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Framing und Framing-Effekte am Beispiel des Irakkrieges

©2011 Bachelorarbeit 50 Seiten

Zusammenfassung

Massenmediale Kommunikation ist jene Pforte, die in modernen Industriegesellschaften den Bürgern die Möglichkeit zur Einsicht und Partizipation an politischen Prozessen gewährt.
Auf der anderen Seite ermöglicht sie den Kommunikationsfluss von Seiten der politischen Entscheidungsträger zum Volk. Tageszeitungen und Fernsehnachrichten bilden die entscheidenden Plattformen für die Informationsübermittlung. Doch eine massenmedial kommunizierte Information wird nicht unabhängig und zusammenhangslos übertragen, sondern von Medienproduzenten und Journalisten in Sinnzusammenhänge gesetzt, die in ihrer Struktur von zahlreichen Faktoren abhängen. Diese Einordnung einer Nachricht in ein Bedeutungsumfeld wird Framing genannt und führt bestimmte Effekte in der Informationselaborierung auf Seiten des Rezipienten mit sich. Im Rahmen dieser Arbeit soll vor allem der wirkungszentrierte Framing-Ansatz beleuchtet werden.
Durch einen Vergleich zwischen den Framing-Strategien der USA und Schweden wird versucht, einen Überblick über jene Faktoren zu gewinnen, die den Einsatz bestimmter Frames und damit einhergehende Effekte auf Rezipientenseite bedingen. Es stellt sich die Frage, ob die Framing-Strategien der amerikanischen Medienanstalten ein Grund für die große Unterstützung der Kriegshandlungen im Irak auf Seiten des amerikanischen Volkes waren. Wie unterschiedlich sich die Berichterstattungen zweier gleichsam intervenierender Staaten gestalten können, wird durch einen Vergleich mit Großbritannien dargelegt und führt zu klaren Kritikpunkten der Kriegsberichterstattung in den USA, welche im Fazit deutlich gemacht werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1990/91 der Fall war (Schwalbe et al., 2008). Dennoch wird die Anwendung der
hauptsächlich aus Wahlkampfstudien gewonnenen Framing-Erkenntnisse auf das Thema
Krieg kritisch geprüft, da die daraus gewonnene empirische Basis nicht ohne Einschränkung
auf die Kriegsthematik übertragbar ist. Die Analyse des visuellen Framings des Irakkrieges
konzentriert sich zunächst auf die Nachrichtenberichterstattung in den USA. Anhand einer
Studie von Schwalbe et al. (2008) wird die Veränderung des Framings im Verlaufe des
Krieges in Wochenintervallen untersucht und in fünf Szenarien der Kriegsberichterstattung
aufgegliedert.
Durch einen Vergleich zwischen den Framing-Strategien der USA und Schweden wird
versucht, einen Überblick über jene Faktoren zu gewinnen, die den Einsatz bestimmter
Frames und damit einhergehende Effekte auf Rezipientenseite bedingen. Es stellt sich die
Frage, ob die Framing-Strategien der amerikanischen Medienanstalten ein Grund für die
große Unterstützung der Kriegshandlungen im Irak auf Seiten des amerikanischen Volkes
waren. Wie unterschiedlich sich die Berichterstattungen zweier gleichsam intervenierender
Staaten gestalten können, wird durch einen Vergleich mit Großbritannien dargelegt und führt
zu klaren Kritikpunkten der Kriegsberichterstattung in den USA, welche im Fazit deutlich
gemacht werden sollen. Leider kann im Rahmen dieser Arbeit nicht auf die
Berichterstattungen des Irakkrieg weiterer Länder eingegangen werden.
