Credit Default Swaps in der Finanzkrise: Untersuchung der Entwicklungen und Einflüsse, Darstellung systemrelevanter Kritikpunkte anhand der Principal Agent Theory sowie Bewertung unterschiedlicher Ansätze von Regulierungsmaßnahmen
©2009
Diplomarbeit
77 Seiten
Zusammenfassung
Zu Beginn der vorliegenden Ausarbeitung werden die Grundlagen der Credit Default Swaps (CDS) und die Anwendbarkeit erklärt. Der enorme Nutzen dieses Derivates für die Wirtschaft und besonders für Banken als kreditrisikopolitisches Finanzinstrumentarium ist nicht abzuweisen.
Es werden die Entwicklung des CDS Marktes bis zur Finanzkrise, in der Finanzkrise sowie verschiedene Einflüsse und Zusammenhänge zu anderen Märkten aufgezeigt, wobei ein enormer Anstieg des CDS Marktes bis zur Finanzkrise und die anschließende Konsolidierung zu beobachten ist. Für den Kreditmarkt haben sich die CDS als Indikator für das Kreditrisiko entwickelt.
Es werden hier erstmalig die Reaktion und der tatsächliche Einfluss von CDS in den Finanzmärkten und somit deren Systemrisiken in der Finanzkrise beobachtet und analysiert. In der bisherigen Form des CDS Marktes sind Systemrisiken im hohen Maße vorhanden, wobei die Kritik zu CDS vorwiegend auf das Principal Agent Problem basiert. Mit einem Fall aus der Vergangenheit wird aufgezeigt, dass der Bedarf an neuen Regularien unabdingbar ist. Hierbei darf der CDS Markt die Attraktivität durch zu viele Gesetze nicht verlieren.
Es werden die Entwicklung des CDS Marktes bis zur Finanzkrise, in der Finanzkrise sowie verschiedene Einflüsse und Zusammenhänge zu anderen Märkten aufgezeigt, wobei ein enormer Anstieg des CDS Marktes bis zur Finanzkrise und die anschließende Konsolidierung zu beobachten ist. Für den Kreditmarkt haben sich die CDS als Indikator für das Kreditrisiko entwickelt.
Es werden hier erstmalig die Reaktion und der tatsächliche Einfluss von CDS in den Finanzmärkten und somit deren Systemrisiken in der Finanzkrise beobachtet und analysiert. In der bisherigen Form des CDS Marktes sind Systemrisiken im hohen Maße vorhanden, wobei die Kritik zu CDS vorwiegend auf das Principal Agent Problem basiert. Mit einem Fall aus der Vergangenheit wird aufgezeigt, dass der Bedarf an neuen Regularien unabdingbar ist. Hierbei darf der CDS Markt die Attraktivität durch zu viele Gesetze nicht verlieren.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Einteilung der Kreditderivate nach Klassifikationsmerkmalen ... 4
Tabelle 2 - Errechnen des Risiko Spreads ... 10
Tabelle 3 - DTCC Berechnung des Nettovolumens ... 22
Tabelle 4 - Credit Events Januar 2008 - Januar 2009 ... 27
Tabelle 5 - TOP25 Underlyings sortiert nach Net und Gross Notional ... 38
Tabelle 6 - Ratingskala ... LXII
IV
Abkürzungsverzeichnis
ABS
Asset Backed Securities
AIG
American Insurance Group
AIGFP
American Insurance Group Financial Products
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht
BaKred
Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen
BBA
British Bankers` Association
BIS
Bank for international Settlements
Bp
Basispunkte
CBO
Collateralized Bond Obligation
CCP
Central Counterparty
CDO
Collateralized Dept Obligation
CDS
Credit Default Swaps
CDSIndexCo
CDS Index Company LLC
CDT
Credit Default Tranches
CLN
Credit Linked Note
CLO
Collateralized Loan Obligation
CSA
Credit Support Annex
CSO
Credit Spread Option
DTCC
Depositary Trust & Clearing Corporation
Fed
Federal Reserve Bank of New York
FHLMC
Federal Home Loan Mortgage Corporation
FNMA
Federal National Mortgage Association
GM
General Motors
IIC
International Index Company Ltd
V
IMM
Internal Market Midpoint
ISDA
International Swaps and Derivatives Associa-
tion
KWG
Gesetz über das Kreditwesen
MBS
Mortgage Backed Securities
MTM
Mark-to-Market value
OTC
Over-the-Counter
SEC
Securities and Exchange Commission
SPV
Special Purpose Vehicle
TRS
Total Return Swap
VI
1. Einleitung
Experten sprechen von der schwerwiegendsten Finanzkrise seit dem
zweiten Weltkrieg
1
, die 2007 beginnend, weltweit für Pessimismus in allen
Branchen sorgt. Die Insolvenz von Lehman Brothers und die vielen staatli-
chen Bankenrettungsmaßnahmen um den ganzen Globus herum verdeutli-
chen die enge Vernetzung des Finanzmarktes und die aggressive Auswir-
kung von Missständen auf Unternehmen und Beschäftigung.
