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Balanced Scorecard als Managementinstrument im Krankenhaus: Steigert die Einführung einer Balanced Scorecard im Krankenhaus die Wettbewerbsfähigkeit?

©2014 Bachelorarbeit 59 Seiten

Zusammenfassung

Das Gesundheitswesen unterliegt permanent komplexeren Veränderungen und ist durch Kerntrends gekennzeichnet. Diese Dynamik erfordert, dass Krankenhäuser strategisch handeln, die Veränderungen bzw. Wandel erkennen und die Tendenzen nutzen, um weiterhin ihre Wettbewerbsvorteile zu sichern. Aktuell sind deutsche Krankenhäuser gezwungen mit knappen Ressourcen ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Der zukünftige Trend auf dem Krankenhaussektor liegt in der Leistungstransparenz, Konsumentensouveränität und Überschuss an Angeboten. Daraus folgt, dass die deutschen Krankenhäuser ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig nur sichern können, wenn sie eine strategische Ausrichtung und operative Umsetzung von geeigneten Maßnahmen nachhaltig in das Unternehmen implementieren und durch optimale Instrumente ergänzen Die früher geltenden zentralistischen Steuerungsprinzipien wie zum Beispiel die Überdeckung von ineffizienten Vorgängen durch Überkapazitäten und die Vereinbarungen von Bedarfsnotwendigkeiten mittels regelmäßigen Subventionen der deutschen Krankenhäuser existieren nicht mehr.
Vor dem Hintergrund der Veränderungen auf dem Gesundheitssektor und daraus resultierende Notwendigkeit, das Krankenhaus als Unternehmen in einem verstärkten Wettbewerbsumfeld zu betrachten werden zunächst die Erfolgsfaktoren eines exzellenten Krankenhauses identifiziert, um daraus ableitend die Strategien sowie Instrumente entwickeln zu können. Im Kontext eines erfolgreichen Unternehmens wird die Balanced Scorecard als ein Managementkonzept dargestellt und seine vier Perspektiven skizziert. Darauf folgt die Umsetzung der Balanced Scorecard auf ein fiktives Unternehmen Krankenhaus, dabei werden detaillierte Kennzahlen aus dem Krankenhaussektor herangezogen. Mögliche Risiken bei der Verwendung der Balanced Scorecard im Krankenhaus wie zum Beispiel die Fehlsteuerung aufgrund der Komplexität des Konzepts werden dargestellt. Im Rahmen dieser Arbeit soll die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit im Krankenhauswesen durch die Implementierung von Balanced Scorecard anhand von Fallbeispielen kritisch betrachtet werden. Dabei werden die Anforderungen an die erfolgreiche Einführung der Balanced Scorecard skizziert und Chancen für die Krankenhäuser bezüglich des steigenden Wettbewerbsdrucks unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen dargestellt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Abkürzungsverzeichnis
et al. et alii
etc. et cetera
in puncto hinsichtlich
u. a. unter anderem
z.B. zum Beispiel
4

