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Die Umsatzrealisierung langfristiger Fertigungsaufträge: Eine Abgrenzung der Vorschriften nach IFRS, US-GAAP und HGB

©2013 Masterarbeit 61 Seiten

Zusammenfassung

Aufgrund der immer weiter gehenden Globalisierung des Warenverkehrs und der Finanzmärkte werden internationale Standards für die Erstellung von Jahresabschlüssen eines Unternehmens zum einen für die Anfertigenden, zum anderen aber auch für die Adressaten immer wichtiger.
Diese Ausarbeitung befasst sich mit der Bilanzierung von Fertigungsaufträgen, einem besonderen Anwendungsgebiet der IFRS. Zuerst wird eine historische und politische Einordnung der Entwicklung internationaler Rechnungslegungsstandards vorgenommen. Im weiteren Verlauf werden dann die Bilanzierungsregeln für Fertigungsaufträge nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) und nach IFRS aufgezeigt, während letztere mit den US-amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften US-GAAP verglichen und Unterschiede abgegrenzt werden. Abschließend werden anhand eines Beispiels die Bilanzierungsregeln von HGB und IFRS angewendet, verglichen und letztendlich kritisch gewürdigt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1.3 Problemstellung: Bewertung mehrperiodischer Fertigungsaufträge

Diese Ausarbeitung befasst sich mit dem Bewertungsproblem mehrperiodischer Fertigungsaufträge zum Bilanzstichtag als Sonderproblem der Vorratsbewertung.

Unter Umständen erbringt ein Unternehmen über Jahre hinweg eine Leistung, für die aber erst grundsätzlich mit Fertigstellung der geschuldeten Leistung mit der Abschlussrechnung der Kaufpreis dem Kunden in Rechnung gestellt werden kann. Die Rechnungstellung ist für die Bewertung maßgeblich, da sie zur Umsatzrealisierung führt und somit für den Gewinnausweis in der Bilanz ausschlaggebend ist. Der Gewinnausweis eines Unternehmens unterliegt damit erheblichen Schwankungen durch laufende Aufwendungen, denen ein nur einmalig auftretender Umsatzausweis gegenübersteht.[1]

Während die langfristige Auftragsfertigung durch die Erstreckung über mehrere Perioden charakterisiert ist, sind externe Rechnungslegung und Controlling eine Periodenrechnung.[2]

Fraglich ist somit, wie das teilweise erstellte Werk und die bis zum Bilanzstichtag geleisteten Zahlungen zu verbuchen und bewerten sind.[3]

2. Umsatzrealisierung von Fertigungsaufträgen

2.1 Nach HGB

Im Unterschied zu einem Jahresabschluss nach IFRS lässt sich in den Vorschriften des HGB keine allgemeingültige Dominanz der Darstellung der Ertragslage als Zielsetzung erkennen.[4] Im deutschen Jahresabschluss wird in den §§ 243 I, II und 264 II1 HGB vielmehr dem Gläubigerschutz durch den Grundsatz der ordnungsmäßigen Buchführung Rechnung getragen und soll so ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens vermitteln. Dies mag auch der Funktion des deutschen Jahresabschlusses als Grundlage für die Ermittlung des ausschüttungsfähigen Gewinns und als Basis der steuerlichen Gewinnermittlung geschuldet sein, welcher somit nicht als reine Informationsquelle des Adressaten sondern vielmehr maßgeblich für die Gewinnbesteuerung ist (Maßgeblichkeitsprinzip).[5]

Während der IAS-Abschluss also die Informationsansprüche der Eigenkapitelgeber dominant berücksichtigt, zielt der Jahresabschluss nach dem deutschen HGB auf eine allgemeine Informationsbereitstellung sowie einer speziellen Informationsvermittlung in Hinblick auf die steuerliche Gewinnermittlung ab.[6]

2.1.1 Completed-Contract-Methode (CCM)

Grundsätzlich sieht das HGB aufgrund seines Zuschnittes auf kurzfristige Prozesse nur eine Umsatzrealisierung vor, wenn diese innerhalb des Berichtszeitraumes zum Bilanzstichtag gemäß § 252 I Nr. 4 HGB realisiert wurden (sog. Realisationsprizip).[7] Zur Gewichtung der Erlöse dient die Berücksichtigung des sog. fair values, soweit diese erlöst oder erlösbar sind. Dementsprechend werden unfertige Aufträge nur mit den Herstellungskosten angesetzt.

