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Ein breiter Weg: Adoleszenz, Burschen und die Auseinandersetzung mit sich selbst

©2013 Diplomarbeit 49 Seiten

Zusammenfassung

Wie schaffen junge Burschen in der schwierigen Zeit ihrer Adoleszenz „zusätzlich“ ihre Entwicklungsaufgaben in der Betreuungszeit der Jugendwohlfahrt zu meistern?
Welche Aufgaben haben sie abzuhandeln, welche Ansprüche stellen unsere Zeit unser Gesellschaftssystem an sie, und welche Möglichkeiten stehen ihnen zur Verfügung um ein gelingendes Leben zu gestalten? Mit diesen Fragen hat sich der Autor, ausgehend vom Wissensstand der sozialen Arbeit und der Praxis des betreuten Wohnens in der Jugendhilfe, an das Thema annähern versucht. Grundsätzliche Fragen nach geforderten Entwicklungsaufgaben sowie Betrachtungen des Begriffes Jugend aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Gesellschaft und Wissenschaft als auch die Fragestellung, welche besonderen Bedürfnisse junge Burschen/Männer haben, ergänzen diese Arbeit.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Jugend

Einleitend stellt sich für mich die Frage, „Wann findet Jugend statt?“ aus der folgenden Tabelle ist dies durch die Periodisierung des Jugendalters gut ablesbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Periodisierung d. Jugend 1

„Jugend beginnt früher und dauert länger“

„Jugend” ist durch Besonderheiten in der biologischen, psychischen, sozialen und kulturellen Entwicklung gekennzeichnet. Die Jugendphase beginnt, biologisch gesehen mit der Entwicklung der Sexualreife. Der Aufbau einer eigenen Geschlechtsrolle und die Entstehung von Partnerbindungen kennzeichnen die Zeit der Jugend. Das Ausprobieren verschiedener Identitäten ist die „Hauptarbeit“ der Jugendphase. Dieses Handlungsfeld ist aber im Laufe der Zeit immer freier und unspezifischer geworden. Waren es früher organisierte Gemeinschaften die eine Entwicklung geleitet haben, so sind zunehmend lose Freundeskreise und Peergroups an deren Stelle getreten. Die Zeit der Suche nach einem Platz in der Gesellschaft, sowie die Politisierung beginnt. Da Jugendliche heute im verstärkten Ausmaß über eigenes Vermögen verfügen, werden ihnen immer stärker die Rollen und die Aufgaben des/der „KonsumentIn“ übergestülpt. Dies wird von einer neoliberalen Gesellschaftsströmung betrieben, der ein ausgewogenes Verhältnis von Pflichten und Rechten nur peripher bzw. überhaupt nicht interessiert. Der Markt bestimmt dort die Werte. War früher das Ende der Jugendzeit durch Familiengründung, volle Berufstätigkeit und Heirat gekennzeichnet, so ist heute der Übergang wesentlich fließender. Ausbildungen werden länger und die Abnabelung vom Elternhaus verzögert sich. Die allgemeine wirtschaftliche Situation fördert diesen Trend ebenfalls.

Zur Festlegung des Endes der Jugendphase wird, neben den juristischen, biologischen und psychologischen Aspekten, die ökonomische Verselbständigung herangezogen (vgl. Hurrelmann 2007).

2.1 Jugend aus juridischer Sicht

Auf Grund der Verantwortung die jungen Menschen zugeschrieben wird, ist das Alter zwischen dem vollendeten 14. und 18. Lebensjahr als juristisch relevantes Jugendalter einzustufen.

Das 14. Lebensjahr als Grenze zwischen „Kind“ und „Jugendlicher“ kommt aus der zivilrechtlichen Verantwortungsfähigkeit ((Schadensersatz- oder Deliktsfähigkeit) (vgl. § 1308 ABGB)).

Betrachtet man das Strafrecht, so ist mit der Vollendung des 14. Lebensjahrs die volle Strafmündigkeit gegeben. Bei fehlender geistiger Reife kann sie auch noch bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ausgedehnt werden. Danach ist aber immer von einer vollen Strafmündigkeit auszugehen, außer es liegen Geistesstörungen oder Behinderungen mit einer Einschränkung der intellektuellen Fähigkeiten vor (vgl. § 11 StGB). Das Strafgesetzbuch sieht aber die Möglichkeit, trotz Vollendung des 14. Lebensjahrs, differenziert zu strafen (vgl. § 5 Z 4 JGG) vor.

