Lade Inhalt...

Die Wirkung von Werbung: Beeinflussung durch Informationen und Emotionen

©2006 Diplomarbeit 78 Seiten

Zusammenfassung

Auf den ersten Blick scheint schon Vieles über die Werbung gesagt, doch auf den zweiten zeigt sich, wie lebendig dieses Thema ist und wie viel sich in kürzester Zeit verändert: Angefangen von den sich stetig verändernden Wahrnehmungen bei den Konsumenten, beispielsweise bei erotischer Werbung, bis hin zu den lebendigen Forschungsentwicklungen der Werbepsychologie, des Käuferverhaltens, der Werbewirkungsforschung und des Neuromarketings. Die Relevanz der Werbewirkung zeigt sich bei der großen Flut von Werbestimuli, die auf die Empfänger tagtäglich einwirken: Die meisten dargebotenen Informationen und Emotionen verpuffen wirkungslos, da der potenzielle Konsument sie gar nicht beachtet und damit bloß überflutet wird. In der Werbewelt lässt sich ein Nebeneinander der emotionalen und informierenden Werbung beobachten. Diese Arbeit hat den Anspruch herauszuarbeiten, wie diese beiden Werbearten wirken und wann welche Form eher wirkt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2.5 Aktivierende Prozesse

Mit Aktivierung ist ein kurzfristiger Zustand innerer Spannung oder Erregung gemeint, bei dem ein Individuum gegenüber bestimmten Reizen sensibilisiert wird und ihnen seine Aufmerksamkeit schenkt (Schweiger/Schrattenecker, 2005, 195f.).

Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 59) gehen in ihrem Modell von folgendem Schema zur Aktivierung aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Wirkung der Aktivierung nach Kroeber-Riel/Weinberg

(Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 59)

Direkte Außenreize oder auch Reize aus dem Stammhirn treffen auf das retikuläre Aktivierungssystem (im Wesentlichen Formatio reticularis) und können dort eine Erregung auslösen. Diese Erregung beeinflusst andere Einheiten des Gehirns, wie beispielsweise das Großhirn, und versetzt dieses in Funktionsbereitschaft. Bahnen, die von der Formatio reticularis zur Hirnrinde führen, werden als aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem bezeichnet. Die Stärke der Aktivierung dient als Maßstab für die Reaktionsbereitschaft, Wachheit und die Leistungsfähigkeit. Aktivierend können sich Reize vor allem dann auswirken, wenn sie physisch-intensiv, emotional oder gedanklich-überraschend sind. Schweiger und Schrattenecker (2005, S. 196) unterscheiden ebenfalls zwischen drei Reizkategorien zur Aktivierung. Sie unterscheiden dabei zwischen emotionalen, kognitiven sowie physischen Reizen. Demnach lösen kognitive Aktivierungsreize Prozesse der Informationsverarbeitung aus. Dies sind z.B. Überraschungen, Widersprüche und gedankliche Konflikte. Im Vergleich zu emotionalen Reizen können sie sich jedoch schneller abnutzen, da beispielsweise bei Überraschungen eine gewisse Gewöhnung eintreten kann. Ein Witz als komischer Stimulus wird ebenfalls bei ständiger Wiederholung verblassen und nicht mehr den gleichen Erregungszustand hervorrufen. Eine emotionale Aktivierung erfolgt u. a. durch Erotik, Gesichter, Kindchenschemata oder Landschaften und ist biologisch vorprogrammiert. Reaktionen auf diese emotionalen Reize müssen also nicht erlernt und können kaum willentlich kontrolliert werden. Sie werden unterbewusst verarbeitet und die Reaktionen laufen somit weitgehend automatisch ab, was zur Folge hat, dass Gewöhnungseffekte kaum auftreten. Mit physischen Reizen sind Größe, Farbe und weitere Elemente des Werbemittels gemeint. Beispielsweise erregt ein großes Plakat mit einem hohen Anteil einer intensiven Farbe grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit, als zum Beispiel ein kleines, unscheinbares und blasses Bild.

Die Relevanz der Aktivierung zeigt sich hinsichtlich der Konsumenten, die relativ passiv gegenüber Werbeimpulsen sind. Sie verspüren kaum ein Bedürfnis zur Informationssuche. Deren Aufmerksamkeit kann durch einen aktivierenden Stimulus auf den Werbeinhalt gelenkt werden.

