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Die Scheidung im brasilianisch-deutschen Rechtsverkehr vor und nach dem Inkrafttreten der Rom III-VO

©2013 Magisterarbeit 74 Seiten

Zusammenfassung

In den letzten Jahren gab es eine deutliche Zunahme der Scheidungen in Brasilien und in Deutschland. [...] So wächst die Zahl der binationalen Ehen, z.B. zwischen Brasilianern und Deutschen schrittweise. Im Falle einer Scheidung besteht, keine bzw. wenig Kenntnis der jeweiligen persönlichen Rechte. Hinzu kommen Verständigungsschwierigkeiten aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse. Hier stellt sich die Frage, welche Gerichte in dieser Situation für Scheidungen zwischen Ehepartnern gleicher oder verschiedener Nationalität zuständig sind. Hierbei geht es um Eheleute die entweder in Brasilien oder in Deutschland leben. Welches Recht ist anwendbar? Deutsches oder Brasilianisches Recht? Sind eine grenzüberschreitende Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen möglich? Wenn ja, wie? Was sollte man tun? Mit diesen Fragestellungen beschäftigt sich die folgende Magisterarbeit. Das Hauptthema dieser Magisterarbeit liegt in der Sphäre des internationalen Privatrechts, was besonders aktuell ist und eine nähere Betrachtung verdient. Die Arbeit ist in vier Kapitel gegliedert. Zu Beginn geht es um einen allgemeinen Ansatz der Entwicklung des Familienrechts. Das darauf folgende Kapitel befasst sich mit der Scheidung in Brasilien und in Deutschland im Vergleich zueinander. Das dritte Kapitel behandelt das internationale Ehescheidungsrecht im brasilianisch-deutschen Rechtsverkehr vor und nach der Rom III-VO (Verordnung (EU) n°1259/2010 ist ab 21.6.2012 gültig) anhand von praktischen Fällen. Schließlich wird die Anerkennung der Entscheidung der ausländischen Ehescheidungen in Brasilien und in Deutschland aufgeführt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel I - Die Entwicklung des Familienrechts: ein Überblick

"Kein Mensch ist eine Insel", schrieb ein weiser Dichter, Satiriker, Rechtsanwalt und englischer Geistlicher[1]. Es ist unbestritten, dass der Mensch ein soziales Wesen, ein politisches Tier ist[2], d.h., er ist ein Wesen, das andere zum Leben braucht.

Die Notwendigkeit für Interaktion, Kommunikation und Beziehung gehört zu seiner Natur. Ansonsten wird der Mensch von Wahnsinn, tiefer Traurigkeit und Sinnmangel befallen.

Dieses Bedürfnis miteinander zu kommunizieren[3] ist das Thema anerkannter literarischer und künstlerischer Werke wie "Robinson Crusoe" - verfasst von Daniel Defoe 1719 - und „ Castaway - Verschollen“[4] - ein Film mit Tom Hanks im Jahr 2000 uraufgeführt.

Der Mensch neigt aufgrund seiner sozialen Natur eine differenzierte Beziehung zu seinen Artgenossen aufzunehmen. D.h. er neigt dazu sich zu gruppieren und gemeinschaftlich in einer Gesellschaft zu leben. In einer vom Menschen gegründet rechtsregierenden Gesellschaft, hat der Mensch die Möglichkeit in Frieden und in Sicherheit zu leben.

Diese Tatsache wurde bereits von den alten Juristen erkannt: "Ubi homo, ibi societas. Ubi societas, ibi ius. Ergo ubi homo, ibi ius“[5]. Übersetzt bedeutet das: wo ein Mensch ist, gibt es eine Gesellschaft. Und wo es eine Gesellschaft gibt, gibt es auch ein Gesetz. Deshalb existiert ein Gesetz dort, wo es Menschen gibt.

Die erste Lebensstation menschlicher Beziehungen ist ihre Familie. Familie[6] wird in der Regel als eine Gruppe von Personen bezeichnet, die durch Verwandtschaft oder Ehe miteinander verbunden ist. Der Begriff der Familie als Lebensform unterliegt einem Wandel von Zeit und Raum. Das wird in den nächsten Abschnitten genauer erläutert.

Etymologisch[7] leitet sich Familie von famulus ab, d.h. die häusliche Ganzheit bestehend aus den paterfamilias und alle unter seiner Herrschaft: seine Frau, Kinder, Diener und Sklaven. Es ist interessant festzustellen, dass der semantische Ursprung des Begriffs Familie häusliche Dominanz, Macht, Souveränität bedeutet. Auch unter Zähmen versteht man Dominieren und unter Kontrolle halten. Es ist genau die Herrschaft des Mannes über seine Frau, Kinder und Diener, die die Familie in alten Zivilisationen, somit noch bis zum 19 Jahrhundert geprägt hat.

Im alten Ägypten[8] hatte der Mann die höchste Autorität, obwohl die Frau eine komplementäre Rolle in der Zeugung und Erziehung der Nachkommen spielte. Darum wurde sie respektiert. Die Ägypterinnen arbeiteten und kümmerten sich in Abwesenheit ihres Mannes um die Betreuung seiner Geschäfte. Die Frauen hatten einige Recht, wie z.B. sich scheiden zu lassen. Anerkannte Gründe für eine Scheidung waren Missbrauch, Ehebruch und Unfruchtbarkeit.

Im Gegensatz zu den Ägypterinnen lebten die Griechinnen[9] mit mehr Rechtseinschränkungen. Im Laufe ihres Lebens waren die Frauen ihrem Vater, Ehemann, und manchmal ihrem eigenen Sohn untergeben. Sie heirateten nach Wunsch des Vaters und seiner Wahl. Sie bekamen auch nicht das Recht auf Scheidung. Nur dem Mann wurde dieses Recht zugesprochen.

Die Römerinnen[10] sowie die Griechinnen, lebten unter der Macht des pater familias. Aber ihre Situation war besser als die der Griechinnen, denn die Römerinnen hatten die Möglichkeit sich von ihren Männern scheiden zu lassen.

Bei den Byzantinern wird das Eherecht christlich. „Für Justinian galt noch der schöne alte römische Satz consensus facit nuptias, die Ehe wird durch einen formlosen Vertrag der beiden Eheleute geschlossen (Ulp. D. 50.17.30). In der Ekloge wird daraus ein schriftlicher Vertrag mit den Unterschriften von drei Zeugen und schließlich kommt um 900 n.Chr. ein Gesetz des Kaisers Leo, nach dem die Ehe nur noch in der Kirche geschlossen werden darf, mit ihrem Segen und nach ihren Regeln. Das Eherecht spielt nun im Privatrecht allmählich eine größere Rolle als das Schuldrecht, wie ein Blick in die Fälle der Pira zeigt. In Justinians Kodifikation war es noch umgekehrt. Kurz danach hat er schon selbst die Scheidung erschwert und nur zugelassen aus bestimmten Gründen, zum Beispiel beim Ehebruch. Dann gab es ein Jahrhunderte langes hin und her zur Frage, ob die Scheidung noch einverständlich erfolgen darf wie bei den Römern, wovon Justinian zunächst ausging, sich selbst bald korrigierte und es verboten hat, es sei denn die beiden, die auseinander wollten, würden anschließend sofort keusch ins Kloster gehen. So blieb es 25 Jahre. Dann hat sein Nachfolger – Justin II. – die einverständliche Scheidung wieder zugelassen. In der Ekloge von 740 (Rdz.47) wurde sie – mit wenigen Ausnahmen wie Ehebruch der Frau – wieder verboten, was sich aber auch nicht richtig durchsetzen konnte, zum Ärger der Kirche bis zum Ende des Reichs“[11].

Bei den Kelten[12] hatten die Frauen ebenfalls eine untergeordnete Stellung. Dies trifft auch auf die Germanen und die Slawen zu.

Im Mittelalter verwandelte sich die väterliche Gewalt. Der Mann hatte das Bestimmungsrecht über alle Fragen der Familie, sogar über die Scheidung. In einigen Gemeinden konnte der gehörnte Ehemann seine Frau auch töten[13].

Aber mit der Christianisierung wurde die Ehe[14] von der römisch-katholischen Kirche sakralisiert und seitdem regiert das Eherecht. Die Ehe ist die Bindung zwischen Mann und Frau, um eine Familie durch Fortpflanzung zu bilden. Die Ehe ist ein Sakrament und repräsentiert die Unauflöslichkeit[15].

Die Scheidung wurde verboten, weil man nicht das trennte sollte, was Gott vereinigte. Bigamie und Ehebruch wurden strafbar.

Die Frau blieb ihrem Mann ergeben und unterwürfig, wie in der Bibel[16] erwähnt wird.

Zunehmend verstärkt die Kirche ihre Macht und ihren Einfluss auf das Familienrecht. Amerika – von Kolumbus im Jahr 1492 entdeckt – war auch Teil dieses Wirkungskreises, weil es durch christlich-römische-apostolische Spanier und Portugiesen kolonisiert war[17].

Allerdings initiiert Martin Luther (in Deutschland) im sechzehnten Jahrhundert die Reformation - basierend auf politische Argumente, Fragen und Verurteilung bestimmter Verhaltensweisen - gegen die Kirche. Diese Bewegung verläuft jedoch unterschiedlich, beispielsweise in England, mit dem Anglikanismus. Heinrich VIII wollte seine Ehe mit Katharina von Aragon als nichtig erklären, da sie ihm nicht einen Sohn geboren hatte. Er wollte Ana Bolena heiraten, aber die Scheidung wurde verboten. Mit der Ablehnung des Antrags, brach der König mit der römisch-katholischen Kirche und gründete die Kirche von England, wo er zur höchsten Autorität wurde. Scheidung in der anglikanischen Vision ist nicht verboten[18].

Das siebzehnte Jahrhundert[19] ist durch die Trennung von Glaube und Wissenschaft geprägt. Die Macht des westlich menschlichen Wissens ist nicht mehr in der Kirche konzentriert, was einen Einfluss auf die Menschenrechte hat.

