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Casemanagement: Verweildauerreduzierung im Akutkrankenhaus

©2007 Studienarbeit 52 Seiten

Zusammenfassung

Seit der Einführung diverser Gesundheitsstruktur- und Gesundheitsänderungsgesetze wurden bisher in der Gesellschaft diverse Wege und Möglichkeiten diskutiert, wie das gesamte Gesundheitssystem effizienter gestaltet werden könnte.
Die Verantwortlichen der Politik, Krankenversicherung, Bürgern, Unternehmen und Betreibern bzw. Trägern von Kliniken verstehen darunter einerseits eine stete Qualitätsverbesserung in der Patientenversorgung, die andererseits eine Kostenreduzierung ermöglichen sollen.
Die anhaltend demografische Entwicklung der Bevölkerung und eine darauffolgende Erhöhung des Altersdurchschnittes in Deutschland zeigen deutlich, dass in den folgenden Jahren die Zahl der Pflegebedürftigen, chronisch, dementiell und akut Erkrankten sowie multimorbide Patienten stark zunehmen werden. Am Beispiel der Erkrankung Herzinsuffizienz ohne große Nebenkomplikationen soll im Projektmanagement aufgezeigt werden, wie es durch eine bessere Vernetzung der Leistungen im Zusammenhang mit der Einführung von Casemanagement in der Pflege gelingen kann, die relative mittlere Verweildauer des Patienten im Krankenhaus zu senken. Dabei soll möglichst ein ‘Drehtüreffekt’ verhindert werden und der Patient weiterhin zufrieden mit seiner gesundheitlichen Versorgung sein.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. Problembetrachtung

Das gesamte Krankenhaussystem inkl. Management steht zurzeit und in naher Zukunft vor weitreichenden und komplexer werdenden Herausforderungen. Bisherige Reorganisationsprojekte erfolgten in einer reglementierten und starr strukturierten Expertenorganisation Krankenhaus mit überwiegendem reaktivem Verhalten auf Veränderungen der Umwelt. Das Gesundheitswesen in Deutschland insgesamt verfügt über moderne und leistungsfähige Angebote. Dazu kommt der stetige, medizinische Fortschritt, durch den sich günstige Lebensbedingungen ergeben können, die im positiven Sinne zu einer steigenden Lebenserwartung führt. Im Gegensatz dazu steht der demografische Wandel in der Bevölkerung mit einem immer geringer werdenden Anteil an erwerbsfähigen Personen. Aufgrund dessen wird es mehr chronisch erkrankte Personen geben. U. a. Herzinsuffizienzpatienten, die häufig wegen ihrer Umstände akut in stationäre Einrichtungen eingeliefert werden müssen. Gründe für eine erneute Wiederaufnahme ins Krankenhaus sind häufig: falsche Medikamenteneinnahme, fehlende oder nicht eingehaltene Diäten, erhöhte Flüssigkeitszufuhr, zu späte oder nicht erkannte Anzeichen einer Dekompensation sowie fehlende körperliche Aktivitäten. (Vgl. Kolbe, 2008, S. 599) Gesetzliche Krankenkassen leiten daraus sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben ab. Zudem haben sich in den letzten Jahrzehnten die sozialen Familienstrukturen erheblich geändert. Es gibt mehr Singlehaushalte, alleinerziehende Personen, das gestiegene Erwerbsleben von Frauen und deren immer bessere Ausbildung. (Vgl. Schmid, Weatherly, Meyer–Lutterloh, Seiler, Lägel 2008, S. 8 – 9)

Aufgrund der häufigen Krankenhausaufenthalte von chronisch erkrankten Herzinsuffizienz-Patienten und deren teilweise noch nicht optimale Behandlungsprozesse beträgt die mittlere Verweildauer bei dieser Erkrankung 9,6 Tage. (Quelle: „INEK“) Im Rahmen von strategischen Überlegungen wird das Case - Management zunehmend an Bedeutung gewinnen.