2.1.1.1 Rechtliche Einordnung

Eine Begründung hierfür findet sich in der Interpretation des § 644 I1 BGB, welcher die Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache bis zur Abnahme des Werkes dem Hersteller zurechnet (Gefahrübergang). Bis zur Abnahme ist der Hersteller in Besitz sämtlicher Rechte und somit wirtschaftlicher Eigentümer der Sache. Der § 252 I Nr. 4, 2. HS HGB sieht nämlich den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung grundsätzlich im Kriterium des Übergangs der Preisgefahr auf den Käufer. Demnach widerspricht eine Teilgewinnrealisierung dem oben erwähnten Realisationsprinzip des HGB.[8]

Nachteil dieser Regelung ist aber, dass der nach vollständiger Vertragsabwicklung zu zeigende positive Ergebnisbeitrag nicht nur auf die im aktuellen Geschäftsjahr erbrachten Leistungen, sondern zu großen Teilen auch auf Leistungen der Vorjahre beruht. Dieser unstetige Ergebnisausweis erschwert die innerbetriebliche und zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen und steht möglicherweise auch einer aus Unternehmenssicht beabsichtigten konstanten Gewinnausschüttung entgegen. Der Erfolg des Unternehmens unterliegt also Schwankungen, die nicht durch Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens verursacht sind, sondern durch die vom HGB vorgeschriebenen bzw. erlaubten Rechnungslegungsmodalitäten. Dieser verzerrt dargestellten - in diesem Fall negativen - Ertragslage des Unternehmens, muss durch eine Pflichtangabe im Anhang des Jahresabschlusses gemäß § 264 II2 HGB begegnet werden.[9] Diese Angaben müssen dann bei periodenübergreifenden Fertigungsaufträgen den Umfang des gegenwärtig abzuwickelnden stichtagsübergreifenden Auftragsvolumens, die Höhe der Zwischenverluste bei noch nicht abgerechneten Leistungen und die voraussichtlich noch zu realisierenden Teilgewinne enthalten.[10]

So bekommt beispielsweise ein Unternehmen den Auftrag zum Bau einer Spezialanlage, der Verkaufswert beträgt T€ 4.500, die Fertigungsdauer drei Jahre. Im Rahmen der Auftragskalkulation für die Spezialanlage wurden folgende jährliche Kosten ermittelt:

- Material und Fertigungskosten: T€ 800
- Anteil an den einziehbaren Verwaltungskosten: T€ 150
- Forschungskosten: T€ 50

Daraus ergibt sich bei Bilanzierung nach der Herstellungskostenuntergrenze folgendes Bild[11]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Die Bilanzierung periodenübergreifender Fertigungsaufträge nach der CCM[12]

Es zeigt sich also in den ersten beiden Jahren jeweils ein Ausweis von einem Auftragsverlust in Höhe von T€ 200, während im dritten Jahr und nach Fertigstellung der Spezialanlage ein Auftragsgewinn von T€ 1.900 ausgewiesen wird.