Von der Aufklärung inspiriert, hatte die Französische Revolution im achtzehnten Jahrhundert[20] große Einwirkungen auf das Familienrecht. Am 20. September 1792 erschien ein Gesetz das besagt, dass die Ehe ein Kontrakt zwischen Mann und Frau war. Es war eine Reaktion des natürlichen Privatrechts gegen die Kirche. Der Ehebund und seine Auflösung wurden von einer staatlichen Behörde für gültig erklärt. Allerdings war dieses Gesetz nur für 12 Jahre rechtskräftig. Nach dem napoleonischen Zivilgesetzbuch von 1804 war die Freiheit des Familienrechts anerkannt, d.h. die Selbstbestimmung der bürgerlichen Ehe und Scheidung. Die Gleichstellung von Mann und Frau wurde ignoriert, der Mann herrschte weiterhin über seine Frau. In Deutschland hing die Existenz des Rechts auf Scheidung von den religiösen Überzeugungen der jeweiligen Region ab. Im Norden wurde die Scheidung erlaubt, während sie im überwiegenden katholischen Süden verboten wurde[21].

Seit 1900 gibt es ein einheitliches Scheidungsgesetz in Deutschland[22]. Die Auflösung der ehelichen Bindung wird in Deutschland von der Justiz durchgeführt. Die Scheidung wurde auf dem Schuldprinzip gegründet. Gründe für die Scheidung waren Ehebruch, Bigamie, bestimmte Sexualstraftaten, versuchte Morde, das Verlassen des Ehegatten, unsittliches Verhalten, Verletzung der ehelichen Pflichten. Wenn der Ehepartner dieser Gründe für schuldig befunden wurde, hatte das Auswirkungen auf die Scheidung. Er musste Unterhaltung leisten. Geisteskrankheit war auch eine mögliche Ursache für Scheidung aber ohne Folgen.

Während der Zeit des Nationalsozialismus durften sich die Ehegatten nach drei Trennungsjahren scheiden lassen, wenn sich nicht mehr versöhnten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das in dieser Zeit gültige Gesetz durch die Alliiertenentscheidungen nach kurzer Zeit wieder geändert. Die Reform im Jahr 1961, die ein Begrenzungsversuch in der Erhebung des Scheidungseinspruchs war, ist ein Beispiel der nicht erfolgreichen Gesetzesvorschläge. Die beiden deutschen Staaten, die unterschiedliche Ideologien hatten, vertraten nach dem Scheidungsrecht verschiedene Meinungen. Der östliche Staat implementiert eine Reform im Jahr 1965: die Möglichkeit der Auflösung der Ehe, wenn es sinnlos für die Ehegatten, die Kinder, die Gesellschaft geworden war. Dieses Gesetz galt nur drei Tage. Mit dem Sturz des kommunistischen Regimes im Jahr 1980 wurde das Familienrecht überarbeitet. Nach der deutschen Vereinigung und der Reform im Jahr 1976 wurde die Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip ausgeführt. Seitdem gibt es die Familiengerichte[23] in Deutschland.

Die Erfahrung des Lebens unter der Herrschaft der totalitären Ideologie in Deutschland fundierte viele Grundrechte[24], wie die Autonomie der Familie, die im Artikel 6 S.1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (GG) steht. Die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRC) sind auch heutzutage einzuhalten.

Das Familienrecht entwickelte sich auch auf der anderen Seite des Atlantiks insbesondere im brasilianischen Territorium.

Aufgrund der portugiesischen Kolonisation wurde Brasilien sehr stark von der römisch-katholischen Kirche beeinflusst. Es gab nur die familiäre Einheit durch die Ehe zwischen Mann und Frau, die durch einen feierlichen Akt in der Kirche, nach dem Grundsatz der Unauflöslichkeit, geschlossen wurde. Im Jahre 1890 ist Zivilehe durch das Dekret 181 anerkannt. Diese Norm galt bis Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Aufkommen des Zivilgesetzbuches von 1916 (G. Nr. 3.071). Das Zivilgesetzbuch von 1916 hielt die patriarchalische Realität fest. Die Frauen wurden als relativ rechtsunfähig kategorisiert. Die Scheidung war nicht zugelassen. Es gab nur die „Trennung“ ohne Auflösung des Ehebandes. Erst im Jahr 1934 gab es die erste brasilianische Verfassung, in der die Familienrechtsnormen beinhaltet waren, obwohl die patriarchalische Struktur weiterhin bestand.

Nur im Jahr 1977 mit dem G. Nr. 6.515 wird die Scheidung in Brasilien möglich. Wie auch in Deutschland ist die Scheidung auf dem Verschuldungsprinzip gegründet[25].

Seit 1988 basiert das brasilianische Gesetz auf den Grundprinzipien der Menschenwürde (CF/1988, Art. 1., III), Gleichheit (CF/1988, Art. 5., caput), Solidarität (CF/1988, Art. 3., I), Antidiskriminierung (CF/1988, Art. 3., IV).

Die patriarchalische Struktur wurde im Jahr 2002 mit dem Gesetz n. 10.406 (neue brasilianische Zivilgesetzbuch) abgeschafft. Gemäß Artikel 1.511[26] des Zivilgesetzbuchs: „Mit der Ehe wird eine dauerhafte Lebensgemeinschaft begründet, die auf gleiche Rechte und Pflichten von Ehegatten basiert.“ [eigene Übersetzung]. So gibt es eine Gleichstellung von Männern und Frauen, die das Zivilgesetzbuch von 2002 in seinem Artikel 1630[27] festlegt: „die Kinder unterliegen der familiären Obhut, so lange sie minderjährig sind“ [eigene Übersetzung]. Dies steht im Gegensatz zu dem vorherigen Zivilgesetzbuch, wo die Obhut allein dem Vater zustand („pátrio poder“ = väterliche Gewalt).

Im Jahr 2007 macht das G. Nr. 11.441 die einvernehmliche Trennung und Scheidung durch außergerichtliche Verfahren möglich. Das Ziel des Gesetzgebers ist damit die Justizangelegenheiten mit weniger Prozessen zu beschleunigen und den bürokratischen Aufwand zu minimieren.

Die Verfassung der Föderativen Republik Brasilien erkennt das unmittelbare Scheidungsrecht seit 2010 mit der Verfassungsänderung Nr. 66[28] an, die eine gerichtliche Trennung aufhebt.

Seit dem zwanzigsten Jahrhundert erfährt das Familienrecht große Veränderungen auf der Basis der grundlegenden Menschenrechte wie Würde, Gleichheit und Freiheit.

Das Gesetz wurde durch den Menschen geschaffen, um Ordnung, Frieden und Sicherheit in Beziehungen und in der menschliche Gesellschaft zu gewährleisten. Das Gesetz ist dynamisch und verändert sich in Zeit und Raum. Es muss der sozialen Komplexität folgen.

Wie bereits früher in diesem Kapitel erwähnt, ist die Familie eine Gruppe von Menschen, die durch Blut oder Heirat miteinander verbunden sind (Fn 10 und 11: Wörterbüchererklärung). Aber in der Gegenwart ist dieses mittelalterliche Paradigma veraltet. Der Familienbegriff ist heutzutage in der Soziologie neu definiert. Demnach bedeutet „Familie“ eine Gruppe von Menschen, die miteinander durch Zuneigung, Kameradschaft, Gefühle verbunden sind. Diese aktuelle Form der Familie benötigt keine genetische Verwandtschaft oder offizielle Bescheinigung für ihre Bildung[29].

Das Gesetz in Deutschland[30] und in Brasilien[31] (CF/1988, Art. 226, §§ 3. und 4)[32] berücksichtigen bereits diese familiäre Realität. Allerdings gilt das nationale Scheidungsrecht noch in beiden Ländern nur für die Auflösung der Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau[33].

Die Gesellschaft kann nicht ihre eigene Evolution, Realität, Komplexität ignorieren. Das Gesetz existiert, um der Gesellschaft zu dienen, und sie zu organisieren. Die Rechte können nur verstanden werden, wenn sie auch verglichen werden[34]. Dies ist die Absicht des nächsten Kapitels: die Scheidung im brasilianischen und deutschen Recht zu analysieren.

Kapitel II – Die Ehescheidung nach brasilianischem und deutschem Recht: ein vergleichender Ansatz

II.1. Etymologie, Begriff, Bedeutung

Analysiert man das deutsche Wort Ehescheidung, so ist es eine logische Zusammensetzung von zwei Wörter: Ehe und Scheidung.

Beide Wörter bedeuten das gleiche auf brasilianisch[35], wie in den nächsten Abschnitten genauer dargelegt wird.

Ehe ist „die Gemeinschaft von Mann und Frau, die durch die Heirat entsteht“[36]. Trotzdem ist Ehe nicht im BGB gesetzlich definiert[37], obwohl das im § 1310 steht, dass die Ehe nur nach den Vorschriften des BGBs geschlossen werden kann. Gegensätzlich führt das brasilianische Zivilgesetzbuch im Artikel 1.511[38] an: „Mit der Ehe wird eine dauerhafte Lebensgemeinschaft begründet, die auf gleiche Rechte und Pflichten von Ehegatten basiert.“ Gemäß Artikel 1514[39] besteht: „Die Hochzeit wird rechtskräftig, wenn Mann und Frau vor dem Richter ihren Willen zu ehelichen Bindung erklären.“ [eigene Übersetzung].

Scheidung ist die Auflösung der Ehe[40]. Gemäß BGB, Art. 1564: „Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst“. In der brasilianischen Verfassung (CF/1988) ist das Rechtinstitut Scheidung indirekt verständlich, weil im Art. 266, §6. steht, dass die Zivilehe durch Scheidung aufgelöst werden kann. Das brasilianische Zivilgesetzbuch (CC/2002, Art.1.571, IV, §1.) und das Scheidungsgesetz Nr. 6.515/77 (Art. 2., IV, Parágrafo único) erklären dies ähnlich.

Diese Konnotation stammt von (lat.) divortium[41]. Dies bedeutet trennen, scheiden, teilen, isolieren.

Folglich ist die Ehescheidung in Brasilien und in Deutschland die Auflösung der Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die durch Heirat gebunden sind.

Diesbezüglich steht in den deutschen und brasilianischen Familienrechtlehren: „Ehescheidung ist die Auflösung der Ehe aus Gründen, die in der Entwicklung des ehelichen Verhältnisses nach der Eheschließung liegen.“[42] ; „Scheidung ist Auflösung der gescheiterten Ehe (§1565 I 1) durch richterliche Entscheidung auf Antrag eine oder beider Ehegatten (§1564 S.1)“[43] ; „Scheidung ist eine Beendigung des ehelichen Lebens [. . .] löst die Ehe auf.“[44] [eigene Übersetzung].

