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Volatilität als Handelsstrategie: When the VIX is high, it’s time to buy

©2013 Bachelorarbeit 38 Seiten

Zusammenfassung

Für Investoren ist es in Zeiten stark schwankender Finanzmärkte von Bedeutung, ein möglichst diversifiziertes Portfolio zu konstruieren, welches auch bei negativen Schwankungen, die Risiken eines Verlustes versucht zu minimieren.
Volatilität, abgeleitet aus dem lateinischen Wort volatilis für fliegend, flüchtig, hat besonders in finanzwirtschaftlichen Kontexten stark an Bedeutung gewonnen. Das Risiko einer Schwankung um den Mittelwert eines Investments kann durch die Volatilität gemessen werden. Sie gilt häufig auch als Risikomaßzahl einer Anlagemöglichkeit und ermöglicht eine Aussage über das vergangene und zukünftige Schwankungsverhalten eines Investments.
Bereits in den 1980er Jahren kam die Idee auf, das Risiko von Kursschwankungen sicht- und handelbar zu machen. Mit der Begründung des Volatility Index (VIX) durch die Chicago Board of Exchanges (CBOE) im Jahre 1993 und der Möglichkeit Optionen auf den VIX zu handeln, wurde ein bedeutender Schritt hin zu modernen Volatilitätsinvestments gelegt.
Der VIX berechnet sich durch die zukünftig erwartete explizite Volatilität von Optionen auf den S&P 500 und weist eine negative Korrelation zu diesem auf. Genau diese Gegenläufigkeit der Indizes ermöglicht es Investoren, bei einem fallenden S&P 500, von einem Anstieg des VIX zu profitieren.
den VIX zu handeln, wurde ein bedeutender Schritt hin zu modernen Volatilitätsinvestments gelegt.
Der VIX berechnet sich durch die zukünftig erwartete explizite Volatilität von Optionen auf den S&P 500 und weist eine negative Korrelation zu diesem auf. Genau diese Gegenläufigkeit der Indizes ermöglicht es Investoren, bei einem fallenden S&P 500, von einem Anstieg des VIX zu profitieren.
Aufgrund der anfänglichen Komplexität von Volatilitätsinvestments hat es in den letzten Jahrzehnten zunehmend einfachere Möglichkeiten, besonders für Privatanleger gegeben, Volatilität zu handeln.
In der vorliegenden Studie wird ein Leitfaden angeboten, mit dem es ermöglicht wird, aufgrund der Eigenschaften der Volatilität und insbesondere des VIX in bestimmten Marktphasen mögliche Handelsstrategien einnehmen zu können. Dabei soll der Fokus nicht auf dem Vergleich von Volatilitätsinvestments und der empirischen Auswertung liegen. Der Schwerpunkt soll darauf liegen ein Verständnis dafür aufzubauen, welche Faktoren an den Finanzmärkten dafür sorgen, dass wir bestimmte Verhaltensweisen der Volatilität und des VIX beobachten können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. Einführung in die Problemstellung

Für Investoren ist es in Zeiten stark schwankender Finanzmärkte von Bedeutung, ein möglichst diversifiziertes Portfolio zu konstruieren, welches auch bei negativen Schwankungen, die Risiken eines Verlustes versucht zu minimieren.

Volatilität, abgeleitet aus dem lateinischen Wort volatilis für fliegend, flüchtig, hat besonders in finanzwirtschaftlichen Kontexten stark an Bedeutung gewonnen. Das Risiko einer Schwankung um den Mittelwert eines Investments kann durch die Volatilität gemessen werden. Sie gilt häufig auch als Risikomaßzahl einer Anlagemöglichkeit und ermöglicht eine Aussage über das vergangene und zukünftige Schwankungsverhalten eines Investments.

Bereits in den 1980er Jahren kam die Idee auf, das Risiko von Kursschwankungen sicht- und handelbar zu machen. Mit der Begründung des Volatility Index (VIX) durch die Chicago Board of Exchanges (CBOE) im Jahre 1993 und der Möglichkeit Optionen auf den VIX zu handeln, wurde ein bedeutender Schritt hin zu modernen Volatilitätsinvestments gelegt.[1]

Der VIX berechnet sich durch die zukünftig erwartete explizite Volatilität von Optionen auf den S&P 500 und weist eine negative Korrelation zu diesem auf. Genau diese Gegenläufigkeit der Indizes ermöglicht es Investoren, bei einem fallenden S&P 500, von einem Anstieg des VIX zu profitieren.

