Lade Inhalt...

Die Finanzkrise 2007 - 2009: Die Auslöser der Krise und deren Folgen für die Automobilbranche

©2014 Bachelorarbeit 68 Seiten

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Thematik der Finanzkrise auseinander. Es werden die Ursachen und Auswirkungen sowie der Werdegang der Finanzkrise beschrieben. Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Finanzkrisen werden herausgearbeitet. Zudem wird die Verknüpfung der Finanzkrise zu der Realwirtschaft erläutert. Es werden die unmittelbaren Auswirkungen auf die verschiedenen Märkte (Geld- und Kapitalmarkt, Arbeitsmarkt, Immobilienmarkt, Unternehmen) analysiert. Der Hauptfokus wird auf die Auswirkungen in der Automobilindustrie gelegt. Dargestellt wird der Automarkt unmittelbar nach Eintreten des Ungleichgewichtes in der Wirtschaft. Zudem wird der Frage nachgegangen, ob die erlassenen Staatsmaßnahmen eine längerfristige Wirkung aufweisen. Zusätzlich wird die heutige Situation dargestellt. Es werden die Zukunftsaussichten der Automobilindustrie kritisch analysiert und Lösungsvorschläge werden unterbreitet.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.1.2 Weitervergabe von Kreditrisiken

Die expansive Geldpolitik der Fed, hat nicht nur einen Immobilienhype ausgelöst, sondern sie gab auch Finanzakteuren einen großen Spielraum. So wurden neuartige Techniken der Verbriefung herausgearbeitet, um das Risiko der Kreditforderungen aufzuteilen.[1]

Verbriefungen (engl. Securitizations) stehen für die Umwandlung von nicht handelbaren Forderungen in handelbare Wertpapiere. Kredite mit längerfristigen regelmäßigen Kredittilgungszahlungen können zum Barwert unmittelbar nach der Vertragsabwicklung in Form von Verbriefungen an Dritte verkauft werden. Der Käufer beschafft sich die Mittel, durch die Ausgabe von Wertpapieren und deren Platzierung in einem organisierten Geld- oder Kapitalmarkt (Börse oder Private Placement), wieder .Diese Art von Refinanzierung mittels Verbriefungen wird in Form von „ Asset Backed Commercial Papers“(ABCPs) durchgeführt, beziehungsweise die Wertpapiere werden „ Asset Backed Securities“ (ABS) genannt. Handelt es sich hierbei um Immobilienkredite, so werden diese als „ Mortgage Backed Securities“ (MBS) bezeichnet.[2] Somit entsteht ein hoher „Leverage-Effekt“ oder auch „Hebeleffekt“ genannt. Dieser Effekt sorgt dafür, dass die Eigenkapitalrentabilität durch den Einsatz des Fremdkapitals (Kapital aus Verbriefungen), anstelle von Eigenkapital, steigt.[3]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Grundstruktur einer Finanzierung

Quelle: Pfingsten, Andreas (2007), Wirtschaftsdienst (Hrsg.), S. 637

Im Zuge der US-Immobilienkrise wurden neue Techniken der Verbriefung kreiert, um mehr Kapital zu beschaffen. So wurde das Prinzip „originate and distribute“ als Geschäftsmodell besonders gefördert. In diesem Rahmen werden Kredite an Privatpersonen, von Banken in den USA, herausgegeben und diese Kredite werden dann verbrieft weiter an Investoren auf der ganzen Welt verkauft.[4] Auf diesem Weg können Pensionsfonds, Versicherungen, Hedgefonds sowie Zweckgesellschaften indirekt an den Kreditaktivitäten der US-Amerikanischen Privathaushalte teilhaben. Durch die Abgabe der Kreditforderungen an andere Institutionen werden zum einen die Eigenkapitalausstattung und die Bilanz der Bank nicht belastet und zum anderen fließt wieder Geld in die Banken, um weitere Kredite herausgeben zu können. Im Folgenden werden die neuartigen Verbriefungsmodelle näher erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Formen der Verbriefung

Quelle: o.V.(2007/2008) Jahresbericht, Sachverständigenrat für Wirtschaft (Hrsg.), S. 109.

Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Verbriefungsformen. Es wird zwischen „echter Verbriefung“ (True Securisation oder True Sale Verbriefung) und „synthetischer Verbriefung“ (Synthetic Securisation) unterschieden. Bei der echten Verbriefung werden die Kredite zum Barwert an Drittunternehmen weiterverkauft und fallen somit ganz aus der Bilanz der Bank weg. Im Gegensatz zu den echten Verbriefungen verbleiben bei der synthetischen Verbriefung, die Kredite bei der Bank und somit auch in der Bankbilanz und es wird nur das Kreditrisiko verbrieft an den Risikonehmer übertragen. Bei der letztgenannten Verbriefungsart wird noch in „Funded Sale“ und „Unfunded Sale“ unterschieden.

Im Zuge des Unfunded Sale wird seitens des Risikogebers (Originator, s. Abb.2) nur das verbriefte Risiko weitergegeben. Es fließt kein Geld, da es sich hierbei lediglich um ein reines Versicherungsgeschäft handelt. Der Risikonehmer ist nur dann zu Zahlungen verpflichtet, wenn es zu einem Kreditausfall kommt.

Beim Funded Sale hingegen fließen, direkt beim Vertragsabschluss, finanzielle Mittel. Der Risikonehmer verpflichtet sich zu einer Zahlung, in Höhe des erwarteten Risikos, der dem aus dem Kreditportfolio entspricht. Diese finanziellen Mittel werden dann, seitens des Originators, in Anleihen investiert. Bei einem tatsächlichen Kreditausfall stehen sie dann dem Originator zur Verfügung. Kommt es nicht zu einem Schadensfall, dann fließt das Geld an den Risikonehmer zurück. Wie man der Abb.3 entnehmen kann, handelt es sich bei der echten Verbriefung immer um einen Funded Sale, da es bei dieser Form immer an einen Zahlungsverkehr, vom Risikonehmer an den Risikogeber, verknüpft ist.

Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist die Anzahl der Kredite. Es kann sich entweder um ein einzelnen Kredit handeln oder um ein ganzes Kreditportfolio. Bei dem Verkauf beziehungsweise der Risikoübertragung von mehreren Krediten, sogenannten Kreditportfolios, ist zumeist eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle) zwischen den beiden Parteien involviert.[5]

Im Folgenden werden die verschiedenen neuartigen Techniken der Verbriefung, die im Zusammenhang mit der Finanzkrise 2007 bis 2009 standen, erläutert. Im näheren werden auf die Credit Default Swaps und Credit Linked Note eingegangen.

2.1.2.1 Credit Default Swap

Der „ Credit Default Swap“ (CDS) ist eine synthetische Verbriefung mit einem Unfunded Sale. Es handelt sich hierbei im Prinzip um einen klassischen Versicherungsvertrag jedoch mit zwei Unterschieden. Einerseits werden CDS außerbörslich gehandelt und andererseits muss man die Anleihen, auf denen ein CDS abgeschlossen wurde, nicht besitzen. Diese Art der Verbriefung ermöglicht es, sich gegen das Risiko des Ausfalls von einzelnen Krediten abzusichern. Die Hauptbeteiligten sind zu einem der Risikogeber (Bank) und zu anderem der Risikonehmer. Der Risikogeber definiert vorher ein Kreditereignis. Bei Eintritt des Kreditereignisses ist der Risikonehmer verpflichtet eine Ausgleichszahlung in Höhe des eingetretenen Verlustes zu erstatten. Im Gegenzug dazu erhält er, bei der standardisierten Form des CDS, eine wiederkehrende Prämie (Spread).[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Credit Default Swap Quelle: Heidorn, Thomas (1999), S. 5.

2.1.2.2 Credit Linked Note

Für das Verteilen des Risikos von mehreren Krediten (Kreditportfolios) wird unter anderem die Verbriefungsmethode des „ Credit Linked Note“ (CLN) verwendet. Bei dieser Methode handelt es sich um eine synthetische Verbriefung mit einem Funded Sale. Ähnlich zu CDS hängen diese Kreditderivate von einem Kreditereignis ab, jedoch tritt der Risikonehmer hier als Käufer auf. Der Käufer kauft diese Anleihen zum Nominalwert. Der Risikogeber emittiert diese Anleihen zu dem entsprechenden Nominalbetrag, die eine feste Verzinsung zu marktgerechten Konditionen herbeiführen und behält sie in seiner Bilanz. Die Auszahlung der Zinsen an den Risikonehmer erfolgt zumeist vierteljährlich oder halbjährlich. Der Erlös dient zur Absicherung des Kreditrisikos. Der Rückzahlungsbetrag richtet sich am Nominalwert, falls kein Kreditereignis eingetreten ist, andernfalls wird der Rückzahlungsbetrag abzüglich der Ausgleichszahlung gezahlt.[7]