Fraglich ist, ob es sich bei den langfristigen Fertigungsaufträgen, unter bestimmten Voraussetzungen, um einen begründeten Ausnahmefall im Sinne von § 252 II HGB handelt, welcher das Abweichen von den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen nach § 252 I HGB ermöglicht. Ein solcher Ausnahmefall liegt immer dann vor, wenn das Ziel des Jahresabschlusses, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage darzustellen, durch die Anwendung der allgemeinen Bewertungsgrundsätze beeinträchtigt ist. Diese erwähnten, begründeten Voraussetzungen können nach Coenenberg/Haller/Schultze dann gegeben sein, wenn ein wesentlicher Teil der Tätigkeit des Unternehmens langfristige Fertigungsaufträge sind und es im Falle einer Umsatzrealisierung mit der CCM zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des Einblicks in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage kommt. Nach der von Baetge/Kirsch/Thiele vertretenen und zu folgenden Ansicht, sind zumindest von einer Aktiengesellschaft die bestehenden Aktivierungsverbote bestimmter Aufwandselemente uneingeschränkt zu beachten, um eine mögliche Nichtigkeit des Jahresabschlusses zu vermeiden.[13]

2.1.1.2 Selbstkostenansatz

Die erwähnte Verzerrung der Ertragslage kann aber durch zwei Effekte verringert werden. Einerseits kann der Umfang der aktivierten Herstellungskosten so gewählt werden, dass Auftragszwischenverluste[14] vermieden werden können.

Andererseits wird die oben genannte Verzerrung dadurch vermindert, dass bei periodenübergreifenden Fertigungsaufträgen diejenigen Aufwandselemente, die bei der üblichen Lagerproduktion mit erst anschließendem Absatz als Vertriebskosten zu quantifizieren sind und daher gemäß § 255 II4 HGB nicht aktiviert werden dürfen, bei der Auftragsproduktion nach Erhalt des Auftrages dagegen als Sonderkosten der Fertigung gemäß § 255 II2 HGB in den Wertansatz einbezogen werden.[15] Allerdings kann bei der Auftragsfertigung davon ausgegangen werden, dass die Vertriebskosten in Form von Kosten der Auftragserlangung und -vorbereitung der Fertigung zeitlich vorgelagert sind. Eine Zurechnung als Sondereinzelkosten der Fertigung ist gegeben, wenn:

- die Ausgaben für die Auftragserlangung, die durch die Anfertigung und Abgabe eines detaillierten Angebotes entstehen, der Fertigungsvorbereitung dienen und
- das Angebot zu einem Auftrag geführt hat, also am Bilanzstichtag der entsprechende Werkvertrag vorliegt.

Da die Vertriebseinzelkosten gerade im Anlagenbau einen beträchtlichen Teil des Auftragsvolumens ausmachen, vermindert eine solche Umwidmung von Vertriebseinzelkosten in Fertigungseinzelkosten die Auftragszwischenverluste deutlich.[16] Eine Bilanzierung nach der Herstellungskostenobergrenze würde somit folgendes Bild ergeben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Die Bilanzierung periodenübergreifender Fertigungsaufträge nach der CCM mit Herstellungskostenobergrenze[17]

Die oben angesprochenen und weiter unten im Detail ausgeführten Auftragszwischenverluste lassen sich aber nicht nur die Aktivierung aller Ausgaben bis zur Herstellungskostenobergrenze eliminieren. Vielmehr müssen auch die aufwandsgleichen Selbstkosten während der Vertragsdurchführung aktiviert werden, wodurch sich der Ergebnissprung in der Abschlussperiode lediglich auf den reinen Auftragsgewinn beschränken würde. Hierdurch ließe sich dann das Problem des unstetigen Ergebnisausweises zumindest teilweise lösen, ohne gegen das Realisationsprinzip zu verstoßen[18]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Die Bilanzierung periodenübergreifender Fertigungsaufträge nach der CCM mit Selbstkostenansatz[19]

In der Literatur findet man zu dieser Problematik ein breites Meinungsspektrum: Während Baetge/Kirsch/Thiele in ihren Ausführungen einer sehr strengen Auslegung der Vorschriften zur Kostenaktivierung folgen, vertreten Coenenberg/Haller/Schultze mit dem Selbstkostenansatz eine eher weiche Auslegung, nach der eine Erhöhung der Herstellungskosten bis zur Höhe der jeweiligen Selbstkosten vorgenommen werden kann, wenn zum Bilanzstichtag feststeht, dass sich der Fertigungsauftrag über zwei Perioden erstreckt und aus diesem kein Verlust resultiert.[20] Im Ergebnis sei Grottel/Pastor mit dem Mittelweg zu folgen, die Herstellungskosten nach der geltenden Definition des § 255 II HGB dann in vollem Umfang zu aktivieren, soweit diese auch real entstanden sind und somit aktiviert werden dürfen.[21]