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Aktuell sind deutsche Krankenhäuser gezwungen mit knappen Ressourcen ihre
Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Der zukünftige Trend auf dem Krankenhaussektor liegt in
der Leistungstransparenz, Konsumentensouveränität und Überschuss an Angeboten. Daraus
folgt, dass die deutschen Krankenhäuser ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig nur sichern
können, wenn sie eine strategische Ausrichtung und operative Umsetzung von geeigneten
Maßnahmen nachhaltig in das Unternehmen implementieren und durch optimale Instrumente
ergänzen Die früher geltenden zentralistischen Steuerungsprinzipien wie zum Beispiel die
Überdeckung von ineffizienten Vorgängen durch Überkapazitäten und die Vereinbarungen
von Bedarfsnotwendigkeiten mittels regelmäßigen Subventionen der deutschen
Krankenhäuser existieren nicht mehr.
1
Mit den veränderten Rahmenbedingungen durch die Gesetzgebung soll u.a. der Wettbewerb
im Krankenhaussektor forciert werden. Eine der wichtigsten Gesetzesregelungen für
Krankenhäuser war die Einführung des neuen Entgeltsystems im Rahmen des GKV-
Gesundheitsreformgesetzes 2000, zum 1.Januar 2003 eingeführtes Fallpauschalensystem
durch die DRG´s (Diagnosis Related Groups).
2
Seit der einheitlichen Preisfestsetzung nach DRG´s müssen Krankenhäuser ihre realen
Kosten innerhalb ihrer Entgelte-Grenzen anpassen, um langfristig wettbewerbsfähig zu
bleiben. Daraus resultiert, dass eine verstärkte betriebswirtschaftliche Steuerung des
Leistungsangebots und eine Maximierung der Eigenwirtschaftlichkeit in den stationären
Einrichtungen gewährleistet werden muss.
3
Am 01. Dezember 2011 wurde das Versorgungsstrukturgesetzes im Deutschen Bundestag
verabschiedet, mit dem Ziel die Versorgung der Patienten noch stärker durch die
niedergelassenen Praxen zu fokussieren, und dadurch eine erhebliche Reduzierung
____________________
1
vgl. Ziegenbein, R. (2001). S. 2f.
2
vgl. Simon, M. (2010). S. 294f.
3
vgl. Pföhler, M.(2010).S. 38.
5

der Versorgung durch Krankenhäuser, wie zum Beispiel Bettenanzahlreduzierung durch den
Fokus auf ambulante Operationen, zu erzielen.
4
Gleichzeitig wurden im Jahr 2011 die Personalkosten in den Krankenhäusern um 3 Prozent
erhöht, die Inflationsrate lag bei 2,4 Prozent. Die Basisfallwerte sind dagegen nur um 0,3
Prozent gestiegen. Somit konnte keine Refinanzierung der erhöhten Kosten erzielt werden.
5
Mit den Maximen Wirtschaftlichkeit und Qualität durch die implementierten
Gesetzesregelungen auf dem Gesundheitssektor hat sich eine neue Einstellung zu
marktwirtschaftlichen und qualitätsbezogenen Prozessen entwickelt. Für die Akteure der
Mikroebene in Krankenhäusern besteht ein grundlegender Handlungsbedarf, angemessene
Steuerungsinstrumente einzusetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit und dadurch langfristige
Existenz der Krankenhäuser zu sichern.
6
Als ein mögliches Managementinstrument zur Steigerung und Sicherung von langfristiger
Wettbewerbsfähigkeit wird die Balance Scorecard (BSC) angesehen, sie wird überwiegend im
Zusammenhang mit dem Controlling von Veränderungsprozessen herangezogen. Mit der
Balanced Scorecard soll die Komplexität des Unternehmens identifiziert, strukturiert und
darauf aufbauend Ziele gesetzt werden. Dabei soll die Aufgabe der BSC die Vision und die
Strategie des Unternehmens in materielle Ziele zu identifizieren sein. Durch die vier
Betrachtungsperspektiven (Finanzen, Kunden, Prozesse, Lernen &Wachstum) könnte sich die
BSC insbesondere innerhalb eines organisatorischen Wandels als ein Steuerungsinstrument
für ein Krankenhaus gut eignen.
7
____________________
4
vgl. Kösters, R. (2013). S. 27.
5
vgl. Zach, M. (2011). S. 30.
6
vgl. Fischbach, P.; Spitaler, G. (2004). S. 13.
7
vgl. Vahs, D.(2012) S. 433.
6