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Informationsverarbeitung und Erinnerung
Die Prozesse der Informationsverarbeitung und Erinnerung bilden die
wahrnehmungspsychologische Grundlage für das Verständnis von Framing-Effekten. Die
menschliche Informationsverarbeitung lässt sich in ihren Basiselementen folgendermaßen
darstellen: Ein Reiz trifft auf ein Wahrnehmungsorgan und löst dort eine Aktivierung aus
(Graber, 1988). Nur einem Teil der eintreffenden Informationen wird Beachtung geschenkt,
welche dann in vereinfachter Form für kurze Zeit gespeichert wird. Dieser Speicherort ist das
Kurzzeitgedächtnis und steht neben neu eintreffenden Reizen auch im Einfluss bereits
bestehender psychografischer und soziografischer Merkmale. Durch einen Abgleich wird
dann entschieden, ob die neuen Informationen kompatibel mit den vorhandenen
Einstellungen, Vorstellungen und Kenntnissen sind und somit ins Langzeitgedächtnis
überführt werden können (Schenk, 2007). Der Mensch ist jedoch nicht ausschließlich ein
passives Auffangnetz zufällig eintreffender Reize. Die im Langzeitgedächtnis bestehenden
Interessen, können auch zur aktiven Suche nach Informationen motivieren. In diesem Fall
wendet sich das Individuum bewusst bestimmten Informationsquellen, wie zum Beispiel
einem Medium zu, um weitere Informationen zu generieren. Um entsprechende kognitive
Ressourcen mobilisieren zu können, wird ein entsprechend hohes Involvement vorausgesetzt.
Unter Involvement verstehen Petty und Cacioppo (1986) das Ausmaß der Betroffenheit oder
das Interesse an einem Thema. Die Autoren konstruierten ein Modell, welches dem
unterschiedlichen Grad des Involvements, eine Verarbeitungstiefe zuordnet: das Elaboration
Likelihood Model (ELM). Ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Involvement bedingt
entsprechend unterschiedliche Verarbeitungstiefen.
2.1 Die
Schema-Theorie
Als Grundtheorie zum besseren Verständnis der Framing-Theorie soll in der vorliegenden
Arbeit die Schema-Theorie dienen. Laut Matthes (2004, S. 545) fand diese aus der
Kognitionspsychologie stammende Theorie, bereits in den 1980er Jahren ihren Weg in die
Medienwirkungsforschung und stellt ein bewährtes Erklärungsmodell dar. Auch Scheufele
(2003) verwendete schema-theoretische Ansätze in seinen Forschungsprojekten zum Framing.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird auf seine Forschungsansätze noch einmal genauer
eingegangen.
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Bartlett führte 1932 den Begriff ,Schema` in den Diskurs der Gedächtnispsychologie ein.
Er versteht unter dem Begriff die Gesamtheit früheren Verhaltens und Erfahrungen. Dieses
Schema dient dann auf Grund der Ähnlichkeit als Leitstruktur aktueller Anforderungen.
A schema is a cognitive structure that consists in part of the representation of some defined
stimulus domain. The schema contains general knowledge about a domain, including a
specification of the relations among its attributes, as well as specific examplares or instances
(Taylor & Crocker, 1981, S. 91).
Im heutigen wissenschaftlichen Sprachgebrauch beschreiben Schemata mentale Strukturen,
welche Menschen verwenden, um Wissen zu Kategorien oder Themenbereichten
zusammenzufassen. Dieser Prozess wird dann Top-Down-Verarbeitung oder
konzeptgesteuerte Informationsverarbeitung genannt (Aronson et al., 2004). Die vorhandenen
Wissensstrukturen sind laut Matthes (2004, S. 545) erlernt und relativ beständig, außerdem
helfen sie bei der Interpretation bestimmter Reize und steuern die Aktivierung verknüpfter
Schemata.