1.1 Aktuelle Anforderungen an die Kliniklandschaft

Um Case Management grundsätzlich einführen zu können, sollte sich der Krankenhausträger im Klaren sein, welche Probleme dieser mit Hilfe von Case Management lösen möchte und warum Case Management das dazu passende Modell sein könnte. Die zu bearbeitende Problemstellung muss exakt analysiert und einen Bezug zum Case Management herstellbar sein. Es Bedarf dazu einer klaren Indikation zum Case Management. (Vgl. Wendt, Löcherbach 2006, S. 140) Zum Case Management bedarf es, wenn bisher nichts klargestellt worden ist, ein großer Abstimmungsbedarf herrscht und mehrere Fachbereiche des Krankenhauses miteinander kooperieren müssen. Bevor Case Management im Krankenhausbereich eingeführt werden kann, muss zuvor eine Case Management tragende Struktur auf Systemebene entwickelt und eingeführt worden sein. Sie umfasst hier sämtliche Einzelverfahren und Steuerungsleistungen, die innerhalb des Krankenhausnetzwerkes aufeinander abgestimmt sein müssen. Es nimmt dabei Einfluss auf planerische und sozialpolitische Prozesse. Für alle Akteure sollte ein gemeinsames, jedem bekanntes Ziel formuliert werden. Jede Hierarchieebene muss zudem in das Netzwerk gezielt eingebunden sein, wenn die Umsetzung von Case Management funktionieren soll.

1.1.1 DRG – Vergütungssystem

Die DRG`s sind ein pauschales Vergütungssystem mit fester Pauschale für den jeweiligen Krankenhausaufenthalt. Der Fall bzw. Krankenhausaufenthalt wird in Abhängigkeit der Fallschwere und den erbrachten Leistungen mit einer DRG gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Maßgeblich ist dabei die Eingruppierung der Hauptdiagnose. Dazu können bei Vorliegen mehrerer Nebendiagnosen diese zusätzlich erfasst werden. Die Verschlüsselung erfolgt anhand von ICD – 10 Codes in der jeweils aktuell gültigen Fassung. Die sog. Prozeduren wie u. a. diagnostische Maßnahmen, OP´s, und therapeutische Interventionen werden über den OPS 301 Code in der aktuell gültigen Fassung codiert. (Vgl. Carels, Pirk, 2005, S. 55 56)

1.1.2 Verweildauer

Sie bezeichnet die Pflegetage bzw. die Dauer einer stationären Krankenhausbehandlung von dem 1. Tag der Aufnahme bis zum letztendlichen Entlassungstag, wobei der Aufnahme- und Entlassungstag als einen abzurechnenden Tag zu gelten hat. (Vgl. Carels, Pirk, 2005, S. 245) Die mittlere Verweildauer eines Herzinsuffizienzpatienten mit Schock ohne schwere Nebendiagnosen im Krankenhausbereich lag im Jahr 2006 bei 9,05 Tagen. Anhand des G – DRG Kataloges von 2006 (Quelle INEK, 02.06.2008) lag die mittlere gewollte und festgelegte Verweildauer bei 9,5 Tagen und ab 2008 bei 9,6 Tagen. (Vgl. http://www.g-drg.de/cms /index.php/inek_ site_de/content/view/full/1661[Stand 02.06.2008 ])

1.1.3 Integrierte Versorgung

Neue Anforderungen für das einzelne Krankenhaus ergeben sich im Grundsatz aus der zunehmenden Bedeutung von diversen integrierten Versorgungsformen, d. h. einer koordinierten Bearbeitung von bestimmten Patienten (u. a. chronisch erkrankte Patienten) im stationären Bereich von der Aufnahme, über Behandlungsablauf, zur Entlassung bis zur Rehabilitation bzw. Heimversorgung. (Vgl. Gerlinger, 2007, S. 93/94).

Die integrierte Versorgung bezeichnet eine Verzahnung von verschiedenen Gesundheitsbereichen (ambulanter, stationärer Bereich, Rehabilitation, etc.) im gesamten Gesundheitssystem. Grundlegendes Ziel einer Verzahnung dieser Gesundheitsbereiche ist es, die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gebieten zu verbessern. Die integrierte Versorgung ist im §§ 140a – d SGB V geregelt und ist ein zeitlich unbefristeter Bestandteil der Regelversorgung. Hierbei können nun Verträge von einzelnen Krankenkassen nicht nur mit Gemeinschaften sondern auch mit einzelnen Vertragsärzten und medizinischen Versorgungszentren abgeschlossen werden. Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen können weitere Vertragspartner sein. (Vgl. Carels, Pirk, 2005, S. 116)

