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Inflation: Definition, Ursachen, Arten

©2003 Studienarbeit 27 Seiten

Zusammenfassung

Der Ausdruck ‚Inflation‘ geht in seinem Ursprung auf den amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) zurück. Doch schon davor hatten die Menschen mit dem Werteverlust ihres Geldes zu kämpfen. Die Einführung der Geldwirtschaft hatte das Phänomen der Inflation mit sich gebracht. Keine Volkswirtschaft der Welt kann ohne sie existieren. Die verschiedenen ökonomischen Schulen betrachten das Thema ‚Inflation‘ aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus. Dieses Buch setzt sich kritisch mit unterschiedlichen Theorien auseinander und versucht dabei dem ‚Wesen‘ des inflationären Prozesses näher zu kommen und dabei Definitionen, Erscheinungsformen und Ursachen herauszuarbeiten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.1.2 Alternative Inflationsbegriffe

Obgleich der symptomorientierte Begriff in der Inflationsliteratur wohl der geläufigste ist, gibt es auch andere Definitionsversuche. Die wichtigsten von ihnen können in ursachen- und wirkungsorientierte Definitionen unterteilt werden.

Erstere beschreibt die Inflation als „... eine Kette von Zuständen (Prozess), in denen ein Nachfrageüberhang (Inflationslücke) existiert ...“ 1 Die Inflation wird dabei auf Überschussnachfrage nach Gütern (Güterlücke), Faktoren (Faktorenlücke) und Realein-kommen (Realeinkommenslücke als Ergebnis der Abweichung zwischen dem Nominaleinkommen und erzielbaren Volkseinkommen)2 zurückgeführt. Der Nachfrageüberhang am Gütermarkt liegt auch der folgenden ursachenbezogenen Definition zugrunde: „Inflation is a condition of generalized excess demand, in which ‚too much money chases too few goods’.“ 3 Außerdem gehen einige Ursachenbegriffe von einer Veränderung bzw. Vergrößerung der Geldmenge aus.

„Inflation is a rise of the money stock or money income, either total or per capita.“ 4

Die wirkungsorientierten Definitionen stellen noch unterschiedliche Aspekte in Vordergrund wie „Inflation ist ein Zustand, in dem die erwartete Preisniveauänderungsrate von der tatsächlichen Preisniveauänderungsrate überschritten wird“ 5 oder - ergänzt mit den für die Preiserhöhung typischen Erscheinungen -

„Inflation is a rise in price levels with additional characteristics or conditions: it is incompletely anticipated; it leads (via cost increases) to further rises;

it does not increase employment and real output; it is faster than some ‘safe’ rate; it arises ‘from the side of money’; it is measured by prices net of indirect taxes and subsides; and/or it is irreversible.” 6

Die Vielfalt der ursachen- und wirkungsbezogenen Inflationsdefinitionen unterliegt ständiger Diskussion und Kritik in der Wirtschaftspolitik, vor allem, weil sie

a) einen falschen Ausgangspunkt für die folgende Untersuchung des Inflationsphänomens liefern könnten und
b) Zusammenhänge, die noch zu erklären sind, vorweg erklären.

Obwohl die Symptomdefinition dem Phänomen Inflation auch nicht vollkommen gerecht wird, findet sie sich trotzdem in den meisten Werken zu diesem Thema.

2.2 Arten

Unter der Berücksichtigung gewisser Kriterien unterscheidet man - neben der Vielfalt von Definitionen - zahlreiche Inflationsformen.

2.2.1 Offene und zurückgestaute Inflation

Ausgehend von der „Funktionsweise des Marktmechanismus“7 spricht man von offener und zurückgestauter Inflation.

Offene Inflation liegt vor, wenn die Preise (und Löhne) im Rahmen des marktwirtschaftlichen Preisbildungsprozesses steigen.8

Bei zurückgestauter Inflation greift der Staat oder andere Instanzen hingegen mit administrativen Maßnahmen, wie z. B. allgemeinem Preisstopp, quantitativen Nachfrage-kontrollen und Güterpreisbestimmungen, in den Prozess der Preisbildung ein. Dabei wird die Flexibilität der Preise (und Löhne) behindert und die Überschussnachfrage staut sich auf.9

2.2.2 Schleichende, trabende, galoppierende und Hyperinflation

Diese Differenzierung geht vom Tempo bzw. der Höhe der Preissteigerung aus. Bis auf die Hyperinflation besteht jedoch keine Einigkeit bei der Angrenzung. Von Hyperinflation spricht man allgemein, wenn die Preissteigerungsrate pro Monat 50%ige-Marge überschreitet.10 Dabei handelt es sich nicht nur um sehr hohe Preis-niveausteigerungen, sondern auch um den Verlust der Geldfunktion als Wert-aufbewahrungs- und z. T. als Tauschmittel.11

