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Business Process Redesign in wachsenden Unternehmen

©2013 Bachelorarbeit 49 Seiten

Zusammenfassung

Zur erfolgreichen Entwicklung eines Unternehmens haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Managementinstrumente wie das Total Quality Management, Customer Relationship Management oder Supply Chain Management entwickelt. In den 90er Jahren entstand dabei zusätzlich die radikale Methode des Business Process Redesigns, welche sich nicht einfach mit einer Verbesserung, sondern mit einer gänzlichen Neugestaltung der Unternehmen und seiner Prozesse beschäftigt.
Die Vorgehensweise hat dabei zum Ziel die Effizienz der Prozesse um bis zu 30% anzuheben und die Nachhaltigkeit der Unternehmen zu gewährleisten. Das vorliegende Werk analysiert Unternehmen aller Entwicklungsstufen mit dieser Methodik und geht dabei auf die Potentiale, Vorteile und Gefahren des Business Process Redesigns ein, welche beim Unternehmenswachstum auftreten können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3. Basis des Prozessmanagements in Unternehmen

3.1. Prozessmanagement in der Einführungsphase

Wie zuvor erwähnt, machen Prozesse einen wichtigen Teil des Wachstums aus und da sich alle Unternehmen zu Beginn ihres Lebenszyklusses in der Einführungsphase befinden, macht es Sinn das Prozessmanagement in seinen grundlegenden Anforderungen zu betrachten. Das Prozessmanagement soll dabei helfen, die Qualität, Produktivität, Innovationsfähigkeit und die Kompetenzen der Führung zu verbessern. Qualität schließt dabei alle produkt- und dienstleistungsbezogenen Merkmale ein, denen der Kunde Bedeutung beimisst.[1] Mit Produktivität ist einerseits die Senkung der Kosten bei gleichem Output gemeint, oder aber die Steigerung des Outputs bei gleichbleibenden Kosten. Über einen langfristigen Zeitraum versuchen Unternehmen oft beides zu erreichen, indem sie beide Strategien abwechselnd verfolgen.[2]

Das Erreichen der Innovationsfähigkeit bezieht sich nicht auf die Innovation selbst, sondern auf die methodische Strukturierung des Innovationsprozesses, die Funktionsart und den Nutzen der Wertekette. Weiterhin müssen die Abläufe bei der Ideenfindung, den Entscheidungen und dem Controlling klar sein um das Geschäftsmodell sinnvoll weiterentwickeln zu können.[3] Die Führungs-kompetenzen sollen schließlich die Verantwortlichkeiten und Aufgaben klären.[4]

Nach Stögers Ansicht bildet ein kompetentes Prozessmanagement die Grundvoraussetzung für die Ausschöpfung und Umsetzung von Potenzialen und definiert sich dabei über sieben Faktoren.[5]

- Ergebnisausrichtung
- Kundenorientierung
- Beitrag an das größere Ganze
- Messbarkeit
- Struktur
- Verantwortlichkeit
- Führbarkeit

Die Ausrichtung auf Ergebnisse ist der erste Faktor, welcher sprachlich exakt ein angestrebtes Resultat formuliert, auf welche die Summe der Aktivitäten innerhalb des Prozesses hinarbeitet.[6]

Zweiter Faktor ist die Kundenorientierung der Prozesse. Als Kunde wird dabei jeder verstanden, der Interesse am Resultat der Prozesse hat. Gleichzeitig ist der Kunde auch derjenige, der die Leistung des Prozesses beurteilt.[7]

Dritter Faktor ist der Beitrag an das größere Ganze. Alle Prozesse arbeiten auf ein übergeordnetes Gesamtergebnis hin und nur sinnvolles, korrektes Zusammenspiel führt zum gewünschten Ziel. Am ehesten lässt sich dies mit einem Orchester vergleichen. Jedes Instrument für sich gespielt, ergibt nicht den Klang des eigentlichen Stückes.[8]

Der vierte Faktor beschreibt die Analysefähigkeit eines Prozesses, sprich, die Kontrollierbarkeit seiner Leistung, die Messbarkeit und Effizienz des Resultats sowie die Beurteilung über dessen Qualität.[9]

Fünfter Faktor ist die Struktur der Prozesse. Obwohl sich das Umfeld der Unternehmen in einem ständigen Wandel befindet und Anpassung nötig macht, schafft ein gewisses Maß an Wiederholbarkeit und Routine Klarheit in den Prozessabläufen und erleichtert somit die Steuerung.