Im Gegensatz dazu spricht das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWF) primär von „Minderjährigen”, aber von Jugendlichen, wenn es um eine freiwillige Verlängerung über das 18. Lebensjahr bis zum 21. Lebensjahr geht. Jugendliche sind demnach, nach Vollendung des 18. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres eine volljährige Personen.

2.2 Jugend aus entwicklungspsychologischer Sicht

Jugend aus entwicklungspsychologischer Sicht umreißt die Veränderungen aus sozialer Erfahrung, biologischer Entwicklung und intellektueller Veränderung. Im Volksmund heißt es „Nicht mehr Kind und noch nicht Erwachsener“. Dies umschreibt die Übergangsphase zum Erwachsen werden recht gut. Auf der einen Seite noch alle Rechte des Kindes und auf der anderen Seite werden schon die Aufgaben des Erwachsensein gefordert. Übergangsphasen sind veränderungssensitive Phasen in denen die Jugendlichen Entwicklungsfortschritte zu leisten haben. Das Verlassen von Bekanntem, sowie die Erweiterung des bisher Möglichen, begleiten diese Phasen. Die daraus resultierende Labilität dieser Phasen ist gekennzeichnet durch Verlust bekannter Handlungsmuster aber noch keine hinreichende Bewältigungsstrategie für neue Aufgaben. Diese Verarbeitungs- und Konsolidierungsprozesse verlaufen überlagert und mit unterschiedlichen Ausprägungen und Tempi. Die Mitgestaltung der eigenen Entwicklung zählt zu den Qualitätsstandards einer ressourcenorientierten Entwicklungsförderung.

2.3 Jugend aus pädagogischer Sicht

2.3.1 Jugend als Risiko

In der Lebensphase Jugend hat risikobereites Verhalten durchaus seine Berechtigung. Dieses Risikoverhalten ist Erprobungsraum von Möglichkeiten und Verbotenem. Es spielt eine große Rolle im Entwicklungsprozess zum Erwachsenwerden. Speziell der Substanzenmißbrauch wird oft als Bewältigungsstrategie zur Kompensation von schulischen, und familiären Belastungssituationen gesehen.

Riskantes Verhalten in der Jugendphase ist mehrfach entwicklungsfunktional und steht im engen Zusammenhang mit deren Autonomiestreben. Jugendliche sind überzeugt am besten zu wissen, was für sie gut ist und benötigen die Ermahnungen und Beschränkungen von Erwachsenen nicht mehr und wollen dies durch Überlegenheit und Missachtung beweisen. Durch besonders risikoreiches Verhalten sollen Erwachsene entwertet und deren Vorschriften, Einschränkungen und Gebote lächerlich gemacht werden. No risk – no fun! Im Dreieck von vermehrter „Versuchung“, ablehnender „pädagogischer Bevormundung“ und geschwächter “Vernunft“ kann das Jugendalter als besonderes Risiko gesehen werden. (Göppel, 2005, S. 63 )

2.3.2 Jugend als Provokation

Provokation und Auflehnung sind das meistgesehene Bild von Jugend und auch deren Vorrecht. Sich frei zu strampeln von bisherigen Dogmen, das Leben auszukosten in all seinen (menschlichen) Höhen und Tiefen, ist unerlässlich, um sich wirklich orientieren zu können; -ohne darauf angewiesen zu sein, fremdes "Wissen" und fremde Erfahrung ungeprüft zu übernehmen. (Göppel, 2005, S. 60 ff)

2.4 Jugend aus soziologischer Sicht

Betrachtet man „Jugend“ nicht als biologische Erscheinungsform mit neuronalen Umbauten und körperlichen Erscheinungsformen, sondern als soziales Phänomen, so sieht man sehr rasch die Jugend als Teilkultur unserer Gesellschaft. Im soziologischen Ansatz geht es um die Beschreibung von Einstellung, Werten, und Verhaltensweisen der aktuellen Jugendgeneration. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse der Besonderheiten der jeweiligen Jugendgeneration lassen sich auf gesellschaftliche Veränderungen rückführen. Jugend kann als Seismograph, der auf Verwerfungen Ungleichheiten und Probleme der Gesellschaft besonders sensibel reagiert, gesehen werden. Die soziologische Beschreibung einer Jugendgeneration kann natürlich immer nur eine Verkürzung sein, um das Generationstypische auf einen Punkt zu bringen. In den letzten Jahren wurden unterschiedliche Jugendgenerationen beschrieben (Göppel, 2005, S. 48 ff).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Seither gibt es kaum so einheitliche Konturen in einer Jugendgeneration, sodass von einer „Pluralisierung jugendlicher Lebensformen“ die Rede ist (Zimmermann, 2006, S. 159 ff).

