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Die Anwendung der Ansoff Matrix für Wachstumsstrategien: Ausgestaltungsmöglichkeiten bei der Anwendung der Ansoff-Matrix zur Formulierung von Wachstumsstrategien am Beispiel eines hypothetischen Modells

©2013 Bachelorarbeit 54 Seiten

Zusammenfassung

Das Ziel dieses Buches ist die Erarbeitung der Ausgestaltungsmöglichkeiten der Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff für Wachstumsstrategien im Rahmen des strategischen (Markt-) Managements. Hierbei sollen folgende Kernfragen beantwortet werden:
Welche Funktion hat die Ansoff-Matrix und was können Unternehmen bei der praktischen Anwendung der Matrix als Ergebnis erwarten? Wie und wann kann die Ansoff-Matrix in der Praxis angewendet werden? Was sind die Vor- und Nachteile bei der Anwendung der Ansoff-Matrix?
Heutzutage ist die Globalisierung bekanntermaßen weit fortgeschritten und nimmt weiterhin zu. Somit steigt auch die Intensität der Konkurrenz zwischen Unternehmen weltweit und sorgt dafür, dass Unternehmen sich vermutlich noch schneller und stärker wandeln müssen als es im Jahr 1957 noch der Fall war. Hiervon sind nicht nur internationale Unternehmen betroffen, auch nationale Unternehmen bekommen den Druck von außen immer mehr zu spüren.
Umso wichtiger ist es für jedes Unternehmen, seine Positionierung am Markt zu festigen und nach Möglichkeiten zu suchen neue Märkte zu erschließen, Produkte zu entwickeln und sich dem Wandel. Eine strategische Denkweise ist unter anderem von großer Bedeutung, um langfristig eine erfolgreiche Unternehmung zu führen.
Der Prozess des Strategischen Managements ist seit seiner Entstehung einem ständigen Wandel seiner Bedeutung und Auslegung ausgesetzt. Trotz des Wandels machen Unternehmen von strategischen Theorien wie der Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff aus den Anfängen des Strategischen Managements heutzutage Gebrauch.
Zunächst werden theoretische Grundlagen auf Basis bestehender Literatur unter kritischer Würdigung der Autoren dargestellt. Hierbei müssen zum Verständnis des späteren Modells zunächst die Begriffe „Strategisches Management“, „Strategie“, „Strategie-Prozess“ und „Wachstumsstrategie“ und dessen Bedeutung erläutert werden. Im Anschluss werden die Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff und das erweiterte internationale Modell nach Manfred Perlitz ausführlich erläutert.
Im praktischen Teil der Arbeit werden die Ausgestaltungsmöglichkeiten in Form eines Leitfadens anhand eines hypothetischen Modells schrittweise erarbeitet. Um eine erfolgversprechende Anwendung zu ermöglichen, ist es wichtig, diesen Leitfaden als ein Grundmuster zu verstehen, der je nach Situation den Umständen entsprechend individuell angepasst werden muss. An manchen Stellen wird auf weitere Analysen hingewiesen, deren genauere Betrachtung und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.3.2. Tools für Wachstumsstrategien

In der Literatur werden viele verschiedene Tools für Wachstumsstrategien vorgestellt. Einige bekannte Tools, die Wachstumsstrategien explizit oder implizit behandeln, sind beispielsweise BCG-Matrix (siehe ausführlich Welge, M. K. / Al-Laham, A., 2012, S.477ff), die generischen Wettbewerbsstrategien nach Porter (siehe ausführlich Porter, M., 1980, S.39ff.), die Value Creation-Matrix nach Reimann (siehe Reimann, B. C., 1990, S.130), die Country-Portfolio-Analyse nach Perlitz (siehe Long Range Planning, 1985, S.11ff) und die klassische Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff (siehe Kapitel 2.4 Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff).

Die Matrix nach Ansoff wurde in den letzten Jahrzehnten vielfach verfeinert, modifiziert oder ergänzt (siehe auch Müller-Stewens, G. / Lechner C., 2011, S.255; Perlitz, M., 2004, S.36; Kotler, P., 1999, S.47). Doch die klassischen Wachstumsstrategien nach Ansoff liegen implizit oder explizit allen neuen Modellen bis heute zugrunde (vgl. Welge, M. K. / Al-Laham, A., 2012, S.590).