Die unterschiedlichen integrierten Versorgungsformen verfolgen das Ziel, die historisch gewachsene Abschottung der einzelnen Versorgungsbereiche intern wie extern stationärer Akuteinrichtungen, u. a. mit den Folgen einer unzureichenden Informationsübermittlung sowie mangelhafter oder fehlender Absprachen über Behandlungsschritte zu überwinden. (Vgl. Gerlinger, 2007, S. 93/ 94)

In dieselbe Richtung zielen auch diverse Maßnahmen des Gesetzgebers, die den Krankenhäusern eine prae- und poststationäre Behandlung sowie ambulante Operationen ermöglichen. Durch die Möglichkeiten des SGB V, Strukturverträge zu schließen und Modellvorhaben durchzuführen, können darüber hinaus neue Versorgungsformen erprobt und etabliert werden, die ebenfalls zu einer Erhöhung der Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Akutversorgung führen sollen (Vgl. Birkner, 2007). Der Trend hin zu integrierten Versorgungsformen wird insgesamt zu einer Verlagerung von der stationären Akutversorgung hin zugunsten der ambulanten Versorgung führen. Der regionale Preis- und Qualitätswettbewerb wird daher für das einzelne Krankenhaus weiter an Bedeutung gewinnen. (Vgl. Schmidt-Rettig, 2001, S. 56 - 62)

1.1.4 Begriffserklärung Herzinsuffizienz

„Herzinsuffizienz, auch Herzmuskelschwäche genannt, ist das Unvermögen des Herzens, das zur Versorgung des Körpers erforderliche Blutvolumen zu fördern (Zitat aus „Die Pflege“, 2001, S. 651)

„Bei der Herzinsuffizienz ist das Herz nicht mehr in der Lage, die Gewebe mit genügend Blut und damit genügend Sauerstoff zu versorgen, um den Gewebestoffwechsel in Ruhe oder unter Belastung sicherzustellen (pathophysiologische Definition). Klinisch liegt dann eine Herzinsuffizienz vor, wenn typische Symptome (Dyspnoe, Müdigkeit, Flüssigkeitsretention) bestehen, denen ursächlich eine kardiale Funktionsstörung zugrunde liegt. Bei einer asymptomatischen linksventrikulären Dysfunktion besteht eine objektivierbare kardiale Dysfunktion, der Patient ist jedoch unter Therapie beschwerdefrei.

In der Epidemiologie stellt die Herzinsuffizienz eine der häufigsten internistischen Erkrankungen dar. In Europa wird die Zahl herzinsuffizienter Patienten auf mehr als 10 Millionen geschätzt. Eine vergleichbar große Patientengruppe weist darüber hinaus eine systolische kardiale Dysfunktion ohne Herzinsuffizienzsymptome auf. Die Prävalenzen und Inzidenzen sind altersabhängig. Im Alter zwischen 45-55 Jahren leidet weniger als 1 % der Bevölkerung an einer Herzinsuffizienz, zwischen dem 65. und 75. Lebensjahr bereits 2 - 5 % und bei über 80-Jährigen fast 10 %. Männer sind mit einer Geschlechterrelation von etwa 1,5:1 häufiger als gleichaltrige Frauen betroffen. In höherem Lebensalter nimmt besonders bei Frauen der Anteil einer diastolischen Herzinsuffizienz zu und macht bei älteren Patienten mehr als 30%, bei Patientinnen mehr als 40 % aus.“ (Vgl. Zitat aus http://www.dgk.org/Leitlinien/Leitlinien Herzinsuffizienz.pdf [Stand 03.06.2008]

1.1.5 Weitere Anforderungen

Der stationäre Krankenhausbereich wird in Zukunft durch eine Mehrzahl kommender Anforderungen gekennzeichnet werden, die den grundsätzlichen Trend zur Verweildauerverkürzung bei höheren Krankenhauseinnahmen mittels DRG verstärken. Hierzu zählt auf der Kostenseite die Länge des Aufenthaltes von Patienten. Je eher der betreffende Patient im Krankenhaus die Grenzverweildauer erreicht bzw. sie überschreitet, desto teurer wird er für das Krankenhaus. Je näher der Aufenthalt an der unteren Verweildauergrenze liegt desto kostengünstiger ist es für die stationäre Akutversorgung.