Die letzten beiden Faktoren sind Verantwortlichkeit und Führbarkeit. Grundsätzlich ist ein Prozess nicht an eine konkrete Person gebunden - viele Personen wirken in einem Prozess. Die Resultatorientierung bewirkt jedoch, dass die Individuen für ihren Teil des Prozesses die Verantwortung tragen müssen und jemand die entsprechende Verantwortung für den Gesamtprozess.[10] Da sich die Ergebnisse nicht von selbst einstellen, knüpft hier die Führbarkeit an. Über diese soll sichergestellt werden, dass die Prozesse im Sinne der Geschäftsfeld- oder Unternehmensstrategie umgesetzt werden.[11]

Solange Unternehmen noch jung sind, erfüllen viele Start-Ups diese Faktoren beinahe automatisch. Die Mitarbeiter (Mitarbeiter) sind engagiert und viele gute Ideen gelangen schnell in die Umsetzungsphase. Auch die Bedeutung des Kunden und damit auch die Orientierung an diesem sind den Mitarbeiter bewusst. Entsprechend ist der Gedanke zum Wert des Gesamtergebnisses beizutragen noch stark verankert. Die Verantwortlichkeiten sowie die Führungsfrage sind bei den Start-Ups ebenfalls geklärt, denn die Organisationsform ist schnell, schlank und leistungsstark, weil die Führungspersönlichkeiten ohne große Beeinträchtigungen auf eine optimale Ausnutzung der Ressourcen achten können. Der Grund für diese Reibungslosigkeit ist jedoch nicht die Prozessorientierung. Das Gegenteil ist meist der Fall. Kleine Unternehmen in der Einführungsphase sind häufig nach den Funktionen orientiert aufgebaut.[12] Dies ist zunächst auch kein Problem, aber sobald die Unternehmen mit dem Markt wachsen, sind die wenigen Schlüsselpersonen nicht mehr in der Lage die ebenfalls wachsende Menge an Aufgaben alleine zu stemmen. Informationen, Abläufe, Kunden und Technologie geraten außer Kontrolle.[13]

Auslöser dafür ist ein Missverständnis, welches besagt, dass Prozessmanagement nur in größeren Organisationen nötig sei. Es stimmt, Prozesse erlangen in größeren Unternehmen auch eine größere Bedeutung, aber im Umkehrschluss anzunehmen Prozessmanagement in der Einführungsphase sei unnötig, ist falsch.[14] Die Start-Ups verfolgen für gewöhnlich schon frühzeitig die Strategie sich am Markt zu etablieren und nachhaltig zu wachsen. Der Übergang von der Einführungsphase zur Wachstumsphase ist jedoch meist fließend und es ist ratsam sich bereits während der Gründung mit einer Prozessplanung in den Unternehmen auseinanderzusetzen, um dem späteren Verlust der Kontrolle entgegenzuwirken.[15]

3.2. Implementierung des Prozessmanagements

Der Grundstein dazu wird auf der Führungsebene gelegt. Dabei ist es egal ob das Unternehmen in der Einführungsphase nach Funktionen oder nach Prozessen organisiert ist, denn Prozesse sind in jedem Fall vorhanden. Langfristig muss laut Stöger das Ziel jedoch lauten, sich von der aufbauorientierten Sicht zur Ablauforientierung zu entwickeln.[16]

Die Vorgehensweise entspricht dabei einem Führungskreislauf. Zu Beginn werden die wichtigsten Entscheidungen getroffen. Die Ziele, Mittel und Maßnahmen werden bestimmt, um die Prozesse möglichst nahe an der Unternehmensstrategie und den Unternehmenswerten zu halten.[17] Anschließend wird die theoretische Vorplanung praktisch umgesetzt. Dies wird als Ingangsetzung bezeichnet. In diesem Stadium offenbart sich, ob die Mitarbeiter in der Rolle der Führungskraft die benötigten Kompetenzen mitbringen.[18]

