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Frauen und Führung: Die Suche nach dem idealen Führungsstil

©2013 Bachelorarbeit 46 Seiten

Zusammenfassung

„Frauen und Führung“ – ein Thema, welches vor allem durch die in jüngster Vergangenheit stark diskutierte Frauenquote in der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung stark an Bedeutung zugenommen hat.
Nach wie vor entspricht der Anteil der Frauen an höheren Positionen nicht ihrem Anteil an der Beschäftigtenzahl und das trotz formaler Gleichstellung und gleicher Schul- und Berufsausbildung. Diese Sachlage führt daher auch zu zahlreichen Untersuchungen und Forschungsprojekten, die Entwicklungen dokumentieren und Erklärungsansätze u.a. aus historischer, kultureller, wirtschaftspolitischer und soziologischer Perspektive zur Thematik „Frauen und Fürung“ formulieren. Das Gemeinziel der Untersuchungen lässt sich auf folgende Fragen zusammenfassen: Wollen Frauen führen? Dürfen Frauen führen? Können Frauen führen?
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit den populärwissenschaftlichen Thesen „Frauen führen anders“, „Die Frau und der weibliche Führungsstil“ sowie „Die gute – weibliche – Führung“ auseinander.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


terschiedliche Führungsstile und entsprechende Anforderungen an Füh-
rungskräfte dargestellt. Daran anschließend werden die für diese Arbeit
bedeutenden Geschlechterstereotype erklärt. Da aus der Gegenüberstel-
lung der Anforderungen an Führungskräfte und den Items der Geschlech-
terstereotypisierung vor allem der Schluss gezogen wird, dass Frauen an-
ders führen bzw. es einen weiblichen Führungsstil gibt, werden in einem
nächsten Schritt die vielfältigen Abhandlungen, Analysen und Metaanaly-
sen der Geschlechterforschung und die Gleichheits- und insbesondere Dif-
ferenztheorie kritisch betrachtet und reflektiert.
Aus dieser Reflektion wird sich die aufgeworfene Frage beantworten las-
sen.
Der zweite Teil befasst sich damit, ob gute Führung ein Geschlecht hat
oder sich jenseits der Schablonen und Kategorien des Gender-Diskurses
bewegt. Hierbei wird auch dazu Stellung genommen, wodurch sich eine
solche Führung auszeichnet. Auch im zweiten Teil der Arbeit werden zu-
nächst zur Förderung des Verständnisses einige begriffliche und konzepti-
onelle Klärungen vorangestellt, und zwar zu den als gut und effektiv gel-
tenden Führungsstilen ,,transaktional" und ,,transformational".
Da den Anforderungen an die Führungskräfte für diese Führungsstile wie-
derum Geschlechterstereotype gegenüberstehen, muss auch hier auf die
Ergebnisse aus Studien zur Geschlechterforschung zurückgegriffen wer-
den. Neben der Gleichheits- und Differenztheorie wird hier vor allem auf
das Androgynie-Konzept mit seinen Unterformen Diversity und Mixed Lea-
dership und die Dekonstruktion behandelt.
Daraus wird ein Zwischenergebnis zur Beantwortung des zweiten Fragen-
komplexes formuliert, bevor in einem abschließenden Ausblick gezeigt
wird, wie die Wirklichkeit sich darstellt und welches Ideal anzustreben ist.
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Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Begriffe Wissenschaftler,
Mitarbeiter usw. ausschließlich in der männlichen Form verwendet werden, um das Lesen
der Arbeit zu erleichtern. Dies gilt auch für Personengruppen, die sowohl männliche als
auch weibliche Vertreter umfassen.
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2. Führen Frauen anders?
Gibt es einen weiblichen Führungsstil?
2.1 Führung
Zur Beantwortung der Fragen, die in vorliegender Arbeit aufgeworfen wer-
den, muss zunächst geklärt werden, was Führung ist. In der Literatur gibt
es für den Begriff zahlreiche Definitionen (vgl. Neuberger 2002, S. 12f / vgl.