Diese kognitiven Strukturen sind nicht detailgetreu, sondern reduzieren die Umgebung auf
eine wesentlich kleinere Anzahl relevanter Kategorien. Die Realität ist in Form der mentalen
Repräsentation somit keine Eins-zu-Eins
-
Übertragung, sondern eine vom Individuum aktiv
konstruierte eigene oder soziale Realität (Brosius, 1991). Auf der anderen Seite können
Schemata auch Informationen über einen Gegenstand ergänzen, falls sie nur unvollständig
gegeben sind. An dieser Stelle besteht die Gefahr, dass die schematische
Informationsverarbeitung einer Situation, Person
oder einem Sachverhalt voreingenommene
oder stereotype Attribute zuschreibt, da bereits wenige Hinweisreize genügen, um ein
bestimmtes Schema zu aktivieren und mit möglicherweise auch fehlerhaften Informationen
aufzufüllen (Asch, 1946). Diese Erwartungswerte sind auch der Grund dafür, dass der
Mensch geneigt ist
,
bestimmte Informationen eher wahrzunehmen als andere. Lässt sich eine
Information problemlos in bereits vorhandene Strukturen einfügen, bedarf es keiner
Reorganisation des bewährten Schemas. Zwar ist ein Schema mobil und kann sich durch neue
Impulse verändern (Piaget, 1937), doch die Elaboration ergänzender und nicht
widersprechender Stimuli verlangt dem Individuum keine zusätzlichen kognitiven Ressourcen
ab und ist somit leichter durchzuführen. Schemainkonsistente Informationen werden eher
ignoriert, da sie eine zusätzliche Belastung für das kognitive System bedeuten (Neisser,
1979). Andererseits können Informationen auch ohne Aktivierung spezifischer Schemata
aufgenommen werden. In diesem Fall spricht man von einer Bottom-Up-Verarbeitung.
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Schema-Theorien werden häufig als pyramidale Strukturen dargestellt (z.B. Taylor &
Crocker, 1981, S. 92f.). Die Basis bilden konkrete, einzelne Schemata, die sich an der Spitze
zu immer abstrakteren Schemata zusammenfassen. Andere Autoren nehmen Bezug auf
Modelle der netzwerkartigen Wissensstrukturen. Hastie (1981) zum Beispiel definierte drei
unterschiedliche Arten von Schemata: (1) Schablonen-Schemata (2) Schemata zentraler
Tendenz (Prototypen), und (3) prozedurale Schemata (Scrips).
2.1.1 Schablonen-Schemata
Um später das Konzept des Framings besser erläutern zu können, sollen zunächst die
Schablonen-Schemata genauer betrachtet werden. Diesem Ansatz zufolge fasst ein
Individuum Stimuli nach bestimmten Eigenschaften zu Kategorien zusammen. Tesser (1978)
spricht bei diesen Eigenschaften salienten Attributen. Die Reizverarbeitung geschieht durch
einen Abgleich des Objekts mit der kognitiven Schablone. Die Schablone, welche
die höchste
Passung mit den Schlüsselreizen des Objekts aufweist, wird ausgewählt. Scheufele (1999, S.
94) nennt diese Passung ,,Fitting".
Schemata, die einem Individuum die Enkodierung massenmedial transportierter
Informationen erleichtern, spielen für die Framing-Theorie eine wichtigere Rolle. Häufig
weisen Nachrichten in den Medien bereits ein grundlegendes Muster auf, welches sich an den
kognitiven Schemata des Menschen orientiert und die Enkodierung vereinfacht. Journalisten
und Medienproduzenten gehen also bereits im Produktionsprozess von einer
schemagesteuerten Verarbeitung seitens des Rezipienten aus und strukturieren die Nachricht
in Form eines Ereignis-Schemas. Inhaltlich wird das Ereignis-Schema häufig von Personen-,
Selbst-, und Rollenschema getrennt, jedoch lässt sich diese Unterteilung schwer halten, da
Personen meistens an Ereignissen beteiligt sind und auch eine Rolle ohne Person nicht
vorstellbar ist (Wicks, 1992). Der Schema-Begriff ist laut Brosius (1991) somit sehr
unpräzise. Zur besseren Differenzierung bei der Betrachtung von kognitiven Schemata und
Frames schlägt Scheufele (2003) vor, kognitive Schemata ausschließlich auf Objektklassen
(z.B. Politiker) und Relationen zwischen Objekten (z.B Ursachen) zu beziehen. In Schema-
Studien der Politikwissenschaft wird außerdem zwischen ideologischen Gruppen-, Partei-,
Klassen- und Kandidatenschemata unterschieden (z.B. Lau, 1986). Aus einer Mehrzahl von
Schemata bildet sich dann ein konstanter Erwartungsrahmen, den man als kognitiven Frame
bezeichnet. Dieser Frame beinhaltet dann eine Art Bündel zusammengehöriger Objekte und
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Relationen (Scheufele, 1999, S. 93). Dieser unter anderem auf Netzwerktheorien aufbauende
Ansatz wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch genauer beleuchtet.