Zu Beginn des Jahres 2007 wurde die Finanzkrise noch häufig als ,,amerika-
nisches Problem" bezeichnet (Subprime Krise), die aufgrund der niedrigen
Zinspolitik der Federal Reserve Bank of New York (Fed) seit dem 11. Sep-
tember 2001 entstanden sei. Die wenigsten erahnten das Ausmaß der Ket-
tenreaktion, die damit begann.
Wie kam es aber zu dieser Weltwirtschaftskrise? Einen sehr großen Einfluss
auf die schnelle globale Verbreitung haben Kreditverbriefungen und Kreditde-
rivate wie die Credit Default Swaps
2
(CDS). Von einigen wird diese Finanzin-
novation hochgeschätzt und von anderen wiederum als große Gefahr, als
,,financial weapons of mass destruction
3
", angesehen. In jeden Fall haben die
CDS eine sehr aufrechte Karriere hinter sich. Nicht nur wegen des großen
Medienechos in den letzten Monaten, sondern auch durch das rapide Wach-
stum im Volumen
4
.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es herauszufinden, ob die CDS zum Wohl der
globalen Wirtschaft beitragen kann oder nicht.
Zudem sollen auch die Chan-
cen der Zeit genutzt werden, um in dieser turbulenten Zeit neue Erkenntnisse
über Kreditderivate im Hinblick auf die Finanzmärkte zu bekommen. Vor der
Krise gab es noch keine Erfahrungen wie sich dieser gigantische Markt in
Krisenzeiten verhalten würde, daher die große Unsicherheit und Nervosität
über die Zahlungsfähigkeit der vielen Versicherer, Banken und Hedge-Fonds,
die massiv CDS einsetzten
5
. Die gegenwärtige Situation zeigt, dass diese
Unsicherheit begründet war, da der CDS Markt die Finanzmarktstabilität zum
1
Vgl. (Soros, 2008)
2
auch Default Swap (DS) oder Credit Default Option (CDO) genannt (vgl. (Meissner, 2005,
S. 15)). CDO wird immer weniger benutzt, da es sich zum einen weniger um eine Option
handelt sondern eher um eine Versicherung und zum anderen die Abkürzung CDO im-
mer häufiger für Collateralized Debt Obligation verwendet wird.
3
(Buffet, 2003)
4
siehe Kapitel 3.2
5
Vgl. (Fehr, 2006, S. 11)
Kollabieren gebracht hätte, wenn es keine staatlichen Interventionen geben
würde.
Die Arbeit lässt sich in vier Bereichen gliedern. Beginnend mit der allgemei-
nen Grundlagenaufarbeitung wird im zweiten Kapitel unter anderem die
Funktionsweise von CDS aufgezeigt. Dieses bildet die Basis für weiterfüh-
rende Untersuchungen. Das dritte Kapitel gibt eine Übersicht über die histori-
sche Entwicklung des Volumens des CDS Marktes. Dabei wird die Entwick-
lung in zwei Perioden unterteilt. Die eine Periode beschäftigt sich mit der
Entwicklung bis zur Finanzkrise und die andere während der Finanzkrise. Auf
Grundlage dieser Daten der Vergangenheit werden Zusammenhänge zu an-
deren Märkten untersucht. Ziel der Untersuchung ist eine empirische Evidenz
über die Informationseffizienz des CDS Marktes zu erlangen. In Kapitel vier
sind die Systemrisiken dargestellt, die aufgrund von Kreditrisikotransfer mit-
tels CDS entstehen können und entstanden sind. Das Problem der asymmet-
rischen Informationsverteilung wird mithilfe der Principal Agent Theory erläu-
tert. An einem Beispiel der jüngsten Vergangenheit konnten diese Risiken
illustriert werden. Bezogen auf diese Risiken und diese dargestellte Kritik
werden im fünften Kapitel Empfehlungen zur Steuerung des CDS Marktes
ausgesprochen. Hierbei wird in selbstregulierende Maßnahmen und gesetzli-
che Bestimmungen unterteilt. Abschließend rundet eine Prognose zur mögli-
chen Weiterentwicklung des CDS Marktes die vorliegende Arbeit ab.