Folgende Prinzipien sind wichtig für die Auslegung der juristischen Institute, lohnt es sich sie zu beachten.

II.2. Leitungsprinzipien

Das Recht auf Scheidung in Brasilien und in Deutschland ist auf den Grundsätzen der Menschenwürde (CF/1988, Nr. 1. , III; GG, Art. 1), Freiheit – nämlich Autonomie (CF/1988, Art. 226, § 7; CC/2002, Art. 1565, § 2; GG, Art. 2; EMRK, Art. 5, 8 und 12), Gleichheit (CF/1988, Art. 5, caput; Art. 226, § 5; CC/2002, Art. 1511; GG, Art. 3; EMRK, Art. 14), Solidarität (CF/1988, Art. 3, I; BGB, § 1569) gegründet. Es hat auch als Basis die Zerrüttung[45] des gemeinsamen Lebens (CC/2002, Art. 1572; § 1565 BGB).

Der Mensch ist würdig, frei, um sein Leben selbst zu entscheiden, solidarisch. Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich, deshalb haben alle auch die gleichen Rechte.

Das Scheidungsrecht basierte früher in beiden Ländern auf das Verschuldungsprinzip. Dieses wurde durch das Zerrüttungsprinzip ersetzt (nach brasilianischem Recht ist es implizit). Mit anderen Worten: die Ursache des Scheiterns ist in der heutigen Zeit unwichtig. Das einzige Motiv ist das Scheitern[46] der Ehe unabhängig von den Gründen.

Dieser Paradigmenwechsel hatte große Auswirkungen auf die Scheidungsvoraussetzungen in beiden Ländern.

II.3.Voraussetzungen

Die materielle Voraussetzungen der Scheidung in Deutschland sind das Scheitern (Zerrüttung) des gültigen gemeinsamen Lebens (gültige Eheschließung gemäß §1310 BGB) und die eheliche Trennung für mindestens ein Jahr (Getrenntleben).

Dazu steht im BGB §1565 Abs.1: „Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen“.

Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und sie sich nicht mehr versöhnen. Dies ist in der deutschen Familienrechtlehre[47] erläutert.

Die Ehe wird als gescheitert vermutet[48], wenn die Eheleute entweder „seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt“ (BGB §1566 Abs.1)[49], oder die Ehepartner seit drei Jahren getrennt leben (BGB §1566 Abs.2)[50].

Getrenntleben bedeutet, dass zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft besteht und einer von ihnen sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (BGB §1567 Abs.1 S.1). Es gibt ebenso keine häusliche Gemeinschaft auch, wenn die Eheleute innerhalb der gleichen Wohnung getrennt leben (BGB §1567 Abs.1 S. 2). Heutzutage leben viele getrennte Ehepartner aus finanziellen Gründen noch in der gemeinsamen Wohnung, obwohl sie nicht mehr zusammen schlafen und essen[51]. Es ist gleichgültig, ob sie im Alltag ihre häuslichen Aufgaben teilen oder nicht. Ausschlaggebend ist ihr Trennungswille.

Eine weitere Möglichkeit gem. BGB §1567 Abs. 2 ist, dass die Ehegatten nun für kürzere Zeit zusammenleben dürfen, weil dies der Versöhnung der Ehegatten dienen soll. Auch wenn keine Versöhnung stattfindet, wird das Zusammenleben nicht als Unterbrechung der Scheidungsfrist angesehen.[52]

In Deutschland gibt es besondere Ausnahmefälle der Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres.

Falls die Eheleute noch nicht ein Jahr getrennt leben, können sie sich nur scheiden lassen, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte (z.B. Misshandlung während der ehelichen Lebensgemeinschaft, Alkoholsucht, Sexuelle Erniedrigung durch den anderen Ehegatten, Schwangerschaft der Ehefrau - wenn der Ehemann nicht der leibliche Vater des ungeborenen Kindes ist -, ansteckende und schwer heilbare Krankheiten) darstellen würde (BGB §1565 Abs.2)[53].

Aufgrund der strengen Rechtsprechung[54] sind die Fälle der Härtefallscheidung relativ selten. Meist muss das Trennungsjahr eingehalten werden.

Außerdem gibt es zwei extreme Ausnahmemöglichkeiten[55] der Scheidungseinschränkung gemäß BGB §1568 Abs.1.

Die genannte Kinderschutzklausel hindert die Scheidung zwischen einer zerrütteten Ehe, „wenn und solange die Aufrechterhaltung im Interesse gemeinschaftlicher Kinder ausnahmsweise notwendig ist“[56].

Und die persönliche Härteklausel ist anzuwenden, „wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint“ (BGB §1568)[57].

In Brasilien, hauptsächlich nach der Verfassungsänderung Nr. 66/2010, gibt es keine gesetzliche Regelung in diesem Sinne. Dadurch entsteht ein Konflikt zwischen den Grundrechten, nämlich des Freiheitsrechts sich scheiden zu lassen und des Lebensrechts. Wahrscheinlich ist es in Deutschland schwierig in diesen Ausnahmefällen zu urteilen.

Anders als in Deutschland gibt es in Brasilien seit der Verfassungsänderung Nr. 66/2010 das direkte Scheidungsrecht, unabhängig einer Zeitklausel. Das Rechtinstitut des Getrenntlebens existiert nicht mehr. Wenn das Paar keine weiteren Gründe hat um miteinander leben zu wollen, kann es sich sofort scheiden lassen.

Das ist genau das Inhalt der CF/1988 Art. 226, §6[58] („Die Ehe kann durch Scheidung aufgelöst werden“) und CC/2002 Art. 1.571, IV („Die Ehe endet durch Scheidung“) [eigene Übersetzung].

Wie es in der brasilianischen Familienrechtlehre steht, ist das Scheidungsrecht in der aktuellen Zeit unabhängig von Voraussetzungen z.B. der Wartefrist oder des Getrenntlebens.

Die brasilianischen Familienrecht-Juristen[59] diskutierten, vor der Aufhebung der Wartefrist und der häuslichen Gemeinschaft, über die Sinnlosigkeit der Beschränkung des Scheidungsrechts. Sie haben sich die Frage gestellt, ob man nicht das Recht auf Freiheit haben sollte. Der Staat muss die Institution der Familie schützen, soll aber nicht in die Privatsphäre eindringen. Andernfalls wäre es wie zu mittelalterlichen Zeiten, wenn der Wille entweder von der Kirche oder vom Staat kontrolliert würde. Wenn zwei Menschen zusammen sein wollen, tun sie dies aus freiem Willen. Wenn Sie kein Interesse an einer Verbindung haben, gibt es keinen Grund für sie, während einer bestimmten Frist, auf ihre Scheidung zu warten.

Die prozessualen Voraussetzungen der Scheidung werden unter dem Unterpunkt „II.5. Scheidungsverfahren“ behandelt.

[...]


[1] DONN, John (1572 –1631): Meditation XVII Devotions upon Emergent Occasions: No Man is an Island. [eBook]: “No man is an island entire of itself, every man is a piece of the continent, a part of the main, if a clod be washed away by the sea, Europe is the less, as well as if a promontory were, as well as any manner of thy friends or of thine own were; any man’s death diminishes me, because I am involved in mankind. And therefore never send to know for whom the bell tolls; it tolls for thee”.

[2] ARISTOTELES: Politik. [Philosophische Bibliothek Band 616]. Felix Meiner Verlag GmbH: Hamburg 2012, S. 4-7: „Zuallererst müssen sich diejenigen als Paar zusammenschließen, die nicht ohne einander leben können, das Weibliche und das Männliche zum Zwecke der Fortpflanzung - sie tun dies nicht aus freier Entscheidung, sondern (ihnen) ist, wie auch den anderen Lebewesen und den Pflanzen, von Natur das Verlangen gegeben, ein weiteres Wesen ihresgleichen zu hinterlassen. [...] Die Gemeinschaft, die in Übereinstimmung mit der Natur zur Befriedigung der Alltagsbedürfnisse gebildet ist, ist der Haushalt […Die erste Gemeinschaft, die aus mehreren Haushalten besteht und nicht (nur) um der Dinge des täglichen Bedarfs willen gebildet wurde, ist ein Dorf. Im höchsten Maße scheint aber das Dorf naturgemäß zu sein, da Mitglieder eines Haushalts in eigene Häuser aussiedelten - einige nennen sie „Milchbrüder“ oder „Kinder und Kindeskinder“. […]Daraus geht nun klar hervor, daß der Staat zu den Dingen zu zählen ist, die von Natur sind, und daß der Mensch von Natur ein Lebewesen ist, das zum staatlichen Verband gehört, und daß derjenige, der aufgrund seiner Natur, und nicht durch eine Schicksalsfügung, außerhalb des staatlichen Verbandes steht, entweder minderwertig - oder übermenschlich - ist, wie derjenige, der von Homer geschmäht wurde: "ohne Geschlechterverband, ohne Recht, ohne Herd […]Denn wer von Natur so ist, der sucht zugleich Streit, da er ohne Verbindung dasteht wie (ein Stein) auf dem Spielbrett. Daß aber die Bezeichnung "zu einem Staate gehörend" eher für den Menschen als für jede Biene und jedes Herdentier zutrifft, ist klar. Denn die Natur schafft, wie wir sagen, nichts ohne Zweck. Nun hat der Menschen als einziges Lebewesen Sprache; die Stimme gibt zwar ein Zeichen von Schmerz und Freude, deswegen ist sie auch den übrigen Lebewesen verliehen, denn ihre Natur gelangte bis zu der Stufe, dass sie Empfindung von Schmerz und Lust haben und sich diese untereinander anzeigen; die Sprache dient aber dazu, das Nützliche und Schädliche, und daher auch das Gerechte und Ungerechte, darzulegen. Denn dies ist den Menschen gegenüber den anderen Lebewesen eigentümlich, allein ein Empfinden für Gut und Schlecht, Gerecht und Ungerecht und anderes zu haben. Die Gemeinschaft in diesen Dingen begründet aber Haushalt und Staatsverband. Der staatliche Verband geht aber von Natur dem Haushalt und jedem einzelnen von uns voraus; denn das Ganze notwendigerweise dem Teil voraus. […]Von Natur lebt also in allen ein Drang nach einer solchen Gemeinschaft. […] Gerechtigkeit wird dagegen im Staat verwirklicht, denn Recht ist die Ordnung der staatlichen Gemeinschaft, Gerechtigkeit aber bestimmt die Entscheidung darüber, was rechtmäßig ist.“.