2.1.2.3 Chancen von Verbriefungen

Die starke Zunahme der Verbriefungen vor der Finanzkrise ist ein klares Indiz dafür, dass diese Methode viele Vorteile für die Finanzmärkte mit sich bringt. Die wesentlichen Vorteile des Originators sind zum einen die verbesserte Möglichkeit der Risikostreuung. Wie bereits in Kap. 2.1.1. erläutertet, können Investoren auf der ganzen Welt an ausländischen Verbriefungsaktivitäten teilhaben. Zudem bietet es eine hervorragende alternative zu anderen Finanzierungsaktivitäten, da zusätzlich noch das Eigenkapital entlastet wird und die Rentabilität des Risikogebers gesteigert wird (s. 2.1.2.„Leverage Effekt“). Da Banken einer strengen Regulierungsvorschrift zur Bereithaltung eines bestimmten Eigenkapitals unterliegen, wird diese Vorschrift durch das Instrument der Verbriefungen eingehalten. Zum anderen steht durch die Erhöhung des Eigenkapitals wieder genug Geld zur Verfügung, die einer anderen Verwendung zugeführt werden kann.[8] Verbriefungen bringen nicht nur auf Risikogeberseite erhebliche Vorteile mit sich, sondern auch auf der Gegenseite, nämlich auf der Seite des Investors bzw. Risikonehmers. Auf diese Weise können sich die diversen Finanzmarktakteure, wie unter anderem, Pensionsfonds, Versicherungen oder Hedgefonds, an den Kreditrisiken beteiligen und daraus entsprechende Erträge verbuchen. Durch diese Streuung des Risikos, ist es dem neuen Risikonehmer möglich die Risiken zu geringeren Kosten zu tragen, als es der Bank möglich gewesen wäre, welches in einer Volkswirtschaft insgesamt zu einer Risikokostenreduktion führt. Ein weiterer Vorteil ist die Diversifikation von Anlageportfolios. Dies bedeutet, dass die Vermögensbeträge nicht vollständig in eine Einzelanlage fließen, sondern auf verschiedene Anlageformen, wie beispielsweise Aktien, Anleihen, Investmentfonds verteilt und unter mehreren Finanzdienstleistern und Wertpapier-Emittenten auf gesplittet werden. Mit der Diversifikation soll unter anderem einem Totalverlust vorgebeugt werden indem die Teilbeträge in verschiedene Kategorien von Kreditderivaten bzw. Kreditportfolios aufgeteilt werden, die eine geringe Korrelation zueinander aufweisen.[9]

2.1.2.4 Risiken von Verbriefungen

Es stehen den vielfältigen Chancen, die die Finanzinnovation der Verbriefung mit sich bringen, aber auch Risiken gegenüber.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Risikokategorien

Quelle: Heidorn, Thomas (1999), S. 4.

Anhand der vorangestellten Abbildung (Abb.5) sind die verschieden Risiken aufgelistet. Unterteilt werden die Risiken in „ Adressenrisiken“ und „ Marktrisiken“. Die Adressenrisiken beziehen sich auf den Kreditnehmer eines Kredites und die Marktrisiken auf den Finanzmarkt.

Das größte Risiko ist das Terminrisiko bzw. das Ausfallrisiko. Bei diesen Risiken geht es um die Tilgung der Kredite, die entweder nicht termingerecht (Terminrisiko) erfolgen oder ganz ausbleiben (Ausfallrisiko) durch die mangelnde Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Die beiden erwähnten Risiken bilden letztendlich das Bonitätsrisiko. Unter Bonitätsrisiko wird die zukünftige Verschlechterung der Bonität des Schuldners verstanden, durch zum Beispiel die verspäteten Einzahlungen der Kreditratentilgung. Dies wirkt sich dann negativ auf die Emission und Kurs der Wertpapiere aus.[10]

Bei den Risiken die vom Finanzmarkt ausgehen, steht an erster Stelle das Zinsänderungsrisiko. Dieses Risiko entsteht dem Kreditgeber bei der Kreditvergabe und beschreibt die Gefahr einer Änderung der Zinsspannen. Wenn zum Beispiel das allgemeine Zinsniveau über den im Kreditvertrag vereinbarten Zins sich befindet. Weitere Marktpreisrisiken sind unter anderem Kursschwankungen bei der Währung oder bei Aktien.[11]