2. Grundlagen zu Kreditderivaten
Ein Kreditderivat ist ein Finanzinstrument, dessen Wert oder Zahlun-
gen sich vom Kreditrisiko eines oder mehrerer Underlyings
6
ableitet (lat. de-
rivare = ableiten)
7
. Es gibt immer einen Protection Buyer, (Sicherungskäufer/
Risikoverkäufer) der gegen Zahlung einer Prämie ein gewisses Kreditrisiko
eines Underlyings für eine vorher bestimme Zeit an einem Protection Seller
(Sicherungsgeber/Risikokäufer) überträgt. Die Höhe der Prämie für die Ver-
lagerung des Kreditrisikos auf einen Dritten hängt von der Wahrscheinlichkeit
6
ein zugrunde liegender Finanztitel, oft auch Referenzaktivum, Referenzschuldner, Basis-
schuldner, Basisinstrument oder Basiswert genannt.
7
Vgl. (Kern, 2003, S. 5), (Norden, 2004, S. 13)
Synthetische
Kreditrisikoposition
eines Credit Events (Kreditereignisses) ab. Bei Eintreten eines Credit Events
kann der Protection Buyer vom Protection Seller die im Vertrag abgemachte
Zahlung verlangen.
originäre
Kreditbeziehung
Abbildung 1 - Grundstruktur eines Kreditderivates
8
Das Kreditrisiko stellt die Gefahr, dass ein Kreditnehmer seinen Verpflichtun-
gen nicht pünktlich, nur teilweise oder gar nicht nachkommen kann. Was ge-
nau ein Credit Event umfasst ist in jedem Vertrag genau definiert. Dadurch
wird die Möglichkeit geboten neben, sich den eben genannten Fällen auch
gegen Bonitätsänderungsrisiken, Zins- und Währungskursänderungsrisiken,
Moratorien, vorzeitige Fälligkeiten, Restrukturierungen und weiteren Ereig-
nissen, abzusichern
9
. Möglich wird diese individuelle Vertragsgestaltung
durch den Over-the-Counter-Handel (OTC), welche am weitesten verbreitet
ist
10
.
2.1 Klassifizierung von Kreditderivaten
Bislang existiert in der Literatur noch keine einheitliche Systematisie-
rung der Kreditderivate. Je nach Gewichtung unterschiedlicher Faktoren er-
geben sich verschiedene Klassifizierungen. Die folgende Abbildung und die
folgende Tabelle versuchen eine mögliche Abgrenzung aufzuzeigen:
8
Eigene Darstellung in Anlehnung an (Cremers & Walzner, 2007)
9
Vgl. (Norden, 2004, S. 17) und (Cremers & Walzner, 2007, S. 9)
10
Vgl. (Beike & Schlütz, 2001)
Protection Buyer
Protection Seller
Underlying
Prämie
Absicherung des Kreditrisikos
Kreditderivat
Kreditderivate i.w.S.
Abbildung 2 - Klassifizierung von Kreditderivaten
11
Bei den hybriden Produkten handelt es sich um Mixformen verschiedener
Produkte. So ist die Credit Linked Note (CLN) eine Mixform aus CDS und
Anleihe. Eine Collateralized Dept Obligation (CDO) ist je nach Ausstattung
ein Mix aus Kreditverbriefung und Kreditderivat. Eine synthetische CDO ist
ein Mix aus Asset Backed Securities (ABS) und CDS.
Tabelle 1 - Einteilung der Kreditderivate nach Klassifikationsmerkmalen
13
Wie in dem folgenden Kreisdiagramm zu sehen ist, bilden die CDS das größ-
te Handelsvolumen bei den derivativen Kreditprodukten. Zu berücksichtigen
11
In Anlehnung an (Effenberger, 2003, S. 5) (Meissner, 2005, S. 16) (Fritz & Friedrich, 2002,
S. 14)
12
Oder Multi-Name bei Basket-CDS
13
In Anlehnung an (Norden, 2004, S. 20) und (Horat, 2003, S. 970)
Kreditderivate i.e.S.
Kreditverbriefungen
- Credit Default Swap (CDS)
- Total Return Swap (TRS)
- Credit Spread Option (CSO)
- Credit Linked Note (CLN)
Asset Backed Securities (ABS)
- Mortgage Backed Securities (MBS)
- Collateralized Debt Obligation (CDO)
--Collateralized Loan Obligation (CLO)
--Collateralized Bond Obligation (CBO)
-- ...
Hybride Produkte
Instrument
Klassifikation
nach...