[3] AULETE, Caldas: Dicionário contemporâneo da língua portuguesa. 2ª ed. brasileira, Vol. II, Rio de Janeiro: Delta S.A. 1964, S. 880: „lat. communicare: v.tr. tornar comum, participar, fazer saber, […] pôr em contato, em relação, ligar, unir [...]“. HARPER, Douglas: Online Etymology Dictionary unter: [http://dictionary.reference.com/browse/communication]: “communication: late 14c., from O.Fr. communicacion, from L. communicationem (nom. communicatio), from communicare to share, divide out; impart, inform; join, unite, participate in," lit. "to make common," from communis”.

[4] INTERNET MOVIE DATABASE: Cast Away - Verschollen( 2000 ). Online unter: [http://www.imdb.com/title/tt0162222/] [20/02/2013].

[5] Geteilte Meinungen über den Ursprung der juristischen Maxime: mögliche Autoren: Ulpian (Corpus Iuris Civilis), Cicero (De officiis), Hugo Grotius (De Jure Belli ac Pacis) oder Cocceji Baron Heinrich von (1644-1719, Professor an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg, Deutschland, in seiner Kommentare zum Jure Belli ac Pacis von Grotius).

[6] DUDEN Wörterbuch. Online unter: [http://www.duden.de/rechtschreibung/Familie][22/02/2013]: „1. aus einem Elternpaar oder einem Elternteil und mindestens einem Kind bestehende [Lebens]gemeinschaft; 2.Gruppe aller miteinander [bluts]verwandten Personen; Sippe“. WOLSKI, Werner (Bearb.): PONS Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. 1. Auflage, Stuttgart: PONS GmbH 2011, S. 486: „1. Eltern und ihr(e) Kind(er); 2. Alle miteinander verwandten Personen“. GÖTZ; Dieter. HAENSCH, Günther. WELLMAN, Hans. (Hsg.): LANGENSCHEIDT Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. München: Langenscheidt KG 2008, S. 370-371: „1. die Eltern u. ihr Kind od. ihre Kinder; 2. Kollekt; alle miteinander verwandten Personen, auch diejenigen aus früheren Generationen, die schon tot sind“. CREIFELDS Rechts-Wörterbuch. 20.Auflage. Verlag C.H. Beck 2011, S. 421: „1. Unter F. verstand man früher die Gesamtheit der durch → Ehe und → Verwandtschaft miteinander verbundenen Personen. Nach der Entwicklung unserer Gesellschaftsordnung, die diesen Begriff der „Großfamilie“ heute weitgehend nicht mehr kennt, werden unter F. außer den Ehegatten mit ihren Kindern auch nicht miteinander verheiratete Partner oder Alleinerziehende mit Kin(der) verstanden. Das BGB enthält keine gesetzliche Definition des Begriffs „Familie“, geht aber in verschiedenen Vorschriften […]“. FERREIRA, Aurélio Buarque de Holanda: Minidicionário Aurélio de acordo com as novas regras ortográficas. Curitiba: Positivo 2009, S. 396: “1. Pessoas aparentadas que vivem na mesma casa particularmente o pai, a mãe e os filhos; 2. Pessoas do mesmo sangue; 3. origem, ascendência; [...] 6. (Atropológico) Família elementar ou família nuclear, constituída pelo casal e seus filhos”. AULETE, Caldas: Dicionário Aulete de bolso da língua portuguesa de acordo com a nova ortografia. [Coleção L&PM POCKET]. Rio de Janeiro: Lexikon 2007, S. 469: “1.grupo de pessoas que têm parentesco entre si, especialmente, pai, mãe e filhos; 2. Pessoas originárias dos mesmos ascendentes”. HOUAISS, Antonio e outro: Minidicionário Houaiss da língua portuguesa, 2ªed. rev. e ampl., Rio de Janeiro: Objetiva 2004, S. 332: “1. Grupo de pessoas formado por pai, mãe e filhos sob o mesmo teto; 2. Grupo de pessoas ligadas entre si pelo casamento ou qualquer parentesco”.

[7] TORRINHA, Francisco: Dicionário Latino-Português. Porto: Ed. Maranos 1937, S.326: família, familiae, famulus: “1. Os domésticos, conjuntos de criados e escravos que viviam na mesma casa (em oposição a gens); 2. As pessoas da casa, conjunto de pessoas que viviam na mesma casa, compreendendo o pater familias, a esposa, os filhos e os criados que estavam sob a sua dependência; 3. Conjunto de pessoas que estavam na dependência de um senhor e que por morte desse deixaram de estar; 4. Conjunto de bens ou pessoas indispensáveis à família – a terra, os escravos e os animais de trabalho; 5. Família: casa; geração; 6. Escola filosófica; seita”. SILVA, De Plácido e: Vocabulário Jurídico. Rio de Janeiro: Forense 2009, S. 603: “Derivado do latim família, de famel (escravo, doméstico), é geralmente tido, em sentido restrito, como sociedade conjugal. Nesse sentido, então, família compreende simplesmente os cônjuges e sua progênie. E se constitui, desde logo, pelo casamento. Mas, em sentido lato, família quer significar todo “conjunto de pessoas ligadas pelo vínculo da consanguinidade” (Clóvis Beviláqua). Representa-se, pois, pela totalidade de pessoas que descendem de um tronco ancestral comum, ou sejam provindas do mesmo sangue, correspondendo à gens dos romanos e ao genos dos gregos.[...]” DUDEN -Das Herkunfswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 4. neu bearbeitete Auflage. Band 7. Mannheim-Zürich: Dudenverlag 2007, S. 204: “Gemeinschaft der Eltern od. Eines Elternteiles und mindestens eines Kindes”, gelegentlich auch im weiteren Sinne von “Gruppe der Blutsverwandten; […] Zu lat. Famulus “Diener” (vgl. Famulus) stellt sich als Kollektivbildung lat. Familia „Gesamtheit der Dienerschaft; Gesinde“. Der Begriff wurde in der patriarchalischen Ordnung weiter gefasst. In ihr was familia die gesamte Hausgenossenschaft von Freien und Sklaven, die dem pater familias anvertraut war. – Bis zur Entlehnung von lat. Familia im 16. Jh. wurde der Begriff Familie durch die Formel “Weib und Kind” (aus der Sicht des Mannes) oder durch die Wörter „Haus“ oder (älter) hiwische abgedeckt.“.

[8] RAWLINSON, George (Professor of Ancient History in the University of Oxford): Ancient Egypt. 10. Edition, London: T. Fisher Unwin 1886 [eBook], Chapter III: The dawn of history: “There was no seclusion of women at any time among the ancient Egyptians. The figure of the wife on the early monuments constantly accompanies in all his occupations. Her subordination is indicated by her representation being on an unduly smaller scale, and by her ordinary position, which is behind the figure of her “lord and master”. In statuary however, she appears seated with him on the same seat or chair. There is no appearance of her having been either a drudge or a plaything. She was regarded as man´s true “helpmate”, shared his thoughts, ruled his family, and during their early years had the charge of his children. Polygamy was unknown in Egypt during the primitive period; even the kings had then but one wife. Sneferu’s wife was a certain Mertitefs, who bore him a son, Nefer-mat, and after his death became the wife of his successor. Women were entombed with as much care, and almost with as much pomp, as men. Their right to ascend the throne is said to have been asserted by one of the kings who preceded Sneferu; and from time to time women actually exercised in Egypt the royal authority.”; WESEL, Uwe: Geschichte des Rechts: Von den Frühformen bis zur Gegenwart. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2006, S. 97-98: „Juristisch hatten sie im wesentlichen die gleichen Rechte wie die Männer, waren rechts- und geschäftsfähig. Man sieht Frauen Verträge abschließen, Prozesse führen und als Zeuginnen bei der Errichtung von Urkunden. Herrschaftspositionen besetzen nur Männer. Wenn man von wenigen Frauen absieht, die auf Thron der Pharaonen gesessen haben. Vor einer gesellschaftlichen Gleichstellung konnte man nicht reden. Aber im übrigen haben die ägyptischen Frauen mehr Rechte gehabt als in allen Ländern der Antike. […] Auch im Eherecht zeigt sich die starke Stellung der Ägypterinnen. Eine große Rolle in der Überlieferung spielen private Eheverträge. Es sind Papyrusfunde, die bis in die 22. Dynastie zurückgehen (um 900 v. Chr.) und dann in immer größerer Zahl gefunden worden sind. Das ist auch die Zeit, für die zum ersten mal die Möglichkeit einer Scheidung nachgewiesen ist, um die es regelmäßig auch in diesen Eheverträgen geht. Sie werden abgeschlossen zwischen dem künftigen Ehemann und seinem Schwiegervater, seit dem 7.Jahrh. v. Chr. Auch mit seiner künftigen Frau, und regeln ihre Versorgung nach der Scheidung. […] Erst bei der Ehescheidung wird sie wirklich geleistet, oft verbunden mit einer Art Zugewinnausgleich. […] Im übrigen, immer ein sicheres Indiz für die bessere Situation von Frauen, in Ägypten können sich auch selbst die Scheidung erklären, wie der Mann, im Gegensatz zu Mesopotamien.“.