1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
Ziel der Arbeit ist es zu prüfen, ob die Balanced Scorecard im Kontext der veränderten
Rahmenbedingungen auf dem Krankenhaussektor ein geeignetes Managementinstrument zur
Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit darstellt und somit die langfristige Überlebensfähigkeit
der Krankenhäuser gewährleisten kann. Ausgehend von der Darstellung der
demographischen Entwicklung in Deutschland wird im Kapitel 2 mit der Neuausrichtung der
Krankenhäuser auf die veränderten Bedürfnisse der Patienten eingegangen. Dabei werden die
gesetzlichen Rahmenbedingungen seit der Einführung der Diagnostic Related Groups
beschrieben. Die Auswirkungen auf dem Gesundheitssektor werden mit den Kerntrends im
Kapitel 3 skizziert. Vor diesem Hintergrund wird im Kapitel 4 die Balanced Scorecard als
mögliches Managementsystem detailliert vorgestellt, um diese im weiteren Kapitel auf ihre
Einsatzmöglichkeit im Zuge der Wettbewerbsfähigkeit in Krankenhäusern zu überprüfen. Auf
andere Managementkonzepte zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit wie zum Beispiel das
Lean Management, Kaizen, Retention Management, Employer Branding wird nicht näher
eingegangen.
Zur Überprüfung der Eignung der Balanced Scorecard im Krankenhaus wird im 5. Kapitel
ein fiktives Beispiel modelliert. Dabei werden anhand von festgelegten Zielen Strategien
entwickelt, die anhand von Kennzahlen auf allen vier Ebenen der Balanced Scorecard
kaskadiert werden. Das nächste Kapitel (Kapitel 6) widmet sich zwei Beispielen aus der
Praxis, dem Herz-und Gefäßzentrum Bern und der Sana Kliniken AG, die die Grundlage zur
Schlussfolgerung bildet.
Dabei wird das Pilotprojekt BSC des Schweizer Herz- und
Gefäßzentrum Bern vorgestellt und daraus resultierenden Defizite und mögliche
Optimierungsmaßnahmen aufgezeigt.
Bei dem Praxisbeispiel Sana Kliniken AG wird das
individuelle Balance Scorecard ­Konzept auf ihren Erfolg analysiert und interpretiert. Die
Fallbeispiele liefern einen Erkenntnisfortschritt, der in die abschließende Bewertung der
Anwendbarkeit der BSC in Krankenhäusern übernommen wird.
Aus der Darstellung der genannten Praxisbeispiele werden im Fazit (Kapitel 7) Rückschlüsse
gebildet, die in die Beantwortung der Forschungsfrage mit einfließen.
Es folgt eine
Bewertung des implementieren Managementkonzepts Balanced Scorecard im Krankenhaus
sowie daraus resultierende Handlungsempfehlungen für die Krankenhäuser. Die Chancen und
Risiken werden in die Diskussion mit einbezogen und auf die Vorteilhaftigkeit der Balanced
Scorecard hingewiesen.
7

2 Ausgangssituation
2.1 Die demographische Entwicklung
Der medizinische Fortschritt und eine veränderte Lebensweise und damit verbundene
reduziertere körperliche Belastung der Menschen führen zu einer kontinuierlichen Erhöhung
der Lebenserwartung. Mit steigendem Alter erhöht sich die Vielzahl von Erkrankungen
(Multimorbidität), das bedeutet, dass ältere Menschen eine höhere Behandlungshäufigkeit
aufweisen und dadurch höhere Kosten im Gesundheitswesen verursachen können.
8
Im Kontext des demographischen Wandels steigt also der medizinische Behandlungsbedarf
bei gleichzeitiger Senkung der Finanzierungsmöglichkeiten.
9
Durch die Verschiebung der Altersstruktur der Bevölkerung ändern sich auch die Anteile der
Krankenhausfälle nach einzelnen Altersgruppen. Wie Abbildung 1 verdeutlicht, wird
zukünftig mit einem Rückgang des Anteils der unter 40-jährigen Patienten und die Gruppe der
40-60 Jährigen (bis zum Jahr 2030) in allen Krankenhäusern in Deutschland gerechnet. Der
Anteil der 60- bis unter 80-jährigen Patienten wird bis zum Jahr 2030 um fast 42 Prozent
anwachsen. Bei den 80-jährigen Menschen wird eine Zunahme der Fälle prognostiziert,
sodass die Anzahl der Fälle seit dem Jahr 2008 mit 13,9 Prozent bis zum Jahr 2030 auf 20,7
Prozent ansteigt. Als Ursache für diese Entwicklung wird die Gesamtentwicklung der
Bevölkerung genannt (die geburtenschwachen Jahrgänge der Kriegs- und Nachkriegsjahre,
die geburtenstarken Jahrgänge in den 50-ern).
10
____________________
8
vgl. Statistische Ämter des Bundes und der
9
vgl. Neubauer, G. (2011). S. 43.
10
vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder.
8