2.1.1.3 Verlustantizipation

Aufgrund der Tatsache, dass gemäß § 255 II, III HGB nicht alle während der Herstellung angefallenen Kosten aktiviert werden dürfen, entsteht folglich eine Differenz zwischen den aktivierten Herstellungskosten und den aufwandsgleichen Selbstkosten.

Sobald der erwartete Gesamterlös die geplanten Gesamtkosten unterschreitet, ist aufgrund des strengen Niederstwertprinzips eine verlustfreie Bewertung und somit eine außerplanmäßige Abschreibung des bilanzierten, unfertigen Erzeugnisses vorzunehmen. Handelsrechtlich ist hier folglich auch eine (steuerrechtlich gemäß § 5 IVa EStG nicht erlaubte) Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäfte gemäß § 249 I1 HGB denkbar, „ wenn sich bei Berücksichtigung der künftig noch anfallenden Herstellungskosten und sonstigen Kosten für den Auftrag keine Erlösdeckung ergibt. Eine solche Rückstellung kann auch bereits bei noch nicht begonnenen Aufträgen erforderlich sein.[22]

In der folgenden Reihenfolge sind hierbei zuerst die Niederstwertvorschrift und dann die Drohverlustrückstellung zu beachten. „ Höchstgrenze der Abschreibung bilden die bis zum Abschlussstichtag bereits angefallenen und aktivierten Herstellungskosten. Eine Verlustrückstellung in der Handelsbilanz ist darüber hinaus bei schon begonnenen Aufträgen nur in Höhe des die aktivierten Herstellungskosten übersteigenden Verlustes zu bilden. In den Folgejahren ist vor Beendigung des Auftrags eine bisher gebildete Drohverlustrückstellung jeweils anteilig insoweit aufzulösen, als bei den nach Fertigungsfortschritt anwachsenden Herstellungskosten Abschreibungen nach § 253 IV2 HGB vorgenommen werden müssen.[23]

2.1.1.4 Exkurs: Möglichkeit der Teilgewinnrealisierung nach HGB

Im HGB ist parallel zu der CCM aber auch in bestimmten Fällen eine echte Teilgewinnrealisierung möglich. Diese findet allerdings nur Einklang mit dem Realisationsprinzip, soweit es sich bei der Umsatzrealisierung um echte Teilabrechnungen handelt. Dies ist nur dann der Fall, wenn einzelne Vertragsbestandteile wirtschaftlich und rechtlich auf den Auftraggeber übergehen und aus hieraus keinerlei Verluste mehr zu erwarten sind.[24] Hierbei kommt es also auf eine beabsichtigte Sachverhalts- und Vertragsgestaltung der Parteien an, durch welche der Gesamtauftrag in Teilleistungen, Teilabnahmen und Teilabrechnungen zerlegt wird. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Auftragnehmer trotz erfolgreich abgenommener Teilleistungen bis zur endgültigen Fertigstellung und Abnahme das Gesamtfunktionsrisiko für den Auftrag nicht trägt.[25] Nur dann ist die nötige Interpretation als Rahmenvertrag mit in sich abgeschlossenen und abgrenzbaren Einzelleistungen zu interpretieren und kein Verstoß gegen das Realisationsprinzip anzunehmen.[26]