Aktivierung kann aber manchmal auch ungeeignet sein. Ein zu starker aktivierender Stimulus kann manchmal die Aufmerksamkeit ganz auf sich selbst ziehen, und somit von dem eigentlich umworbenen Produkt ablenken. Dieses Phänomen nennt man Vampireffekt (Friedrichsen, 1999, S. 95). So könnte beispielsweise ein erotischer Reiz in einem Werbespot oder in einer Anzeige starke Aufmerksamkeit erregen, ohne dass der Empfänger weiß, was eigentlich umworben wird. Das kann vor allem dann passieren, wenn das umworbene Produkt in keinem sinnlichen Zusammenhang mit diesem erotischen Appell steht. Auf aktivierende Reize kann sogar ganz verzichtet werden, wenn Menschen ohnehin aktiv Informationen suchen. In diesem Fall würden sie eher stören.

2.2.6 Alternative Erklärungsansätze des Neuromarketings

Um ein besseres Verständnis von Marketingkommunikation und Werbung zu erreichen, bedient sich das Neuromarketing der Erkenntnisse anderer Disziplinen. Dies umfasst Erkenntnisse aus der Erforschung der menschlichen Sensorik, der Hirnforschung, der Kulturwissenschaften, der Marktforschung und der Künstlichen Intelligenz (Scheier/Held, 2006, S. 22).

Scheier und Held (2006, S. 26) verwerfen das Zwei-Hemisphären-Modell u. a. mit der Begründung, dass die Amygdala als Emotionszentrum nicht einer bestimmten Hemisphäre zurechenbar ist und dass die beiden Gehirnhälften miteinander durch den Corpus Callosum verbunden sind. Scheier und Held (ebd.) gehen davon aus, dass alle Informationen im Gehirn emotional bewertet werden. Als Beispiel wird eine bestimmte Hirnregion, das Gesichtsareal (fusiform Gyrus), angeführt, welche für das Erkennen von Gesichtern verantwortlich ist. Diese liegt ungefähr in der Mitte des Gehirns und ist mit den emotionalen Zentren des Gehirns verbunden. Scheier und Held (2006, S. 60ff.) erklären die Funktionsweise des Gehirns auf eine andere Art und Weise. Sie sprechen von zwei verschiedenen Systemen im Gehirn, dem Piloten und dem Autopiloten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Pilot und Autopilot - zwei Systeme im Gehirn

(Scheier/Held, 2006, S. 60)

Der Autopilot symbolisiert die unbewussten, automatisch ablaufenden Prozesse, während der Pilot für die rationalen und bewussten Prozesse steht. Die Unterscheidung findet also hauptsächlich auf der Bewusstseinsebene statt. In diesem Modell integrieren beide Systeme sowohl kognitive als auch emotionale Prozesse. Codes, sog. Wahrnehmungsmuster, werden durch die unbewussten sensorischen Areale aufgenommen und werden mit bereits gespeicherten Mustern verglichen. Vorhandene emotionale und informierende Assoziationen können in die Einstellungen und Emotionen einfließen. Die beiden Autoren (2006, S. 47f.) vertreten sogar die Meinung, dass der Autopilot den Großteil der Reaktionen steuert. Das Gehirn wird jede Sekunde mit einer Datenmenge von 11 Millionen Bits durch die fünf Sinne versorgt. Das bewusste Erleben durch den Piloten umfasst jedoch nur 40 bis 50 Bits pro Sekunde. Die Aufgabe des Piloten ist es, das Verhalten rational und analytisch zu rechtfertigen.

Demzufolge sollte Werbung immer den „Autopiloten“ des Empfängers bedienen. Des Weiteren sollten immer relevante Codes und Emotionen angesprochen werden. Bei wichtigen Kaufentscheidungen, wie beispielsweise dem Kauf eines Autos, sollte Werbung zusätzlich dem „Piloten“rationale Gründe liefern das Auto zu kaufen. Ein Beispiel hierfür wäre zum Beispiel die Information, dass das Auto einen Vier-Rad-Antrieb hat (Scheier/Held, 2006, S. 64).