Im Rahmen dieser Arbeit werden die klassische Matrix nach Ansoff und das modifizierte Modell nach Perlitz betrachtet.

2.4. Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff

2.4.1. Zur Person

Harry Igor Ansoff (1918-2002) wurde in Russland geboren und verbrachte dort seine ersten 18 Lebensjahre, bevor er in die USA auswanderte. Seine Mutter war Russin und sein Vater war ein amerikanischer Diplomat. Nach seiner Ankunft in New York studierte er Maschinenbau und Physik. Ab 1950 arbeitete er im Unternehmen "RAND Corporation“ und entwickelte Problemlösungen zu strategischen Fragen für die NATO. Die daraus entstandenen strategischen Theorien setzte er später auch in Unternehmen um (vgl. http://www.economist.com/node/11701586).

Im späteren Verlauf war er zunächst bis 1963 bei Lockheed Electronics als „Vice President“ und General Manager und danach bis zum Jahr 2000 als Professor an verschiedensten Universitäten tätig (vgl. Eschenbach, R., 2008, S.57).

Ansoff gilt als der Vater von strategischem Management und brachte 1965 das erste Buch heraus, welches ausschließlich die Rolle der Strategie im Unternehmen betrachtete. (vgl. http://www.ansoff.com/founder.html) Dieses Buch gilt heute als Meilenstein und Geburtszeitpunkt des Strategischen Managements (Mintzberg, H. et al., 2012, S.75).

2.4.2. Entstehung der Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff

Ansoff macht am Anfang seines Artikels „Strategies for Diversification“ von 1957 deutlich, welche Anstrengungen ein Unternehmen auf sich nehmen muss, um seine Position am Markt zu halten oder gar zu wachsen. Dabei ist es wichtig eine dynamische und nicht statische Betrachtungsweise zu haben (vgl. Aaker, D., 1989, S.48). In diesem Artikel stellt Ansoff seine dynamische Produkt-Markt-Matrix erstmalig vor und behauptet darin, ein Unternehmen habe vier grundlegende Alternativen (vgl. Ansoff, I., 1957, S.113).

Es kann durch Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung und Diversifikation wachsen. Seine Idee zur Produkt/Markt-Matrix entnahm Ansoff dem Militär, welches das Konzept der „Mission“ für Einsätze praktiziert. Genauso versucht Ansoff einem Produkt, das er in die physischen Charakteristika und die Leistungs-Charakteristika unterteilt, einer Mission zu zuordnen. Eine Produkt-Mission wäre also eine Beschreibung des „Jobs“, welchen das Produkt ausführen soll. Als Beispiel nimmt Ansoff ein Flugzeug, das Passagiere transportieren soll. Ansoff stellt außerdem fest, dass die Idee der Mission besser auf die Marktalternativen anzuwenden ist als auf Kunden, da ein Kunde normalerweise viele verschiedenen „Missionen“ verfolgt, die wiederum viele verschiedene Produkte involvieren. Ansoff stellt des Weiteren fest, dass eine Produkt-Markt-Strategie eine Zusammenführung der Produkte „π0-x“ des Unternehmens und der dazugehörigen Missionen bzw. Märkte „µ0-m“, die diese Produkte erfüllen bzw. bedienen müssen ist (vgl. Ansoff, I., 1957, S.113f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Produkt/Markt-Matrix nach Ansoff von 1957

(Quelle: Ansoff, I., 1957, S. 114)

Der Tabelle und dem Titel des Artikels (Ansoff, I., 1957, S.113) ist zu entnehmen, dass der Fokus seiner Arbeit auf der Diversifikation liegt. Ansoff selbst sagt in seinem Artikel aus, dass die Diversifikation einzigartigen Problemen bzw. Risiken unterliegt. Wie wir in dieser Arbeit feststellen werden, sollte daher die Diversifikation in der Regel weniger fokussiert und mehr als eine „letzte Alternative“ gesehen werden.