Darüber hinaus werden zukünftig weitere wichtige Faktoren wie der medizinisch-technische Fortschritt, die demografische Alterung der Gesellschaft und der zu beobachtende Wandel des Krankheitsspektrums, d.h. insbesondere die stetige Zunahme chronischer Erkrankungen und Multimorbidität, zu einer deutlichen Erhöhung des Kostendrucks für Kliniken führen. Die Patienten werden zudem anspruchsvoller und sind zunehmend weniger bereit, ein Krankenhaus zu akzeptieren, das nicht den eigenen Erwartungen und Bedürfnissen entspricht. Die Ansprüche der Patienten erstrecken sich dabei nicht nur auf medizinische Leistungen, sondern auch auf die pflegerischen und sozialen Dienstleistungen. Die Patienten entwickeln sich zukünftig zu anspruchsvollen Kunden, deren Bedürfnisse und Erwartungen zu berücksichtigen sind. Für die Krankenhauslandschaft bedeutet dies eine weitere Verschärfung der Kosten- und Wettbewerbssituation sowie die Notwendigkeit, die eigenen Leistungs- und Organisationsprozesse konsequent am Patienten und nicht am Krankenhaus auszurichten.

1.2 Anforderungen im Pflegemanagement

Durch den Einsatz von Case Management soll die Pflege in die Lage versetzt werden präventive Potenziale zu realisieren, notwendige Dienstleistungen zeitnah einleiten und erbringen zu können, die Abstimmung der Leistungsanbieter untereinander zu erhöhen. Zudem sollte die Leistungserbringung in der Tendenz in eine weniger kostenintensivere Umgebung verlagert werden, um eine Über-, Unter-, und Fehlversorgung zu vermeiden. Die Pflege sollte in der Lage sein, ihre Patienten zu befähigen, trotz ihrer aufgrund der Krankheit und/ oder Gesundheit bedingten Funktionsstörungen bzw. Behinderungen ein optimales Wohlbefinden erzielen zu können. Des Weiteren sollten sie befähigt werden, ihren Gesundheitszustand zu verbessern, Selbstpflegepotenziale zu realisieren, ihr Selbstmanagement zu optimieren sowie die Selbstverantwortung zu übernehmen, um wieder aktiv an Versorgungsentscheidungen mitwirken zu können. Die Pflege sollte, auf die an der Versorgung beteiligten professionellen Akteure, eine positive Veränderung erwirken. U. a. eine steigende Zufriedenheit mit dem eigenen Versorgungshandeln und/ oder Produktivitätszuwächse zu erzielen. (Vgl. Ewers, Hrsg. Wendt, Löcherbach 2006, S. 60/ 61) Um die genannten Anforderungen auf der Mitarbeiter-, Patienten- und Systemebene realisieren zu können, bedarf es neben den grundsätzlich adäquaten Rahmenbedingungen auch einer entsprechenden Qualifikation. Die Mindestanforderung an die Qualifikation eines Case - Managers ist der „Bachelor of Sience in Nursing“ und eine dreijährige praktische Tätigkeit.

2. Thema und Zielsetzung des Projekts

Die Verweildauer ist in den deutschen Krankenhäusern seit 1990 stetig gesunken. Laut Statistik der DKG sank die mittlere Verweildauer von Patienten von 14,6 Tagen auf 8,9 Tagen. Parallel dazu stieg die jährliche Patientenzahl von 14,6 Mio. auf 17,3 Mio. Die Leistungsdichte im stationären Bereich hat für die Gesundheitsberufe erkennbar zugenommen. D. h., die stationären Akuteinrichtungen benötigen einen erhöhten Bedarf an interner Koordination und im Verhältnis zum Patienten eine verbesserte Kommunikation. Das Case Management hat zudem das Ziel, in einer konkreten Versorgungssituation den individuellen Versorgungsbedarf herauszufinden. Dabei sind entsprechende Maßnahmen einzuleiten, die in dieser Versorgungssituation benötigt werden, um sie zugunsten der Versorgungsqualität zum Einsatz zu bringen. Das Case Management bezieht sich auf einen konkreten Patientenfall in seiner speziellen Versorgungssituation. Daher ist das Case – Management auch Anbieter- und einzelfallbezogen. (Vgl. Schmid, Weatherly, Müller – Lutterloh, Seiler, Lägel, 2008, S.72)

Weitere Ziele neben der zentralen Verweildauerverkürzung sind folgende Unterziele: Einführung und/ oder verbesserte Überleitung-/ Entlassungsmanagement, Wund-, Schnittstellen- und Schmerzmanagement sowie langfristig die Einführung von Telemedizin bzw. telemedizinischen Aspekten. Diese Unterziele werden in weiteren angehenden Projekten zu einem anderen Zeitpunkt eingehender erläutert. Im Fokus dieses Case Managementprojektes am Beispiel der akuten Herzinsuffizienz ohne schwere Comorbiditäten stehen folgende kurz- bis mittelfristigen Ziele für diese Erkrankung:

- die Senkung der relativen Verweildauer

- Budget- und Kostensicherung/ Erlössteigerung

- die Sicherung der Behandlungsqualität und optimalen Versorgung.