2.3 Vergleich kognitiver und emotionaler Prozesse

Beim Vergleich kognitiver und emotionaler Prozesse fällt auf, dass ein Teil der Literatur Kognitionen und Affekte trennt und ein anderer Teil einen untrennbaren Zusammenhang zwischen diesen beiden Arten der Prozesse sieht. Einige Modelle fokussieren die bewusste Informationsverarbeitung und vernachlässigen die weitgehend automatisch ablaufende nicht-bewusste Informationsverarbeitung sowie die damit verknüpften emotionalen Vorgänge. Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 239f.) führen hierzu bespielsweise an, dass aktivierende und emotionale Vorgänge die menschliche Aufmerksamkeit aber auch die Informationsaufnahme lenken.

Schon im Jahr 1980 weist Zajonc auf einige Studien und klinische Phänomene hin, von denen man Erkenntnisse über den Zusammenhang von affektiven und kognitiven Prozessen ableiten kann. Demzufolge sollen affektive und kognitive Systeme weitgehend unabhängig voneinander sein, sich jedoch trotzdem beeinflussen können. Er ist der Ansicht, dass affektive Prozesse schnell sind und den kognitiven Prozessen zeitlich vorangehen können. Diese Sichtweise war in den 80er Jahren recht neu, weil die Forschung hauptsächlich kognitive Prozesse als Grundlage der emotionalen Prozesse ansah. Affektive Reize könnten somit entschlüsselt werden, ohne dass es einer komplizierten kognitiven Elaboration bedürfe (Zajonc, 1980, S. 151).

Dagegen vertreten Calder und Gruder (1989, S. 277ff.) im Rahmen der „network theory“ die Ansicht, dass emotionale Appelle nur die Einstellung eines Menschen beeinflussen können, wenn sie Assoziationen mit kognitiven Prozessen wecken. Diese kognitiven Prozesse stellen die notwendigen Verknüpfungen zum Produkt her. Calder und Gruder (ebd.) vertreten die Meinung, dass es kognitive Netzwerke gibt und führen als Beispiel das „Konzept Mutter" an. Ein kleines Kind assoziiert mit seiner Mutter zunächst Essen und Emotionen wie z.B. Liebe. Die Mutter gibt also Essen. Mit dem Älterwerden wird die Mutter mit neuen Konzepten assoziiert, wie z.B. mit bestimmten Regeln und Bestrafungen. So entwickelt sich ein kognitives Netzwerk, welches durch Assoziationen verknüpft ist. Ein Werbestimulus muss einem Konzept sehr ähnlich sein, um die damit verknüpften Assoziationen zu wecken. Wenn der Reiz eine bestimmte Wahrnehmungsschwelle überschreitet und somit die ausreichende Ähnlichkeit mit einem Konzept aufweist, setzt sich der Impuls durch die assoziativen Netzwerke fort und es kommt zur Informationsverarbeitung.

Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 240) behaupten dagegen, dass Emotionen die Informationsverarbeitung durchaus begleiten können, aber Entscheidungsprozesse nicht ausschließlich auf der rein kognitiven Informationsverarbeitung basieren müssen. Wenn ein bestimmtes emotionales Reizmuster von außen auf das Gehirn trifft und dort mit vorhandenen Schemata abgeglichen wird, können dabei kognitive und emotionale Prozesse zusammenwirken. Hiermit lassen sich gut Wirkungsweisen emotional und informativ besetzter Werbebotschaften bewerten.

Scheier und Held (2006, S. 134ff.) sprechen auch davon, dass Emotionen Informationsverarbeitungsprozesse begleiten können und dass die meisten Prozesse unbewusst ablaufen. Auch sie sprechen von Netzwerken. Diese Netzwerke verknüpfen im Gegensatz zur Theorie von Calder und Gruder neben Informationen auch Emotionen. Dabei ist das Produkt oder die Marke als solche, nicht mit anderen Vorstellungen verknüpft. Vielmehr bestimmt ein charakteristisches Muster des „neuronalen Netzwerks“ das Produkt und seine Bedeutung (ebd.).