[9] WESEL, Uwe: Geschichte des Rechts in Europa: von den Griechen bis zum Vertrag von Lissabon. München: Verlag C.H. Beck 2010, S. 33-34: Rechtsfähig – vermögensfähig – waren alle athenischen Bürger, Männer wie Frauen. Aber geschäftsfähig waren nur die Männer. Wenn sie achtzehn Jahre alt geworden waren. Eine Frau blieb ihr Leben lang geschäftsunfähig. Zuerst war ihr Vater der Vormund (kyrios), nach der Heirat ihr Mann, und nach dessen Tod meistens einer ihrer Söhne, den sie dann immerhin noch selbst benennen konnte. Nur Geschäfte des täglichen Lebens durfte sie allein abschließen, bis zum Wert von einem Medimnos Gerste. Das ist ungefähr ein Zentner. Eine Frau konnte nicht selbst die Ehe schließen. Die Eheschließung (engye) war ein formaler Akt zwischen ihrem Mann und ihrem Vater, auch ohne oder gegen ihren Willen. Ihre Mitgift wurde Eigentum ihres Mannes. Nur er, nicht sie, konnte durch eine einfache Erklärung die Scheidung vollziehen. Sie musste dafür zum Archonten gehen und schriftlich. Gründe nennen. Er konnte ohne juristische Folgen die Ehe brechen. Sie nicht. Nach einem Gesetz des Solon musste er sich von ihr durch Scheidung trennen und konnte vom Ehebrecher eine Bußzahlung verlangen. Er konnte sich ganz offiziell noch eine Nebenfrau (pallaké) ins Haus holen und mit ihr Kinder zeugen. Die berühmte Xanthippe zum Bespiel war wohl nur die pallaké des Sokrates. Seine Ehefrau (gyné) ist wahrscheinlich Myrto gewesen. Nach der Scheidung hatte der Vater der Frau als neuerlicher kyrios gegen ihren Mann die diképroikos auf Rückgewähr der Mitgift. Bis zur Rückzahlung musste der Mann Unterhaltszahlungen leisten, in Höhe von 18% des Wertes der Mitgift. Dafür gab es eine besondere diké sitou, die „Brotklage“. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass die griechischen Frauen sehr viel stärker unterdrückt waren als in anderen uns bekannten Ländern der Antike. Selbst auf der Straße durften sie sich nicht allein frei bewegen, an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen, noch nicht einmal ein Theater besuchen. Das griechische Wort für Familie ist oikos. Es bedeutet Haus und bezeichnet die Gemeinschaft von Mann und Frau in rechtmäßiger Ehe (gamos) mit ihren Kindern und Verwandten, die mit ihnen zusammenwohnen. Es ist nicht nur eine familienrechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche und religiöse Einheit, eigentlich sogar – in unserer Terminologie – eine staatsrechtliche. Denn der oikos ist ein entscheidender Baustein der griechischen Polis. Ihre ganz politische und religiöse Ordnung ruht auf seiner Grundlage.

[10] ibidem, S. 71-73: „Rechtsfähigkeit […] hatte nur einer. Der pater familias, der Vater als Familienoberhaupt. […] patria potestas, die väterliche Gewalt. Anders als in Griechenland endete sie nicht mit dem achtzehnten Lebensjahr der Söhne, sondern erst mit dem Tod des Vaters. Rechtsfähig war nur der Vater. Man nannte das sui iuris. Ein Mensch eigenen Rechts. Alle anderen waren alieni iuris, abhängig von fremdem Recht. Also Kinder, Enkel, Sklaven. In den republikanischen Zeit oft auch noch seine Frau. […] Wie in Griechenland wurde die Frau von ihrem Vater mit einem Formalakt (confarreatio, coemptio) in die Gewalt ihres Mannes gegeben. […] Die Situation von Frauen war besser als im griechischen Recht. Zwar war ihre Geschäftsfähigkeit an sich wie in Griechenland durch einen Frauenvormund (tutor mulieris) beschränkt. […] Ganz deutlich ist die bessere Stellung der Römerinnen bei der Scheidung. Die manus -Ehe konnte nur der Mann auflösen, nicht seine Frau, die ja in seiner manus stand und nichts gegen seinen Willen tun konnte. Aber in der formlos geschlossenen, die seit dem Ende der Republik die Regel geworden war, konnte die Scheidung – formlos – von beiden erklärt werden, von Männern wie von Frauen. Ehe und Familie waren insgesamt weniger verrechtlicht als heute. Römisches Familienrecht besteht im Wesentlichen aus Regeln über die Mitgift (dos), ist Dotalrecht“.

[11] ibidem, S. 108 [ sic. ].

[12] ibidem, S. 119-120: „Der keltische Ehemann hat wie der frühe römische paterfamilias das Recht über Leben und Tod – ius vitae necisque – seine Frau und Kinder (6.19.3). Wie später in Irland und Wales steht die Frau also unter der vormundschaftlichen Gewalt ihres Vaters, Mannes oder Sohnes“.

[13] ibidem, s.163-165: „Die väterliche Gewalt verwandelte sich in die ihres Mannes. Der hatte das Bestimmungsrecht über alle Fragen der Familie, sogar über die Scheidung. Diese juristische Gewalt war oft auch eine tatsächliche, denn sie ist verbunden gewesen mit dem Züchtigungsrecht und bei einem Ehebruch durfte er sie in eigenen Ländern – in Gebieten Deutschlands, in Skandinavien und Ungarn – sogar töten. Wenn er sich selbst ein Ehebruch erlaubte, hat es auch das Recht erlaubt. Das war die Situation der Frauen in Europa, die juristische Gewalt der Mannes über sie und die Kinder, von den Germanenreich bis in den Osten mit der Ausnahme Russlands.“.

[14] VATIKANSTADT, CODEX DES KANONISCHEN RECHTES. Online unter: [http://www.vatican.va /archive/DEU0036/_INDEX.HTM][03/03/2013]: „TITEL VII – Ehe, Can. 1055, § 1. Der Ehebund, durch den Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen, welche durch ihre natürliche Eigenart auf das Wohl der Ehegatten und auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist, wurde zwischen Getauften von Christus dem Herrn zur Würde eines Sakramentes erhoben. [...] KAPITEL IV - EHEKONSENS, Can. 1096 — § 1. Damit der Ehekonsens geleistet werden kann, ist erforderlich, daß die Eheschließenden zumindest nicht in Unkenntnis darüber sind, daß die Ehe eine zwischen einem Mann und einer Frau auf Dauer angelegte Gemeinschaft ist, darauf hingeordnet, durch geschlechtliches Zusammenwirken Nachkommenschaft zu zeugen.“.

[15] ibidem: TITEL VII – Ehe, Can. 1056 — Die Wesenseigenschaften der Ehe sind die Einheit und die Unauflöslichkeit, die in der christlichen Ehe im Hinblick auf das Sakrament eine besondere Festigkeit erlangen.

[16] Es ist komisch zu achten, dass die Scheidung im Alten Testament (Deuteronomium 24:1) erlaubt ist, während im Neuen Testament (Matthäus 19:9; I Korinther 7:10; Markus 10:11; Lukas 16:18) ein Verbot steht.

[17] ZWEIGERT, Konrad: Einführung in die Rechtsvergleichung: auf dem Gebiete des Privatrechts. 3., neubearbeitete Aufl., Tübingen: Mohr Siebeck 1996, S.112 und 114.

[18] ENGLAND, CHURCH OF ENGLAND. Online unter: [http://www.churchofengland.org/our-views/marriage,-family-and-sexuality-issues/divorce.aspx] [03/03/2013].

[19] WESEL, Uwe: Geschichte des Rechts in Europa: von den Griechen bis zum Vertrag von Lissabon. München: Verlag C.H. Beck 2010, S. 300: „In dieser Zeit beschleunigte sich die Trennung von Glauben und Wissen. Nicht mehr die Bibel und der Vatikan bestimmten das Weltbild, sondern Erfahrung und Wissenschaft.“.

[20] ibidem, S. 488: „Die Revolution in Frankreich hatte auch Folgen für das Familienrecht in Europa. Obwohl die Menschenrechte von 1789 nur für die Männer verkündet waren, meinte die Nationalversammlung, dass wenigstens in der Ehe Freiheit und Gleichheit herrschen müsse und nicht nur der Mann allein. So hat sie es beschlossen im Gesetzt vom 20. September 1792. Die Ehe sei ein privater Vertrag zwischen Mann und Frau. Ein Gedanke des Naturrechts gegen die Kirche. Also fand die Trauung statt vor einem staatlichen Standesbeamten. Die obligatorische Zivilehe. Eine kirchliche danach war möglich. Und als privater Vertrag konnte sie auch wieder aufgelöst werden von einem staatlichen Gericht. Das kirchliche Scheidungsverbot war beseitigt. Sogar die Konventionalscheidung ist möglich gewesen, im beiderseitigen Einverständnis, Soviel zur Freiheit. Und im Namen der Gleichheit endete die Jahrhunderte alte Unterdrückung der Frau. Sie und ihr Mann wurden gleichberechtigte Partner eines privaten Vertrags. Das Ende der ehemännlichen Gewalt und – im Prinzip – auch der väterlichen. Doch einige patriarchalische Restbestände blieben, zum Beispiel beim Familiennamen „Natürlich“ war es der des Mannes. Und konnten die beiden sich über die Erziehung der Kinder – Einzelheiten des Alltags oder zum Beispiel die Ausbildung und den Beruf – nicht einigen, wer entschied? Er. Schließlich konnte sie sogar der Ehe selbständig über ihr Eigentum verfügen. […] Das Gesetzt von 1792 galt zwölf Jahre. Trotz dieses wunderschönen revolutionären Anfangs blieben die Frauen auch im 19. Jahrhundert dem Manne Untertan. Wie es in der Bibel steht. Warum? Weil Napoleon kam. In seinem Code civil von 1804 blieb nur die Freiheit des Familienrechts. Also die Zivilehe und die Scheidung. Im Interesse der Stabilität der Ehe die Scheidung ein wenig eingeschränkt. Aber immer noch liberal“.

[21] ibidem, S. 490: „[…] Deutschland war ähnlich zerklüftet wie die Schweiz. Nur gab es hier das Königreich Preußen, das inzwischen ein Koloss geworden war mit fast genau der Hälfte der deutschen Bevölkerung, wenn man Österreich weglässt. Später wurde es noch größer. In seinem Gebiet galt die obligatorische Zivilehe und ein liberales Scheidungsrecht. In den katholischen deutschen Gebieten war es die kirchliche Ehe und das Scheidungsverbot.“ S.a. DETHLOFF, Nina: Familienrecht: ein Studienbuch. 30., neu überarbeitete Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2012, S. 174: „Die geschichtliche Entwicklung des Scheidungsrechts in Deutschland ist durch eine Vielzahl unterschiedlichster Gestaltungen gekennzeichnet. Mit zunehmendem Einfluss der katholischen Kirche setze sich die aus der Sakramentsnatur der Ehe entwickelte Unscheidbarkeit der Ehe durch. Erst im Zeitalter der Reformation wurde die obrigkeitliche Scheidung wegen Ehebruchs oder einer gleich schweren Verfehlung in einigen Ländern zugelassen. Die Aufklärungszeit erlaubte unter naturrechtlicher Einwirkung die einverständliche Scheidung bei Kinderlosigkeit. So sah das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 neben der Scheidung wegen Verschuldens die einverständliche Scheidung für kinderlose Ehen vor und erkannte zudem mit der Scheidung aufgrund unüberwindlicher Abneigung auch einen objektiven Zerrüttungsgrund an.“.