Credit
Default
Swap
(CDS)
Credit
Spread Option
(CSO)
Total
Return
Swap
(TRS)
Credit Lin-
ked Note
(CLN)
Collateralized
Debt Obliga-
tion
(CDO)
Finanzinstrument
6ZDS
2SWLRQ
6ZDS
$QOHLKH
$QOHLKH
Kapitalbindung
8QIXQGHG
8QIXQGHG
8QIXQGHG
)XQGHG
)XQGHG
Absicherungs-
gegenstand
$XVIDOOULVLNR
%RQLWlWV
lQGHUXQJVULVLNR
.UHGLW
XQG
0DUNWULVLNR
$XVIDOOULVLNR
$XVIDOOULVLNR
Referenzaktivum
6LQJOH
1DPH
6LQJOH1DPH
6LQJOH
RGHU
0XOWL1DPH
6LQJOH RGHU
0XOWL1DPH
0XOWL1DPH
Risikotransfer
'LUHNW
'LUHNW
'LUHNW
'LUHNW
hEHU 639
ist, dass CDS auch die Grundlage der meisten Indexprodukte bilden. Somit
bilden CDS über 60% aller Kreditderivate.
Abbildung 3 - Handelsvolumen von Kreditderivaten nach Gattung
14
2.2 Credit Default Swaps (CDS)
Dass jemand für den Ausfall eines Underlyings einem Dritten ein Zah-
lungsversprechen gibt, fand schon vor der Zeit der modernen Kreditderivate
statt. So sei hier z.B. das Akkreditiv
15
erwähnt, welches ein Zahlungsverspre-
chen einer Bank beinhaltet, dem Gläubiger bei Vorlage entsprechender Do-
kumente, einen bestimmten Betrag zu zahlen.
Auch die Anleihenversicherer (sogenannte Monoliner) wie MBIA und AMBAC
oder Kreditversicherer wie Euler Hermes bieten schon seit langem Schutz
gegen Ausfall von Krediten an. Diese Formen haben gewisse Ähnlichkeiten
mit CDS, jedoch existiert ein bedeutender Unterschied. Hier wird ein Vertrag
zwischen dem Protection Buyer und dem Protection Seller aufgesetzt, wel-
cher nicht separat von dem Underlying gehandelt werden kann
16
.
Durch ein CDS wird das Kreditrisiko und die Kreditbeziehung voneinander
getrennt. Somit ist es erstmals möglich geworden das Risiko separat zu be-
werten und zu handeln, da nur das Kreditrisiko einer Forderung an den Pro-
tection Seller übertragen wird
17
.
14
Vgl. (British Banker´s Association, 2006)
15
oder letter of credit, Bankbürgschaft, Delkrederehaftung
16
Vgl. (Schwartz, R. ; Smith, C;, 1997, pp. 26-27)
17
Vgl. (Deutsche Bundesbank, 2004, S. 43)
single-CDS
33%
Index Trade
38%
Synthetic CDO
16%
CLN
3%
CSO
1%
Andere
9%
Abbildung 4 - Grundform eines CDS
18
Die Kreditbeziehung zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner bleibt
unangetastet, was für den Erhalt einer guten Kundenbeziehung von Nutzen
sein kann
19
. Die Forderung gegenüber dem Underlying verbleibt weiterhin in
den Büchern des Protection Buyers und dieser ist weiterhin für die Verwal-
tung und den Service zuständig
20
.
Durch die Übertragung des Kreditrisikos an den Protection Seller wird das
Kreditrisiko nur minimiert und nicht eliminiert. Der Protection Buyer hat ledig-
lich das Risiko eines einzelnen, mit einer evtl. schlechteren Bonität, auf eine
zweite Schulter, nämlich die des Protection Sellers mit einer guten Bonität,
gepackt. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide ausfallen (Counterparty-Risiko),
ist, außer in Zeiten von weltweiten Finanzkrisen, eher gering.
Für den Fall eines Credit Events können zwei verschiedene Ausgleichszah-
lungen vereinbart werden. Bei der physischen Lieferung (physical delivery)
tauscht der Sicherungsnehmer die Anleihe des ausgefallenen Unternehmens
gegen den Nominalwert beim Protection Seller ein, und bei dem Baraus-
gleich (cash-Settlement) liefert der Protection Seller den Nominalwert abzgl.
der Recovery rate, die von der ISDA bei der Auktion festgesetzt wird
21
.