2.1.3 Geringe Risikowahrnehmung

Wie aus dem Bericht „Final Report of the National Commission on the Cause of the Financial and Economic Crisis in the United Stated“ hervorgeht, die von einer Gruppe von Sachverständigen, dem „Financial CrisisInquiry Commission“, erarbeitet wurde, war diese jüngste Finanzmarktkrise zu verhindern. Diese Krise entstand nicht durch unbeeinflussbare Faktoren, sondern beruht auf menschliches Fehlverhalten. Die Finanzverantwortlichen haben eindeutige Indizien und Anzeichen unterschätzt oder ganz ignoriert. Eindeutige Zeichen, die hätten genauer unter die Lupe genommen werden müssen, um eventuelle Maßnahmen zu ergreifen, waren unter anderem die drastische Zunahme von riskanten Subprime-Krediten und die damit verbundenen Verbriefungen, die unhaltbaren Immobilienpreissteigerungen und das Geringschätzen der Risiken und Gefahren der allgemeinen Verbriefungsaktivitäten. Alleine die Kreditvergabe an Geringverdiener war ein enormes Risiko, welches im großen Umfang stattfand.[12]

Aber warum wurden diese Anzeichen nicht wahrgenommen? Mögliche Gründe, die für eine geringe Risikowahrnehmung sprechen, werden im Folgenden näher analysiert.

Immobilien gelten als einer der sichersten Anlagen in der Finanzbranche und deshalb investieren Banken, in hohen Summen, in Hypothekenkredite. Der mögliche Ausfall von Kreditbegleichungen ist ein Gedanke, der in der Realität, so gut wie gar nicht auftritt. Wenn etwas in der Regel nicht bekannt ist oder nur sehr selten auftritt, dann wird das Risiko tendenziell abgewertet oder unterschätzt. Die Banken waren blind bezüglich des Risikos, da solche Schocks, die in Form von Ausfällen von Hypothekenkredittilgungen auftreten, selten sind und nicht erwartet werden. Im Laufe der Subprime-Krise kam es im großen Stil zu Kreditausfällen und zu einem solchen Schock auf dem Finanzmarkt. Im Jahr 2006 kam es zu 1,2 Millionen Kreditausfällen und Zwangsversteigerungen und im folgenden Jahr stieg die Anzahl auf zwei Millionen.

In Bezug auf die Subprime-Krise waren auch die Kreditnehmer risikofreudig und wollten die Risiken nicht sehen. Durch, die von der Bank empfohlene ARM-Methode, rannten ebenfalls die Schuldiger ins offene Messer, da die Zinsanpassungsoption ein fatale Gefahr war, der man keine Beachtung schenkte. Der Bürger vertraute auf die optimistischen Bankberatern und wägte sich in Sicherheit.

Ein weiterer Grund für eine zu geringe Risikowahrnehmung könnten die Gehälter der Bankenmanager sein. Die Gehälter und Sonderzahlungen, wie Prämien und Zuschüsse, der Top-Manager richten sich an den kurzfristigen Gewinn der Banken. Ausgerechnet die Mitarbeiter auf der Führungsebene, die das Risiko am besten abschätzen könnten, werden für die Nicht-Beachtung der Risiken belohnt, um kurzfristig erfolgreich zu sein. Die immer mehr zunehmende Gier der Menschen nach Vermögen und Kapital hat diese Krise in diesem Umfang erst ermöglicht.

Zusätzlich spielte der Wettbewerbsdruck noch eine Rolle. Um im Wettbewerb überhaupt mithalten zu können, wurden viele Finanzakteure gezwungen, die Augen vor den Risiken zu verschließen, um für den Markt weiter attraktiv zu bleiben und weiter im Spiel mitzuwirken.[13]

2.1.4 Fehlverhalten der Ratingagenturen

Neben den schon erwähnten diversen Auslöser der Finanzkrise, ist einer der wichtigsten Hauptursachen in dieser Arbeit noch nicht behandelt worden und zwar die Rolle der Ratingagenturen und die Zusammenhänge bei der Entstehung der Krise. Mängel und Schwachpunkte in der Tätigkeit der Ratingagenturen trugen zu der weltweiten Finanzkrise bei.

