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Kuba - Die Welten zwischen "Libreta" und "CUC": Bedeutende wirtschaftliche und soziale Entwicklungen auf Kuba bis heute

©2013 Bachelorarbeit 67 Seiten

Zusammenfassung

Oldtimer, Zigarren und Rum. Das ist für die Meisten die perfekte Beschreibung für Kuba. Allerdings verbirgt sich hinter der antiken Fassade eine sozialistische Leitung, deren Geschichte in der vorliegenden Studie von ihren Anfängen bis heute durchleuchtet wird. Der Fokus liegt dabei auf bedeutenden wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen auf Kuba im Rahmen des sozialistischen Systems und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung.
Zunächst stellt die Studie fest, dass die Gründe, welche die Durchsetzung des sozialistischen Systems in Kuba überhaupt möglich machten, zum größten Teil in der Geschichte des Inselstaates zu finden sind. So war Kuba seit seiner Entdeckung erst der Abhängigkeit von der Kolonialmacht Spanien und später den USA unterworfen. Innenpolitisch folgte in dem krisengeschüttelten Land, in welchem die Unterschiede zwischen arm und reich fast täglich größer wurden, eine Diktatur der nächsten. Daher fanden die sozialistischen Versprechungen Fidel Castros, von nun an Freiheit, Gleichheit und Selbstbestimmung walten zu lassen, viel Zuspruch in der Bevölkerung. Die Studie erläutert, wie das stark kritisierte Kuba langsam versucht, sich mit Reformen an die westliche Welt "anzupassen". Zudem wird die Frage beantwortet, ob sich dieser Versuch tatsächlich in der Praxis umsetzen lässt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3. Begriffserklärung „Sozialismus“

Der Begriff „Sozialismus“ stammt aus dem Lateinischen („socialis“) und bedeutet sinngemäß „kameradschaftlich“. Der Sozialismus als politische Weltanschauung zielt in der Theorie darauf ab, „eine solidarische Gesellschaft zu schaffen, in der die Grundwerte Freiheit und Gleichheit verwirklicht werden.“ (Vgl. Schubert & Klein 2011) So wie der Liberalismus, welcher die Betonung der Freiheit des Einzelnen gegen die staatliche Gewalt widerspiegelt und auch der Konservatismus, welcher die Erhaltung und den Wieder­herstellungswunsch der alten politischen Ordnungsmodelle verfolgt, gehört der Sozialismus zu den relevantesten ideologischen Strömungen der letzten Jahrhunderte. (Vgl. Schneider & Tokya-Seid 2013)

Oftmals wird die Bezeichnung „Sozialismus“ für unterschiedliche Bedeutungen verwendet, so dass sich eine befriedigende Klärung des Begriffs nicht leicht finden lässt:

“Der Begriff ist heute kaum mehr eindeutig und inzwischen uferlos ausgeweitet. Sozialismus wird dabei für verschiedene politische Ziele und Inhalte kontinuierlich umdefiniert und angepasst.“ (Endruweit & Trommsdorff 1989: 611)

3.1 Reformsozialismus und revolutionärer Sozialismus

Um den Sozialismus weiter zu erklären, werden nun zwei relevante Strömungen miteinander verglichen: der Reformsozialismus und revolutionärer Sozialismus. Die wirtschaftliche Umsetzung des Sozialismus gewinnt Anfang des 19. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung. Mit dem Beginn der Industrialisierung und der daraus resultierenden Verarmung und Ausbeutung der Arbeiterschaft bilden sich die ersten Gewerkschaften und weitere sozialistisch gefärbte politische Gemeinschaften. (Vgl. Schubert & Klein 2011)

Laut Meinung vieler Sozialisten seien die Kapitalisten und Besitzer der Produktionsmittel, wie zum Beispiel Fabrikeigentümer, Ausbeuter des Proletariats, somit der Arbeiterklasse, da sie die vom Lohn abhängigen Arbeiter zur Erwirtschaftung ihres Gewinns ausnutzen würden, ihnen jedoch nur einen Bruchteil von diesem bezahlten. (Vgl. Marx & Engels 1998: 26-27)

„7. Frage: Wodurch unterscheidet sich der Proletarier vom Sklaven? Antwort: Der Sklave ist ein für alle Mal verkauft. Der Proletarier muss sich täglich und stündlich selbst verkaufen.“ (Marx & Engels 1998: 60)

Laut Karl Marx (geboren am 5. Mai 1818 in Trier; gestorben am 14. März 1883 in London), dem berühmten Philosophen, Sozialwissenschaftler und Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft seiner Zeit und einem der wichtigsten „Väter des Sozialismus“, sei der Sozialismus eine „Zwischenordnung“, die zum endgültigen Ziel letztlich den Kommunismus habe, in welchem es weder einen Staat, Geld, noch einen Anführer gibt. (Vgl. Marx & Engels 1998: 69-78)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kommt es daher zur Teilspaltung der vorherrschenden sozialistischen Ideologie, und es bilden sich zwei Grundanschauungen heraus, die für das spätere globale Geschehen von hoher Wichtigkeit sein sollten: Zum einen der Reformsozialismus, der dem Gedanken einer Demokratie nicht abgeneigt ist, solange die solidarischen Werte eingehalten werden und für eine Beseitigung der Ungerechtigkeiten im Staat gesorgt wird; und zum anderen der revolutionäre Sozialismus, der einen radikalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruch befürwortet, im äußersten Falle auch unter dem Einsatz von Gewalt, wie man beispielsweise eindrucksvoll im Fall von Kuba sehen konnte.