Im Prinzip ist ein CDS eine Put-Option, bezogen auf die Bonität des Underl-
ying. Der Protection Buyer hat die Option, die Forderung des Insolventen
Underlyings an den Protection Seller zu verkaufen. Noch genauer betrachtet
hält der Protection Buyer beim Kauf einer CDS die Short Position. Wenn das
18
Eigene Darstellung in Anlehnung an (Cremers & Walzner, 2007)
19
Vgl. (Cremers & Walzner, 2007, S. 20)
20
Vgl. (Effenberger, 2003, S. 5)
21
ISDA wird im Kapitel 2.2.2 behandelt
Periodische Prämienzahlung
Originäre
Kreditbeziehung
Protection Buyer
Protection Seller
Underlying
Ausgleichszahlung im Falle
eines Credit Event
Underlying bspw. eine Anleihe ist und der Kurs aufgrund einer negativen Bo-
nitätsänderung des Emittenten sinkt, wird die Prämie für den CDS ansteigen.
Der Protection Buyer könnte anschließend vom Verkauf des CDS am Markt
profitieren. Der Protection Seller hält vice versa die Long-Position
22
.
2.2.1 Handel
und
Indizes
Da der Handel mit CDS außerbörslich stattfindet, ist es schwierig,
exakte und frei zugängliche Daten zu Singlename-CDS zu finden. Anders
verhält sich das bei den Indizes, die eine Reihe von einzelnen CDS abbilden.
Diese Indizes wurden 2004 eingeführt und haben sich zu dem Benchmark für
den Kreditmarkt etabliert
23
. Investoren interessieren sich für Investments in
Indizes besonders wegen der hohen Liquidität, welche sich auf geringere
Bid-Offer Spreads auswirkt. Dadurch wird besonders der Markt zur Absiche-
rung von Kreditrisiken auch für kleinere und mittlere Unternehmen interes-
sant. Der Markt für die Bereitstellung von Indizes (sog. Marketmaker) erfährt
zurzeit eine starke Konsolidierung, in der sich die Markit Group Ltd. als füh-
rendes Unternehmen herauskristallisiert. Seit der Übernahme der Internatio-
nal Index Company Ltd (IIC) und der CDS Index Company LLC (CDSIndex-
Co) im Jahr 2007, stellt Markit Group Ltd. die Preise für den iTraxx und den
CDX Index. Diese sind die führenden Indizes
24
. Markit Group Ltd. hat Bezie-
hungen zu über 85 CDS-Händlern (meist Banken), die täglich die aktuell ge-
handelten Prämien vom Trading-Desk mitteilen
25
.
Die iTraxx-Indizes bilden die Kreditmärkte für Europa, Asien und Australien
ab. Der iTraxx Europe setzt sich aus den 125 liquidesten (nach Handelsvo-
lumen) Unternehmen zusammen, welcher für eine festgesetzte Laufzeit ge-
bildet wird (3, 5, 7 oder 10 Jahre). Dieser Index beinhaltet Investment-Grade
Unternehmen, d.h. solide Unternehmen mit geringem Spread. Jedes Credit
(Unternehmen) wird unabhängig von dem Handelsvolumen gleichwertig mit
0,8 gewichtet.
Der iTraxx Crossover setzt sich aus zurzeit 50 europäischen High-Yield Cre-
dits (Unternehmen mit hohem Credit Spread) zusammen. Das amerikanische
22
Vgl. (Meissner, 2005, S. 16)
23
Vgl. (DZ Bank Research, 2005, S. 5)
24
Vgl. (Bloomberg, 2009)
25
Vgl. (Markit Group Ltd., 2009)
Pendant zu dem iTraxx ist der CDX Index
26
. Die einzelnen Indizes lassen
sich zusätzlich noch in verschiedene Sektoren, Regionen, Branchen und Ri-
sikoklassen einteilen, um die Auswahl für die individuelle Risikodiversifikation
zu verbessern
27
.
Alle sechs Monate werden die Indizes mit den aktuellen liquidesten CDS ak-
tualisiert. Die neueste Serie (,,on-the-run" Serie, aktuell Serie 10) ersetzt die
ältere (,,off-the-run" Serie).
2.2.2 International Swaps and Derivatives Association (ISDA)
Um die CDS-Verträge zu standardisieren und Risiken vorzubeugen,
bietet die International Swaps und Derivatives Association (ISDA) seit 1999
Rahmenverträge an. Die Vertragsparteien können diese in Anspruch neh-
men. Die Rahmenverträge -ISDA 2003 ist mittlerweile der Marktstandard
28
-
haben einen großen Teil zum rapide ansteigenden Wachstum des CDS
Marktes beigetragen
29
. Der ISDA Standardvertrag erläutert alle Rechte und
Pflichten der Vertragsparteien und definiert die jeweiligen Vertragspunkte.