Aufgrund der anfänglichen Komplexität von Volatilitätsinvestments hat es in den letzten Jahrzehnten zunehmend einfachere Möglichkeiten, besonders für Privatanleger gegeben, Volatilität zu handeln.

Ich möchte in nachfolgender Arbeit einen Leitfaden anbieten, mit dem es ermöglicht wird, aufgrund der Eigenschaften der Volatilität und insbesondere des VIX in bestimmten Marktphasen mögliche Handelsstrategien einnehmen zu können. Dabei soll der Fokus nicht auf dem Vergleich von Volatilitätsinvestments und der empirischen Auswertung.

Der Schwerpunkt soll darauf liegen ein Verständnis dafür aufzubauen, welche Faktoren an den Finanzmärkten dafür sorgen, dass wir bestimmte Verhaltensweisen der Volatilität und des VIX beobachten können.

2. Volatilität

Wenn wir im Nachfolgenden von Volatilität sprechen, müssen wir vorerst eine Differenzierung in explizite (historische) und implizite (zukünftige) Volatilität vornehmen. Dabei soll besonders die implizite Volatilität von größerer Bedeutung für die Arbeit sein.

2.1. explizite Volatilität

Die explizite oder auch historische Volatilität kann aus der Beobachtung vergangener Zeitreihen geschätzt werden. Dazu verwendet man im Allgemeinen die täglich geschätzten logarithmierten Renditen einer Aktie und die allgemeine Formel zur Varianzschätzung.[2]

Es folgt mit und ui=

für die explizite Volatilität.

Die explizite Volatilität gibt in einer ex-post Betrachtung eine Aussagemöglichkeit über die Unsicherheit der mit einer Aktie verbundenen Rendite wieder.

2.2. implizite Volatilität

Die implizite Volatilität hingegen wird aus Optionspreisen iterativ ermittelt und kann als zukünftige vom Markt erwartete realisierte Volatilität interpretiert werden.

Bei einer Option sind alle Parameter für die Berechnung des Preises bekannt, bis auf die Volatilität. Diese wird von Marktteilnehmern verhandelt und findet Einfluss in den Preisen.[3]

Im Allgemeinen weist die Preiskurve einer Option mit festem Ausübungskurs und unterschiedlichen Aktienkursen einen konkav steigenden Verlauf auf.[4] Aufgrund dessen sind Optionen deutlich volatiler als Aktien und weisen stärkere Preisschwankungen auf. Eine prozentuale Veränderung der zugrunde gelegten Aktie bedeutet zugleich eine größere prozentuale Veränderung der Option.[5]

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass Optionen abhängig von der Entwicklung des Aktienkurses und dem Fälligkeitszeitpunkt der Option sind.[6] Somit ist die Berechnung des Optionspreises in der Praxis nicht ganz einfach. Einen der bedeutendsten Ansätze hierfür lieferten Black und Scholes, welcher nachfolgend erläutert werden soll.

Als Grundlage für die Berechnung der Optionspreise gelten die Annahmen der Black-Scholes-Formel.[7] So konnte gezeigt werden, dass sich die implizite Volatilität als Inverse der BS-Formel ermitteln lassen kann, sofern alle weiteren Parameter als konstant gegeben sind:

σi = f( O, S, K, T, r, d)

Dabei ist O der Preis einer Option, S der aktuelle Aktienkurs, K der Strikepreis der Option, T die Laufzeit, r der risikolose am Markt beobachtbare Zinssatz und d die erwartete Rendite der Aktie.