Die Frage ist, womit was erklärt werden kann, also wann welches Modell geeignet ist. Einige Erklärungsmodelle leisten einen wichtigen Beitrag zur Erklärung kognitiver, informationsintensiver Prozesse und andere wiederum erklären gut emotionale Wirkungsweisen. Außerdem gibt es Modelle, die Emotionen in die kognitive Verarbeitung integrieren. Während Scheier und Held der rational-bewussten Informationsverarbeitung nur eine unterlegene, begründende Rolle zusprechen, spielt diese Informationsverarbeitung bei der kognitiven Psychologie die zentrale Rolle. Bei den Aktivierungsprozessen geht es vorrangig darum, die Aufmerksamkeit und damit das Bewusstsein mit Hilfe von beispielsweise Emotionen zu wecken. Das Hemisphären-Modell trennt eindeutig emotional-bildhafte von rationalen Prozessen.

Den Theorien haben gemein, dass rationale Informationsverarbeitung zumindest überwiegend bewusst abläuft. Für die Beurteilung informierender Werbungen, im Hinblick auf ihre Wirkungsweise gehen kognitive Modelle davon aus, dass Informationen bezüglich eines Produkts, aufgenommen und sachlich beurteilt werden. Es werden Pro- und Kontraargumente abgewogen, der Rezipient der Werbung gewinnt somit bezüglich des Produkts eine Einstellung und leitet daraus Konsequenzen für sein künftiges Verhalten bezüglich dieses Produkts ab. Das Neuromarketing empfiehlt zusätzlich zu informierenden Inhalten auch sog. Codes, wie z.B, in Form emotionaler Inhalte, zu verwenden. Kroeber-Riel und Weinberg (2.2.5) gehen davon aus, dass bei genügend Aktivierten es für eine informierende Werbung nicht zusätzlicher aufmerksamkeitsweckender Stimuli bedarf.

Dem Neuromarketing zu Folge sollte Werbung immer das Unterbewusstsein in Form von bekannten Mustern oder Emotionen ansprechen. So sollen im Unterbewusstsein des Menschen Erlebniswelten entstehen bzw. initiiert werden. Außerdem sollen bekannte Wahrnehmungsmuster die bewusste Verarbeitung von Informationen unterstützen. Emotionale Werbung empfiehlt sich auch nach Kroeber-Riel und Weinberg zur Aktivierung des Bewusstseins.

Im Folgenden werden die informierende sowie die emotionale Werbung mit ihren Besonderheiten näher erläutert und mit Beispielen untermalt.

2.4 Informierende Werbung

2.4.1 Begriff der Information

Es gibt unterschiedliche Definitionen des Begriffs Information in der Literatur, wobei sich dieser Begriff in der Betriebswirtschaftslehre eher auf Nachrichten oder auf Wissen bezieht. Unter dem nachrichtenbezogenen Informationsbegriff versteht man ein wertfreies Signal, welches von einer Quelle ausgesendet wird. Dabei werden das Verhalten der Empfänger und die Bedeutung der Nachricht außer Acht gelassen. Es geht hier also nur um ein syntaktisches, physikalisches Signal, welches Träger von Zeichen ist, wie beispielsweise die Schrift. Beim wissensbezogenen Informationsbegriff spielen Kognitionen und Ergebnisse auf der Seite des Empfängers durchaus eine wichtige Rolle. Es geht um die prozessbezogene Übermittlung von Wissen, als auch um das zweckorientierte und ergebnisbezogene Wissen mit einer inhaltlichen Interpretation und Bedeutung. Information ist hier - im Gegensatz zum nachrichtenbezogenen Begriff - eine subjektive, vom Empfänger und seiner Informationsverarbeitung abhängige Größe (Eisend, 2003, S. 8ff.). Kuhlmann (1970, S. 30f.) unterscheidet sogar drei Stufen der Kommunikation (Semiotik): Syntaktik, Semantik und Pragmatik. Auf der Stufe der Syntaktik handelt es sich bei dem Signal lediglich um eine kodierte physikalische Substanz ohne inhaltliche Bedeutung. Erst auf der nächsten Stufe, der Semantik, bekommt das Signal eine Bedeutung. Es wird nämlich vom Empfänger decodiert. Beispielsweise wird die Abfolge von Buchstaben als ein bestimmtes Wort mit seiner Bedeutung erkannt. Dieses mit Inhalt gefüllte Signal bekommt durch die Decodierung die Gestalt einer Nachricht - beispielsweise einer Werbenachricht. Ob diese Nachricht eine Relevanz für den Empfänger hat, zeigt sich erst auf der nächsten Stufe, der sog. Pragmatik. Nur ein kleiner Teil der auf den Empfänger eintreffenden Werbenachrichten stimmt mit seinen Konsumbedürfnissen überein, und nur wenn diese Nachrichten bezüglich der Bedürfnisse des Konsumenten relevant sind, werden sie zur Information.