(Vgl. Schubert & Klein 2011)

3.2 Merkmale des Sozialismus

Um einen Staat auch wirtschaftlich als sozialistisch einordnen zu können, muss er bestimmte Merkmale aufweisen. Im Wesentlichen sind es sieben Basiselemente, die das System der sozialistischen Wirtschaft (Planwirtschaft) bestimmen. Der Autor Werner Gumpel hat in seinem Buch „Sozialistische Wirtschaftssysteme“ folgende benannt:

1. „Das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln

Das private Eigentum an den Produktionsmitteln ist mit ganz wenigen Ausnahmen beseitigt. Damit ist die marxistische Forderung, dass die „Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt werden müsse, erfüllt.“ (Gumpel 1983: 20-21)

2. „Die zentrale Planung und Leistung des Wirtschaftsprozesses

An die Stelle der privaten Unternehmer ist der Staat getreten. Mit Hilfe seiner zentralen Organe plant und leitet er den gesamten Wirtschaftsablauf. Wichtigstes Instrument ist dabei die Staatliche Plankommission. Der Staat entscheidet mit Hilfe seiner Organe, was in welchen Mengen produziert werden soll. Das bedeutet ein hohes Maß an Zentralisierung der Wirtschaftsentscheidungen. Der Marktmechanismus ist ausgeschaltet.“ (Gumpel 1983: 21)

3. „Die zentrale Preissetzung

Da ein Markt in unserem Sinne fehlt, werden die Preise administrativ errechnet und von den dafür zuständigen Behörden verbindlich festgesetzt. Preisschwankungen, wie sie das marktwirtschaftliche System charakterisieren, würden einen planmäßigen Wirtschaftsablauf und eine geplante Wirtschaftsentwicklung unmöglich machen.“ (Gumpel 1983: 21-22)

4. „Zentrale Allokation der Produktionsfaktoren

Das Planungsprinzip erfordert auch eine zentrale Allokation der Produktionsfaktoren. Das betrifft besonders die Kapitalallokation. Die Entscheidung über die Investitionen kann in einer Planwirtschaft nicht den Wirtschaftssubjekten überlassen werden, da sich die Wirtschaft nach den Zielvorstellungen der staatlichen Planbehörde entwickeln soll.“ (Gumpel 1983: 22)

5. „Sozialistischer Wettbewerb

An die Stelle des freien Wettbewerbs, tritt im sozialistischen Wirtschaftssystem der sozialistische Wettbewerb. Es handelt sich hierbei um einen Wettstreit zwischen verschiedenen Organisationseinheiten der Arbeit (Arbeiter, Produktionsbrigade, Unternehmen, usw.) um vorfristige Planerfüllung und Verbesserung der Produktqualität.“ (Gumpel 1983: 22)

6. „Ungleichgewichtiges Wirtschaftswachstum im Rahmen der Industrialisierungs­politik

Ein Postulat der sozialistischen Entwicklungspolitik ist die Bevorzugung der Investitionsgüter- und Grundstoffindustrien (Produktionsabteilung A) vor der Konsumgüterindustrie (Produktionsabteilung B). Dies bedeutet eine nachhaltige Beeinflussung und Umgestaltung der Wirtschaftsstruktur, bei einem Ungleichgewicht zwischen Investitionsgüter- und Konsumgüterindustrie.“ (Gumpel 1983: 22)

7. „Das Außenhandelsmonopol

Es ergibt sich aus der zentralen Planung der Volkswirtschaft und ist ebenfalls in der Verfassung der meisten sowjetsozialistischen Staaten festgeschrieben. Wenn der gesamte Wirtschaftsablauf geplant wird, kann den Unternehmen nicht gestattet werden, selbstständig Außenwirtschaftsbeziehungen einzugehen. Damit würde der Planungsablauf nicht mehr garantiert sein.“ (Gumpel 1983: 22)

3.3 Gleichheit und Wohlfahrt für alle

Ein weiterer, bereits genannter zumindest theoretischer Aspekt eines sozialistischen Staates ist die Gleichheit. Dies bedeutet in diesem Fall u.a., dass alle Bürger des Staates das gleiche Einkommen, unabhängig von ihrem beruflichen Status, erhalten und auch prinzipiell gleich behandelt werden sollen und damit dieselben Rechte besitzen. (Vgl. Valentin 1989: 121); Anonym 2007: 5)

Ein solcher Staat bietet seinen Bürgern manchmal auch verschiedene Leistungen an, wie z.B. ein kostenloses Bildungs- und Gesundheitssystem oder auch Wohlfahrtsleistungen für die Kranken und Schwachen (z. B. DDR, Kuba).