Ratingagenturen sind Unternehmen in Finanzdienstleistungsunternehmen, die sich auf die Bewertung von Schuldnern und Schuldtiteln spezialisiert haben. Diese Bewertung erfolgt anhand von sogenannten „Ratings“. Ein Rating ist eine Art Klassifizierung mittels einer Note auf einer zuvor festgelegten ordinalen Bewertungsskala.[14] Zu den drei größten Ratingagenturen der Welt gehören Standard & Poor’s, Fitch Ratings und Moody’s.[15] Die „Big Three“ hatten während der Krise einen Marktanteil von 95% und eine oligopolartige Stellung am Kapitalmarkt.[16]

Die Ursprünge der Ratingagenturen gehen zurück auf das 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurden mit Eisenbahn-Anleihen gehandelt. Mangels ausreichender Informationen über diese Anleihe war die Nachfrage nach Auskunft groß. John Moody stellte damals Investoren entgeltlich Informationen über die Anleihen zur Verfügung. Damals wurden die Agenturen nicht von Emittenten bezahlt, sondern von Investoren. Heute ist es genau andersrum, worauf noch näher in diesem Kapitel eingegangen wird.[17]

Um einen Einblick in die Welt der Ratings zu bekommen und die ganzen Zusammenhänge zu verstehen, werden im Folgenden die Aufgaben, die Ziele, die Marktmacht und die Kritik der Ratingagenturen genauer betrachtet, sowie die Verknüpfung zu der jüngsten Weltfinanzkrise hergestellt.

Ratingagenturen schätzen in erster Linie Kreditrisiken ein und bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken oder Staaten. Durch die Veröffentlichung der Bewertungen signalisieren sie dem Kapitalmarkt, wie es um die finanzielle Stabilität eines Unternehmens oder eines Staates bestellt ist und wie groß das Ausfallsrisiko für ein Wertpapier ist. Für ihre Bewertungsskala verwenden die Ratingagenturen Buchstabencodes. So ist die Bestnote ein Triple A (AAA) bis hin zur schlechtesten Note, welches mit dem Buchstaben D gekennzeichnet ist. Je schlechter die Bonität eines Schuldners eingestuft wird, desto schwieriger und teurer wird es für ihn sich Geld zu besorgen. Wenn ein Unternehmen also schlecht eingestuft wird, bedeutet dies, dass das Unternehmen mehr zahlen muss, um sich Kapital zu besorgen. Dies wiederrum birgt die Gefahr des Zirkelschlusses. Es entsteht eine mögliche Neuverschuldung, um die erhöhten Zinsen zu tilgen. Eine weitere Herabstufung durch die Ratingagenturen könnte die Konsequenz sein.

Bei den Ratings handelt es lediglich um Einschätzungen und basieren nicht auf eine genau festgelegte Formel. Sie soll Diskussionsstoff vermitteln und der Öffentlichkeit nur ein Richtwert aufzeigen.

Im Rahmen der Finanzkrise wurde einmal mehr deutlich, dass die „Ansichten“ der Ratingagenturen nur eine subjektive Beurteilung ist und keine verlässliche Bewertung. Am 15. September 2008 brach die New Yorker Investmentbank Lehman Brothers zusammen. Dieser Zusammenbruch war der Gipfel der Finanzkrise. Wie viele Geldhäuser spekulierte Lehman Brothers im großen Umfang mit faulen US-Immobilienkrediten basierenden Wertpapieren.[18] Diese Wertpapiere wurden lange Zeit von den Ratingagenturen als unbedenklich eingestuft. Auch die von Lehman Brothers ausgestellten risikobehafteten Zertifikate wurden lange als positiv bewertet. Mit den positiven Bewertungen wurden viele Anleger in die irregeführt und sahen sich in Sicherheit. Als der Immobilienmarkt jedoch zusammenbrach und die Kredite nicht mehr abbezahlt werden konnten, erwies sich die gute Benotung zu einer Fehldiagnose. Durch die Fehleinschätzung geriet die ganze Finanzwelt ins Wanken. Deven Sharma, Chef von Standard & Poor’s, hat im Sommer 2010 verkündet, dass sie mit ihren Annahmen gründlich daneben gelegen haben und maßgeblich zur Finanzkrise beigetragen haben. Er betont aber auch, dass kaum einer den drastischen Einbruch des Immobilienmarktes vorausgesehen habe.[19]