Abbildung 1: Krankenhausfälle nach Altersgruppen (Status-Quo-
Szenario)
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Statistische Ämter des Bundes und der Länder
(2010)
Der zukünftige Mehrbedarf an medizinischen Leistungen resultiert auch aus der Zunahme
chronischer Erkrankungen der älteren Patienten. Die Bewältigung der veränderten
Patientenbedürfnisse bedeutet für die Krankenhäuser eine Neuausrichtung von
Leistungsangeboten.
11
2.2 Anpassungen an DRG-System
Im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform 2000 wurde politisch beschlossen, dass die
Vergütung der Krankenhausleistungen optimiert werden soll. Im Zuge dieser Änderung trat
zunächst freiwillig zum 1. Januar 2003 und dann verpflichtend zum 1.
____________________
11
vgl. Burkhardt, R (2005). S. 29. und Stüve, M. (2009). S. 53ff.
28,80%
24,20%
21,10%
22,90%
20,70%
16,60%
35%
35,60%
41,10%
13,90%
19,50%
20,70%
2008
2020
2030
80 und älter
60 bis unter 80
40 bis unter 60
unter 40
9

Januar 2004 ein durchgängig leistungsorientiertes und pauschalierendes Entgeltsystem für die
Vergütung allgemeiner Leistungen im Krankenhaus in Kraft. Damit wurde die Umstellung
des Entgeltsystems durch die Einführung der Diagnostic Related Groups (DRG) vollständig
abgeschlossen. Die bis dahin geltende Abrechnung nach Belegungstagen wurde somit
ersetzt.
12
Der Gesetzgeber zielte mit der Einführung der DRG auf die Erhöhung der Transparenz und
somit die Vergleichbarkeit der Krankenhausleistungen. Dadurch sollte der Wettbewerb
zwischen den Krankenhäusern forciert und gleichzeitig Kosten gesenkt werden.
13
Durch die Einführung der Leistungsvergütung nach DRG erfolgt also eine Spezifizierung,
indem Fallpauschalen, die auf Diagnosen bezogen werden, durch die Entgelte bestimmt
werden. Da der Preis pro Fallpauschale vorgegeben ist, sollte die Krankenhausleistung
zumindest längerfristig preisdeckend erfolgen. Anders als vor der Einführung der DRG
müssen sich aktuell und zukünftig Krankenhäuser mit dem wirtschaftlichen Wandel einem
Umdenken unterziehen. Sie müssen versuchen, den Vorstellungen zur Behandlung und den
von außen implizit über den Preis gegebenen Soll-Kostenvorstellung (Soll-Input) zu
entsprechen. Ein abgestimmtes Verhältnis von Wirtschaftlichkeit und Medizin ist nur bedingt
möglich zu erreichen, da die Qualität der medizinischen Versorgung weiterhin gewährleistet
werden muss, ungeachtet der ökonomischen Aspekte der Krankenhäuser. Wenn ein
Krankenhaus längerfristig finanzielle Defizite bei bestimmten Behandlungen aufweist, wäre
es zu überlegen, ob diese Leistungen oder Behandlungen noch weiterhin im Rahmen des
Versorgungsauftrages angeboten werden sollen.
14
Für die Abrechnung der stationären Leistungen bildet die wichtigste Grundlage die
Budgetvereinbarung zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen, in denen der
individuelle Basisfallwert (innerhalb der Konvergenzphase, danach Landesfallwert) festgelegt
wird, aus dem sich durch Multiplikation mit der bundesweit einheitlichen
____________________
12
vgl. Pföhler, M.(2010).S. 36f. und Bandemer, S.v.; Schwanitz, R.; Salewski, K.(2011). S. 27f.
13
vgl. Milski, F.(2010). S. 21f.und Kölking, H. (2007). S. 39.
14
vgl.
Rathje, E. (2007). S. 62ff.
10

