Die Unternehmenskultur und ihr Einfluss auf das Innovationsmanagement
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2.1.2 Der Innovationsprozess
Der Innovationsprozess stellt sich als ein Konstrukt aus verschiedenen Phasen dar und enthält dabei alle Aktivitäten, die nötig sind, um von der Ideenfindung über die Entwicklung und die schlussendliche Umsetzung der Neuerung am Markt zu gelangen.[1]
Bereits Anfang der achtziger Jahre wurde durch Thom eine bis heute gültige Einteilung des Prozesses in drei grundlegende Hauptphasen – Ideengenerierung, Ideenakzeptierung, Ideenrealisierung – vorgenommen.[2] Diese Hauptphasen lassen sich, wie in Abbildung 2 dargestellt, weiter differenzieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Thom (1980), S. 53 (modifiziert).
Abbildung 2: Hauptphasen des Innovationsprozesses
Seither wurde eine Vielzahl von Phasenmodellen [3] veröffentlicht, welche
jedoch nicht ohne Probleme auf die Allgemeinheit übertragen werden können, da sie aufbauend auf Thom’s Entwurf zumeist detailliertere und firmenspezifischere Darstellungen von Innovationsprozessen liefern.[4] Des Weiteren beschreiben diese Modelle einen idealtypischen Verlauf des Innovationsprozesses, d. h. bspw. die einzelnen Phasen können klar von einander abgegrenzt werden oder sie verlaufen linear und nicht parallel. Da dies in der Realität allerdings recht unwahrscheinlich ist, sind die Modelle unangepasst, nur bedingt übertrag- und anwendbar.
Alle (Prozess-)Modelle haben den gemeinsamen Zweck, den komplexen Innovationsprozess überschaubar sowie steuerbar zu machen. Ausgewählte Instrumente wie Kreativitäts-, Bewertungs- und Analysetechniken helfen in den verschiedenen Phasen die Handhabung von Innovationen effizient und effektiv zu gestalten.[5] Letztendlich ist das Ziel eines jeden Innovations-prozesses die erfolgreiche Umsetzung der neuartigen Idee. Um dies zu realisieren ist jedoch eine Abgrenzung des Innovationsprozesses von den Routineprozessen nötig, da mit der einhergehenden diskontinuierlichen und hoch komplexen Art der Prozesse hohe Anforderungen an die fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen der beteiligten Mitarbeiter (zumeist des Managements) gestellt werden.[6]
Durch den Einsatz des sog. Innovationsmanagements, welches im Kapitel 2.2 näher erläutert wird, bezweckt man dieser Herausforderung zu begegnen.
2.2 Innovation als Managementaufgabe
2.2.1 Begriffserklärung und Definition
Um eine klare Verständnisgrundlage für das Management von Innovationen zu schaffen, soll vorangehend der Begriff Management näher erläutert werden.
Generell ist er durch zwei Perspektiven gekennzeichnet: Die erste, die institutionelle Perspektive, bezieht sich auf Personen oder eine Gruppe von Personen, die Managementaufgaben wahrnehmen, so genannte Manager oder das Management. Sie zeichnen sich durch Weisungsbefugnisse aus und befinden sich demnach in der Rolle von Vorgesetzen. Der zweite Blickwinkel sieht das Management als Funktion und wird daher als funktionale Perspektive tituliert. In ihr rücken Prozesse, Funktionen sowie Aufgaben, die zur Steuerung der Leistungsprozesse zu erfüllen sind, in den Mittelpunkt der
Betrachtung.[7]
Ziel des Managements ist es, die in einer Organisation bei der Leistungserstellung auftretenden Probleme mit Hilfe eines Komplexes von Steuerungsaufgaben zu lösen. Dabei werden die Phasen Planung, Organisation, Durchsetzung und Kontrolle in einer logischen Abfolge durchlaufen und die zu erstellenden Leistungen durch regelmäßige Soll-Ist-Vergleiche überprüft.[8]
Anknüpfend an den Managementbegriff ist Innovationsmanagement demnach „...die systematische Planung, Umsetzung und Kontrolle...“[9] von Innovationen. Es ermöglicht eine zielgerechte und sorgfältige Steuerung des Innovationsprozesses sowie der eingesetzten Ressourcen und soll über die Stufen der Grundlagenforschung bis hin zur Markteinführung zu einer gewinnbringenden Innovation führen.[10] Im Fokus des Innovationsmanagements stehen somit vorwiegend dispositive und unterstützende[11] Aktivitäten entlang des Wertschöpfungsprozesses[12], wie:
- die Definition von Strategien und Zielen,
- das Fällen von Entscheidungen,
- die Gestaltung, Überwachung und Steuerung des Innovationsprozesses,
- das Generieren und Steuern eines Systems zum Informationsaustausch, welches den gesamten Innovationsprozess umfasst,
- die Durchsetzung innovationsfördernder Organisationsstrukturen, mit dem Zweck, soziale Beziehung zu etablieren und auf diesem Weg Entscheidungsfreudigkeit zu generieren.[13]
2.2.2 Abgrenzung zum F&E- und Technologiemanagement
Neben dem Begriff Innovationsmanagement werden ebenso die Begriffe Forschungs- & Entwicklungsmanagement (F & E-Management) und Technologiemanagement in der Literatur verwendet. Beide sind jedoch als Teilgebiete des Innovationsmanagement zu betrachten, wie Abbildung 3 zeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Macharzina (1999), S. 561.