2.1.2 Prototypen
Hasties (1981) konzeptualisiert seine Vorstellung eines Prototypen spiralförmig. Im
Zentrum einer Kategorie steht der Prototyp und an der Peripherie die weniger häufig
auftretenden Charakteristika eines Betrachtungsgegenstandes. Im Zwischenraum befinden
sich Attribute mit mittelmäßiger Prototypizität. Per Musterabgleich mit den Prototypen
werden die Objekte dann kategorisiert und ähneln diesem dann mehr oder weniger. Diese
Betrachtungsweise löst die scharfen Trennlinien des Ansatzes auf. Das Konzept integriert die
Beobachtung, dass bei der Aktivierung eines Schemas nicht alle Kategoriemerkmale ohne
weiteres aufgezählt werden können, wobei der Kategorienansatz ursprünglich von
definitorischen Attributen und deutlichen Kategoriegrenzen ausgeht.
Scheufele führte 1999 eine Studie zur Kategorisierung anhand von Prototypen durch und
fragte seine Probanden nach typischen Attributen von Rechtsradikalen. Die
Versuchsteilnehmer antworteten häufig mit dem Begiff ,Skinhead' (Scheufele, 1999, S. 97)
und nicht mit Adjektiven, wie ,gewaltbereit' oder ,rassistisch'. Der Skinhead wäre
dementsprechend der Prototyp, welcher die Kategorie formt und nicht die definitorischen
Merkmale.
Laut Rosch und Mervis (1975, S. 574f) werden die Objekte auf ihre Familienähnlichkeit
bzw. Typizität geprüft. Alle Vertreter einer Kategorie haben zwar mindestens eine
Eigenschaft, die sie sich mit einem der anderen Vertreter teilen, jedoch gibt es kein Attribut,
welches alle gleichsam aufweisen. Der Prototyp hat den höchsten Grad an Typizität inne, da
er viele Attribute mit den anderen Gruppenmitgliedern gemein hat. Dabei ist der Prototyp
nicht unbedingt als ein einzelner Begriff zu verstehen, sondern als ein Bewusstseinsinhalt
oder kognitives Bild (Kleiber, 1998, S. 40).
2.1.3 Scripts
Wenn Menschen eine Vorstellung bestimmter Abläufe in einer speziellen Situation haben,
eine Art kognitives Drehbuch von beispielsweise einem Friseur- oder Vorlesungsbesuchs,
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bezeichnen Schank und Abelson (1977) dieses stereotype Vorwissen als Script. Diese Scripts
funktionieren in ihrer Aktivierung auf die gleiche Weise wie Schemata und beinhalten
Informationen darüber, welche Vorgänge in welcher Reihenfolge vollzogen werden
(Anderson, 1996, S. 157). Man kann es sich wie eine Kette von Leerstellen vorstellen.
Entweder sind die Scripts schwach und unsere Erwartungshaltung richtet sich lediglich
dahingehend, dass möglicherweise bestimmte Sequenzen eintreten können oder das Script ist
stark. In diesem Falle existiert eine klare Erwartungshaltung und -struktur in den
Vorstellungen des Individuums. Eine bestimmte Sequenz muss einer bestimmten anderen
folgen.