Wie der Krise zu entnehmen ist, ist die Macht der Ratingagenturen immens. Ohne diese Fehlbewertungen wäre der Finanzmarkt vermutlich nicht in diesem Maße eingestürzt. Sie zählen zu den einflussreichsten Steuerungsakteuren auf den Finanzmärkten und entscheiden über das Schicksal von Unternehmen und Staaten. 1975 wertet die US-Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) die „Big Three“ auf und bekamen den Titel „Nationally Recognized Statistical Rating Organization“. Seitdem orientieren sich nicht nur Banken an ihren Bewertungen und Analysen, sondern auch institutionelle Investoren, Notenbanken und die Europäische Zentralbank.[20]

Neben der Fehlinterpretation von Wertpapieren hagelte es noch Kritik an den Bezahlungsmethoden der Ratingagenturen. Diese Agenturen werden von den Schuldnern bezahlt, deren Produkte sie bewerten sollen. Hier ist offensichtlich ein Interessenskonflikt zu verzeichnen. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die Banken die Ratingagenturen selbst aussuchen und die Agentur beauftragt, welche die besten Konditionen anbietet. Bei so einem Bezahlungsmodell geht die Objektivität schnell verloren.[21]

Zudem kommen noch der mangelnde Wettbewerb und die fehlende Konkurrenz als mögliche Ursachen für das zu große Vertrauen in die Ratingagenturen in Frage. Durch das Fehlen von Mitbewerbern sind die Emittenten an ganz wenigen Vertrauensquellen gebunden und können sich nicht von verschiedenen Anbietern und Ansichten inspirieren lassen. Da die drei größten Ratingagenturen international und branchenübergreifend agieren, ist es für kleinere nationalorientiertere und mehr spezialisierte Ratingagenturen nahezu unmöglich mitzuhalten.

2.2 Generelle Auswirkungen

In diesem Kapitel werden auf die Auswirkungen der globalen Finanzkrise eingegangen. Näher eingegangen werden hier auf den Geld- und Kapitalmarkt, Arbeitsmarkt, den Immobilienmarkt, sowie auf die deutschen Unternehmen.

2.2.1 Geld- und Kapitalmarkt

Durch das Operieren mit einer zu geringen Kapitalausstattung, die den Banken, bei der unerwarteten Verschlechterung der Risikopositionen keine Handlungsspielräume ließen, gerieten vielen Banken ins Hadern. Insbesondere Großbanken, dessen Hauptgeschäft die Emission von Wertpapieren war. Ein erstes Anzeichen war im März 2008 zu verzeichnen, als das US-Investmenthaus Bear Stearns kurz vor dem Zusammenbruch an die Großbank J.P.Morgan Chase verkauft werden musste. Die erste große sichtbare Auswirkung der Fehlspekulationen der Banken, mit fragwürdigen Immobilienkrediten, war die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers. Dieses Ereignis löste eine katastrophale Kettenreaktion aus. Banken misstrauten sich untereinander und gewährten sich kaum noch Kredite. Durch die rapiden Zinsanstiege am Interbankenmarkt gerieten viele Kreditinstitute ins straucheln. Hinzu kam ein erhöhter Abschreibungsbedarf, durch ausfallende Kreditzahlungen, die sich auf das Kreditportfolio der Banken niederschlug.

Auch deutsche Banken waren betroffen und verspekulierten sich. In Deutschland gerieten vor allem die Commerzbank, die Industriekreditbank (IKB), die Bayern LB, die HSH Nordbank, West LB und die Hypo Real Estate in die Krise.[22] Um weitgehend die deutsche Wirtschaft zu schützen hatte die Bundesregierung neue Konjunkturprogramme verabschiedet. Ein erster Rettungsansatz war die Verstaatlichung beziehungsweise Teilverstaatlichung von nationalen Banken. Zudem wurde 2008 ein Rettungspaket in Höhe von 500 Milliarden Euro vom Bundestag und Bundesrat beschlossen, um den Finanzmarkt wieder zu stabilisieren. Es war das teuerste Aktionsprogramm, das eine deutsche Regierung je auferlegt hatte. Grundsätzlich aber haben die Banken keinen Rechtsanspruch auf Hilfe. Durch die aktive Hilfe des Staates wurde den Banken die bisherige Handlungsfreiheit genommen und müssen sich von nun an vermehrt auf die Vorgaben des Bundesfinanzministeriums halten.[23]