Die Abgrenzung zwischen den anderen Inflationsformen lässt sich schwieriger vorzunehmen. Als schleichende Inflation bezeichnet man jährliche Preissteigerungen von unter 10%. Wagner spricht von ca. 5%12 und Frisch sogar von 2-3%.13 Schleichende Inflation hat jedoch keinen großen Einfluss auf das Verhalten der Wirtschaftssubjekte hinsichtlich der Verwendung des Geldes.14

Galoppierende Inflation ist dagegen durch höhere Preissteigerungsraten gekennzeichnet (in der Literatur lassen sich keine genaueren Zahlen finden). Sie ist mit dem Vertrauensverlust in Geldmittel und somit mit dem Wechsel zu Sachwerten, wie z. B. Gold, verbunden. Das Übergangsstadium zwischen der schleichenden und galoppierenden Inflationen bezeichnet man als trabende Inflation. Aber die Grenzen dazwischen sind fließend.

2.2.3 Vollkommen und unvollkommen antizipierte Inflation

Dieser Unterteilung werden Inflationserwartungen zugrunde gelegt. Die Unterscheidung spielt eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Wirkungen der Inflation. Von der vollkommen antizipierten Inflation ist die Rede, wenn „... all people and organisations (e.g. Trade Unions, Trade Associations) hold the same expectations ...“ 15

Diese Gleichheit ist aber unerreichbar, deswegen kommt unvollkommen antizipierte Inflation - charakterisiert durch die unterschiedlichen Erwartungen und Fehleinschätzungen - am meisten vor.16

2.2.4 Nachfrage- und Angebotsinflation

Diese Kategorie der Inflationsformen geht von den Inflationsursachen aus. Bei einer Nachfrageinflation werden die Preissteigerungen durch den Nachfrageüberschuss nach Gütern und Diensten hervorgerufen. In diesem Fall liegt eine ‚demand-pull inflation’ vor, weil das Preisniveau von der Nachfrage praktisch nach oben ‚gezogen’ wird.17

Eine Angebotsinflation kennzeichnet sich dagegen durch Preissteigerungsimpulse der Anbieterseite: Produktionskosten- sowie Gewinnaufschlagserhöhungen werden über die Preise weitergegeben. Dabei üben sie „... einen ‚Stoß’ auf das Preisniveau aus ...“ 18 Daher spricht man auch von ‚cost-push inflation’ und ‚wage-push inflation’.19

2.2.5 Absolute und relative Inflation

Letztere liegt vor, wenn - ungeachtet sinkender Kosten - die Preise unverändert bleiben. Ein Rückgang des Preisniveaus ist möglich, wird jedoch nicht realisiert.

Infolgedessen erfolgt die Änderung der Einkommensverteilung: Bestimmte Gruppen der Gesellschaft können ihre Einkommenssituation oder -position auf Kosten von anderen Gruppen verbessern bzw. die anderen können den angestrebten Lebensstandard der ersten nicht erreichen.20

„Es dreht sich hier nur um eine (auf die Inflation zurückgeführte) Verschiebung der Einkommens- oder Verteilungshierarchie.“ 21

Um absolute Inflation handelt es sich, wenn sich das Preisniveau ständig erhöht und „... die Marktpreise höher sind als die (ex ante-) Nachfragepreise und die (historischen) Kostenpreise ...“ 22

Außerdem findet man in der Literatur über die Inflation eine Vielfalt von anderen Inflationsformen, wie z. B. konstante und akzelerierende, importierte und hausgemachte, reine (pure) und unreine (impure) Inflation etc., die im Rahmen dieser Arbeit nur erwähnt werden. Lediglich die importierte Inflation spreche ich im Kapitel „Ursachen der Inflation“ (3.1.1.4) ausführlicher an.

3. Ursachen der Inflation

Diese Inflation basiert - nach den meisten Theorien - auf verschiedenen Auslösemechanismen , so u. a. der

- Vermehrung der Geldmenge,
- Veränderung bzw. Erhöhung des Nachfrage- und Angebotsverhaltens und
- Übertragung der Inflation aus dem Ausland.

Dabei unterscheidet man meist zwei Erklärungsansätze:

a) Nicht-monetäre Inflationstheorien und
b) Monetäre Inflationstheorien.