2.4.3. Strategische Lücke

Ausgangslage der Produkt/Markt-Matrix ist die Feststellung einer strategischen Ziellücke (siehe Abbildung 6), bei der das Unternehmen mit den bisher geplanten Maßnahmen die festgesetzten Ziele der geplanten Umsatzzuwächse im nächsten Jahr nicht erreichen wird (vgl. Meffert, H. et al., 2012, S. 275). Anhand der Matrix nach Ansoff kann untersucht werden, ob mit Wachstumsstrategien die Lücke geschlossen werden kann.

Eine weitere Ausgangslage kann eine neu-festgelegte Zielplanung für die kommenden Jahre sein. Das Unternehmen kann in beiden Fällen durch die folgenden Wachstumsstrategien die möglichen Umsatzsteigerungspotenziale ausfindig machen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Strategische Lücke

(Quelle: Becker, J., 2013, S.415)

2.4.4. Marktdurchdringung

Die Marktdurchdringung beinhaltet die Anstrengungen des Unternehmens, den Umsatz zu erhöhen, ohne von der ursprünglichen Produkt-Markt-Strategie abzuweichen, das heißt mit den aktuellen Produkten in den aktuellen Märkten dafür zu sorgen, das Marktvolumen zu erhöhen. Das Marktvolumen kann nach Ansoff entweder durch mehr Umsatz bei bestehenden Kunden, also durch erhöhte Kauffrequenz, oder durch Akquise von neuen Kunden auf dem aktuellen Markt vergrößert werden (vgl. Ansoff, I., 1957, S.114).

Die Marktdurchdringungsstrategie ist der Ausgangspunkt aller weiteren strategischen Planungen und „[…] besteht im Wesentlichen in einer Verstärkung der Marketinganstrengungen“ (Meffert, H., 2012, S.272) des Unternehmens in den aktuellen Märkten.

Ansoff spricht in dieser Quelle nicht an, dass das Unternehmen im Rahmen der Marktdurchdringung auch seine Marktanteile vergrößern kann, indem es Kunden von den Wettbewerbern abwirbt (vgl. Kotler, P. et al., 2007, S.106).

Um die Kauffrequenz der Kunden zu erhöhen, stehen dem Unternehmen diverse Möglichkeiten zur Verfügung. Etwa ständige Verbesserung der bestehenden Produkte, erhöhter Werbeaufwand, Modifikationen im Design oder Produkterweiterungen steigern als Nebeneffekt sogar noch die Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität. Das Unternehmen sorgt damit auch für eine verkürzte Lebensdauer der Produkte und die Kunden haben einen erhöhten Ersatzbedarf. Eine Verringerung der Verkaufseinheit oder ein Relaunch eines Produktes führen ebenfalls zu erhöhter Kauffrequenz (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S. 196).

Um neue Kunden im bisherigen Markt zu gewinnen, kann das Unternehmen seine Produkte leicht modifizieren, „[…] um dem Bedarf der bisherigen Nichtanwender gerecht zu werden.“ (Kerth, K. et al., 2009, S. 197) Mit verschiedensten weiteren Maßnahmen wie Werbung oder preis- und distributionspolitischen Maßnahmen kann die Gewinnung von neuen Kunden ebenfalls gefördert werden (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S. 197).

Das Abwerben der Kunden von Wettbewerbern ist besonders erfolgversprechend, wenn beim Wettbewerber Schwächen in jeglicher Form erkannt werden. (vgl. Kotler, P. et al., 2009, S.106) Außerdem kommt es stark auf die Preispolitik an. Durch das Internet haben die Kunden immer mehr Möglichkeiten Preise zu vergleichen. Außerdem sollten Unternehmen mit den Wettbewerbern so schnell wie möglich gleich ziehen, wenn sie nicht selbst voran gehen (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S. 196).

Rein rechnerisch stehen Marktvolumen und Marktanteile in direktem Zusammenhang. Sollte der Markt bei gleichbleibenden Marktanteilen wachsen, so erfährt das Unternehmen dadurch ein Umsatzwachstum. Eine Kombination aus beidem bringt folglich den größten Nutzen.