Die US-Regierung kündigte zur Rettung der Finanzbranche ein Rettungspaket von insgesamt 700 Milliarden Dollar an. Zusätzlich wurde ein Rettungsplan in Höhe von 100 Milliarden Dollar ausgearbeitet, der für die Hausbesitzer und Unternehmen galt.[24]

2.2.2 Arbeitsmarkt

Bedingt durch die Turbulenzen am Finanzmarkt litten auch die weltweiten Arbeitsmärkte darunter. Einer Studie der Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist zu entnehmen, dass die Krise insgesamt weltweit 34 Millionen Jobs kostete. Bis Ende 2009 waren insgesamt 212 Millionen Menschen ohne Arbeit.[25]

Anders als erwartet hat der deutsche Arbeitsmarkt die Krise relativ gut überstanden. Allerdings hatte auch hier der Markt kleinere Einbußen zu vernehmen. Anfang 2009 ist die Arbeitslosigkeit hierzulande um 390 Tausend, also insgesamt auf 3,5 Millionen gestiegen und entsprach einer Arbeitslosenquote von 8,3%. Diese Entwicklung nahm im Folgemonat nochmal zu.[26] Ausgelöst wurde sie durch geringere Nachfrage, welches zu einer geringeren Produktion und Investition führte. Ein wesentlicher und entscheidender Faktor für die dennoch robuste Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt war die Kurzarbeit. Kurzarbeit stellt in einer Finanzkrise ein probates Mittel zur Überbrückung des vorläufigen Personalüberhanges da und verhindert betriebsbedingte Kündigungen. Zum einen vermeidet man die Entlassung von langjährigem und hochqualifiziertem Personal und zum anderen können dadurch Kosten eingespart werden, denn es wird weiterhin nur vollbrachte Leistung vergütet. Bezuschusst wurden die Kurzarbeiter durch den Staat, anhand von Kurzarbeitergeld (Kug), sowie Maßnahmen zur Weiterbildung. Insbesondere im Süden und Westen Deutschlands wurde die Kurzarbeit verstärkt eingesetzt. Besonders betroffen waren die Branchen Metall, Maschinenbau, sowie die Elektro- und Automobilindustrie.[27]

In den ersten drei Monaten des Jahres 2009 war der Krankheitsstand der Deutschen auf Rekordtief gesunken, trotz einer Grippe-Welle. Dieser Rekord ist das Ergebnis von Existenzängsten und vor der Angst des Arbeitsplatzverlustes.[28]

[...]


[1] Vgl. o.V. (2007/2008), Sachverständigenrat für Wirtschaft (Hrsg.), S. 89.

[2] Vgl. o.V.(o.J) „Verbriefung von Kreditportfolios.“ http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/verbriefung-von-kreditportfolios.html, 04.01.2014.

[3] Vgl. Erber, Georg (2008),Deutsche Institution für Wirtschaftsförderung (Hrsg.) ,S. 670.

[4] Vgl. o.V.(2007/2008), Sachverständigenrat für Wirtschaft (Hrsg.), S. 89.

[5] Vgl. o.V.(2007/2008), Sachverständigenrat für Wirtschaft (Hrsg.), S.109,110.

[6] Vgl. Stolper, Anno (2012), Bundesbank (Hrsg.), S.4 ff.

[7] vgl. o.V.(o.J.) „Credit Linked Note“, http://www.finanz-lexikon.de/credit%20linked%20note%20%28cln%29_1217.html, 5.01.2014.

[8] Vgl. o.V.(o.J) „Verbriefungen“, http://www.oaklet.de/de/verbriefungen, 5.01.2014.

[9] Vgl. o.V. (o.J) „Diversifikation“, http://boersenlexikon.faz.net/diversif.htm, 6.01.2014., -.V. (2007/2008), Sachverständigenrat für Wirtschaft (Hrsg.), S.116,117.

[10] Vgl. o.V. (o.J) „Bonitätsrisiko“, http://www.boersennews.de/lexikon/begriff/bonitaetsrisiko/268, 8.01.2014.

[11] Vgl. Heidorn, Thomas (1999), S. 5 ff.

[12] Vgl. o.V. (2011), The financial Crisis Inquiry Commission (Hrsg.), S.17.

