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Handelsmarken: Ein Instrument zur Profilierung von Handelsunternehmen

©2011 Masterarbeit 70 Seiten

Zusammenfassung

Die Landschaft im heutigen Handelsgeschehen zeigt sich als äußerst vielfältig. Die Konsumenten können für ihren Einkauf aus einer Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten an Einkaufsstätten und einem gewaltigen Warenangebot frei nach ihren Bedürfnissen wählen. Die Handelsunternehmen werden zunehmend als austauschbar angesehen und der Wettbewerbsdruck steigt kontinuierlich.
Aus diesem Grund müssen die Handelsunternehmen versuchen, sich klar und deutlich vom Wettbewerb zu differenzieren, um von den Konsumenten nachhaltig wahrgenommenen zu werden und um sich in dessen Köpfen als dauerhaft kaufentscheidend zu etablieren. Den Konsumenten muss somit ein Mehrwert für seinen Einkauf geboten werden, damit dieses Ziel der Handelsunternehmen erreicht werden kann.
Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, führen immer mehr Handelsunternehmen die sog. Handelsmarken ein. Diese runden das Sortiment meist preislich nach unten ab und sorgen somit für eine Profilierung aus Sicht der Konsumenten. Zudem kann eine gewisse Individualität des Sortiments aufgebaut werden, so dass das Risiko der Austauschbarkeit deutlich gesenkt wird.
Seit Einführung der Handelsmarken haben diese stetig an Bedeutung hinzu gewonnen. In nahezu jedem Handelsunternehmen des deutschen LEH spielen Handelsmarken eine immer bedeutsamere Rolle. Besonders die Discounter, die in den letzten Jahren ein enormes Wachstum verzeichnen konnten, folgen diesem Prinzip, ihr Sortiment stark auf Handelsmarken auszurichten.
Weiterhin ist zu beobachten, dass sich die Handelsmarken im Laufe der Zeit immer mehr von einer Kopie des Markenartikels entfernen und sich zu einer eigenständig starken Marke entwickeln. Auch in Bezug auf die Qualität, stehen sie den Herstellermarken in nichts mehr nach. Das daraus resultierende bessere Preis-Leistungsverhältnis bewegt immer mehr Konsumenten dazu, Handelsmarkenprodukte zu kaufen. Die kontinuierliche Verbesserung der Produktqualität und die immer professionellere Handelsmarkenpolitik werden durch die Konsumenten mit steigenden Marktanteilen belohnt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2.3 Erscheinungsformen von Handelsmarken

Handelsmarken lassen sich grundsätzlich in drei Erscheinungsformen unterteilen: die Gattungsmarken, die klassischen Handelsmarken und die Premium Handelsmarken. Als wesentliches Unterscheidungskriterium dient das Preis-Leistungs-Verhältnis.35

Gattungsmarken, auch Generics, No-Name oder Weiße Ware bezeichnet, sind die erste Generation von Handelsmarken und wurden Ende der 60er Jahre erstmals eingeführt. Sie können als solche Produkte klassifiziert werden, welche nur die qualitativen Mindestanforderungen erfüllen. Sie bilden somit das Preiseinstiegsniveau eines Handelsunternehmens.36 Die Preise dieser Produkte sollten zwischen 30-40% unter denen der Markenartikel liegen, um erfolgreich vermarktet zu werden. Es handelt sich dabei v.a. um problemlose Güter, also Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs, bei denen für die Konsumenten ein niedriges Einkaufsrisiko besteht.37

Die Verpackung wird sehr einfach gehalten, meist unifarben und enthält neben der Gattungsbezeichnung, wie z.B. Mehl oder Zucker, nur wenige weitere Hinweise, die auf die Trägerfirma hinweist. Dadurch will das Unternehmen einen negativen Imagetransfer vermeiden.38

Der Einsatz von Gattungsmarken zielt v.a. als Marketinginstrument gegen den preisaggressiven Wettbewerb aus dem Discountsektor ab. Damit wird auch ersichtlich, dass der Preis das entscheidende Kaufmotiv für die Konsumenten darstellt.

Die Ziele des Einsatzes von Gattungsmarken aus Handelssicht sind v.a. die Gewinnung preisbewusster Käuferschichten, die daraus resultierende Kundenbindung, die Schaffung von mehr Transparenz im Sortiment, der Ersatz von ständigen Sonderangeboten durch Schaffung von Dauerniedrigpreisen und der Verzicht auf aufwendige Werbungs- und Verpackungskosten, welcher in Form niedriger Verkaufspreise an den Kunden weitergegeben wird.39

Als Beispiele für Gattungsmarken aus dem LEH können die Marken „Ja!“ von Rewe, „TIP“ von Real oder „A&P“ von Tengelmann genannt werden.

Die nachfolgende Abb. zeigt die Marke „Ja!“ von Rewe und dessen Produktvielfalt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Die Gattungsmarke Ja!

Quelle: Rewe: Ja! –Keiner ist billiger.

Die Marke „Ja!“ umfasst mittlerweile mehr als 500 Artikel sowohl im Food- als auch im Non-Foodbereich. Es handelt sich vordergründig um Basisprodukte in den einzelnen Segmenten. Wie der Abb. zu entnehmen, sind die Produkte alle durch ein einheitliches schlichtes Design gekennzeichnet. Die Grundfarbe ist weiß und der Schriftzug der Marke ist blau.

Rewe war eines der ersten Handelsunternehmen, das eine solche Gattungsmarke auf den Markt gebracht hat (1982). Der Grund dafür lag in der Tatsache, dass die Konsumenten vermehrt ihre Basisprodukte bei den Discountern kauften. Das Ziel war es somit, Anreize im Preiseinstiegssegment zu schaffen und um dadurch preisbewusste Käuferschichten wieder anzusprechen. Inzwischen hat sich die Marke „Ja!“ sehr erfolgreich am Markt etabliert und leistet derzeit ca. 20% des Gesamtumsatzes der Rewe -Gruppe.40

Klassische Handelsmarken, auch Imitationsmarken, Mee-too-Marken, Quasi-Marken oder Pseudomarken genannt, sind die zweite Generation von Handelsmarken und kamen Anfang der 80er Jahre auf den deutschen Markt. Gründe dafür waren in erster Linie ein zunehmendes Bestreben nach Emanzipation gegenüber den Herstellern klassischer Markenartikel und dem damit verbundenen Zugewinn an Verhandlungsmacht. Weiterhin sollte eine stärkere Profilierung des eigenen Sortiments und eine Abkopplung vom Preisvergleich mit konkurrierenden Handelsunternehmen ermöglicht werden.41

Sie werden qualitativ den Zweit- und Drittmarken der Hersteller gleichgesetzt, besitzen allerdings noch einen Preisvorteil von ca. 20-30%. Dadurch bieten sie den Konsumenten in Relation ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.42

Diese klassischen Handelsmarken sind häufig in Produktkategorien zu finden, in denen zum einen eine hohe Umschlagsgeschwindigkeit gegeben ist und zum anderen der Innovationsgrad ziemlich gering ist.43 Häufig imitieren sie die kaufrelevanten Merkmale der Herstellermarken, wie bspw. Verpackung, Farb- und Logogestaltung, weswegen sie auch die synonym verwendeten Bezeichnungen besitzen. Durch diese Art der Imitation können erhebliche Werbeaufwendungen eingespart werden, was letztlich zu einer deutlichen Renditeverbesserung der Handelsunternehmen führt.44

Des Weiteren werden immer mehr die Zweit- und Drittmarken der Markenhersteller verdrängt. Ziel ist es dabei, die Sortimentskomplexität aus Handelssicht zu reduzieren.45

Beispielhaft sind die Marken „Milsani“ von Aldi, „Real Quality“ von Real oder „Balea“ von dem Drogeriemarkt dm.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Die klassische Handelsmarke Balea

Quelle: dm: Balea men.

Die Handelsmarke „Balea“ (siehe Abb.) von dem Drogeriemarkt dm verfolgt diese Strategie der mittelpreisigen Positionierung und hat sich mittlerweile sehr erfolgreich am Markt positioniert. Unter dieser Marke werden Körperpflegeprodukte aller Art für Männer und Frauen angeboten. Wie der Abb. weiterhin zu entnehmen ist, ähnelt der Markenauftritt sehr stark dem von „Nivea“. Die Namen der einzelnen Produktlinien wurden zum Großteil übernommen und auch die Gestaltung von Verpackung, Farb- und Logogestaltung weist viele Gemeinsamkeiten mit „Nivea“ auf.46

Mit diesem Beispiel soll verdeutlicht werden, wie die Handelsunternehmen die Produkte der Hersteller imitieren. So sollen später Werbungs- und Vertriebskosten eingespart werden, um die Produkte schließlich mit einem Preisvorteil von 20-30% anbieten zu können.

Premium-Handelsmarken werden als qualitativ hochwertige Alternativen zu den führenden Herstellermarken angeboten und zählen zu der derzeitigen Generation, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Sie sind somit nicht mehr nur sog. Mee-too-Produkte, sondern individuelle Produkte, die durch ein eigenständiges Markenmanagement der Handelsunternehmen entwickelt werden und speziell zur Profilierung und Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern eingesetzt werden.47

Es soll ein einzigartiger Zusatznutzen vermittelt werden, der v.a. durch die hohe Qualität und der daraus resultierenden höheren Kundenzufriedenheit erreicht wird. Der Preis steht somit nicht mehr im Mittelpunkt der Kommunikationsbemühungen. Das Preisniveau ist vergleichbar mit dem der Herstellermarken. Wenn überhaupt, bieten sie einen Preisvorteil von ca. 5-10%.48

Premium-Handelsmarken bilden die Grundlage eines unverwechselbaren, unternehmensindividuellen Warenangebots und dienen als wichtiges Instrument, um im Bewusstsein des Konsumenten ein klares Vorstellungsbild des Handelsunternehmens zu schaffen.49

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass für diese Produkte verstärkt Werbemaßnahmen getätigt werden und das eine exklusive, eigenständige und individuelle Produktgestaltung konzipiert wird.50

Als Beispiele können hier die Marken „Naturkind“ von Tengelmann, „Edeka Bio“ von Edeka oder die Marke „Rewe Bio“ von Rewe angeführt werden.

Wie aus den Beispielen zu erkennen, handelt es sich überwiegend um Marken, die einen Bezug zur Natur und Ökologie herstellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Die Premium Handelsmarke Rewe Bio

Quelle: Rewe: Rewe Bio.

So werden auch unter der Marke „Rewe Bio“ ausschließlich Produkte aus biologischer Landwirtschaft angeboten.

Ein weiterer positiver Effekt, der als weiterer Zusatznutzen für die Konsumenten angesehen werden kann, liegt darin, dass mit jedem Kauf eines Rewe Bio-Produktes die biologische Landwirtschaft unterstützt wird und dadurch ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird.51

Die dargestellten Erläuterungen zu den einzelnen Erscheinungsformen von Handelsmarken werden mit Hilfe der folgenden Abb. nochmals verdeutlicht.

Die Gattungsmarken, die klassischen Handelsmarken und die Premium-Handelsmarken werden mit Hilfe der zwei Dimensionen Preis und Qualität voneinander abgegrenzt und die Positionierungsunterschiede zu den Herstellermarken werden verdeutlicht.52

Hohe Qualität

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Positionierung der einzelnen Handelsmarkenarten im Vergleich zu den Herstellermarken

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn, M: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 12.

2.2.4 Funktionen von Handelsmarken

Allgemein erfüllen Markenwaren, Hersteller- als auch Handelsmarken, drei Grundfunktionen: die Identifizierungsfunktion, die Herkunftsbestimmung und die Unterstützungsfunktion.53

Die Identifizierungsfunktion soll die Wiedererkennbarkeit und die Unterscheidung von anderen Waren erleichtern. Die Herkunftsbestimmung hat die Funktion, eine Ware dem entsprechenden Markeneigner zuzuordnen und die Unterstützungsfunktion bietet dem Markeneigner Unterstützung im Hinblick auf andere absatzwirtschaftliche Aktivitäten, wie bspw. bei der Werbe- oder Imagepolitik.54

Neben diesen drei genannten Grundfunktionen erfüllen Handelsmarken für die einzelnen Marktteilnehmer unterschiedliche, zum Teil entgegengesetzte Funktionen.55 Diese sind in der folgenden Abb. kurz dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Funktionen von Handelsmarken aus Hersteller-, Handels- und Konsumentensicht

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn, M: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 27.

Aus Herstellersicht können durch die Herstellung von Handelsmarken u.a. Überkapazitäten abgebaut, Absatzpotenziale erweitert und das eigene Produktportfolio ergänzt werden. Als positiver Nebeneffekt kann in diesem Zusammenhang das Unternehmensrisiko deutlich reduziert werden.56

Eine weitere Chance für die Hersteller entsteht durch die Möglichkeit, seine Fixkosten pro Stück zu reduzieren und Erfahrungskurveneffekte zu erzielen. Als abschließender Punkt soll die Verbesserung der Verhandlungsposition genannt werden, wodurch sich die Hersteller als kompetente Produzenten von Handelsmarken gegenüber dem Handel profilieren können.57

Aus Sicht der Handelsunternehmen erfüllen Handelsmarken andere Funktionen. Im Wesentlichen lassen sich vier Grundfunktionen abgrenzen, die Handelsmarken erfüllen müssen, damit das Handelsmarketing auch professionell ausgeübt werden kann:

- Preis-Leistungsfunktion: Dokumentation der preislichen Leistungsfähigkeit durch ein niedrigeres Preisniveau bei eigenen Marken im Vergleich zu den Herstellermarken.58

- Sortimentsleistungsfunktion: Aufzeigen eines individuellen, leistungsfähigen und den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumenten entsprechenden Sortiments. Mit Hilfe der Handelsmarken sollen v.a. Sortimentslücken geschlossen und eine breite Angebotspalette in der Einkaufsstätte gewährleistet werden.59

- Profilierungsfunktion: Diese Funktion steht im direkten Zusammenhang mit der Sortiments- und Preis-Leistungsfunktion und meint die Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern durch das Angebot eigener Produktranges. Der Grund für die Differenzierung liegt in der Tatsache, dass die Handelsmarken ausschließlich in den Einkaufsstätten des anbietenden Handelsunternehmens nachgefragt und erworben werden können.60

- Bindungsfunktion: Bildung einer emotionalen Bindung zwischen Handelsunternehmen und Kunden. Trägt eine Handelsmarke zur emotionalen Bindung bei, sind die Kunden bereit, Wiederholungskäufe zu tätigen.61

Neben diesen grundlegenden Funktionen, die Handelsmarken erfüllen müssen, um das Profil der Unternehmung zu stärken, gibt es noch weitere Funktionen, die sich aus der Sicht des Handels ableiten lassen.

- Polarisierungsfunktion: Deutliche Abgrenzung von anderen eigenen oder fremden Betriebstypen. Dadurch ist es dem Handel möglich, sich Preiskämpfen zu entziehen und seine Spannen zu sichern (Spannensicherungs-/ Ertragsverbesserungs-funktion).62
- Solidarisierungsfunktion: Einsatz von Handelsmarken in Verbundgruppen des Handels zur Kräftigung der Bindung innerhalb der Handelsgruppe.63
- Innovationsfunktion: Möglichkeit zur Entwicklung neuartiger Produkte oder eines neuen Markenkonzepts.64
- Gewerbliche Schutzfunktion: Inanspruchnahme des Warenzeichenschutzes, um sich seine Warenzeichen vor dem Einsatz durch Wettbewerber und/ oder Nachahmern schützen zu lassen.65

Zuletzt werden nun die Funktionen aus Konsumentensicht beschrieben. Hier erfüllen Handelsmarken primär die Funktion, den Konsumenten die Möglichkeit zu bieten, Produkte mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu erwerben.

Weitere Funktionen sind bspw. die größere Auswahl an Produkten, wodurch das Einkaufserlebnis erhöht wird, sowie der Möglichkeit preisgünstiger Probierkäufe. Abschließend ist es durch die größere Produktauswahl für den Konsumenten möglich, einen Herstellermarkenartikel gegen einen Handelsmarkenartikel zu substituieren.66

Die Abgrenzung zwischen Hersteller-, Handels- und Konsumentensicht verdeutlicht nochmals, dass einzelne der genannten Funktionen im unmittelbaren Konflikt zueinander stehen.

Als Beispiel kann die aus Sicht der Hersteller bestehende Funktion, Überkapazitäten abzubauen, genannt werden. Diese kann im Konflikt zur Funktion des Handels stehen, ein eigenständiges Sortimentsprofil aufzubauen, wenn die Hersteller bspw. nicht bereit sind, bestimmte Produktrezepturen einzuhalten.67

2.2.5 Ziele von Handelsmarken

Die Ziele der Handelsmarkenführung lassen sich, wie auch bei den Funktionen von Handelsmarken, in unterschiedliche Sichtweisen klassifizieren. In der Literatur werden sie in unternehmensinterne Ziele, kundenbezogene Ziele, konkurrenzbezogene Ziele und herstellerbezogene Ziele untergliedert.

In der folgenden Abb. werden die wichtigsten Handelsmarkenziele kurz aufgeführt, bevor detaillierter auf sie eingegangen wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Handelsmarkenziele

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dumke, S.: Handelsmarkenmanagement, S. 96.

Zunächst soll auf die unternehmensinternen Ziele der Handelsmarken eingegangen werden, bei denen primär die Verbesserung der Umsatzrenditen und damit die Steigerung des Gewinns im Vordergrund steht. Zurückzuführen ist dies v.a. auf den zunehmenden Preiswettbewerb der klassischen Markenartikel, durch den die Handelsspannen zunehmend unter Druck geraten.68

Mit dem Einsatz von Handelsmarken kann dem entgegengewirkt werden, da keine direkten Preisvergleiche für die Konsumenten mehr möglich sind. Voraussetzung für die Verbesserung der Handelsspannen ist jedoch, dass die niedrigeren Bezugskosten der Handelsmarken die höheren eigenen Kosten (z.B. Kommunikationskosten) und die niedrigeren Verkaufspreise überkompensieren.69

Ein weiteres wichtiges Ziel das angestrebt wird, ist die Sortimentsoptimierung. Dies kann zum einen durch eine Sortimentsbereinigung, d.h. eine Eliminierung von umsatzschwachen Herstellermarken (meist Zweit- und Drittherstellermarken) zugunsten von Handelsmarken und zum anderen durch eine Sortimentsergänzung, d.h. eine Füllung von Sortimentslücken durch Handelsmarken, erreicht werden.70 Kurz gesagt, geht es um die Erhöhung der Attraktivität des Sortiments. Durch die Sortimentsoptimierung werden schließlich Umsatzsteigerungen erwartet, die ein weiteres unternehmensinternes Ziel darstellen.71

Bei den kundenbezogenen Zielen gehört die Profilierung des Handelsunternehmens gegenüber den Wettbewerbern zu den wichtigsten Zielsetzungen. Durch den verstärkten Einsatz von Handelsmarken wird dies zunehmend realisiert und somit die Wettbewerbsposition gegenüber anderen Handelsunternehmen verbessert. Der Grund dafür ist, dass Handelsmarken nicht unmittelbar mit den Produkten der Wettbewerber vergleichbar sind. So können sie sowohl zum Aufbau eines positiven Images, als auch zur preislichen Differenzierung herangezogen werden.72

Aus diesem Ziel der Betriebsstättenprofilierung ergeben sich weitere Ziele, wie die Gewinnung neuer Kundengruppen, die Erhöhung des Bekanntheitsgrades des jeweiligen Handelsunternehmens und die Schaffung einer hohen Einkaufsstättentreue (Kundenbindung).73

Im Hinblick auf die konkurrenzbezogenen Ziele steht die Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern im Vordergrund. Dies ist bspw. durch ein exklusives Sortiment oder durch ein im Vergleich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis möglich.74

Des Weiteren werden durch den Einsatz von Handelsmarken, wie zuvor schon erläutert, die direkten Preisvergleiche mit den Produkten der Wettbewerber vermieden, was auch ein konkurrenzbezogenes Ziel darstellt.75

Abschließend werden die herstellerbezogenen Ziele kurz beschrieben. Hier zielen die Handelsunternehmen primär auf Unabhängigkeit und eine verbesserte Verhandlungsposition gegenüber den Herstellerunternehmen ab.76 Durch den Einsatz von Handelsmarken besteht bspw. die Möglichkeit, bei Konditionsverhandlungen überhöhte Preisforderungen der Herstellerunternehmen zu verhindern.77

Weiterhin wird von den Handelsunternehmen versucht, die Anzahl der Lieferanten zu reduzieren. Damit soll zum einen die Komplexität verkleinert und zum anderen die Beziehung zu den verbleibenden Lieferanten intensiviert werden.78

Die Bedeutungen der einzelnen Zielsetzungen haben sich in den letzten Jahren verändert. In der Vergangenheit dominierten im Handelsmarkenmanagement noch die ökonomischen Ziele, wie die Verbesserung der Umsatzrenditen. Im heutigen Handelsgeschehen gehört die Ertragsverbesserung zwar nach wie vor zu den wichtigsten Zielsetzungen, aber die kundenbezogenen Ziele rücken immer mehr in den Vordergrund. Demzufolge gehören heute die Betriebsstättenprofilierung durch den Einsatz von Handelsmarken und die daraus resultierende Kundenbindung zu den bedeutendsten Handelsmarkenzielen.79

Im Ergebnis kann also an dieser Stelle festgehalten werden, dass sich die Handelsmarkenführung vom kurzfristigen Gewinndenken zum langfristigen, strategischen Denken umorientiert hat. Demnach hat der Handel die hohe Bedeutung der Handelsmarke erkannt und verstanden, dass Markenführung im Kopf des Konsumenten stattfinden muss und sich durch ein hohes Maß an Beständigkeit auszeichnen sollte.80

3 Entwicklung und Wachstum von Handelsmarken

3.1 Handelsmarkenentwicklung

Die Entstehung der Handelsmarken ist auf das 13. Jahrhundert zurückzuführen, wobei sie aus den sog. Haus- bzw. Hofmarken hervorgegangen sind.81

In den 1930er Jahren kamen dann schließlich die ersten „richtigen“ Handelsmarken auf den Markt, die damals von dem Discountsektor in das Sortiment aufgenommen wurden. Es war die erste Reaktion auf die klassischen Herstellermarken, wie bspw. „Jacobs“ oder „Persil“, die durch den Beginn der industriellen Massenfertigung aufkamen.82

Bei der Betrachtung der jüngeren Geschichte, wobei der Discountsektor ausgeblendet wird, lässt sich dessen Entwicklung in drei zentrale Abschnitte einteilen. Hier wurden die ersten Handelsmarken Ende der 1960er Jahre eingeführt und zielten v.a. als Marketinginstrument gegen den preisaggressiven Wettbewerb aus dem Discountsektor ab. Es handelt sich hierbei um die sog. Gattungsmarken, die die erste Generation der Handelsmarken darstellen.83

Im deutschen LEH hat die Unternehmensgruppe Tengelmann als Erstes damit begonnen, eine solche Marke am Zielmarkt zu positionieren. Die Marke wurde im Jahr 1979 unter dem Namen „A+P“ (Attraktiv und Preiswert) eingeführt und sollte dem Konsumenten eine attraktive Alternative zu den Produkten der Discounter bieten.

Seit diesem Zeitpunkt haben die Handelsmarken stets an Bedeutung gewonnen (siehe Abb. 8) und werden zunehmend von den Handelsunternehmen als Marketinginstrument eingesetzt.84

Die zweite Generation sind die klassischen Handelsmarken, die in den 1980 Jahren in den Markt eingeführt wurden. Gründe dafür waren v.a. ein zunehmendes Bestreben der Handelsunternehmen nach Emanzipation gegenüber den Herstellern klassischer Markenartikel, eine stärkere Profilierung des eigenen Sortiments und eine Abkopplung vom Preisvergleich mit konkurrierenden Handelsunternehmen.85

Das Angebot der Handelsmarken wurde dabei auf einen Großteil der Sortimentskategorien ausgeweitet, so dass sie immer mehr an Marktanteilen hinzu gewinnen konnten.86 Der prozentuale Anteil der Handelsmarken am Gesamtumsatz beträgt zu dieser Zeit (1985-1995) schon rund 20%, was diese Aussage unterstützt.

Die dritte Phase der Handelsmarkenentwicklung umfasst die Einführung von Premium-Handelsmarken in den 1990er Jahren. In Bezug auf die Qualität, Produktgestaltung, Platzierung und Werbemaßnahmen wurde hier eine Angleichung dieser Produkte an die bekannten Herstellermarken angestrebt. Somit sind sie nicht mehr nur sog. Mee-too-Produkte oder günstige Alternativen zu den Discountern, sondern individuelle Produkte, die durch ein eigenständiges Markenmanagement entwickelt werden und speziell zur Profilierung und Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern eingesetzt werden.87

Seit Einführung der Premium-Handelsmarken ist der Marktanteil drastisch gestiegen, da immer mehr Handelsunternehmen die Bedeutung der Handelsmarken erkennen und demnach versuchen, diese als Profilierungsinstrument zu nutzen.

Die nachfolgende Abb. zeigt die Entwicklung der Marktanteile von Handelsmarken in der Zeit von 1975 bis 2008.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Entwicklung der Marktanteile von Handelsmarken in Deutschland

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Esch, F.-R.: Strategie und Technik der Markenführung, S. 50.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass der Handelsmarkenerfolg stark mit dem Erfolg der Discounter verbunden ist. Zum einen sind Handelsmarken stark in deren Sortimenten vertreten, so dass sie von dem raschen Wachstum dieses Betriebstyps profitieren. Des Weiteren hat die eigentliche Einführung der Handelsmarken im Discountsektor begonnen. Zum anderen wer den die Handelsmarken aber auch von den anderen Betriebstypen als Gegenstrategie gegen das starke Discounterwachstum eingesetzt.88

Der zweite zentrale Erfolgsfaktor, der sich aus der Abb. ableiten lässt, ist die Einführung der Premium-Handelsmarken. Mit diesen wird erstmals eine deutliche Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern und eine Profilierung der eigenen Einkaufsstätte ermöglicht.89

Schaut man sich die Entwicklung der Handelsmarken in anderen Ländern Europas an, ist ein ähnlicher Trend zu erkennen. Gemäß einer im Jahr 2005 veröffentlichten Studie des Informations- und Medienunternehmens AC Nielsen Company GmbH, ist in fast allen Ländern ein stetiges Wachstum der Handelsmarken zu beobachten. In der folgenden Abb. ist das Ergebnis dieser Studie dargestellt und zeigt die Marktanteile der Handelsmarken in den einzelnen Ländern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Handelsmarkenanteil nach ausgewählten Ländern

Quelle: http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/wirtschaft/material/unterrichtwi/bwl/absatz/hersteller- handelsmarken/21310_HighRes-JPEG-color.jpg

Wie der Abb. zu entnehmen ist, erreicht die Schweiz mit 41% den höchsten Handelsmarkenanteil gefolgt von Großbritannien mit 40% und Deutschland mit 35%.

[...]


35 Vgl. Theis, H.-J.: Handels-Marketing, S. 557.

36 Vgl. Ackermann, C.: Markenpolitik als Erfolgsfaktor, S. 88. Bruhn, M.: Handelsmarken –Erscheinungsformen, Potenziale und strategische Stoßrichtungen, S. 634 f.

37 Vgl. Köhler, C.: Handelsmarken von Discountern, S. 12. Liebmann, H.-P.; Zentes, J.: Handelsmanagement, S. 495.

38 Vgl. Ahlert, D.; Berentzen, J.-B.: Solution Selling für Handelsmarken, S. 13. Baum, F.: Handelsmarketing, S. 219. Haedrich, G.; Tomczak, T.; Kaetzke, P.: Strategische Markenführung, S. 242.

39 Vgl. Baum, F.: Handelsmarketing, S. 219.

40 Vgl. Winderl, D.: Rewe: Ja! Die erste Antwort auf Aldi

41 Vgl. Weise, C.: Hersteller- und Handelsmarken im Kaufentscheidungsprozess, S. 41.

42 Vgl. Ahlert, D.; Berentzen, J.-B.: Solution Selling für Handelsmarken, S. 13 f. Bruhn, M.: Handelsmarken –Erscheinungsformen, Potenziale und strategische Stoßrichtungen, S. 634. Dölle, V.: Konzepte und Positionierung der Handelsmarken, S. 139.

43 Vgl. Meffert, H.; Burmann, C.; Koers, M.: Markenmanagement, S. 179.

44 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.; Schneider, D.: Markenmanagement im Handel, S. 35.

45 Vgl. Ahlert, D.; Berentzen, J.-B.: Solution Selling für Handelsmarken, S. 14.

46 Vgl. Jabri, A.-Z.: Handelsmarken, S. 34.

47 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.: Handelsmarketing, S. 331.

48 Vgl. Dölle, V.: Konzepte und Positionierung der Handelsmarken, S. 139.

49 Vgl. Ahlert, D.; Berentzen, J.-B.: Solution Selling für Handelsmarken, S. 15.

50 Vgl. Meffert, H.; Burmann, C.; Koers, M.: Markenmanagement, S. 179.

51 Vgl. Jabri, A.-Z.: Handelsmarken, S. 35.

52 Vgl. Schenk, O.: Handels-, Gattungs- und Premiummarken des Handels, S. 129.

53 Vgl. Liebmann, H.-P.; Zentes, J.: Handelsmanagement, S. 498.

54 Vgl. Liebmann, H.-P.; Zentes, J.: Handelsmanagement, S. 498.

55 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 27.

56 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 28. Hilt, C.: Handelsmarken-Portfolio, S. 15 f.

57 Vgl. Zentes, J.; Swoboda, B.: Hersteller-Handels-Beziehungen aus marktpolitischer Sicht, S. 1080.

58 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.: Handelsmarketing, S. 149. Hilt, C.: Handelsmarken-Portfolio, S. 16.

59 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 28. Esch, F.-R.: Strategie und Technik der Markenführung, S. 538. Liebmann, H.-P.; Zentes, J.: Handelsmanagement, S. 498.

60 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.: Handelsmarketing, S. 149. Hilt, C.: Handelsmarken-Portfolio, S. 16.

61 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.: Handelsmarketing, S. 149.

62 Vgl. Bruhn, M.: Handelsmarken –Erscheinungsformen, Potenziale und strategische Stoßrichtungen, S. 649. Liebmann, H.-P.; Zentes, J.: Handelsmanagement, S. 498.

63 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 28. Liebmann, H.-P.; Zentes, J.: Handelsmanagement, S. 498.

64 Vgl. Hilt, C.: Handelsmarken-Portfolio, S. 17.

65 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 28. Liebmann, H.-P.; Zentes, J.: Handelsmanagement, S. 498.

66 Vgl. Hilt, C.: Handelsmarken-Portfolio, S. 17.

67 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 28.

68 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.; Schneider, D.: Das Wachstum der Handelsmarken, S. 252. Dumke, S.: Handelsmarkenmanagement, S. 96.

69 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 29 f.

70 Vgl. Dumke, S.: Handelsmarkenmanagement, S. 96. Haedrich, G.; Tomczak, T.; Kaetzke, P.: Strategische Markenführung, S. 242.

71 Vgl. Dumke, S.: Handelsmarkenmanagement, S. 98.

72 Vgl. Baum, F.: Handelsmarketing, S. 215. Esch, F.-R.: Strategie und Technik der Markenführung, S. 555. Theis, H.-J.: Handels-Marketing, S. 564.

73 Vgl. Dumke, S.: Handelsmarkenmanagement, S. 96 f. Haller, S.: Handels- Marketing, S. 150 f.

74 Vgl. Köhler, C.: Handelsmarken von Discountern, S. 23.

75 Vgl. Dumke, S.: Handelsmarkenmanagement, S. 99.

76 Vgl. Haller, S.: Handels- Marketing, S. 150 f. Theis, H.-J.: Handels-Marketing, S. 564.

77 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 31.

78 Vgl. Dumke, S.: Handelsmarkenmanagement, S. 104. Haedrich, G.; Tomczak, T.; Kaetzke, P.: Strategische Markenführung, S. 242.

79 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.; Schneider, D.: Das Wachstum der Handelsmarken, S. 252.

80 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.; Schneider, D.: Das Wachstum der Handelsmarken, S. 252.

81 Vgl. Schenk, O.: Handels-, Gattungs- und Premiummarken des Handels, S. 122.

82 Vgl. Schenk, O.: Handels-, Gattungs- und Premiummarken des Handels, S. 122.

83 Vgl. Schenk, O.: Handels-, Gattungs- und Premiummarken des Handels, S. 122.

84 Vgl. Bruhn, M.: Handelsmarken –Erscheinungsformen, Potenziale und strategische Stoßrichtungen, S. 638.

85 Vgl. Bruhn, M.: Bedeutung der Handelsmarke im Markenwettbewerb, S. 14. Weise, C.: Hersteller- und Handelsmarken im Kaufentscheidungsprozess, S. 41.

86 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.; Schneider, D.: Markenmanagement im Handel, S. 35.

87 Vgl. Ahlert, D.; Kenning, P.: Handelsmarketing, S. 331.

88 Vgl. Weise, C.: Hersteller- und Handelsmarken im Kaufentscheidungsprozess, S. 16.

89 Vgl. Weise, C.: Hersteller- und Handelsmarken im Kaufentscheidungsprozess, S. 16.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783958207288
ISBN (Paperback)
9783958202283
Dateigröße
10 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Göttingen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Markenmanagement Markenpolitik Produktpolitik Sortimentspolitik Herstellermarke
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