Bewertungen der DRG die Fallpauschale (Normverweildauer) ergibt. Wenn diese in einem
Krankenhaus überschritten wird, führt dies zu Zuschlägen der jeweiligen Fallpauschale, bei
der Unterschreitung folgen dann die Abschläge der Fallpauschale, wie Abbildung 2
darstellt.
15
Abbildung 2: Entgelt in Abhängigkeit von der Verweildauer
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Milski (2010)
Die Folge der Einführung von DRG´s für Krankenhäuser ist die Notwendigkeit einer
effizienteren Leistungserbringung, denn die Leistung muss unter den DRG-Erlösen liegen und
weiterhin qualitativ hochwertig sein. Die Abweichung zwischen den Ist-Kosten und den
Fallpauschalen bedeutet für die Krankenhäuser entweder Gewinne oder Verluste. Damit wird
das finanzielle Risiko zunehmend auf die Krankenhäuser übertragen, so dass die
Organisationen sich wirtschaftlich und strategisch neu ausrichten müssen.
16
____________________
15
vgl. Milski, F. (2010).S. 129.
16
vgl. Hucke, D.(2010).S. 2 und S. 119.
Erlös
Verweildauer
Abschlag
Durch die DRG Fallpauschale
abgegolten
Zuschlag
untere
GVD
mittlere
VD
obere GVD
entlassende Patienten
verlegte Patienten
11

Zusammenfassend sollte das Krankenhausmanagement die Aktivitäten auf schnelleres,
effizienteres und innovativeres Agieren fokussieren. Ein Krankenhausunternehmen ist dann
erfolgreich, wenn die Geschwindigkeit der Anpassung höher liegt als die der Konkurrenten.
Dies kann zum Beispiel durch ein kostengünstigeres Leistungsangebot bei gleicher Qualität
als der Durchschnitt über den Überschuss erwirtschaftet werden.
17
3
Kerntrends im Healthcare-Sektor
Das Gesundheitswesen unterliegt permanent komplexeren Veränderungen und ist durch
Kerntrends gekennzeichnet. Diese Dynamik erfordert, dass Krankenhäuser strategisch
Handeln, die Veränderungen bzw. Wandel erkennen und die Tendenzen nutzen, um weiterhin
ihre Wettbewerbsvorteile sichern zu können. Aus der Abbildung 3 lassen sich die skizzierten
Kerntrends erkennen sowie daraus resultierenden Entwicklungsrichtungen.
18
3.1 Hyperwettbewerb
Durch die Privatisierung der Krankenhäuser sowie Deregulierung entsteht ein verstärkter
Wettbewerb (Hyperwettbewerb), die Unternehmen fokussieren sich auf die Kunden und
Patienten und streben die Gewinnung und Erweiterung ihrer Marktanteile an. Unter einem
hybriden Wettbewerb werden unterschiedliche Zwischenformen zwischen Kooperationen und
Hyperwettbewerb verstanden. Durch die Internationalisierung der Gesundheitsbranche treten
neue Akteure auf dem Gesundheitsmarkt (z. B. Pharmahersteller, Distributionsfirmen) auf
und somit bestehen die Möglichkeiten zur Kooperationen oder zur verstärkten Konkurrenz.
19
3.2 Shareholder-/Stakeholder-Dualismus
Durch den demographischen Wandel sind auch die Krankenhäuser gezwungen, effektiv und
effizient zu handeln, um ihre Kosten zu senken. In diesem Kontext erfahren die
Gesundheitseinrichtungen einen Shareholder-/Stakeholder-Dualismus, in dem sie einerseits
durch den staatlichen Versorgungsauftrag mit diversen Anspruchsgruppen
____________________
17
vgl. Busse, R.; Tiemann, O.; Wörz, M. (2009). S. 17.
18
vgl. Braun v. Reinersdorff, A. (2002). S. 15.
19
vgl. ebd. S. 16.
12