[22] idem: „Das BGB suchte einen Mittelweg zwischen den kirchlichen und liberal gesinnten Rechten“.

[23] BOELE-WOELKI, Katharina. BRAAT, Bente. SUMNER, Ian. European Family Law in Action: Volume 1: Grounds for Divorce: Intersentia, Antwerpen u.a. 2003, S. 31-33.

[24] GG, Art. 1 [Schutz der Menschenwürde, Menschenrechte, Grundrechtsbindung], Art. 2 [Freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person], Art.3 [Gleichheit vor dem Gesetz], […] Art.6 [Ehe, Familie, nicht eheliche Kinder]: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“, etc.

[25] G. Nr. 6.515/77, Art. 5.: “A separação judicial pode ser pedida por um só dos cônjuges quando imputar ao outro conduta desonrosa ou qualquer ato que importe em grave violação dos deveres do casamento e tornem insuportável a vida em comum”.

[26] CC/2002, Art.1511: “O casamento estabelece comunhão plena de vida, com base na igualdade de direitos e deveres dos cônjuges”.

[27] CC/2002, Art. 1630: “Os filhos estão sujeitos ao poder familiar, enquanto menores”.

[28] Emenda Constitucional Nr. 66 de 13 de julho de 2010 (publicada no Diário Oficial da União em 14-7-2010): “Dá nova redação ao §6º do art. 226 da Constituição Federal, que dispõe sobre a dissolução do casamento civil pelo divórcio, suprimindo o requisito de prévia separação judicial por mais de 1 (um) ano ou de compravada separação de fato por mais de 2 (dois) anos “.

[29] MUSCHELER, Karlheinz: Familienrecht. 2. Auflage, München: Verlag Franz Vahlen 2012, S.18: „Die Gegenwart wird geprägt durch bestimmte Sonderformen von Familie. Zunächst ist hier zu erwähnen die >>unvollständige<< Familie aus Kind und alleinerziehendem Elternteil. Hinzu kommt die Stieffamilie, handle es sich nun um die förmliche, d.h. durch Ehe oder Lebenspartnerschaft der Erwachsene formalisierte oder um die bloß faktische Stieffamilie oder um die Umgangsstieffamilie bei der das Kind nur zu Umgangskontakten mit einem Elternteil zur Lebensgemeinschaft der Erwachsenen stößt (in der Familiensoziologie oft >>Patchwork-Familie<<, bei der mit dem Erwachsenenpaar je einseitige und gemeinsame Kinder leben (>>Meine, deine, unsere Kinder<< - Familie). Zugenommen hat auch die Zahl der Pflegefamilien und der Heimfamilien. […] Zu den Partnerschaftsformen gehört zunächst die Ehe. Ehe ist die auf freiem Entschluss beruhende, unter Wahrung bestimmter Gesetz vorgeschriebener Formen begründete Vereinigung eines Mannes und einer Frau zu einer umfassenden, exklusiven, grundsätzlich unauflösbaren Lebensgemeinschaft. Die Partner der Ehe nennt das BGB Ehegatten. Lebenspartnerschaft ist die nach §1 LPartG wirksam begründete dauerhafte Beziehung zweier Personen gleichen Geschlechts. Lebenspartner sind Personen, die in einer Lebenspartnerschaft leben […] Eine Eheähnliche Gemeinschaft ist nach der die Praxis beherrschenden Definition des BVerfG >>eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben typischerweise keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, sich durch innere Bindungen auszeichnet und ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht<<.“[ sic. ]. s.a. CF/1988, Art.266, §§3. und 4.; CC/2002, Art.1.723: „É reconhecida como entidade familiar a união estável entre o homem e a mulher, configurada na convivência pública, contínua e duradoura e estabelecida com o objetivo de constituição de família.“.

[30] z.B. Lebenspartnerschaftsgesetz.

[31] BRASIL, CONSELHO NACIONAL DE JUSTIÇA. Die Beschluss Nr. 175 des CNJ v. 14.5.2013 auf die Ehe zwischen Personen des gleichen Geschlechts folgt die Transformation der Gesellschaft. Online unter: [http://www.cnj.jus.br/noticias/cnj/24673-resolucao-aprovada-no-cnj-segue-as-transformacoes-da-sociedade-diz-presidente] [14.5.2013]; s.a. BRASIL, INSTITUTO BRASILEIRO DE DIREITO DE FAMÍLIA. Online unter: [http://www.ibdfam.org.br/imprensa/noticias-do-ibdfam/detalhe/5031#] [14.05.2013].

[32] CF/1988, Art.266 :„§3. Para efeito da proteção do Estado, é reconhecida a união estável entre o homem e a mulher como entidade familiar, devendo a lei facilitar sua conversão em casamento. §4. Entende-se, também , como entidade familiar a comunidade formada por qualquer dos pais e seus descendentes.“; Rechtsprechung über die Anerkennung der Eingetragene Lebenspartnerschaft in Brasilien: STF, ADI 4.277/Distrito Federal e ADPF 132/Rio de Janeiro, Rel. Min. Ayres Britto, julgamento em 5/5/2011, Plenário, DJE de 14/10/2011. s.a. STF, RE 477.554-AgR, Rel. Min. Celso de Mello, julgamento em 16/8/2011, Segunda Turma, DJE de 26/8/2011. vgl. BRASIL. Supremo Tribunal Federal (STF): A Constituição e o Supremo [recurso eletrônico]. 4ªed., Brasília: Secretaria de Documentação 2011, S. 1963-1965. Online unter: [http:www.stf.jur.br/portal].

[33] MUSCHELER, Karlheinz: Familienrecht. 2. Auflage, München: Verlag Franz Vahlen 2012, S.55: „Die Lebenspartnerschaft kann nicht geschieden, sondern nur aufhoben werden, wobei allerdings die Aufhebung (§15 LPartG) funktionell der Scheidung entspricht. Für die Aufhebung der Lebenspartnerschaft gilt dasselbe wie das oben für die Scheidung der Ehe Ausgeführte“. Die Tendenz in Brasilien ist die Anerkennung der Scheidungsrecht auch für gleichgeschlechtige Lebenspartnern, wie die erste brasilianische Entscheidung für die Auflösung gleichgeschlechtige Lebenspartnerschaft (Belo Horizonte – MG). BRASIL, TJMG. Online unter: [http://www.tjmg.jus.br/portal/imprensa/noticias/juiz-reconhece-fim-de-uniao-homoafetiva-1.htm] [14.5.2013].

[34] ZWEIGERT; Konrad: Einführung in die Rechtsvergleichung: auf dem Gebiete des Privatrechts. 3. neubearb. Aufl., Tübingen: Mohr 1996, S. 8: „Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung sind Holz vom gleichen Stamm. Sie sind Zwillingsschwestern, und wenn man auch darüber zweifeln kann, welche von den beiden die schönere sei, so läßt sich doch nicht bestreiten, daß rechtsgeschichtliche Forschung in vielen Fällen ein Operieren mit der vergleichenden Methoden ist und daß es umgekehrt Probleme gibt, die sich nicht sinnvoll rechtsvergleichend untersuchen lassen, ohne daß man nicht auch die historische Genese der zu ihrer Lösung entwickelten Regeln beachtet “. Interessante Daten über die Entwicklung des Familienrechts [ in: WESEL, Uwe: Geschichte des Rechts in Europa: von den Griechen bis zum Vertrag von Lissabon. München: Verlag C.H. Beck 2010, S. 627, 628, 634]: Einführung der Zivilehe: 1792 Frankreich, 1814 Belgien, 1814 Niederlande, 1865 England neben der kirchlichen, 1865 Italien, seit 1929 neben der kirchlichen, 1874 Schweiz, 1875 Deutschland, 1894 Ungarn, 1908 Schweden, 1917 Russland, 1918 Norwegen, 1919 Tschechoslowakei, 1922 Dänemark neben der kirchlichen, 1938 Österreich, 1945 Polen, seit 1998 neben der kirchlichen, 1979 Spanien neben der kirchlichen, 1983 Griechenland neben der kirchlichen. Möglichkeit der Ehescheidung: Griechenland seit byzantinischer Zeit, Russland seit kirchlicher Zeit, Dänemark Danske Lov 1683, Norwegen Norke Lov 1687, Schweden Reichsgesetzbuch 1734/36, Frankreich 1792 (bis 1816) und 1884, Belgien 1814, Niederlande 1814, England 1857, Schweiz 1874, Deutschland BGB 1900, Österreich 1938, Polen wohl bald nach 1945, Tschechoslowakei vielleicht erst nach 1945, Ungarn wohl bald nach 1945, Italien 1970 und Spanien 1981. Einführung der Gleichberechtigung: 1917 Russland, 1920 Schweden, 1925 Dänemark, 1927 Norwegen, 1949 Tschechoslowakei, 1949 Deutsche Demokratische Republik, 1950 Polen, 1952 Ungarn, 1949/93 Bundesrepublik Deutschland, 1965/75 Frankreich, 1970 Niederlande, 1973 England, 1975 Italien, 1975/95 Österreich, 1976 Belgien, 1981 Spanien, 1983 Griechenland und 1988 Schweiz.