2.4.5. Marktentwicklung

Die Marktentwicklung ist die Strategie, bei der aktuelle Produkte eines Unternehmens eine neue Mission bekommen bzw. in neuen Märkten eingeführt werden. Die Produkte können laut Ansoff in ihren physischen Charakteristika leicht verändert sein, um die neue Mission zu erfüllen. Als Beispiel nennt er das Passagierflugzeug, welches zu einem Cargo Transportflugzeug umfunktioniert wird (Ansoff, I., 1957, S.114).

Damit spricht Ansoff direkt die Marktentwicklung durch Funktionsentwicklung an. Neben dieser kann das Unternehmen auch durch die Erweiterung von geographischen Märkten oder von Distributionskanälen in neue Märkte vorstoßen (vgl. Kotler, P. et al., 2007, S. 106). Auf die Marktentwicklung durch Erweiterung der geographischen Märkte geht Perlitz in seinem erweiterten Modell der Ansoff-Matrix näher ein (siehe Kapitel 2.5.2 Marktentwicklung nach Perlitz).

Was nun als Marktentwicklung bezeichnet werden kann, hängt stark von der Definition, also der Segmentierung der Märkte ab. Neben der geographischen Segmentierung gibt es weitere Kriterien zur Marktsegmentierung wie soziodemographische, psychographische und verhaltensorientiere Kriterien (vgl. Meffert, H., 2012, S. 195; Becker, J., 2013, S.292f.).

Gerade die internationale Marktentwicklung als geographisches Kriterium birgt besonders hohe Risiken beim Erfolg des Vorhabens. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die bisher erfolglosen Anstrengungen des größten Handelsunternehmens der Welt, Wal-Mart. Dem Unternehmen ist eine Marktentwicklung in Argentinien, Indonesien und in Deutschland bisweilen nicht gelungen. Beim Versuch musste es große Verluste in Kauf nehmen (vgl. The Economist, „Wal around the world“, Ausgabe vom 08.12.2001).

2.4.6. Produktentwicklung

Die Strategie der Produktentwicklung bleibt bei der gleichen Mission, allerdings werden die Produkte neu entwickelt und haben somit neue und andere Charakteristika, um die Mission mit erhöhter Performance zu erfüllen. Das Unternehmen geht also mit neuen Produkten in die aktuellen Märkte (vgl. Ansoff, I., 1957, S.114).

Hier ist eine Unterscheidung von innovativen, „quasineuen“ und pseudo-neuen Produkten möglich. Innovative Produkte können den größten Erfolg versprechen, sind aber durch Pionierarbeit und Forschungs- und Entwicklungskosten am riskantesten. Die Pseudo-Neuheiten sind risikoärmer und lohnen sich vor allem bei schneller Imitation mit Fokus auf Kostenreduktion und Preispolitik (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S. 197).

Angesichts des hohen Wettbewerbs in den meisten Branchen, ist es oftmals riskant keine neuen Produkte zu entwickeln, da das Unternehmen ansonsten den Anschluss verlieren kann (vgl. Kotler, P. et al.. 2009, S. 437). Auf der anderen Seite gehen Cooper und Kleinschmidt davon aus, dass etwa drei von vier Produktneuheiten scheitern (vgl. Cooper, R. und Kleinschmidt E., 1991, S. 137). Dem Harvard Business School Professor Clayton Christensen nach schlagen sogar 95% neuer Konsumprodukte fehl (vgl. Nobel C., 2011, S.1). Die Produktentwicklung ist somit eine Wachstumsstrategie, bei der die Risiken je nach Situation genau abgewogen werden müssen.

2.4.7. Diversifikation

Die Diversifikation ist nach Ansoff die letzte Alternative bei der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten. Es ist ein Vorgehen bei dem das Unternehmen von seinen bisherigen Märkten und Produkten Abstand nimmt. Ansoff sieht die Definition der Diversifikation relativ eng. Es gibt auch Meinungen, die schon die Produktentwicklung und Marktentwicklung als Diversifikation bezeichnen (vgl. hierzu Bühner, R., 1993, S.23; Gort, M., 1962, S.8).

Die Diversifikation kann in die horizontale, vertikale und laterale Diversifikation unterschieden werden.