Der Informationsgehalt einer Information wird von Neske (1983, S. 142) an der Höhe der Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen gemessen. Nachrichten mit hohem Informationsgehalt sind Nachrichten über seltene bzw. unwahrscheinliche Ereignisse. Der Informationsgehalt ist umso größer, je größer die Unbestimmtheit vor einem Ereignis war. Als informative Werbung bezeichnet Neske eine Art der Werbung, welche an die Urteilsfähigkeit der Umworbenen appelliert. Dabei sollen sachliche und nicht emotionale Eigenschaften des Produkts herausgestellt werden (ebd.). Einzelinformationen können in absoluter Form oder in relativer Form vorliegen. Beispielsweise gibt die absolute Informationsform den Preis einer Marke an, während die relative über den Preis einer Marke im Verhältnis zu anderen Marken informiert (Kuß, 1987, S. 143).

2.4.2 Informationsaufnahme

Die folgende Schilderung stützt sich hauptsächlich auf die kognitive Informationsverarbeitung. Damit soll die rationale Seite, also die Aufnahme informativen Inhalts ins Langzeitgedächtnis, in den Fokus gerückt werden.

Kroeber-Riel/Weinberg (2003, S. 244) erklären die Informationsaufnahme folgendermaßen. Die Sinnesorgane eines Individuums nehmen Reize wahr, welche zunächst in den sensorischen Speicher gelangen. Schon dort unterliegen sie einer teilweisen Entschlüsselung, das bedeutet, sie werden beispielsweise als akustische oder optische Muster wahrgenommen. Danach gibt es grundsätzlich zwei Wege des weiteren Verlaufs. Zum einen werden die Signale vom zentralen „Prozessor“ aufgenommen, genauer verarbeitet und tragen so zur Steuerung komplexer kognitiver und aktivierender Prozesse bei, deren Ergebnisse Gefühle, Assoziationen und Entscheidungen sein können. Beim zweiten Weg geht es um Reize, welche kaum vom zentralen Prozessor verarbeitet werden, aber dennoch unbewusst zu aktivierenden Vorgängen führen. Wichtig ist die Informationsaufnahme durch den Kurzzeitspeicher und die Verarbeitung durch den zentralen „Prozessor“, da erst ab hier die kognitive Verarbeitung stattfindet. Im zentralen Prozessor werden nicht nur äußere Reize verarbeitet, sondern auch interne, im Langzeitgedächtnis bereits gespeicherte Informationen. Interne Informationen können willentlich aus dem Langzeitgedächtnis ins Bewusstsein übernommen werden. Eine gleichzeitige Aufnahme von externen und internen Informationen kann aus einer aktiven Informationssuche oder einer unbeabsichtigten Informationsübernahme herrühren. Das kognitive Regelwerk bestimmt also auch die Quellen der Informationsaufnahme. Die Intensität der Informationsaufnahme bestimmt somit den Ablauf der Aufnahme von Informationen. Sie beantwortet also die Frage, wie stark die Antriebskräfte sind Informationen aufzunehmen. (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 244ff.). Als Zweck der Informationsaufnahme kann die Reduktion der Ungewissheit angesehen werden (Kuß, 1987, S. 156). Bei einem beabsichtigten Kauf können dem Konsumenten noch externe, das heißt nicht bereits in seinem Gehirn gespeicherte Informationen, fehlen. Die Merkmale deren Beschaffung können sich auf die Art und Menge der betrachteten Produkteigenschaften und Kaufalternativen, Informationsquellen, die Menge der Informationen sowie die Reihenfolge der Einzelinformationen beziehen. Der Konsument beachtet dabei am stärksten die Preisinformationen sowie Schlüsselinformationen, wobei dies meist nur ein kleiner Teil der dargebotenen Informationen ist (Kuß, 2001, S. 640ff.).

Für eine Werbebotschaft spielt die Überbringung der Produkteigenschaften meist eine zentrale Rolle, so unterteilt Royo-Vela in seiner Arbeit (2005, S. 28) fünf Informationstypen, die darauf abzielen was das Produkt ist, wie man es benutzt, welche Komponenten oder Inhalte es hat, welche Funktionen es gibt sowie welche Vorteile aus dem Gebrauch entstehen können.