[35] vgl. FERREIRA, Aurélio Buarque de Holanda: Minidicionário Aurélio de acordo com as novas regras ortográficas. Curitiba: Positivo 2009, S. 217, 326: “casamento: 1. união solene entre duas pessoas de sexos diferentes, com legitimação civil e/ou religiosa; núpcias; 2. A cerimônia dessa união [...] divórcio: dissolução do vínculo matrimonial, podendo os divorciados contrair novas núpcias”. AULETE, Caldas: Dicionário contemporâneo da língua portuguesa. 2ª ed. brasileira, Vol. I, Rio de Janeiro: Delta S.A. 1964, S. S. 724: “união entre um homem e uma mulher com a legitimação da autoridade eclesiástica ou civil; matrimônio. Fig. combinação, aliança, união”. AULETE, Caldas: Dicionário Aulete de bolso da língua portuguesa de acordo com a nova ortografia. [Coleção L&PM POCKET]. Rio de Janeiro: Lexikon 2007, S.192, 369: “casamento: 1. união conjugal entre homem e mulher; a relação e a forma de vida familiar dela decorrente; 2. Cerimônia civil e/ou religiosa que efetiva essa união; matrimônio; 3. Fig. associação, união.[...] divórcio: 1. Dissolução legal do casamento; separação, rompimento, divórcio entre facções”. HOUAISS, Antonio e outro: Minidicionário Houaiss da língua portuguesa, 2ªed.rev. e ampl. Rio de Janeiro: Objetiva 2004. S. 140: „1. vínculo conjugal entre un homem e uma mulher; 2. Dir. União por meio de contrato civil de duas pessoas visando uma vida em comum; 3. Por ex. concubinato; 4. cerimônia matrimonial; 5. Fig. aliança, associação.”

[36] gem. WOLSKI, Werner (Bearb.): PONS Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. 1. Auflage, Stuttgart: PONS GmbH 2011, S. 395. s.a. GÖTZ; Dieter. HAENSCH, Günther. WELLMAN, Hans. (Hsg.): LANGENSCHEIDT Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. München: Langenscheidt KG 2008, S. 297: „die Lebensgemeinschaft, in der sich ein Mann u. e-e Frau befinden, nachdem sie einander geheiratet haben“. DUDEN Wörterbuch Online unter: [http://www.duden.de/suchen/dudenonline/Ehe]: „gesetzlich [und kirchlich] anerkannte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“. CREIFELDS Rechts-Wörterbuch. 20.Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2011, S. 308-309: „Die E. ist die rechtlich anerkannte, mit Eheschließungswillen eigegangene, grundsätzlich auf Lebensdauer bestimmte (§1353 I 1 BGB) Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau (zur Rechtstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften → Lebenspartnerschaft). Sie ist die Grundzelle der staatlichen Gemeinschaft. Begründung, Inhalt, Rechtsfolgen und Beendigung der E. werden im → Kirchenrecht oftmals anders behandelt als im staatlichen Recht. Die E. wird durch den Vertrag begründet und erlangt durch die besondere Form der → Eheschließung kraft staatlicher Anerkennung den gesetzlich näher festgelegten Inhalt als familienrechtliches Gemeinschaftsverhältnis. [...] Obwohl die E. regelmäßig auf Lebensdauer, d.h. bis zum Tode eines Ehegatten, geschlossen ist, lässt, das staatliche Gesetz – anders als das Kirchenrecht – neben der Eheaufhebung die → Ehescheidung zu, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft so zerrüttet ist, dass eine dem Wesen der E., entsprechende Wiederherstellung nicht möglich erscheint [...]“.

[37] vgl. PALANDT: Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentare. 72., neubearbeitete Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2013, S. 1.679.

[38] CC/2002, Art.1511: “O casamento estabelece comunhão plena de vida, com base na igualdade de direitos e deveres dos cônjuges”.

[39] CC/2002, Art. 1514: „O casamento se realiza no momento em que o homem e a mulher manifestam, perante o juiz, a sua vontade de estabelecer vínculo conjugal, e o juiz os declara casados“.

[40] s. WOLSKI, Werner (Bearb.): PONS Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. 1. Auflage, Stuttgart: PONS GmbH 2011, S. 1212: „Schei·dung die <-, -en> die gerichtliche Auflösung einer Ehe Sie haben die Scheidung eingereicht“. LANGENSCHEIDT Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, S. 920: „1. Die Auflösung e-r Ehe durch ein Gericht; 2. In S. Leben (nachdem die S. (1) beantragt wurde) getrennt vom Ehepartner leben, bevor das Gericht die Ehe auflöst; 3. die S. einreichen e-e S. (1) bei Gericht beantragen.“. CREIFELDS Rechts-Wörterbuch. 20.Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2011, S. 312-313: „ Ehescheidung. 1. Obwohl die Ehe grundsätzlich auf Lebenszeit geschlossen ist (§1353 I BGB), lässt das in der BRep. Geltende Eherecht (anders weitgehend das → Kirchenrecht) neben der Besonderheit der → Eheaufhebung die vorzeitige Scheidung der Ehe durch Entscheidung des → Familiengerichts (§1564 BGB) in der Erkenntnis zu, dass eine gescheiterte Ehe, die jede innere Bindung verloren hat, nicht geeignet ist, weiterhin Grundlage der Gesellschaftsordnung und des Staates zu sein. Eine andere Möglichkeit der Eheauflösung, z.B. durch bloße Aufhebung der → ehelichen Lebensgemeinschaft oder die → Trennung von Bett, Tisch und Wohnung, kennt das deutsche Recht ebenso wenig wie die Trennung der Ehe auf andere Weise (z.B. auch nicht für Ausländer durch eine nach deren Heimatrecht zuständige geistliche Instanz oder im Weg der sog. Privatscheidung)“.

[41] TORRINHA, Francisco: Dicionário Latino-Português. Porto: Ed. Maranos 1937, S.267: divortium: separação, divórcio. SILVA, De Plácido e: Vocabulário Jurídico. 28ªed., Rio de Janeiro: Forense 2009, S. 495-496: “Derivado do latim divortium, de divertere ou divortere (separar-se, apartar-se), é empregado na técnica jurídica para indicar um dos processos por que se dissolve o casamento, com a ruptura de todos os laços que se haviam formado por ele. O divórcio, assim, tem efeitos jurídicos mais amplos que a separação, pois que por ele se quebra o próprio vínculo conjugal, ficando os cônjuges desimpedidos para novo matrimônio. Considerando o casamento como contrato, o divórcio, em verdade, corresponde a seu distrato.”.

[42] DETHLOFF, Nina: Familienrecht. 30., neu überarbeitete Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2012, S. 174.

[43] MUSCHELER, Karlheinz: Familienrecht. 2. Auflage, München: Verlag Franz Vahlen 2012, S.209.

[44] CAHALI; Yussef: Separações conjugais e divórcio. 12. ed. rev., atual. e ampl., São Paulo: Editora Revista dos Tribunais 2011, S. 905: „o divórcio é causa terminativa da sociedade conjugal […] dissolve o vínculo matrimonial“.

[45] op. cit., S. 209: “Der Scheidungsgrund basiert seit dem 1.1.1977 (1.EheRG) nicht mehr auf Verschulden, sondern auf objektivem Scheitern der Ehe, was man herkömmlicherweise, in Abgrenzung zum Schuldprinzip, >>Zerrüttungsprinzip<< nennt”.

[46] i.S.d. folgenden Lehre: CAHALI; Yussef: Separações conjugais e divórcio. 12. ed. rev., atual. e ampl., São Paulo: Editora Revista dos Tribunais 2011, S. 942: „[...] a conduta irregular de qualquer dos cônjuges ou a existência de uma causa culposa da separação de fato é totalmente irrelevante para o efeito da decretação do divórcio direto [...]“. LAGRASTA NETO, Caetano. SIMÃO, José Fernando. TARTUCE, Flávio: Direito de família: novas tendências e julgamentos. 2. ed., São Paulo: Atlas, 2012, S.135: „A culpa acabou no Direito de Família? [...] Após a mudança constitucional, não mais se poderá debater a culpa como forma de protelar a decisão que põe fim ao casamento. Exatamente por isto, conforme já esclarecemos, o divórcio se decreta imediatamente após a contestação por meio de setença judicial, pois a culpa não terá condão de impedi-lo. [...] A culpa de um ou ambos os cônjuges para a dissolução do vínculo ou para o fim da comunhão de vidas passa a ser irrelevante.“. DETHLOFF, Nina: Familienrecht. 30., neu überarbeitete Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2012, S. 174-175: „Danach kommt es für die Scheidung allein auf das Scheitern der Ehe an (§1565). Von wem die Zerrüttung verursacht wurde, ist ohne Bedeutung“.

[47] ibidem, S. 176: „Gescheitert ist eine Ehe, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht – oder nie bestanden hat – und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder – oder auch nur erstmals – herstellen (§1565 I)“. MUSCHELER, Karlheinz: Familienrecht. 2. Auflage, München: Verlag Franz Vahlen München 2012, S.214: „Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht (Diagnose) und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen (Prognose). Nach herrschendem Verständnis (s. auch o. Rn. 188, 390) braucht die Lebensgemeinschaft bei Bestehen einer Trennung aufgehoben sein. Und umgekehrt kann die Lebensgemeinschaft auch ohne Trennung aufgehoben sein, etwa weil sich aus wirtschaftlichen Gründen keiner der Ehegatten entschließen kann, die häusliche Gemeinschaft aufzuheben. Für die Prognose genügt, wenn auch nur einer der Ehegatten sich endgültig vom anderen abgewandt hat (sog. einseitiges Scheitern). Dafür muss das Gericht aber alle Indizien prüfen; die bloße einseitige Behauptung des Antragstellers genügt nicht. Heute akzeptieren die Gerichte de facto alles, was vorgebracht wird. Zwar pflegt man auch heute noch vielfach Schuldtatsachen vorzubringen (Trunksucht, Beleidigung, Ehebruch etc.), aber meist nur wegen der Scheidungsfolgen, die man für sich günstiger gestalten will. Rechtlich spielen die Ursachen des Scheiterns keine Rolle; auf Verschulden kommt es nicht an“.

[48] op.cit., loc.cit.: „Die eheliche Lebensgemeinschaft zerbricht jedoch, wenn kein Konsens in Fragen erreicht werden kann, die die Ehegatten als einigungsbedürftig ansehen. [...] Indiz für die Aufhebung der Lebensgemeinschaft ist die räumliche Trennung. Aber auch wenn ein Ehegatte zeitweise die Wohnung des anderen nicht teilt (z.B. infolge Forschungsreise, Strafhaft, Krieg usw.), kann die eheliche Lebensgemeinschaft fortbestehen. Umgekehrt kann trotz Wohnens in derselben Wohnung die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben sein (§1567 I 2). Das Getrenntleben erhält seinen eigentlichen Charakter erst durch die Absicht, es bei diesem Zustand zu belassen, weil ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (§1567 I 1). Der Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft hängt damit maßgeblich vom Fortsetzungswillen der Beteiligten ab“.