Bei der horizontalen Diversifikation handelt es sich um eine „Ausweitung des Produktprogramms um solche Leistungen, die mit den bisherigen Produkt-Markt-Kombinationen in einem sachlichen Zusammenhang stehen.“ (Gabler Wirtschaftslexikon Online, 2013, Stichwort: „Diversifikation“) Der größte Nutzen dieser Art der Diversifikation ist die vielfältige Nutzung der Kernkompetenzen und das Freisetzen von Synergie. Diese können vor allem in produktions- und vertriebsnahen Bereichen erreicht werden, indem z.B. Distributionskanäle oder Produktionsstätten intensiver genutzt werden können (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S.198).

Die vertikale Diversifikation ist die „Aufnahme von Produkten, die zu einer vor- oder nachgelagerten Produktionsstufe gehören.“ (Gabler Wirtschaftslexikon Online, 2013, Stichwort: „Diversifikation“) Hier wird zwischen der Vorwärtsintegration, also der Angliederung von Unternehmensbereichen, in denen das Unternehmen vorher die Rolle des Lieferanten übernommen hatte, und der Rückwärtsintegration, also der Angliederung von Unternehmensbereichen, in denen das Unternehmen vorher die Rolle des Kunden übernommen hatte, unterschieden. In der Praxis ist die vertikale Diversifikation vor allem unter der „Make-or-buy-Entscheidung“ bekannt. Also wie hoch ist der Grad der selbst hergestellten Wertschöpfungsstufen (make) und welche dieser Wertschöpfungsstufen werden extern ausgelagert (buy) (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S.198).

Bei der lateralen Diversifikation besteht „[…] zwischen den alten und den neuen Produkt-Markt-Kombinationen […] kein sachlicher Zusammenhang mehr.“ (Gabler Wirtschaftslexikon Online, 2013, Stichwort: „Diversifikation“) Durch den fehlenden Zusammenhang zum bisherigen Geschäft ist diese Diversifikationsart sowohl die chancen- als auch zugleich risikoreichste Alternative der Diversifikation (vgl. Meffert, H. et al., 2012, S.274). Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Unternehmen Nokia, welches neben der etablierten Holzproduktion das Produktsortiment um Mobiltelefone erweitert hat. Die Folge war ein Sortiment mit Produkten, die in keinem sachlichen Zusammenhang mehr stehen.

Außerdem kann noch zwischen interner und externer Diversifikation unterschieden werden. Von interner Diversifikation wird bei einer Eigenentwicklung des Unternehmens gesprochen, von externer Diversifikation bei Akquisition, Joint Venture und weiteren Unternehmenszusammenschlüssen (vgl. Camphausen, B., 2013, S.132).

Das Vorhaben das Produktportfolio zu diversifizieren ist im Vergleich zu den anderen Wachstumsstrategien zwar am risikoreichsten, allerdings führt ein erfolgreich diversifiziertes Produktportfolio zu einer unternehmerischen Risikominimierung. Durch mehrere, untereinander nicht zusammenhängende Produkte kann das Unternehmen den Flop eines Produktes mit dem Umsatz der übrigen Produkte besser kompensieren (vgl. Camphausen, B., 2013, S.131). Bei Unternehmen mit nur marginalen Gewinnspannen können zyklische Fluktuationen des Gewinns das Unternehmen mangels Cash Flow in die Insolvenz treiben. Durch eine externe Diversifikation kann das Unternehmen den Cash Flow mit dem akquirierten Unternehmen kombinieren und vermindert somit das Zahlungs-unfähigkeitsrisiko (Grant, R. M., 2010, S.407).

2.4.8. Einschränkungen und Kritik

Das Konzept der Produkt-Markt-Strategien betrachtet zunächst nur die Absatzseite und vernachlässigt dabei die Beschaffungsseite (vgl. Perlitz, M., 2004, S.38). Es findet dadurch eine einseitige Betrachtung statt, die wesentliche Aspekte unter Umständen nicht mit einbezieht.