Neben Scripts welche wir zur Bewältigung des alltäglichen Lebens verwenden
,
existieren
auch für das Feld der Nachrichtenberichterstattung spezielle Scripts. Produziert ein Journalist
beispielsweise einen Artikel, orientiert er sich nicht in erster Linie an der chronologischen
Reihenfolge des Ereignisses, sondern wendet im selben Moment ein Script an, welches den
Aufbau einer Zeitungsmeldung strukturiert. Ereignete sich beispielsweise ein Autounfall mit
Todesfolge, wird vor des genauen Ablaufs, erst die Gesamtzahl der Toten genannt, obwohl
diese Information in der tatsächlichen Chronologie erst am Ende stünde. Auf der anderen
Seite erwartet der Leser ebenfalls eine bestimmte, vom Journalisten nach Wichtigkeit
geordnete Reihenfolge. Dieses journalistische Script nennt van Dijk (1988)
Nachrichtenschema (van Dijk, 1988).
2.1.4 Kritik an der Schema-Theorie
Hierarchische Strukturen als Grundannahme für Informationsverarbeitungs- und
Erinnerungsprozesse zu verwenden ist problematisch, da Hierarchien einerseits für die interne
Struktur von Schemata als auch für die externe Verknüpfung mit anderen Schemata
handhabbar sein muss. Bei einer hierarchischen Struktur ist nicht deutlich, wo die
Trennungslinie zwischen internen und externen mentalen Strukturen verläuft (Hastie, 1981).
Die bisherigen Studien zur Schema-Theorie weisen laut Fiske und Taylor (1991) noch weitere
Schwächen auf. Am stärksten wird die unzureichende Spezifizierung der Schema-Funktionen
kritisiert. Auch die grundsätzliche Tatsache, dass sich die Existenz von Schemata nicht
falsifizieren lässt, führt zu Problemen in den empirischen Untersuchungen.
Zusätzlich sehen die beiden Forscher in vielen Schema-Studien eine konzeptuelle
Schwäche bei der Operationalisierung des Betrachtungsgegenstandes. Außerdem sind noch
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viele zentrale Punkte des Schema-Konstrukts ungeklärt, wie beispielsweise ihr Grad an
Komplexität. Für den spezifischen Bereich der schemageleitete Nachrichtenproduktion ist vor
allem der Mangel an Flexibilität des Schema-Konzepts zu kritisieren. Scheufele und Brosius
(1999) zeigten, dass sich journalistische Vorstellungen durchaus als festes Muster darstellen
lassen. Allerdings können sich diese durch einschlägige Ereignisse auch grundlegend
verändern, während sie bei einer Routineberichterstattung durchgehend stabil bleiben.
Als kommunikationswissenschaftlichen Kritikpunkt führt Scheufele (1999) auf, dass sich
die psychologischen Stimuli auf Objektklassen beziehen, wie z.B. Obst. Vor allem in der
Nachrichtenforschung werden jedoch komplexe politische und soziale Sachverhalte
betrachtet. Außerdem konnte noch nicht genau ermittelt werden, unter welchen
Voraussetzungen Rezipienten Schemata anlegen und unter welchen Bedingungen diese
existierenden Schemata mit den medialen Frames interagieren (Scheufele, 1999, S. 100ff.).
2.2 Mentale
Wissensrepräsentationen
Die Theorie der mentalen Modelle formulierte Johnson-Laird im Jahre 1980. Seine Theorie
baut, wie weitere Theorien der Informationsverarbeitung, auf den Ansätzen zu proportionalem
Wissen auf. Die Theorie mentaler Modelle (Johnson-Laird, 1980) hingegen bildet auch heute
noch die Grundlage für viele weitere Modell-Ansätze. Für seine Theorie beschreibt Johnson-
Laird das mentale Model folgendermaßen: ,,A natural mental model of dicourse has a
structure that corresponds directly to the structure of the state of affairs that the dicourse
discribes" (Johnson-Laird, 1983, S. 125). Erstellt ein Individuum also ein mentales Modell,
kreiert es eine Welt, in welcher sich der entsprechende Sachverhalt abspielt. Da die
kognitiven Ressourcen des Menschen jedoch begrenzt sind, bildet er den Sachverhalt nicht in
aller Ausführlichkeit, sondern nur in einem gewissen Umfang ab. Wie viele Informationen
wir in das mentale Modell integrieren können, hängt stark von dem bereits vorhandenen
Vorwissen und den bereits etablierten mentalen Strukturen ab. Gegebenenfalls können die
vorhandenen mentalen Modelle aktualisiert oder umgewandelt werden.