Abbildung 3: Reichweite des Innovationsmanagements
Das Technologiemanagement bezieht sich demnach auf die Wertschöpfungsstufen „angewandte Forschung“ und „Vorentwicklung“. Im Vordergrund steht die Erweiterung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, durch die Entwicklung neuartiger und den Ausbau bereits vorhandener Technologien. Im Gegensatz zum Innovationsmanagement fehlen dem Technologiemanagement allerdings weiterführende Aktivitäten, die eine Durchsetzung der Technologie am Markt anstreben. Das F & E-Management kann im Vergleich zum Technologiemanagement um die Stufen der „Grundlagenforschung“ und der „Entwicklung“ des Wertschöpfungsprozesses ergänzt werden.[14] Ziel ist, unter möglichst effektiver und effizienter Durchführung neue Erkenntnisse zu gewinnen, mit denen greifbare und ökonomisch verwertbare Problemlösungen generiert werden können.[15]
2.2.3 Einflussgrößen des Innovationsmanagements
Im Rahmen seiner Aktivitäten steht das Innovationsmanagement mit verschiedenen Einflussgrößen des Umfelds der Unternehmung und des Unternehmens selbst in Wechselwirkung. Ziel des Innovationsmanagements ist daher zugleich die zielgerichtete Gestaltung bzw. Ausnutzung der externen und internenEinflussgrößen (siehe Abbildung 4), um so einen möglichst effizienten und effektiven Innovationsprozess zu ermöglichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 4: Interne und externe Einflussfaktoren
Besonders wichtige externe Einflussfaktoren sind bspw. die Marktgröße, die Marktdynamik und die Kooperationsmöglichkeiten. Exemplarisch für alle externen Einflussgrößen werden die Marktgröße und die Kooperationsmöglichkeiten kurz näher erläutert. Die Marktgröße zeigt sich als Faktor mit einer ambivalenten Wirkung. So besitzt ein kleiner Markt den Vorteil, dass sich die finanziellen Aufwendungen für dessen Erschließung sowie für erforderliche Marketingmaßnahmen, wie bspw. Werbung, in Grenzen halten. Im Vergleich dazu bietet ein relativ großer Markt die Sicherheit, genügend Marktpotenzial zu besitzen, um durch den Umsatz die Höhe an Finanzmitteln zu generieren, die für die Entwicklung des neuen Produkts erforderlich waren. Es muss daher eine gewisse kritische Marktgröße ermittelt werden, bei der sich ein wirtschaftlicher Erfolg für das Neuprodukt ergibt und die Innovation somit lohnenswert macht. Der Einflussfaktor Kooperationsmöglichkeiten beschreibt die Etablierung von unternehmensübergreifenden Beziehungen. Diese Zusammenarbeit mit externen Partnern verbessert die Wissensbasis, führt zu Synergieeffekten, ermöglicht die Nutzung von Losgrößeneffekten und kann u. a. auch zum Ausbau der Eigenkapitalbasis dienen.[16]
Auf der Seite der internen Einflussfaktoren sind auf Grund ihrer Bedeutung das Unternehmensalter, die Unternehmens-undInnovationshistorie, die Unternehmensgröße und die zur Verfügung stehenden finanziellenRessourcen zu nennen. Beispielgebend sollen die Wirkungen der Unternehmensgröße und der finanziellen Ressourcen näher beschrieben werden. Der Faktor Unternehmensgröße induziert, dass je größer das Unternehmen ist, desto besser ist die Verfügbarkeit von Ressourcen. Ebenso fällt es ihnen leichter, Druck auf Zulieferfirmen auszuüben und so die eigene Position durchzusetzen. Auch herrscht in großen Unternehmen auf Grund der hohen Mitarbeiterzahl ein größerer Erfahrungsschatz, was zugleich in enger Verbindung zum Unternehmensalter steht. Besitzt ein Unternehmen ausreichende finanzielle Ressourcen, ist es durch überdurchschnittlich hohe Investitionen in den Bereichen Forschung und Entwicklung in die Lage versetzt, höhere Innovationsleistung zu erzielen. Ähnlich verhält sich dies bei einer soliden Eigenkapitalausstattung des Unternehmens.[17]
Welche der vielen Einflussfaktoren besonders signifikant für den Erfolg des Innovationsmanagements bzw. von Innovationen sind, wurde in zahlreichen Studien versucht zu ermitteln.[18] Vor allem die Unternehmenskultur, so wird in der Literatur[19] angeführt als auch in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten[20] nachgewiesen, spielt eine außerordentlich wichtige Rolle für den Erfolg des Innovationsmanagements.