In diesem Modell wird angenommen, dass die Varianz der Rendite des der Option unterliegenden Underlyings, konstant ist. Jedoch hat sich gezeigt, dass diese nicht konstant ist. Die BS-Formel stellt folglich eine Approximation des Optionspreises dar und im Umkehrschluss der damit verbundenen impliziten Volatilität.[8]

2.3. Volatilitätssmile

Die Black-Scholes Formel weist zwei besondere Eigenschaften auf, die sie auszeichnet. Sie ist frei von Präferenzen der Investoren, die den Wert ihrer Eventualforderungen unabhängig von eventuellen Risikopräferenzen bewerten. Infolgedessen kann eine Option dahingehend bewertet werden, als dass die Rendite der zugrunde gelegten Aktie risikolos ist. Diese Annahme kann vor dem Hintergrund getroffen werden, dass die Option durch die Aktie so geheged werden kann, dass ein risikoloses Portfolio entsteht.[9]

Auf der anderen Seite wird eine log-normalverteilte Aktienkursentwicklung mit konstanter Volatilität σ zugrunde gelegt.[10] Die Entwicklung des Aktienkurses in kleinen Zeitabschnitten kann durch eine stochastische Differentialgleichung beschrieben werden, die unter anderem den Wiener Prozess zugrunde legt. Siehe hierzu auch die Arbeiten von Uhlenbeck und Ornstein, in der es anfänglich um die Bewegung von Teilchen in der Physik ging, die dann für wirtschaftswissenschaftliche Zwecke weiterentwickelt wurden.[11] Eine tiefergehende Behandlung würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten.

In der Realität treffen die oben genannten Annahmen zur Berechnung einer Option nicht zu. So weichen iterierte Preise aus der BS-Formel von denen in der Praxis ab.[12]

Die Volatilität ist nicht konstant, sondern variiert im Zeitablauf, sodass eine asymmetrische Preisfunktion entsteht. Es ist zu beobachten, wie in Abbildung 1-1 verdeutlicht, dass die Volatilität steigt, je weiter sich eine Option aus oder im Geld befindet. Diese Variation der Volatilität wird auch als Volatilitätssmile beschrieben.[13] Dies wird häufig damit begründet, dass sich Marktteilnehmer versuchen mit Optionen, die weit aus dem Geld liegen, gegen starke negative Kursschwankungen abzusichern. Aufgrund der höheren Nachfrage durch Präferenzbildung steigt der Wert der Option. Dieses verletzt genau die Grundannahme der BS-Formel bezüglich der Präferenzfreiheit.

Wissenschaftler haben das BS-Modell dahin gehend erweitert, dass sie die Werte aller Optionen berechnen können, die dem Volatilitätssmile wiedergeben.

In einfachen abitragefreien Modellen wurden sequentielle, präferenzfreie, implizite binominal Bäume entwickelt, die anhand von vorhandenen Optionen eine Interpolierung aller möglichen

Preise ermöglichten. Es konnte die Problematik der Präferenzgebundenheit ausgemerzt werden, sowie die Berücksichtigung von Ausübungszeitpunkten ermöglicht werden.[14] Letztere sind gerade von Bedeutung, wenn es um eine Unterscheidung zwischen amerikanischen und europäischen Optionen geht, da die Ausübungszeitpunkte bei amerikanischen Optionen an jedem Handelstag vor Fälligkeit möglich sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1-1 Volatilitätssmile

3. Volatility Index

Mit der Gründung des Volatility Index (VIX) im Jahr 1993 durch das Chicago Board of Exchanges (CBOE) wurden zwei wichtige Ziele verfolgt. Auf der einen Seite sollte eine Art Indikator für die zukünftig vom Markt erwartete Volatilität geschaffen werden, der ein Vergleich von vergangen und gegenwärtigen Daten ermöglicht.[15]

Auf der anderen Seite war die Implementierung eines Index, auf den Optionen und Futures gehandelt werden können, von wichtiger Bedeutung. Zu Beginn des Jahres 2004 konnten erstmals Futureskontrakte und ab 2006 auch Optionen auf den VIX gehandelt werden.[16] Diese trugen besonders dazu bei, einfache Anlagestrategien auf die Volatilität zu verfolgen.

Unter Investoren wird der VIX häufig auch als „ Investor Fear Gauge“[17] beschrieben, da die Volatilität die Angst unter Anlegern über zukünftige Kursschwankungen darstellt. Daher ergibt sich auch die Börsenweisheit „The higher the VIX, the greater the fear“.[18] Es lässt sich hieraus ableiten, wie es der CBOE mit dem VIX gelungen ist, eine Emotion wie die Angst/das Risiko in einen für jeden zugänglichen Index umzuwandeln.

3.1. Berechnungsweise des VIX

Die wichtigste Eigenschaft des VIX besteht darin, die zukünftige vom Markt erwartete Volatilität über einen Zeitraum von 30 Kalendertagen zu replizieren. Die Grundlage zur Berechnung des VIX stellen aktuelle Preise von Optionen auf den S&P 500 Index dar. Vor 2003 wurde der VIX auf At-The-Money Optionen des weniger liquiden S&P 100 berechnet.[19]

Es gilt vorab festzuhalten, dass der VIX auf Basis von Handelstagen berechnet wird. Es kann die Problematik auftreten, dass einige der zur Berechnung verwendeten Optionen in Kalendertagen ausgedrückt werden und ebenso die damit verbundenen impliziten Volatilitäten. Allerdings kann die implizite Kalendervolatilität umgerechnet werden in eine Darstellungsweise, die der von Handelstagen entspricht.

Dieser Zusammenhang wird nachfolgend dargestellt, wobei Nc die Anzahl der Kalendertage und Nt die Anzahl an Handelstage darstellt.[20]

Nt = Nc- 2 int (Nc/7)

So hat zum Beispiel eine Option mit Fälligkeit von neun Kalendertagen eine Fälligkeit von sieben Handelstagen.

Für die impliziten Volatilitäten ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen Kalender- und Handelstagen:

σt = σc

Wie bereits oben angesprochen, werden zur Berechnung des VIX Optionen auf den S&P 500 verwendet. Genauer gesagt werden hierfür acht Near-The-Money (Nearby) und Second-Nearby Optionsserien auf den S&P 500 hinzugezogen.

Es gilt nun in einem ersten Schritt eine Auswahl der Optionen zu treffen, die den VIX abbilden. Diese sind in Tabelle 1-1 abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 -1 Optionsserien zur Berechnung des VIX

Dabei sind die Nearby-Contracts definiert als die Optionen mit der geringsten Laufzeit, aber einer Mindestlaufzeit von acht Kalendertagen. Optionen, deren Fälligkeit im angrenzenden Monat liegen, werden als Second-Nearby-Contracts bezeichnet.[21]

Des Weiteren werden Optionen verwendet, deren Ausübungskurs (S) direkt unterhalb des aktuellen Indexlevel (Xl) und der Ausübungspreis oberhalb des aktuellen Indexlevel (Xu) liegen. Entsprechende Optionen werden als At-The-Money Optionen (ATMO) bezeichnet.

Die Preise der Optionen, die zur Berechnung der impliziten Volatilität hinzugezogen werden, sind der Mittelwert aus den bid-ask-Kursen der Optionen. Dieses geschieht vor dem Hintergrund, dass Sprünge im bid-ask-Kurs geglättet werden und folglich die implizite Volatilität exakter ist.[22]

Im Anschluss daran beginnt ein Gewichtungsprozess der impliziten Volatilitäten. Es wird der Durchschnitt zwischen den impliziten Volatilitäten der Puts und Calls des jeweiligen Monats errechnet. Eine eigene Vermutung für diesen Schritt könnte in der Put-Call-Parität begründet sein, da wir es hierbei mit Optionen mit identischem Basispreis und Ausübungszeitpunkt zu tun haben.[23] Es folgen nach der Gewichtung vier verbleibende gewichtete Volatilitäten:

)/2 )/2

)/2 )/2

Als zweiter Schritt erfolgt nun die Interpolierung zwischen den Nearby und Second Nearby Volatilitäten, um eine At-The-Money Volatilität für jeden Fälligkeitszeitpunkt zu generieren.

σ1 =

und

σ2 =

Als letzten Schritt hin zum VIX erfolgt nun eine Interpolierung zwischen den Volatilitäten des aktuellen und angrenzenden Monats, um eine 30 tägige implizite Volatilität zu erhalten.

Dieses wird dadurch begründet, dass der VIX lediglich an einem Zeitpunkt eine Laufzeit von genau 30 Tagen hat, genau dann, wenn 30 Tage zwischen den angrenzenden Optionsserien liegen.[24] Dabei ist der Zeitraum bis zum Fälligkeitszeitpunkt des in diesem Monat auslaufenden Optionsscheins und der Zeitraum bis zur Fälligkeit der Option im drauffolgenden Monat. Es ergibt sich folgender Wert für den VIX:

VIX= σ1 + σ2

Seit dem Jahr 2003 hat sich die Berechnungsweise des VIX dahin gehend verändert, das ein viel weiteres Spektrum an Out-Of-The Money Puts und Calls zur Berechnung hinzugezogen wird.[25] Dieses hat den Vorteil, dass auch solche Optionen berücksichtigt werden, die weit aus dem Geld sind und für Investoren oftmals in Hinblick einer Crashversicherung gehandelt werden.