kooperieren müssen, andererseits entsteht ein Konflikt der Anteilseigner der
Gesundheitsinstitutionen, da sie wirtschaftlich nicht frei handeln können.
20
3.3 Anspruchsinflation der Kunden
Die Entwicklung der Marktliberalisierung im Gesundheitswesen führt zu einer
marktorientierten Unternehmensführung und somit verschiebt sich der Fokus auf die
Kundenwünsche und Bedürfnisse, dadurch entsteht eine Anspruchsinflation der Kunden
Abbildung 3: Kerntrends im Healthcare-Sektor
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Braun v. Reinersdorff (2002)
____________________
20
vgl. ebd. S. 17.
Deregulierung und
Privatisierung
Hyperwettbewerb
(inTeilbereichen)
Co-opetition (Hybrider
Wettbewerb)
Management- und
Org. Innovationen
,,Healthcare"
im Umbruch
Neue
Realoptionen
Industrielle und technologische
Konvergenz, z.B. IT,
Elektronik, Mikromechanik
Anspruchs-
inflation
Strategische Markt-
segmentierung
Kompetente
Finanzierungs-
vorgaben
Rationierung/
Rationalisierung
Revolutionäre
und inkrementelle
Innovationen
Internationalisierung
der
Gesundheitsbranche
Shareholder-/
Stakeholder-Dualismus
Kooperations- und
Konzentrations-
tendenzen
IT- und Prozess-
management als
Schlüsselpotentiale
Demographische
,,Zeitbombe"
13

und der Krankenkassen in Erwartung von höchstem Service bei geringeren Kosten. Die
Einflussgrößen technologischer Fortschritt und IT-Kommerz begünstigen den Umbruch im
Gesundheitswesen. Durch die immer kürzer werdenden Produkt-Leben-Zyklen, neue
Technologien, schnellere Datenverarbeitung, Implementierung von Prozessen müssen sich die
Einrichtungen im Gesundheitswesen den Veränderungen kontinuierlich anpassen und somit
ihre Existenz langfristig sichern.
21
4 Die Konzeption der Balanced Scorecard (BSC)
Die Balanced Scorecard wurde 1990 von dem Harvard-Professor Robert Kaplan und seinem
wissenschaftlichen Mitarbeiter David Norton in der Öffentlichkeit vorgestellt. Die
Konzeption der BSC entstand aus einer wissenschaftlichen Studie, die sich mit dem Thema
,,Measuring
Performance in the Organisation of the Future" (Messung der Darstellung einer
zukünftigen Organisation) beschäftigte.
22
Die Idee und das Konzept fanden auf dem wissenschaftlichen und praktischen Gebieten eine
starke Resonanz. In deutschsprachigen Raum sind zwei wesentlichen Entwicklungsrichtungen
beobachtbar:
Zahlreiche Unternehmungen verwenden die Balanced Scorecard als ein
strategisches Instrument, in dem eine der Perspektiven als Ziel definiert und
diese strategisch mit Kennzahlensystem ergänzt wird, die Verbindung des
Ziels und den Kennzahlen erfolgt durch die Strategy -Map ( Ursachen-
Wirkungsbeziehungen),
eine andere Entwicklungstendenz ist die, bei der die Balanced Scorecard zur
Interessenbalance diverser Anspruchsgruppen herangezogen wird, dabei
können die Führungs-Scorecard (Haus der Strategie) und die Berichts-
Scorecard (Kennzahlen werden zu den Führungszielen zusammengefasst)
definiert und daraus Ziele abgeleitet werden.
23
_____________________
21
vgl. ebd. S. 17.
22
vgl. Fischbach, P.; Spitaler, G. (2004). S. 17 und Pascher, D.; Ropers, J.; Zillmer, D. R.(2013). S. 227.
23
vgl. Schmidt, W.; Friedag, H. (2012). S. 29f.
14