2.1.1.5 Zusammenfassung

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass das HGB keine spezifischen Normen zur langfristigen Auftragsfertigung vorsieht. Eine Teilgewinnrealisierung ist bis auf wenige exotische Ausnahmen verboten, da sie andernfalls gegen das oben angesprochene Realisationsprinzip und somit auch das Vorsichtsprinzip des HGB verstößt. Unfertige Aufträge sind also grundsätzlich mit den Herstellungskosten anzusetzen.[27] Die CCM wird aber somit den besonders bei periodenübergreifender Auftragsfertigung bestehenden Abnahmerisiken in angemessener Weise gerecht. Außerdem wird im Sinne des Kapitalerhaltungszweckes vermieden, dass Gewinne ausgewiesen, versteuert und ggf. auch ausgeschüttet werden, die wegen der bereits genannten Fertigstellungs- und Abnahmerisiken, wie unter anderem auch Preis- und Mengenrisiken bei Beschaffung und Produktion, Verzugsstrafen aus Terminüberschreitungen oder der Sachmangelhaftung, nicht hinreichend sicher entstanden sind.[28]

2.2 Nach IFRS

Hauptquelle der IFRS sind die Standards (IAS und IFRS) zur Regelung der Bilanzierung spezieller Sachverhalte, während die Interpretations (SIC und IFRIC) unklare oder fehlende Bereiche (Regelungslücken) in den Standards beseitigen. Zumeist werden diese Interpretations dann bei der Überarbeitung der einzelnen Standards mit einbezogen. Den Standards und Interpretations wird allerdings abweichend vom traditionellen case law ein sog. Framework (Rahmenwerk) vorangestellt, welches die Grundlagen der Rechnungslegung enthält[29]:

- Zielsetzung von Jahresabschlüssen
- Qualitative Merkmale der Rechnungslegung
- Definition, Ansatz und Bewertung der Abschlusselemente
- Kapital und Kapitalerhaltungskonzept

Es ergibt sich somit die folgende Rangfolge in der Anwendbarkeit der drei verschiedenen Typen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Auslegungsfolge der IFRS[30]

Während also die bereits oben erwähnte Rechnungslegung nach dem HGB vom Vorsichtsprinzip, konkretisiert durch das Realisationsprinzip, charakterisiert ist, so zielt die anglo-amerikanisch geprägte Rechnungslegung durch ihre speziellen Standards auf eine „ fair presentation “ und einen „ true and fair view “ auf die Unternehmenslage ab: „ Financial statements are frequently described as showing a true and fair view of, or presenting fairly, the financial position, performance and changes in financial position of an enterprise.”[31]

Die grundlegenden Prinzipien der bilanziellen Erfassung von Umsätzen innerhalb der IFRS finden sich in den IAS 18. In dieser werden die Grundregeln zur Erfassung solcher Umsätze bestimmten Transaktionen und Ereignissen zugeordnet. Die in den IAS 18 enthaltenen Regeln sind allerdings nicht abschließend, sondern geben lediglich Regelbeispiele für die häufigsten Fälle, da sie keine Abhandlung über die verschiedenen Formen von Einnahmen und Strategien zur Erlösbehandlung darstellen sollen. Vielmehr soll der Grundgedanke dargelegt werden, dass die Einnahmen anhand eines beizulegenden Messwertes in Bezug auf die zu erbringende Leistung oder zu liefernde Ware dann erfasst werden sollen, wenn sie geliefert wurden.

Bei einem Großteil der Transaktionen zwischen Lieferanten und Kunden tritt dieser Fall ein, sobald das signifikante Risiko oder der Erfolg der Leistung auf den Kunden übergeht und der Lieferant die Höhe der Einnahmen als Gegenleistung dafür sicher bestimmen kann. Dieser Fall tritt bei Kaufverträgen zumeist bei Lieferung und/oder Abnahme der geschuldeten Leistung ein.