Der ISDA Rahmenvertrag bietet bspw. folgende Ereignisse als ein Credit
Event an
30
:
- Bankruptcy
- Failure
to
pay
- Debt
Moratorium
- Debt
Repudiation
- Restructuring
of
debt
- Acceleration
or
default
Desweiteren werden allgemeine Vertragsbedingungen, Erfüllungsbedingun-
gen, Lieferungsbedingungen so wie Zahlungsvereinbarungen festgelegt
31
.
Die Entscheidung der ISDA einen bestimmten Fall als Credit Event zu dekla-
rieren ist genau definiert (Article IV, ISDA). So fielen die Bear Stearns und
26
Vgl. (DZ Bank Research, 2005, S. 4) und (Moosbrucker, 2007)
27
Siehe Abbildung 19 - CDS Indizes
28
Vgl. (DZ Bank Research, 2007, S. 2)
29
Vgl. (Meissner, 2005, S. 6)
30
Vgl. (Bomfim, 2005, p. 69)
31
Vgl. (Norden, 2004, S. 14)
AIG nicht unter ein Credit Event, obwohl sie faktisch insolvent waren. Bear
Stearns wurde mithilfe der US-Regierung von JP Morgan Chase & Co. über-
nommen und AIG wurde mit frischem Kapital von der US-Regierung gestützt.
Beide konnten somit die Verbindlichkeiten bedienen. Hingegen wurden ver-
staatlichte Banken wie Fannie Mae/Freddie Mac, Kaupthing Bank und weite-
re zu Credit Events.
Bei großen Firmen mit vielen Tochterunternehmen und weiteren Verflechtun-
gen ist die Bestimmung von Credit Events jedoch eine schwierige Aufgabe.
Hier sollen in Zukunft regionale Komitees ins Leben gerufen werden, die über
die Credit Events abstimmen werden.
Die ISDA übernimmt desweiteren auch die Auktionen bei Credit Events nach
der die Ausfallrate bestimmt wird
32
. Im Fall Lehman Brothers verlief das Sett-
lement nach dem Default knapp einen Monat (15.09.08 21.10.08).
Bei der ISDA Auktion dürfen Händler Geld- und Briefgebote für lieferbare
Anleihen abgeben, wobei die Geldseite absteigend und die Briefseite auf-
steigend sortiert wird. Deckungsgleiche Geld- und Briefseiten werden vorab
ausgeglichen. Anschließend stellt der Durchschnitt aller Gebote der ,,oberen
Hälfte" den ,,Inside Market Midpoint" (IMM). Jetzt werden alle Kauf- und Ver-
kauforders ausgewertet und ausgeführt. Bei Lehman gab es Kauf-Orders in
Höhe von 722 Mio. USD und Verkauf-Orders in Höhe von 5.692 Mio. USD.
Die übrigen 4.920 Mio. USD sowie weitere Informationen wie die IMM wer-
den im Internet veröffentlicht und Händler können erneut Gebote für die ver-
bliebene Summe abgeben. In dieser zweiten Runde der Auktion werden wie-
der die Höchstbieter zuerst bedient. Der Final Price der Auktion ergibt sich
aus dem niedrigsten Gebot, welches noch gegebenenfalls nur zum Teil-
ausgeführt wird. Dieser lag bei Lehman Brothers bei 8,625%
33
. Somit muss
der Protection Seller eine Ausgleichszahlung über 91,375% tätigen.
2.2.3 Pricing
Die CDS-Prämie, auch CDS-Spread genannt, wird bei Vertragsbeginn
über die ganze Laufzeit festgesetzt (außer bei einer constant maturity CDS,
32
Siehe Kapitel 3.3
33
Vgl. (DZ Bank Research, 2008, S. 12ff)
wo die Prämie in jeder Periode dem Markt neu angepasst wird)
34
. Angegeben
wird die Prämie immer in Basispunkten (Bp
35
) p.a., wobei die Zahlung quar-
talsweise geleistet wird. Im Gegensatz zu anderen Kreditderivaten sind die
Fälligkeitstage bei CDS auf den 20. März, 20. Juni, 20. September und den
20. Dezember festgelegt
36
.
Um einschätzen zu können, wie hoch der Markt das Ausfallrisiko eines Un-
ternehmens bewertet, wird der Risiko Spread herangezogen. Der Risiko
Spread ist die Differenz zwischen der Rendite einer risikofreien Anleihe und
der Rendite einer risikobehafteten Anleihe mit gleicher Laufzeit
37
. Am Beispiel
von Volkswagen soll die Berechnung des Risiko Spreads aufgezeigt werden.
risikofreie Anleihe
risikobehaftete Anleihe
Typ
Bundesanleihe (113523)
Volkswagenanleihe (525872)
Laufzeit
~ 4 ½ Jahre
~ 4 ½ Jahre
Rendite
2,29%
4,67%
Differenz
2,38%
Tabelle 2 - Errechnen des Risiko Spreads
38
Aus der Tabelle geht hervor, dass Volkswagen einen Risiko Spread von 238
Bp hat
39
. Investoren lassen sich demzufolge 2,38% für die Gefahr des Aus-
falls von VW bezahlen.