3.2. Eigenschaften des VIX

Da es sich beim VIX um einen Index handelt, kann dieser im Allgemeinen drei Chartmuster in der ex-post Betrachtung aufweisen, wie es u.a. auch bei Aktien der Fall ist. Wir können einen fallenden, steigenden oder stagnierenden Verlauf feststellen. Diese sehr vereinfachte Darstellungsweise soll lediglich eine überspitzte Visualisierung darstellen, um spätere Handelsstrategien einfacher deutlich machen zu können.

Für einen Anleger, der eine gezielte Strategie verfolgen möchte, ist es von besonderer Bedeutung zu erkennen, in welchen Bereichen der VIX schwanken und welche Begründung dieses Schwankungsmuster haben kann.

In Abbildung 2-1 können wir die Eröffnungskurse des S&P 500 (Punkte) und des VIX (Prozente) vom 02.01.1990 bis zum 17.04.2013 ablesen. Im Durchschnitt wies der VIX ein Mittel von 19,38 Prozent auf, welches durch die rote Linie verdeutlicht wird. Der S&P 500 wies hingegen im Mittel ein langfristiges Wachstum auf.[26] Besonders die negative Korrelation der Indizes kann hieran verdeutlicht werden. So fiel der S&P 500 im Zeitraum der Insolvenz der Lehmen Brothers Bank im Jahr 2008 um 350 Punkte, wohin gegen der VIX um 40 Prozentpunkte anstieg.

Den höchsten Stand wies der VIX im November 2008 mit 89,53 Prozent auf und den niedrigsten im Dezember 1993 mit 8,31 Prozent. Aktuell liegt der VIX mit 17,07 Prozent unterhalb seines langfristigen Mittelwertes.[27]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-1 S&P 500 in Bezug zum VIX

Es stellt sich nun die Frage, wieso der VIX deutlich stärker steigt, als der S&P 500 fällt und andersherum, wie in Abbildung 2-1 deutlich wird.

Anfänglich wurde davon ausgegangen, dass bei einem Anstieg der erwarteten Volatilität die von Investoren erwartete Rendite der Aktien aufgrund des höheren Risikos steigen muss und folglich die Aktienkurse fallen. Die Änderungsrate des VIX müsste somit der Verzinsung des S&P 500 entsprechen.[28] Jedoch lässt sich ein deutliches Überreagieren des VIX an Zeitpunkten erkennen, in denen der S&P 500 fällt. Es liegt der Verdacht eines asymmetrischen Verhaltens nahe, da der VIX bei Anstiegen des S&P 500 nicht in gleichem Maße reagiert, wie bei einem fallenden S&P 500.

In einer mittels R erstellten Regression[29] der monatlichen Renditen der Schlusskurse des VIX (return_vix), des S&P 500 (return_sp) und einer Dummyvariable, die genau dann eins wird, wenn die Rendite des S&P 500 (return_sp_0) negativ ist, lies sich die asymmetrische Eigenschaft des VIX empirisch darstellen. Die Auswertung findet sich in Abbildung 3-1.

Dabei wich der regressierte Intercept mit 0,023556 kaum von 0 ab, was in der Analyse bedeuten würde, dass wenn sich der S&P 500 im Tagesablauf nicht verändert, die Veränderung des VIX vernachlässigbar gering ist.

Dieses unterstützt die Hypothese, dass der VIX im Zeitablauf kein deterministisches Wachstum aufweist, da wir keine Renditezuwächse wie bei Aktien zu Grunde legen können.[30] Ebenso der Gedanke, dass der eigentliche Börsenhandel an sich für Volatilität sorgt, lässt sich hieran anknüpfen. Denn dort wo kein Handel stattfindet, kann keine Volatilität entstehen.

In der oben angesprochenen Regression konnte das asymmetrische Verhalten des VIX wie folgt beschrieben werden. Steigt der S&P 500 um 100 Punkte, fällt der VIX durchschnittlich approximativ ceteris paribus um – 2,254710 Prozent. Fällt der S&P 500 um 100 Punkte, steigt der VIX durchschnittlich approximativ ceteris paribus um 3.959706 Prozent.

Wir können ebenfalls feststellen, dass alle eingehenden Parameter hinreichend signifikant sind-kleiner P-Value-, jedoch die gesamte Variation am Anteil des VIX durch die Variablen nur zu 33,29 Prozent erklärt werden kann.

Als Begründung für den asymmetrischen Zusammenhang steht auf der einen Seite die Tatsache, dass die Nachfrage nach Optionen zur Portfolioabsicherung in Krisenzeiten deutlich stärker ansteigt, als bei steigenden Kursen entsprechende Call-Optionen gekauft werden.[31]

Eine weitere wichtige Besonderheit des VIX ist sein Indexverlauf über mehrere Perioden hinweg. So fällt der VIX im Zeitablauf immer wieder auf seinen langfristigen Mittelwert zurück. Diese Eigenschaft wird auch als Mean Reversion Process beschrieben.[32] Diese Verhaltensweise werden wir uns später zu Nutze machen, wenn wir uns genauere Handelsstrategien betrachten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-1 Regressionsanalyse der monatlichen Renditen des VIX zu den monatlichen Renditen des S&P 500, sowie den negativen Renditen des S&P 500 vom 02.01.1990-17.04.2013

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus Abbildung 4-1 können wir entnehmen, dass der niedrigste Wert, den der VIX seit seiner Gründung angenommen hat, bei 9,31 Prozent lag. Die Frage die sich nun stellt lautet, ob der VIX auch noch tiefer als oben genannter Wert sinken kann. Diese Frage lässt sich aus meiner Sicht nicht beantworten, hingegen wird der VIX mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf 0 Prozent fallen, da immer eine gewisse Grundvolatilität im Markt vorhanden sein wird. Er wird in ruhigeren Handelsphasen in einem engeren Bereich schwanken, jedoch nicht in den Bereich von null konvergieren. Dieses Verhalten kann besonders für das Einnehmen von Optionsstrategien auf den VIX interessant sein.

Da der VIX lediglich ein Indikator für die Angst der Investoren ist, kann dieser auch in Marktphasen ansteigen, an denen der S&P 500 steigt. Dieses kann damit zusammenhängen, dass die Marktteilnehmer Angst vor einer Blasenbildung in Folge von immer steigenden Kursen haben, da es unwahrscheinlich ist, das Aktienkurse immer wachsen.[33]

Der VIX ist somit ein Angstbarometer und nicht, wie häufig fehlerhaft interpretiert wird, ein reines Krisenbarometer.

In Abbildung 4-1 wurde eine Analyse der Quantile aus einem Datensatz des VIX von 1990 bis 2013 erstellt, um eine Aussage über die Schwankungsbreite des VIX zu ermöglichen. Dabei möchte ich auf die Spalte der Schlusskurse des VIX eingehen. So lagen 25 Prozent der zugrunde gelegten Schlusskurse des VIX unter einem Wert von 14,56 Prozent. Hingegen 50 Prozent unter einem Wert von 20,43 Prozent. Lediglich 25 Prozent der Schlusskurse des VIX lagen oberhalb des dritten Quantils mit 24.27 Prozent.

Aus dieser Analyse können wir schlussfolgern, dass der VIX in mindestens 75 Prozent der betrachteten Schlusskurse unter einem Wert von 24,27 Prozent lag. Es ergibt sich hieraus eine sehr enge Spanne von 9,71 Prozentpunkten, in denen der VIX in 50 Prozent seiner Schlusskurse variiert. Es wäre nun interessant, die Quantile für jedes Jahr zu berechnen, um der Frage nach dem Ausmaß einer gewissen Grundvolatilität im Markt nachzugehen und zeitlich wiederkehrende Muster im VIX zu erkennen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4-1 Summary des VIX

3.3. VIX im Blickwinkel der Behavioral Finance

Wie oben angesprochen finden wir ein asymmetrisches Verhalten bei der Volatilität der Optionspreise, als auch beim VIX selbst wieder. Bislang haben wir noch keinen verhaltenstheoretischen Ansatz ableiten können.