2.4.3 Beispiele informierender Werbung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Informierende Werbung

(links: Schalk/Thoma (Hrsg.), 2006, S. 590; rechts: Schalk/Thoma (Hrsg.), 2006, S. 325)

Auf dem linken Bild informiert die Firma creasoft über die drei Standbeine ihrer Dienstleistungen -Projektbearbeiter, Projektmanagement und Programmierung. Rechts ist eine Werbung des Fahrradkomponenten-Herstellers Shimano zu sehen: Unter dem Landschaftsbild informiert die Firma sowohl bildlich als auch schriftlich über die Beschaffenheit und Funktionsweise ihres neuen Hydraulik-Bremssystems: „…Durch lineares Ansprechverhalten sind alle Bremsen hervorragend zu dosieren. Für das Finetuning gibt es unterschiedlich große Bremsscheiben und metallische oder organische Bremsbeläge. …“ (Schalk/Thoma (Hrsg.), 2006, S. 325). Es handelt sich bei dieser Shimano-Werbung streng genommen um einen emotionalen Landschaftsappell mit Informationen im unteren Bereich. Das untere Drittel informiert sehr gut über das Produkt, außer der ausführlichen schriftlichen Passage wird das Produkt abgebildet, so dass sich der Konsument gut über die Beschaffenheit, die Eigenschaften und Nutzenvorteile informieren kann.

2.5 Emotionale Werbung

2.5.1 Abgrenzung des Begriffs Emotion

In der Literatur ist der Begriff Emotion sehr unstandardisiert, so dass es sehr viele unkongruente Definitionen gibt. Für Kroeber-Riel und Weinberg ist der Begriff Emotion synonym mit einem Gefühl, welches beispielsweise Freude oder Angst sein kann. Zu den zehn primären, angeborenen Emotionen zählen: Interesse, Freude (Vergnügen), Überraschung (Schreck), Kummer (Schmerz), Zorn (Wut), Ekel (Abscheu), Geringschätzung (Verachtung), Furcht (Entsetzen), Scham und Schuldgefühl (Reue). Eng verwandt mit dem Begriff Emotion sind die Worte Affekt und Stimmung. Affekte spiegeln dabei die zeitlich kurzfristigen Gefühle wider, die Akzeptanz oder Ablehnung ausdrücken. Stimmungen werden als lang anhaltende Gefühle bezeichnet, die - im Gegensatz zu Affekten - nicht auf einen bestimmten Sachverhalt abzielen. Beispiele für Stimmungen können Niedergeschlagenheit oder Sorglosigkeit sein. Um messbare Merkmale von Emotionen zu bestimmen, werden drei Verhaltensebenen unterschieden. Diese Ebenen sind das subjektive Erlebnis, die neurophysiologischen Vorgänge und das beobachtbare Ausdrucksverhalten (beispielsweise Mimik). Bei Freude kann das subjektive Erlebnis ein Gefühl von Selbstvertrauen oder das Gefühl geliebt zu werden umfassen, während sich die neurophysiologischen Vorgänge als spezifische Vorgänge der elektrischen Potenziale in der Gesichtsmuskulatur auffassen lassen. Der Ausdruck von Freude lässt sich als Lächeln oder Lachen beobachten. Leider stehen diese drei Komponenten der Emotion nicht immer in eindeutiger Beziehung zueinander, was bei der Messung zu Problemen führen kann (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 100ff.).

2.5.2 Einordnung von Emotionen

Eine Einordnung der Emotionen findet sich in der Arbeit von Russell (1980, S. 1167): Dabei werden Emotionen in positive und negative Gefühle unterteilt (von unangenehm bis angenehm) und es wird gleichzeitig der Grad der Erregung (von passiv bis aktiv) auf einem zweidimensionalen Koordinatensystem erfasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Einordnung der Emotionen nach Russell

(Russell, 1980, S. 1167)