Diese Berechnung des Risiko Spread ist jedoch nicht ausreichend für das
CDS Pricing, da hier diverse Faktoren wie die Zeitstruktur, Counterparty Risi-
ko, Liquidität usw. nicht berücksichtigt werden (anders wäre es in einem voll-
kommenen Markt). Jedoch gibt der Risiko Spread schon die ungefähre Rich-
tung an und ist aufgrund der Einfachheit schnell zu errechnen. Der tatsächli-
che Fünfjahres CDS Spread lag am 10.02.09 bei 200,21 Bp
40
.
Es ist immer noch eine große Schwierigkeit die Preise für CDS zu ermitteln,
da verschiedene Bewertungsmodelle vorliegen. Jede Bank verfolgt beim Pri-
34
Vgl. (Mengle, 2007, S. 8)
35
1 Basispunkt (Bp) = 0,01%
36
Vgl. (Mengle, 2007, S. 17)
37
Vgl. (Norden, 2004, S. 16)
38
Eigene Darstellung, basierend auf Daten von www.maxblue.de
39
Zahlen vom 10.02.2009
40
Lt. Bloomberg
cing andere Ansätze. Dieses führt zu unterschiedlichen Kreditrisikoeinschät-
zungen und somit auch zu verschiedenen Prämien
41
.
In der Praxis errechnet ein Händler die CDS Spreads nicht nach mathemati-
schen Formeln, sondern nach den aktuellen Spreads des Marktes (welches
die Spreads anderer Banken bzw. Marktteilnehmer sind) und bietet je nach
Zukunftseinschätzungen mehr oder weniger für die CDS.
Wenn dem Interessenten, welcher zuvor bei mindestens drei Banken angef-
ragt hat, das Angebot zusagt, kommt es zum Geschäft
42
. Anders verhält es
sich bei schon bestehenden Trades, die man bewerten möchte. Hierzu die-
nen verschiedene Modelle.
Die zwei bekanntesten Kreditrisikomodelle die zur CDS Bewertung verwen-
det werden sind zum einen die Strukturmodelle
43
und zum anderen die Inten-
sitätsmodelle
44
.
Dabei haben die Strukturmodelle den Nachteil, dass sie auf Unternehmens-
daten beruhen (Aktiva des Unternehmens) und aufzeigen wie hoch die Prä-
mie nach den Unternehmenszahlen sein sollte. Doch sind interne Daten nicht
immer leicht zugänglich und wenn Daten beschafft werden können, z.B. aus
den Bilanzen, dann mangelt es meistens an der Aktualität.
Bei dem Intensitätsmodell wird die Ausfallwahrscheinlichkeit in die Berech-
nung einbezogen wobei die Inputfaktoren auf Marktdaten basieren. Im Markt
scheint sich das Intensitätsmodell als Standard durchgesetzt zu haben
45
.
Bloomberg, die das Modell von JPMorgan nutzt, baut auch darauf auf. Im
Rahmen dieser Arbeit wird deswegen in Kürze auf dieses Modell eingegan-
gen.
Eine grundsätzliche Annahme dieses Modells ist, dass der Premium Leg
(voraussichtlicher Barwert der Prämienzahlungen) dem Protection Leg (vor-
aussichtlicher Barwert der Ausgleichszahlungen) entspricht. Somit liegt der
Barwert beim Kauf des CDS Kontraktes immer bei Null, da der gehandelte
Spread immer der faire Preis ist. Der Protection Seller und der Protection
41
Vgl. (Kern, 2003, S. 42)
42
Pers. Gespräch mit Herrn M / Händler / DZ-Bank
43
auch Firmenwertmodelle oder ,,Structural Models" genannt
44
auch ,,Reduced Form Models", ,,Intensity Models" oder "default-intensity-based approach"
genannt
45
Pers. Gespräch mit Frau S / Analystin / DZ-Bank
Buyer würden kein Geschäft miteinander eingehen, wenn eine Partei von
vornherein im Nachteil wäre.
Angenommen ein Investor kauft eine Fünf-Jahres Protection über 10 Mio.
