgl. dazu und im Folgenden HKM1, 2010, S. 23.

[8] HKM1, 2010, S. 23.

[9] Erkenntnis aus einem Gespräch mit Hr. xxxxxxx am 13.08.2012.

[10] HKM1, 2010, S. 24.

[11] Vgl. dazu und im Folgenden HKM1, 2010, S. 24-25.

[12] Wie auf S. 2 dieser Arbeit bereits angedeutet findet am xxxxxx-Gymnasium eine Verschiebung der Lehrplanbestimmungen für das Fach Erdkunde von den Klassenstufen 8.1 und 8.2 in die Klassenstufen 8.2 und 9.1 statt.

[13] Vgl. dazu HKM1, 2010, S. 16; HKM5, 2012, S. 3-4.

[14] Erkenntnis aus einem Gespräch mit Hr. xxxxxxx am 13.08.2012. Vgl. zu den Lehrplanbestimmungen für den Erdkundeunterricht während der Mittelstufe HKM1, 2010, S. 16-20.

[15] Vgl. dazu das neue Fachcurriculum für die Mittelstufe auf der beigefügten CD-Rom (Datei 11).

[16] Vgl. dazu und im Folgenden HKM1, 2010, S. 16-20. Am xxxxxx-Gymnasium beschränkt man sich i.d.R. auf eine reduzierte Auswahl an Räumen, die unter verschiedenen Fragestellungen bearbeitet werden, um eine intensivere Auseinandersetzung mit den Themenbereichen und ausführlichere Nachbereitung der Präsentationen zu ermöglichen, was eine Erhöhung des Lernertrages begünstigt.

[17] Vgl. dazu HKM1, 2010, S. 18.

[18] Vgl. dazu HKM1, 2010, S. 16.

[19] Die Auswertung des Selbstdiagnosebogens zeigt, dass entsprechender Nachholbedarf besteht. Vgl. dazu Abb. 1.

[20] In Anlehnung an DGfG, 2010, S. 8-29. Darüber hinaus werden alle überfachlichen Kompetenzbereiche gefördert.

[21] Vgl. zur Zielsetzung S. 6 dieser Arbeit.

[22] Im Anschluss an die Ermittlung der Lernausgangslage gilt es bei der weiteren Gestaltung des Lernarrangements, „diese Besonderheiten so zu berücksichtigen, dass Schülerinnen und Schüler sich auf variable und für sie passende Weise Kenntnisse und Kompetenzen aneignen können.“ HKM3, 2011, S. 25. „Für unterschiedliche Unterrichtsziele und in Abhängigkeit von den Unterrichtsinhalten und den Lernvoraussetzungen sind unterschiedliche Unterrichtsmethoden […] unterschiedlich gut geeignet.“ Hasselhorn/Gold, 2006, S. 29.

[23] Mattes, 2011, S. 90. Vgl. im Folgenden Mattes, 2011, S. 90-91.

[24] Mattes, 2011, S. 90.

[25] OAVO, 2010, S. 5. Vgl. dazu auch HKM3, 2011, S. 25.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956848292
ISBN (Paperback)
9783956843297
Dateigröße
4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Studienseminar Heppenheim
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Klimageographie Selbstständiges Lernen Eigenverantwortliches Lernen Kooperatives Lernen Stationenlernen

Autor

Christian Groß wurde 1981 in Koblenz geboren. Von 2002 bis 2005 absolvierte er ein Duales Studium an der Berufsakademie Mannheim mit den Abschlüssen Diplom-Betriebswirt (BA) sowie Bachelor of Arts. Im Anschluss nahm der Autor ein Lehramtsstudium für die Fächer Geographie und Sport auf. Mit Erfolg legte er im Jahr 2009 die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen an der Universität Koblenz-Landau und im Anschluss im Jahr 2011 die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ab. Seit seinem erfolgreichen Abschluss des pädagogischen Vorbereitungsdienstes am Studienseminar für Gymnasien in Heppenheim (Hessen) arbeitet der Autor als Lehrer mit Lehramt für Gymnasien.
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