2.5 Jugend als gesellschaftliches Konstrukt

Erwartungen der Erwachsenengeneration gegenüber der Jugendgeneration werfen die Frage nach einem Konstrukt des Status Jugend auf. Musgrove formuliert 1966: „Die Jugend wurde zur selben Zeit erfunden wie die Dampfmaschine. Der Konstrukteur der letztgenannten war J. Watt, der Konstrukteur der erstgenannten J.J. Rousseau.“

Mario Erdheim beobachtet in seiner Theorie über Adoleszenz und Kulturentwicklung in folgendes: Betrachtet man unterschiedliche Gesellschaftsformationen, so kann man beobachten, dass statische Gesellschaftsformen die sich durch Traditionsgebundenheit, in sich selbst ruhend und „Archaik“ auszeichnen, kaum den Experimentierraum der Adoleszenz bieten der in modernen „offenen Gesellschaften zu finden ist. Der Übergang zum Erwachsenen findet dort abrupter, schockartiger aber auch organisierter und ritualisierter statt. In „modernen“ dynamischen Gesellschaften tritt die Ritualisierung des Erwachsenwerdens auf Kosten der Bedeutung von Entfaltungs- und Experimentierräumen in den Hintergrund. In diesen werden den Jugendlichen mehr Entfaltungs- und Entwicklungsräume zugestanden um eigene Umgangsweisen und Weltansichten zu entwickeln. Er nennt diese beiden „heiße“ und „kalte“ Gesellschaftsformen (Erdheim, 1982, S. 281 f).

2.5.1 KonstrukteurInnen der Jugend

Natürlich stellt sich dann die Frage, wer in unserer Zeit Jugend „konstruiert“? Waren es früher gesellschaftliche Organisationen (Kirchen, erwachsenen begleitete Jugendverbände...), so wurden diese in ihrer Führungsrolle durch Massenmedien, konsumorientierte Systeme, Freizeitindustrie etc. abgelöst. Das Konstrukt der „Jugend“ welches von einem autoritativen System mit Verfügungsgewalt geprägt war, wurde zu einem Konstrukt des allumfassenden Konsums. Deren ProtagonistInnen wiederrum, kontrollieren dieses System nicht, sondern agieren nur als Erfüllungsgehilfe des eigenen Gewinns und der Wünsche der Jugendlichen. Damit stellt sich dieses System gegen pädagogische Kontrolleure und Kontrolleurinnen und bietet den Heranwachsenden eine Scheinemanzipation.

Hurrelmann definiert die Lebensbewältigung der Jugend als Grundlage eines Paradigmas für das weitere Leben und schreibt hiermit der Adoleszenz große Bedeutsamkeit zu. Auf der anderen Seite wird die These vertreten, dass durch die gesellschaftliche Entwicklung, wie oben beschrieben, die Adoleszenz sich eher selbst abschafft.

3 Jugend und ihre Entwicklungsaufgaben

Das Jugendalter ist die Zeit in der es zu einer Häufung und Verdichtung von Entwicklungsaufgaben kommt. Entwicklungsaufgaben resultieren aus biologischen Veränderungen, gesellschaftlichen Erwartungen und individuellen Wert- und Zielsetzungen. Sie führen zum Erwerb von Fertigkeiten und Kompetenzen, die zur konstruktiven und zufriedenstellenden Bewältigung des Lebens in einer Gesellschaft notwendig sind. Das Konzept „Entwicklungsaufgabe” weist auf das entwicklungstheoretisch aktuelle Konstrukt „aktive Selbstgestaltung” hin. Es geht davon aus, dass das Individuum durch eigene Aktivität als Ko-Produzent seiner Entwicklung fungiert (Lerner & Busch-Rossnagel, 1981; Lerner & Steinberg, 2004).

3.1 Allgemein

Das Konzept, Jugend und ihre Entwicklungsaufgaben stammt von dem Engländer Robert Havighurst, der 1948 erstmals damit versuchte, gelungene oder misslungene Lebensläufe zu verstehen. Eine „Entwicklungsaufgabe“ ist eine Aufgabe, welche in einem ungefähren Lebensabschnitt entsteht und bewältigt werden soll, um das Gelingen von nachfolgenden „Entwicklungsaufgaben“ erfolgreich zu meistern. Ein Misslingen zieht Schwierigkeiten und Probleme bei der Bewältigung späterer Aufgaben nach sich (vgl. Havighurst 1956). Bestrebungen, bei der Bildung des Konzepts der Entwicklungsaufgaben, waren entwicklungspsychologisches Wissen in pädagogisch kompetentes Handeln überzuführen. Die nachstehende Grafik stellt einen Überblick über die Komponenten des Konzepts der Entwicklungsaufgaben dar. Diese beinhalten bereichsspezifische Anforderungen und Entwicklungsziele. In den Bewältigungsleistungen manifestieren sich Fähigkeiten, Einstellungen, Sinnkonzepte und Komponenten des Lebensstils. Havighurst (1982) nennt drei „Quellen“, aus denen Entwicklungsaufgaben hervorgehen:

biologische Veränderungen des Organismus, Erwartungen und Ansprüche seitens der umgebenden Gesellschaft und Kultur, Wertvorstellungen und Zielsetzungen eines aktiven Individuums (siehe Abb.). Wenn subjektive Wertvorstellungen und Ziele Entwicklungsaufgaben begründen können, bedeutet dies auch, dass die Person auf den eigenen Entwicklungspfad Einfluss nimmt und das entspricht dem Postulat der ‚aktiven Selbstgestaltung’. Zu zentralen Thematiken der Entwicklungsaufgaben im Jugend- und frühen Erwachsenen alter zählen die Auseinandersetzung mit der eigenen Person (Körperkonzept, Identität, Komponenten der Selbstregulation und Verantwortungsübernahme), die Gestaltung von Beziehungen ((, Freundschaft und Partnerschaft), die Konkretisierung von Lebensentwürfen (soziale und berufliche Kompetenzen, Wertorientierungen, Rollenübernahme und Entwürfe von Zukunft und Lebensstil). (Dreher & Dreher, 1985)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Komponenten des Konzepts der Entwicklung 1

3.2 Entwicklungsaufgaben nach Havighurst

Betrachtet man das 1948 formulierte Konzept von Havighurst, so ist dieses soweit noch immer aktuell, sodass man damit die vielfältigen Anforderungen an Jugendliche in ihren Aufgaben der Entwicklung beschreiben kann.

Havighurst beschreibt die menschliche Entwicklung als Prozess mit aufbauenden Stadien welche bewältigt werden müssen. Die erfolgreiche Bewältigung einer Aufgabe führt zur nachfolgenden Aufgabe. Wird eine Aufgabe nicht oder unzureichend bewältigt, wird die Lösung der nächsten Aufgabe schwieriger.

Woher kommen diese Entwicklungsaufgaben? Wer hat sie konstruiert? Havighurst gibt dafür drei Quellen an:

Physische Reife

- körperliche Reifung bildet Basis, meist universell gültig, kulturübergreifend Kultureller Druck / Erwartungen der Gesellschaft
- Gesellschafts- Kulturabhängig, altersbezogene Normen Individuelle Zielsetzungen und Werte
- Ziele/Werte Bestandteil des Selbst, interindividuelle Ziele, personenspezifische Ziele.

Das Kennzeichen von Entwicklungsaufgaben ist, dass sie "zwischen individuellen Bedürfnissen und objektiven gesellschaftlichen Forderungen" stehen.

Havighurst definiert:

„Eine Entwicklungsaufgabe ist eine Aufgabe, die sich in einer bestimmten Lebensperiode des Individuums stellt. Ihre erfolgreiche Bewältigung führt zu Glück und Erfolg, während Versagen das Individuum unglücklich macht, auf Ablehnung durch die Gesellschaft stößt und zu Schwierigkeiten bei der Bewältigung späterer Aufgaben führt“ (vgl. Developmental tasks and education Havighurst, Robert J. Chicago, IL, US: University of Chicago Press. (1948). iii 86 pp.)

Kritik an Havighurst

- Standardisierte Lebenswege („DAS kommt DANN“)
- Alternative Lebenswege werden nicht berücksichtigt (z.B. Single-Leben)
- Entwicklungsstörungen finden keine (ausreichende) Erklärung
- Entwicklung wird nicht als Resultat vergangener Erfahrungen erklärt.

(vgl. Rothgang, 2009, S. 107)

3.3 Beispielhafte Aufzählung von Entwicklungsaufgaben

- Entwicklung der Geschlechterrolle

Vor dem Hintergrund stereotyper geschlechtsgebundener Verhaltensstandards und des damit verbundenen gesellschaftlichen Anpassungsdrucks gilt es, ein individuelles, positives Verhältnis zum eigenen Geschlecht zu finden.

- Aufbau verantwortungsbewusster sozialer Beziehungen zu Gleichaltrigen

Gleichaltrige beiderlei Geschlechter sind für die Sozialisierung Jugendlicher besonders wichtig.

