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Die kulturellen Gemeinsamkeiten der Staaten Österreich und Deutschland: Eine Analyse des germanischen Clusters nach GLOBE

©2014 Bachelorarbeit 73 Seiten

Zusammenfassung

In Zeiten zunehmender Globalisierung gewinnt ökonomische Intensivierung und territoriale Ausbreitung des Wettbewerbs der Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Nicht nur große Konzerne, sondern vermehrt auch mittelständische und kleinere Betriebe richten ihre Aktivitäten global aus. Dies führt zu einer Zunahme der Wertigkeit kultureller Einflüsse auf die Führung dieser Unternehmen.
Die GLOBE-Studie ist ohne Zweifel ein bedeutender Beitrag, um die aufgeworfenen Fragen dieser globalisierten Welt verstehen und interpretieren zu können. Um die Komplexität der Studie zu reduzieren, wurden sogenannte Länder-Cluster eingeführt. Die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz wurden beispielsweise aufgrund ihrer kulturellen Ähnlichkeit in ein ‚Germanisches Cluster‘ zusammengefasst. Ziel ist die Durchführung einer Kulturstudie in den Ländern Deutschland und Österreich zur Untersuchung des Clusters und die Betrachtung etwaiger Unterschiede, die anschließend in Beziehung zur GLOBE-Studie gesetzt werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3. Kulturstudien

Im Forschungsbereich der Kulturen gibt es weltweit zahlreiche relevanten Studien. Als Beispiele hierfür können unter anderem jene von Hofstede, 1980; Schwartz, 1992; Smith, Dugan & Trompenaars, 1996; die Globe Study von House et al., 2004 oder die European Values Study initiiert von Kerkof und de Moor genannt werden.

Im Folgenden werden zwei dieser Studien herangezogen, um nach einer theoretischen Beschreibung der Grundprinzipien in weiterer Folge auf die einzelnen Cluster der GLOBE Studie, die für die empirische Erhebung von Relevanz sind.

Ausgewählt wird die mehr als 45 Jahre zurückliegende, jedoch am häufigsten zitierte Quelle im Social Citation Index und somit eine der einflussreichsten Arbeiten auf diesem Gebiet der Forschung, nämlich die Studie der Kulturdimensionen von Hofstede, die er in seinem Buch „Culture´s consequences“ zum ersten Mal veröffentlichte (vgl. Fang 2003, p. 347).

Als Hauptbestandteil dieses Kapitels werden im Folgenden die Hofsted‘sche Studie und die Studie von GLOBE (House et al.) näher beschrieben, die zwar beide auf dem Prinzip der Bildung von Kulturdimensionen basieren, ausgewählte Dimensionen der Globe Studie jedoch ihren Ursprung im Werk von Hofstede finden, sodass die zusammenhängende Betrachtung dieser beiden Studien als sinnvoll erachtet wird (vgl. Chhokar/Brodbeck/House (2008), p. 4.).

3.1. Kulturstudie nach Hofstede

3.1.1. Konzeption

Einer der meist beachteten und diskutierten Studien in der Untersuchung verschiedener Kulturen ist der Ansatz des niederländischen Forschers Geert Hofstede. Seine Studie bleibt bis heute aufgrund des enormen Umfanges einzigartig (vgl. Fischlmayr/Kopecek 2012, S. 140.).

Im Rahmen dieser Studie wurden bei dem global agierenden Konzern IBM (International Business Machines Corporation) in den Jahren 1967 bis 1973 insgesamt 117.000 Mitarbeiter in 72 verschiedenen Ländern bzw. Sprachen anhand eines Fragebogens zu derzeitig vorherrschenden Werthaltungen befragt (vgl. Hofstede 2001, p. 39).

Die Auswertung dieser umfangreichen Befragung präsentierte vier Kulturdimensionen, die sich mit Werthaltungen und Vorstellungen unterschiedlicher Kulturen vergleichen lassen. Für die Evaluation der Langzeit- und Kurzzeitorientierung, führte der Chinese Value Study eine fünfte Dimension ein, die allerdings in der IBM-Umfrage aufgrund des damalig vorherrschenden Denkens in West und Ost keine Rolle spielte. (vgl. Hofstede, 2001, p. 351.) Die folgenden fünf Kulturdimensionen dienen in der Hofsted‘schen Studie als Analyseinstrument, um einen Überblick über die kulturellen Aspekte einer Nation gewinnen zu können.

3.1.2. Dimensionen

Machtdistanz (Power Distance)

Wir betrachten in dieser Kulturdimension die Akzeptanz der Ungleichverteilung von Macht innerhalb einer Gesellschaft. Prestige und Besitz sind Indikatoren für die Verteilung von Macht und schaffen durch ihre ungleiche Verteilung eine große Machtdistanz, die sich besonders deutlich durch Statussymbole und in Führungspositionen abzeichnet. Länder mit flachen Hierarchien, in denen Mitarbeiter vermehrt in Entscheidungsprozesse eingebunden werden, weisen eine deutlich geringere Machtdistanz auf (vgl. Fischlmayr/Kopecek 2012, S.140).

Unsicherheitsvermeidung (Uncertain Avoidance)

In dieser Dimension werden Kulturen in als risikofreudig, risikoneutral oder risikoscheu bewertet. Konfuse und unbestimmte Situationen machen den Grad der Unsicherheitsvermeidung in den Kulturen sichtbar und zeigen, dass Länder mit einem hohen Bedürfnis nach Sicherheit Regeln und Gesetze aufstellen, um solchen Situationen möglichst gewachsen zu sein, im Gegensatz zu Ländern mit einer niedrigen Unsicherheitsvermeidung, die diesen Situationen mit Gelassenheit und Flexibilität begegnen (vgl. Hofstede 1984, S.110).

Individualismus (Individualismus vs. Kollektivismus)

Wie wird ein Individuum in eine Gesellschaft integriert? Diese Frage beantwortet sich in der Betrachtung der Art und Weise, wie die Menschen miteinander umgehen. Die individualistische Gesellschaft stellt den Einzelnen in den Vordergrund, das heißt der Mensch sorgt sich zuallererst um sich selbst. Jedoch ist die gegenseitige Hilfe innerhalb sozialer Netzwerke das Merkmal einer kollektivistischen Gesellschaft (vgl. Hofstede 1984, S. 148).

Masculinity (Maskulinität versus Femininität)

Die Verteilung der Geschlechterrollen spielt in dieser Dimension die zentrale Rolle. Kommt es zu einer klaren geschlechterspezifischen Rollenverteilung, so spricht man von einer maskulinen Gesellschaft. Richtungsweisend für diese Ausrichtung der Kultur sind Begriffe wie Wettbewerb, Durchsetzungsfähigkeit Leistungsorientierung, Karriere und Materialismus. Im Gegensatz hierzu sind in feminin geprägten Kulturen die Menschen eher warmherzigkeit, bescheiden, fürsorglich und beziehungsorientiert (vgl. Hofstede 1984, S. 176).

Langzeitorientierung vs. Kurzzeitorientierung (long-term vs. short-term orientation)

Die fünfte und letzte Hofsted'sche Dimension beschäftigt sich mit dem von den Menschen akzeptierten Ausmaß der verzögerten Befriedigung ihrer sozialen, emotionalen und materiellen Bedürfnisse. In Kulturen mit Kurzeitorientierung erfährt vor allem der Respekt vor Traditionen, das Wahren des eigenen Gesichts und die Erfüllung von sozialen Pflichten

eine außerordentlich hohe Bedeutung, ganz im Gegensatz zu Ländern mit Langzeitorientierung, die auf langfristigen Erfolg gepolt sind und dies mit Zielbewusstsein und Sparsamkeit erreichen wollen (vgl. Hofstede, 2006, S.292).

3.1.3. Zusammenfassung und Kritik

Über die damals neuartige und mit großem Einfluss auf die Kulturforschung ausgestattete Studie von Hofstede lässt sich in der gängigen Literatur auch einiges an Kritik finden. Die hervorstechendste hiervon verfasst der Autor Brendan McSweeney im Jahr 2002 und veröffentlicht diese in einem Artikel der Zeitschrift Human Relations. Die Wahl des Umfrageinstrumentes - ein Fragebogen - hält er für eine Kulturstudie deplatziert, kritisiert außerdem die Vereinheitlichung von Personen innerhalb einer Nation mit der Begründung der Vielsichtigkeit innerhalb der Staaten (vgl. Hofstede (2002), S.1356). Der Rückschluss von einem Unternehmen zu einem Staat - also die Forschung im Rahmen eines Unternehmens, bewertet er als ebenso ungeeignet wie auch die geringe Anzahl von Kulturdimensionen als zu vereinfacht und pauschalierend (vgl. Hofstede (2002), S.1356).

3.2. Kulturstudie nach GLOBE

Die Frage nach Ähnlichkeiten und Unterschieden innerhalb verschiedener Kulturen, nach Zusammenhängen gesellschaftlicher Kulturen und deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und dem damit verbundenen Wohlergehen der in dieser Gesellschaft lebenden Bevölkerung lässt eines der derzeit umfassendsten Projekte im Bereich der kulturvergleichenden Studien entstehen: das Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness Research Program, kurz GLOBE (vgl. House, R. J., 2004 (a), S.10). Robert House, Professor an der Universität von Pennsylvania, initiiert im Jahr 1991 das in mehrere Phasen durchgeführte Projekt, dessen beide erste Phasen sich über eine Dauer von zehn Jahren erstrecken (1993-2003). Während dieses Zeitraums wurde das Studienkonzept erarbeitet und über 17.000 Manager in 62 Gesellschaften aus 951 Unternehmen der Bereiche der Finanz-, Lebensmittel- und Telekommunikationsindustrie befragt (vgl. House, 2004 (b), S.29).

3.2.1. Konzeption und Durchführung

In der ersten Phase wurden unter Berücksichtigung von qualitativen wie auch quantitativen Methoden die Instrumentarien zur Durchführung der Studie erarbeitet und festgelegt sowie eine umfassende Datenbank eingerichtet, in die Daten aus anderen Studien eingespeist wurden, um deren etwaigen Einfluss auf den untersuchten Sachverhalt zu eruieren

(vgl. House, 2004 (a), S.15). 170 ausgewählte Sozialwissenschaftler aus 40 untersuchten Ländern, sogenannte Country Co-Investigators (CCI´s), partizipierten zudem an diesem Projekt und definierten in Kooperation für die GLOBE-Studie relevante Begriffe

( vgl. House, 2004 (c), S. 97). Hervorzuheben ist hier die verwendete Definition des Begriffes Kultur:

„shared motives, values, beliefs, identities, and interpretations or meanings of significant events that result from common experiences of members of collectives that are tranmitted acrossgenerations.” ( aus House, 2004 (a), S.15)

Das von Robert House geleitete Forschungsteam hat in der Vorbereitungsphase der geplanten Befragung die in der Studie als Kulturdimensionen bezeichneten unabhängigen Variablen kreiert. Als Ergebnis werden in der GLOBE Studie insgesamt neun verschiedene Kulturdimensionen genannt. Die Erarbeitung dieser Variablen erfolgte theoretisch

( vgl. Hanges, 2004, S.124). Konkret heißt dies: Es wurden untersuchte Gegenstände definiert, konkretisiert und statistisch analysiert anschließend die Daten gesammelt und ausgewertet ( vgl. Hanges, 2004, S.123).

Um die definierten Kulturdimensionen zu überprüfen, wurde ein aus 735 Items, je als Quartett zusammengefasst, bestehender Fragebogen entwickelt (vgl. House, 2004 (a), S.11).

Die Studie unterscheidet grundsätzlich die jeweilige Kultur in zwei Ebenen, die gesamtgesellschaftliche Ebene mit deren Organisationsebene. Ebenso eruiert wird die jeweilige Ebene der vorhandenen kulturellen Praxis und die kulturellen Wertvorstellungen (vgl. House, 2004 (a), S.21).

Ausformuliert bedeutet dies dann eine Befragung nach dem „Ist- Zustand“ („as is“) und zusätzlich nach dem Soll–Zustand („as should be“). Ein weiterer Teil der Untersuchung sind noch die jeweilig praktizierten und gewünschten Leadership-Stiele untersucht, auf die aber in dieser Arbeit nicht näher eingegangen wird.

Resultierend aus dem dieser Arbeit zugrunde liegende Fokus der kulturellen Aspekte werden beispielhaft die folgenden zwei Fragen angeführt: ( vgl. Javidan, M., 2004 (b), S. 246)

1. In this society, leaders encourage group loyalty even if individual goals suffer.
2. I believe that in general, leaders should encourage group loyalty even if individual goals suffer.

Die Gruppen der Befragten wurden wie folgt aufgeteilt: (vgl. House, 2004, S.98f)

Während die erste Gruppe die Items betreffend der Organisationsebene beantworteten, stellte sich die andere Gruppe Fragen zur gesellschaftlichen Kultur. Als zusätzliche Maßnahme zur Überprüfung der Antworten wurden die Items in die englische Sprache rückübersetzt.

Und kam es hierbei zu Schwierigkeiten, wurden Änderungen veranlasst oder einzelne Fragen eliminiert (vgl. Hanges, 2004, S.126).

Für den Vergleich der definierten Kulturdimensionen wurde in der ersten Phase der GLOBE-Studie Skalen entwickelt, für die Messung derselben eine 7-Punkte-Skale, die im verwendeten Fragebogen so aussah: (vgl. Emrich, 2004, S.361)

1 = starke Übereinstimmung,

4 = ein Mix aus Beidem

7 = starke Ablehnung.

Um die Vorgehensweise der Studie zu überprüfen, wurden zwei Pilotstudien initiiert, in denen 1.943 Personen befragt wurden (vgl. House, 2004 (c), S.96). Wenn man zu den befragten Personen aus den Testläufen die aus der zweiten Phase der GLOBE-Studie befragten 15,427 Personen addiert, kommt die GLOBE-Studie auf die Gesamtzahl von 17.370 teilnehmenden Personen.

Dieses Sample setzt sich zusammen aus befragten Personen von insgesamt unterschiedlichen Unternehmen, mit jeweiligem Firmensitz im untersuchten Kulturkreis, die mithilfe der geschichteten Stichproben – Methode ausgewählt wurden. Die Gruppen setzten sich zusammen aus Gesellschaften, Individuen, Organisationen und Industriezweige, die folgenden Ansprüchen genügen mussten: (vgl. House, 2004 (c), S.96)

a) Die Befragten sollten im mittleren Management arbeiten.
b) Mehr als eine Person der jeweiligen Organisation sollte befragt werden.
c) Mehr als zwei Unternehmen der drei Industriezweige müssen „gesamplet“ werden.
d) Mehr als zwei der drei Industriezweige müssen für jede Gesellschaft gefunden werden.

3.2.2. Ländercluster in der GLOBE-Studie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Gupta, Vipin: Metaconfiguration of GLOBE Societal Cultures, 2004, S.201

Bei kulturvergleichenden Studien ist die Aufteilung der untersuchten Länder in sogenannte Ländercluster ein gängiges Vorgehen. Dieses Prinzip fand auch in der GLOBE-Studie Anwendung (vgl. Gupta, 2004 (b), S.201). Die Forscher unterteilen die 69 untersuchten Länder in 10 verschiedene Cluster, wobei ausschlaggebende Variablen für die Einteilung einerseits Ergebnisse aus früheren Arbeiten waren, andererseits Merkmale wie Sprache, Religion, arbeitsverwandte Werte und Vorstellung, aber auch geschichtliche Hintergründe (vgl. Gupta, 2004 (b), S.183).

Bei einer später durchgeführten Diskriminanzanalyse zur Validation der Ergebnisse anhand der neun in der Studie verwendeten Kulturdimensionen ergab sich für 59 der 61 Länder eine Reliabilität von 96,7% hinsichtlich der Richtigkeit der vorgenommen Einteilung

(vgl. Gupta, 2004 (b), S.201). Schlussfolgernd wurde deshalb angenommen werden, dass die theoretische Einteilung der Länder mit einer hohen empirischen Wahrscheinlichkeit abgesichert werden konnte.

Weitere durchgeführte Differenzierungen ergaben für etwa 69% der untersuchten Länder eine gelungene Einteilung in das jeweilige Cluster. Jedoch fielen Länder zweier Ländergruppen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in benachbarte Cluster, wie "germanische" Länder oder "nordische" oder auch andere afrikanische Sub-Sahara Staaten (vgl. Gupta, 2004 (b), S.190f).

Aufgrund dieser Ergebnisse wird in der hier vorliegenden Arbeit das „germanische Cluster“ anhand einer Studie in den Städten Stuttgart und Wien näher untersucht und somit die empirischen Befunde der GLOBE-Studie erneut betrachtet (siehe Kapitel 4).

3.2.3. Archivierte Daten von GLOBE

In der ersten Phase der Globe-Studie wurde eine hohe Menge an externem Datenmaterial gesammelt und archiviert. Beteiligt waren: World Values Surveys (WVS), United Nations (UN), Weltbank, International Institute for Management (IMD) aus der Schweiz und World Economic Forum (WEF) (vgl. Javidan, 2004 (a), S. 104).

Die Daten der Weltbank gaben vor allem Auskunft über demographische und wirtschaftliche Merkmale, des Weiteren diente den Autoren der Human Development Index (HDI) und der Human Development Report der UN als Quelle (vgl. Javidan, 2004 (a), S.106).

Unabhängig davon veröffentlichten das IMD und das WEF globale Wettbewerbsindikatoren, auch wurden aus der WVS einzelne Bestandteile entnommen und in diese Variablen jeweils als Konstrukte zusammengefasst. Folgende Items können deshalb beispielhaft angeführt werden: (vgl. Javidan, 2004, S. 109 - 117)

- Erfolg („achievement“)
- Religion und Geschlechtergleichberechtigung („gender equality“)
- wirtschaftliche Produktivität („economic productivity“)
- psychische Gesundheit („psychological health“)
- Familie und Freunde („family and friends“)
- Wettbewerbsfähigkeitsindex des WEF („competitiveness”)
- gesellschaftliche Unterstützung für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit („societal support for economic competitiveness“)
- Erfolg in der angewandter Forschung („success in applied science“)
- Erfolg in Grundlagenforschung („success in basic science“)
- menschliche Gesundheit („human health“)
- Lebenserwartung („life expectancy“)
- politische Ideologie („political ideology“)

Mit diesen externen Indikatoren wurden dann jeweils die Ergebnisse der von GLOBE untersuchten Kulturdimensionen verglichen, um mögliche Wechselwirkungen herauszuarbeiten und interpretieren zu können.

3.2.4. Kulturdimensionen

Von insgesamt neun untersuchten Dimensionen der GLOBE-Studie, basieren die ersten sechs Kulturdimensionen auf der Studie Hofstedes, wobei die Skalen der ersten drei Dimensionen die gleichen Konstrukte widerspiegeln: (vgl. House, 2004 (a), S.11-13).

1. Unsicherheitsvermeidung (Uncertainty Avoidance)
2. Machtdistanz (Power Distance)
3. Institutioneller Kollektivismus (Institutional Collectivism)
4. Gruppen- und familienbasierter Kollektivismus (In-Group Collectivism)
5. Geschlechtergleichheit (Gender Egalitarianism)
6. Durchsetzungsfähigkeit (Assertiveness)

Um die Dimensionen von Hofstede zu erweitern, wurde seine Individualismus-Dimension durch den Einsatz einer Faktorenanalyse in zwei Kollektivismus-Konstrukte aufgeteilt. Zusätzlich wurde der Maskulinitätsindex aufgrund fehlender Konstruktvalidität in die Dimensionen Geschlechtergleichheit und Durchsetzungsfähigkeit aufgesplittet

( vgl. House, 2004 (a), S.13). Außerdem stellten die Autoren der GLOBE-Studie fest, dass die von Horsteden benutzte Items nicht nach femininen und maskulinen Kulturen unterscheiden (vgl. Den Hartog, 2004, S. 401).

Die Dimensionen sieben bis neun, wie folgt, gehen auf die Forschungen von Kluckhohn, Strodtbeck, McClelland und Putnam zurück (vgl. House, 2004 (a), S.13):

7. Zukunftsorientierung (Future Orientation)
8. Leistungsorientierung (Performance Orientation)
9. Zwischenmenschliches Verhalten (Humane Orientation)

Im Folgenden werden die neun Dimensionen nun näher betrachtet:

Unsicherheitsvermeidung:

Die Dimension der Unsicherheitsvermeidung beschreibt das Ausmaß, in welchem Mitglieder eines Kulturkreises auf akzeptierte Normen und Rituale vertrauen, um Unsicherheit vermeiden zu können. Kulturen mit einem hohen Grad an Unsicherheitsvermeidung versuchen, die Möglichkeit unvorhersehbarer Entwicklungen in der Zukunft weitestgehend zu eliminieren. Zur Messung dieser Dimension wurden insgesamt vier Items herangezogen. Diese sollen den Grad messen, in dem das Leben der Menschen in dieser Kultur strukturiert, vorhersehbar und geordnet ist (vgl. Luque, 2004, S.618 – 620).

Machtdistanz

Die Dimension der Machtdistanz untersucht die Verteilung von Macht und Einfluss, die in höheren Ebenen konzentriert ist, und die damit verbundene Akzeptanz der. Zur Messung dieser Dimension wurden Items abgefragt, die den Zusammenhang zwischen Macht-Konzentration und der daraus resultierenden Privilegierung herstellen und deren wechselseitige Beeinflussung aufzeigen. Ebenso wurden Fragen gestellt, die Aufschluss über zwischenmenschliches Verhalten in Bezug auf Machtunterschiede geben. (vgl. Dale, 2004, S.537) Um Machtdistanz von Unsicherheitsvermeidung strikt trennen zu können, wurden Items, die auf formalisierte Regeln und Prozeduren abzielen, nicht für die Machtdistanzdimension verwendet (vgl. Dale, 2004, S.538).

Institutioneller Kollektivismus

Die Dimension des institutionellen Kollektivismus wird anhand der institutionellen Praktiken von Organisationen und Gesellschaften und deren Umgang mit der kollektiven Verteilung von Ressourcen und das kollektive Handeln dieser untersucht. Obwohl diese Dimension schon mehrmals in Fachliteratur zu finden ist, sind bei der GLOBE-Studie einige Besonderheiten auffällig. GLOBE unterscheidet als erste Studie zwischen praktiziertem und erwünschtem Kollektivismus. In vorangegangen Studien wurden entweder nur die Werte der Gesellschaft untersucht oder aber die Manifestationen von Kultur in einem Konstrukt

(vgl. Gelfand, 2004, S. 463) .

Die Aufspaltung dieser Dimension in institutionellen Kollektivismus und Gruppenkollektivismus liefert den Forschern aufschlussreiche Ergebnisse auf diesem Themenfeld, das mithilfe von vier Fragen untersucht wurde, die sich auf die Loyalität zur Gruppe auf Kosten des Individuums beziehen. Außerdem wird untersucht, ob das Wirtschaftssystem eher individuelle oder kollektive Interessen fördert, den Menschen die Akzeptanz durch andere Gesellschaftsmitglieder wichtig ist und ob Individualismus oder Gruppenkohäsion in der jeweiligen Gesellschaftsform bevorzugt (vgl. Gelfand, 2004, S. 463) .

Gruppenkollektivismus

Vier Items der GLOBE-Studie verdeutlichen, dass im Gegensatz zur Dimension des institutionellen Kollektivismus in der Dimension des Gruppenkollektivismus folgende Merkmale im Vordergrund stehen: die Einstellung der Mitglieder einer Kultur in Bezug auf die praktizierte Zusammengehörigkeit in der Gesellschaft und die vorhandene Loyalität und der Stolz der Mitglieder auf ihre jeweilige Organisation oder Familie (vgl. Gelfand, S.463).

Zu erwähnen ist, dass die Fragen vor allem auf den elterlichen Stolz auf die Leistungen des Kindes abzielten sowie die Bereitschaft zur späteren elterlichen Aufnahme in den Haushaltes des Kindes.

Geschlechtergleichheit

Die Dimension der Geschlechtergleichheit untersucht die Unterschiede der Geschlechterrollen und die damit verbundene Beseitigung dieser durch die Gesellschaft. In der GLOBE- Studie genießt diese Dimension besondere Beachtung.

Die 7-Punkteskala des von GLOBE verwendeten Fragebogens beinhaltet einen konzeptuellen Unterschied zu den anderen von anderen Studien angewandten Skalen. Der Großteil der hier verwendeten Items zielt darauf ab, herauszufinden, ob in den abgefragten Situationen eher Frauen oder Männer in einer Gesellschaft bevorzugt behandelt werden.

Als Beispiel kann hierfür folgende Frage angeführt werden:

„In this society, who is more likely to serve in a position of high office?”

(vgl. Emrich, 2004, S.360)

Der Wert 1 auf der angegeben Skala repräsentiert eine Tendenz zu Männern, wohingegen der Wert 7 zu Frauen tendiert. Ein Wert von 4 bedeutet also in diesem Fall eine faire Aufteilung der Chancen zwischen Frauen und Männern. In einer Gesellschaft, die ein sehr hohes Ergebnis in dieser Dimension erzielt, werden somit Frauen stärker „bevorzugt“ und vice versa.

Durchsetzungsfähigkeit

Anhand der Dimension der Durchsetzungsfähigkeit wird der Umgang der Menschen innerhalb einer Kultur miteinander untersucht. Unterscheidungen können in dieser Dimension mit den Attributen aggressiv, selbstsicher oder auch konfliktbereit beschrieben werden. Durch die Berücksichtigung dieser Dimension durch GLOBE verschafft sich die Studie ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen kulturvergleichenden Studie ( vgl. Emrich, 2004, S.361).

Zukunftsorientierung

Diese Dimension, die in einer kulturvergleichenden Studie zum ersten Mal eruiert wird, zeigt auf, in welchem Ausmaß Mitglieder einer Gesellschaft Aktivitäten und Investitionen in die Zukunft verschieben, das heißt ob in der untersuchten Gesellschaft im Allgemeinen eher der Status Quo bewahrt wird und primär eher aktuelle Probleme gelöst werden oder ob die Planung der Zukunft im Fokus des Handelns steht

(vgl. Ashkanasy, 2004, S.302 und S. 314).

Leistungsorientierung

Die Dimension der Leistungsorientierung misst, wie stark eine Gesellschaft ihre Mitglieder zur Leistungsverbesserung und Höchstleistungen motiviert, belohnt und antreibt. Die drei Fragen, die zu den Erkenntnissen dieser Dimension führten, beziehen sich auf die gesellschaftlichen Praktiken in Hinsicht auf Innovation und Verbesserung der Performance, aber auch auf das hierfür angewandte System der Belohnung (vgl. Javidan, 2004 (b), S.246).

Zwischenmenschliches Verhalten

Die Dimension des zwischenmenschlichen Verhaltens wird mithilfe fünf Fragen untersucht und beschreibt, ähnlich der Kulturdimension der Leistungsorientierung, das unterstützende und fördernde Verhalten der untersuchten Gesellschaft. In diesem Fall steht jedoch das faire, freundliche, freigiebige oder nette Verhalten eines Mitglieds im Mittelpunkt, Diese Dimension definiert sich somit über die Art und Weise, wie Menschen innerhalb der Kultur miteinander umgehen und ob sich die Mitglieder einer Gesellschaft gegenüber anderen Mitmenschen einfühlsam verhalten und für sie Sorgen tragen. (vgl. Kabasakal, 2004, S.569 und 571).

3.2.5. Zusammenfassung und Kritik

Das GLOBE-Projekt entwickelt die Hofsted'schen Studie weiter und setzt dabei neue Standards, wie bereits in der abschließenden Beschreibung der Hofsted'schen Studie bemerkt, indem sie einerseits bestehende Fachliteratur neu bewertet und andererseits neue Fachliteratur in die Forschungsarbeit mit einbezieht, somit bestehende Schwächen der Hofsted'schen Studie erkennt und ausgleicht. Die Autoren der GLOBE-Studie sahen sich hierbei mit drei wesentlichen Herausforderungen konfrontiert:

Im Fokus des GLOBE-Projekts stand am Anfang die Weiter- und Neuentwicklung der Kulturdimensionen von Hofstede, um die Messbarkeit von Kulturen erhöhen zu können. Mit der erstmals vorgenommen Unterscheidung zwischen Praktiken und Werten von Kulturen gelingt es GLOBE, diese Unterscheidung gezielt empirisch untersuchen zu können

(vgl. House et al. 2004, S. 730; Javidan et al. 2005, S. 62).

In weiterer Folge zeichnen sich die Erhebungen und Interpretationen der Daten, durch die Mitwirkung von Wissenschaftlern aus unterschiedlichsten Kulturkreisen, durch eine hohe kulturelle Tiefe aus. Dadurch kommt es zu einer Anreicherung von unterschiedlichen Perspektiven und Meinungen aus einer Vielzahl von Ländern (vgl. House et al. 2004, S. 11).

Als dritten Punkt lässt sich die Einführung von Subkulturen innerhalb einer Kultur anführen. Beispielsweise unterscheidet die GLOBE zwischen West- und Ost-Deutschland und der französisch- und deutsch-sprachigen Schweiz (vgl. House et al. 2004, S. 22).

Damit setzen sich die Forscher bei der Festlegung der Stichproben über nationale Grenzen, die nicht immer angemessen sind, und schaffen so die Bildung einer möglichst homogenen kulturellen Gruppe (vgl. Koopman et al. 1999, S. 509).

Darüber hinaus versuchen die Forscher eine möglichst weltumfassende Stichprobe zu ziehen, die mindestens drei Kulturen in den geografischen Regionen Afrika, Asien, Zentral-, Ost- und Nord-Europa, Latein- und Nordamerika, Mittlerer Osten und pazifische Randgebiete repräsentiert (Koopman et al. 1999, S. 509).

Allerdings zeigt die GLOBE-Studie einige Schwächen auf, indem die genutzten Skalen zwar eine hohe Validität und Reliabilität aufweisen, jedoch den Fokus lediglich auf die gesellschaftliche und nicht auf die individuelle Ebene legt (vgl. House et al. 2004, S. 20).

Kritisch betrachtet werden kann ebenfalls die Fokussierung der Untersuchung auf nur drei Industriebereiche, deshalb ist eine mögliche Restriktion der Ergebnisse nicht auszuschließen. In diesem Zusammenhang stellt sich außerdem die Frage, ob Untersuchungen von Krankenhäusern und Schulen andere Ergebnisse hervorgebracht hätten, wenn man bei diesen Institutionen nicht von nationalen und industrieabhängigen Unterschieden ausgegangen wäre. (vgl. Koopman et al. 1999, S. 518).

Trotz einiger Schwächen ist die GLOBE-Studie die derzeit aussagekräftigste und relevanteste Kulturstudie. Ihre weiterentwickelten und differenzierten Kulturdimensionen und die daraus resultierenden Ergebnisse sind nicht nur für die Unternehmens- und Personalführung von großer Wichtigkeit, sondern finden Anwendung in diversen Forschungsfeldern wie zum Beispiel im Marketing oder im Change Mangement. (vgl. House et al. 2004, S. 26).

4. Empirische Untersuchung

4.1. Fragebogen als Mittel empirischer Forschung

Für die Datenerhebung werden in der Forschung unterschiedliche Instrumente verwendet, beispielhaft wird hier das Experiment, das Interview und der Fragebogen genannt, wobei die beiden letzteren in der kulturvergleichenden Forschung für die Sammlung von Informationen über kulturelle Werte und vorhandenes, soziales Verhalten bevorzugt werden, da es meist eine sehr große Anzahl an zu befragenden Personen gibt. (vgl. Michener, 1986, S.548).

Die Methodik, die bei dieser Art der Befragung angewandt wird, erfolgt meist über das World-Wide-Web, kann aber auch durch ein persönliches Interview durchgeführt werden. Unbestritten ist jedoch, dass der entscheidende Faktor bei fast jeder Studie die erzielte Rücklaufquote ist. Deshalb ist bei der Konzeption des Fragebogens großen Wert auf die Verständlichkeit und Machbarkeit dieses Instruments zu legen (vgl. Michener, A., 1986, S.550).

4.1.1. Stichproben

Bei der Erhebung von repräsentativen Daten steht vor allem die Auswahl der zu befragenden Personen im Fokus der methodologischen Vorgehensweise, wobei die möglichen Verfahren sehr unterschiedliche in ihrer Repräsentativität sind und die Anzahl der Probanden ein grundlegender Faktor darstellt. Wird die Untersuchung einer Landeskultur angestrebt, sollte das Sample möglichst groß und repräsentativ sein. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es wichtig, dass jede Bevölkerungsschicht als Teilnehmer für diese Umfrage in Frage kommt. In der Forschung wird hier von einer Zufallsstichprobe („full probability sample“) gesprochen (vgl. aus Inglehart, R., 2004, S. 390).

Ein anderes Verfahren bei der Zusammenstellung von Stichproben ist das geschichtete Stichprobenverfahren („stratified sample“). Hierfür wird die zu untersuchende Bevölkerung in zuvor definierte Gruppen geordnet, aus deren Clusterung dann im Zufallsprinzip Probanden ausgewählt werden (vgl. Michener, A., 1986, S.552f).

In dem Themenkomplex von kulturvergleichenden Studien müssen jedoch einige Abstriche bei der methologischen Vorgehensweise gemacht werden. Grund hierfür ist das meist eingeschränkte, finanzielle Budget der Studie. Im Normalfall werden repräsentative Samples aus vorliegenden Zensus - oder Wahllisten bzw. ähnlicher Register erstellt. Kann der Forscher in dem zu untersuchenden Kulturkreis nicht auf solche Listen zurückgreifen, muss ein anderer Weg gefunden werden. Ein Beispiel für eine solche alternative Vorgehensweise ist das sogenannte „convenience sample“. Hierbei ist die Erreichbarkeit der Probanden das Auswahlkriterium, daraus resultierend wird jedoch die Repräsentativität stark eingeschränkt (vgl. Schwartz, S. H. 1986, S.552). Einer solchen Vorgehensweise unterliegt auch die in dieser Arbeit zu findende empirische Studie.

4.1.2. Validität und Reliabilität

Die zentrale statistische Determinanten, die eine durchgeführte empirische Studie bewerten können, sind Validität und Reliabilität. Die Reliabilität misst hierbei das Ausmaß, in welchem die benutzten Methoden die gleichen Resultate bei mehrmaliger Wiederholung erzeugen würden. Anders formuliert: Es wird untersucht, ob die Ergebnisse über einen länger gemessen Zeitraum gleichbleibend sind.

Im Gegensatz zur Reliabilität beschäftigt sich die Validität mit der Frage, ob auch wirklich der Untersuchungsgegenstand und dessen Ergebnis mit dem ursprünglichen Untersuchungsziel übereinstimmen. Diese Validität kann in eine interne und externe Validität unterteilt werden. Während die interne Validität das Ausmaß des Einflusses der Messtechniken auf die Ergebnisse misst, beschäftigt sich die externe Validität mit dem Ausmaß der Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf andere Kulturen (vgl. Schwartz,1986, S. 551). Im Fall von kulturvergleichenden Studien, mit Dimensionen als Untersuchungsgegenstand und Skalen als Messindikatoren, sollten mehrere Teilaspekte auf ihre Validität (bezogen auf die Operationalisierung der Dimensionen) hin überprüft werden (vgl. Helftrich, 2003, S. 112).

4.2. Untersuchte Städte

Im Folgenden werden die Städte Stuttgart, in Deutschland, und Wien, in Österreich, vorgestellt, die Wohnorte der Probanden, Studierende aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an ausgewählten Hochschulen, die sich den Fragen des GLOBE-Fragebogens gestellt haben.

4.2.1. Stuttgart

Mit 570.000 Einwohnern ist Stuttgart die sechstgrößte Stadt Deutschlands und als Landeshauptstadt die größte im Bundesland Baden-Württemberg, zeitgleich die Stadt mit der geringsten Gemarkungsfläche neben den Städten Hannover und Nürnberg. Trotz der fehlenden Möglichkeit eines Städtewachstums im Rahmen der Verwaltungsreform zu Beginn der 70er Jahre, durch Eingemeindung zusätzliche Flächen zu gewinnen, ist sie unter den Großstädten die Stadt mit dem höchsten Anteil an Waldflächen, deren Wälder und Weinberge aufgrund ihrer topografischen Lage bis unmittelbar an den Stadtkern ragen und das Stadtbild mit "kompakt und grün" passend beschreiben (vgl. Landeshauptstadt Stuttgart Datenkompass, 2013, S. 9).

Mit dem Landtag, der Landesregierung und weiteren zahlreichen Behörden stellt sie das politischen Zentrum Baden-Württembergs dar und ist außerdem Sitz des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart sowie weiterer öffentlich-rechtlicher Institutionen wie beispielsweise des Südwestrundfunks, der evangelischen Landeskirche Württemberg und der Diözese Rottenburg - Stuttgart..

Mit zwei Universitäten und vielen weiteren Hochschulen besitzt Stuttgart eine hohe Dichte an wissenschaftlichen Institutionen und zählt, eingebettet in eine Region mit rund 2,7 Millionen Einwohnern und Standort zahlreicher multinationaler Konzerne, zu den exportstärksten Metropolen Europas. Das Einkommen der Bevölkerung gehört zu den höchsten in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Landeshauptstadt Stuttgart Datenkompass, 2013, S. 9).

4.2.2. Wien

Wien, die Hauptstadt von Österreich und zugleich eines der neun österreichischen Bundesländer, besitzt mit 1,73 Millionen die höchste Einwohnerzahl, ist die zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Raum und die siebtgrößte der Europäischen Union, rund ein Viertel der österreichischen Gesamtbevölkerung, etwa 2,4 Millionen Menschen, leben im Großraum Wien. Sie verkörpert seit Jahrhunderten ein Ort der Begegnung von völkischen Gruppen und der interkulturellen Verständigung, ist ein Ort des Austauschs und des Zusammentreffens unterschiedlicher Sprachen, eine Plattform der Integration fremdländischer Sitten und Gebräuche. Ihre geografische Lage macht sie zur Pforte zwischen Ost und West und zum Bindeglied zwischen Nord und Süd. Als kaiserliche Residenz war sie erst Zentrum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und später Mittelpunkt eines Vielvölkerstaats. Und noch heute leistet die Stadt Wien im Herzen des Kontinents einen wichtigen Beitrag zur Vereinigung Europas zur Vereinigung Europas (vgl. Datenblatt Magistrat der Stadt Wien, 2011, S. 3).

Das Büro der Vereinten Nationen UNOV, einer von vier Amtssitzen der UNO, verleiht der Stadt Wien eine hohe politische Bedeutung. Sie ist Ort internationaler Kongresse und Tagungen und Standort angesehener internationaler Organisationen wie die der erdölexportierender Länder (OPEC) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), somit genießt sie den Status einer Weltstadt. (vgl. Datenblatt Magistrat der Stadt Wien, 2011, S. 4)

In der international bekannten Mercer-Studie 2012 zur Untersuchung der Lebensqualität in 221 Städten weltweit, belegte Wien zum vierten Mal in Folge den ersten Rang und zeichnet sich mit ihrem hohen Maß an Lebensqualität aus.. Ausschlaggebende Faktoren hierfür ist der hohe Grünanteil am Stadtgebiet (ca. 50 Prozent), die für städtische Verhältnisse sehr gute ökologische Qualität der Stadt, die hohe polizeiliche Sicherheit, das hervorragende Gesundheitswesen, den hohen Bildungsstandard, die Dichte an kulturellen Möglichkeiten und das dichte Netz öffentlicher Verkehrsmittel. (vgl. Datenblatt Magistrat der Stadt Wien, 2011, S. 3)

4.2.3. Gegenüberstellung

Eine zusammenfassende Gegenüberstellung der Städte Stuttgart und Wien ist folgender Tabelle zu entnehmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Eigene Darstellung

Trotz der doch unterschiedlichen Größe der Städte sind die Einzugsgebiete dieser beiden Städte ziemlich ähnlich. Auch die Anzahl der Studierenden, gemessen an der Bevölkerung, sind in beiden Städten hoch und deshalb für die empirische Untersuchung geeignet.

4.3. Verwendeter Fragebogen & Methodik der Befragung

Der in den Städten Stuttgart und Wien an Studierende der Universitäten ausgeteilte Fragebogen beschäftigt sich mit den drei zentralen Fragestellungen dieser Arbeit:

1. Wie erleben und empfinden die Studierenden den jeweiligen Kulturkreis?
2. Gibt es Unterschiede zwischen dem deutschen und österreichischen Kulturkreis?
3. Worin äußern sich diese vorhandenen Unterschiede?

Die Befragung wurde mithilfe einer anonymisierten Onlinebefragung unter Studierenden in den Städten Stuttgart und Wien durchgeführt. Dank der guten Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim und der Fachhochschule Esslingen war es dem Autor möglich, den Fragebogen an rund 1.700 Studierende in der Region Stuttgart zu verteilen Im Raum Wien wurde ebenfalls eine ausreichende Anzahl von Probanden (500) erreicht.

Um die Verständlichkeit der Fragen zu erleichtern, wurde der Fragebogen in Deutsch übersetzt (siehe Anhang). Der Aufbau wie auch inhaltlich lehnt sich der Fragebogen stark an die Vorlage des GLOBE-Fragebogens, lediglich ergänzt um fünf demographische Fragen, die am Ende der Befragung ausgefüllt werden können (Alter, Arbeitserfahrung, Herkunft, höchster Schulabschluss, Geschlecht). Aufgrund der technischen Machbarkeit wurde jedoch die Skala 1 (starke Zustimmung) bis 7 (keine Zustimmung) entsprechend angepasst und einzelne Abstufungen entsprechend ausformuliert:

1 (starke Zustimmung), 2 (Zustimmung), 3 (eher Zustimmung),

4 (weder Zustimmung noch Ablehnung), 5 (eher Ablehnung),

6 (Ablehnung), 7 (starke Ablehnung)

Der Grund für die Verwendung der Licker-Skala ist die von GLOBE angestrebte Darstellung der Dimensionen als ein Kontinuum. Die Kulturen werden somit nicht pauschal einem Extrem zugeordnet, sondern können differenziert von der befragten Person beurteilt werden (vgl. Grove 2005a, S. 2; House et al. 2004, S. 21).

Die im Fragebogen enthaltenen Fragen können den von GLOBE definierten Items folgendermaßen zugeordnet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Eigene Darstellung

4.4. Generierung der Hypothesen

In Bezugnahme auf die von GLOBE eingeführten Kulturdimensionen und die damit verbundenen Fragen sollen in diesem Kapitel dieser Arbeit Hypothesen generiert werden, die das Germanische-Kulturcluster anhand der Städte Stuttgart und Wien näher untersuchen. Hierfür werden die Ergebnisse der vorgenommen Umfrage anhand folgender Hypothesen überprüft:

Unterschiede in der Kulturdimension „Machtdistanz“:

Wie im vorangegangen Kapitel erwähnt, geht es in der Dimension der Machtdistanz um den jeweiligen Grad, in dem Mitglieder dieser Kultur eine Ungleichverteilung von Macht erleben und tolerieren. Der Autor dieser Arbeit vermutet in diesem Zusammenhang eine höhere Machtdistanz von Studierenden in der Stadt Wien, da die hierarchischen Strukturen in Wien bisher deutlicher zu spüren waren. Beispielhaft kann hier die im Vergleich häufigere Verwendung von akademischen Titeln im (Arbeits-)Alltag angeführt werden. Die mögliche unterschiedliche Ausprägung dieser Akzeptanz von Machtdistanz zwischen den zwei Standorten, soll anhand der folgenden Hypothese überprüft werden:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann ist die Empfindung von Machtdistanz größer als bei Studierenden in Stuttgart.

Unterschiede in der Kulturdimension „Unsicherheitsvermeidung“:

Anhand unten stehender Hypothese soll der Grad an Unsicherheitsvermeidung der der Probanden beider Städte überprüft und auf mögliche Unterschiede hingewiesen werden. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen des Autors in Bezug auf die Thematik einer sicheren und vorhersehbaren Lebensgestaltung, wird von einer unterschiedlich starken Ausprägung in dieser Dimension ausgegangen. StudienkollegenInnen aus Wien weisen erfahrungsgemäß ein deutliches höheres Bedürfnis an Sicherheit auf, als persönlich bekannte KollegenInnen aus dem Raum Stuttgart. Dies spiegelt sich vor allem in der oft vorhandenen Wahl des eigenen Elternhauses als Wohnort von Studierenden aus Wien während ihrer Studienzeit wieder. Diese Vermutung soll anhand der im Folgenden angeführten Hypothese untersucht werden:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Unsicherheitsvermeidung im Vergleich zu Studierenden aus dem Raum Stuttgart

Unterschiede in der Kulturdimension „Zwischenmenschliches Verhalten“:

Der Umgang der Menschen innerhalb eines Kulturkreises und die damit verbunden Unterschiede beider Städte ist bei der folgenden Hypothese von Bedeutung. In dieser Dimension wird eine stärkere Ausprägung des „Zwischenmenschlichen Verhaltens“ in der Stadt Stuttgart vermutet. Diese Annahme fußt vor allem auf den bisher erlebten alltäglichen Situationen in den Städten Wien beziehungsweise Stuttgart und den damit verbundenen Erfahrungen. Hier ist vor allem die Kommunikation und Interaktion der Menschen Gegenstand der Vermutung. Diese kann mithilfe folgender Hypothese formuliert werden:

- Wenn Studierende ein Studium in Stuttgart betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an zwischenmenschlichem Verhalten als Studierenden in Wien.

Unterschiede in der Kulturdimension „Institutioneller Kollektivismus“:

Die Kulturdimension des institutionellen Kollektivismus beschäftigt sich mit dem Ausmaß, in dem eine Gesellschaft die kollektive Verteilung von Ressourcen fördert und belohnt. Auch anhand dieser Dimension sollen Unterschiede zwischen den untersuchten Regionen aufgedeckt werden. Die in der untenstehenden Hypothese formulierte Vermutung beruht hier ebenfalls auf dem bisher erlebten Kontakt mit Studierenden aus den untersuchten Städten. Den doch sehr weit verbreiteten Ausspruch „Schwaben sind geizig“ und die damit vermutete geringere Ausbreitung des „Institutionellen Kollektivismus“ soll mit folgender Hypothese näher untersucht werden.

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an institutioneller Kollektivismus als Studierende in Stuttgart

Unterschiede in der Kulturdimension „Gruppenkollektivismus“:

Die Untersuchung der Dimension des Gruppenkollektivismus soll aufzeigen, in welchem Ausmaß Individuen Zusammenhalt, Stolz und Loyalität gegenüber der eigenen Kultur, den eigenen Familienmitgliedern oder anderen Organisationsformen ausüben. Aufgrund der in Wien stärker beobachteten Ausprägung der Familienverbundenheit von Studierenden wird die Dimension des Gruppenkollektivismus hier als stärker vorhanden eingeschätzt. Inwieweit diese Vermutung zutrifft, soll mit Hilfe untenstehender Hypothese überprüft werden.

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann begegnen sie einem höheren Grad an Gruppenkollektivismus als Studierende in Stuttgart.

Unterschiede in der Kulturdimension „Durchsetzungsfähigkeit“:

Die Durchsetzungsfähigkeit der Menschen eines Kulturkreises misst man anhand der Art und Weise, wie ein Mensch sein jeweiliges Ziel gegenüber anderen durchsetzt. StudienkollegenInnen der WU Wien weißen erfahrungsgemäß ein sehr hohes Maß an Eigenmotivation auf. Dies beruht vor allem auf dem doch sehr fordernden Studium an der größten Wirtschaftsuniversität Europas und dem damit verbundenen Wettkampf um die doch sehr beschränkten Ressourcen. Dies führt meist zu der Existenz von Konkurrenzdenken, was vice versa ein hohes Maß an Durchsetzungsfähigkeit erfordert. Das Studium im Raum Stuttgart ist sicher ebenfalls sehr anspruchsvoll und erfordert zudem ein hohes Maß an Eigenmotivation, jedoch wird gerade auf Grund der fehlenden Zulassungsbeschränkung in Österreich der Wettkampf unter den Studierenden zusätzlich verstärkt. Deshalb wird eine stärkere Ausprägung der Dimension „Durchsetzungsfähigkeit“ in der Stadt Wien vermutet. Die entsprechende Hypothese kann für dieses Untersuchungsfeld folgendermaßen formuliert werden:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben Sie ein höheres Maß an Durchsetzungsfähigkeit als Studierende in Stuttgart

Unterschiede in der Kulturdimension „Geschlechterneutralität“:

Die Dimension der Geschlechterneutralität und die damit verbundene Hypothese beschäftigt sich mit dem Ausmaß und den Unterschieden im Vorhandensein und dem Streben nach Gleichberechtigung der Geschlechter in den beiden untersuchten Regionen. Die fortschreitende Gleichberechtigung von Mann und Frau macht eine Vermutung in dieser Dimension nicht leicht. Jedoch kann aufgrund der etwas ländlicheren Ausrichtung der österreichischen Bevölkerung und dem damit verbunden doch eher traditionellen Rollenbild ein Unterschied in dieser Dimension vermutet werden. Jedoch spricht die große Internationalität der Wirtschaftsuniversität Wien und die damit verbundene Vermutung der weiten Verbreitung des „Gleichberechtigungsgedankens“ wiederum gegen diese These. Nichts desto trotz soll die Dimension der „Geschlechterneutralität“ anhand der folgenden Hypothese auf Unterschiede untersucht werden:

- Das Empfinden von Geschlechterneutralität ist bei Studierenden in Stuttgart höher als bei der Vergleichsgruppe aus Wien.

Unterschiede in der Kulturdimension „Zukunftsorientierung“:

Im Mittelpunkt der Dimension Zukunftsorientierung geht es vor allem um die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und dem damit verbundenen Planungshorizont. Das Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien kann ohne Zweifel als hoch kompetitiv bezeichnet werden. Nur durch sehr viel persönlichen Einsatz und effizientes Arbeiten kann ein guter Abschluss erreicht werden. Aufgrund dieser Tatsache wird vermutet, dass Studierende aus Wien durch den hohen Einsatz den sie im Studium erbringen, auf eine bessere Zukunft hoffen und diese selbst gestalten wollen. Deshalb wird von einer stärkeren Ausprägung dieser Dimension in Wien ausgegangen, wobei nicht automatisch auf ein leichteres Studium in Stuttgart geschlossen werden soll. Die Überprüfung dieser Vermutung soll anhand der folgenden Hypothese erfolgen:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Zukunftsorientierung als Studierende in Stuttgart

Unterschiede in der Kulturdimension „Leistungsorientierung“:

Die Dimension der Leistungsorientierung stellt das Streben nach einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Menschen des jeweiligen Kulturkreises ins Zentrum. Auch die damit verbundene Belohnung von Performance-Steigerungen spielt hierbei eine Rolle. Wie schon in der Dimension der „Zukunftsorientierung“ erwähnt, ist das Studium in Wien stark auf Leistung und Wettbewerb getrimmt. Es wird ein hohes Maß an Leistung von Studierenden erwartet, diese wird aber in Form von Leistungsstipendien und dem Ranking der Studierenden entsprechend protokolliert und belohnt. Es wird deshalb eine stärkere Ausprägung der Dimension „Leistungsorientierung“ am Untersuchungsort Wien vermutet. Eine Hypothese zur Untersuchung dieser Vermutung kann folgendermaßen formuliert werden:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Leistungsorientierung als Studierende in Stuttgart.

4.5. Stichprobenbeschreibung

4.5.1. Grundgesamtheit und Rücklaufquote

Die Stichprobe umfasst nach erfolgreicher Durchführung der Befragung genau 302 Samples. Davon wurden insgesamt 291 Fragebögen vollständig beantwortet. Die Befragung wurde am 25.07.2013 gestartet und endete am 22.10.2013. Die Reichweite des Fragebogens kann mit rund 2.000 Personen beziffert werden. Diese Studie hat somit eine Rücklaufquote von 15,10 % erreicht. Die ortsspezifische Rücklaufquote für Wien kann mit 22% angeben werden. Die Stadt Stuttgart erreicht in dieser Studie eine niedrigere Quote von 12,74%.

4.6. Deskriptive Auswertung der erhobenen demografischen Daten

Dieses Kapitel dient der Beschreibung der demographischen Charakteristika der Umfrage TeilnehmerInnen aus den Städten Wien und Stuttgart. In Summe haben 302 Studierende an der Online-Befragung teilgenommen. Im Folgenden sollen die demographischen Daten dieser befragten Gruppen näher beschrieben und grafisch veranschaulicht werden.

4.6.1. Studienort

Die Frage nach dem Studienort wurde von 302 Personen beantwortet. 191 Studierende gaben an in Stuttgart und Umgebung zu studieren / studiert zu haben, wo hingegen 111 Personen die Stadt Wien als Studienort angaben. Somit ergibt sich ein Verhältnis von gerundeten 60:40. Grafisch lässt sich dieser Sachverhalt folgendermaßen darstellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Eigene Darstellung

4.6.2. Geschlecht

Wie man der untenstehenden Grafik entnehmen kann, setz sich das Sample aus 140 Studenten und 148 Studentinnen zusammen. Diese Frage wurde somit von insgesamt 288 Studierenden beantwortet. Die Verteilung zwischen den Geschlechtern hält sich in dieser Umfrage fast die Waage. Die grafische Beschreibung ist in untenstehender Grafik verwirklicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Eigene Darstellung

4.6.3. Alter

Die Frage nach dem Alter wurde in Summe von 288 Studierenden beantwortet. Die Altersspanne der befragten Studierenden liegt ganzheitlich betrachtet zwischen 15 und 49 Jahren. Jedoch sind fast 200 Studierende zwischen 21-25 Jahre alt, was dem typischen Alter von Studierenden entspricht. Die gesamte Verteilung der Altersgruppen ist folgender Grafik zu entnehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 5: Eigene Darstellung

4.6.4. Höchste abgeschlossener Schulabschluss

288 Studierende haben die Fragen nach dem höchstem abgeschlossen Schulabschluss beantwortet. Auch bei dieser Frage ist eine breite Streuung zu beobachten. Auf der einen Seite befinden sich die Bachelor-Studierenden mit der/dem abgeschlossenen Matura/Abitur, auf der anderen Seite aber auch UmfrageteilnehmerInnen mit einem Doktorat. Die große Mehrzahl (177 Studierende) der befragten Personen befindet sich jedoch momentan noch im Bachelorstudium und stehen somit noch am Anfang der akademischen Laufbahn.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Eigene Darstellung

4.6.5. Arbeitserfahrung

Die Frage der vorhandenen Arbeitserfahrung wurde erneut von 288 Studierenden beantwortet. Das Spektrum bei dieser Frage erstreckt sich von weniger als zwei Jahren Arbeitserfahrung bis hin zu mehr als zehn Jahren Arbeitserfahrung. Jedoch ist auch hier eine eindeutige Tendenz zu eher weniger Arbeitserfahrung zu erkennen. 200 Studierende weisen bei dieser Fragestellung weniger als zwei Jahre Arbeitserfahrung auf und stellen somit 70 % aller Befragten dar. Eine Grafik zu dieser demografischen Fragestellung ist der nächsten Seite zu entnehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Eigene Darstellung

4.7. Test der Hypothesen

Der Test der Hypothesen wurde anhand eines zweiseitigen T-Tests mit Hilfe des Statistikprogramms R durchgeführt. Im Folgenden werden die in Kapitel 4.4 generierten Hypothesen nochmals kurz erläutert und anschließend auf ihre Richtigkeit getestet.

4.7.1. Unterschiede in der Dimension „Machtdistanz“

Die Dimension der Machtdistanz untersucht die Verteilung von Macht und Einfluss, die in höheren Ebenen konzentriert ist. Zur Messung dieser Dimension wurden Items abgefragt, die den Zusammenhang zwischen Macht-Konzentration und der daraus resultierenden Privilegierung herstellen und deren wechselseitige Beeinflussung aufzeigen. Ebenso wurden Fragen gestellt, die Aufschluss über zwischenmenschliches Verhalten in Bezug auf diese Machtunterschiede geben. Den vermuteten Unterschied in dieser Dimension wurde mit dieser Hypothese formuliert:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann ist die Empfindung von Machtdistanz größer als bei Studierenden in Stuttgart.

Nach erfolgtem Test der Hypothese kann diese mit einer Signifikanz von 0,001 beibehalten werden. Die Stadt Stuttgart kommt in dieser Dimension auf einen Mittelwert von 5,03. Dieser Wert ist deutlich geringer als der Mittelwert von 5,33 aus der Stadt Wien. Studierende aus Wien empfinden somit das Vorhandensein von Machtdistanz intensiver, als Studierende aus Stuttgart.

Zusammenfassung:

- P-Wert: 0,001
- Hypothese wird beibehalten

4.7.2. Unterschiede in der Dimension „Unsicherheitsvermeidung“

Die Dimension der Unsicherheitsvermeidung beschreibt das Ausmaß, in welchem Mitglieder eines Kulturkreises auf akzeptierte Normen und Rituale vertrauen, um Unsicherheit vermeiden zu können. Kulturen mit einem hohen Grad an Unsicherheitsvermeidung versuchen, die Möglichkeit unvorhersehbarer Entwicklungen in der Zukunft weitestgehend zu eliminieren. Mögliche Unterschiede wurden anhand dieser Hypothese untersucht:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Unsicherheitsvermeidung im Vergleich zu Studierenden aus dem Raum Stuttgart

Auch bei der Überprüfung dieser Dimension wiesen die Ergebnisse auf einen signifikanten Unterschied hin. Der Mittelwert für die Stadt Stuttgart ist mit 5,3 um 0,3 Punkte höher als der Wert 5 aus Wien. Es ergibt sich somit für diese Hypothese ein p-Wert von 0,001 und somit ein beachtlich signifikantes Ergebnis, wobei der Unterschied jedoch genau spiegelverkehrt vorhanden ist. Die Unsicherheitsvermeidung ist somit in Stuttgart stärker ausgeprägt als in Wien.

Zusammenfassung:

- p-Wert: 0,001
- Umformulierung der Hypothese: Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Unsicherheitsvermeidung im Vergleich zu Studierenden aus dem Raum Stuttgart
- Hypothese wird umformuliert beibehalten

4.7.3. Unterschiede in der Dimension „Humanorientierung“

Der Umgang der Menschen innerhalb eines Kulturkreises und die damit verbunden Unterschiede beider Städte ist bei dieser Dimension von Bedeutung. Hier wird eine stärkere Ausprägung des „Zwischenmenschlichen Verhaltens“ in der Stadt Stuttgart vermutet, was mit folgender Hypothese überprüft wurde.

- Wenn Studierende ein Studium in Stuttgart betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an z wischenmenschlichem Verhalten als Studierenden in Wien.

Die Mittelwerte der beiden untersuchten Städte unterscheiden sich auch in der Dimension der „Humanorientierung“. Die Stadt Stuttgart hat mit einem Mittelwert von 3,83 ein höheres Ergebnis, als die Stadt Wien mit einem Wert von 3,60. Der p-Wert dieser Dimension ist mit einem Wert von 0,018 ebenfalls signifikant, jedoch schwächer ausgeprägt als bei den beiden vorangegangen Dimensionen. Somit kann die obenstehende Hypothese beibehalten und auch hier ein weiterer Unterschied zwischen den untersuchten Städten identifiziert werden.

Zusammenfassung:

- p-Wert: 0.018
- Hypothese wird beibehalten

4.7.4. Unterschiede in der Dimension „Institutioneller Kollektivismus“

Die Dimension des institutionellen Kollektivismus wird anhand der institutionellen Praktiken von Organisationen und Gesellschaften und deren Umgang mit der kollektiven Verteilung von Ressourcen und das kollektive Handeln dieser untersucht. Auch hier wurde eine unterschiedlich starke Ausprägung zwischen den Städten Wien und Stuttgart vermutet:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an institutioneller Kollektivismus als Studierende in Stuttgart

Nach Auswertung der Stichprobe wurde für die Stadt Wien ein Mittelwert von 4,34 und für die Stadt Stuttgart ein leicht höherer Wert von 4,39 ermittelt. Wie schon an den fast identischen Mittelwerten zu erkennen, ist in dieser Dimension kein siknifikanter Unterschied festzustellen. Der p-Wert bestätigt diese Vermutung mit einem Wert von 0,591. Die Hypothese wird somit verworfen.

Zusammenfassung:

- p-Wert: 0,591
- Hypothese wird verworfen

4.7.5. Unterschiede in der Dimension „Gruppenkollektivismus“

Die Einstellung der Mitglieder einer Kultur in Bezug auf die praktizierte Zusammengehörigkeit in der Gesellschaft und die vorhandene Loyalität und der Stolz der Mitglieder auf ihre jeweilige Organisation oder Familie sind hier die entscheidenden Merkmale der Untersuchung. Um mögliche Unterschiede aufzuzeigen zu können, wurde folgende Hypothese aufgestellt.

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann begegnen sie einem höheren Grad an Gruppenkollektivismus als Studierende in Stuttgart.

Wie bei der Dimension des „Institutionellen Kollektivismus“ unterscheiden sich die Mittelwerte bei der Dimension des „Gruppenkollektivismus“ nur bedingt. Für die Befragten aus der Stadt Wien ist ein Mittelwert von 5,27 und für die Befragten aus der Stadt 5,31 ermittelt worden. Wie schon anhand der Mittelwerte vermutet, wird diese Hypothese aufgrund des p-Wertes von 0,697 verworfen. Es gibt somit keinen signifikanten Unterschied in der Dimension des „Gruppenkollektivismus“ zwischen Wien und Stuttgart.

Zusammenfassung:

- p-Wert: 0,697
- Hypothese wird verworfen

4.7.6. Unterschiede in der Dimension „Durchsetzungsfähigkeit“

Die Durchsetzungsfähigkeit der Menschen eines Kulturkreises misst man anhand der Art und Weise, wie ein Mensch sein jeweiliges Ziel gegenüber anderen durchsetzt. Somit spielt der Umgang der Menschen innerhalb einer Kultur miteinander hier die entscheidende Rolle. Attributen wie aggressiv, selbstsicher oder auch konfliktbereit sind hier entscheidende Merkmale und waren Gegenstand der folgenden Hypothese:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben Sie ein höheres Maß an Durchsetzungsfähigkeit als Studierende in Stuttgart

Die Stadt Wien weißt in diesem Untersuchungsfeld einen Mittelwert von 4,14 auf. Dieser ist im Vergleich zu dem Wert aus Stuttgart mit 4,65 jedoch geringer. Die Unterschiede in dieser Dimension sind sehr stark signifikant, was der p-Wert von 0 deutlich widerspiegelt. Die unterschiedlich starke Ausprägung der „Durchsetzungsfähigkeit“ ist jedoch, anders als in der Hypothese formuliert, genau spiegelverkehrt vorhanden. Die Studierenden aus Stuttgart weißen in der Stichprobe somit ein höheres Maß an Bestimmtheit auf, als Studierende aus Wien.

Zusammenfassung:

- p-Wert: 0,000
- Umformulierung der Hypothese: Wenn Studierende ein Studium in Stuttgart betreiben, dann erleben Sie ein höheres Maß an Durchsetzungsfähigkeit als Studierende in Wien
- Hypothese wird umformuliert beibehalten

4.7.7. Unterschiede in der Dimension „Geschlechterneutralität“

Die Dimension der Geschlechtergleichheit untersucht die Unterschiede der Geschlechterrollen und die damit verbundene Beseitigung dieser durch die Gesellschaft. Der Großteil der in der Umfrage verwendeten Fragen zielt darauf ab, herauszufinden, ob in den abgefragten Situationen eher Frauen oder Männer in einer Gesellschaft bevorzugt behandelt werden. Vermutetet Unterschiede sollten mit der untenstehenden Hypothese untersucht werden:

- Das Empfinden von Geschlechterneutralität ist bei Studierenden in Stuttgart höher als bei der Vergleichsgruppe aus Wien.

Für den universitären Standort in Stuttgart kann ein Mittelwert von 3,81 ermittelt werden. Für Studierende aus Wien kann ein Wert von 3,67 angeführt werden und ist somit geringer. Der p-Wert für die Dimension „Geschlechterneutralität“ ist mit einem Wert von 0,077 knapp nicht siknifikant. Jedoch stimmt die Richtung der vermuteten Unterschiede. Nichts desto trotz wird die Hypothese verworfen.

Zusammenfassung:

- p-Wert: 0,077
- Hypothese wird verworfen

4.7.8. Unterschiede in der Dimension „Zukunftsorientierung“

Im Mittelpunkt der Dimension Zukunftsorientierung geht es vor allem um die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und dem damit verbundenen Planungshorizont. Hier ist also entscheidend in welchem Ausmaß Mitglieder einer Gesellschaft Aktivitäten und Investitionen in die Zukunft verschieben, und primär eher aktuelle Probleme gelöst werden oder ob die Planung der Zukunft im Fokus des Handelns steht. Die vermuteten Unterschiede wurden mit folgender Hypothese näher untersucht:

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Zukunftsorientierung als Studierende in Stuttgart

Studierende aus Wien haben die Items dieser Dimension mit einem Mittelwert von 4,57 beantwortet. Die UmfrageteilnehmerInnen aus Stuttgart weißen hier einen höheren Mittelwert von 4,86 auf. Weiters sind die Unterschiede zwischen den beiden Städten mit einem p-Wert von 0,002 stark signifikant. Jedoch sind auch hier die vermuteten Unterschiede anderst als in der Hypothese vermutet ausgeprägt. Studierende aus Stuttgart weißen in der Stichprobe eine signifikant höhere Zukunftsorientierung auf als Studierende aus Wien. Somit muss für die Beibehaltung der Hypothese eine Umformulierung dieser erfolgen.

Zusammenfassung:

- p-Wert: 0,002

- Umformulierung der Hypothese: Wenn Studierende ein Studium in Stuttgart betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Zukunftsorientierung als Studierende in Wien

- Hypothese wird umformuliert beibehalten

4.7.9. Unterschiede in der Dimension „Leistungsorientierung“

Die Dimension der Leistungsorientierung stellt das Streben nach einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Menschen des jeweiligen Kulturkreises ins Zentrum. Auch die damit verbundene Belohnung von Performance-Steigerungen spielt hierbei eine Rolle. Somit misst diese Dimension wie stark eine Gesellschaft ihre Mitglieder zur Leistungsverbesserung und Höchstleistungen motiviert, belohnt und antreibt. Hierzu wurde die folgende Hypothese herangezogen.

- Wenn Studierende ein Studium in Wien betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Leistungsorientierung als Studierende in Stuttgart.

Die Stadt Wien weißt in dieser Dimension einen Mittelwert von 4,47 auf. Dieser Wert weicht deutlich von dem Mittelwert 5,11 ab, der für den Standort Stuttgart ermittelt wurde. Die Unterschiede in dem Untersuchungsfeld der „Leistungsorientierung“ sind mit einem p-Wert von 0 sehr stark signifikant. Wie an den Mittelwerten festzustellen ist die Ausprägung der Unterschiede jedoch spiegelverkehrt ausgeprägt. Studierende aus Stuttgart weißen bei dieser Untersuchung somit einen signifikant stärkere Ausprägung von Leistungsorientierung auf, als Studierende aus Wien.

Zusammenfassung

- p-Wert: 0,000
- Umformulierung der Hypothese: Wenn Studierende ein Studium in Stuttgart betreiben, dann erleben sie ein höheres Maß an Leistungsorientierung als Studierende in Wien
- Hypothese wird umformuliert beibehalten

Die folgende Tabelle stellt die abschließende Betrachtung der überprüften Kulturdimensionen dar. Es ist zu bemerken, dass sechs von neun Hypothesen, die einen Unterschied zwischen den Städten vermuten, beibehalten werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Eigene Darstellung

4.8. Interpretation der Ergebnisse

Nach erfolgter Untersuchung der von GLOBE definierten neun Kulturdimensionen soll im Folgenden eine Interpretation der Untersuchungsergebnisse erfolgen.

Hier soll vor allem auf die in Kapitel 4.4 formulierten Vermutungen zur Generierung der Hypothesen eingegangen und diese in Bezug zu den Ergebnissen gesetzt werden.

Unterschiede in der Dimension „Unsicherheitsvermeidung“

In der Dimension der „Unsicherheitsvermeidung“ wurde eine stärkere Ausprägung in der Stadt Wien vermutet. Diese Vermutung wurde vor allem aufgrund der Wahl des elterlichen Hauses als Studienunterkunft aufgestellt. Die Stichprobe stärkt diese Vermutung nicht. Die Mittelwerte unterscheiden sich zwar, jedoch weißen Studierenden aus Stuttgart einen höheren Grad an Unsicherheitsvermeidung auf, als Studierende aus Wien. Dieser Umstand könnte dem hohen Grad an Internationalität der Wirtschaftsuniversität Wien und der damit verbundenen hohen Mobilität von Studierenden geschuldet sein. Somit wird die Hypothese zwar nicht bestätigt, aufgrund des signifikanten Testergebnisses kann jedoch ein stark signifikanter Unterschied zwischen diesen Städten festgestellt werden und die Hypothese somit spiegelverkehrt formuliert und beibehalten wird. Für die Bestätigung der vermuteten kulturellen Unterschiede in dieser Dimension, ist diese Erkenntnis in jedem Fall zielführend.

Unterschiede in der Kulturdimension „Machtdistanz“:

In dieser Dimension wurde eine stärkere Ausprägung von Machtdistanz in der Stadt Wien vermutet. Diese Hypothese wurde aufgrund der beobachteten Wichtigkeit von hierarchischen Strukturen in Wien beobachtet. Die Nennung und intensive Nutzung von akademischen Titeln wurde in diesem Zusammenhang sehr häufig wahrgenommen. Die Hypothese zu dieser Vermutung kann aufgrund eines stark signifikanten Ergebnisses beibehalten werden. Somit wurde auch in der Dimension „Machtdistanz“ ein signifikanter Unterschied zwischen den Städten Wien und Stuttgart festgestellt.

Unterschiede in der Kulturdimension „Zwischenmenschliches Verhalten“:

Der Umgang der Menschen innerhalb eines Kulturkreises wurde in der Stadt Stuttgart aufgrund der bisher beobachtetet alltäglichen Situationen als „menschlicher“ eingeschätzt. Die damit verbunden Hypothese kann aufgrund eines signifikanten Ergebnisses in dieser Dimension beibehalten werden. Studierende aus Stuttgart empfinden somit den zwischenmenschlichen Umgang der Menschen im ihrem Kulturraum als stärker ausgeprägt als Studierende aus Wien. Deshalb kann auch in dieser Kulturdimension ein Unterschied zwischen den beiden Städten festgestellt werden.

Unterschiede in der Kulturdimension „Institutioneller Kollektivismus“:

Aufgrund des weit verbreiteten Sprichworts: „Schwaben sind geizig“ wurde in der Hypothese zur Dimension „Institutioneller Kollektivismus“ eine stärkere Ausprägung in der Stadt Wien vermutet. Die mit dieser Vermutung verbundene Hypothese kann aufgrund eines hohen p-Wertes verworfen werden. Somit ist zumindest aus studentischer Sichtweise kein signifikanter Unterschied im Umgang mit der kollektiven Verteilung von Ressourcen festzustellen.

Unterschiede in der Kulturdimension „Gruppenkollektivismus“:

Die in Wien stärker erlebte Bindung von Studierenden zu deren Familien und Angehörigen war Grund für die vermutete stärkere Ausprägung des Gruppenkollektivismus in der Stadt Wien. Nach erfolgtem Test der mit dieser Vermutung verbundenen Hypothese kann kein Unterschied in dem Ausmaß Individuen Zusammenhalt, Stolz und Loyalität gegenüber der eigenen Kultur, den eigenen Familienmitgliedern oder anderen Organisationsformen festgestellt werden. Die Hypothese zu dieser Kulturdimension wird somit verworfen.

Unterschiede in der Kulturdimension „Durchsetzungsfähigkeit“:

Basierend auf dem hohen Maß an Motivation von WU Studierenden und dem damit verbundenen benötigten Maß an Durchsetzungsfähigkeit wurde ein stärkere Ausprägung dieser Dimension in Wien vermutet. Nach erfolgtem Test wurde ein sehr stark signifikanter Unterschied in dieser Kulturdimension festgestellt. Dieser wird jedoch genau spiegelverkehrt schlagend. Die Art und Weise, wie ein Mensch sein jeweiliges Ziel gegenüber anderen durchsetzt wurde in der Stadt Stuttgart als weit mehr „kompromisslos“ eingeschätzt als in Wien. Als Grund hierfür kann das mittlerweile wohl schon weltweit verbreitete Phänomen des Konkurrenzdenkens von Studierenden angeführt werden. Somit ist ein hohes Maß an Durchsetzungsfähigkeit wohl länderübergreifend vorhanden und in der Stadt Stuttgart stärker ausgeprägt als in Wien. Die Hypothese wird somit spiegelverkehrt formuliert und beibehalten.

Unterschiede in der Kulturdimension „Geschlechterneutralität“:

Die fortschreitende Gleichberechtigung von Mann und Frau in entwickelten Staaten machte eine Vermutung in der Dimension „Geschlechterneutralität“ nicht leicht. Aufgrund der etwas ländlicheren Ausrichtung der österreichischen Bevölkerung und dem damit verbunden doch eher traditionellen Rollenbild wurde ein Unterschied in dieser Dimension vermutet. Wie in der Hypothesengenerierung schon vorausgesehen worden war, sind die Unterschiede zwischen den Städten nicht signifikant. Die Mittelwerte zeigen zwar eine geringe stärkere Ausprägung der „Geschlechterneutralität“ auf, jedoch ist diese knapp nicht signifikant. Eventuell kann durch eine Ausweitung der Stichprobe die Tendenz etwas verstärkt werden, jedoch wird für diese Arbeit die Hypothese verworfen und von keinen Unterschieden in dieser Dimension ausgegangen.

Unterschiede in der Kulturdimension „Zukunftsorientierung“:

Die vermutete unterschiedliche Ausprägung von „Zukunftsorientierung“ fußte bei der Generierung der Hypothese auf der Annahme, dass das Studium in Wien ein hohes Maß an Entbehrungen von den Studierenden fordert und deshalb die Hoffnung auf eine bessere Zukunft stärker ausgeprägt sein könnte. Die Unterschiede dieser Kulturdimension sind signifikant, jedoch ist auch hier die Hypothese umzuformulieren. Nach Auswertung der Stichprobe ist die „Zukunftsorientierung“ in der Stadt Stuttgart stärker ausgeprägt als in Wien. Die Vermutung, dass nur das im Vergleich vielleicht anspruchsvoller Studium in Wien zu einer verstärkten „Zukunftsorientierung“ führt, ist somit nicht richtig. Nichts desto trotz ist der erneute Unterschied in einer weiteren der neun Dimension von GLOBE für eine nähere Betrachtung des „Germanischen Clusters“ hilfreich.

Unterschiede in der Kulturdimension „Leistungsorientierung“:

Das stärkere Vorhandensein der Dimension „Leistungsorientierung“ in Wien stellte die Grundlage für die Aufstellung der zu überprüfenden Hypothese in dieser Kulturdimension dar. Nährboden für diese Vermutung war das stark auf Leistung und Wettbewerb getrimmte Studium in Wien. Auch in dieser Dimension sind signifikante Unterschiede zwischen den untersuchten Städten gemessen worden. Wie in den Dimensionen „Unsicherheitsvermeidung“ und „Zukunftsorientierung“ zuvor, gilt die Hypothese aber auch hier genau spiegelverkehrt. Studierende die ein Studium in Stuttgart betreiben, erleben folglich ein höheres Maß an „Leistungsorientierung“ als Studierende aus Wien“. Es kann deshalb vermutet werden, dass Studierende aus Stuttgart ebenfalls sehr durch ihr Studium gefordert werden und die alltägliche Umwelt als leistungsfördernd wahrnehmen.

4.9. Conclusio & Handlungsempfehlung für Unternehmen

Der theoretische Aspekt dieser Arbeit beschäftigte sich mit dem Begriff der Kultur. Hier spielte vor allem die unterschiedliche Art und Weise der Benutzung dieses Begriffs eine entscheidende Rolle. Hierbei wird sehr deutlich, dass Kultur nicht so einfach definierbar und messbar ist und deshalb einer genaueren Betrachtung bedarf. Daran anschließend wurden zwei der populärsten Kulturstudien unserer Zeit, nämlich die Studie von Hofstede und die GLOBE-Studie, vorgestellt und näher betrachtet. Wichtig hierbei sind vor allem die durch diese Studien definierten Kulturdimensionen, die die Messbarkeit von Kulturen möglich machen soll.

Wie in Kapitel 3.2.2 erwähnt, ist es bei diesen kulturvergleichenden Studien üblich, die untersuchten Länder in sogenannte Ländercluster aufzuteilen. Dieses Prinzip fand auch in der GLOBE-Studie Anwendung. Jedoch fielen Länder zweier Ländergruppen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in benachbarte Cluster, wie "germanische" Länder oder "nordische" oder auch andere afrikanische Sub-Sahara Staaten. Aufgrund dieser Tatsache wurde eine nähere Betrachtung des „Germanischen Clusters“ durch eine Umfrage in den Städten Stuttgart und Wien vorgenommen. Ziel war es folgende Forschungsfrage zu beantworten: Welche kulturellen Unterschiede lassen sich nach GLOBE zwischen den Städten Stuttgart und Wien feststellen?

Um dieser Frage nachgehen zu können wurde 302 Studierende aus den Städten Stuttgart und Wien erfolgreich anhand des GLOBE-Present Fragebogen befragt. Die Stichprobe wurde schließlich mit Hilfe des Statistikprogramms R ausgewertet.

Durch die Verwerfung von nur drei von neun Hypothesen, die alle Unterschied in den Kulturdimensionen vermuteten, kann die Zusammenfassung der Länder Österreich und Deutschland von GLOBE in ein „Germanisches Cluster“ zumindest kritische betrachtet werden. Herauszuheben sind vor allem die sehr starken signifikanten Unterschiede bei den Dimensionen „Machtdistanz“, „Durchsetzungsfähigkeit“, „Leistungsorientierung“ und „Unsicherheitsvermeidung“.

Durch die Fokussierung auf Studierende aus den Städten Wien und Stuttgart kann eine allumfassende Aussage über die Kulturen der Länder Deutschland und Österreich zugebenermaßen nicht getroffen werden. Jedoch sind Unterschiede in sechs von neun Dimensionen nicht unbeachtlich, da der Fragebogen ja eine gesamtheitliche Betrachtung der Gesellschaft von den befragten Personen forderte.

Aufgrund des sehr komplexen Themenfeldes der Kulturforschung, verbunden mit dem großen Aufwand einer empirischen Länderstudie, kann die Forschungsfrage nur mit Hilfe einer empirisch geleiteten Prognose entgültig beantwortet werden. Wie schon erwähnt, sind bei der Befragung der Studierenden aus den beiden Städten signifikante Unterschiede in sechs von neun Kulturdimensionen aufgetreten. Somit ist ein Unterschied zwischen den Kulturen in Stuttgart und Wien sehr wohl vorhanden. Eine weiterführende Untersuchung dieser beiden Kulturkreise im Rahmen der Länderclusterungen wäre somit ein interessantes Forschungsprojekt und würde den doch in Teilen sehr unterschiedlichen Kulturen innerhalb solcher Ländercluster mehr Beachtung schenken und die blinden Flecken dieses Themenkomplexes weiter erhellen.

Um den Kreis zu der Betriebswirtschaftslehre, speziell zu dem Fachbereich des Change-Managements zu schließen, soll im Folgenden eine Handlungsempfehlung für Unternehmen, die sowohl in Österreich wie auch in Deutschland agieren, formuliert werden. Als Grundlage werden die sechs Kulturdimensionen herangezogen, bei denen die Unterschiede zwischen den beiden Städten signifikant waren.

Durch die Zusammenfassung von Ländern zu den schon beschrieben Länderclustern kann bei Unternehmen die Vermutung wecken, Strategien und/oder Unternehmensstrukturen eins zu eins auf die in der Länderclusterung zusammengefassten Länder zu übertragen. Diese Vorgehensweise birgt viele Gefahren, aufgrund der in vielen Fällen doch gravierenden kulturellen Unterschiede, in sich. Die in dieser Arbeit erhobenen Daten zeigen diesen Zusammenhang in sechs von neun der von GLOBE definierten Dimensionen auf.

Ignorieren Unternehmungen diese Tatsache im Zuge der Erschließung eines neuen Marktes, oder der Übernahme von ausländischen Unternehmen, kann es zu verheerenden kulturellen Konflikten kommen. Wie in einschlägiger Literatur nachzulesen ist, sind solche Konflikte zeit- und kostenintensiv und sollten deshalb dringend vermieden werden.

Hilfreiche Tools können hier solche Kulturstudien wie GLOBE sein. Durch die Aufsplittung von Kulturen in unterscheidbare Dimensionen kann sich eine Organisation an länderspezifische Eigenheiten besser anpassen. Beispielhaft kann der in dieser Arbeit herausgearbeitet Unterschied in der „Machtdistanz“ zwischen den Städten Wien und Stuttgart angeführt werden. Wenn nun ein in Österreich ansässiges Unternehmen einen neuen Standort in Deutschland eröffnen möchte, kann diese unterschiedliche kulturelle Ausprägung schlagend werden. Wird die in Österreich stärker ausgeprägte Akzeptanz von Hierarchie spiegelbildlich auf Deutschland übertragen, kann es zu großen Schwierigkeiten kommen. Die MitarbeiterInnen am neuen Standort in Deutschland akzeptieren nämlich laut den Ergebnissen dieser Arbeit nur ein weit geringeres Ausmaß an Machtdistanz und werden sich dementsprechend gegen die starreren Strukturen zur Wehr setzten. Dieser Umstand wird das Unternehmen früher oder später in eine Krise führen und kann durch die Beachtung der kulturellen Unterschiede schon prophylaktisch angegangen werden.

Durch die steigende Internationalisierung wird das Thema Kultur auch in Zukunft einen hohen Stellenwert für Unternehmen haben. International agierende Firmen sollten deshalb ihre Strukturen und Strategien länderspezifisch ausrichten, um sich an den kulturellen Gegebenheiten anpassen zu können. Wird dieses Vorhaben erfolgreich initiiert und umgesetzt, so können nicht nur Konflikte vermieden, sondern auch die spezifischen Vorteile einer Landeskultur für das Unternehmen gewinnbringend eingesetzt werden. Die kulturelle Anpassungsfähigkeit einer Unternehmung trägt somit einen entscheidenden Teil zum gesamten Unternehmenserfolg auf internationaler Ebene bei.

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783958206649
ISBN (Paperback)
9783958201644
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Change Management Organisation Management Development GLOBE Studie Internationalisierung

Autor

Patrick Renner, BSc. (WU), wurde 1989 in Sindelfingen geboren. Sein Bachelorstudium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an Wirtschaftsuniversität Wien schloss er im Jahre 2014 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Science (WU) ab. Während seines Studiums spezialisierte er sich in den Fachbereichen ‚Change Management & Management Development‘ und ‚Betriebswirtschafslehre des Außenhandels‘. Zurzeit absolviert der Autor sein Masterstudium in Finance & Management an der University of Glasgow in Schottland. Bereits während des Studiums sammelte er umfassende praktische Erfahrungen in den Bereichen der Automobilwirtschaft, dem Consulting und der Non-Profit Organisationen.
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Titel: Die kulturellen Gemeinsamkeiten der Staaten Österreich und Deutschland: Eine Analyse des germanischen Clusters nach GLOBE
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