Die Zusammenhänge, die diesem Sachverhalt zu Grunde liegen, werden in Kapitel 3 ausführlich dargestellt.
3. Die Unternehmenskultur und ihre Bedeutung für das Innovationsmanagement
3.1 Die Unternehmenskultur
Ebenso wie bei dem bereits zuvor definierten Innovationsbegriff ist auch die Literatur zum Thema Unternehmenskultur recht umfangreich und die Definitionen zahlreich. Eine eindeutige Bestimmung des Begriffs ist daher problematisch. Ausgehend von mehreren Definitionen lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Unternehmenskultur gemeinsame Grundannahmen, Wertvorstellungen, Gesetzmäßigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen umfasst. Sie werden innerhalb des Unternehmens bewusst oder unbewusst von den Organisationsmitgliedern gelebt und von Generation zu Generation durch „...organisationsspezifische Sozialisationsprozesse...“[21] weitergegeben. Die aufgezählten kollektiven Charakteristika beeinflussen das Handeln, die Kommunikation, das Verhalten sowie die Entscheidungen der Mitarbeiter im Unternehmen.[22]
Die Entwicklung einer jeden Unternehmenskultur beginnt bereits mit der Gründung des Unternehmens und setzt sich in einem immer währenden Wandlungsprozess fort.[23] Maßgeblichen Einfluss haben dabei:
1. die Überzeugungen, Werte und Prämissen der Unternehmensgründer,
2. die Lernerfahrungen der Gruppenmitglieder im Verlauf der Unternehmensentwicklung und
3. die neuen Überzeugungen, Werte und Prämissen, die von neuen Mitgliedern und Führungspersönlichkeiten stammen.[24]
Grundsätzlich besitzt jede Unternehmung eine eigene spezifische Kultur. Diese wiederum kann nochmals aus mehreren Subkulturen bestehen, die unterschiedliche Kulturausprägungen in den einzelnen Unternehmensbereichen widerspiegeln.[25] Die jeweiligen Kulturen der Unternehmen unterscheiden sich üblicher Weise von Organisation zu Organisation in ihren Ausprägungen und Wirkungen. Allen liegt allerdings das sog. „Drei-Ebenen-Modell“ von Schein, siehe Abbildung 5, zu Grunde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Schein (1985), S. 14.
Abbildung 5: Drei-Ebenen-Modell nach Schein
Dieses bringt noch einmal die Mehrdeutigkeit des Kulturbegriffs im Unternehmen näher. Es stellt dazu die Unternehmenskultur in drei Ebenen dar. In der ersten und somit augenscheinlichsten Ebene zeigt sich die Kultur in Form von Artefakten, z. B. durch die Architektur, die Sprache, die Rituale oder die Technologie. Artefakte sind evident und können gedeutet werden, benötigen aber dennoch weiterer Interpretation. In der zweiten Ebene liegen die Werte, gekennzeichnet durch Ge- und Verbote als auch Richtlinien, Maxime und Ideologien. Sie werden nur zum Teil bewusst wahrgenommen und gelten als nur vereinzelt im Unternehmen sichtbar. Die untere Ebene umfasst schließlich die Grundlegenden Annahmen. Die in ihr enthaltenen unbewussten wie auch selbstverständlichen Anschauungen werden, weil sie Normalität geworden sind, nicht mehr von den Organisationsmitgliedern hinterfragt oder bemerkt.[26]
Scheins Modell verdeutlicht, dass die wesentlichen Bestandteile der Unternehmenskultur, für außenstehende wie auch sich im Unternehmen befindende Personen größtenteils unsichtbar und daher schwer zu erfassen sind. Um die Kultur eines Unternehmens tatsächlich zu verstehen, ist es deshalb wichtig, die untersten der drei Ebenen, zwischen denen grundsätzlich Wechselwirkungen existieren, zu ergründen.[27] Nur so kann ein tiefer gehendes Verständnis der gesamten Unternehmenskultur geschaffen und sie gezielt beeinflusst werden. Diese Erkenntnis ist vor allem für die Analyse der Unternehmenskultur von großer Bedeutung, wie später noch erläutert werden wird.