3.4 Minimierung der Klassenverhältnisse

Da es im Sozialismus kein Privateigentum an Produktionsmitteln und damit auch keine privat geführten Firmen und Fabriken gibt, gibt es hier keine besondere Aufteilung der Klassen (z.B. Kapitalisten – Arbeitgeber), sondern eine solidarische Verschmelzung aller Bürger zu mehr oder weniger einer Klasse. (Vgl. Marx & Engels 1998: 66-67)

3.5 Realsozialismus

In den 1970er Jahren kam der Begriff des „Realsozialismus“ auf, der die Widersprüchlich­keit zwischen sozialistischer Vision und dem tatsächlich umgesetzten und „gelebten“ Sozialismus betonte. (Vgl. Gossweiler 2012)

„Diese Beifügung ergab sich daraus, dass die Nichtübereinstimmung von Ideal und Wirklichkeit immer deutlicher sichtbar und spürbar geworden war und einer Erklärung bedurfte.“ (Gossweiler 2012)

Außerdem zeichneten sich die realsozialistischen Staaten zumeist auch durch eine Ein-Parteien-Herrschaft und der für den Sozialismus typische Planwirtschaft aus. Beispiele für solche Staaten waren: Die Deutsche Demokratische Republik (DDR), die meisten Staaten des sogenannten „Ostblocks“ vor Zusammenbruch der Sowjetunion, Kuba, sowie China, welches heute noch in seiner Sonderform als teilsozialistisch gilt. (Vgl. Gumpel 1983: 20; Gossweiler 2012)

3.6 Zusammenfassung

Abschließend ist festzuhalten, dass der Sozialismus laut Karl Marx eine „Zwischenstufe“ des Kommunismus darstellt und in der Theorie nach Freiheit und Gerechtigkeit für alle strebt. Erreichbar sei dies, indem die „Herrschaft des Menschen über den Menschen“ abgeschafft und das Privateigentum verstaatlicht wird. Das wichtigste Wirtschaftsmerkmal für den Sozialismus ist dabei die Planwirtschaft mit ihren verschiedenen Facetten. Trotzdem gehen die Theorie und die Umsetzung des Sozialismus zum größten Teil weit auseinander.

Um der Beantwortung der Fragestellung dieser Arbeit ein Stück näher zu kommen wird nun im folgenden Kapitel aufgezeigt wie sich der Sozialismus in Kuba entwickelt hat und ob das grundlegende Motto von „Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit“ erfolgreich umgesetzt werden konnte.

4. Sonderform „kubanischer Sozialismus“

Abbildung 1: Das Konzept der Revolution

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle:http://www.pcc.cu/conceptorev.php

Auf dem Bild sieht man Fidel Castro Ruz, wie er am 1. Mai 2000 eine Rede hält zum internationalen Feiertag, dem Tag der Arbeit, auf der Plaza de la Revolución in Havanna. Er spricht in seiner Kundgebung unter anderem über die Bedeutung der kubanischen Revolution und das sie die Basis für den kubanischen Sozialismus darstellt.

4.1 Erste Schritte in die sozialistische Wirtschaft

Im Teil der kubanischen Geschichte wurden zuvor schon einige wirtschaftliche und soziale Punkte genannt, deren Erläuterung nun in chronologischer Reihenfolge folgen. Bereits im Jahre 1925 wurde die erste kommunistische Partei Kubas „Partido Comunista de Cuba“ gegründet. Es sollte jedoch noch bis zum Jahre 1959 andauern, bis sich der Sozialismus durch die Revolution politisch manifestierte. (Vgl. Internetquelle 7; Internetquelle 8)

4.1.1 Die erste Agrarreform

Noch im selben Jahr entstand das Nationale Institut für Agrarreformen, INRA (Instituto Nacional de Reforma Agraria), welches, mit Fidel Castro als Vorsitzendenden, zu Beginn gleich über 44 % der Agrarwirtschaft (Plantagen) auf Kuba verstaatlichte um das Land dann gemäß des „Gleichheitsprinzips“ unter den Landwirten aufzuteilen. Dabei war die Größe des Landes auf 405 ha pro Person beschränkt. Auch die restlichen 57 % der Agrarflächen, die noch nicht offiziell verstaatlicht waren, galten an sich schon fast als staatliches Eigentum, da die INRA den noch „freien“ Bauern nur dann Kredite gewährte, wenn ihre Bedingungen eingehalten wurden. Diese erste Agrarreform ermöglichte es mehr als 100.000 Kleinbauern kostenfrei Land zur Bewirtschaftung zu erhalten. Auch wurden Saisonarbeiter nun ganzjährig beschäftigt und erhielten eine soziale Absicherung sowie die Möglichkeit eine Schule und einen Arzt bei Bedarf zu besuchen. Dies war vor der Revolution undenkbar. Somit wurde in diesem Zuge Lebensstandard der Landbevölkerung drastisch verbessert. (Vgl. Gelius 2013: 316-317; Internetquelle 18; Publikation 6 a: 2)

4.1.2 Die Industrie

Die Industrie wurde, diesmal unter der Zuständigkeit von Ernesto „Che“ Guevara, umstrukturiert. Dies beinhaltete die Nationalisierung von kapitalistischen Betrieben, unter anderem auch jener unter US-Amerikanischer Leitung, sowie die Verstaatlichung von privatem Grundbesitz, welches ebenso den Privatgrundbesitz der Familie Castro umfasste. Im selben Zuge baute die Regierung Wohnsiedlungen um ein Gleichgewicht zwischen der Stadt- und der ehemals benachteiligten Landbevölkerung zu schaffen mit dem Ziel die Lebensbedingungen der Gesamtbevölkerung auf einen gemeinsamen Standard zu bringen. (Vgl. Gelius 2013: 316-317; Internetquelle 18; Amann 2007 a)

4.1.3 Der Bildungssektor & Das Gesundheitssystem

Auch der Bildungssektor wurde reformiert, indem Schulen verstaatlicht wurden (Verbot von privaten und religiösen Schulen) und landesweit eine sogenannte „Alphabetisierungs­kampagne“ gestartet wurde, da Kuba vor 1959 knapp eine Million Analphabeten verzeichnete. Für Fidel Castro war der Einfluss auf die Jüngsten von größter Bedeutung, da er das sozialistische Gedankengut so früh wie möglich an die Bevölkerung weitergeben wollte. Am 22. Dezember 1961 lies Fidel Castro feierlich verkünden, dass Kuba ein vom Analphabetismus befreites Territorium sei. Derartige auf dem sozialistischen Prinzip der „Chancengleichheit“ beruhende Erfolge ließen selbst kritische Stimmen im Land zumindest etwas leiser werden. (Vgl. Hoffmann 2009: 79; Internetquelle 18; Gelius 2013: 319)

Ähnlich erfolgreich verlief die Umstrukturierung des Gesundheitssystems, dessen Verbesserung kaum anzuzweifeln ist: Waren Arztbesuche zuvor meist ein Privileg der Mittel- und Oberschicht gewesen, konnte sich nun jeder kostenfrei behandeln und impfen lassen. Die Kindersterblichkeit sank enorm und die Anzahl der Krankenhäuser und der hochqualifizierten Ärzte im Land sowie die durchschnittliche Lebenserwartung stiegen in die Höhe. Generell war es für den Einzelnen nun möglich in Berufszweige, die ihm aufgrund seiner „Klasse“ sonst verwehrt geblieben wären, aufzusteigen. (Vgl. Gelius 2013: 319; Internetquelle 19)

4.1.4 Die Einführung der Libreta de Abastecimiento

Durch das in vorherigen Jahren verhängte Handelsembargo, ungünstige Planung sowie schlechter Ernten wurde aus der Notlage heraus, am 12. März 1962, die sogenannte „Libreta de Abastecimiento“ eingeführt. Hierbei handelte es ich um eine Art „Rationierungsheftchen“ in welchem die Abgabe der rationierten Lebensmittel, die jeder Kubaner in gleichem Maße subventioniert erhielt, dokumentiert wurde. (Vgl. Gelius 2013: 317-318)

Abbildung 2: Außenhülle der Libreta Abbildung 3: Seite einer Libreta

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle (Abb.2 & 3): Selbst fotografiert am 28.05.2013 in Havanna

4.1.5 Die zweite Agrarreform

Im Jahre 1963 wurde an die erste Agrarreform wieder angeknüpft und die Verstaatlichung im Land weiter vorangetrieben: Der private Landbesitz wurde nun von 405 ha auf ca. 65 ha pro Person limitiert, zudem gingen die übrigen Wirtschaftssektoren ebenfalls komplett in die Hände des Staates über. Zu diesem Zeitpunkt wurden, 20% der Flächen von 160.000 Kleinbauern bewirtschaftet, welche der Nationalen Vereinigung der Kleinbauern, ANAP, (Asociación Nacional de Agricultores Pequeños) angehörten. Die Hauptproduktion belief sich in dieser Zeit auf die Exportgüter wie zum Beispiel die Produktion von Zucker. Außerdem wurden chemische Dünger und Maschinen für den Anbau verwendet. Im selben Zuge wurde auch die Strom und Wasserversorgung für die Landbevölkerung verbessert bzw. neu errichtet. Zu diesem Zeitpunkt war Kuba ebenfalls auf Importe der UDSSR angewiesen, sodass Veränderungen in jenem Bereich sofort zu spüren waren. Allerdings gab es bei der Verteilung der Arbeitskräfte Probleme. Da die Landbevölkerung nun oftmals gebildet war suchte sie sich qualifizierte, weniger kräftezehrende Arbeit in der Stadt. Des Weiteren durfte ab 1964 kein privates Land sowie Grundstücke verkauft werden, es konnte lediglich an Verwandte übergeben oder an den Staat verkauft werden. Auch wurde es Ausländern ab 1965 untersagt kubanisches Land zu besitzen. (Vgl Gelius 2013: 318; Publikation 6 a: 2-6; Publikation 6 b: 1)

4.1.6 Maßnahmen zur Wirtschaftssteigerung

Aufgrund der zuvor genannten miserablen wirtschaftlichen Lage wurde das Land von der ebenfalls sozialistischen Sowjetunion lange Zeit subventioniert. Auch fand der Zucker- und Rohölaustausch zu vergünstigten Konditionen statt. (Vgl. Publikationen 6 b: 1) Um die Wirtschaft auch innerhalb der Landesgrenzen anzukurbeln setzte Fidel Castro auf die direkte Finanzierung der Staatsbetriebe durch den Staat selbst. Dies beinhaltete den Versuch eine Importersatzindustrie aufzubauen, zum Beispiel im Bereich der Lebensmittelproduktion indem jene in „Eigenregie“ zu bewerkstelligen und den Exportbereich zu erweitern. Außerdem wurde der sogenannte „Einheitslohn“ eingeführt, unter der sozialistischen Zielsetzung dass jeder Arbeitnehmer, unabhängig von seiner Stellung, denselben Lohn erhält, gerecht wird. Die „Arbeit“ wurde zum zentralen Thema: Jeder gesunde Kubaner im arbeitsfähigen Alter musste eine Erwerbstätigkeit nachweisen. (Vgl. Göthner 1992: 23-24; Gelius 322-324; Valentin 1989: 121)

„Die neue Strategie und die neuen Handelsbeziehungen mit den sozialistischen Staaten zeigen positive Resultate: Für die Jahre 1963-1970 weisen die offiziellen Statistiken ein jährliches Wachstum von 5,3% aus.“ (Hoffmann 2009: 93)

4.1.7 1970 – Das Jahr der Gran Zafra und ihre Auswirkungen

Da Kuba sich bei der Sowjetunion verschuldet hatte, entschied Fidel Castro, die Schulden einfach in Zuckerrohr abzubezahlen: (Vgl. Internetquelle 5)

„Zehn Millionen Tonnen Zucker setzten die ehrgeizigen Wirtschaftsplaner in Havanna als Soll der "Gran Zafra" (Große Ernte) fest, 2,7 Millionen Tonnen mehr, als je auf Kuba gewonnen wurden (1952), und 3,2 Millionen Tonnen über der Norm des besten Fidel-Jahres 1960.“ (Internetquelle 5)

Geplant war die Abnahme der Hälfte des Zuckers durch die Sowjetunion; ein weiterer Teil sollte an die übrigen europäischen sozialistischen Handelspartner gehen sowie an Westeuropa zum dreifachen des damaligen Weltmarktpreises. Der übrige Teil sollte den Eigenbedarf der Insel decken. Die Moral des Volkes wurde bestärkt, Kampagnen wurden initiiert und jeder, der arbeiten konnte, wurde auf die Zuckerrohrplantagen gebracht, um das ehrgeizige Ziel, das Kubas Stärke und Unabhängigkeit demonstrieren sollte, zu erreichen. Das Ziel wurde jedoch um 1,5 Millionen Tonnen verfehlt. Daraufhin bot Fidel seinen Rücktritt an. (Vgl. Gelius 2013: 318; Internetquelle 18; Internetquelle 5)

„Erst für die Dekade nach 1975 sieht Fidel die Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung. Einen erneuten Zafra-Klimmzug wird es, so verhieß er, vorerst nicht geben. „Völlige Übereinstimmung zwischen dem kubanischen Volk und seinen Führern" meldete letzten Dienstag Radio Havanna. Castro bleibt. Das Volk nennt ihn nun "pobrecito" - den "armen Kleinen".“ (Internetquelle 5)

Im Zuge der „Gran Zafra“ waren die übrigen Wirtschaftssektoren außer Acht geblieben, und deren Vernachlässigung läutete die aufkommende Wirtschaftskrise Kubas ein. Nach dieser Niederlage war die Sowjetunion nicht mehr bereit, finanzielle Experimente dieser Art zu unterstützen. (Vgl. Internetquelle 18; Internetquelle 5; Gelius 2013: 333-334)

4.1.8 Zurück zur „trockenen“ Planwirtschaft – RGW - Verfassung

Die kubanische Wirtschaftsordnung, mit ihren feurigen Parolen (z.B. Castro's „socialismo o patria“, „socialismo o muerte“), ihren kurzsichtigen Ideen und Planungen, siehe „Gran Zafra“, musste nun der eher bodenständigen, trockenen und herkömmlichen Planwirtschaft einen Versuch geben. Außerdem trat das sozialistische Land 1972 dem Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) bei, der einen Wirtschaftsverband für sozialistische Staaten darstellte. Daraufhin verbesserte sich die Wirtschaftslage des Landes Schritt für Schritt und 1976 wurde, wie im geschichtlichen Teil dieser Arbeit bereits erwähnt, die neue Verfassung Kubas veröffentlicht. (Vgl. Rodríguez 2008; Amann 2007 a; Gelius 2013: 328-329)

„Das geltende Wirtschaftssystem wird als „sozialistisch“ deklariert (Art.14); als seine Grundlage wird das sozialistische (!) Eigentum an den „Produktionsmitteln“ sowie die Beseitigung der „Ausbeutung“ des Menschen durch den Menschen, angegeben.“ (Schröder & Meissner 1978: 344)

4.1.9 Die Eröffnung von „Mercados Libres Campesinos“

In den folgenden Jahren lockerte Castro, ganz nach sowjetischem Vorbild, die Zügel ein wenig und erlaubte, von 1980-1986, freie Bauernmärkte „Mercados Libres Campesinos“, die nach dem alten Gesetz von Angebot und Nachfrage funktionierten. Es zeichnete sich ein Wachstum der Landwirtschaftsproduktion ab, welches auf den internen Bedarf zurückzu­führen war. Somit mussten innerhalb dieser Zeitspanne weniger Lebensmittel importiert werden. Außerdem entwarf er einen Fünfjahresplan, der unter anderem den Lohn des Arbeitsnehmers stärker an dessen tatsächlichen Arbeitsleistung koppelte (knapp 10% mehr) um die Arbeitsmoral der Kubaner zu stärken. Zudem konnten von nun an leistungsschwache Erwerbstätige entlassen werden. Das Prinzip der zum größten Teil unproduktiven „Vollbeschäftigung“ wurde somit entschärft. (Vgl. Internetquelle 19; Arzuaga 2000; Gelius 2013: 334-335)

Diese neuen Freiheiten führten allerdings nicht nur zu Vorteilen: Da ein Kubaner auf einem solchen Markt deutlich mehr verdienen konnte als in einer staatlichen Arbeitsstelle, wurde das Prinzip der „Gleichheit“ in Kuba angekratzt. Castro handelte und verbot diese Märkte kurz darauf (1986) wieder, um einen noch sozialistischeren Kurs einzuschlagen bzw. um Kubas Weg wieder zurück zum ursprünglichen Sozialismus zu lenken. Jene Maßnahmen werden als „Fehlerbehebung“, „el proceso de rectificación de errores y tendencias negativas“, bezeichnet. Trotz all dieser Maßnahmen konnte der kaum vorbereitete Führer Kubas allerdings nicht verhindern, dass die außenpolitischen Ereignisse das Land in eine tiefe Krise stürzten. (Vgl. Arzuaga 2000; Gelius 2013: 343-346)

4.2 Beginn der Sonderperiode – Die Zeit für angemessene Reformen

Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem damit verbundenen Wegfall des Ostblocks als Handelspartner begann eine schwierige Zeit für Kuba. Es kam zu Versorgungsproblemen und einem immensen wirtschaftlichen Einbruch: (Vgl. Internetquelle 20, Amann 2007 a)

„Die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Entwicklung waren katastrophal. Die auf jährlich eine Milliarde US-Dollar geschätzten Transferleistungen der UdSSR fielen ebenso abrupt weg wie die Präferenz- und Fixpreise innerhalb des RGW, mit dem Kuba bis dahin etwa 85 Prozent des Außenhandels abwickelte. Nahrungsmittel, Ersatzteile für den aus Osteuropa stammenden Maschinenpark und vor allem Erdöl mussten auf einmal zu Weltmarktpreisen eingekauft werden.“ (Widerrich 2011)

Auch das Stromnetz und der Personennahverkehr brachen zum größten Teil zusammen. Somit war Kuba von diesem Zeitpunkt an gezwungen den Weg mit neuen Reformen zu pflastern. (Vgl. Amann 2007 a; Gelius 2013: 358)

4.2.1 Erlaubter Devisenbesitz - „Dollarstores“ – „Trabajo por cuenta propia“

Unter anderem wurde den Touristen erlaubt mit US-Dollar zu zahlen. Diese Erlaubnis wurde am 26.07.1993 auf die Bevölkerung ausgeweitet. Die ausländischen (meistens US-amerika­nischen) Gelder, die viele Kubaner von ihren im Exil lebenden Freunden und Verwandten geschickt bekamen, sollten auf diese Weise in die Regierungskasse fließen. Zu diesem Zweck lies Castro sogenannte „Dollarstores” eröffnen, in denen attraktivere, nicht alltägliche Artikel, wie zum Beispiel Haushaltswaren oder höherwertige Kosmetik, nur in Dollar bezahlen konnten. Der Dollar war nun als Zahlungsmittel akzeptiert. (Vgl. Gelius 2013: 359-360)

Da es allerdings um Kubas eigene Währung, dem kubanischen Peso (CUP), auch vor dem Beginn dieser Periode nicht zum Besten stand, gestaltete sich außerdem die Suche nach neuen, passenden Handelsverbündeten mehr als schwierig. “Während der sowjetischen Ära mussten sich die Kubaner keine Sorgen um den Bedarf an Lebensmitteln machen.” (Kieselmann 2008: 11) Dies war nun anders geworden, die Pro-Kopf-Kalorienaufnahme sank drastisch. Also versuchte Castro es im Jahre 1993 mit weiteren Umstrukturierungs­maßnahmen, die dieses Mal den Privatsektor stärken sollten, er erlaubte die selbstständige Arbeit, „el trabajo por cuenta propia”. Fidel erhoffte sich dadurch die Entstehung vieler neuer Arbeitsplätze. Allerdings behielt er auch hier die gesetzlichen Rahmenbedingungen fest im Blick, so dass die Selbstständigen hart besteuert wurden und die Vermarktung des „eigenen Gewerbes” stark begrenzt war. Trotzdem gingen viele Kubaner in den privaten Sektor. (Vgl. Gelius 2013: 357-359; Internetquelle 20; Navarro Jurado 2012)

4.2.2 Die dritte Agrarreform

Da die chemischen Dünger und das Kraftfutter im Zuge des Importverlustes wegfielen, tauschte man jene durch Weiden, und Ochsen und Pferde zunächst als „Ersatztraktoren“ aus. Von diesem Zeitpunkt an gilt Kuba als vollkommen organischer Produzent. Die im Jahr 1992 durchgeführte Verschärfung des US-Embargos, namens „Cuban Democracy Act“, führte außerdem auch dazu, dass sich die Landwirtschaft umorientieren musste zur „Selbstversorgung aus eigenen Mitteln“. Im darauffolgenden Jahr unterstützte China Kuba mit 60.000 Fahrradrikschas für den Gütertransport in der Landwirtschaft, sowie mit Fahrrädern als Ersatz für den eingeschränkten Busverkehr. (Vgl. Benenson House 2009: 10-11; Gelius 2013: 358; Publikation 6 b)

1993 wurden dann Staatsfarmen in sogenannte UBPCs, Unidades Básicas de Producción Cooperativa, umgewandelt. Das Land bleibt dabei weiterhin im Besitz des Staates, es wird jedoch unbefristet und kostenlos an die Bauern verpachtet. Jene müssen dann mit dem Staat Verträge schließen um fixe Produktionsmengen einzuhalten. Somit durchlief der Landwirtschaftssektor eine Art „Dezentralisierung“, denn die Planung und Verwaltung ging in die Hände der Bauern über. Die Anbauprodukte änderten sich, und es wurde nun mehr Obst und Gemüse statt Zuckerrohr kultiviert. Da der Erfolg dieses „Projekts“ allerdings ausblieb, entschied man sich im Oktober 1994, ähnlich wie einige Jahre zuvor, für eine Lockerung der Zügel und erlaubte private Agrarmärkte, “mercados agropecuarios” auf denen im Überschuss produzierte Lebensmittel verkauft werden durften. 121 Bauernmärkte wurden wiedereröffnet. Außerdem entstanden in diesem Sektor „Organopónicos“, organische städtische Gärten von denen direkt an Märkte und Verkaufsstände verkauft wurde. (Vgl. Gelius 2013: 357-359; Publikation 6 b)

4.2.3 Ausländische Kapitalförderung

Selbstverständlich war Castro weiterhin auf der Suche nach neuen Handelspartnern und fand Wege diese „anzulocken“:

„Um Investoren ins Land zu holen, schuf man ein neues Investitionsgesetz, das als eines der liberalsten in Lateinamerika gilt. Als flankierende Maßnahmen wurde der Außenhandel entflochten, das Bankenwesen reformiert, neue Zollregelungen verabschiedet, Freihandelszonen geschaffen sowie zahlreiche bilaterale Investitions­schutzabkommen abgeschlossen.“ (Widerrich 2011)

Insbesondere Investoren aus dem touristischen Bereich, oft auch aus dem europäischen Ausland, wurden von diesen Änderungen angezogen, so dass der Tourismus bald einen der wichtigsten Wirtschaftssektoren im Land darstellte. Als Hauptinvestoren agierten hier Spanien und Kanada, allerdings investierten auch 100 weitere Länder in Kuba. Die lukrativste Variante seit Anfang der Neunziger für die Ausländer ist hier die Gründung von „Joint-Ventures“. Ein Beispiel hierfür ist das Hotel „Meliá-Cohiba“ in der Hauptstadt Havanna, welches eine Spanisch-Kubanische Fusion darstellt. Im Vorfeld muss jedoch die „ausländische Investition“ vom kubanischen Wirtschaftsministerium zugelassen werden. Abgesehen vom Tourismus gab es auch diverse andere Bereiche, die von ausländischer Kapitalkraft angetrieben wurden, wie z.B. die Telekommunikation und die Erdölförderung. Auch hier waren Kanada und Spanien wertvolle Investoren, aber auch Italien und Venezuela investierten Kapital und förderten damit unter anderem auch den Rohstoffabbau. (Vgl. Koch 1993; Diaz 2006; Internetquelle 13; Navarro Jurado 2012; Kubisch 2001)

4.2.4 „CUC“ ersetzt den Dollar

Somit hatte sich das Wirtschaftsklima insgesamt Dank der bereits genannten Reformen um einiges, seit Beginn der Sonderperiode in Friedenszeiten, verbessert. Diese Erholung nutzte die Regierung aus um sich wieder ein Stück an die herkömmliche Planwirtschaft anzunähern. Dies geschah indem sie ab 2003 die privatwirtschaftlichen Tätigkeiten einschränkte und ab 2004 den Dollar als Zahlungsmittel und die Kontoführung in der US-Amerikanischen Währung verbot. Im selben Jahr wurde der Dollar komplett vom 1994 nach und nach eingeführten CUC ersetzt. Dies ist zugleich die Geburtsstunde des dualen Währungssystems, welches noch heute in Kuba herrscht. Von diesem Zeitpunkt an galt für die Bevölkerung der „CUP“ als offizielles Zahlungsmittel und der „CUC“, der konvertierbare kubanische Peso, als Zahlungsmittel für die Touristen. Dabei entspricht 1 CUC einem US-Dollar bzw. ca. 25 kubanischen Pesos (CUP). Der Dollar erhält seine Wichtigkeit rein durch seine Tauschmöglichkeit in CUC mit einer 10% hohen Verzinsung (Strafzoll). Der CUC-Besitz und auch die Zahlung mit CUC sind den Einheimischen jedoch nicht verwehrt. „Dank“ diesem dualen Währungssystems konnte an Kubas schönsten Orten schnell und preiswert eine touristische Infrastruktur geschaffen werden. (Vgl. Gelius 2013: 359-360; Publikation 4: 14; Amann 2007 a)

4.3 Der Machtwechsel

Der tatsächlich größte politische Wandel in langer Zeit vollzog sich jedoch erst gegen Ende der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts: 2008 teilte Fidel Castro in den Printmedien mit, dass er aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes nicht erneut um die Ämter des Staatspräsidenten und Oberkommandierenden kandidieren wolle. Zuvor hatte er sich bereits krankheitsbedingt öfter von seinem Bruder Raúl vertreten lassen. Wenige Tage später wurde sein Bruder Raúl vom Parlament zu seinem Nachfolger gewählt. Im selben Jahr führte er, als einer seiner ersten Maßnahmen, die Autorisierung von Besitz und Verkäufen von Haushalts- und weiteren Elektronikgeräten, sowie von Handys, durch. (Vgl. Gelius 2013: 373-373; Risco 2013; Gelius 2013: 375; Lacey 2008)

4.4 Naturkatastrophen – schwache Infrastruktur - Weltwirtschaftskrise

2008 war allerdings auch das Jahr, in dem klar wurde, das Kubas Fokus auf den Tourismuszweig zwar in “guten Zeiten” funktionierte, in “schlechteren Zeiten” aber schnell wegzubrechen drohte. Ein Beispiel hierfür war Hurrikan “Ike”, der Kuba im Jahr 2008 erreichte und den Inselstaat in großem Ausmaß verwüstete:

“Foreign tourists were pulled out from vulnerable beach resorts, workers rushed to protect coffee plants and other crops, and plans were under way to distribute food and cooking oil to disaster areas.” (Peterkin 2008)

Auch fünf weitere Wirbelstürme hatten in Folge, zum ersten Mal in der Geschichte Kubas, das Festland erreicht. So wie der Sturm “IKE” gab es auch zwei weitere dieser “Hurrikane­kette” der Windstärke 3 bis 5 welche das Land im hohen Ausmaße verwüsteten. Das Zitat der Wissenschaftlerin und Autorin Armelia Rosenberg Weinreb zeigt ebenfalls wie immens die Schäden in dem infrastrukturell ohnehin schon gebeutelten Land, auf dessen Straßen, u.a. am Malecón, der Uferspromenade in Havanna, Schlaglöcher zu finden und hin und wieder Häuser eingestürzt, waren. Ein weiterer Faktor der zu dieser Zeit viele ausländische Kapitalgeber fern hielt war die Weltwirtschaftskrise, die im selben Jahr stattfand. Die Insel selbst wurde, wie alle Länder der Welt, von der Krise hart getroffen und versuchte mittels Verringerung der Importe und Erhöhung der Exporte sowie durch die zeitweise Sperrung ausländischer Konten, seine Liquidität zu erhöhen. (Vgl. Internetquelle 6; Internetquelle 21)

4.5 Die vierte Agrarreform

Im Juli 2008, bevor die Hurrikane das Land verwüsteten, wurde jedoch die vierte Agrarreform verabschiedet, in der Klein-und Neubauern brachliegendes Land zugeteilt bekommen sollten, sowie Kredite und Landwirtschaftszubehör versprochen wurde. Auch diese Reform hat keine Früchte getragen und stattdessen mangelte es weiterhin an genügend Maschinen, Ausrüstung und einer laufenden industriellen Infrastruktur, die benötigt wurde um die Landwirtschaft in Schwung zu bekommen. (Vgl. Kaufmann 2012)

4.6 Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der kubanische Sozialismus zu Beginn mit Verstaatlichungen und der Errichtung des kostenlosen Bildungs- und Gesundheitssystems, sowie der Einführung des Einheitslohns und der Alphabetisierungskampagne am Aufbau des herkömmlichen sozialistischen Prinzips festgehalten hat. Durch Fehlplanungen, wie der Gran Zafra, und äußere Einflüsse, wie die verhängten US-Embargos in den Jahren 1960, 1961, 1962, 1992, und 1996, sowie dem Zusammenbruch der UDSSR, der Weltwirtschafts­krise und Naturkatastrophen wurde die Regierung allerdings dazu gezwungen, den Sozialismus anhand von Reformen anzupassen und zu modifizieren um die Importeinbußen, Exportausfälle und schlechte Ernten zu verkraften. Daher mussten Wege, die für den Sozialismus nicht üblich sind, eingeschlagen werden um die Wirtschaftslage des Landes zu stabilisieren. Einige dieser Kompromisse, wie der Dollarbesitz, wurden wieder Rückgängig gemacht, andere wie die Öffnung des Tourismus wiederum nicht.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958206632
ISBN (Paperback)
9783958201637
Dateigröße
5.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Kommunismus Fidel Castro Raúl Castro La Libreta Wirtschaftsreform

Autor

Jasmin M. García, B.A., ist eine junge Autorin mit spanischen, lateinamerikanischen sowie orientalischen Wurzeln. Ihr Studium der Mehrsprachigen Kommunikation mit dem Schwerpunkt Wirtschaft an der Fachhochschule Köln schloss die Autorin im Jahr 2013 mit dem akademischen Grad des Bachelors of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums erwarb sie umfassende Kenntnisse der lateinamerikanischen Geschichte und Wirtschaftssituation des Landes. Fasziniert von der kubanischen Kultur, entschied sich die Autorin, das Thema Kuba im vorliegenden Buch zu erörtern. Um die Besonderheiten des Landes kennenzulernen und die aktuelle Situation wiedergeben zu können, reiste die Autorin zu Recherchezwecken im Jahr 2013 mehrere Male in die Hauptstadt 'La Habana’.
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Titel: Kuba - Die Welten zwischen "Libreta" und "CUC": Bedeutende wirtschaftliche und soziale Entwicklungen auf Kuba bis heute
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