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2.2.1 Mentale Modelle in der Nachrichtenproduktion und -redaktion
Van Dijk stellte 1988 spezielle Überlegungen zu mentalen Modellen in der
Nachrichtenproduktion und -rezeption an. Er bezeichnet den in einem Zeitungsartikel
beschriebenen Sachverhalt als Situationsmodell (van Dijk, 1988. S. 114). Recherchiert ein
Journalist beispielsweise Agenturmeldungen über den Nahostkonflikt, aktiviert er auf Basis
seines Vorwissens ein mentales Bild der Situation im Krisengebiet. Er integriert
Informationen über die zentralen Akteure sowie geografische und historische Kenntnisse der
Situation. Meldet die Agentur sehr spezifische Vorkommnisse, kann das innere Bild auch
noch mit weiteren Vorinformationen angereichert werden, die zuvor unberücksichtigt blieben.
Das aktuelle Modell passt sich also der Meldung an und ist in seiner Struktur variabel. Diesen
Anpassungsprozess gliedert van Dijk (1985) in vier Phasen. Am Anfang steht die
Validierung. Hier liest der Redakteur die Agenturmeldung und prüft, ob sich der berichtete
Sachverhalt mit dem aktuellen Modell deckt. Danach folgt die Erweiterung ­ es werden neue
Informationen ergänzt. Als dritten Punkt nennt van Dijk die Integration. An diesem Punkt
können zwei aktuelle Modelle zu einem neuen verschmelzen. Den Schluss bildet die
Konstruktion oder Revision: Existiert noch kein entsprechendes Modell, wird ein gänzlich
neues mentales Modell angelegt oder ein bereits bestehendes entsprechend modifiziert.
Van Dijks Beispiel zeigt die Flexibilität der mentalen Modelle, jedoch muss einschränkend
gesagt werden, dass trotzdem ein festes, dreigliedriges Konstrukt existieren muss: (1) die
Textbasis in Form der propositionalen Repräsentation, (2) das aktivierte Vorwissen und (3)
das aktuell konstruierte Modell. Van Dijk (1988) weist darauf hin, dass Schemata durchaus
als Organisationsform für das Vorwissen in Frage kommen. Die einzelnen Schemata werden
durch bestimmte Schlüsselbegriffe im Text aktiviert. Diese Schemata aktivieren wiederum
angrenzende Schemata. Im Verlaufe der vorliegenden Arbeit wird genauer auf die Vernetzung
der einzelnen Wissenseinheiten eingegangen. Mentale Modelle experimentell zu untersuchen
ist jedoch dahingehend kompliziert, da sich die Modelle theoretisch auch erst im Kontext der
Reproduktionsaufgabe bilden können. Somit kann immer nur von einer möglichen Existenz
der Modelle gesprochen werden (Scheufele, 2003, S. 24).
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2.2.2 Wissensvernetzung ­ ein Überblick über verschiedene Konzepte
Noch ungeklärt ist die Frage, wie Schemata sich gegenseitig aktivieren. An dieser Stelle
werden Netzwerk-Konzepte interessant für die Betrachtung. Grundsätzlich lassen sich
semantische und konnektionistische Netzwerke voneinander unterscheiden (Scheufele, 2003).
2.2.2.1 Semantische Netzwerke
Semantische, oder auch assoziative Netzwerke gliedern sich elementar in Knoten und
Verbindungen auf. Die Knoten repräsentieren einzelne Wissenseinheiten und die Verbindung
bildet eine semantische Brücke zwischen den einzelnen Wissenselementen und setzt sie in
Relation. Die Relevanz des einzelnen Knotens für die aktuelle Anforderung spiegelt sich in
seinem Aktivierungsgrad wider. Überschreitet der Aktivierungsgrad einen gewissen
Schwellenwert, wird das Schema vom Langzeit- ins Kurzzeitgedächtnis überführt. Diese
Verfügbarkeit im Langzeitgedächtnis nennt Scheufele interne Verfügbarkeit, um sie von der
externen Verfügbarkeit abzugrenzen, welche sich auf medial vermittelte Frames bezieht
(Scheufele, 2003). Unter der Zugänglichkeit wird hingegen die Zugriffswahrscheinlichkeit
verstanden, mit der ein bestimmtes Schema aktiviert wird. Diese Zugänglichkeit wird noch
einmal in temporäre und dauerhafte Zugänglichkeit gestaffelt. Erstere beschreibt eine
kurzfristige Erhöhung des Erregungslevels, die nach einer relativ kurzen Zeitspanne wieder
abklingt. Als ein wichtiger Faktor temporärer Zugänglichkeit gilt das Priming, auf welches im
Anschluss noch genauer eingegangen wird. Ist ein Schema hingegen dauerhaft zugänglich,
ebbt die Zugänglichkeit erst nach einer weit längeren Zeit ab. Für die Vernetzung ist
außerdem sehr wichtig, dass die Schlüsselreize einer Information und das Schablonen-
Schema (Scheufele, 2004) mehrere gemeinsame Elemente teilen.
2.2.2.2 Konnektionistische Netzwerke
Konnektionistische Netzwerke bezeichnen die zuvor beschriebenen Knoten als input und
output units, die entweder exzitatorisch, das heißt aktivierungssteigernd oder inhibitorisch,
also aktivierungssenkend miteinander in Verbindung stehen. Konnektionistische Netzwerke
sind lernfähig und somit toleranter gegenüber Fehlern als Schemata, da immer die passen
d
ste
12

Aktivierungskonstellation gewählt wird. Schemata dagegen sind auf eine exakte Deckung der
Information angewiesen (Scheufele, 2003, S. 24).
Kintsch erstellte 1988 eine Konstruktions- und Integrations-Theorie, welche sowohl
Schemata, mentale Modelle und konnektionistische Netzwerke einbindet. Informationen, die
ein Individuum beispielsweise durch einen Nachrichtensprecher erhält, werden von Input-
Units des konnektionistischen Netzwerkes integriert und an das mentale Modell
weitergegeben, welches sich durch die vorangegangene Rezeption des Nachrichtenbeitrags in
der aktuellen Form gebildet hat. Im gleichen Moment werden die mit dem aktiven mentalen
Modell verbundenen Knoten aktiviert. Diese Schemata wecken bestimmte Vorstellungen und
Erwartungen, die sich zu Fragen des Rezipienten an den Nachrichtenbeitrag
ausdifferenzieren.
3 Framing
3.1 Definition
Es existieren zahlreiche verschiedene Definitionen von Framing. Vor allem in Abgrenzung
zum Priming und zum Agenda-Setting gilt es, eine möglichst präzise Begriffsklärung zu
finden.
To frame is to select some aspects of a perceived reality and make them more salient in a
communicating text, in such a way to promote a particular problem definition, causal
interpretation, moral evaluation, and/or treatment recomendation for the item described (Entman,
1993. S. 52).
Ein Frame dient also als Interpretationsmuster, das für eine sinnvolle Einordnung und eine
effiziente Verarbeitung neuer Informationen hilfreich ist. Unter Framing wird der Vorgang
verstanden, einen bestimmten Teil der Informationen zu betonen und für den Rezipienten
salienter zu machen, während andere Informationen in den Hintergrund rücken. Auf Seiten
des Medienproduzenten gestaltet sich der Framing-Prozess folgendermaßen: Durch die
Auswahl von bestimmtem Bildmaterial schafft der Journalist einen spezielles
Bedeutungsumfeld. Diese Vorgehensweise lenkt die Aufmerksamkeit des Rezipienten auf
einige Aspekte und begünstigt rückwirkend bestimmte Einordnungen, Entscheidungen und
Bewertungen bezüglich eines Sachverhalts (Entman, 1993. S. 52). So kann ein und dasselbe
Thema beispielsweise auf verschiedenen Sendern in unterschiedlichen Zusammenhängen, mit
der Betonung unterschiedlicher Schwerpunkte gezeigt werden. Journalisten setzen im
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Produktionsprozess kontextuelle Hinweisreize ein, welche beim Rezipienten bestimmte
mentale Konzepte aktivieren, die dann später leichter verfügbar sind. So kann
unterschiedliches Framing unterschiedliche Rezeptionsweisen bedingen. Die kontextuellen
Hinweisreize begünstigen vor allem bestimmte rechtliche, ethische und moralische
Implikationen (Wicks, 2001). Diese Hinweisreize kann der Journalist gezielt auswählen um
eine bestimmte Zuweisung beispielsweise von Verantwortung nahezulegen oder die Reize
werden unbewusst verwendet und etablieren sich auf Grund von Arbeitsroutinen.
Scheufele (1999) legt eine noch differenziertere Definition des Begriffs vor. Er sieht im
Framing einen Vorgang, der bestimmte Objekte und deren Relation zu anderen Objekten
hervorhebt und somit bestimmte Realitätsausschnitte betont. Außerdem werden besondere
Maßstäbe und Attribute beleuchtet, die man an Objekte anlegen kann. Scheufele versteht
Framing somit als ,,Funktion des Realitätsausschnitts und der Maßstäbe" (2003, S. 47). Price
et al. (1997) zeigten in ihrer Studie, dass unterschiedliche Frames zu Themen wie Kriminalität
und Bildung auch zu unterschiedlichen Gedanken über das Thema führen. Es können
allerdings auch persönliche Einstellungen des Journalisten die Darstellungsweise eines
Themas prägen. Unterschiedliche Redakteure ziehen somit auch verschiedenen
Schlussfolgerungen und finden unterschiedliche Verantwortliche. Häufig teilen die
Redakteure einer Zeitung oder eines Senders tendenziell ähnliche Meinungen und framen ihre
Mitteilungen gleichsam (Wicks, 2001).
3.2
Framing in Abgrenzung von anderen Konzepten
Es gibt zahlreiche theoretische Überlegungen zum Framing. Takeshita (1997) verortet die
Agenda-Setting-Hypothese zum Beispiel als einen sowohl Priming wie auch Framing
integrierenden Ansatz. Iyengar & Kinder (1987) sind der Meinung, dass Agenda-Setting
lediglich das Hochspielen bestimmter Themen durch die Medien beschreibt und dem
Rezipienten dadurch Urteilskriterien nahegelegt werden, was dementsprechend als Priming
bezeichnet werden kann.
Prince & Tewksbury (1997) vertreten hingegen die Ansicht, dass bestimmte Schlüsselreize
einer Botschaft die kompatibelsten Schemata während oder kurz nach der Rezeption
aktivieren. Diese Schemata bewahren ein gewisses Erregungsniveau und werden leichter
reaktiviert, was die Autoren Verfügbarkeitsheuristik nennen. Diese Verfügbarkeitsheuristik
lässt sich mit dem Konzept des Primings erklären (Higgins, 1985). Das Priming beschreibt die
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2011
ISBN (PDF)
9783956848285
ISBN (Paperback)
9783956843280
Dateigröße
682 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Nachrichtenproduktion Wissensvernetzung Semantisches Netzwerk Medien-Priming Framing-Effekt Kriegsberichterstattung
Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing
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