- Sicherstellung des optimalen Ablaufes in der Patientenversorgung

- Vermeidung des „Drehtüreffektes“

- Entlastung der Pflege und Ärzteschaft durch Umverteilung von Aufgaben

- Steigerung der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit

Case Management nimmt eine sog. anwaltliche Funktion für den Patienten ein. Daher ist bezogen auf die qualitativ hochwertige Versorgung eine nahtlose Weiterführung von Pflege- und Behandlungsprozessen besonders wichtig. (Vgl. DIP (Hrsg.) 2004, Nachdruck 2008, S. 120)

2.1 Case – Managementmodul zu qualifizierten Verweildauerverkürzung

Dies ist ein methodischer Ansatz, die Abläufe und Aufgaben aller in der Patientenversorgung benötigten Akteure zu koordinieren. Ziel ist es die Leistungserbringung effektiv und effizient zu gestalten sowie als Folge daraus die Verweildauer deutlich zu kürzen. Die Verbesserung der Dokumentationsqualität ist u. a. eines der Effekte, da innerhalb von Case – Management diverse Regeln und Kriterien aufgestellt werden, die eine Prüfung der Behandlungsqualität und –wege erst ermöglichen. In Deutschland fehlen eine Reihe bindender Richtlinien und Vorgaben, um die Prüfung der Behandlungsabläufe nach rechtlich fundierten Parametern durchführen zu können. Die Dokumentation erhält somit, neben der Haftungs- und Qualitätsdimension eine ganz neue Bedeutung. (Vgl. Schwaiberger, 2005 S. 49 – 50)

Mit Case - Management bezeichnet man ein Versorgungsmanagement, das die gezielte Versorgung von psychosozialen und medizinischen Bedürfnissen des Patienten über jegliche Leistungsbereiche steuert bzw. optimiert. (Vgl. Carels, Pirk, 2005, S. 49) Es ist ein Prozess der Zusammenarbeit, in dem Probleme eingeschätzt, Ziele und Maßnahmen geplant, umgesetzt, koordiniert und überwacht werden. Daraus folgend werden die erbrachten Dienstleistungen evaluiert, um dem Gesundheitsbedarf des Patienten mittels Kommunikation und verfügbarer Ressourcen auf ökonomische und qualitative Ergebnisse nachzukommen. (Vgl. Wendt, 3. Auflage 2001, S.154) Ziel des Case Managements ist es, die Versorgungsqualität zu verbessern, eine bessere Complience des Patienten zu sichern sowie langfristig aus gesundheitsökonomischer Sicht die Kosten zu senken. (Vgl. Carels, Pirk, 2005, S. 49)