So finden sich im ersten Quadranten (oben rechts) Gefühle wieder, die für einen aufmerksamen und positiv eingestellten Empfänger stehen, wie beispielsweise „cheerful“ (fröhlich, vergnügt), „surprised“ (überrascht), „excited“ (erregt), und „happy“ (glücklich). Der zweite Quadrant spiegelt negative Gefühle bei einem erregten Zustand wider, wie zum Beispiel „tense“ (ziemlich nervös), „terrified“ (schreckliche Angst haben), „distressed“ (Not leidend) und „angry“ (verärgert, böse). Im dritten Quadranten findet sich der passive Empfänger mit negativen Gefühlen wieder, wie „unhappy“ (unglücklich), „bored“ (gelangweilt) und „sad“ (traurig). Der vierte Quadrant beschreibt positive Gefühle bei einem kaum erregten Gemütszustand, beispielsweise: „relaxed“ (entspannt), „satisfied“ (befriedigt), serene (heiter) und „pleasure“ bzw. pleased (vergnügt).

2.5.3 Emotionen in der Werbung

Anstatt zu versuchen den Konsumenten zu überzeugen, kann Werbung auf indirektem Wege beeinflussen. Mit Hilfe emotionaler Appelle lassen sich bestimmte, meist positive Gefühle des Konsumenten mit dem Produkt verknüpfen. Außerdem lässt sich mit emotionalen Stimuli sehr gut Aufmerksamkeit erzeugen. Emotionale Reize erzeugen automatisch vorprogrammierte Reaktionen, die nicht erst erlernt werden müssen.

Werbesignale können an verschiedene Emotionen appellieren. Am häufigsten richten sich Appelle an soziale Anerkennung, Erotik, Abenteuer, Freiheit, Natur, Gesundheit, Genuss, Lebensfreude und Geselligkeit. Es gibt aber auch viele andere Appelle, wie Gemütlichkeit, Sportlichkeit, Jugendlichkeit, Geborgenheit, Tradition usw. (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 115). Im Folgenden werden emotionale Appelle an Erotik, Humor, Furcht, Natur und Geselligkeit skizziert.

Erotische Appelle werden sehr häufig verwendet und gelten als zuverlässig, um Aufmerksamkeit weitgehend unabhängig von Zielgruppenbetrachtungen zu wecken. Für eine angemessene Betrachtung sollten diese Appelle differenzierter betrachtet werden. Die Wirkung hängt sehr davon ab, ob das umworbene Produkt selbst überhaupt sinnlich ist. Andernfalls könnte der erotische Stimulus statt Aufmerksamkeit zu erwecken, auch ablenken. Ferner sollte berücksichtigt werden, dass vor allem Frauen auf weibliche Nacktheit empört reagieren könnten. Zwar sind Konsumboykotte relativ selten, die negative Einstellung gegenüber der Werbung sollte jedoch nicht unterschätzt werden (Görgen, 2005, S. 83).

Humor kann sowohl kognitiv als auch affektiv in der Werbung wirken. Die affektive Wirkung basiert auf Gefühlen der sozialen Überlegenheit, auf dem Abbau aggressiver Gefühle oder sonstiger psychischer oder physischer Spannungen. Die kognitive Wirkung besteht darin, dass Humor den Menschen aktiviert und ihn zur Informationsverarbeitung anregt. Auf der anderen Seite, kann lustige Werbung vom eigentlichen Inhalt ablenken, wenn der Bezug zur Botschaft fehlt. Behrens und Großerohde (1999, S. 249ff.) vermuten, dass Humorwirkungen auf die Informationsverarbeitung auch von anderen Dingen, wie beispielsweise der Art des Produktes abhängen, ohne diese jedoch genauer zu spezifizieren.

Es gibt Werbungen, die nicht positive Gefühle vermitteln, sondern im Gegenteil, dem Empfänger Furcht einjagen möchten. Meistens gehen diese Werbungen nach dem folgenden Muster vor. Es wird mit dem Furchtappell eine bedrohliche Situation geschaffen, um gleich daraufhin eine Erleichterung, meistens in Form des beworbenen Produktes, zu bieten. Oft sind es Versicherungen, Schloss- und Alarmanlagenhersteller sowie Pharmaproduzenten die mit Angstappellen arbeiten, aber auch Gesundheitsorganisationen, die beispielsweise vor den Folgen des Rauchens warnen, können dazu gezählt werden. Die Wirkungen können jedoch zweischneidig sein. Auf der einen Seite könnte ein angemessen starker Furchtstimulus zu einer stärker an der Empfehlung orientierten Einstellung führen. Auf der anderen Seite jedoch könnte ein stark bedrohender Angstappell zu Abwehrreaktionen führen (Görgen, 2005, S. 87). Das Problem liegt darin, dass jeder Mensch dabei individuell reagiert und dass bei jedem die Angstschwelle höher oder niedriger liegt.