4.1 Begriffsabgrenzung und Definition
Die Balanced Scorecard wird als ein Verbindungsglied zwischen der Strategiefindung und
Strategieumsetzung definiert, wobei neben den finanziellen Kennzahlen weiterhin die
Kundenperspektive, Prozessperspektive und eine Lern- und Entwicklungsperspektive
berücksichtigt werden.
24
Mit der Balanced (ausgewogen) Scorecard (Punkttafel) können finanzielle und nicht
finanzielle Kennzahlen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Die Balanced
Scorecard verbindet strategische Ziele mit operativen Aktionsbeschreibungen und daraus
abgeleiteten Maßnahmen und dient als Instrument zur Umsetzung von
Unternehmensstrategien.
25
Bei der BSC handelt es sich nicht um ein neues Kennzahlensystem, sie ist vielmehr als
strategisches Managementsystem zu definieren. Wie aus der Definition ersichtlich ist, werden
insgesamt vier Perspektiven zur Entwicklung der BSC herangezogen, somit entsteht eine
Ganzheitlichkeit des Konzepts, da lediglich die Erfassung von klassischen Finanzkennzahlen
nicht genügt, um eine aussagekräftige Antwort zur Wirtschaftlichkeitslage des Unternehmens
zu geben. Die erfolgskritischen Faktoren, wie zum Beispiel das Know-how im Unternehmen,
die Kunden und der Ablauf der Geschäftsprozesse, sind grade essenziell für die langfristige
Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.
26
4.2 Darstellung der Balanced Scorecard
Unter den aktuellen Wettbewerbsbedingungen in einem komplexen Umfeld sind für ein
Unternehmen die Zielbildung und Zielerreichung notwendig, um den Erfolg zu gewährleisten.
Durch die Balanced Scorecard kann mittels Mission und Vision der Organisationen eine
Strategie abgeleitet und ein übersichtliches Konzept von Zielen und Leistungsmessungen in
einem Managementsystem gebildet werden.
27
____________________
24
scorecard.htm.(22.02.2014).
25
vgl. Schwarz, M. P. (2009). S. 217.
26
vgl. Rüth, B. (2004). S. 7.
27
vgl. Morganski, B. (2003). S. 7.
15

Dabei wird die Strategie des Unternehmens aus vier unterschiedlichen Blickwinkeln
betrachtet:
28
1. Finanzen: ,,Wie sollen wir gegenüber Teilhabern auftreten, um finanziellen Erfolg zu
haben?"
Unter dieser Perspektive werden der finanzielle Erfolg und die Rentabilität der Organisation
aus der Sicht des Anteilseigners verstanden. Damit die Vision in die Realität umgesetzt
werden kann, werden zunächst finanzielle Bedingungen und Größen definiert. Klassische
Ziele sind zum Beispiel der Umsatz, cash flow, Budget, Jahresüberschuss et al.
29
2. Kunden: ,,Wie sol
len wir gegenüber unseren Kunden auftreten, um unsere Vision zu
verwirklichen?"
Auf dieser Ebene werden die Anforderungen der Kunden an das Unternehmen festgestellt,
diese können anhand von Messgrößen wie Kundenzufriedenheit, Qualität der Dienstleistung
identifiziert werden. Das Unternehmen richtet sich dann nach der Definition der Kundenziele
aus, sodass eine erhöhte Kundenzufriedenheit und somit ein positives
Wiedererkennungsmerkmal entsteht.
30
Dadurch kann eine langfristige Kundenbeziehung gewonnen, aufgebaut und gehalten
werden.
31
3. Interne Geschäftsprozesse: ,, In welchen Geschäftsprozessen müssen wir die Besten sein,
um unsere Teilhaber und Kunden zu befriedigen?"
Die Prozessperspektive dient der Abbildung von Kernprozessen, der Definition und daraus
resultierende Realisierung der Ziele aus Finanz- und Kundensicht. Dabei werden Kennzahlen
und Ziele formuliert, die zur Erfüllung von Kundenerwartungen und Erwartungen der
Anteilseigner notwendig sind, um daraus eine Strategie abzuleiten.
32
____________________
28
vgl. Breisig,T.; König, S.; Rehling, M. et al.(2004).S. 12.
29
vgl. ebd. S. 12. und Greischel, P. (2003).S. 7.
30
vgl. Breisig,T.; König, S.; Rehling, M. et al.(2004) S. 12.
31
vgl. Busse, R.; Schreyögg, R.; Stargardt, T.(2013). S. 191.
32
vgl. Mahammadzadeh, M. (2003). S. 13.
16

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783958206205
ISBN (Paperback)
9783958201200
Dateigröße
4.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft in Bremen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
3
Schlagworte
DRG-System Gesundheitswesen Health-Care-Sektor Kerntrend Krankenhausführung
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