Eine ebenfalls eingeschränkte Betrachtung ist die der marktteilnehmerbezogenen Aspekte. Konkurrenten werden genauso wenig explizit analysiert wie interne Stärken, Schwächen und besondere Kompetenzen. Hier findet zwar eine implizite, aber keine systematische Betrachtung statt (vgl. Meffert, H. et al, 2012, S.275f).

Eine unter Umständen „[…] notwendige Abstimmung der einzelnen SGE [Strategischen Geschäftseinheiten] hinsichtlich der Ressourcenbelastung und der Risikosituation wird ebenfalls nicht berücksichtigt.“(Meffert, H., 2012, S. 276)

Bei der Auswahl der verschiedenen Strategien gibt es keine allgemeingültigen Regeln und es werden zusätzliche Anstrengungen nötig, um die ausgewählten Strategien zu verifizieren (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S. 203).

Ansoff lässt offen, wie neue Produkte oder Märkte entwickelt, bzw. erschlossen werden sollen und auf welche Probleme das Unternehmen dabei stoßen kann (vgl. Perlitz, M., 2004, S. 43).

Durch den Versuch der pragmatischen Verbesserung bestehender Zustände (vgl. Meffert, H. et al., 2012, S. 276) werden Strategien neben der Wachstumssteigerung des Unternehmens nicht berücksichtigt. Ein Beispiel hierfür wäre das intensive Fördern von Marketingmaßnahmen von Produkten, die zwar einen schrumpfenden Absatzmarkt haben, mit denen das Unternehmen aber für notwendige Imagezwecke am Markt bleiben muss.

Außerdem werden in der Matrix die Wachstumsstrategien eventuell stark vereinfacht dargestellt und Kosten nicht berücksichtigt. Zudem steigen diese mit wachsender Marktdurchdringung exponentiell (vgl. Kerth, K. et al., 2009, S. 203).

2.4.9. Schlussfolgerung

Jede der oben genannten Strategien, von Marktdurchdringung bis Diversifikation, beschreibt ihren eigenen Weg, wie das Unternehmen künftig wachsen kann. Allerdings beschreitet das Unternehmen im besten Falle mehrere dieser Wege gleichzeitig, um das maximale Wachstum zu erzielen. Ansoff weist außerdem darauf hin, dass die ersten drei Strategien sich stark von der Diversifikation unterscheiden. Während bei den ersten Drei das Unternehmen immer noch in starker Relation zu seinem ursprünglichen Vorhaben steht, so erfordert eine Diversifizierung einen „Bruch“ in der Tradition des Unternehmens. Es benötigt hierbei neues Wissen, neue Technologien und neue Einrichtungen. Das Ergebnis sind tiefgreifende physische Veränderungen und Veränderungen in der bisherigen Organisation des Unternehmens (vgl. Ansoff, I., 1957, S. 114).

Dies impliziert zugleich, dass die Diversifikation das größte Risiko birgt. Nicht nur, dass das Unternehmen in dem neuen Markt mit den neuen Produkten keine Erfahrung besitzt, sondern auch, dass die neuen Organisationsstrukturen von den Mitarbeitern eventuell nicht angenommen werden und es zusätzlich zu Verunsicherungen bei den Mitarbeitern kommen kann (vgl. Krämer, M., 2012, S. 94).

Folglich haben die ersten drei Strategien deutlich geringere Risiken und sollten in der Regel zunächst genutzt werden, bevor die Diversifikation als letzte Alternative zur Verfügung steht.

2.5. Erweiterte Ansoff-Matrix nach Perlitz

Manfred Perlitz fügte der Matrix neben der sachlichen Abgrenzung auch eine räumliche hinzu. Er wollte herausfinden inwieweit Internationalisierung zum Unternehmenswachstum beitragen kann. Das bedeutet, neben der Unterscheidung zwischen alten und neuen Märkten auch die Unterscheidung zwischen nationalen und internationalen Märkten vorzunehmen.