Sollen Produkte mit einem sozialen Erlebniswert beworben werden, empfiehlt es sich, das Gefühl der Geselligkeit zu vermitteln. Es gibt zwei grundlegende Techniken. In der Slice-Of-Life-Technik wird ein Ausschnitt aus dem Leben gezeigt, zum Beispiel eine glückliche Familie, die sich den Philadelphia-Frischkäse auf die Frühstücksbrötchen schmiert. So wird das Lebensgefühl einer glücklichen Familie mit dem Frischkäse verknüpft. In der Lifestyle-Technik spielen dagegen Bezugsgruppen eine Rolle. Das Produkt soll die Zugehörigkeit zu einer Lifestylegruppe manifestieren und den Lebensstil authentisch repräsentieren (Görgen, 2005, S. 83).

Landschaften, Naturerlebnisse und Traumwelten können dazu beitragen, dass sich der Konsument besser an das umworbene Produkt erinnert. Auch werden Produkte besser bewertet, wenn das Konsumentenempfinden kongruent mit den Stimmungen in der Werbung ist. Wichtig dabei ist, dass der Empfänger das empfindet, was die Werbung transportieren möchte. Aber genau das ist schwer zu bestimmen. Eine Hilfestellung kann das Programm- bzw. Stimmungsumfeld leisten: Wird beispielsweise eine Bierwerbung, die Klarheit und Frische mit dem Produkt verknüpfen möchte, innerhalb einer naturnahen Reisesendung gebettet, steigt die Wahrscheinlich für die Kongruenz der Rezipientenstimmung. Es gibt jedoch auch eine Kehrseite. Ähnlich wie bei Humor scheint gute Stimmung den Informationsaufwand zu reduzieren. Möchte die Werbung nur den Weg über die Emotionen gehen, ist es kein großes Problem. Soll aber Information an den potenziellen Kunden übermittelt werden, könnte er seine Verarbeitungskapazitäten aufgrund der guten Stimmung abgeschaltet haben und sich nur durch den Fernseher berieseln lassen (Görgen, 2005, S. 83).

2.5.4 Beispiele emotionaler Werbung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Humor

(links: Schalk/Thoma (Hrsg.), 2006, S. 33; rechts: Schalk/Thoma (Hrsg.), 2006, S. 377)

Auf dem linken Bild ist die Werbung für ein Frankfurter Museum zu sehen. Abgebildet ist ein Fragment des Gemäldes „Wirtshausinterieur“ von Jacob Ochtervelt - Holland, 17. Jh. (http://www.staedelmuseum.de/index.php?id=766, 27.11.2006). Dessen Szene wird mit dem modernen Begriff „Breakdance“ betitelt und damit in Zusammenhang mit einem modernen Tanzstil gebracht. Auf dem rechten Bild wirbt die Zeitung „WELT KOMPAKT“ für das neue handliche Format. Dabei wird das Gesicht der Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem eines Babys verschmolzen. Das Bild weckt den Humor und symbolisiert, dass wichtige Nachrichten im kleinen Zeitungsformat erscheinen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Furchtappell und Erotik

(links: Rieder, 2006 S. 67; rechts: Sachs, 2006, S. 62)

Das linke Bild wirkt „Erschreckend! Doch so soll es sein, wenn Ruf Lanz mit einem zur Horrormaske verzerrten Velohelm für die Suva [Unfallversicherung] zum Helmtragen aufruft.“ (Rieder, 2006, S. 67). Auf dem rechten Bild ist ein Plakat aus dem Jahr 2005 des Dessous-Herstellers Triumph abgebildet. Durch den erotischen Appell wird Aufmerksamkeit erzeugt und die Sinnlichkeit des Produkts vermittelt.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2006
ISBN (PDF)
9783958205345
ISBN (Paperback)
9783958200340
Dateigröße
7.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Informationsaufnahme Involvement Emotionale Konditionierung Werbewirkung Informationsverarbeitung
Zurück

Titel: Die Wirkung von Werbung: Beeinflussung durch Informationen und Emotionen
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
78 Seiten
Cookie-Einstellungen