In der Prospect Theory werden Verhaltensweisen von Anlegern in Risikosituationen genauer beschrieben, die das asymmetrische Verhalten des VIX erläutern könnten.

Es wurde in verschieden Studien analysiert, dass Verluste von Individuen stärker gewichtet werden als Gewinne, die aus Entscheidungen heraus entstehen. Dabei weisen die in dieser Theorie verwendeten Nutzenfunktionen einen s-förmigen Verlauf durch den Ursprung auf, der oberhalb des Schnittpunktes zwischen Abszisse (Losses/Gains) und Ordinate (Value) einen konkaven und unterhalb einen konvexen Funktionsverlauf aufweisen.[34]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5-1 Hypothetical Value Funktion

Daraus folgt dass, wenn der Gewinn eines Anlegers um eine Einheit ansteigt, er nicht denselben Nutzen hat, wie wenn sich sein Verlust um eine Einheit minimieren würde.

Durch verschiedenste kognitive Verzerrungen wie z.B. der Überbewertung von unwahrscheinlichen Ereignissen wie beispielsweise einem Börsencrash und der Gewöhnung an krisenhafte Zustände ergibt sich gerade eine asymmetrische Bewertung der Gewinne und Verluste. Dieses Verhalten der Anleger sorgt folglich auch dafür, wieso der VIX nach sehr hohen Kursverlusten des S&P 500 dem Mean Reversion Process auf seinen langfristigen Mittelwert folgt. Im Zeitablauf gewöhnen sich Anleger an den krisenhafte Zustände und die impliziten Volatilitäten sinken.

3.4. VIX im Blickwinkel der Effizienzmarkthyptohese

Am 15.08.2008 fand die Bekanntgabe der Insolvenz der Lehman Brothers Bank statt, die in der ex-post Betrachtung eine der größten Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahrzehnte auslöste.[35] Der VIX wies an diesem Tag einen Stand von 19,60 Prozent auf.

Man müsste nun davon ausgehen, dass der VIX noch an diesem Tag neue Höchststände erreichte, aufgrund der fatalen Konsequenzen aus der Insolvenz für die globale Finanzwirtschaft. Betrachtet man die Schlusskurse des VIX, so kann man in der Zeit nach der Insolvenz im August 2008 einen eher mäßigen Anstieg in Bereichen zwischen 20-25 Prozent des VIX feststellen. Anfang September hingegen begann der VIX von 25 Prozent bis auf 50 Prozent anzusteigen. Erst am 27.10.2008 erreichte der VIX schlagartig seinen Höchststand von 80,06 Prozent.

Wir können eine deutliche Verzerrung zwischen dem eigentlichen Ereignis und der Reaktion des VIX feststellen und somit der Risikowahrnehmung der Investoren.

Nachfolgend möchte ich versuchen, die Verzerrung zwischen der Bekanntgabe der Information und der Reaktion der Anleger zu erläutern.

In einem Markt treffen Angebot und Nachfrage, vertreten durch Käufer und Verkäufer, aufeinander, um einen für alle Seiten akzeptablen Gleichgewichtspreis zu verhandeln. Man kann dieses als ein zwei Parteien-Spiel betrachten. Entscheidend ist hierbei der Informationsstand der sich gegenüberstehenden Parteien. Dabei sollen alle wichtigen, für die Preisfindung nötigen Informationen bereits im Preis vorhanden sein. Es ist somit keiner Seite möglich, aufgrund von Informationsasymmetrien, einen höheren Gewinn zu generieren. Man spricht hierbei von einem effizienten Markt.[36]

Zum Zeitpunkt der Insolvenz hatten alle Marktteilnehmer den gleichen Informationsstand und hätten in der ex-post Betrachtung deutlich negativer reagieren müssen, was ein Anstieg des VIX zur Folge hätte.

Allerdings weist ein kritischer Teilaspekt der Effizienzmarkthypothese auf ein weit verbreitetes Phänomen an Märkten hin. „ It may be that when important new information comes into the market it cannot always be immediately evaluated precisely”.[37]

Anhand dieser Argumentationskette können wir erkennen, dass es sich beim VIX lediglich um eine Annäherung an die zu erwartende Schwankung an den Aktienmärkten handelt.