Während der IAS 18 sich mit Umsatzerlösen im Allgemeinen befasst und die Grundlage für die Erfassung von Umsatzerlösen liefert, wird der in dieser Ausarbeitung behandelte Sonderfall der Fertigungsaufträge gesondert im IAS 11 geregelt. Diese Sonderregelung ist notwendig, da sich die Arbeiten an Fertigungsaufträgen zumeist über mehrere Bilanzierungsperioden hinziehen und zwischen Beginn und Fertigstellung der Arbeiten ein großer zeitlicher Abstand befindet. Wie oben bei der CCM aufgeführt, führt es dazu, dass in extremen Fällen keinerlei Aktivitäten durch Erlöse dargestellt werden, während die Arbeiten auf konstanter Basis durchgeführt wurde und Kosten verursacht haben. Aufgrund dieser Tatsache wurde mit dem IAS 11 eine besondere Vorschrift zur Regelung dieses Sachverhaltes geschaffen, die den allgemeinen Vorschriften des IAS 18 voransteht.[32]

Der IAS 11 ist wie folgt strukturiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Struktur des IAS 11[33]

Innerhalb des IAS 11 wurde deshalb die Percentage of Completion-Methode (PoCM) entwickelt, um Erträge proportional zum Fertigstellungsgrad des Projektes abzubilden. Dieser sog. „ as earned “-Ansatz stellt somit die Verteilung durchsetzbarer Rechtspositionen - das Recht des Käufers auf Erbringung der geschuldeten Leistung und Übereignung der damit verbundenen Rechte im Gegensatz zum Recht des Verkäufers auf Zahlung des vereinbarten Preises nach zumeist vereinbarten Meilensteinen - während des gesamten Auftrages dar.[34]

Auch Dienstleistungen in Zusammenhang mit Fertigungsaufträgen (IAS 11.5a) oder aber reine Dienstleistungsaufträge (IAS 18.4) sind gemäß der IFRS nach der hierfür einschlägigen IAS 11 zu behandeln, aber nicht Teil dieser Ausarbeitung.[35]

Der IAS 18 sieht grundsätzlich die folgenden weit gefassten Auftragskategorien zur bilanziellen Umsatzrealisierung vor:[36]

- der Verkauf von Gütern
- die Erbringung von Dienstleistungen
- die Verwendung von Vermögenswerten des Unternehmens

Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird hierbei allerdings nur auf die Fertigungsaufträge als Festpreisvertrag, als Sonderfall zu dem Verkauf von Gütern, eingegangen, soweit sich aus den anderen Kategorien keine allgemeinen Grundlagen ableiten lassen.

Wie bereits oben aufgeführt ist ein Fertigungsauftrag nach der Definition der IAS 11 „ ein Vertrag über die kundenspezifische Fertigung einzelner Gegenstände oder einer Anzahl von Gegenständen, die hinsichtlich Design, Technologie und Funktion oder hinsichtlich ihrer endgültigen Verwendung auf einander abgestimmt oder voneinander abhängig sind.“[37] Es muss sich hierbei also um eine fertigungstypologische Einzelfertigung und nicht um eine periodische Herstellung von Gütern handeln.[38] Beispiele für solche Verträge sind diejenigen über den Bau von Raffinerien oder anderen komplexen Anlagen oder Ausrüstungen.[39] Die Langfristigkeit solcher Aufträge ist keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der IAS 11, weshalb keine Mindest- oder Maximaldauer für diese vorgeschrieben sind. Einziges Kriterium in Hinblick auf die zeitliche Komponente ist, dass der Auftrag vor dem Bilanzstichtag begonnen wird und erst nach diesem abgerechnet wird.[40]

Diese Aufträge sind grundsätzlich nach der PoCM zu bilanzieren, soweit die Voraussetzungen zur Anwendung der Zero-Profit-Methode des IAS 11.23 nicht erfüllt sind.[41]

2.2.1 Percentage-of-Completion-Methode (PoCM)

2.2.1.1 Definition

Innerhalb des IAS 11 wird die PoCM wie folgt definiert: ” Ist das Ergebnis eines Fertigungsauftrages verlässlich zu schätzen, so sind die Auftragserlöse und Auftragskosten in Verbindung mit diesem Fertigungsauftrag entsprechend dem Leistungsfortschritt am Abschlussstichtag jeweils als Erträge und Aufwendungen zu erfassen.[42]Die Erfassung von Erträgen und Aufwendungen gemäß dem Leistungsfortschritt wird häufig als Methode der Gewinnrealisierung nach dem Fertigstellungsgrad bezeichnet. Gemäß dieser Methode werden die entsprechend dem Fertigstellungsgrad angefallenen Auftragskosten den Auftragserlösen zugeordnet. Hieraus ergibt sich eine Erfassung von Erträgen, Aufwendungen und Ergebnis entsprechend dem Leistungsfortschritt. Diese Methode liefert nützliche Informationen zum Stand der Vertragsarbeit sowie zur Leistung während einer Periode.[43]