3.1 Nicht-monetäre Inflationstheorien

Diesen Theorien liegen keynesianische Vorstellungen des makroökonomischen Modells zugrunde: Das Preisniveau wird „... im Rahmen der Interdependenz von Gütermarkt, Geldmarkt und Arbeitsmarkt bestimmt“.23 Daher ist es möglich, dass die Preisniveausteigerungen durch Änderungen von Nachfrage, Kosten, Stückgewinnen sowie der Geldmenge hervorgerufen werden. Die nicht-monetären Inflationstheorien stimmen jedoch nicht mit der Analyse von Keynes überein, sie sind lediglich eine verkürzte und vereinfachte Darstellung.24 Im Rahmen des nicht-monetären Erklärungsansatzes unterscheidet man zwischen Nachfrage- und Angebotsinflation.

3.1.1 Nachfrageinflation

Preissteigerungen werden hierbei als Folge eines gesamtwirtschaftlichen Nachfrageüberhangs nach Gütern bzw. Dienstleistungen bei Vollbeschäftigung gesehen. Das volkswirtschaftliche Güterangebot ist voll ausgelastet und kurzfristig nicht ausdehnbar. Ähnlich wie die Preise einzelner Güter steigen, wenn die Nachfrage nach ihnen die Angebotsmöglichkeiten übersteigt, reagiert das Gesamtpreisniveau einer Volkswirtschaft bei einem gesamtwirtschaftlichen Nachfrageüberschuss. Die Nachfrage aller auf dem Markt vertretenen Konsumentengruppen wie privater Haushalte, Unternehmen, Staat und Ausland ist größer als das im Inland und z. T. im Ausland erzielbare Angebot an Gütern. Sowohl eine einzelne Gruppe als auch mehrere oder alle gleichzeitig können zur Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage beitragen. Anschaulicher wird es durch die Verwendungsgleichung des Bruttosozialproduktes zu Marktpreisen Ybm:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- A für Staatsausgaben,
- C für Konsumausgaben privater Haushalte,
- Ib für Bruttoinvestitionen (Nettoinvestitionen + Abschreibungen) von Unternehmen, X für Exporte und
- IM für Importe stehen.25

Diese Sektoren erhöhen ihre Ausgaben in unterschiedlichem Maße und mit verschiedenen Motivierungen.

[...]


1 Giersch, Herbert, Inflation, in: Von Beckerath, E., (Hrsg.), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften: zugl. Neuauflage des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften, Bd. 5, Fischer, Stuttgart, 1956, S. 282

2 Vgl. Giersch, ebd.

3 Bronfenbrenner, M., Holzman, F. D., A Survey of Inflation Theory, The American Economic Review, 53 (4), September 1963, S. 599, zitiert nach: Frisch, a. a. O., S. 12

4 ebd.

5 Pohl, a. a. O., S. 11

6 Bronfenbrenner, Holzman, ebd.

7 Frisch, a. a. O., S. 13

8 Vgl. ebd.

9 Vgl. Giersch, a. a. O., S. 285f.

10 Cagan, Phillip, The Monetary Dynamics of Hyperinflation, in: Friedman, Milton, Studies in the Quan- tity Theory of Money, The University of Chicago Press, Chicago, London, 1956, S. 25

11 Vgl. Frisch, ebd.

12 Vgl. Wagner, Helmut, Inflation!, Physica-Verlag, Würzburg, Wien, 1983, a. a. O., S. 21

13 Vgl. Frisch, a. a. O., S. 13

14 Vgl. Ströbele, a. a. O., S. 25

15 Laidler, Parkin, a. a. O., S. 743

16 Vgl. ebd

17 Vgl. Klaus, Joachim, Inflationstheorie (= Erträge der Forschung, Bd. 30), Wissenschaftliche Buchge- sellschaft, Darmstadt, 1974, S. 37

18 Klaus, a. a. O., S. 39

19 Vgl. ebd.

20 Vgl. Pohl, a. a. O., S. 9

21 Wagner, a. a. O., S. 21

22 Giersch, a. a. O., S. 282

23 Pohl, a. a. O., S. 70

24 Vgl. ebd.

25 Vgl. Willms, Manfred, Inflationsursachen, in: Woll, a. a. O., S. 20

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2003
ISBN (PDF)
9783958205406
ISBN (Paperback)
9783958200401
Dateigröße
7.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (ehem. Hochschule für Wirtschaft und Politik)
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,5
Schlagworte
offene Inflation Hyperinflation Nachfrageinflation Inflationstheorie Quantitätstheorie
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