[49] ibidem, S.177: Antrag und Zustimmung sind materiell rechtliche Scheidungserfordernisse. Rechtlich gesehen ist zwar nicht die Willensübereinstimmung der Ehegatten, sondern das Scheitern der Ehe Scheidungsgrund. [...] (§133 I Nr. 2 FamFG). Dabei handelt es sich um eine zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung für das Scheidungsverfahren“.

[50] ibidem, S.178: „Hier kann jeder Ehegatte auch ohne Zustimmung des anderen, sogar gegen dessen Widerspruch, die Scheidung durchsetzen. […] Diese Fristenscheidung ohne Nachweis der Zerrüttung steht mit der Verfassung in Einklang.“

[51] ibidem, S. 177: „Das Getrenntleben kann nach der gesetzlichen Konzeption auch innerhalb derselben Wohnung erfolgen (vgl. §1567 I 2), muss aber vollständig sein: gemeinsames Schlafen, Wohnen, Essen und Wirtschaften hört auf, Fürsorge für die Kinder jedoch nicht. Gelegentliche Kontakte, auch einzelne Dienstleistungen füreinander sind möglich, die Restgemeinsamkeiten müssen sich jedoch bei einer Gesamtwürdigung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Die Ehegatten müssen also wie beliebige Dritte miteinander in einer Wohnung leben.“ vgl. CAHALI; Yussef: Separações conjugais e divórcio. 12. ed. rev., atual. e ampl., São Paulo: Editora Revista dos Tribunais 2011, S. 42: „Predomina, contudo, em nossos tribunais – e acertadamente – o entendimento segundo o qual o fato de viver o casal sob o mesmo teto não impede que um cônjuge reclame alimentos, uma vez comprovado o descumprimento, pelo outro, da obrigação de sustentar adequadamente a família, de acordo com suas posses e as necessidades do lar, identificando-se na hipótese uma peculiar forma de separação de fato.“.

[52] vgl. op. cit., S.176-177: Ein kurzzeitiges Zusammenleben, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die für die Vermutung des Scheiterns der Ehe maßgeblichen Fristen nicht, damit nicht die Befürchtung eines Verlusts oder einer Erschwerung des Scheidungsrechts einem Versöhnungsversuch im Wege steht (§1567 II). Was ein Zusammenleben über „kürzere Zeit“ bedeutet, hängt von der Dauer des Getrenntlebens ab und kann nicht absolut gemessen werden. Bei einer Scheidung nach Einjahresfrist mögen mehr als drei Monate keine „kürzere Zeit“ mehr sein; bei Scheidung nach dreijähriger Trennung mag auch eine darüber hinausgehende Zeit noch als „kürzere“ gelten.

[53] ibidem, S. 178-179: „Scheidung ohne vorherige räumliche Trennung gelöst werden können. Indiz für das Scheitern ist dann allein der Antrag auf Ehescheidung, denn hierin zeigt sich der Wille eines Ehegatten, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht fortzusetzen. [...] Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellen würde, und zwar aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen. Die Vorschrift ist auch im Fall der einverständlichen Scheidung anzuwenden. […] Ausnahmen von der Sperrfrist lässt die Praxis etwa bei fortgesetzten schweren Misshandlungen oder Kränkungen des anderen Ehegatten zu, die ihm ein Zuwarten mit der Auflösung des Ehebandes unzumutbar sein lassen. Bei Verletzung der ehelichen Treuepflicht kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Bejaht wurde ein Härtegrund beispielweise bei einer Schwangerschaft aus der ehewidrigen Beziehung oder bei einem Zusammenleben im vormals ehelichen Hausanwesen. Angeknüpft wird damit entgegen dem Grundprinzip des geltenden Scheidungsrechts wiederum an Eheverfehlungen. Es kommen aber auch unverschuldete Streitsucht, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit des Partners in Betracht. […] Indem die Rechtsprechung eine Substantiierung des Härtegrundes fordert und strenge Anforderungen an die Unzumutbarkeit stellt, wirkt sie der Versuchung entgegen, Härtegründe vorzutäuschen, um eine sofortige Scheidung zu erlangen (sog. verdeckte Konventionalscheidung).“

[54] PALANDT: Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentare. 72., neubearbeitete Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2013, S. 1821.

[55] MUSCHELER, Karlheinz: Familienrecht. 2. Auflage, München: Verlag Franz Vahlen 2012, S. 217: „Die beiden Alternativen von § 1568 unterscheiden sich in mehreren Punkten: (1) Die Härteschwelle ist beim Kinderschutz niedriger (>>besondere Gründe<<) als beim Ehegattenschutz (>>außergewöhnliche Umstände<<). (2) Bei Alternative 2 muss der Antragsgegner die Scheidung ablehnen, bei Alternative 1 nicht. (3) Das Vorliegen von Alternativ 1 wird von Amts wegen geprüft (§127 FamFG); bei Alternative 2 hat der Antragsgegner nicht nur die Möglichkeit, den Weg zu §1568 ganz zu verschließen, indem er der Scheidung zustimmt, nach §127 III FamFG dürfen zudem, in Abweichung vom an sich geltenden Untersuchungsgrundsatz, außergewöhnliche Umstände nach §1568 vom Gericht nur berücksichtigt werden, wenn sie von dem Ehegatten, der die Scheidung ablehnt, vorgebracht sind. (4) Alternative 2 ist zeitlich unbegrenzt, Alternative 1 mittelbar zeitlich begrenzt durch das Erfordernis der Minderjährigkeit. (5) Alternative 2 verlangt eine Abwägung mit den Interessen des Antragstellers, Alternative 1 nicht. – Für beide Alternativen gilt: Die Ehe muss gescheitert sein. Bei Wegfall der Härte kann erneut Scheidungsantrag gestellt werden; die Einhaltung einer abzuwartenden Mindestfrist verlangt das Gesetz nicht. Trennungsfolgen und allein durch das Scheitern der Ehe verursachte Härten bleiben unberücksichtigt, denn §1568 verpflichtet nicht zur Wiederaufnahme der ehelichen und familiären Lebensgemeinschaft, sondern verhindert nur (vorläufig) die Trennung des formalen Ehebandes. Auch bei Alternative 2 braucht der die Scheidung ablehnende Ehegatte nicht den Willen zur Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu haben, denn der Zweck der Norm besteht in der Aufrechterhaltung des Ehebandes um seiner sozialen und wirtschaftlichen Funktion willen. Ein Beispiel für beide Alternativen wären die Gefahr der Selbsttötung, beim ablehnenden Ehegatten freilich nur, wenn es sich nicht um eine zu verantwortende handelt.“.

[56] DETHLOFF, Nina: Familienrecht. 30., neu überarbeitete Auflage, München: Verlag C.H. Beck 2012, S. 179.

[57] idem: „Persönliche (ideelle) Härten stehen im Vordergrund. Enttäuschung oder religiöse Überzeugung von der Unscheidbarkeit der Ehe genügen nicht. [...] insbesondere einem schwer Kranken gelingt dies jedoch kaum. Allerdings wird aus der Ablehnung einer Therapie ein Pflichtverstoß, der den Weg zur Scheidung für den anderen öffnet.“.

[58] CF/1988, Art. 226, §6.: „O casamento civil pode ser dissolvido pelo divórcio“. CC/2002, Art.1.571: „A sociedade conjugal termina: IV – pelo divórcio.“.

[59] PEREIRA, Rodrigo Cunha: A Emenda Constitucional Nr. 66/2010: Semelhanças, Diferenças e Inutilidades entre Speração e Divórcio e o Direito Intertemporal. Online unter: [http://ibdfam.org.br/novosite/artigos/detalhe/647] [27/02/2013]. LOBO, Paulo Luiz Netto: Divórcio: Alteração constitucional e suas consequências. Online unter: [http://ibdfam.org.br/novosite/artigos/detalhe/629] [27/02/2013]. OTONI, Fernanda Aparecida Corrêa: Divórcio: Fim da separação judicial? Online unter: [http://ibdfam.org.br/novosite/artigos/detalhe/790] [27/02/2013]. LAGRASTA NETO, Caetano. SIMÃO, José Fernando. TARTUCE, Flávio: Direito de família: novas tendências e julgamentos emblemáticos. 2ªed., São Paulo: Atlas 2012, S.124-126: „[...] Não se trata de banalização do casamento, mas de maturidade do sistema jurídico que, em 33 anos, passou de “antidivorcista”, para “divorcista” com prazos e, finalmente, para dicorcista sem restrições. A Emenda decorre de um valor novo: o casamento passa a ser fácil e rapidamente dissolúvel e os cônjuges responsáveis por seus atos, já que não há na lei tutela do cidadão (representada pelos prazos exigidos para o divórcio direto e indireto). Diante da mudança do valor constitucional, o fim do divórcio pode ser atingido sem o meio separação judicial ou extrajudicial, que desaparece do sistema por ser incompatível com o novo valor da norma constitucional.“.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958205734
ISBN (Paperback)
9783958200739
Dateigröße
890 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Ehescheidungsrecht Internationales Familienrecht Rechtsvergleichung Rom III - Verordnung ausländisches Ehescheidungsurteil

Autor

Thaís de Paula Leite Reganati Ruiz, Rechtsanwältin, wurde 1984 in Campinas-SP (Brasilien) geboren. Ihr Studium des Internationalen Privat-und Verfahrensrecht, Rechtsvergleichung (unter Einschluss des Europäischen Privatrechts) an der Eberhard Karls Universität Tübingen schloss die Autorin im Jahre 2013 mit dem akademischen Grad Magister Legum (LL.M.) erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische juristische Erfahrungen. Fasziniert von deutscher Kultur und Sprache, verbrachte die Autorin zwei Jahre in Deutschland, um die Besonderheiten des Landes kennenzulernen. Ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in Brasilien motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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Titel: Die Scheidung im brasilianisch-deutschen Rechtsverkehr vor und nach dem Inkrafttreten der Rom III-VO
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