2.2.1.2 Anwendungsvoraussetzungen

Wie in der Definition oben beschrieben, ist es für die Anwendung der PoCM unbedingt notwendig, das Ergebnis eines Fertigungsauftrages verlässlich zu schätzen, um die Auftragserlöse und Auftragskosten jeweils in Verbindung zu dem jeweiligen Leistungsfortschritt und draus folgend dem Fertigstellungsgrad zu setzen.[44]

Hierfür ist die Unterscheidung zwischen den Vertragstypen von wesentlicher Bedeutung, da je nach Art des Vertrages in IAS 11 unterschiedliche Voraussetzungen für die Anwendung der fertigungsbegleitenden Ertragserfassung definiert werden. Hinsichtlich der Preisgestaltung werden somit in den IAS 11.3 i.V.m. IAS 11.6 zwei Arten von Fertigungsaufträgen unterschieden:

Einerseits werden die sog. Kostenzuschlagsverträge (cost plus contracts) definiert. Hierbei werden dem Auftragnehmer die vertraglich zugestandenen oder nachgewiesenen Kosten zuzüglich eines festen Prozentsatzes dieser Kosten als Gewinnanteil oder einer festen Vergütung erstattet. Diese Vertragsart findet zumeist Anwendung auf Großprojekte, deren Kosten in der Regel nicht mit ausreichender Sicherheit bestimmt werden können oder aber aufgrund von Zeitmangel keine adäquaten Planungen oder Spezifikationen vorausgegangen sind.[45]

Für den Festpreisvertrag (fixed price contract) andererseits gilt als Erkennungsmerkmal ein vertraglich vereinbarter, fester Preis für das Gesamtwerk bzw. einen festen Preis für jeden Vertragsteil, wodurch das Ergebnis dann verlässlich geschätzt werden, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind:[46]

- Die gesamten Auftragserlöse können verlässlich bewertet werden.
- Es ist wahrscheinlich, dass der wirtschaftliche Nutzen dem Unternehmen zufließt.
- Sowohl die bis zur Fertigstellung des Auftrages noch anfallenden Kosten als auch der Grad der erreichten Fertigstellung können am Abschlussstichtag verlässlich bewertet werden.
- Die Auftragskosten können eindeutig bestimmt werden, so dass die bislang entstandenen Auftragskosten mit früheren Schätzungen verglichen werden können.

Festpreisverträge stellen somit die einfachste Form der Preisvereinbarung dar, da sie Vertragspreis und Lieferdatum genau bestimmen. Der Auftragnehmer trägt somit das alleinige Risiko von Kostenerhöhungen durch Verzugsschäden vom Zeitpunkt der Angebotsabgabe, über den Vertragsschluss und die -laufzeit bis hin zur endgültigen Abnahme und kann seine Risiken somit klar kalkulieren.[47]

Der IAS 11.6 weist zusätzlich noch darauf hin, dass Fertigungsaufträge auch Charakteristika von beiden Vertragstypen aufweisen können. So kann beispielsweise ein Kostenzuschlagsvertrag mit einem vereinbarten Maximalpreis versehen werden.[48]

[...]


[1] Vgl. hierzu Pellens/Fülbier/Gassen/Sellhorn, S. 404.

[2] Buch, S. 108 f.

[3] Achleitner/Behr, S. 176.

[4] Zur Zielsetzung der IFRS 3.5.3.

[5] Gräfer/Scheld, S. 20.

[6] Selchert/Lorchheim, S. 90 f.