Die erweiterte Matrix nach Perlitz ergibt also zwei Ausprägungen je Fundamentalstrategie (siehe Abbildung 7). Perlitz untersucht in den verschiedenen Ausprägungen der Grundstrategien, welche Auswirkungen eine Internationalisierung der Unternehmensaktivität auf die jeweiligen Felder hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Modifizierte Ansoff-Matrix nach Perlitz

(Quelle: Perlitz, M., 2004, S. 36)

2.5.1. Marktdurchdringung nach Perlitz

In diesem Fall beinhaltet die Strategie Marktwachstum oder Marktanteilswachstum in den bestehenden Märkten im Inland und/oder Ausland. Es wird zwischen zwei Marktdurchdringungsstrategien unterschieden, die Marktdurchdringungsstrategie 1 (MD1) für das Inland und die Marktdurchdringungsstrategie 2 (MD2) für das Ausland.

Die Marktdurchdringungsstrategie 1 (MD1) ist im Prinzip noch die unveränderte, klassische Marktdurchdringungsstrategie nach Ansoff. Doch Perlitz stellt fest, dass eine Internationalisierung der Unternehmensaktivität direkte und positive Auswirkungen auf den Heimmarkt haben kann, wie etwa durch Leistungs- und Kostenvorteile. Durch das Bekanntwerden als international erfolgreiches Unternehmen kann es auch zu einer Imagesteigerung kommen und es kann „[…] anhand verstärkter Exporte Erfahrungskurvenvorteile durch eine bessere Ausnutzung der inländischen Kapazitäten erzielen.“(Perlitz, M., 2004, S.37f)

An dieser Stelle kritisiert Perlitz, wie schon oben erwähnt, die einseitige Betrachtung der Ansoff -Matrix auf die Absatzseite des Unternehmens und die Vernachlässigung der Beschaffungsseite. Denn gerade kostengünstigere Beschaffungsalternativen im Ausland können zu Preisvorteilen und somit zu Wettbewerbsvorteilen im Inland führen.

Die Marktdurchdringungsstrategie 2 (MD2) setzt eine bestehende Auslandsaktivität des Unternehmens voraus. Das Unternehmen will an dieser Stelle seine Marktdurchdringung im Ausland erhöhen. Die wechselwirkenden Effekte durch Exporte, günstigere Beschaffungswege und Produktverlagerungen führen hierbei wie schon bei der Marktdurchdringungsstrategie 1 (MD1) zu Massenproduktions-, Kosten-, Preis-, Erfahrungskurven-, und somit zu Wettbewerbsvorteilen.

Ebenfalls spielen die Verlagerung von Produktion ins Ausland und die verbesserte Ausnutzung von bestehenden Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen im Ausland eine große Rolle, um Kostenvorteile und somit wiederum Preisvorteile im Inland zu erlangen. Außerdem kann das Unternehmen im In- und Ausland einen Wettbewerber übernehmen, um seine Wettbewerbsposition zu verbessern.

2.5.2. Marktentwicklung nach Perlitz

In der Marktentwicklungsstrategie wird nach Perlitz ebenfalls in In- und Ausland unterschieden. Perlitz nennt diese Strategien zwar „Markterweiterungsstrategie“, die Bedeutung ist allerdings synonym mit der „Marktentwicklungsstrategie“ nach Ansoff. Um die Kontinuität zu wahren wird im Folgenden deshalb von der Marktentwicklungsstrategie gesprochen.

Die Marktentwicklungsstrategie 1 (ME1) erfolgt durch die Besetzung eines neuen Marktes im Inland und „bezieht sich […] [deshalb] nur auf eine neue Verwendungsart des Produktes oder auf die Erschließung neuer Käufergruppen für das Erzeugnis, z.B. durch zielgruppenspezifische Preispolitik“(Perlitz, M., 2004, S.39) im aktuellen inländischen Markt.

Bei der Untersuchung der Relevanz von Internationalisierung für die Marktentwicklungsstrategie 1 (ME1) stellt Perlitz fest, dass bei der Bildung eines neuen Marktsegments sehr ähnliche oder gar die gleichen Gesichtspunkte der Internationalisierungseffekte bedeutsam werden. D.h. beispielsweise Kostenvorteile, Imagesteigerung und Erfahrungskurvenvorteile können die Besetzung des neuen Marktsegments erleichtern. Auch hier ist die Übernahme eines Wettbewerbers denkbar, mit dem das Unternehmen ein weiteres Marktsegment bedienen kann.

Die Marktentwicklungsstrategie 2 (ME2) bezeichnet die aktuellen Produkte in einem ausländischen Markt. Perlitz betont ein besonders erfolgsversprechendes Ergebnis, wenn produkt- oder prozesstechnologische Vorteile vorhanden sind. Die Markteintrittsstrategien für die Marktentwicklungsstrategie 2 (ME2) sind unter anderem Export, Direktinvestition oder Technologievertrag (siehe hierzu ausführlicher Becker, J., 2013, S.324ff).

Während beim Export lediglich Erfahrungskurveneffekte erzielt werden können, ist es bei einer Direktinvestition darüber hinaus möglich „[…] Vorteile aus dem Forschungs- und Entwicklungs-, dem Personal- und dem Beschaffungsbereich“(Perlitz, M., 2004, S.40) zu ziehen. Die Direktinvestition erfolgt „[…] durch den Aufbau einer Tochtergesellschaft, die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens oder durch den Erwerb eines ausländischen Unternehmens.“(Perlitz, M., 2004, S.39)

Die Technologieverträge übermitteln die Rechte einer Technologie (oder eines Produktes) an ein anderes Unternehmen. Damit kann sich das Unternehmen in einem neuen Markt Zugang verschaffen und Informationen über den Markt gewinnen. Darüber hinaus bringt es dem Unternehmen Gewinnvorteile durch die Einnahme von Gebühren der Technologievergabe (Lizenzgebühren).

„Die Markterweiterungsstrategie 2 (ME2) ist damit weitgehend eine «klassische» Internationalisierungsstrategie“ (Perlitz, M., 2004, S.40), die zum Unternehmenswachstum beiträgt.

2.5.3. Produktentwicklung nach Perlitz

Die Grundstrategie der Produktentwicklung bzw. Produktdifferenzierung untergliedert sich wieder in die beiden Ausprägungen von In- und Ausland. In der Produktdifferenzierungsstrategie 1 (PD1) wird der inländische Markt mit einem neuen Produkt bedient und in der Produktdifferenzierungsstrategie 2 (PD2) wird ein bereits vom Unternehmen besetzter ausländischer Markt mit einem neuen Produkt bedient.

Eine internationalisierte Unternehmensaktivität kann durch Ideenfindung neuer Produkte für die Produktdifferenzierungsstrategie 1 (PD1) interessant sein. Im Ausland bereits existierende Produkte oder Verwendungsarten, die im Inland noch nicht bekannt sind, können durch Marktforschung im Ausland ausfindig gemacht und im Inland eingeführt werden.

Wie in den anderen Wachstumsstrategien zuvor, kann auch hier das Unternehmen von der internationalen Beschaffung (neue Materialien, Kostenvorteile) und Imagesteigerung sowie vom Zugang zu neuen Technologien durch Lizenznahme oder M&A auf dem internationalen Markt profitieren.

„Die Produktdifferenzierungsstrategie 2 (PD2) betrachtet ein neues Produkt, das im bisher von dem Unternehmen bearbeiteten Ausland neu ist.“(Perlitz, M., 2004, S.40) Hier stehen ebenfalls diverse Markteintrittsstrategien wie Export, Direktinvestition oder Lizenz- bzw. Technologievergabe zur Verfügung. Ein bereits etabliertes Tochterunternehmen im Ausland, kann die Produktion übernehmen. Im Fall von Export sind im Inland wiederum Erfahrungskurveneffekte erzielbar. Dadurch kommt es im In- und Ausland zu einer verbesserten Wettbewerbsposition.

Durch Kauf eines Unternehmens im Ausland, eine Lizenzvergabe oder Lizenznahme wird dem Unternehmen eine Produktdifferenzierungsstrategie ermöglicht.

Bei einer Lizenzvergabe können die damit eingenommenen Gebühren zu Forschungs- und Entwicklungszwecke verwendet werden.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2013
ISBN (PDF)
9783956849077
ISBN (Paperback)
9783956844072
Dateigröße
4.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Mainz
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Wachstumsstrategie Marktdurchdringung Marktentwicklung Diversifikation Produktentwicklung
Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing
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