3. Gesundheitspolitische Relevanz des Projektes

Das gesamte deutsche Gesundheitssystem befindet sich seit mehreren Jahren in einem tief greifenden strukturellen Wandel, die noch einige Jahre anhalten wird. Dieser strukturelle Wandel im Gesundheitswesen wird durch die Einführung der G – DRG´s beschleunigt, damit die politisch gewollte Ablösung des alten Selbstkostendeckungsprinzips durch eine gezielte Implementierung des ganzheitlich leistungsorientierten Fallpauschalensystems. Die bisher vorhandenen Organisationsstrukturen müssen sich als Konsequenz an die kommenden Anforderungen der Behandlungsprozesse neu anpassen. Der Umstieg auf ein diagnoseorientiertes Patientenklassifikationssystem wie G-DRG verlangt von den stationären Akuteinrichtungen eine stets fortwährende Wandlungsfähigkeit in der Art ihrer Leistungserbringung und in der Flexibilität ihrer Organisationsstruktur. Die aktuell knappen öffentlichen Haushaltskassen machen eine andauernde Subventionierung der Kliniken durch die Kommunen und Bundesländer unmöglich. Als direkte Konsequenz, erhöht sich nicht nur aufgrund der begrenzten Krankenkassenbudgets, fortdauernd der wirtschaftliche Druck auf die Krankenhäuser. Dank eines stetigen technologischen und medizinischen Fortschritts sowie einer zunehmenden Effizienz in der Leistungserbringung und -entwicklung von Synergieeffekten wird die durchschnittliche Verweildauer der Patienten in stationären Akuteinrichtungen weiter absinken. Entscheidende Erfolgsfaktoren sind neben den veränderten Rahmenbedingungen wie baulichen, personellen oder sachlichen Umgestaltungen auch zukünftig die prozessorientierten Organisationsstrukturen, eine eingehende Patientenorientierung, die Beteiligung der Nutzer, Flexibilität, die Schnelligkeit sowie eine Transparenz in der Kosten- und Erlösstruktur. Das Case Management, zunächst als ein neutrales und ganzheitliches Managementkonzept angesehen, besteht aus einem interdisziplinären System – und Fallmanagement. Diese können in den stationären Akuteinrichtungen, insbesondere im Pflegebereich dazu genutzt werden, die bisherigen, starren, hierarchischen Organisationsstrukturen aufzubrechen und an die optimierten Behandlungsprozesse in Pflege, Medizin und Funktionsbereiche anzupassen. Eine durch das Case Management prozessorientierte Klinikorganisation unterstützt in hohem Maß die Ausrichtung der Organisationen an den individuell je nach Fachgebiet ausgerichteten Kernprozessen. Diese werden durch die Managementprozesse und durch sekundäre und tertiäre Leistungserstellungsprozesse unterstützt. Im praktischen Alltag, u. a. auch am Beispiel des Pflegealltags, steht der Case Manager als Vermittler im Spannungsfeld zwischen Erlös- und Qualitätsorientierung. Dieser kann somit ganz gezielt die potenziellen Versorgungsleistungen für den betroffenen Patienten koordinieren und steuern. Dem bisher auftretenden Drehtüreffekt soll daher gezielt mittels einer Einschätzung des aktuellen und langfristigen Versorgungsbedarfs durch einen Case Manager vorgebeugt werden. Zudem möchten die Patienten einen zentralen Ansprechpartner für ihre gesundheitliche Problematik haben und nachhaltig in den Entscheidungs- und Behandlungsprozess eingebunden werden. (Vgl. http://www.vpu-online .de/de/pdf/ Positionspapier_Case-Management.doc (Stand 06.07.2008) Dr. Pape)

Mit der Einführung von Case Management in der Pflege als patientenorientierte Neugestaltung von Versorgungsroutinen unter Einbeziehung aller relevanten Akteure des Gesundheitswesens, bedarf es aufgrund traditionell hierarchischer Verantwortungsgestaltung im Gesundheitswesen einer sorgfältigen Implementationsbegleitung. Zudem wird die systematische Dokumentation, Evaluation und Wirkungskontrolle von Case Management intensiviert werden müssen. Dies steht in der Pflege in Deutschland neben praktischer auch zahlreiche wissenschaftliche Herausforderungen zusätzlich zur Bewältigung an. (Vgl. Ewers, Hrsg. Wendt, Löcherbach, S. 66)

Im Gutachten des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen vom 03. Juli 2007 favorisieren diese eine Etablierung des Case – Managements als ein zielführendes Beispiel für Managed Care – Konzepte. Zudem werden Empfehlungen des Sachverständigenrates mit dem Titel:

Kooperation und Verantwortung, Voraussetzungen einer zielorientierten Gesundheitsversorgung“ an politische Entscheidungsträger formuliert. (Vgl. Bostelaar, Pape 2008, S. 22)

3.1 Ökonomische Relevanz des Projektes

Für die Krankenhäuser stehen, mit dem DRG – System für die Behandlung der Patienten, Fallpauschalen zu, die sich aufgrund der Patientenklassifikation und den zur Verfügung stehenden Volumina unterscheiden. Wenn es gelingt, für die Behandlung eines Patienten weniger Finanzmittel aufzuwenden als durch die durch die G - DRG vorgegebene Fallpauschale zur Verfügung steht, macht das Krankenhaus ein Gewinn. Gelingt es nicht, macht das Krankenhaus Verlust. Aufgrund dieser veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser sind sie dazu aufgefordert, ihre organisatorischen, medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Prozesse auf die optimale Versorgung der Erkrankung auszurichten. Hierzu sind die Prozesse zu vernetzen und ihre organisatorischen Prozesse danach auszurichten. (Vgl. Kleve, Müller, Hampe – Grosser, Hrsg. Brinkmann, 2006, S. 27 – 28)

Die Auswirkungen aus einer Einführung von Case - Management in der Pflege werden in Zukunft daher sicher zu erkennen sein. Interne Abläufe werden unter dem Kosten-, Leistungs- und Ressourcensteuerungsaspekt und -planung eine essenzielle Bedeutung erhalten. Denn die G – DRG´s erfordert eine hohe Transparenz des internen Leistungsgeschehens aus Kostengesichtspunkten je Behandlungsfall als auch aus erbrachten Qualitätsgesichtspunkten. Dabei wird u. a. eine Implementierung von Prozessmanagement zur krankenhausinternen Ablaufoptimierung im Pflegebereich eine zentrale Führungsaufgabe des Pflegemanagements sein bzw. werden. Dabei gilt es Unwirtschaftlichkeiten insbesondere in der Schnittstellenproblematik zu erkennen und ohne Rücksicht auf organisatorische, hierarchische und berufsgruppenspezifische Interessen Effizienz steigernde Veränderungen herbeizuführen. Der Träger von stationären Akutversorgungen wird gefordert sein, gewonnene Erkenntnisse u. a. aus der Prozesskostenrechnung, Leistungsportfolio und/ oder Marktanalyse in der Hinsicht der Unternehmensführung durchsetzen. (Vgl. Schwaiberger, 2005, S.25/26)

4. Stand der Forschung und Entwicklung in der Praxis

Case Management befindet sich in der Bundesrepublik noch am Anfang der weitergehenden Entwicklung. Es wird von der Politik gefordert und ist gesetzlich festgeschrieben (§ 11 SGB V, § 7a PfWG Referentenentwurf, 12/2006) (Vgl. Bostelaar, Pape 2008, S. 19) Bisher gab es noch keine vollständige Erhebung über die Verbreitung von Case Management in der Bundesrepublik, da weder das Verfahren, noch die Tätigkeit, noch die Anwender hierzulande sich an Standards messen lassen müssen. Aufgrund von fehlenden Publikationen in diversen Fachzeitschriften und Fachbüchern wird allerdings angenommen, dass eine eindeutige Klärung über eine aufbauorganisatorische Einordnung von Case Management im Krankenhaus bisher noch nicht erfolgt ist. International hat die Pflege in Theorie und Praxis wichtige Beiträge zum Case – Management geleistet. Dabei hat sie innovativ auf die Gesundheitsversorgung reagiert. (Vgl. Ewers, Hrsg. Wendt, Löcherbach, S. 67)

4.1 Rechtliche Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen mit Bezug zum Case – Management wurden im GKV Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV – WSG) festgelegt. U. a. wurden die Ansprüche der Versicherten im § II Abs. 4 des GKV – WSG wie folgt definiert:

„Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Schnittstellenproblemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. Soweit in Verträgen nach §§ 140a bis d nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen nach § 112 oder § 115 oder in vertraglichen Vereinbarungen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln“

Das Gesetz enthält dazu gezielte Maßnahmen, um die Schnittstellenproblematik zu überwinden und Patienten einen reibungslosen Übergang zwischen den einzelnen Gesundheitsbereichen zu ermöglichen, ohne jegliche Wartezeiten und Pausen der Behandlung. U. a. sind folgende Maßnahmen von mehreren speziell dafür vorgesehen:

- Die Leistungsangebote werden besser vernetzt.
- Künftig ist ein verbessertes Entlassungsmanagement einzuführen.
- Bei der Entlassung/ Überleitung aus dem stationären Bereich muss umgehend nahtlos eine sach- und fachgerechte Anschlussversorgung sichergestellt werden.

Des Weiteren ist Case Management gesetzlich festgeschrieben in 11 SGB V und § 7a PfWG Referentenentwurf, 12/2006.