Zum Schluss wird der Vorgang einer Kontrolle unterzogen. Die Ziele und die Umsetzung werden hier bzgl. ihrer Wirksamkeit geprüft. Dieser Vorgang ist dabei nicht mit Controlling zu verwechseln, welches in seiner Funktion weit umfangreicher als eine Aggregation und Auswertung von Zahlen ist, auch wenn man in der Praxis leicht diesen Eindruck erhalten kann. Durch Kontrolle kann schließlich ein Feedback erfolgen. Erst durch diese kann der Führungskreislauf die gewünschte Dynamik erhalten und droht nicht in Inaktivität zu versanden.[19]

3.3. Visionen als Rahmen für Prozesse

Um das Prozessmanagement wirkungsvoll in Unternehmen einzusetzen, benötigt es gewisse Leitplanken, die vorgeben in welchem Rahmen sich die Prozesse bewegen. Diese bauen auf der Vision der Unternehmen auf, welche wiederrum aus den Werten eines Unternehmens entsteht und so die Stoßrichtung für die Mission bilden. Visionen sind sinnstiftend und können so die Grundlage zur Befähigung der Unternehmen legen dauerhaft zu bestehen.[20] Dass die Visionen nicht von starrer Natur sind, zeigt er am Entwicklungsbeispiel Nokia. Obwohl sich Nokia derzeit in einer Konsolidierungsphase befindet, hat die Vision „Voice goes Mobile!“ als Grundlage für die nachhaltige Entwicklung des Unternehmens gedient und wandelte sich im Laufe der Zeit zu „Life goes Mobile!“.[21] Da es derzeit weltweit mehr Mobil- als Festnetzanschlüsse gibt, kann man davon ausgehen, dass die Vision zur Wirklichkeit geworden ist. Während die Mission eines Unternehmens Antwort auf die Frage gibt, warum das Unternehmen überhaupt existiert, prägen die Werte der Vision die Unternehmenskultur.[22]

Die Interpretation der Visionen bietet zwar Spielraum, bleibt jedoch an die Werte des Unternehmens gebunden. Die Leitplanken, an denen sich die Prozesse orientieren, erhalten also gleichermaßen Einfluss durch die Unternehmenskultur sowie durch die verfolgte Strategie.[23] Dass sich Visionen und Werte mit der Zeit ändern ist nicht verwunderlich. So wie die Unternehmen wachsen, so wachsen ihre Visionen und Ziele mit ihnen. Infolgedessen werden auch die verfolgten Strategien der Unternehmen angepasst. Wie die Strategien aussehen, welche den Prozessstrukturen vorausgehen, entscheidet letzten Endes der Marketing-Mix. In seinem ursprünglichen Konzept werden hier die Faktoren Produkt-, Preis-, Vertriebs- (Place) und Kommunikationspolitik (Promotion) berücksichtigt.[24]

Eine Variation der werteorientierten Leitplanken stellen die prozessorientierten Leitplanken dar. Während bei der Werteorientierung die Leitplanken vorgeben in welchem Handlungsrahmen sich die Prozesse bewegen sollen, schließen die prozessorientierten Leitplanken auch das Verbot von Handlungen mit ein und begrenzen den Rahmen nach Außen und nach Innen. Beispielsweise bearbeitet bei einem Versicherer für Kraftfahrzeuge die Reklamationsabteilung für KFZ-Haftpflichtversicherungen nur Schäden, welche am Fahrzeug eines Geschädigten entstanden sind, nicht aber die Schäden der eigenen Karosserie. Diese würden im Reklamationsprozess für Vollkaskoversicherungen abgedeckt und bearbeitet werden.

Die Prozessleitplanken geben also sehr genau vor, wie der Ablauf ausgeführt wird und lassen keinen Spielraum. Bei dieser Art von Leitplanken ist es wichtig, dass alle Entscheider und Verantwortlichen bei dem Erlass der Begrenzungen zugegen sind, damit es im Nachhinein keine Unstimmigkeiten durch Missverständnisse gibt.[25]

Leitplanken allein sind für einen gut organisierten Prozess jedoch nicht ausreichend. Sie bestimmen zwar den Handlungsspielraum, doch entfaltet der Prozess seine Wirkung erst dann, wenn er auch einer Handlungsrichtung folgt – der Unternehmensstrategie. Aus diesem Grund wird innerhalb der Funktionen oft eine Art Lastenheft erstellt, welche die Anforderungen an die Prozesse klärt. Durch diese werden die Funktionen und die Strategie miteinander verbunden, was bei den wachsenden Unternehmen zu späterem Zeitpunkt wichtig für deren Organisationsstruktur wird.[26] Der Aufbau von der Vision bis zu den Prozessen, lässt sich am ehesten durch Walters Ebenenmodell darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Ebenenmodell[27]

3.4. Wachstumsvorteile durch Kundenorientierung

Wenn nachhaltiges Wachstum durch zufriedenere Kunden erreicht wird, bedeutet dies folgerichtig, dass Prozesse dabei helfen müssen eine höhere Kunden-zufriedenheit zu erreichen.[28] Nach Walter liegt der Schlüssel dazu im Verständnis des Kunden, seines Geschäfts und der kundenorientierten Prozesse. Für ihn ist die Wahrnehmung potenzieller Geschäftsmöglichkeiten und dem damit verbundenen Wachstum, eng mit der Kundenorientierung verbunden.[29]

Unternehmen, welche über ein ausgeprägtes CRM (Customer Relationship Management) verfügen, können ihr Geschäftsergebnis durch schnelleres Reaktionsvermögen auf Kundenwünsche erheblich steigern, wohingegen Unternehmen mit einer eher durchschnittlichen Kundenausrichtung auch nur geringfügige Verbesserungen erreichen.[30] Das PIMS-Programm (Profit Impact of Marketing Strategies) bestätigt, dass die dadurch erreichte Steigerung der Qualität die Marktstellung und die Rentabilität der Unternehmen dauerhaft stützt.[31] Start-Ups, die sich in die Wachstumsphase begeben, können auf diesem Wege Marktanteile sichern und eine höhere Kundenbindung schaffen. Da zufriedene Kunden auch glaubhafte Werbeträger sind, entstehen durch die gesteigerte Qualität zusätzlich Marketingeffekte.

Die zu klärende Frage ist dabei nicht „Wo liegt die maximale Qualität?“, sondern „Was ist die richtige Qualität?“. Angestrebt ist die auf den Kunden am besten zugeschnittene Lösung, also das möglichst sinnvollste Verhältnis aus Kosten zu Nutzen. Beispielsweise kann die Qualität des Outputs gleich bleiben, während der Preis sinkt. Die Entscheidung darüber, wie sich Qualität definiert, ist vollständig vom Kunden abhängig. Für den Kunden kaufentscheidende Qualitätskriterien werden in einer Erhebung, in Relation zu den anderen Wettbewerbsteilnehmern ermittelt. Die Erfüllung dieser ausschlaggebenden Kriterien wird mit den Qualitäten der anderen Wettbewerber verglichen. Es ist wichtig den Vergleich mit möglichst starken Konkurrenten zu suchen, um so die Wettbewerbsvorteile des eigenen Unternehmens bestimmen zu können. Jedes kaufentscheidende Kriterium wird nachfolgend gemessen, gewichtet und bewertet. Dieser Vorgang wird von den Unternehmen zuerst nach innen gerichtet durchgeführt, um ein aussagekräftiges Selbstbild zu erhalten und dann nach außen gerichtet, um die gleiche Aussage aus Kundensicht zu erhalten. Dabei sollte beachtet werden, dass sich das Kundenbild nicht nur aus aktuellen Kunden, sondern auch aus abgesprungenen und zukünftigen Kunden zusammensetzt.[32]

Die Auswertung erfolgt mithilfe einer Qualitätslandkarte, die sich aus vier Feldern zusammensetzt, welche eine der vielen weiterentwickelten Formen des Markt-attraktivitäts-Wettbewerbsstärken-Portfolios von McKinsey ist und durch das PIMS-Programm eine Vielzahl an ähnlichen Formen von Analysewerkzeugen hervorgebracht hat.[33]

Das erste Feld betrachtet Potenziale durch versteckte Kosten und es muss geprüft werden, ob die Qualität des Produkts, oder der Dienstleistung evtl. gesenkt werden muss. Im zweiten Feld finden sich die Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Marktteilnehmern wieder. Diese werden durch die Kernkompetenzen der Unternehmen aufgebaut und es gilt sie möglichst auszubauen, oder aber dauerhaft zu sichern. Vorteile dieser Art sind Indikatoren für die zu verfolgende Strategie.[34] Qualitäten die der Kunde zwar als wichtig erachtet, die Unternehmen aber Nachteile im Wettbewerb haben, befinden sich im dritten Feld der Auswertung. Dies sind Merkmale die verbessert werden müssen. Auch Kriterien, die einen neutralen Wert aufweisen, oder bei denen Zweifel bestehen, werden hier platziert. Das letzte Feld wird schließlich von Kriterien mit geringer Bedeutung gebildet. Stöger rät von einer zu intensiven Beschäftigung mit diesen ab, schlägt aber dennoch vor, die Qualität leicht zu steigern, solange sich die Beanspruchung der Ressourcen in Grenzen hält.

Ergänzt wird die Qualitätslandkarte durch die Prozess-Qualitätsmatrix. Durch die Gegenüberstellung der Prozesse zu den Kriterien, lässt sich deren Wirkungsgrad ermitteln, aus welchen schließlich Schlüsselprozesse erkennbar werden und mit deren Hilfe sich auch eine Prozesslandkarte erstellen lässt. Prinzipiell werden somit die Kernkompetenzen der Unternehmen verdeutlicht. Die Nutzung dieser Werkzeuge hat für die fortlaufende Entwicklung der Unternehmen große Bedeutung, denn die Analyse der Wirkungsgrade ermöglicht die Ergreifung geeigneter Maßnahmen, um auf das Konkurrenzfeld und eine mögliche Stagnation zu reagieren.[35]

Die Hervorhebung der Prozesse, die zu einer Verbesserung des Kundennutzens beitragen, hat den gleichen kundenbindenden Effekt wie die Qualitätssteigerung. Die Treue des Kunden wird dementsprechend erhalten und Abwanderungen, oder gar der vollkommene Verzicht auf die von den Unternehmen erzeugten Leistungen, kann vermieden werden. Weitere Vorteile entstehen durch geringere Akquisitions- und Qualitätskosten, abgeklärtere Leistungsangebote, weniger Reklamationen und Optionen im Cross-Selling.

Die Anwendung einer Qualitätslandkarte und Qualitätsmatrix ist etabliert. Die Instrumente finden sich stets in ähnlicher Form wieder und variieren zumeist kaum und werden lediglich anders bezeichnet. Ahlrichs und Knuppertz wenden beispielsweise eine SWOT-Analyse (Strenghts, Weaknesses, Opportunities, Threats) in Verbindung mit einer Kosten-Nutzen-Gegenüberstellung an.[36] Die zu Grunde liegende Methodik bleibt aber dieselbe.

3.5. Ausrichtung an der Wertekette

Das Prozessmanagement verbindet bei den Unternehmen aller Entwicklungsphasen zwei wesentliche Dimensionen. Dies ist zum einen die Zeit, in welcher die gegenwärtige und zukünftige Vorgehensweise der Unternehmen dargestellt und bewertet wird und zum anderen die inneren und äußeren Einwirkungen auf die Prozessgestaltung, beispielsweise anhand der Auswertung einer BSC (Balanced Scorecard). Die Auswirkungen des Marktes und der Kunden auf die Prozesse sind externe Einflüsse. Dementsprechend müssen die Prozesse auch von innen heraus nach außen konstruiert werden, auf den bestehenden Prozessen aufbauen und dabei die Unternehmenskultur berücksichtigen.

Weil sie die Prozesse, Kosten und Kunden gut sichtbar miteinander verbindet, hat sich die Wertekette als effektiv erwiesen, den gestalteten Prozessen eine visuelle Struktur zu verleihen. Diese ist nicht auf die Struktur der Organisation beschränkt. Sie folgt der geschäftlichen Logik. Entsprechend ist die Wertekette vielseitig einsetzbar und kann sowohl das Unternehmen, das gesamte Geschäftsfeld, als auch die Prozesse separiert abbilden.[37]

Es ist zu erwähnen, dass Wertschöpfung nicht mit Gewinn gleichzusetzen ist, sondern die Gesamtleistung eines Unternehmen abzüglich der erforderlichen Vorleistungen darstellt. Die Prozesse sind zwar essentielle Bestandteile der Wertekette, repräsentieren jedoch lediglich gebündelte Wertschöpfungsaktivitäten. Ob die entstehenden Werte tatsächlich gewinnbringend sind, hängt vom Management der Wertekette ab.[38] Auch in diesem Punkt erfüllt die Wertekette ihren Nutzen. Die Darstellung offenbart die Zusammenhänge in der eigenen Organisation, kann als Analyseinstrument dienen und die Grundlage für operative Maßnahmen zur Erreichung der Unternehmensziele sein, indem man die Schlüsselprozesse auf Qualität, Zeit und Kosten wiederholt prüft.[39]

Die Auswertung dieser Informationen bildet infolgedessen die Basis für die zukünftige Architektur der Wertekette und spiegelt das Unternehmensgeschäft, das anhand der Prozesse zum Ausdruck gebracht wird. Sie dient gleichermaßen als Grundpfeiler für den Aufbau der Organisation. Daher ist es erforderlich diesen an die Wertekette anzupassen und nicht umgekehrt.

4. Auftretende Hindernisse

Es mag verwunderlich klingen, doch Wachstum ist nicht nur die beste Chance auf eine nachhaltige Existenz für die Unternehmen, sondern auch gleichzeitig die größte Gefahr für diese. Diese Aussage gewinnt umso mehr an Wahrheit, je schneller ein Unternehmen wächst.[40]

Entwickelt sich ein Unternehmen erst mal erfolgreich über die Einführungsphase hinaus in die Wachstumsphase, besteht häufig die Gefahr, das Fragen bzgl. der Organisation und der Struktur vernachlässigt, oder überhaupt nicht berücksichtigt werden. Die entstandene Euphorie über die Erschließung neuer Märkte, Kunden, Netzwerke und anderer neuer Chancen bewirkt, dass der Eindruck entsteht das Handlungsfehler durch den Markterfolg kompensiert werden. Zu Beginn überträgt sich diese Euphorie auf die Mitarbeiter, doch es kommt unweigerlich der Zeitpunkt, an dem deren Belastungsgrenze erreicht ist und sich die persönlichen Bedürfnisse wieder in den Vordergrund drängen.[41] Wenn die Kapazitäten der Mitarbeiter in Schlüsselpositionen zum Engpass werden, ist dies eines der Zeichen von zu schnellem Wachstum.[42]

Dieses äußert sich weiterhin in Kreditaufnahmen für das operative Geschäft, sinkenden Gewinnspannen, sinkender Arbeitsbegeisterung der Mitarbeiter, sinkender Produktivität, Inkaufnahme an Qualitätsverlust, zunehmenden Kundenreklamationen und an dem sich verstärkenden Eindruck, dass das Unternehmen immerzu unter Druck agieren würde.[43] Die Konsequenzen sind die schwindende Bedeutung des Unternehmens und der Verlust von Marktanteilen.

Roland Berger Strategy Consultants sind zu ähnlichen Ergebnissen gelangt. Deren Umfrage ergab sechs Hindernisse, die in der Wachstumsphase von Bedeutung sind.

Erstens, Mängel in der Unternehmenskultur, welche schlechte Flexibilität, fehlende Motivation und eine Scheu zum Risiko aufgezeigt haben. Zweitens, veränderte externe Rahmenbedingungen, wie politische Situationen und Gesetze, die direkte Wirkung auf Unternehmen allgemein, oder in bestimmten Branchenfeldern haben. Drittens, die Gesamtwirtschaftliche Lage und der Einfluss durch Globalisierung. Viertens, Probleme bei der Finanzierung. Fünftens, das sich verschärfende Feld der Konkurrenz. Das sechste Hindernis wird unter Sonstigem zusammengefasst, doch die Liste lässt sich noch um viele weitere Gründe ergänzen, beispielsweise durch die steigende Digitalisierung, ökologische Faktoren, oder demografischer Wandel.[44]

Auch Hammer und Champy haben ein gleichartiges Problemfeld herausgefiltert und sehen die genannten Hindernisse besonders in den Unternehmen mit traditioneller Organisationsweise, denen die Prinzipien von Smith[45] zu Grunde liegen, als Zeichen einer sich andeutenden Krise. Die Unternehmen können die Prozesse nicht mehr so schnell anpassen, wie die sich ständig verändernden Umweltbedingungen und der technologische Fortschritt es verlangen.[46] Für Hammer und Champy sind die Kunden, der Wettbewerb und der konstante Wandel dabei gleichzeitig die ausschlaggebendsten Treiber für notwendige Veränderungen. Die Qualitätsansprüche der Kunden, sowohl intern als auch extern, haben sich ihrer Ansicht nach dahingehend angepasst, dass durch zur Verfügung stehende Alternativen bei der Produktauswahl einfache Massenlösungen die Wünsche des Kunden nicht mehr zufriedenstellen. Die größte Konkurrenz kam hierbei aus Japan, da dort Massenproduktion ohne merkliche Qualitätseinbußen stattfand. So wurden die individuellen Ansprüche der Kunden, denen sich durch das intensivierte Aufkommen von Marktkonkurrenten Alternativen geöffnet hatten, bedient.

Die momentan zunehmende Globalisierung übt durch ähnliche Leistungen auf internationalen Märkten zusätzlichen Druck aus. So sehen sich Unternehmen plötzlich in Konkurrenz mit den Weltbesten, nicht nur mit der regionalen Konkurrenz. Der Durchschnitt aus dem eigenen Umfeld ist gegenwärtig also kein adäquater Vergleich mehr.[47]

Der dritte Veränderungstreiber fällt durch sein spärliches Auftreten in der Vergangenheit auf. Während früher Ausnahmefälle Veränderungen bewirkten, ist der permanente Wandel heutzutage zu etwas ständigem und normalem geworden. Insbesondere die Entwicklung der IT (Information Technology) hatte hier großen Anteil, weshalb sich bei vielen Produkten und Dienstleistungen der Lebenszyklus drastisch verkürzt hat. Organisationen die für ein bestimmtes Umfeld geschaffen wurden, können nach Hammer und Champy nicht so optimiert werden, dass sie in einem anderen Umfeld gut funktionieren, weil die Treiber der Veränderung Flexibilität und schnelle Reaktionsfähigkeit voraussetzen.[48]

Eine weitere Form der Gefahr in der Wachstumsphase, ist die des negativen, oder stagnierenden Wachstums. Hier gehen die Entwicklungsausschläge der Unternehmen gen Null, oder weisen eine Rückentwicklung auf. Die fehlende Wachstumsdynamik erschwert durch die entstandene Trägheit rettende Maßnahmen. Für viele Unternehmen bedeutet dies den Marktaustritt.

Weniger drastisch aber dennoch verheerend ist die Abwanderung qualifizierter Mitarbeiter, die keine Perspektiven mehr in den Unternehmen sehen. Das ist gleichbedeutend mit einem Verlust von Know-How an die anderen Wettbewerber und der Wegfall von einem der drei bedeutenden Wachstumstreiber.[49] In den meisten Fällen sind die Ursachen dafür meist unklare Entscheidungsstrukturen, schlecht ausgeprägtes Kundenverständnis, eine schlechte Vertrauenskultur und die zeitlich zu stark verzögerte Weitergabe an Informationen.

Um zu erkennen, wann man wirklich für Wachstum bereit ist, haben viele Unternehmen damit begonnen sich mit Change Management auseinanderzusetzen[50], Maßnahmen die sich explizit mit Veränderungen in Unternehmen befassen.[51] Wenn man die Ursachen genauer betrachtet wird ersichtlich, dass die Lösung in der richtigen Gestaltung und Optimierung der Prozesse steckt. Walter stellt klar, dass es keine „beste“ Struktur in den Unternehmen gibt, sondern durch die ständigen, teils gravierenden Änderungen des Umfeldes auch in den Unternehmen sprunghafte Veränderungen vollzogen werden müssen. Standards wie die ISO 9001:2000 rücken die Prozesse ins Zentrum der Qualität und werden von Walter als ein Allheilmittel betrachtet.[52] Der wohl heftigste Ansatz Einfluss auf die Prozessstrukturen der Unternehmen auszuüben, entstand 1994 durch die Idee des BPR (Business Process Redesigns).[53]

[...]


[1] Vgl. Drucker, 2005, S. 56.

[2] Vgl. Wöhe, 2008, S. 38-39.

[3] Vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 432-442, ergänzend: Stöger, 2001, S. 26.

[4] Vgl. Malik, 2006, S. 15.

[5] Vgl. Stöger, 2011, S. 3-7.

[6] Vgl. Malik, 2006, S. 84-87.

[7] Vgl. Schmelzer/Sesselmann, 2008, S. 6, 68-72, ergänzend: Ahlrichs/Knuppertz, 2006, S. 204.

[8] Vgl. Malik, 2006, S. 98-103.

[9] Vgl. Schmelzer/Sesselmann, 2008, S. 308-312.

[10] Vgl. Stöger, 2011, S. 6-7.

[11] Vgl. Hinterhuber, 2004b, S. 203.

[12] Vgl. Wassermann/Schwarzer, 2012, S. 9-10.

[13] Vgl. Stöger, 2011, S. 12-13.

[14] Vgl. Stöger, 2011, S. 18.

[15] Vgl. Volkmann, 2010, S. 69.

[16] Vgl. Stöger, 2011, S. 25.

[17] Vgl. Grünig/Kühn, 2011, S. 7-12, ergänzend: Mintzberg, 2000, S. 23-29.

[18] Vgl. Stöger, 2011, S. 30.

[19] Vgl. Stöger, 2011, S. 31.

[20] Vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 225-227.

[21] Vgl. Walter, 2009, S. 24-27.

[22] Vgl. Walter, 2009, S. 90-92.

[23] Vgl. Stöger, 2011, S. 53-54.

[24] Vgl. Gerdes, 2010, S. 478-479.

[25] Vgl. Stöger, 2011, S. 57.

[26] Vgl. Stöger, 2011, S. 60-61.

[27] Vgl. Walter, 2009, S. 154.

[28] Vgl. Nidumolu/Prahalad/Rangaswami, 2009, S. 51-61.

[29] Vgl. Walter, 2009, S. 58-66.

[30] Vgl. Götz/Krafft, 2010, S. 542-544.

[31] Vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 319-322.

[32] Vgl. Stöger, 2011, S. 67-80.

[33] Vgl. Grünig/Kühn,, 2011, S. 183-187.

[34] Vgl. Prahalad/Hamel, 1990, S. 79-86.

[35] Vgl. Stöger, 2011, S. 71-74, ergänzend: Ahlrichs/Knuppertz, 2006, S. 130-135.

[36] Vgl. Ahlrichs/Knuppertz, 2006, S. 130-135.

[37] Vgl. Stöger, 2011, S. 81-86, ergänzend: Grünig/Kuhn, 2011, S. 314-320.

[38] Vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 363-369.

[39] Vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 360-361.

[40] Vgl. Quelle, 2011, S. 36.

[41] Vgl. Nicolai, 2009, S. 142.

[42] Vgl. Stöger, 2011, S. 39.

[43] Vgl. Volkmann, 2010, S. 428-431.

[44] Vgl. Schwenker/Bötzel, 2006, S. 121-128, ergänzend: Volkmann, 2010, S. 80-81.

[45] Vgl. Smith, 1974, S. 9-22.

[46] Vgl. Hammer/Champy, 1994, S. 23.

[47] Vgl. Hammer/Champy, 1994, S. 34-36.

[48] Vgl. Hammer/Champy, 1994, S. 38.

[49] Vgl. Quelle, 2011, S. 37-39.

[50] Vgl. Schwenker/Bötzel, 2006, S. 121-134, ergänzend: Volkmann, 2010, S. 78-90.

[51] Vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 472-478.

[52] Vgl. Walter, 2009, S. 7-10.

[53] Vgl. Hammer/Champy, 1994.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958206113
ISBN (Paperback)
9783958201118
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Prozessmanagement Nachhaltigkeit Kundenorientierung Controlling Unternehmensstrategie

Autor

Daniel Poljak, B.A., wurde 1981 in Frankfurt am Main geboren und schloss das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Frankfurt am Main im Jahre 2013 erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in internationalen Unternehmen der IT-Branche im Produkt-, Projekt- und Prozessmanagement. Fasziniert von der Komplexität und Struktur der Prozesse internationaler Unternehmen, verbrachte der Autor ein halbes Jahr in den Vereinigten Staaten, um die Besonderheiten unterschiedlicher Standorte und Mentalitäten kennenzulernen. Die gewonnen Erfahrungen veranlassten den Autor sich mit der vorliegenden Thematik des Business Process Redesigns auseinanderzusetzen.
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Titel: Business Process Redesign in wachsenden Unternehmen
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