[7] Vgl. Kümpel, S. 119.

[8] Vgl. Ruhnke, S. 603; Kümpel, S. 119.

[9] Vgl. hierzu: Baumbach/Hopt, § 264 Rn. 21; Coenenberg/Haller/Schultze, S. 227; Ruhnke, S. 603; Baetge/Kirsch/Thiele, S. 363.

[10] Krawitz, S. 889.

[11] Beispiel nach Baetge/Kirsch/Thiele, S. 362.

[12] Baetge/Kirsch/Thiele, S. 362.

[13] Coenenberg/Haller/Schultze, S. 231 f.; Baetge/Kirsch/Thiele, S. 366; Ausführlich zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses: Jung, S. 64.

[14] Siehe hierzu Punkt 3.1.1.3.

[15] Baetge/Kirsch/Thiele, S. 364.

[16] Baetge/Kirsch/Thiele, S. 363 f.; Beck’scher Bilanzkommentar- Grottel/Pastor, § 255, Rn. 458.

[17] nach Baetge/Kirsch/Thiele, S. 364

[18] Baetge/Kirsch/Thiele, S. 365.

[19] nach Baetge/Kirsch/Thiele, S. 366.

[20] Coenenberg/Haller/Schultze, S. 232.

[21] Beck’scher Bilanzkommentar- Grottel/Pastor, § 255, Rn. 459.

[22] Hayn/Graf Waldersee S. 196; Beck’scher Bilanzkommentar- Grottel/Pastor, § 253, Rn. 524.

[23] Beck’scher Bilanzkommentar- Grottel/Pastor, § 253, Rn. 524.

[24] Coenenberg/Haller/Schultze, S. 232.

[25] Krawitz, S. 890.

[26] Baetge/Kirsch/Thiele, S. 365.

[27] Vgl. Ruhnke, S. 589.

[28] Krawitz, S. 889.

[29] Buchholz, S. 7.

[30] Nach Gräfer/Scheld, S. 31.

[31] Gräfer/Scheld, S. 20; Framework F.46.

[32] Lüdenbach/Hoffmann, § 18 Rn. 2.

[33] Nach Federmann/IASCF, S. 193.

[34] Wiley IFRS, S. 502.

[35] Vgl. Ruhnke, S. 589.

[36] PWC, S. 18.

[37] IAS 11.3.

[38] Kirsch, S. 97.

[39] IAS 11.4.

[40] Padberg, S. 61.

[41] Baetge/Kirsch/Thiele, S. 377; Zur Zero-Proft-Margin -Methode siehe Punkt 3.2.2 dieser Ausarbeitung.

[42] IAS 11.22.

[43] IAS 11.25.

[44] IAS 11.22; Kirsch, S. 97.

[45] Kümpel, S. 115; Padberg, S. 63.

[46] IAS 11.23; Padberg, S. 63.

[47] Vgl hierzu auch: Kümpel, S. 115.

[48] Siehe hierzu auch: Wiley IFRS, S. 506; Grünberger, S. 89.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956849596
ISBN (Paperback)
9783956844591
Dateigröße
891 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Bielefeld
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Rechnungslegung Anlagenbau Percentage of Completion Completed Contract Zero-Profit-Margin

Autor

Marc-Hendrik Kipp, M.A., LL.M., wurde 1985 in Paderborn geboren. Nach erfolgreichem Abschluss der juristischen Zwischenprüfung an der Universität Osnabrück wechselte der Autor an die Fachhochschule Bielefeld und schloss dort im November 2011 den Bachelor of Laws (Wirtschaftsrecht), im August 2013 den Master of Arts (Betriebswirtschaftslehre) und im Januar 2014 den Master of Laws (Vertragsgestaltung und -management) ab. Seit Oktober 2010 ist der Autor zudem bei einem international tätigen Industriekonzern im Anlagenbau an unterschiedlichen internationalen Standorten in den Bereichen Vertrieb, Auftragsabwicklung und wirtschaftliche Steuerung tätig.
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