USD auf die Volkswagen AG zu einem Spread von 117 Bp und möchte diese
nach einem Jahr wieder verkaufen. Für ihn stellt sich dann die Frage wie sich
der aktuelle Marktwert errechnet, wenn nach einem Jahr eine 4-jährige Pro-
tection mittlerweile 250 Bp auf das Unternehmen kosten?
Der MTM wäre rechnerisch:
117Bp
von
lung
Prämienzah
ge
vierjähri
eine
für
Leg)
(Premium
Barwert
erwarteter
-
(250Bp)
g
Absicherun
ge
vierjähri
eine
für
Wert
Aktueller
Da der erwartete Barwert nicht unbedingt dem eintretenden Zahlungsstrom
entsprechen wird, muss der Risikofaktor RPV (Risky Present Value) einge-
führt werden. Er ist ,,risky", weil der erwartete Barwert von den zukünftigen
Zahlungsströmen von Prämien im Falle eines Credit Events beeinträchtigt
und geschmälert wird. Der RPV zeigt den Barwert eines 1Bp Prämienzah-
lungsstroms, der zur Fälligkeit oder bei einem Credit Event endet, je nach-
dem was eher eintritt. Somit wird die Formel modifiziert zu:
RPV
133Bp
MTM
RPV
117Bp
-
RPV
250Bp
MTM
u
u
u
oder anders ausgedrückt,
@
n
v
n
n
v
n
v
t
t
RPV
t
t
S
t
t
S
t
t
MTM
,
,
,
,
0
u
r
wobei
n
t
t
S ,
0
der ursprünglich, vertraglich festgesetzte Spread ist und
n
v
t
t
S ,
den Spread nach dem Offsetting darstellt.
r
stehen für Long, bzw.
Short Positionen.
Der Faktor RPV wird in der folgenden Formel anhand des Intensitätsmodells
nach Jarrow und Turnbull (1995) berechnet:
»¼
º
«¬
ª
'
¦
n
v
n
v
PA
n
v
n
v
N
n
n
n
t
t
Q
t
t
Q
t
t
Q
t
t
Z
B
t
t
RPV
,
,
2
1
,
,
,
,
1
1
1
B
t
t
n
n
,
,
1
'
= nach der vereinbarten Zinsberechnungsmethode B berechneter
Jahresbruchteil zwischen den Daten der Prämienzahlung
1
n
t
und
n
t
. Bei jährlicher Zahlung = 1.
n
v
t
t
Z ,
= der Diskontierungsfaktor einer ausfallrisikofreien Zinsstruktur
(z.B. Libor)
n
v
t
t
Q ,
= dieser Faktor gibt die Überlebenswahrscheinlichkeit (Hazard
Rate) des Underlyings wieder. Der Aufbau der Zeitstruktur der
Hazard Rate wird durch das ,,Bootstrapping
46
" vollzogen.
PA
1
= Wenn der CDS Kontrakt aufgelaufene Prämien zwischen der
letzten Zahlung und dem Credit Event berücksichtigt, wird eine
1 eingesetzt, ansonsten eine 0.
Hiernach kann jetzt der Premium Leg ausgerechnet werden. Der Investor hat
ein CDS im Wert von 521.074,06
47
.
Es ergeben sich jetzt für den Investor zwei Möglichkeiten. Erstens könnte er
die CDS wieder dem Protection Seller verkaufen und er würde die MTM so-
fort ausgezahlt bekommen. Oder Zweitens könnte er sich für eine Offsetting
Position entscheiden, d.h. er tritt als Protection Seller auf dem Markt für das
Underlying (VW) auf. So bekommt er vier Jahre lang 133Bp ausbezahlt. Wel-
che Entscheidung im Endeffekt rentabler ist, wird erst am Ende der Laufzeit
sichtbar.
2.3 Makroökonomischer
Nutzen
und
Anwendungsmöglichkeiten
Wenn man den CDS Markt als reinen Versicherungsmarkt sähe, so
hätte er makroökonomisch keinen Einfluss. Der Versicherungsmarkt fügt der
Gesamtwirtschaft weder Geld zu noch steuert er Geld bei, es wechselt ledig-
46
Aus vorhandenen Daten (Anleihen etc.) wird durch die lineare Interpolation für jede Zeit-
einheit die Ausfallwahrscheinlichkeit ermittelt.
47
Lt. Berechnung Bloomberg; siehe Abbildung 20 - Bloomberg Pricing von VW
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (PDF)
- 9783958205376
- ISBN (Paperback)
- 9783958200371
- Dateigröße
- 7.4 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Fachhochschule Bielefeld
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- CDS Finanzmarkt Systemrisiko Principal Agent Kreditmarkt
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing