Outsourcing logistischer Dienstleistungen: Chancen und Risiken für mittelständische Speditionsunternehmen
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
3. Chancen und Risiken des Outsourcings logistischer Dienstleistungen
3.1 Die Unternehmen der verladenden Wirtschaft und die mittelständischen Speditionsunternehmen
3.1.1 Konzentration auf Kernkompetenzen
Durch den großen Konkurrenzkampf in den Märkten weltweit kann man davon ausgehen, dass die Unternehmen der verladenden Wirtschaft sich hauptsächlich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren wollen, so dass Teilprozesse und komplette Bereiche des Unternehmens an externe Spezialisten ausgelagert werden. In den Bereichen des Transports, der Lagerung, der Beschaffungs- und Absatzlogistik z.B. sind diese Spezialisten die Spediteure und Logistikdienstleister, die wiederum ihre Kernkompetenzen in diesen Bereichen definiert haben.[1] Das klassische Speditionsgeschäft beinhaltete noch die reine Organisation der Versendung von Gütern, jedoch wurde seit den 80iger Jahren des letzten Jahrhunderts das Logistikgeschäft in das Kerngeschäft der Spediteure integriert.[2]
Die logistischen Dienstleistungen in den Bereichen der Güter- und Informationsströme können aufgrund von höheren Erfahrungswerten und Mengenvorteilen häufig durch die Spediteure und Logistikdienstleister günstiger erbracht werden, als es die Unternehmen der verladenden Wirtschaft realisieren könnten. Die großen und mittelständischen Speditionsunternehmen haben somit die Chance, sich in die Wertschöpfungskette des Unternehmens der verladenden Wirtschaft aktiv zu integrieren.[3]
Eine vernünftige Entscheidung für die Eigen- oder Fremdfertigung logistischer Dienstleistungen bedarf nicht nur einer operativen, sondern auch einer strategischen Analyse in Bezug auf die eigenen Kernkompetenzen. Die Kernkompetenzen des Unternehmens der verladenden Wirtschaft bestehen häufig aus schwer imitierbarem Fachwissen und können in der Wirtschaft ein Alleinstellungsmerkmal der Unternehmung bedeuten. Bei der Analyse der eigenen Kernkompetenzen stellt sich immer die Frage nach dem Nutzen für den Kunden, der Möglichkeit, die eigene Idee (das eigene Produkt) vor Imitation durch die Konkurrenten zu schützen und eine Reproduzierbarkeit im eigenen Unternehmen zu jeder Zeit gewährleisten zu können. Kernkompetenzen müssen in der Unternehmung entwickelt werden und können nicht über externe Partner auf dem Markt eingekauft werden. Des Weiteren sollten die Kernkompetenzen auch nicht nach erfolgreicher Identifikation an externe Partner ausgelagert werden.[4]
Wenn innerhalb des Managements keine Einigung bezüglich der tatsächlichen Kernkompetenzen besteht, können diese auch nicht aktiv entfaltet werden. Die Kernkompetenzen werden in der Praxis teilweise nach dem Zufallsprinzip oder auf Basis von politischen Überlegungen definiert. Jeder Bereichsleiter in der Unternehmung hat ein großes Interesse, dass sein Teilbereich zu den Kernkompetenzen gezählt wird, um die Gefahr des Outsourcings dieser Teilbereiche an externe Partner reduzieren zu können. Für das Management wird die Analyse bezüglich der Kernkompetenzen und Nicht-Kernkompetenzen somit bereits innerhalb des eigenen Unternehmens erschwert. Durch sinnvolle Zuordnung der Teilbereiche in Form einer Inventurliste könnten die tatsächlichen Kernkompetenzen herausgearbeitet und festgelegt werden.[5]
Für die Unternehmen der verladenden Wirtschaft ist es notwendig zu analysieren, ob die logistischen Dienstleistungen zu den eigenen Kernkompetenzen gehören. Auf der einen Seite beinhaltet die firmeninterne Logistik unter Umständen bereits einen schützenswerten Bereich des eigenen Fachwissens, der einen entscheidenden Beitrag für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen leistet. Auf der anderen Seite könnten die großen und mittelständischen Speditionsunternehmen jedoch durch ihr Spezialwissen und die teilweise langjährige Praxiserfahrung eine Optimierung der logistischen Teilprozesse ermöglichen.[6]
3.1.2 Unternehmensplanung: Eigenfertigungs- und Fremdbezugsentscheidungen
3.1.2.1 Strategisch wichtige Anlässe / Chancen für den Mittelstand
Die Anlässe für die Entscheidungen bezüglich der Eigenfertigung oder Fremdfertigung logistischer Dienstleistungen können zu verschiedenen Zeitpunkten in der Unternehmensplanung entstehen. Bereits bei der Gründung der Unternehmung oder situationsabhängig im Laufe der Zeit können die Entscheidungen notwendig sein. Auf der einen Seite könnte durch ein neues Produkt oder ein neu zu bearbeitender Markt ein neuer Bedarf an logistischen Dienstleistungen entstehen. Auf der anderen Seite könnten die in der Vergangenheit in Eigenfertigung erstellten logistischen Dienstleistungen zu keinen zufriedenstellenden Ergebnissen geführt haben und mögliche Alternativen der Fremdfertigung in Erwägung gezogen werden. Analysen müssen kontinuierlich durchgeführt werden, um frühzeitig auf Veränderungen des Marktes reagieren zu können und genügend Zeit für die Gegenüberstellung der Chancen und Risiken der Eigen- oder Fremderstellung logistischer Dienstleistungen zu haben. Eine erfolgreiche Umsetzung der Ergebnisse dieser Analysen kann jedoch nur in Unternehmen erfolgen, die bereit sind, Veränderungen in den betrieblichen Prozessen zu akzeptieren. Die Unternehmen, die dazu tendieren, das alte System aus Bequemlichkeit oder Betriebsblindheit beibehalten zu wollen, werden keine innovativen Änderungen in den logistischen Prozessen durchführen.[7]
Die Möglichkeit, logistische Prozesse an externe Partner auszulagern, ist nicht nur den großen Konzernen der verladenden Wirtschaft vorbehalten. Gerade bei mittelständischen Unternehmen ist es besonders wichtig, dass sich die Geschäftsleitung auf die Kernkompetenzen konzentrieren und die durch die Fremdvergabe freien Kapazitäten zur Förderung und Entwicklung der primären Unternehmensbereiche nutzen kann. Durch die Vielzahl der Logistikanbieter am Markt haben auch die mittelständischen Unternehmen mittlerweile die Möglichkeit, passende Lösungen für ihre Probleme auf dem Markt einzukaufen. Die mittelständischen Speditionsunternehmen haben sich nicht nur auf die großen Konzerne der verladenden Wirtschaft eingestellt, da die Luft in diesen Bereichen sehr dünn ist und nicht viele Anbieter eine realistische Chance haben, durch die eigene Unternehmensgröße und die begrenzten Kapazitäten den Anforderungen der großen Konzerne gerecht zu werden. Basis- und Komplettlösungen für mittelständische Unternehmen bieten den mittelständischen Speditionsunternehmen Chancen, erfolgreich auf dem Logistikmarkt bestehen zu können.[8]
3.1.2.2 Die Transaktionskosten als Hemmnis für die Fremdfertigung
Bei der Analyse für die Eigenerstellung oder Fremdvergabe logistischer Dienstleistungen findet ein Austausch von Informationen zwischen dem outsourcenden Unternehmen und den potentiellen externen Logistikpartnern statt. Schon bei der ersten Kontaktaufnahme, beim Abschluss von Logistikverträgen und bei der kontinuierlichen Kontrolle der externen Logistikpartner entstehen Kosten, die als Transaktionskosten bezeichnet werden. Diese anfallenden Transaktionskosten müssen unbedingt in den Kostenvergleich zwischen Eigen- und Fremdfertigung einfließen, damit eine fundierte Analyse erst möglich wird. Marginale Kostenvorteile der Fremdfertigung könnten durch die Anbahnungskosten, Abwicklungskosten, Vereinbarungskosten, Kontrollkosten und Anpassungskosten geschmälert werden, so dass die Fremdfertigung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr gerechtfertigt werden könnte. In einigen Fällen könnte die Fremdfertigung vielleicht sogar noch teurer als die Eigenfertigung werden.[9]
Im Zuge der Informationssuche und –beschaffung entstehen Anbahnungskosten wie z.B. Reise-, Beratungs- und Kommunikationskosten. Nachdem alle Alternativen der externen Logistikpartner analysiert worden sind und der passende Partner gefunden worden ist, entstehen sogenannte Vereinbarungskosten im Zuge der Vertragsverhandlungen zwischen beiden Parteien. Sobald die Kooperation gestartet ist, entstehen parallel zur Durchführung Abwicklungskosten in den Bereichen der Prozesssteuerung und des Managements und Kontrollkosten in Bezug auf die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Termine, Preise, Mengen, Qualitäten usw. Die vertraglichen Vereinbarungen können sich jedoch unter Umständen als nicht optimal für den korrekten Ablauf der logistischen Prozesse herausstellen, so dass zusätzlich noch Anpassungskosten für Änderungen während der vertraglichen Laufzeit entstehen. Diese genannten Kosten entstehen hauptsächlich im Falle der Fremdfertigung von logistischen Dienstleistungen, können jedoch in Teilbereichen auch im Zuge der Eigenfertigung anfallen, da auch die internen Prozesse kontinuierlich kontrolliert werden müssen und unter Umständen auch dort Veränderungen notwendig sind. Die Transaktionskosten lassen sich im Vorfeld schwer exakt bestimmen, so dass die Kalkulation auf Erfahrungswerten basieren muss.[10] Häufig verfügen beide Parteien nur über unvollständige Informationen, so dass transaktionsbezogene Probleme auftreten, die Kosten für die Beschaffung dieser Informationen nach sich ziehen. Beide Parteien können durch enge vertragliche Kooperationen Abstimmungsprobleme lösen.[11] Je komplizierter die logistischen Dienstleistungen sind, desto aufwendiger wird die Kontrolle und die Kosten steigen dementsprechend. Bei logistischen Dienstleistungen im Bereich der Basisdienstleistungen werden jedoch häufig keine festen vertraglichen
Bindungen notwendig sein, so dass keine Transaktionskosten im Bereich der Vertragsabwicklung entstehen.[12]
3.1.3 Möglichkeiten der Prozessoptimierung – Einsparungspotenziale und Qualitätsvorteile
Besonders in konjunkturschwachen Zeiten steigen die Anfragen von Unternehmen der verladenden Wirtschaft an die mittelständischen Speditionsunternehmen, so dass der Outsourcingprozess in der gesamten Wirtschaft gefördert wird. Durch diese Fremdvergabe von Logistikdienstleistungen hat die Speditions- und Logistikbranche auch in Zeiten des Abschwungs Zukunftschancen.[13]
Die Speditionsunternehmen können unter anderem im Bereich der Lagerhaltung und Just-in-Time-Anlieferung beim Endkunden Komplettlösungen anbieten. Die Möglichkeit, die Teilprozesse an Speditionsunternehmen auszulagern, öffnet für die Unternehmen der verladenden Wirtschaft ein neues Feld vielseitiger Einsparungspotenziale. Durch die Fremderstellung der benötigten logistischen Dienstleistungen könnten fixe Personalkosten im Unternehmen der verladenden Wirtschaft abgebaut werden.[14] Des Weiteren könnte der Warenbestand in den Lagern des Unternehmens der verladenden Wirtschaft gering gehalten werden, so dass die Bestellmengen kleiner und die Intervalle der Wiederbeschaffung immer kürzer würden. Die mittelständischen Sammelgutspediteure profitieren von der Zunahme der kleinen Sendungen, weil sie diese Teilsendungen ökonomisch zu Komplettsendungen im Termin- und Linienverkehr in der jeweiligen Relation bündeln.[15]
Der Prozessablauf kann somit deutlich beschleunigt und die kleinen und großen Teilsendungen somit zeitnah flächendeckend zugestellt werden. Leer- und kostenintensive Direktfahrten können durch die Disposition von Rückladungen in allen Verkehrsbereichen verhindert werden. Die Unternehmen der verladenden Wirtschaft können auch die Risiken bezüglich der Lieferung und des Transports auf ihre Logistikpartner übertragen.[16] Auf der einen Seite kann das Unternehmen der verladenden Wirtschaft den Fixkostenblock reduzieren, weil nur die auftragsspezifischen Kosten an das mittelständische Speditionsunternehmen bezahlt werden müssen.[17] Variable Kosten pro Palette oder pro Paket entstehen bei der Fremdvergabe somit nur bei Bedarf, so dass mehr Spielraum in Zeiten des Abschwungs durch Kostenflexibilisierung und Leistungssteigerung ermöglicht wird.[18] Auf der anderen Seite sind die mittelständischen Speditionsunternehmen durch die vielen Teilsendungen in der Lage, ihre eigenen Kapazitäten im Bereich des Fuhrparks und der Lagerung besser auszulasten.[19]
Neben den Kostenvorteilen werden jedoch auch immer häufiger die Qualitätsvorteile der Fremdvergabe in den Vordergrund gestellt.[20] Einige Qualitätskriterien wie z.B. Lieferzuverlässigkeit und -pünktlichkeit, Fehlervermeidung und –prävention, Geschwindigkeit in Bezug auf Transport- und Lieferzeiten und Bearbeitung von Reklamationen sind ausschlaggebend im Zuge der Vergabe von logistischen Dienstleistungen an externe Logistikpartner. Des Weiteren wünschen die Kunden aus der verladenden Wirtschaft von ihren Logistikpartnern kontinuierlich über den Status der jeweiligen Sendung informiert zu werden, um wiederum ihren eigenen Kunden zeitnahe Informationen übermitteln zu können.[21]
In diesen Basiskooperationen zwischen den mittelständischen Speditionsunternehmen und den Unternehmen der verladenden Wirtschaft sind die Verwirklichung von Innovationen und Synergien nur schwer möglich, weil den mittelständischen Speditionsunternehmen durch feste Vorgaben bei Auftragsvergabe kein Handlungsfreiraum eingeräumt wird. Sobald das mittelständische Speditionsunternehmen Planungsfunktionen innerhalb der Wertschöpfungskette einnehmen dürfte, könnte der Bereich der logistischen Dienstleistungen nachhaltig optimiert werden.[22]
3.1.4 Die Anforderungen an die externen Logistikpartner
3.1.4.1 Die Basisdienstleistungen und Value Added Services
Der Bereich der logistischen Dienstleistungen ist nicht nur beschränkt auf den reinen Transport von Waren.[23] In Bezug auf die Unternehmen der verladenden Wirtschaft lassen sich zwei Logistikformen unterscheiden: die interne und die externe Logistik. Die innerhalb des Betriebes durchgeführten Transport- und Lagerungsvorgänge werden als interne Logistik bezeichnet. Die externe Logistik beinhaltet die Bereiche der Beschaffungs- und der Distributionslogistik. In der Beschaffungslogistik werden Problemlösungen bezüglich der Zulieferung von Ressourcen und Ersatzteilen zur Herstellung der Produkte erarbeitet. In der Distributionslogistik werden Lösungen für die zeitnahe und korrekte Anlieferung der Fertigprodukte beim Endkunden entwickelt.[24]
Durch Kooperationen zwischen Speditionsunternehmen und Unternehmen der verladenden Wirtschaft können Basis- und Komplettpakete in verschiedenen Bereichen der logistischen Dienstleistungen erarbeitet werden. Die konventionellen logistischen KULT-Aktivitäten: Kommissionierung, Umschlag, Lagerung und Transport bilden das Fundament des Logistikmarktes und werden von den meisten Speditionen und Logistikdienstleistern angeboten und nur teilweise modifiziert. Einige mittelständische Speditionsunternehmen versuchen sich aus der breiten Masse der Basis-Logistikanbieter herauszuheben und Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln, in dem sie sogenannte „Value Added Services“, also wertsteigernde Dienstleistungen, z.B. in den Bereichen des Lagerbestandsmanagements und der Manipulation / Montage von Produkten und Ersatzteilen anbieten.[25] Diese Value Added Services, die gerne von den Kunden aus Industrie und Handel in Anspruch genommen werden, veredeln somit die Basisdienstleistungen der Speditions- und Logistikunternehmen.[26] Zusätzlich können Dienstleistungen außerhalb der Logistik in Form von Inkassofunktionen und Übernahme der Kundenbuchhaltung angeboten werden.[27]
Die Logistikpartner der Unternehmen der verladenden Wirtschaft haben Planungs- und Koordinationsaufgaben bezüglich der Beschaffung, Produktion und Distribution. Des Weiteren arbeiten die Logistikpartner als Mittler zwischen den Lieferanten und den Kunden im Bereich der Informationsbeschaffung, organisieren die Entsorgung von Produktions- und Verpackungsabfallprodukten und stehen im Direktkontakt mit den Endkunden in Bezug auf die Retourenabwicklung von reklamierten Waren. Gerade die mittelständischen Speditionsunternehmen mit ihren einfachen Standardangeboten stehen unter einem sehr großen Konkurrenzdruck, so dass sie durch Mehrwertdienste die Möglichkeit haben, sich gegenüber den anderen Wettbewerbern besser aufzustellen. Diese zusätzlichen Dienstleistungen können den Ausschlag dafür geben, warum der Kunde aus der verladenden Wirtschaft die Logistikaufträge an das mittelständische Speditionsunternehmen vergibt.[28]
Die mittelständischen Speditionsunternehmen haben somit die Chance, sich zu flexiblen Anbietern von Systemlösungen zu entwickeln. Die Austauschbarkeit dieser Logistik-Systemanbieter wird immer schwerer im Vergleich zu den Basisanbietern, die nur die reinen, homogenen Transporte offerieren.[29] Die Qualität der angebotenen Logistikdienstleistungen wird somit wichtiger als der Preis, der für diese Dienste bezahlt werden muss, so dass die mittelständischen Speditionsunternehmen in diesen Segmenten deutlich höhere Gewinnspannen erzielen als die Anbieter der homogenen Basistransporte. Die speziellen Kompetenzen sind somit für andere Logistikanbieter schwer imitierbar, so dass in dem Bereich der Systemlogistik deutlich höhere Markteintrittsbarrieren vorzufinden sind. Die Systemlogistiker benötigen unter Umständen spezielle Lager / Umschlagshallen und gut geschultes, motiviertes Personal, um die individuellen Spezialaufträge der Unternehmen der verladenden Wirtschaft qualitativ hochwertig zu bearbeiten. Hohe Investitionen müssen vorab getätigt werden, bevor die eigentlichen Aufträge durchgeführt werden können. Diese Investitionen stellen jedoch ein hohes Risiko für die mittelständischen Speditionsunternehmen in Zeiten des Abschwungs dar. Jedoch kann ein am Markt etabliertes Spezialunternehmen konjunkturschwache Zeiten deutlich erfolgreicher überstehen als die reinen Transportunternehmen, indem ein Verlust in einem Sektor durch erfolgreiche andere Sektoren aufgefangen werden kann.[30]
Mit zunehmender Größe des Unternehmens der verladenden Wirtschaft sollte die Anzahl der Logistikpartner steigen, um auf der einen Seite das spezifische Know-How der einzelnen Logistikpartner positiv nutzen zu können und auf der anderen Seite die Gefahr der Abhängigkeit von einem Partner zu reduzieren. Der Partner für Lagerlogistik ist unter Umständen nicht auch der richtige Partner für die Transporte und umgekehrt. Auf jeden Fall müssen die Vorteile für die Aufteilung der Gesamtlogistik in mehrere Teilprozesse gegenüber der Vergabe an einen einzelnen Logistikpartner überwiegen, um diese Vorgehensweise wirtschaftlich rechtfertigen zu können.[31]
Leer- und kostenintensive Direktfahrten sollen vermieden werden, so dass die Logistikunternehmen zentral angelegte Umschlagslager (Hubs) nutzen. Die LKWs werden in diesen Transportnetzwerken gezielt und in festen Routen nach vorgegebenem Fahrplan eingesetzt, so dass eine bessere Transportauslastung gewährleistet werden kann. Auf der einen Seite können diese Hubs unter anderem an unternehmensfernen Standorten gelegen sein, so dass die Standortvorteile z.B. bezüglich niedriger Lohnkosten oder verbesserter Lagerkapazitäten genutzt werden können und eine Fixkostenreduktion im Logistikunternehmen realisiert werden kann. Auf der anderen Seite entstehen höhere Transportkosten durch größere Distanzen. Gerade die größeren Speditions- und Logistikunternehmen wollen Mengen- und Größenvorteile nutzen, so dass in zunehmendem Maße in Zentrallager investiert werden wird. Aufgrund der steigenden Kraftstoffpreise, Mautgebühren und der hohen Fixkosten im Personalbereich der LKW-Unternehmen bedeutet der erhöhte Transportbedarf einen Nachteil in Bezug auf das Hub-and-Spoke-Netzwerk. Jedes Logistikunternehmen wird somit gezwungen sein, beide Alternativen realistisch gegeneinander abzuwägen.[32]
Bei speziellen, engen Kooperationen zwischen Unternehmen der verladenden Wirtschaft und mittelständischen Speditionsunternehmen investieren teilweise die Unternehmen der verladenden Wirtschaft in Umschlagslager oder andere Fertigungshallen, die dann von dem mittelständischen Speditionsunternehmen betrieben werden. In diesen Fällen arbeitet das mittelständische Speditionsunternehmen exklusiv für den Kunden aus der verladenden Wirtschaft. Diese Outsourcingvariante wird als „Single Sourcing“ bezeichnet. Für beide Kooperationspartner bedeutet dieses große Abhängigkeitsverhältnis jedoch neben den Chancen auch Risiken. Beide Partner können Kosten- und Qualitätsvorteile aus dieser Kooperation durch Synergien entwickeln, so dass Arbeitsabläufe optimiert werden können.[33]
Das Unternehmen der verladenden Wirtschaft wird im Laufe der Kooperation in Bezug auf die logistischen Dienstleistungen jedoch immer abhängiger von dem mittelständischen Speditionsunternehmen, so dass ein Wechsel des Partners oder ein Insourcing (erneute Eigenfertigung) mit hohen Kosten und zeitlichen Verzögerungen bezüglich der Prozesse verbunden wäre. Das mittelständische Speditionsunternehmen ist jedoch auch sehr abhängig von dem Kunden der verladenden Wirtschaft durch die exklusive Tätigkeit für diesen Kunden. Eine kurzfristige Umstellung auf andere Kunden nach der Beendigung der Kooperation ist somit auch nur schwer zu realisieren. Die Absicherung und Planungssicherheit für beide Kooperationsparteien sollte bei längerfristigen Kooperationen durch Logistikverträge geregelt werden. Der Abschluss dieses Vertrages kann natürlich eine auf gegenseitiges Vertrauen basierte Kooperation nicht ersetzen (Siehe Kapitel 4: Logistikverträge).[34]
3.1.4.2 Die Logistikkonzepte 1PL bis 4PL
In der Logistik wurden über einen längeren Zeitraum Konzepte entwickelt, die alle Elemente von der Auslagerung von Teilprozessen zu der Komplettabwicklung des gesamten Wertschöpfungsprozesses durch den Logistikpartner beinhalten. Diese Logistikkonzepte werden First Party Logistics (1PL), Second Party Logistics (2PL), Third Party Logistics (3PL) und Fourth Party Logistics (4PL) genannt.[35]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei dem Konzept der First Party Logistics (1PL) werden Transport-, Lagerungs- und Umschlagstätigkeiten durch das Unternehmen der verladenden Wirtschaft mit eigenem Fuhrpark und eigenen Immobilien ohne Hilfe von externen Partnern durchgeführt. Bei dem Konzept der Second Party Logistics (2PL) übernehmen die externen Logistikdienstleister die genannten Tätigkeiten mit deren eigenen Kapazitäten. Bei dem Konzept der Third Party Logistics (3PL) wird das Aufgabenfeld der externen Logistikpartner in Form von Mehrwertdiensten, Informationsmanagement usw. erweitert. Diese Tätigkeiten werden von dem Logistikdienstleister ebenfalls mit eigenen Immobilien, eigenem Fuhrpark und eigenem Personal durchgeführt.[36]
Das Konzept der Fourth Party Logistics (4PL) ist das modernste der genannten Konzepte. Das noch relativ junge Konzept ist noch nicht so verbreitet wie die anderen Konzepte, befindet sich jedoch im Wachstum. Bei diesem Konzept des 4PL übernimmt der externe Logistikpartner die Organisation der gesamten Wertschöpfungskette für den Kunden der verladenden Wirtschaft. Jedoch setzt dieser Logistikpartner nicht seinen eigenen Fuhrpark oder seine eigenen Immobilien ein, sondern greift für die vielseitigen benötigten Leistungen auf andere unabhängige Subunternehmer zurück. Der Spediteur als Logistikpartner hat also eine übergeordnete Kontroll- und Planfunktion. In der Praxis gibt es jedoch selten klare Grenzen zwischen den genannten Konzepten, da die Tätigkeiten für individuelle Aufträge variieren können. Sie existieren nebeneinander.[37]
Die Veränderung in der Wirtschaft vom Produzenten- zum Konsumentenmarkt hat die Kundenorientierung der Unternehmen der verladenden Wirtschaft in den Vordergrund rücken lassen. Die individuellen Kundenwünsche beeinflussen aktiv die Entscheidungen bezüglich der Produktpalette. Durch die globale Arbeitsteilung und die Öffnung der politischen Grenzen in Europa sind die Produktionsstandorte von Ressourcen und Ersatzteilen auf die ganze Welt verteilt. Aus den weltweit beschafften Ressourcen werden teilweise Markenartikel produziert, die in vielen Ländern der Welt nachgefragt werden, so dass die logistische Planung der Distribution auch global angelegt sein muss. Durch Kooperationen mit global agierenden Logistikdienstleistern können die globalen Materialflüsse koordiniert und optimiert werden.[38]