Je nachdem wie stark die Informationen gewichtet und verarbeitet werden von den Marktteilnehmern, wirken sich Informationen mittelbar oder unmittelbar auf die Aktienmärkte und folglich den VIX aus. Es wird deutlich, dass der VIX sehr stark abhängig von den Risikoeinschätzungen der Marktteilnehmer und kein Garant für die vom Markt erwartete Risikoeinschätzung ist. Unter Berücksichtigung der Effizienzmarkhypothese wäre ein Indikator wie der VIX nicht nötig, da alle Informationen in entsprechender Höhe bereits in den Kursen enthalten sind.

[...]


[1] Futures auf den VIX konnten bereits im Jahr 2004 gehandelt werden, Optionen hingegen erst ab 2006. Vgl. Chicago Board of Exchanges (CBOE) (2012), S.2.

Derzeit bietet die CBOE weitere 18 Indizes an, die die erwartete Volatilität messen, darunter u.a. Apple. Vgl. CBOE (2012), S.4 .

[2] Vlg. Hull (2006), S.352.

[3] Vgl. Ronn/Wadhwa (1998), S.93.

[4] Vgl. Black/Scholes (1973), S.639.

[5] Vgl. Black/Scholes (1973), S.639.

[6] Vgl. Black/Scholes (1973), S.639.

[7] Vgl. Black/Scholes (1973), S.640 Annahmen: a) kurzfristige Zinsen sind konstant b) Aktienkurs folgt einem Random-Walk mit konstanter Varianz c) Die Aktie zahlt keine Dividende d) Es handelt sich um europäischen Optionen e) Es werden keine Transaktionskosten zugrunde gelegt f) Es kann eine beliebige Anzahl an Stücken gehandelt werden g) Leeverkäufe sind möglich.

[8] Vgl. Balck/Scholes (1973), S.652.

[9] Vgl. Kani/Derman (1994), S.33.

[10] Vgl. Kani/Derman (1994), S.33.

[11] Vgl. Uhlenbeck/Ornstein (1930).

[12] Vgl. Black/Scholes (1979), S.653.

[13] Vgl. Duprie (1993), S.103.

[14] Vgl. Kani/Derman (1994), S.33.

[15] Vgl. Whaley (2009), S.98.

[16] Vgl. CBOE (2012), S.2.

[17] Whaley (2000), S.12.

[18] Whaley (2000), S.12.

[19] Whaley (2009), S.99.

[20] Whaley (2000), S.14.

[21] Vgl. Whaley (2000), S.14.

[22] CBOE (2009), S.5.

[23] Vgl. Hull (2006), S.457.

[24] CBOE (2009), S.9.

[25] Anhang A: Die neue Berechnungsweise wurde in Excel nachmodelliert und steht im Anhang zur Verfügung. Die Problematik war hierbei, eine lückenlose Datenbasis zu erhalten, was leider nicht möglich war.

[26] Vgl. E. Allen (2013), S.3.

[27] Vgl. VIX Options and Futures (2013), http://www.cboe.com/micro/VIX/vixintro.aspx , Stand: 12.06.2013.

[28] Vgl. Whaley (2009), S.101.

[29] Vgl. Whaley (2000), S.17.

[30] Kloy/Clausius (2005), S.135.

[31] Vgl .Whaley (2009), S. 99-100.

[32] Vgl. Whaley (2009), S.101.

[33] Vgl. Hull (2006), S.463.

[34] Vgl. Kahnemann/Tversky ( 1979), S.279.

[35] Vgl. Quiring (2013), S.10.

[36] Vgl. Fama (1970), S.383.

[37] Fama (1970), S.396.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956848773
ISBN (Paperback)
9783956843778
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bielefeld
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Volatilität Handelsstrategie Volatilitätsindex VIX Volatility

Autor

Philipp Baumeister wurde 1989 in Bielefeld geboren. Im Jahr 2013 absolvierte er an der Universität Bielefeld das Studium der Wirtschaftswissenschaften mit dem Grad Bachelor of Science. Er sammelte während seines Studiums praktische Erfahrungen in den Bereichen der Geschäftsführung und Verwaltung von gemeinnützigen Vereinen, Rechnungswesen und Steuerlehre. Derzeit wird das Masterstudium begonnen und die Tätigkeit in einer Steuerberatungskanzlei studienbegleitend durchgeführt.
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