Im Mittelpunkt der Unternehmenskultur stehen stets die Organisationsmitglieder, die die eigentlichen Kulturträger darstellen. Auf sie wirkt die im Unternehmen herrschende Kultur ein, aber auch sie selbst sind in der Lage, die Kultur durch ihre persönlichen Erfahrungen, Einstellungen und Werte zu beeinflussen. Somit ist festzustellen, dass unternehmensinterne Einflüsse, in Verbindung mit der Unternehmenskultur, immer über die Mitarbeiter erfolgen.[28] Diese Gegebenheit spiegelt sich auch in den Funktionen der Unternehmenskultur, welche auf die Mitarbeiter des Unternehmens gerichtet sind, wider.
[...]
[1] Vgl. Pleschak/Sabisch (1996), S. 24; Strebel [Hrsg.] (2007), S. 55 f.
[2] Vgl. Thom (1980), S. 53 ff.
[3] Für weitere Phasenmodelle, vgl. Pleschak (1996), S. 24; Vahs/Burmester (2005), S. 88 ff.
[4] Vgl. Vahs/Burmester (2005), S. 85 f.
[5] Vgl. Vahs/Burmester (2005), S. 85 f. und S. 95 f.
[6] Vgl. Vahs/Burmester (2005), S. 50; Hauschildt/Salomo (2007), S. 61 f.
[7] Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 6; Vahs/Burmester (2005), S. 47.
[8] Vgl. Steinmann/Schreyögg (2005), S. 7; Vahs/Burmester (2005), S. 47 f.
[9] O. V. (2008a), Wikipedia – Innovationsmanagement.
[10] Vgl. Vahs/Burmester (2005), S. 50; Corsten/Gössinger/Schneider (2006), S. 40 f.
[11] Z. B. Personalmanagement, Organisation, Rechnungswesen, etc.
[12] Für die einzelnen Stufen des Wertschöpfungsprozesses siehe Abbildung 3.
[13] Vgl. Pleschak/Sabisch (1996), S. 45; Vahs/Burmester (2005), S. 49 f.; Hauschildt/Salomo (2007), S. 32.
[14] Vgl. Macharzina (1999), S. 561; Hauschildt/Salomo (2007), S. 34.
[15] Vgl. Vahs/Burmester (2005), S. 48 f.
[16] Vgl. Vahs/Burmester (2005), S. 385 ff.
[17] Vgl. Vahs/Burmester (2005), S. 380 ff.
[18] Vgl. Hauschildt/Salomo (2007), S. 35 ff.
[19] Vgl. Peters/Waterman (1991), S. 9; als auch Vahs/Burmester (2005), S. 355; Corsten/ Gössinger/Schneider (2006), S. 77; Engel/Nippa [Hrsg.] (2007), S. 145.
[20] Vgl. Peters/Waterman (1991), S. 9; Ernst (2003), S. 27 ff.; Hauschildt/Salomo (2007),
S. 35 ff.
[21] Corsten/Gössinger/Schneider (2006), S. 77, (im Original kursiv).
[22] Vgl. Poech (2003), S. 18; Vahs/Burmester (2005), S. 348; Corsten/Gössinger/Schneider (2006), S. 77.
[23] Vgl. Schein (1995), S. 172 f.; Schreyögg (2003), S. 478.
[24] Vgl. Schein (1995), S. 172.
[25] Vgl. hierzu und für weitere Informationen Staehle (1999), S. 514.
[26] Vgl. Schein (1995), S. 29 ff.; Macharzina (1999), S. 182 f.; Poech (2003), S. 12 f.
[27] Vgl. Staehle (1999), S. 499.
[28] Vgl. Sackmann (2002), S. 65 f.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2008
- ISBN (PDF)
- 9783958205512
- ISBN (Paperback)
- 9783958200517
- Dateigröße
- 2.2 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Mannheim
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1
- Schlagworte
- Innovation Unternehmen Kultur Markt Innovativität