Die externen Logistikpartner können in die Planung der gesamten Supply Chain integriert werden, um die Erfahrungswerte dieser Partner nutzen zu können. Durch den Einsatz global agierender Servicepartner können die Dienstleistungen den Anforderungen bezüglich der Qualität und Geschwindigkeit angepasst werden. Durch enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Abnehmern können Marktpotenziale optimal ausgeschöpft werden. Der Logistikpartner kann durch die gezielte Übernahme von Funktionen innerhalb der Wertschöpfungskette gemeinsam mit dem Unternehmen der verladenden Wirtschaft den Endverbrauchern gegenüber Mehrwerte „Value Add“ erzeugen, damit das Unternehmen der verladenden Wirtschaft gegenüber der Konkurrenz Kundenzufriedenheitsvorteile erzielen kann. Nur zufriedene Kunden werden die Produkte in ihren eigenen Warenkorb aufnehmen. Für den Logistikpartner ist es somit besonders wichtig, dass die angebotenen logistischen Dienstleistungen zu jeder Zeit dem aktuellen Entwicklungsstand entsprechen, damit der Kunde aus der verladenden Wirtschaft keine Notwendigkeit sieht, den Markt nach anderen Logistikpartnern zu sondieren.[39]
3.1.4.3 Die Kontraktlogistik: Komplettauslagerung von Logistikprozessen
Unter Kontraktlogistik versteht man die dauerhafte Komplettauslagerung von Logistikprozessen an einen externen Logistikanbieter, der seine logistischen Dienstleistungen individuell auf den Kunden zuschneidet. Die logistischen Prozesse werden in Kooperation zwischen dem Logistikpartner und dem Unternehmen der verladenden Wirtschaft gemeinsam erarbeitet, so dass bereits vorher erarbeitete Dienstleistungspakete im Baukastenprinzip nur schwer für die Bearbeitung dieser individuellen Aufträge verwendet werden können. Das Unternehmen der verladenden Wirtschaft bindet den Kontraktlogistiker in die Prozesse des Unternehmens ein, so dass der Logistikpartner einen direkten Einblick in die Geschäfte erhält. Der Verantwortungsbereich des Logistikpartners wird in einigen Fällen in der Form erweitert, dass er bereits zum Zeitpunkt der Bestellung eines Kunden des Auftraggebers über den Bestellungsvorgang informiert wird, um die benötigten Waren und Ersatzteile zeitnah zu organisieren. Der Logistikpartner und das Unternehmen der verladenden Wirtschaft arbeiten meistens bereits mehrere Jahre erfolgreich zusammen, bevor der Entschluss gefasst wird, die Geschäftsbeziehung auf die Ebene der Kontraktlogistik zu heben.[40]
Ohne ein festes Vertrauen zwischen beiden Parteien wäre diese Open-Book-Policy („mit offenen Karten spielen“) nicht möglich, denn der Logistikpartner hat direkten Zugriff auf interne Daten des Unternehmens der verladenden Wirtschaft. Dieser Einblick ist jedoch zwingend notwendig, um die speziellen Aufträge in der Kontraktlogistik effizient bearbeiten zu können.[41] Auch die externen Logistikpartner müssen bereit sein, in Bezug auf ihre Preispolitik mit offenen Karten zu spielen, damit kein Misstrauen zwischen beiden Kooperationspartnern entsteht. Des Weiteren müssen die externen Logistikpartner proaktiv handeln und nicht auf Reaktionen des Unternehmens der verladenden Wirtschaft warten. Die Optimierungspotenziale müssen dem Unternehmen der verladenden Wirtschaft durch den externen Logistikpartner präsentiert werden.[42]
Zwei Modelle werden im Bereich der Kontraktlogistik unterschieden: individual-customized und mass-customized. Das Modell des individual-customized bezieht sich auf das Angebot von kunden- und auftragsspezifischen Dienstleistungen seitens des externen Logistikpartners, die einen hohen Spezialisierungs- und Individualisierungsgrad erfordern. Dieses Modell bietet Spezialisten und Nischenanbietern die Chance, ihre individuellen Fähigkeiten und Erfahrungswerte den Unternehmen der verladenden Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Die Gewinnspanne ist in diesen Segmenten häufig hoch, jedoch können die individuell erarbeiteten Lösungen nur schwer auf andere Kunden übertragen werden. Das Modell des mass-customized bezieht sich auf das Angebot von standardisierten Logistikdienstleistungen, die von dem Logistikpartner in der Form des Baukastenprinzips erarbeitet worden sind. Die erarbeiteten Lösungen können ohne Probleme an verschiedene Kunden weiterverkauft werden, so dass dieses Segment ein deutlich größeres Wachstumspotenzial bietet, jedoch nicht die hohen Margen des Modells des individual-customized ermöglicht.[43]
Damit die Kontraktlogistikprojekte vom Logistikpartner durchgeführt werden können, benötigt er finanzielle Spielräume, um dem Unternehmen der verladenden Wirtschaft als globaler Partner zur Seite stehen zu können. Die notwendigen Investitionen sind jedoch häufig individuell auf den Kunden zugeschnitten, so dass diese Investitionen nur in der Beziehung zwischen dem Logistikpartner und dem Unternehmen der verladenden Wirtschaft einen Wert haben und nur schwer für andere Kunden parallel oder nach Ablauf der Tätigkeit für diesen Kunden anderweitig verwendet werden können. Die örtliche Nähe von Umschlagslagern zum Kontraktlogistikkunden verhindert meistens eine anderweitige, sinnvolle Nutzung, da die potentiellen neuen Kunden zu weit entfernt von diesen Immobilien ihren Standort haben. Die Durchführung von Kontraktlogistikprojekten ist aufgrund des hohen finanziellen Aufwands häufig nur den großen, finanziell starken Speditions- und Logistikunternehmen vorbehalten. Das Risiko wäre für kleine, mittelständische Speditionsunternehmen zu groß, die ihre logistischen Standarddienstleistungen meistens einer breiteren Masse von Kunden zur Verfügung stellen wollen. Durch diese Vorgehensweise können sie das Risiko streuen und sind somit nicht so finanziell abhängig von einzelnen Großkunden.[44] Des Weiteren kann man davon ausgehen, dass es für mittelständische Speditionsunternehmen bei den Banken kein Geld mehr für Wachstum gibt.[45] Die mittelständischen Speditionsunternehmen können jedoch als Subunternehmer den großen Kontraktlogistikern ihre Leistungen anbieten oder sich eine Nische suchen, in der sie sich spezialisieren können.[46]
Teilweise setzen die großen Kontraktlogistiker gerne die mittelständischen Spezialisten ein, die durch ihre großen Erfahrungswerte in Teilsegmenten und Relationen der Transportkette die Qualität des gesamten logistischen Prozesses erhöhen könnten. Außerdem kann unter Umständen die geographische Nähe der mittelständischen Speditionsunternehmen zum Kunden oder Endverbraucher organisatorisch genutzt werden, um flexibel auf die Kundenwünsche eingehen zu können und dem Kunden Ansprechpartner vor Ort bieten zu können.[47]
Die mittelständischen Speditionsunternehmen könnten jedoch auch durch Kooperationen untereinander die fehlenden Größeneffekte kompensieren. Durch gezielte Verkettung der mass-customized logistischen Dienstleistungen der in Kooperation arbeitenden mittelständischen Speditionsunternehmen könnten die individuellen Einzelleistungen den Unternehmen der verladenden Wirtschaft in Kombination als Komplettlösungen angeboten werden.[48]
Gegenseitiges Vertrauen zwischen den Unternehmen der verladenden Wirtschaft und dem externen Logistikpartner ist sehr wichtig, weil sonst keine vernünftige Basis für eine Kooperation vorhanden ist. Vor dem eigentlichen Vertragsabschluss können die Unternehmen der verladenden Wirtschaft keine Probeläufe durchführen, um die Qualität der logistischen Dienstleistungen der externen Logistikpartner zu überprüfen. Der externe Logistikpartner muss sich intensiv mit den Produkten und Abläufen des Unternehmens der verladenden Wirtschaft auseinandersetzen, um optimale Lösungen präsentieren zu können.[49]
3.2 Die mittelständischen Speditionsunternehmen und ihre nationalen und internationalen Agenten
3.2.1 Strukturanpassung in Zeiten des Abschwungs
3.2.1.1 Probleme im Transportsektor
Besonders die mittelständischen Speditionsunternehmen mit eigenem Fuhrpark leiden in Zeiten des Abschwungs unter den Überkapazitäten durch fehlende Transportaufträge und dem Preiskampf in der Branche.[50] Die Basisangebote im Transportsektor werden weitestgehend als homogen angesehen, so dass für diese Unternehmen nur wenige Differenzierungsmöglichkeiten bestehen. Durch die relativ niedrigen Markteintrittsbarrieren zum Transportmarkt und die Austauschbarkeit dieser logistischen Basisdienstleistungen sind die Gewinne in diesem Segment entsprechend niedrig.[51] Die Kunden aus der verladenden Wirtschaft nutzen in Zeiten des Abschwungs ihre Chance, eine Reduzierung der Preise durch erneute Verhandlungen zu erwirken.[52] Im Gegensatz zu den großen Speditionsunternehmen, die aufgrund von Mengeneffekten größere finanzielle Handlungsspielräume haben, können die mittelständischen Speditionsunternehmen den Gewinnrückgang nur schwer kompensieren.[53]
3.2.1.2 Kosten auf dem Prüfstand
Besonders in Zeiten des Abschwungs sind die Unternehmen in der gesamten Wirtschaft gezwungen, ihre Unternehmung in Bezug auf die Kosten kritisch zu betrachten. Finanzielle Kennzahlen im Bereich des Eigenkapitals, des operativen Cashflows, des Deckungsbeitrags und des Personalaufwands werden in den Unternehmen aus Industrie und Handel analysiert, um Schwachstellen im eigenen Unternehmen zu lokalisieren und optimale Lösungswege durch ein kontinuierliches Risikomanagement erarbeiten zu können.[54]
Auch die großen und mittelständischen Speditionsunternehmen versuchen, ihre Kosten zu optimieren, um weiterhin erfolgreich am Markt bestehen zu können. In den mittelständischen Speditionsunternehmen beschränkt sich die Analyse jedoch häufig auf die hohen Energie- und Personalkosten, die eine große Belastung für diese Unternehmen darstellen.[55]
Die Kosten für die Durchführung von Transporten werden teilweise als theoretisch beeinflussbar angesehen, so dass sie zu den variablen Kosten gezählt werden könnten. Diese Sichtweise hat jedoch nur für mittelständische Speditionsunternehmen eine Gültigkeit, die über keine eigenen Kapazitäten verfügen und nicht für eine optimale Auslastung sorgen müssen. Bei den Unternehmen, die über einen eigenen Fuhrpark verfügen, sind häufig nur die Energiekosten als variabel anzusehen, die bei einer abnehmenden Auftragslage im Zuge des Abschwungs reduziert werden könnten.[56] Der drastische Anstieg der Energiepreise stellt ein großes Problem für die mittelständischen Speditionsunternehmen dar, da eine kurzfristige Anpassung nur schwer durchführbar ist. Die Nutzung von Transportmitteln wie z.B. LKWs und Schiffen ist immer langfristig angelegt, so dass Änderungen zur Steigerung der Effizienz quasi unmöglich sind. Daher wird z.B. in der Seeschifffahrt durch die Verlangsamung der Transportgeschwindigkeit der Seeschiffe versucht, den Energieverbrauch deutlich zu reduzieren, weil die Laderaumkapazitäten nur teilweise ausgenutzt sind. Die mittelständischen Speditionsunternehmen stehen vor dem Problem, dass die Energiepreise durch die weiterhin steigende Nachfrage nach Energie in Folge der Globalisierung höchstwahrscheinlich nicht mehr auf die alten, niedrigen Werte zurückfallen werden.[57]
Die übrigen Kosten zählen zu den Fixkosten, die auch dann anfallen, wenn keine Transporte durchgeführt werden, wie z.B. Instandhaltungs- und Personalkosten für den Fuhrpark. Für optimale ökonomische Entscheidungen spielt die korrekte Zuordnung von fixen und variablen Kosten somit eine entscheidende Rolle.[58]
Einige mittelständische Speditionsunternehmen sehen z.B. eine Chance, Sozialabgaben sparen zu können, indem sie ihre LKW-Fahrer in die Selbstständigkeit schicken. Dies führt jedoch häufig zu Scheinselbstständigkeit, weil bei erfolgsunabhängiger, kontinuierlicher Bezahlung des LKW-Fahrers, die Sozialversicherungspflicht erhalten bleibt. Die zuständigen Gerichte erkennen die Form der Selbstständigkeit nicht an, da der Fahrer keinem unternehmerischem Risiko ausgesetzt ist, so dass die outsourcenden Speditionen die Sozialabgaben auch rückwirkend zu entrichten haben.[59]
3.2.2 Optimale Beratung durch Verkehrsträgerneutralität
Die Unternehmen der verladenden Wirtschaft wünschen sich Berater im Bereich der logistischen Dienstleistungen, die in diesen sekundären Unternehmensbereichen größere Erfahrungswerte entwickelt haben. Die mittelständischen Speditionsunternehmen und Logistikpartner müssen flexibel auf Veränderungen auf dem Markt reagieren können, um diese Beratungsfunktion vernünftig ausüben zu können. Die Verkehrsunternehmen mit eigenen Umschlagslagern und LKW sind für diese Beratung am wenigsten geeignet, da die komplette Auslastung ihrer eigenen Kapazitäten in der Planung der Transporte einen deutlichen Vorrang haben. Meistens besteht bei diesen Speditionsunternehmen nur ein Interesse an der reinen Basistransportleistung. Die Flexibilität in Bezug auf die Beratungsfunktion wird durch die eigenen Kapazitäten deutlich eingeschränkt, da diese Partner höchstwahrscheinlich keine Vorschläge für die Benutzung anderer Umschlagsformen oder Verkehrsträger unterbreiten werden, die in Konkurrenz zu ihren eigenen, nicht ausgelasteten Kapazitäten stehen. Die Unternehmen der verladenden Wirtschaft benötigen neben den Verkehrsunternehmen, die unbestreitbar im Bereich der Transporte über große Erfahrungswerte verfügen, Berater im Bereich der unabhängigen mittelständischen Speditionen.[60]
Die mittelständischen Speditionsunternehmen können verkehrsträgerneutral arbeiten, so dass sie immer die passenden Verkehrsträger, wie z.B. LKW, Bahn, Flugzeug oder Seeschiff, für die individuellen Aufträge einsetzen können.[61]
Diese Partner verfügen häufig über keine eigenen Kapazitäten und haben Netzwerke mit anderen Spezialisten und Nischenanbietern aufgebaut und sind somit in der Lage, flexibler auf die jeweiligen Kundenwünsche zu reagieren. Die Beratung durch die mittelständischen Speditionsunternehmen erstreckt sich in einigen Fällen sogar bis in die eigentlichen Produktionsabläufe des Unternehmens der verladenden Wirtschaft. Die Möglichkeit, die logistischen Abläufe frühzeitig zu optimieren und Verzögerungen und Friktionen zu vermeiden, ist für die produzierenden Unternehmen besonders interessant. Desweiteren wollen die Unternehmen der verladenden Wirtschaft für die Leistung nur dann bezahlen, wenn sie benötigt wird. Die unabhängigen Speditionsunternehmen ohne eigene Kapazitäten stehen somit nicht unter Druck, eigene Kapazitäten unbedingt anbieten zu müssen, um die optimale Auslastung gewährleisten zu können.[62]
3.2.3 Effizienzsteigerung durch Outsourcing an Agenten
3.2.3.1 Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
Damit die mittelständischen Speditionsunternehmen in ihren logistischen Geschäftsfeldern Erfolg haben, muss die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung kontinuierlich analysiert werden. Die Veränderungen und Anforderungen am Markt müssen rechtzeitig erkannt werden, um die prozessualen Abläufe dementsprechend anpassen zu können. Der Erfolg hängt sehr stark von der Fähigkeit ab, ob die kundenspezifischen Wünsche realisiert werden können. Ein hohes Maß an Flexibilität und Innovationsfähigkeit ist erforderlich, um die Erwartungen der Kunden bezüglich der Qualität in den Bereichen des Services erfüllen zu können. Die ständigen Änderungen bezüglich der Ablaufgeschwindigkeit und der Komplexität der logistischen Prozesse zwingen die mittelständischen Speditionsunternehmen sich ständig neu aufzustellen.[63] Mögliche Neuausschreibungen durch die Unternehmen der verladenden Wirtschaft könnten theoretisch verhindert werden, wenn die mittelständischen Speditionsunternehmen proaktiv handeln würden und sich bereits während der Vertragslaufzeit Optimierungsgedanken in Bezug auf die Prozessabläufe und Kostenstrukturen machten. Des Weiteren sollten diese Unternehmen kontinuierlich um Feedback von ihren Kunden aus der verladenden Wirtschaft bitten, um die Qualität der logistischen Dienstleistungen verbessern zu können und um den Kunden Interesse an einer dauerhaften Geschäftsbeziehung zu signalisieren.[64]
3.2.3.2 Erweiterung der Servicepalette – Schaffung von freien Kapazitäten
Die mittelständischen Speditionsunternehmen haben sich größtenteils auf wenige Teilmärkte spezialisiert. In diesen Teilsegmenten bieten diese Unternehmen auch Komplettlösungen von Haus zu Haus an, die jedoch in der Regel auf bestimmte Verkehrsträger und Umschlagsarten begrenzt sind.[65] Die Möglichkeit des Outsourcings dieser logistischen Dienstleistungen an externe Partner gibt diesen Unternehmen eine Chance, neue Logistikprodukte in ihr eigenes Portfolio zu integrieren und freie Kapazitäten im Unternehmen zu schaffen, die aktiv für die Kundenbetreuung genutzt werden können.[66]
In den speditionellen Teilbereichen der Zoll- und der Gefahrgutabwicklung bestehen Kosten- und Qualitätsvorteile durch das Outsourcing an externe Agenten. Die exporttechnische Zollabwicklung unterliegt ständigen rechtlichen und ablauftechnischen Veränderungen. Für eine korrekte Bearbeitung der Exportsendungen müssen das benötigte vielseitige Spezialwissen kontinuierlich im eigenen Unternehmen erweitert werden und die Softwareprodukte für die Übermittlung der sendungsrelevanten Daten kostspielig auf dem neuesten Stand gehalten werden. Für mittelständische Speditionsunternehmen besteht hier die Gefahr, dass die Mitarbeiter viel Zeit bei der Aneignung der ständigen Verfahrensänderungen verlieren und somit nicht genügend Zeit für die wichtige Kundenberatung und Auftragskoordination zur Verfügung haben. Außerdem lohnen sich teure Softwareprodukte und Internetlösungen in der Regel erst, wenn eine große Anzahl an Ausfuhranmeldungen für die Exportsendungen erstellt werden muß. Die kontinuierlich notwendigen Veränderungen erhöhen den Fixkostenblock erheblich, so dass durch Fremdvergabe der Zollabwicklung an externe Zollspediteure die Kosten variabilisiert werden können. Der Kunde zahlt nur die auftragsspezifischen Kosten an den Zollspediteur, so dass bei geringem Bedarf die Kosten pro Auftrag reduziert werden können.[67] Ähnliche Entscheidungsgründe hinsichtlich der Variabilisierung der Kosten ergeben sich auch für den Gefahrgutbeauftragten.
Die logistischen Dienstleistungspakete der externen Partner des mittelständischen Speditionsunternehmens müssen somit Kosten- und Leistungsvorteile gegenüber der weiteren Eigenfertigung der logistischen Teilbereiche aufweisen, um sich erfolgreich gegen die weitere Eigenfertigung (Insourcing) durchsetzen zu können. Die Leistungsvorteile sind jedoch schwerer überprüfbar als die Kostenvorteile. Die externen Partner, die die meisten positiven Kosteneffekte, wie z.B. Kostendegression durch Volumen (economies of scale), Pooleffekte (economies of scope), Lohnkostenvorteile usw., realisieren können, werden die Aufträge vom outsourcenden Unternehmen erhalten können.[68] Die Leistungsvorteile des externen Partners sind erst während der laufenden Geschäftsbeziehung überprüfbar. Für eine längerfristige, erfolgreiche Kooperation ist es besonders wichtig, dass durch das Outsourcing an den externen Partner die Qualität der logistischen Teilbereiche kontinuierlich auf einem hohen Niveau gehalten werden kann.
3.2.4 Kooperationen auf nationaler und internationale Ebene
3.2.4.1 Globalisierung als Wachstumstreiber
Durch die Globalisierung finden die Beschaffung, die Produktion und der Absatz der Waren der Unternehmen der verladenden Wirtschaft häufig nicht mehr an denselben Orten statt. Die internationale Arbeitsteilung bleibt auch in Zeiten des Abschwungs trotz der höheren Energiepreise weiterhin bestehen und stellt für die Logistikbranche immer einen langfristigen Wachstumstreiber dar.[69]
Das durch die räumlichen Unterschiede resultierende Wachstum an benötigten Transport- und Umschlagsdienstleistungen hat jedoch einen immer komplexer werdenden Koordinationsgrad zur Folge. Das traditionelle Verständnis der Logistik in Bezug auf den reinen Transport, die Lagerung und den Umschlag der Waren wird durchbrochen und durch moderne Logistikkonzepte erweitert (siehe Kapitel 3.1.4).[70] Die Unternehmen der verladenden Wirtschaft wünschen sich deshalb immer häufiger einen oder wenige Logistikpartner in langfristiger Kooperation, die die logistischen Abläufe organisieren.[71]
3.2.4.2 Kooperationsarten
Langfristige, kostenintensive Kooperationen zwischen Logistikpartnern und den Unternehmen der verladenden Wirtschaft sind unter normalen Bedingungen nur von großen, finanzstarken Logistikunternehmen realisierbar.[72] Die benötigte Ausweitung der eigenen Kapazitäten erhöht den Fixkostenblock und kann in konjunkturschwachen Zeiten zu Überkapazitäten führen. Die mittelständischen Speditionsunternehmen müssen bei ihren Angeboten im Zuge von Neuausschreibungen die Kosten genau analysieren, damit der Auftrag aufgrund von finanziellen Engpässen überhaupt wie gewünscht durchgeführt werden könnte.[73]
Die fehlenden Kapazitäten und Erfahrungswerte in den unternehmensfremden Teilprozessen können durch Kooperationen mit externen Spezialisten kompensiert werden.[74] Das outsourcende mittelständische Speditionsunternehmen hätte somit die Chance, sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren und durch die Kooperation die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die bekannten Kooperationsarten sind die horizontale, vertikale und diagonale Kooperation.[75]
Die Partner, die in einer horizontalen Kooperation verbunden sind, arbeiten häufig in der gleichen oder verwandten logistischen Marktnische und befinden sich auf der gleichen wirtschaftlichen Ebene. Die Tätigkeitsfelder sind ähnlich, so dass z.B. Sammelladungsspeditionen oder Lagerumschlagsunternehmen miteinander kooperieren, um Größeneffekte zu erzielen und eine bessere räumliche Abdeckung gewährleisten zu können. Die Partner, die in einer vertikalen Kooperation verbunden sind, arbeiten häufig in verschiedenen Teilbereichen der Wertschöpfungskette und befinden sich auf verschiedenen Stufen der Wirtschaft. Die outsourcenden Unternehmen versprechen sich durch die Fremdvergabe Rationalisierungsmöglichkeiten in Teilbereichen der eigenen Transportkette.[76]
Die Partner, die in einer diagonalen Kooperation verbunden sind, arbeiten in verschiedenen Branchen oder in sehr unterschiedlichen Logistikmärkten wie z.B. Fluggesellschaften und LKW-Unternehmen. Beide Partner wollen ihren Kunden eine größere, umfassendere Dienstleistungspalette anbieten, so dass die Tätigkeitsbereiche des jeweilig anderen Partners in das eigene Portfolio integriert werden. Bei der Form der diagonalen Kooperation existieren verschiedene Intensitäten bezüglich der Kooperation, wie z.B. ohne vertragliche Bindung, mit vertraglicher Bindung und gemeinsam genutzter Kapazitäten. Bei der Kooperation ohne vertragliche Bindung werden die Aufträge durch gezielte Absprachen organisiert. Beide Parteien arbeiten komplett eigenständig. Sobald beide Partner als Einheit in der Öffentlichkeit auftreten, sollte die Kooperation mit einer vertraglichen Bindung manifestiert werden, damit der gemeinsame Auftritt definiert werden kann. Die Partner können nicht ohne Weiteres aus dieser Kooperation austreten. Der größere Partner übernimmt häufig die Koordinationsfunktion für die Partnerschaft. Bei der intensivsten Kooperation mit vertraglicher Bindung und gemeinsamer Nutzung von Kapazitäten werden nur noch Gemeinschaftslösungen erarbeitet, so dass unter Umständen Synergien freigesetzt werden können.[77]
3.2.4.3 Chancen und Risiken in Kooperationen zwischen mittelständischen Speditionsunternehmen
Bei der Analyse der potentiellen Kooperationspartner muss genau untersucht werden, ob beide Unternehmen in ihrer Arbeits- und Denkweise zueinander passen und ob vergleichbare Ziele bezüglich der Kundenzufriedenheit vorliegen. Beide Partner dieser Kooperation sollten sich durch konkrete Abstimmung der Prozesse auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können.[78]
Bei jeder Kooperation zwischen mittelständischen Speditionsunternehmen entstehen zugleich Chancen und Risiken. Jeder Partner muss für sich analysieren, ob die ermittelten Chancen die potentiellen Risiken der Kooperation ausgleichen.
Die Partner dieser logistischen Kooperationen können sich flexibler aufstellen, da die eigene Leistungspalette logistischer Dienstleistungen vergrößert werden und flächendeckender angeboten werden kann. Durch Synergien können neue Kombinationen von Logistikdienstleistungen entwickelt werden. Das Risiko kann auf die Partner verteilt werden. Jeder Partner hat individuelle Stärken und Kapazitäten, die er in die Kooperation einbringen kann, so dass eine bessere Auslastung der Kapazitäten und des Personals gewährleistet werden könnte. Gemeinsam können logistische Prozesse optimiert und rationalisiert werden. Außerdem können die Partner gemeinsam mit ihrer Kooperation werben und das Interesse der verladenden Wirtschaft auf sich lenken. Durch die Möglichkeit des Two-Way-Outsourcings, d.h. dass Aufträge untereinander vergeben werden, kann der Outsourcingprozess in beide Richtungen wirken, so dass nicht nur eine einseitige Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung besteht. Ein Lagermeister könnte z.B. Transportaufträge an Speditionen vergeben, die ihrerseits Umschlags- und Lageraufträge an dieses Lager vergeben. Die Kooperationspartner würden also noch enger zusammen arbeiten.[79]
In einer Kooperation ist es besonders wichtig, dass sich die Unternehmen in ihren Tätigkeitsbereichen und fachlichen Kompetenzen ergänzen, damit Synergieeffekte erzielt werden können. Beide Partner müssen die Kooperation als eine Gewinner-Gewinner-Situation (Win-Win-Situation) empfinden, damit die Loyalität innerhalb der Kooperation gewährleistet werden kann. Die Partner sind häufig auch potentielle Konkurrenten, so dass immer ein Risiko besteht, die eigenen Kunden an den Kooperationspartner zu verlieren.[80] Der Kooperationspartner könnte seine logistischen Dienstleistungen dem Kunden des anderen Kooperationspartners zu günstigeren Konditionen direkt anbieten. Die kalkulierte Marge des anderen Kooperationspartners könnte ausgenutzt werden, um mehr Geld von dem Kunden aus der verladenden Wirtschaft zu erhalten, jedoch immer noch die Offerte des Partners zu unterbieten.
Außerdem werden die logistischen Prozesse innerhalb der Kooperation entwickelt und deren Ablauf gemeinsam entschieden, so dass zeitliche Verzögerungen auftreten können, falls verschiedene Ansichten bestehen. Die Kooperation könnte auch im eigenen mittelständischen Speditionsunternehmen zu Widerständen zwischen Mitgesellschaftern und dem Management führen. Die Kooperationspartner bleiben zwar rechtlich selbstständig, jedoch werden sie teilweise in ihrer Dispositionsfreiheit eingeschränkt. Die eigene Firmenphilosophie wird der Philosophie der Kooperation untergeordnet.[81]
In der Praxis hat sich positiv gezeigt, dass Kooperationen zwischen mittelständischen Speditionsunternehmen, z.B. im Bereich des Sammelladungsverkehrs, langfristig erfolgreich sein können. Die Unternehmen müssen bereit sein, Risiken einzugehen, um nicht vom Markt verdrängt zu werden. Besonders in Zeiten des Abschwungs sind schlanke Strukturen und vielseitige Serviceangebote besonders wichtig, um gegenüber den großen Speditionen mit ihren Netzwerken erfolgreich bestehen zu können.
3.2.4.4 Spediteursammelcontainer / Konkurrent der eigenen Partner
Der Container ist der wohl bekannteste Transportbehälter der Welt. Sendungen, die für den Export in andere Länder bestimmt sind, werden entweder am Standort des Lieferanten oder in einem Umschlagslager im Seehafen in den Container verladen. Teilweise sind diese Sendungen jedoch im Volumen nicht groß genug, so dass sich eine einzelne Verladung in einem Seecontainer kostenrechnerisch nicht lohnen würde. Diese Partien werden dann mit anderen Teilsendungen, die für die gleiche Destination bestimmt sind, zu einer Komplettsendung zusammengefasst und in einen sogenannten Sammelcontainer verladen.[82] Die logistische Bündelung ist wirtschaftlich sinnvoll, da diese Teilsendungen als Komplettsendung mit einem einzigen Frachtvertrag versendet werden.[83] Viele mittelständische Speditionsunternehmen arrangieren jedoch keine eigenen Sammelcontainer, sondern versenden die Teilsendungen als Beilader in Sammelcontainern anderer Speditionsunternehmen, die sich in diesem Bereich spezialisiert haben.[84]
Die genannten Speditionsunternehmen werden als NVOCC (Non Vessel Operating Common Carrier) bezeichnet und sind somit Verfrachter, die die vertragliche Verpflichtung zum Transport von Waren übernehmen, ohne über eigene Schiffe zu verfügen und ohne Schiffe selber zu chartern. Sie übernehmen also die Transportverpflichtung nur haftungsrechtlich.[85] Die Haftung für die Transportverpflichtung bestand gemäß HGB § 662, Absatz 1 a.F. nur dann, wenn der Verfrachter / Carrier (hier: Spediteur mit Selbsteintrittsrecht) ein eigenes (papiergebundenes) B/L (Bill of Lading, Konnossement) ausstellte.[86] Nach deutschem Recht war die Ausstellung eines papiergebundenen B/L bis dahin Voraussetzung für die Verfrachterzwangshaftung.[87] Zeitgemäß lässt das neue deutsche Seehandelsrecht von 2013 ein elektronisches B/L zu (§ 516 HGB n.F.), soweit alle typischen B/L-Funktionen erfüllt bleiben; und zwar die Beweis-, Sperr-, Traditions- und Legitimations- Funktion.
Die Geschäftsbeziehung zwischen dem NVOCC und den beiladenden Speditionen ist Outsourcing, während es sich definitionsgemäß bei der Beziehung zwischen NVOCC und dem tatsächlichen Verfrachter (Reeder) nicht um eine Outsourcingsentscheidung handeln kann, da der Spediteur als NVOCC in keinem Falle eigene oder gecharterte Schiffe einsetzt, so dass dieser Bereich nicht weiter verfolgt wird.