- Entwicklung personaler Autonomie

Zugleich muss die allmähliche Lösung von der emotionalen und materiellen Abhängigkeit von Eltern und anderen Kontrollinstanzen (z.B. der Lehrerschaft, dem Trainer oder der Trainerin) bewältigt werden.

- Aufbau intimer Partnerbeziehungen

Die Jugendlichen müssen lernen, intime, emotional gefärbte Partnerbeziehungen einzugehen und aufzubauen. Dazu gehört der Erwerb entsprechender sozialer Kompetenzen, um den damit verbundenen Herausforderungen gewachsen zu sein. Die Bewältigung dieser Entwicklungsaufgabe ist Basis für die Fähigkeit, später eine eigene Familie zu gründen.

- Vorbereitung des eigenen Werdegangs

Es sind intellektuelle und soziale Kompetenzen zu erwerben, um schulischen und beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Zudem gilt es, einen eigenen Lebensplan zu entwickeln mit dem Fernziel der eigenständigen Existenzsicherung und des angestrebten gesellschaftlichen Status.

- Entwicklung eines individuellen Werte- und Normensystems

Jugendliche müssen eigene Werte und Normen entwickeln, die ihnen als Richtschnur für das eigene verantwortungsvolle Handeln dienen. Dazu gehört auch, ein eigenes ethisches und politisches Bewusstsein zu entwickeln.

- Entfaltung eigener Handlungskonzepte

Jugendliche müssen einen eigenen Lebensstil entwickeln. Das betrifft auch ihre Auswahl aus den Angeboten des stetig wachsenden Konsumgüter- und Freizeitmarkts. Ziel ist es, einen autonom gesteuerten, an den eigenen Bedürfnissen orientierten Umgang mit diesen Angeboten zu finden (Dreher & Dreher, 1985, S. 59).

2007 erweiterten Dreher E. und Dreher M. diese Aufgaben um folgende Punkte.

- Selbst

Sich selbst kennen lernen und wissen, wie andere einen sehen, d.h.

Klarheit über sich selbst gewinnen.

- Werte

Eine eigene Weltanschauung entwickeln. Sich darüber klar werden, welche Werte man vertritt und an welchen Prinzipien man das eigene Handeln ausrichten will

- Zukunft

Eine Zukunftsperspektive entwickeln. Sein Leben planen und Ziele ansteuern, von denen man annimmt, dass man sie erreichen könnte.

Entwicklungsaufgaben haben zum Ziel, ein gewisses Entwicklungsideal für Jugendliche abzubilden. Dieses Ideal wird durch die Haltung und Erwartungen von Erwachsenen und durch Traditionen, Werte und Normen der Gesellschaft geprägt. Durch die offene Formulierung der Entwicklungsaufgaben bleibt der/die Jugendliche das handelnde Subjekt seiner Adoleszenz. Er kann sich in diesem Rahmen orientieren, bewegen und individuell entwickeln.

Da diese Aufgaben aber von der Erwachsenenwelt definiert werden, der/die Jugendliche diese zu „lösen“ hat, und diese Lösung wiederrum von der Erwachsenenwelt kontrolliert und bewertet wird, bin ich für eine Umdeutung des Begriffs Entwicklungsaufgaben zu Entwicklungsfelder. Innerhalb dieser Felder „arbeitet“ der/die Jugendliche verschiedene Entwicklungsschritte ab. Er, der/die Jugendliche wird durch ihre Umwelt, Familie, Freunde, Freundinnen, Peers begleitet. Dieses Umfeld ist an einer möglichst positiven Bewältigung der Entwicklungsschritte interessiert und mischt sich ein. Dieser Einmischung oder Einflussnahme kann die/der Jugendliche positiv, negativ oder gleichgültig gegenüber stehen. Sie/Er kann sich ihrer aber nicht entziehen. Das Ergebnis dieses gegenseitigen Prozesses ist eine Gemeinschaftsproduktion aus der eigenständigen Entwicklung des jungen Menschen an sich und den Einflüssen seiner Umwelt.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958205673
ISBN (Paperback)
9783958200678
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Coping Entwicklungsaufgabe Entwicklung Identität Pubertät

Autor

Richard Trotscha, akad. Jugendsozialarbeiter, Jahrgang 1961, arbeitet bei verschiedenen freien Trägern in der Jugendhilfe und der Erziehungshilfe. Sein besonderes Interesse für die Persönlichkeitsentwicklung von Burschen bzw. für die Jungenarbeit wurde im Rahmen seines Studiums an der FH Kärnten geweckt.
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Titel: Ein breiter Weg: Adoleszenz, Burschen und die Auseinandersetzung mit sich selbst
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