Weibler 2012, S. 14ff). Dies rührt daher, dass unterschiedliche Wissen-
schaftszweige, insbesondere die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,
verschiedene Betrachtungsweisen haben. Gemeinsam ist ihnen, dass sie
von der ursprünglichen Wortbedeutung im Sinne von ,,in Bewegung setzen"
und ,,Richtung weisen" ausgehen, dann allerdings verschiedene Aspekte
des komplexen Prozesses ,,Führung" aufgreifen. Nach Weibler bedeutet
Führung, ,,andere durch eigenes, sozialakzeptiertes Verhalten so zu beein-
flussen, dass dies bei den Beeinflussten mittelbar oder unmittelbar ein in-
tendiertes Verhalten bewirkt" (Weibler 2012, S. 19). Eine weitere Definition
von Wunderer macht neben der Aufgabenorientierung die Interaktion von
Führungskräften und Mitarbeitern, d.h. die Mitarbeiterorientierung der Füh-
rung deutlich. Er bezeichnet den Begriff Führung ,,als zielorientierte, wech-
selseitige und soziale Beeinflussung zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben
in und mit einer strukturierten Arbeitssituation" (Wunderer 2003, S. 19).
2.2 Führungsstile
In diesem Kapitel werden verschiedene Führungsstile inhaltlich näher er-
klärt. Vorab erfolgt, zum besseren Verständnis der weiteren Ausführungen,
eine Definition des Begriffs ,,Führungsstil".
2.2.1
Definition
,,Führungsstil ist die Grundhaltung und das sich daran orientierende Verhal-
tensmuster, mit denen jemand seine Führungsaufgaben, bezogen auf an-
dere ­ Einzelpersonen oder Gruppen ­ wahrnimmt" (Birker 1997, S. 1).
Weibler definiert ,,Führungsstil" als ein ,,konsistentes und typisches Verhal-
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ten, das von einem Führenden gegenüber den Geführten vielfach wieder-
kehrend gezeigt wird" (Weibler 2012, S. 339).
Mit diesen Definitionen ist auch zwischen ,,Führungsstil" und ,,Führungsver-
halten" differenziert; letzteres sind ,,alle Verhaltensweisen, die auf eine ziel-
orientierte Einflussnahme zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in oder mit
einer strukturierten Arbeitssituation ausgerichtet [...]" und nicht durch eine
,,dauerhaft gezeichnete, grundsätzliche Verhaltensweise eines Führers ge-
genüber den Geführten gekennzeichnet" sind (Weibler 2012, S. 339 / Wun-
derer 2003, S. 204).
2.2.2
Traditionelle Führungsstile
Das Forschungsfeld ,,Führungsstile" ist im Laufe der Zeit immer umfangrei-
cher geworden. Unterschiedliche Aspekte und Ansätze führten zu immer
detaillierteren Ergebnissen, die einen Gesamtüberblick kaum möglich ma-
chen. In dieser Arbeit werden zunächst drei Ansätze und deren bekanntes-
te Vertreter zum besseren Verständnis der historischen Entwicklung der
Führungsstile dargestellt.
2.2.2.1 Eigenschaftsorientierter
Ansatz
Der älteste und auch heute noch in der Praxis gebräuchliche Ansatz ist der
der Eigenschaftstheorie (sog. trait approach).
,,Die Eigenschaftstheorie als historisch ältester Erklärungsansatz der
Führung bezieht ihre Grundlagen also aus individualistischen Persön-
lichkeitstheorien, Unternehmerideologien und dem Sozialdarwinismus.
Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die Frage: was unter-
scheidet einen erfolgreichen von einem erfolglosen Führer, oder was
den Führer von den Geführten" (Staehle 1999, S. 331).
Der Fokus dieses Ansatzes richtet sich demgemäß auf die Eigenschaft der
Führungskraft. Eigenschaften stellen breite und zeitlich stabile Dispositio-
nen zu bestimmten Verhaltensweisen dar, welche in verschiedenen Situati-
onen anhaltend auftreten (vgl. Neuberger 2002, S. 226ff). Führungserfolg
stellt sich nach diesem Ansatz ein, wenn eine Führungskraft bestimmte
Eigenschaften innehat (z.B. Intelligenz, Charisma, Qualifikation) und diese
situativ im Führungsverhalten einsetzt. Unterschiedlichste Studien zu die-
sem Ansatz konnten zwar einige konsistente Eigenschaften herauskristalli-
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sieren, dennoch erschien es insgesamt als nicht tragbar, dass Führungser-
folg lediglich von Eigenschaften der Führungskraft abhängt, ohne den or-
ganisationalen bzw. situativen Kontext zu berücksichtigen (vgl. Stogdill
1948, S. 35ff).
Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelte sich vor allem in den 1950er und
1960er Jahren eine ,,neue Bewegung" auf diesem Forschungsfeld.
2.2.2.2 Verhaltensorientierter
Ansatz
Ziel vieler Studien war es nun, den Führungserfolg nicht nur an Eigenschaf-
ten der Führungskraft auszumachen, sondern den Blick eher auf das Füh-
rungsverhalten des Führenden zu richten (vgl. Oechsler 2006, S. 359). Der
verhaltenstheoretische Ansatz (sog. behavioral approach) mündete in eine
Vielzahl von Führungsstiltypologien. Es wird allerdings zur Übersicht nur
auf die bedeutendsten Vertreter eingegangen. Kurt Lewin setzte für die
weitere Entwicklung dieses Ansatzes den Grundstein. Aufgrund seiner im
Jahre 1939 durchgeführten Iowa-Studie ergaben sich für ihn die Führungs-
stile ,,autoritär", ,,demokratisch" und ,,laisser faire". Bei ersterem wird die
Führungskraft zum Vorbild, in dem sie das Vertrauen ihrer Mitarbeiter ge-
winnt, Ziele setzt, Pläne entwickelt, sich für Neuerungen einsetzt, als Men-
tor agiert, neue Handlungsspielräume eröffnet und ihre Mitarbeiter moti-
viert, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Die ,,demokratische" Führungskraft
baut zu ihren Mitarbeitern eine Beziehung des Gebens und Nehmens auf.
Sie appelliert an das Eigeninteresse der Mitarbeiter, zeigt Verantwortungs-
bereiche auf, belohnt für Leistung und bestraft bei Zielverfehlung. Der Lais-
ser Faire-Stil zeichnet sich durch eine Art Nichtführung aus, die Führungs-
kraft kümmert sich um keinen der oben genannten Punkte (vgl. Weibler
2012, S. 343ff).
Innerhalb der Studie experimentierte Lewin mit dem Führungsverhalten und
der daraus entstehenden Reaktion der Mitarbeiter. Der demokratische /
kooperative Führungsstil erzielte dabei das höchste Maß an Zufriedenheit
der Mitarbeiter. Robert Tannenbaum & Warren H. Schmidt griffen im Jahr
1960 die Forschungsergebnisse von Lewin auf und entwickelten in ihrem
,,Führungsstil-Kontinuum" eine weitere Differenzierung der Führungsstile
Lewins: ,,autoritär", ,,patriarchalisch", ,,beratend", ,,konsultativ", ,,partizipativ",
,,delegativ" und ,,demokratisch" (vgl. Rahn 1992, S. 62). Ausschlaggebend
für diese Klassifizierung war allerdings nur die eindimensionale Betrach-
tungsweise der Partizipation, d.h. die Mitwirkung des Mitarbeiters am Ent-
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scheidungsprozess. Diese eindimensionale Sichtweise wurde in der Folge
auch kritisch hinterfragt, was zu einer zweidimensionalen Betrachtung führ-
te, d.h. Mitarbeiterorientierung und Aufgabenorientierung nicht mehr in eine
,,entweder-oder-Beziehung", sondern in eine ,,sowohl-als-auch-Beziehung"
zu stellen (vgl. Glaesner 2007, S. 21). Im Ergebnis muss sich die Füh-
rungskraft beiden Dimensionen widmen. Bedeutende Vertreter auf diesem
Feld waren Robert R. Blake und Jane S. Mouton. Aufgrund der Analyse
der Ohio-Studien entwickelten sie das sog. managerial grid, welches die
unterschiedlichsten Ausprägungen der jeweiligen Orientierung des Führen-
den in einem Verhaltensgitter einordnete. Ziel dieses Modells war es, auf
die unterschiedlichen Einflussfaktoren für die Wahl des geeigneten Füh-
rungsstils hinzuweisen (vgl. Schein / Bennis 1965, S. 173).
2.2.2.3 Situationsorientierter
Ansatz
Die beiden bisher erläuterten Ansätze stellen entweder die Eigenschaften
der Führungspositionen oder ihr Verhalten in den Mittelpunkt.
In der weiteren Forschung wurde deshalb auf weitere Faktoren hingewie-
sen, die für den Führungsstil entscheidend sind, wie z.B. die situative Kons-
tellation. Diesen Aspekt greift der situative Ansatz (sog. contingency ap-
proach) auf, d.h. er berücksichtigt auch diese Einflüsse und bedient sich
somit einer dreidimensionalen Betrachtungsweise. Paul Hersey und Ken
Blanchard riefen diesen Ansatz mit Ihrem sog. ,,Reifegrad-Modell" im Jahre
1977 ins Leben. Dieses Modell bedachte den wichtigen Gesichtspunkt der
Situation im Prozess der Aufgabenbewältigung, hier den Reifegrad des
Mitarbeiters, der sich aus Motivation (psychologischer Reife) und Fähigkeit
(Arbeitsreife) zusammensetzt. Kritiker stellen vor allem die Oberflächlichkeit
des situativen Ansatzes fest. So bemerkt Wunderer, dass jegliches Verhal-
ten der Führungskraft aus der Situation heraus im Sinne des Ansatzes legi-
timiert werde, da es unter bestimmten Voraussetzungen notwendig er-
scheint. Hieraus ergebe sich die Gefahr, dass die autoritäre Führung auf-
grund einer bestimmten Situation eine trügerische Legitimation erfährt (vgl.
Wunderer 2003, S. 214). Neuberger beruft sich bei seiner Kritik darauf,
dass lediglich die Reife des Mitarbeiters im situativen Kontext einbezogen
werde. Das Dilemma der Führungskraft münde danach in immer wieder-
kehrender Veränderung, welche das Bewusstsein aller Führungsstile vo-
raussetzt. Oder sie forciert den totalen Verlust der Kontrolle und die daraus
resultierende Kapitulation. ,,Was an der situativen Führungstheorie richtig
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ist, ist Plattitüde oder Tautologie. Was an ihr neu ist, ist gefährlich. Sie tut
so, als ob Vorgesetzte an der Situation unschuldig seien und nur auf sie
reagieren könnten. Wenn sie daran glauben, greift das Andorra-Phänomen.
Sie werden zu dem, wofür sie sich halten" (Neuberger 2002, S. 532).
2.2.3 Neue
Führungsstile
Mitte der 1980er Jahre wurde der Ruf nach einem neuen Verständnis des
Führungsverhaltens und der damit verbundenen Führungsstile laut. ,,Globa-
lisierung", ,,technologischer Fortschritt" und ,,Wertewandel" ­ all diese Be-
griffe unterliegen der Dynamik und so gilt es auch, im Führungsstil dieser
Dynamik gerecht zu werden (vgl. Schaufler 2000, S. 14). Um diesen neuen
Gedanken vom traditionellen Führungsstil-Gedankengut zu trennen, spricht
man auch vom sog. new-genre leadership (vgl. Weibler 2012, S. 376).
"Leadership theory emerged in the trait theory of leadership which had
flaws that were tackled by explorations of leadership behaviours, but
the weaknesses in this approach, once identified, led to an understand-
ing of the necessity of gaining better understanding through analysis of
leadership situations. Eventually the fruitlessness of such approaches
was recognised, and this led to the emergence of theories of transfor-
mational and charismatic leadership, to guru theory discourses of lead-
ership and most recently to notions of post-heroic leadership and the
leader as servant" (Ford / Harding / Learmonth 2008, S. 13f).
Sind die traditionellen Führungsstile noch auf die Beziehung zwischen Füh-
rendem und Geführten aus, d.h. dass die Führungskraft Mitarbeiter dafür
zu gewinnen versucht, die von ihr vorgegebenen Ziele zu verfolgen und die
Mitarbeiter sich darauf einlassen, weil diese Zielverfolgung auch ihre eige-
nen Bedürfnisse befriedigt (vgl. Urban 2008, S. 122). Somit üben ,,die Wirk-
lichkeitskonstruktionen der Mitarbeiter und Führungskräfte einen entschei-
denden Einfluss auf das gesamte Führungsgeschehen [...]" aus (Rodler /
Kirchler 2002, S. 61ff).
Für vorliegende Arbeit ist hier nur kurz und im zweiten Teil vertiefter der
transaktionale und transformationale Führungsstil erwähnenswert. Nach
Neuberger geht der Ursprung dieser Ansätze auf James Burns zurück,
nach dem transaktionale Führung ,, [...] geschieht, wenn eine Person die
Initiative ergreift mit anderen Leuten in Beziehung zu kommen, um einen
Austausch wertvoller Dinge zu erzielen" (Neuberger 2002, S. 196). Lea-
dership wird beim transformationalen Führungsstil als ein Prozess gese-
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hen, bei dem Menschen stimuliert werden, ihre Arbeit aus einem anderen
Blickwinkel zu betrachten, und sie durch eine vom Leader angestoßene
Transformation zu Höchstleistungen motiviert werden (vgl. Burns 1978, S.
20).
,,Transformational leaders motivate others to do more than they original-
ly intended and often even more than they thought possible"
(Bass / Avolio 1994, S. 3).
Transformationale Führungskräfte ,,geben keine Befehle oder Anweisungen
­ sie inspirieren. Indem sie ihre Vision artikulieren, wirken sie intellektuell
und emotional stimulierend. Sie zeigen einen starken Glauben an diese
Vision und sie regen andere an, sie gemeinsam mit ihnen zu verwirklichen"
(Goleman 2000, S.239).
2.3 Führungskraft
Zur Führung bedarf es eines Führungsstils und zu dessen Umsetzung einer
Führungskraft. Zunächst erfolgt eine Definition und Erläuterung dazu, was
eine Führungskraft ausmacht.
2.3.1
Definition
Der Begriff ,,Führungskraft" wird in unterschiedlichen Bedeutungen verwen-
det.
Im Personalwesen werden Personen dann als Führungskräfte bezeichnet,
wenn sie eine leitende Stelle in einem Unternehmen oder in einer Behörde
einnehmen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird eine Führungskraft als
,,eine Person, die unternehmerische, organisatorische und leitende Funkti-
onen in sich vereint und die Aufgabe (und Fähigkeit) hat, ein Team zu mo-
tivieren und die Leistung einer Arbeitsgruppe maßgebend zu beeinflussen",
definiert (Linde 1989, S. 21).
2.3.2 Anforderungen
Aus den Definitionen Führung und Führungskraft und dem Überblick über
die Führungsstile ist bereits zu erkennen, dass von den Führungskräften,
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losgelöst vom Geschlecht, eine Vielzahl von Kompetenzen gefordert ist.
Allerdings gibt es kein allgemeingültiges Anforderungsprofil, denn die An-
forderungen sind wandelbar, vielfältig und variabel. Sie unterscheiden sich
unter anderem je nach hierarchischer Position, Branche und Unterneh-
mensgröße. Sie können in fachliche Qualifikationen, sowie Persönlichkeit
bzw. soziale Kompetenzen unterteilt werden (vgl. Linde 1989, S. 24).
Neben der Fachkompetenz sind Anforderungen, wie z.B. Intelligenz, analy-
tisches Denkvermögen, Einsatzbereitschaft und Loyalität als sog. klassi-
sche Anforderungen gefragt, die im Rahmen dieser Arbeit nicht näher er-
läutert werden.
An persönlichen Kompetenzen sollte eine Führungskraft in erster Linie
kommunikative Kompetenz haben (vgl. Henn 2012, S. 29ff). Führungskräf-
te können nicht nur Anweisungen geben. Sie müssen ­ bevor sie entschei-
den ­ den Meinungs- und Informationsaustausch mit ihren Mitarbeitern,
d.h. zweiseitige Kommunikation, pflegen. Dies führt zu gegenseitigem Ver-
trauen und somit zu einer guten Partnerschaft zwischen Führungskraft und
Mitarbeiter.
Bei zunehmender Komplexität der Aufgaben muss eine Führungskraft mit
anderen Menschen kooperieren, d.h. Informationen weitergeben, Kontakte
knüpfen, nach Konsens streben, den eigenen Standpunkt verdeutlichen
können, offen für Anregungen und teamfähig sein (vgl. Schaufler 2000, S.
15).
Ebenso notwendig ist Motivation, d.h. selbst begeisterungsfähig sein und
andere begeistern können, Selbsterkenntnis und Selbstregulation, d.h. die
Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln kritisch zu reflektieren und zu
kanalisieren. Einfühlungsvermögen (Empathie), genannt auch emotionale
Intelligenz, gehört ebenso zu den Anforderungen einer Führungskraft.
Transparenz und Authentizität des Führungsverhaltens, Berücksichtigung
von Bedürfnissen der Mitarbeiter, deren Wertschätzung und Anerkennung
und nicht zuletzt Vermitteln von Sinn und Vision, d.h. Führen mit Zielen,
sind ebenfalls als Kompetenzen gefragt (vgl. Staehle 1999, S. 34ff).
In diesem Zusammenhang wird auf eine Studie vom Sinus-Institut vom
März 2010, in Auftrag gegeben vom Bundesministerium für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend, hingewiesen (vgl. BMFSFJ 2010). Hier wurden
bei 511 Frauen und Männern in Führungspositionen 37 Führungseigen-
schaften und deren Wichtigkeit für erfolgreiches Führen erhoben und fol-
gende Top 10 ermittelt:
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Abbildung 1:
Top 10 der idealen Führungseigenschaften
Vorbildfunktion für Mitarbeiter
authentisch sein
fachliche Kompetenz
Konflikt- und Kompromissfähigkeit
Teamfähigkeit
Durchsetzungskraft
Entscheidungsfreude
Flexibilität im Denken und Argumentieren
Kommunikationsfähigkeit, rhetorische Stärke
delegieren können
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2010): Frauen
in Führungspositionen. Barrieren und Brücken,
Heidelberg, S.39
Die Auswertung der Befragung ergab auch, dass sowohl Frauen als auch
Männer dieselben Faktoren an die obersten Stellen setzen und somit die
wichtigsten Kompetenzen für Führungskräfte gleich wahrnehmen.
Diesem Ergebnis werden nachfolgend die sogenannten Geschlechterste-
reotype gegenübergestellt.
2.4 Geschlechterstereotype
Stereotype beschreiben die Erwartungen von Eigenschaften und Verhal-
tensweisen von Mitgliedern einer Gruppe (vgl. Schneider 2011, S. 83). Sie
resultieren aus dem Bedürfnis nach Kohärenz, Einfachheit und Vorherseh-
barkeit aufgrund der Informationsflut und angesichts einer zunehmend
komplexer werdenden sozialen Umwelt (vgl. Spreemann 2000, S. 13).
Deshalb entwerfen die Menschen in ihren Köpfen reduzierte Bilder, auf die
sie sich stützen können, um eine Erscheinung einer bestimmten Kategorie
zuzuordnen (vgl. Alfermann 1993, S. 302f).
Geschlechterstereotype sind eine Form von Stereotypen, die nicht nur vor-
schreiben, was typisch weiblich und typisch männlich ist, sie schreiben
auch vor, wie sich Frauen und Männer verhalten sollen. Um sie zu erfas-
sen, werden Personen befragt, in welchem Maße sie bestimmte Eigen-
schaften einem typischen Mann bzw. einer typischen Frau zuschreiben. Es
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entstehen daraus Listen über maskuline und feminine Eigenschaften
(vgl. Gmür 2004, S. 400).
Diese Merkmaldifferenzierung sieht ­ auf geschlechterspezifische Füh-
rungsstereotype übertragen ­ in der Gegenüberstellung, zur Klassifizierung
eines idealen Managers, wie folgt aussieht:
Abbildung 2: Geschlechterspezifische Führungsstereotype
Typisch Mann
Idealer Manager
Typisch Frau
dominant
führungswillig
unterordnend
autonom
autonom
abhängig
unemotional
beherrscht
emotional
selbstsicher
selbstsicher
empfindlich
aktiv
dynamisch
passiv
rational
rational
intuitiv
tatkräftig
entscheidungsfreudig
fürsorglich
leistungsorientiert
konfliktbereit
beziehungsorientiert
konkurrenzorientiert
einfühlsam
rücksichtsvoll
kooperativ
kommunikativ
Quelle: Meltzer-Hacker, S. (2008): Einflussfaktoren
auf Reaktionsweisen von weiblichen und männlichen
Führungskräften in kritischen Situationen mit Mitarbei-
tern und Mitarbeiterinnen, Diss., München, S. 65
Daraus wird ersichtlich, dass die geschlechtsstereotype Wahrnehmung von
Führung ­ bezogen auf die traditionellen Führungsstile ­ so geprägt ist,
dass das typische Bild einer erfolgreichen Führungskraft stärker mit dem
männlichen als mit dem weiblichen Stereotyp assoziiert wird (vgl. Weibler
2012, S. 497).
Mit dem Aufkommen der sog. Bewegung New Leadership rückten aller-
dings die weiblichen Stereotype, wie z.B. Hilfsbereitschaft, Empathie, Sen-
sibilität und Einfühlungsvermögen in den Vordergrund.
Lässt sich daraus ableiten, dass Frauen anders führen bzw. dass es einen
geschlechtsspezifischen, d.h. einen weiblichen Führungsstil gibt?
2.5 Geschlechterforschung
Mit der oben aufgeworfenen Frage befasst sich die geschlechterspezifische
Führungsforschung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Differenztheorie,
aber auch der Gleichheitstheorie. Bei der nachfolgenden Behandlung bei-
der Theorien gehe ich dabei auf die wesentlichen empirischen For-
schungsergebnisse ein.
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958207042
ISBN (Paperback)
9783958202047
Dateigröße
777 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,7
Schlagworte
Geschlechterstereotypisierung Differenztheorie Mixed Leadership glass ceiling think male Think manager

Autor

Jakob Fischer, B.Sc., wurde 1982 in München geboren. Nachdem er seine Ausbildung zum Bürokaufmann bei einem Personaldienstleister erfolgreich abgeschlossen hatte, nahm er im Oktober 2008 sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität in Hagen auf und schloss dies zu Beginn des Jahres 2014 mit dem Bachelor of Science ab. Jakob Fischer richtete sein Augenmerk dabei auf den Themenbereich „Personalführung“ und verfasste neben dieser Abschlussarbeit auch seine Seminararbeit zum Thema „Frauen und Führung – Vergütung und Karriereentwicklung von Frauen in der Bundesrepublik Deutschland“. Er ist gegenwärtig als Recruiter eines weltweit operierenden Sicherheitsunternehmens tätig und lässt dort seine wissenschaftlichen Kenntnisse in sein tägliches Arbeiten miteinfließen.
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Titel: Frauen und Führung: Die Suche nach dem idealen Führungsstil
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