[13] Vgl. Brühwiler, Bruno, Romeike, Frank (2010), S. 17.

[14] Vgl. o.V. (2009) „Welche Rolle spielten die Ratingagenturen bei der Enstehung der Finanzkrise.”, http://www.kas.de/wf/de/71.7074/, 10.01.2014.

[15] Vgl. o.V.(2011) „Die drei größten Ratingagenturen“, http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wer-ist-wer-die-drei-groessten-ratingagenturen/4403272.html, 10.01.2014.

[16] Vgl. Göpfert, Angela (2010) „Ratingagenturen –so mächtig und so umstritten.“ http://boerse.ard.de/boersenwissen/boersenwissen-fuer-fortgeschrittene/ratingagenturen-so-maechtig-und-so-umstritten-100.html, 10.01.2014.

[17] Vgl. o.V. (2007/2008), Sachverständigenrat für Wirtschaft (Hrsg.), S. 159.

[18] Vgl. o.V. (2014) „Chronologie der Kritik an Ratingagenturen“, http://www.rp-online.de/politik/eu/chronologie-der-kritik-an-ratingagenturen-bid-1.2630737, 10.01.2014.

[19] Vgl. o.V. (2013) „Gute Noten für Schrottpapiere“, http://www.focus.de/finanzen/news/tid-29357/bestaetigung-der-ratingagentur-us-regierung-will-gegen-standard-und-poors-klagen-gute-noten-fuer-schrottpapiere-ausloeser-der-finanzkrise_aid_912779.html, 10.01.2014.

[20] Vgl. o.V. (2011) „Stärke und Einfluss“, http://www.n-tv.de/wirtschaft/Die-Macht-der-Ratingagenturen-article3996036.html, 11.01.2014.

[21] Vgl. o.V. (2011) „Hintergrund: Ratingagenturen und ihre Bewertungen.“, http://www.tagesschau.de/wirtschaft/rating102~_origin-a30f09cb-a73f-49f9-98f1-60d286e084c0.html, 10.01.2014.

[22] Vgl. Donges, Jürgen Bernhard (2011), S.7.

[23] Vgl. Prange, Sven (2008), „Kanzlerin schnürt 500-Milliarden-Rettungspaket.“ http://www.wiwo.de/politik/deutschland/finanzkrise-kanzlerin-schnuert-500-milliarden-rettungspaket-seite-2/5474724-2.html, 11.01.2014.

[24] Vgl. o.V. (o.J) „Finanz - und Wirtschaftskrise“,http://www.lpb-bw.de/finanz_und_wirtschaftskrise.html, 11.01.2014.

[25] Vgl.o.V. (2010) „Rekord-Arbeitslosigkeit“, http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/rekord-arbeitslosigkeit-krise-kostete-weltweit-34-millionen-jobs-a-674247.html, 11.01.2014.

[26] Vgl. o.V. (2008), Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.), S. 4.

[27] Vgl. Crimmann, Andreas (2009), S. 1 ff.

[28] Vgl. Schlitz, Christoph (2009), „Krankenstand der Deutschen sinkt auf Rekordtief“, http://www.welt.de/wirtschaft/article3539570/Krankenstand-der-Deutschen-sinkt-auf-Rekordtief.html, 14.01.2014.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783958205147
ISBN (Paperback)
9783958200142
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Bochum
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Ratingagentur Verbriefung Opel Immobilienblase Abwrackprämie

Autor

Sowjana Joseph, B.A., wurde 1987 in Essen geboren. Nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte bei der Stadt Essen entschloss sich die Autorin an der Hochschule Bochum Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Das Studium schloss sie 2014 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits während ihrer Ausbildung sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrung im Bereich Betriebswirtschaft und Kundenzufriedenheit. Um praktische Lebenserfahrung zu sammeln und andere wirtschaftliche Denkweisen zu erlernen, verbrachte die Autorin rund ein Jahr in England, wo sie insbesondere im Bereich Marktforschung im Wirtschaftsbereich Erfahrung sammeln konnte. Fasziniert von dem ökonomischen Kreislauf, seinen Risiken und Auswirkungen auf verschiedene Branchen, entschloss sich die Autorin sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
Zurück

Titel: Die Finanzkrise 2007 - 2009: Die Auslöser der Krise und deren Folgen für die Automobilbranche
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
68 Seiten
Cookie-Einstellungen