4.2 Spezifische Case – Management - Forschungen

Aufgrund einer aktuell hohen Akteursdichte je nach Fragestellung sollten die potenziellen Studien zum Thema Case Management immer quantitative und qualitative Forschungsmethoden kombinieren. Laut Pape bieten neben den quantitativen Methoden wie Outcomemessung im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse auch diverse qualitative Methoden im Bereich der Systemgestaltung die Möglichkeit, die Akteursperspektiven zu berücksichtigen, sowie das Funktionieren von Interaktionen innerhalb der Netzwerke zu verstehen. Das Case Management liegt horizontal zu allen Leistungsbereichen in der stationären Akutversorgung auf der Fall- und Systemebene. Deshalb beinhaltet eine Forschung zum Case Management zugleich auch verschiedene Aspekte der Versorgungs- und Organisationsforschung. (Vgl. Pape, 2008 http://www.vpu-online.de/de/pdf/Positionspapier_Case-Management.doc, Stand 06.07.2008)

Unabdingbar sind zukünftig weitere empirische Forschungen über die Wirkungen von Case Management. Hierbei können Effektivitäts- und Effizienzstudien bzw. Implementationsstudien zentrale Argumente für die Etablierung von Case Management liefern. Die aufgezeigten Modellprojekte und laufenden Studien zeigen die Richtung an. (Vgl. http://cms.uk-koeln.de/live/ case-management/content/e59/e74/LcherbachCMinDeutschland.pdf 08.05.2008, Löcherbach)

Zurzeit können auf empirischer Ebene die Frage, ob Case Management wirkt, nicht eindeutig befriedigend beantwortet werden. Je nach entsprechender Fragestellung können jedoch folgenden Forschungsdesigns nach Schmidt & Schu (2006) wertvolle Ergebnisse liefern:

Eine Implementierungsstudie, die fallbezogene Einzelfallstudie, eine Verlaufsstudie, die Kosten – Nutzen – Analyse sowie die Metaanalyse.

Eine Notwendigkeit von begleitenden und evaluierenden Studien gewinnt durch die Etablierung von Case Managementmodellen immer mehr an Bedeutung. Neben Effizienzstudien sollten auch Patientenperspektivststudien ein Standard sein, um dem patientenorientierten Anspruch an Case Management gerecht werden zu können. Es sind dabei qualitative sowie quantitative Forschungsmethoden als gleichwertig anzuerkennen, und entsprechend der jeweiligen Forschungsfragen anzuwenden. Die Kriterien der Versorgungsforschung gelten auch für Case Management (Vgl. Pfaff, 2003, http://www.versorgungsforschung.nrw.de/content/e54 /e104/ e261/ object263/Pfaff_H_2003_Versorgungsforschung-Begriffsbestimmung.pdf Stand 03.07.08).

4.3 Datenlage und Case - Managemententwicklungen in der Praxis

Zurzeit werden in der Universitätsklinik Köln diverse Forschungsprojekte zu quantitativen und qualitativen Case Managementmethoden sowie Fallgruppen im Case Management durchgeführt. Aufgrund von Forderungen des Sachverständigenrates nach einer Ausweitung und weiteren Aufbau von Case Managementstrukturen, muss die aktuelle Forschungslandschaft aufgefordert werden, Instrumente sowie Evaluationsstandards zu entwickeln.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2007
ISBN (PDF)
9783956849312
ISBN (Paperback)
9783956844317
Dateigröße
5.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bielefeld
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,3
Schlagworte
integrierte Versorgung DRG Controlling Pflegemanagement Krankenversicherung

Autor

Marion Blum wurde 1972 in Gerolstein geboren, ihre Ausbildung zur Krankenschwester schloss die Autorin 1993 an der Krankenpflegeschule Maria-Hilf in Daun mit dem Staatsexamen erfolgreich ab. Ebenso erfolgreich absolvierte sie die zweijährige Fachweiterbildung zur Pflegedienstleitung im Akutkrankenhaus 2001 an der Caritasakademie Köln Hohenlind. Ihr Studium an der Hamburger Fern-Hochschule schloss sie des Weiterem im Jahre 2007 mit dem Diplom Pflegewirt (FH) erfolgreich ab. Abschließend wurde an der gesundheitswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bielefeld der akademische Grad des ‘Masters of Health Administration’ (MHA) 2009 erfolgreich absolviert. Bereits während der verschiedenen Aus-, Fort- und Weiterbildungen sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrung in der stationären Akutpflege, Altenhilfe, im ambulanten Pflegedienst sowie in der gesetzlichen Betreuungsarbeit. Ihre Tätigkeit bei den verschiedenen Institutionen und Fachbereichen in der Gesundheitsbranche motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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Titel: Casemanagement: Verweildauerreduzierung im Akutkrankenhaus
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