Sobald die mittelständischen Speditionsunternehmen in diesen Markt für Sammelcontainer eindringen, stehen sie in Konkurrenz zu diesen Partnern, die ihnen diese Vorgehensweise übel nehmen werden und im Gegenzug in anderen Bereichen Vorteilsraten streichen könnten. Beim Insourcingprozess dieser Sammelcontainer sollte neben der Möglichkeit der Kostenreduzierung immer auch die Außenwirkung analysiert werden. Gerade mittelständische Speditionsunternehmen sind sehr abhängig von ihren Partnern im eigenen Netzwerk. Die Open-book-policy funktioniert nur, wenn man selber mit offenen Karten spielt. Ehrliches Feedback bezüglich der Leistungen und Kosten ermöglichen eine effiziente Weiterentwicklung der Partnerschaft. Bevor bereits fremdvergebene logistische Teilprozesse wieder in das eigene Unternehmen durch Insourcing integriert werden, sollte den Partnern im Netzwerk die Chance gegeben werden, die Kosten und Leistungen so anzupassen, dass die Eigenerstellung kostenrechnerisch nicht sinnvoll sein würde. Sobald der externe Partner keine Bereitschaft zeigt, die Konditionen zu verbessern, könnte der logistische Teilprozess des Sammelcontainers in das eigene Unternehmen integriert werden, ohne die Partner zu benachteiligen.[88]
3.2.4.5 Das Wirkungsfeld der Outsourcingkette / Motivationsprinzip
Mittelständische Speditionen und ihre internationalen Agenten arbeiten in ihren jeweiligen Logistiknetzwerken mit unterschiedlichen Strukturen. Die Outsourcingkette durchläuft beide Parteien bei der Durchführung der logistischen Aufträge. Sobald die mittelständische Spedition Aufträge an die externen Partner vergibt, öffnet sich ein neues Handlungsfeld für den externen Partner, der Teilprozesse seiner zu erbringenden Leistung wiederum an weitere externe Partner (Subunternehmer) vergibt. Die Outsourcingentscheidung der mittelständischen Spedition bewirkt weitere Outsourcingentscheidungen auf der Seite der externen Partner.
Schwachstellen in der Logistikkette müssen analysiert und aufgedeckt werden. Sobald die mittelständische Spedition Teilprozesse des externen Agenten als Verzögerung oder Qualitätsminderung des Komplettauftrages empfindet, muss sofort der Dialog mit dem externen Partner gesucht werden, um Optimierung der Abläufe zu realisieren. Der externe Partner muss ständig motiviert werden, seine eigenen Teilprozesse zu analysieren und zu optimieren. Sollte keine Lösung mit den aktuellen Subunternehmern des externen Partners gefunden werden können, müssen neue Partner durch den externen Partner gesucht werden, um das gewünschte Ergebnis zu erlangen. Die Loyalität gegenüber langjährigen Partnern ist in Ländern anderer Erdteile durch engere persönliche Bindungen untereinander teilweise größer als in Europa, so dass die Analyse der Teilprozesse weniger intensiv durchgeführt wird und Qualitätsminderungen auftreten können.
Ein wichtiger Entscheidungsgrund für die Fremdvergabe von logistischen Dienstleistungen an Agenten ist die Motivation. Die Agenten sind häufig eigenständige, unabhängige Unternehmen, die die Aufträge von den mittelständischen Speditionsunternehmen nur dann erhalten werden, wenn die Qualität und Prozessgeschwindigkeit den erwarteten Anforderungen entsprechen bzw. möglichst übertroffen werden.
Der externe Partner wird angespornt durch die „positive Motivation“ - die Gewinnerzielungsabsicht - und die „negative Motivation“ - die Angst vor dem Verlust des Partners. In einer gut funktionierenden Partnerschaft ist der Agent häufig bereit, näher am Partner (Kunden) zu arbeiten und direkter auf dessen individuelle Wünsche und Vorstellungen einzugehen. Als Schlüssel des Motivationsvorteils könnte die Austauschbarkeit des externen Agenten genannt werden.[89] Die logistischen Dienstleistungen sind häufig homogener Natur und können daher leicht durch andere potentielle Partner identisch erbracht werden. ”Motivation. Outside parties have high-powered incentives to do their jobs well because they are independent companies accepting risk in return for the prospect of rewards. Both positive motivation (profit) and negative motivation (fear of loss) spur the third party to perform.”[90]
[...]
[1] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 566.
[2] Vgl. DSLV (2005), S. 6.
[3] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 566.
[4] Vgl. Bretzke, W.-R. (2008), S. 241.
[5] Vgl. Hamel, G. et al. (1997), S. 337 ff.
[6] Vgl. Bretzke, W.-R. (2008), S. 241.
[7] Vgl. Herff, M. (2002), S. 14.
[8] Vgl. Walter, N. (2005), S. 26.
[9] Vgl. Herff, M. (2002), S. 73 ff.
[10] Vgl. Herff, M. (2002), S. 73 ff.
[11] Vgl. Freiling, J. et al. (2004), S. 37 f.
[12] Vgl. Herff, M. (2002), S. 73 ff.
[13] Vgl. Kümmerlen, R. (2009), DVZ Nr. 29, S. 1.
[14] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 566.
[15] Vgl. DSLV (2005), S. 14.
[16] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 566.
[17] Vgl. Walter, N. (2005), S. 26.
[18] Vgl. Kümmerlen, R. (2009), DVZ Nr. 21, S. 7.
[19] Vgl. DSLV (2005), S. 14.
[20] Vgl. Odrich, P. (1998), S. 12.
[21] Vgl. DSLV (2005), S. 7.
[22] Vgl. Kümmerlen, R. (2009), DVZ Nr. 29, S. 1.
[23] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 24 ff.
[24] Vgl. Odrich, P. (1998), S. 15.
[25] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 24 ff.
[26] Vgl. DSLV (2005), S. 6.
[27] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 24 ff.
[28] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 10 f.
[29] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 10 f.
[30] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 10 f.
[31] Vgl. Odrich, P. (1998), S. 65.
[32] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 10.
[33] Vgl. Herff, M. (2002), S. 81 ff.
[34] Vgl. Herff, M. (2002), S. 81 ff.
[35] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 2.
[36] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 2.
[37] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 2.
[38] Vgl. Paskert, D. (2001), S. 63 ff.
[39] Vgl. Paskert, D. (2001), S. 63 ff.
[40] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 11 f.
[41] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 11 f.
[42] Vgl. Gieße, A. (2009), S. 36
[43] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 11 f.
[44] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 11 f.
[45] Vgl. Winkler, D. (2009), S. 24 f.
[46] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 11 f.
[47] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 132.
[48] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 11 f.
[49] Vgl. Kümmerlen, R. (2009), DVZ Nr. 21, S. 7.
[50] Vgl. Hassa, E. (2009), S. 32 ff.
[51] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 9 f.
[52] Vgl. Hassa, E. (2009), S. 32 ff.
[53] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 9 f.
[54] Vgl. Rabe, N. (2009), S. 9.
[55] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 9 f.
[56] Vgl. Odrich, P. (1998), S. 12.
[57] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 7.
[58] Vgl. Odrich, P. (1998), S. 12.
[59] Vgl. O.V. (2009), DVZ Nr. 45/46, S. 12.
[60] Vgl. Odrich, P. (1998), S. 21.
[61] Vgl. DSLV (2005), S. 6.
[62] Vgl. Odrich, P. (1998), S. 21.
[63] Vgl. Herff, M. (2002), S. 7.
[64] Vgl. Hassa, E. (2009), S. 32 ff.
[65] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 132.
[66] Vgl. Herff, M. (2002), S. 7.
[67] Vgl. Hector, B. (2009), S. 13.
[68] Vgl. Bretzke, W.-R. (2008), S. 243 ff.
[69] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 1 ff.
[70] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 1 ff.
[71] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 132.
[72] Vgl. Ehmer, P. et al. (2008), S. 1 ff.
[73] Vgl. Hassa, E. (2009), S. 32 ff.
[74] Vgl. Freiling, J. et al. (2004), S. 21.
[75] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 134 ff.
[76] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 134 ff.
[77] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 134 ff.
[78] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 568.
[79] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 133.
[80] Vgl. Herff, M. (2002), S. 81 ff.
[81] Vgl. Czenskowsky, T. (2004), S. 133.
[82] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 394.
[83] Vgl. DSLV (2005), S. 6.
[84] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 394.
[85] Vgl. Malchow, G. et al. (1993), S. 100 f.
[86] Vgl. Herber, R. (1999), S. 244.
[87] Vgl. Prüssmann, H. et al. (1992), S. 705.
[88] Vgl. Brandenburg, H. et al. (2008), S. 394.
[89] Vgl. Coughlan, A.T. et al. (2006), S. 341
[90] Coughlan, A.T. et al. (2006), S. 341
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (PDF)
- 9783956849497
- ISBN (Paperback)
- 9783956844492
- Dateigröße
- 5 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hanseatische Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie VWA gemeinnützige GmbH, Studienzentrum Bremen
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 2,3
- Schlagworte
- Agent-Prinzipal-Theorie Logistikvertrag Fremdvergabe logistische Dienstleistung Dienstleistung
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing