Lade Inhalt...

Alternative und innovative Finanzierungsmodelle von Fußballvereinen: Darstellung einer innovativen Finanzierungsmöglichkeit und deren Akzeptanz bei den Fans

©2013 Bachelorarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

Gerade für kleinere Vereine in der 2. und 3. Fußballbundesliga reichen die traditionellen Einnahmequellen wie z.B. Ticket- und Fanartikelverkäufe, Hauptsponsoring, Prämienauszahlungen, Bandenwerbung oder TV-Honorare nicht aus, um den hohen Aufwand insbesondere im Personalbereich zu decken. (vgl. Stern, v. 16.12.2005) Der Personalaufwand für die Fußballspieler wird durch ihre sportliche Leistung bestimmt. Die sportliche Leistung der Spieler determiniert den sportlichen und somit auch den wirtschaftlichen Erfolg des Vereins. Dadurch, dass der Produktionsfaktor Arbeit in einem Sportverein nicht durch Kapital substituierbar ist oder durch eine bestimmte Einsatzmenge ausgedehnt werden kann, sind die steigenden Gehälter und Ablösesummen durch die positive Entwicklung der Branchenerlöse zu erklären.(vgl. Hübl/Peters/Swieter 2002) Um konkurrenzfähig mit den anderen Fußballclubs zu bleiben, müssen die Vereine daher hohe Gehälter zahlen und teure Spieler kaufen.
Weiterhin entwickelt sich die Schere zwischen den armen und reichen Vereinen immer weiter auseinander, da sich die Gesamteinnahmeströme hin zu den Großvereinen verschieben. Flexibilität bei neuen Finanzierungswegen ist daher besonders wichtig. Finanzierungsalternativen ergeben sich u.a. durch Finanzierung über Anleihen, durch von Fans oder ähnlich organisiertes Fundraising, Börsengänge oder durch Mezzanine-Finanzierung (vgl. Geissler 2005).
In der vorliegenden Abschlussarbeit möchte der Autor eine innovative Finanzierungsform analysieren und diese auf Akzeptanz und Marktfähigkeit prüfen. Dabei werden die Darstellungen und Ergebnisse überwiegend auf den Sportverein Babelsberg 03 e.V. spezifiziert werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Innovative Finanzierungsmethoden

Jägermeister revolutioniert den Fußball. So oder so ähnlich werden die Schlagzeilen am 25. März 1973 gelautet haben. Denn einen Tag zuvor lief der Fußballverein Eintracht Braunschweig als erster deutscher Fußballclub mit einem Logo von Jägermeister auf dem Trikot auf (vgl. Hoffmann, 2001, S. 340). Der damalige Fabrikant erschloss dem Profi-Sport somit neue Einnahmequellen. Acht Jahre später gab es keinen Fußballclub mehr ohne Trikotwerbung (vgl. Hildebrandt & Parr, Braunschweiger Zeitung, v. 27.02.2008). Die einst innovative Finanzierungsform bildet fast 40 Jahre später eine der größten Einnahmequellen des Profifußballs und ist generell im Profisport nicht mehr wegzudenken. In diesem Kapitel werden einige innovative Finanzierungsmodelle der letzten zehn Jahre vorgestellt. Daraufhin wird kurz auf ihre Anwendbarkeit auf Babelsberg 03 Bezug genommen.

Fananleihen

2004 und 2005 wandten Hertha BSC und der 1. FC Köln mit Inhaberschuldverschreibungen, welche im Freiverkehr der Börse Berlin-Bremen handelbar bzw. bei der Sparkasse Köln/Bonn zeichenbar waren, direkt an die eigenen Fans. Dabei wurden bei Hertha BSC Globalurkunden im Nennbetrag von 3 Mio. € und zusätzlich 3 Mio. € in effektiven Stücken als „Schmuckurkunden“ gezeichnet. Beim 1. FC Köln konnten die Fans sich die Urkunde in der Hauptfiliale Sparkasse Köln-Bonn selbst abholen und von Spielern des Kaders unterschreiben lassen. (vgl. Laner & Nelles, 2007, S. 61) Dies steigert den ideellen Wert der Urkunde und verstärkt die emotionale Komponente. Mittlerweile wird dieses Verfahren häufiger angewendet. Teure Bankkredite werden auf diese Art und Weise in günstige Anleihen substituiert. 2010 konnte der FC Schalke 04 mit einem Emissionsvolumen von rund 11 Mio. € einen großen Finanzierungserfolg verbuchen. Die Fans konnten u. a. Schmuckurkunden im Wert von 100 €, 500€ oder 1904 € zeichnen. Der Fan erhielt eine Schmuckurkunde und 5,5%- Verzinsung. Die Laufzeit beträgt sechs Jahre. (vgl. FC Schalke 04, 2013) Es ist davon auszugehen, dass viele Fans bei einem Kauf einer Schmuckurkunde auf die Rückzahlung am Ende der Laufzeit verzichten. Der ideelle Wert steht hierbei deutlich im Vordergrund. Mittlerweile haben elf Profifußballclubs eine Fananleihe auf den Markt gebracht. „Man kann die berechtigte Hoffnung haben, dass nicht alle ihre Zinsen zurückverlangen und ihre Urkunden zurückgeben.“ (HSV-Präsident Carl Jarchow in Lorenzen, zdfsport.de, v. 25.10. 2012) Die Urkunden sind demnach eher unter den Luxus-Fanartikeln einzuordnen. „Man kann es sich nur mit der Leidenschaft der Fans für den Verein erklären.“ (Weimar in Lorenzen, zdfsport.de, v. 25.10.2012) Doch nicht alle sind gleichermaßen erfolgreich. 1860 München verkaufte nur 7,5 % der Anteile und Hansa Rostock deckte mit 6,0 % gezeichneter Anteile gerade einmal die Emissionskosten. (vgl. Lorenzen, zdfsport.de, v. 25.10.2012) Die Fanstruktur, das Risiko und der Zweck der Anleihe spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Für einen kleinen Verein, wie den Sportverein Babelsberg 03 e.V., mit einer starken Fanbasis scheint die Emission einer Fananleihe sinnvoll. Allerdings sollte ein klarer Zweck für die Anleihe ausgegeben werden. Der Erfolg der Emission ist wohl vielversprechender, wenn die eingenommenen Finanzmittel für die Sicherheit des Stadions oder für die Förderung der Jugend verwendet werden statt für teure Transfers oder die einfache Liquiditätsbeschaffung. (vgl. Weimar in Lorenzen, zdfsport.de, v. 25.10.2012) Es handelt sich bei der Fananleihe um Fremdkapital. Das dringend benötigte Eigenkapital kann dadurch nicht erhöht werden. Bei sportlichem Abstieg droht zudem ein Zahlungsausfall. Das Risiko, eine Anleihe zu emittieren, ist für einen finanzschwachen Verein somit sehr hoch und dadurch auch für Babelsberg 03 eher ungeeignet.

Genussscheine

Als erster Club gelang es dem 1. FC Köln im Rahmen einer Privatplatzierung Genussrechte bei institutionellen Großinvestoren abzusetzen. 5 Mio. € konnten über einen 10-jährigen Genussschein eingenommen werden. (vgl. Laner & Nelles, 2007, S. 62) Der Inhaber des verbrieften Genussrechts kann schuldrechtliche Ansprüche, Zins und Tilgung, entstehen lassen. Außerdem kann ein Genussschein auch Vermögensrechte (Beteiligung am Gewinn/Verlust oder an einem möglichen Liquiditätserlös) verbriefen. (vgl. Busse, 2003, S. 590) Ein großer Vorteil besteht darin, dass unter bestimmten Voraussetzungen der Genussschein dem haftenden Eigenkapital zuzurechnen ist.

Zudem gibt es keine Mitwirkungsrechte (z.B. Teilnahmerechte an, Stimmrechte in der Hauptversammlung) für den Genussscheininhaber. Es handelt sich bei den Genussrechten um eine Art stille Beteiligung (vgl. Perridon et al., 2012, S. 454). Ein weiterer und sehr interessanter Vorteil vor allem für Fußballclubs, welche in der Rechtsform e.V. ihre Fußballlizenzabteilung führen, ist die Möglichkeit der Ausgabe durch Organisationen jeder Rechtsform (vgl. Laner & Nelles, 2007, S. 62). Die Frage lautet, ob ein eher kleiner Fußballverein für Investoren attraktiv genug ist, um sich an diesem mit einem höheren Betrag zu beteiligen. Eine positive sportliche Perspektive ist für einen geeigneten Gläubiger in jedem Falle wünschenswert. Erfolgsversprechende Rahmenbedingungen können hierbei ein geringer fixer Basiszinssatz und variable, vom Eintreten bestimmter sportlicher Erfolge (z. B. Aufstieg in eine höhere Liga) abhängige Sonderzinsprämien sein (vgl. Weilguney, 2004, S.25). Diese Variante der Kapitelaufnahme ist für Babelsberg 03 eher geeignet. Dazu muss jedoch ein passender Gläubiger gefunden werden, der bereit ist, sich an dem Verein zu beteiligen.

Asset-Backed-Securities

Bei Asset-Backed-Securities handelt es sich um den Verkauf von Forderungen, die einen Cash Flow generieren. Diese Anleihen werden nicht von dem Club selbst, sondern von einem für diesen Zweck gegründeten Unternehmen ausgegeben. (vgl. Kern, 2007, S. 160) Dieses nennt man „Special Purpose Vehicle“ kurz SPV (vgl. Ebberg, 1997, S. 13 ff.). Das SPV kauft die Assets und finanziert den Kaufpreis durch die Emission von Schuldtiteln an Anleger auf dem Kapitalmarkt. Daraufhin wird der Kaufpreis als Einmalbetrag an den Fußballclub überwiesen. (vgl. Keller, 2006, S. 173) Bundesligaclubs haben in der Regel keinen nennenswerten Forderungsbestand. Daher werden als erwartete Cash Flows Ticketerlöse, TV-Einnahmen oder Sponsoring-Einnahmen verkauft. (vgl. Leki, 2004, S. 173) 2003 hatte der FC Schalke 04 als erster deutscher Fußballclub eine festverzinsliche Anleihe ausgegeben. (vgl. Laner & Nelles, 2007, S. 60) Im ersten Schritt belief sich das Volumen auf 75 Mio. €, 2004 wurden weitere 10 Mio. € platziert (vgl. Süßmilch & Elter, 2004, S. 113 ff.). Im Gegenzug tritt der Verein über die Laufzeit von 24 Jahren einen Teil der Zuschauereinnahmen aus dem Stadion von bis zu max. 9 Mio. € pro Saison ab (vgl. Roventa & König, 2004, S. 7–8). Seitdem kam es in Deutschland jedoch zu keinen Verkäufen mehr von ABS. Negativerfahrungen und ein hohes Risiko durch fehlende Tilgungen scheinen vor allem die Investorenseite abgeschreckt zu haben. (vgl. Kern, 2007, S. 175–177) Kleine Fußballvereine mit einem geringen Zuschauerschnitt kommen daher erst recht nicht für potentielle Investoren infrage. Demzufolge ist dieses Finanzierungskonzept absolut unpassend für Babelsberg 03.

Fan-Organisationen

In vielen Fußballclubs sind die Fans mit ihrem Verein emotional tief verbunden. Für diese Fans ist der Verein mehr als die Fußballmannschaft, welche Woche für Woche in der Meisterschaft oder im Pokal um den sportlichen Erfolg kämpft. Der Verein stellt ein Lebensgefühl dar. Eines der besten Beispiele ist ohne Zweifel der 1. FC Union Berlin. Schon 1997 liefen 3000 Anhänger des Vereins unter dem Motto „Rettet Union!“ durch das Brandenburg Tor. 2005 starteten die Fans die Initiative „Bluten für Union“, um die geforderten Liquiditätsreserven in Höhe von 1,46 Mio. € aufzubringen. Das erhaltene Geld für eine Blutspende spendeten die Fans an den Verein. Zusätzlich verkauften sie zu diesem Anlass T-Shirts, veranstalteten Benefiz-Spiele und Rock-Konzerte. 2008 beteiligten sich 2000 freiwillige Helfer an den Sanierungsarbeiten des Stadions „An der Alten Försterei“. Insgesamt kamen 140.000 unentgeltliche Arbeitsstunden zusammen. Dieser Einsatz entspricht in etwa 2 Mio. €. (vgl. Reitz, Zeit, v. 21.10.2009, S.2)

Eine weitere von Fans organisierte Spendenaktion gab es im Jahr 2011. Der Sportverein Babelsberg 03 e.V. hatte akute Finanzierungsprobleme. Die Fans sammelten daraufhin Pfandflaschen und starteten im Internet, z. B. über Facebook, Aufrufe zu Spenden. (SV Babelsberg 03 e.V., 2011, Stadionheft v. 28.07.2011, S. 28–29) Hierbei zeigt sich, dass durch eine tiefe Verbundenheit der Fans mit dem Verein ein großes Investorenpotential besteht. Das in dieser BA theoretisch ausgearbeitete Konzept einer Genossenschaft zur Förderung des Fußballvereins (Kap. 3) stellt eine Kombination aus Vereins- und Faninitiative dar, welche in Deutschland einzigartig ist. Dabei bildet die Emotionalisierung einer starken Fanbasis mit dem Fußballclub für die Umsetzung des Konzeptes eine der zentralen Voraussetzungen.

3. Darstellung des Konzeptes einer innovativen Finanzierungsmöglichkeit in Form einer eingetragenen Fördergenossenschaft

In diesem Kapitel wird das Konzept einer innovativen Finanzierungsmöglichkeit beschrieben. Das Konzept setzt die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft voraus. In diesem Zuge werde ich kurz den Begriff Genossenschaft definieren und auf die Besonderheiten der Unternehmensform und Unterschiede im Vergleich zu einem Verein eingehen. (Kap. 3.1) In Kapitel 3.2 befasse ich mich mit der Marktanalyse hinsichtlich des beschrieben Konzeptes gefolgt von der Ausarbeitung eines möglichen Marketingkonzeptes. (Kap. 3.3)

3.1 Darstellung der eingetragenen Genossenschaft, Rechtsform, Innovation,
Förderzweck und Organisation des Konzeptes

Genossenschaft

§ 1 Abs. 1 GenG definiert die Genossenschaft als „Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern“. Die Vorteile der Genossenschaften im Gegenzug zu Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften liegen in der offenen Mitgliederzahl. Der freie Wechsel des Mitgliederbestandes hängt nicht von der Zustimmung der anderen Mitglieder ab und der Mitgliederstand wird nicht durch die Zahl der Geschäftsanteile fixiert. Zudem ist die Gründung einer Genossenschaft deutlich erleichtert und insbesondere kleinere Genossenschaften sind von bürokratischem Aufwand entlastet. Dazu gehört u. a. die Befreiung von der Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses bei einer Bilanzsumme bis 1 Mio. € oder mit Umsatzerlösen bis 2 Mio. €. Genossenschaften werden nach der wirtschaftlichen Zweckbestimmung eingeteilt. Für den Zweck der Förderung eines Fußballvereins ist die Gründung der Genossenschaft zur Förderung sozialer oder kultureller Belange vorteilhaft. Hierbei muss die Förderleistung im Rahmen eines gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes erfolgen, was in der Regel bereits durch eine entsprechende personelle und sachliche Ausstattung gewährleistet ist. Auch sind die Kapitalbeschaffung und Kapitalerhaltung durch die Zulassung der Sachgründung, die Möglichkeit, ein Mindestkapital einzuführen und dadurch dass rein investierende Mitglieder zugelassen werden können, unkompliziert. (vgl. Klunzinger, 2009, S. 312–313) Für Verbindlichkeiten an Gläubigern haftet nur das Vermögen der Genossenschaft (vgl. § 2 GenG). Die Haftung ist bei der eG grundsätzlich beschränkt. Das bedeutet, dass die Mitglieder der Genossenschaft nicht mit ihrem privaten Vermögen haften. In § 105 GenG sehen die gesetzlichen Regelungen zwar eine Nachschusspflicht für Mitglieder vor, diese kann jedoch in der Satzung sowohl beschränkt als auch vollkommen ausgeschlossen werden. (vgl. gruendermarkt.de, 2013) Sofern ein Mitglied aus der eG austreten möchte, kann es seinen eingezahlten Beitrag zurückverlangen. „ Das ausscheidende Genossenschaftsmitglied hat Anspruch auf Auszahlung des sich nach der Bilanz ergebenen Geschäftsguthabens binnen sechs Monaten.“ (ZDK, 2013) Genossenschaften können ein Projekt schaffen, an dem die Mitglieder ein soziales und kulturelles Interesse haben. Voraussetzung dafür ist ein gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb. (vgl. Röhrich, 2006, S .42)

Satzungsentwurf

Im Folgenden wird ein Auszug des Satzungsentwurfes, welcher zusammen mit einem Vorstandsmitglied vom Sportverein Babelsberg 03 e.V. und dem Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e.V. (ZdK) ausgearbeitet wurde, dargestellt.

Satzung von Babelsberg 03: § 2 Zweck und Gegenstand

(1) Die Genossenschaft bezweckt die Förderung der Wirtschaft oder des Erwerbs der Mitglieder oder die Förderung der sozialen oder kulturellen Belange der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes.

(2) Der Gegenstand der Genossenschaft ist insbesondere

a) eine zum Nutzen ihrer Mitglieder erfolgende Förderung und Unterstützung des Profifußballs in Babelsberg,
b) die Förderung und Erhaltung des unabhängigen Fußballprofivereins SV Babelsberg 03 e.V., c) die Information ihrer Mitglieder über aktuelle Entwicklungen bei dem SV Babelsberg 03 e.V.,
d) die Einbindung ihrer Mitglieder in die Bonusprogramme des SV Babelsberg 03 e.V.

(3) Die Geschäfte mit Nichtmitgliedern sind zulässig.

(4) Die Genossenschaft kann sich an anderen Unternehmen und dabei insbesondere am SV Babelsberg 03 e.V. beteiligen.

(unveröffentlichter Satzungsentwurf vom Sportverein Babelsberg 03 e.V.)

Genossenschaft vs. Verein

Wie bereits in Kapitel 2.1 unter dem Punkt Rechtsform kurz beschrieben, widerspricht ein Verein (e.V.) seinem typischen ideellen Vereinszweck, sofern dieser versucht Geschäftsbeziehungen mit seinen Mitgliedern auszuüben. Unternehmerisch tätige Vereine sind keine Idealvereine, sondern solche, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Sofern der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Vereins zur Unterstützung seines ideellen Hauptzweckes Vorrang hat, wird dies als so genanntes Nebenzweckprivileg des Idealvereins von der Rechtsordnung toleriert. Als Beispiel kann man hier die Vereinsgaststätte nennen. Ein darüber hinausgehender Geschäftsbetrieb des Idealvereins stellt einen Verstoß gegen die Rechtsform des e.V. dar. Die eG ist ein förderwirtschaftlicher Verein. Während ein Verein sich überwiegend durch die Vereinsbeiträge finanziert, werden in der Satzung der eG die Geschäftsanteile der Mitglieder und die daraus folgenden Einzahlungen festgelegt.

Da eine Genossenschaft grundlegend in Geschäftsbeziehungen mit seinen Mitgliedern tritt, ist diese Unternehmensform stark einlagen- und geschäftsbeziehungsorientiert. Die eG ist ein Wirtschaftsunternehmen und kann dadurch in seinen wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht so begrenzt werden wie ein Idealverein. (vgl. Röhrich, 2006, S. 41–42) Daher ist die eG eine sehr geeignete Rechtsform für das innovative Finanzierungskonzept.

Konzept

Das Konzept basiert darauf, Fans, Sympathisanten, aber auch außenstehenden Personen die Möglichkeit einzuräumen, sich finanziell an einem Fußballverein zu beteiligen. Um die Interessen der Personen zu vertreten, wird eine Genossenschaft gegründet. Diese setzt sich für die Förderung und Erhaltung des Fußballvereins ein und kann rechtlich im Gegenzug zu einem Idealverein (e.V.) wirtschaftlich und gewinnbringend tätig sein. Sofern ein Vorstandsmitglied des zu fördernden Fußballvereins auch im Vorstand der Genossenschaft vertreten ist, ist der gemeinschaftliche Geschäftsbetrieb gewährleistet. Die potentiellen Interessenten bzw. Mitglieder könnten sich mit unterschiedlich hohen Anteilen an der Genossenschaft beteiligen, sowohl als Mitglieder als auch als investierende Mitglieder. Ziel der Genossenschaft und zugleich Förderzweck ist es, den Mitgliedern und Fans der Vereine diverse wirtschaftliche, soziale und kulturelle Vorteile im Zusammenhang mit ihrem Sportverein zu verschaffen. Hierzu könnten z. B. Preisvorteile durch Gemeinschaftseinkauf von Vereinsleistungen (Eintritt, Fan-Artikel usw.) gehören. Die Mitglieder können das gemeinsame Kapital auch für Einkaufsvorteile durch Mengenrabatte bei anderen Anbietern nutzen. Sofern sich eine solche Genossenschaft satzungsmäßig öffnet, kann diese sich an anderen Unternehmen oder Vereinen beteiligen bzw. eine entsprechende Zusammenarbeit erfolgen. (vgl. VerbaendeNetzwerk Menschen Machen Wirtschaft e.V., 2010)

Von den Mitgliedern werden Genossenschaftsanteile erworben. Die Genossenschaft muss wirtschaftlich tätig sein. Durch Geschäfte mit anderen Unternehmen, Geschäftsbeziehungen mit Mitgliedern, die Mitgliedsanteile, das Anwerben neuer Mitglieder, finanzielle Zuschüsse von Nichtmitgliedern, die sog. investierenden Mitglieder oder durch organisierte Veranstaltungen erwirtschaftet die Genossenschaft Erträge. Diese Erträge können durch einen Rahmenvertrag mit dem Verein Babelsberg 03, welcher als Initiator der eG gilt, an den Verein gehen. Des Weiteren kann in der Satzung festgelegt werden, dass es keine Gewinnausschüttung an die Genossen gibt. Der Förderzweck für die Genossen könnte u. a. durch vergünstigten Einkauf von Merchandise-Artikel, Sponsorenprodukte oder durch eine geringe finanzielle Beteiligung an den Erträgen betitelt werden. Die Höhe der Einlage der Mitglieder wird in der Satzung festgelegt, wobei es hierfür keinen Mindest- oder Höchstbetrag gibt. Die Haftung der Mitglieder ist auf die Höhe des Anteils begrenzt, kann aber auch in der Satzung ausgeschlossen werden. Die erwirtschafteten Gewinne fließen anschließend in den Verein und stärken deren Eigenkapitalstruktur oder setzen sich gezielt für Projekte innerhalb des Vereins ein. Weiterhin können investierende Mitglieder gewonnen werden. Diese investierenden Mitglieder können beliebig viel Geld einzahlen und sich somit an der Sportförderung ohne Anspruch auf Mitspracherecht oder Renditen beteiligen. Auf diesem Wege könnten Fans, Mitglieder und alle anderen Interessenten den Verein bei dessen Konsolidierung wirksam unterstützen. (in Zusammenarbeit mit dem. VerbaendeNetzwerk Menschen Machen Wirtschaft e.V., 2012)

Anhand des folgenden Auszuges aus der Zeitschrift „derFreitag“ wird die Bedeutung von Genossenschaften aufgezeigt. Gleichzeitig bietet dieser einen Ansatzpunkt, wie sich das Konzept bei der Zielgruppe emotionalisieren lässt.

Meist sind es nicht nur ökonomische Interessen, die die Menschen zusammenbringen. „Es gibt ein starkes Bedürfnis, selber etwas zu tun“, beobachtet Andreas Wieg vom Deutschen Genossenschaftsverband. „Es ist das Wiederentdecken, das man gemeinsam mehr erreichen kann.“ Die Rettung des Tante-Emma-Ladens etwa oder die der ländlichen Buslinie oder eines Freibads. Die Gestaltung eines urbanen Gemeinschaftsgartens oder den Klassenerhalt des örtlichen Fußballvereins durch genossenschaftliche Finanzspritzen und Arbeitseinsätze. Da bringt die Geldinvestition zwar keine Rendite. Aber sie bringt gesellschaftlichen Gewinn. (Gaserow in derFreitag, v. 14.05.2012)

In Kapitel 2.2 wurden bereits von Fans organisierte Spendenaktionen beschrieben. Diese entstanden aus Eigeninitiative der Fans von Vereinen, welche sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befanden und denen der Lizenzentzug vom DFB und somit der sportliche Abstieg drohte. Durch eine vom Verein selbst initiierte Genossenschaft zur Förderung des Fußballvereins kann die Bereitschaft der Fans, aber auch von anderen Interessenten, ihren Verein finanziell zu unterstützen, nachhaltig und regelmäßig organisiert werden. Eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen Vereinsverantwortlichen und Vereinsmitgliedern, Genossen, investierenden Mitgliedern und anderen an der Förderung des Vereins Interessierten stärkt nachhaltig die Finanzstruktur und bildet auf diese Art und Weise eine neue innovative Beteiligungsform.

3.2 Marktanalyse – Potentielle Zielgruppe, Motivation, Gesamtmarkt und Reichweite des dargestellten Konzeptes

Gesamtmarkt, Zielgruppe, Reichweite von Babelsberg 03 e.V.

Das Modell richtet sich in erster Linie sowohl an die Fans des Vereins, die bereits Mitglieder in dem zu fördernden Verein sind als auch an die Fans, die sich noch nicht Mitglieder des Sportvereins bezeichnen können. In der aktuellen Saison liegt der Zuschauerschnitt des SV Babelsberg 03 e.V. bei 2.933 pro Spiel nach bisher zwölf Heimspielen. In der Saison 2011/2012 lag der Zuschauerschnitt nach 19 Heimspielen bei 2.427 Zuschauern. (vgl. 3.Liga Fußball Portal, v. 07.03.2013) Das macht aktuell einen Zuwachs von 20,84 % zur Vorsaison. Die Zuschauer sind in erster Linie die ersten Ansprechpartner für eine anzustrebende Mitgliedschaft in einer Genossenschaft. Jedoch soll sich das Konzept auch an Sympathisanten richten, also an diejenigen, die im Normalfall nicht ins Stadion gehen, sondern sich die Spiele im Fernsehen anschauen oder den Tabellenverlauf des Vereins in regelmäßigen Abständen verfolgen. Diese Gruppe ist schwer zu definieren. Hierbei kommt es auch stark auf den Lokalpatriotismus an. Ein Fußballfan aus der Region Potsdam kann bspw. auch Fan von Borussia Dortmund sein. Wenn jedoch Schalke 04 gegen Babelsberg 03 spielt, wird diese Person sicherlich eher Babelsberg 03 unterstützen. Dies liegt zum einen an der Rivalität zwischen dem BVB und Schalke 04 und zum anderen auch an dem Zugehörigkeitsgefühl zu der Stadt Potsdam. Egal, wie stark das Fußballinteresse einer Person ausgeprägt ist, in erster Linie wird diese den Verein in der eigenen Stadt oder in der eigenen Region favorisieren. Lediglich wenn ein Verein aus der Region gegen den eigentlichen Lieblingsverein spielt, wird aller Voraussicht nach der Lieblingsverein unterstützt werden. Jedoch kann die Anzahl der Sympathisanten nicht genau erfasst werden. Laut einer Umfrage vom Institut für Automobilwirtschaft und industrielle Produktion an der Technischen Universität Braunschweig interessieren sich 45,9 % der 18- bis 69-jährigen Bundesbürger stark oder sehr stark für Fußball. Und nur 19 % gaben an, sich überhaupt nicht für Fußball zu interessieren. (vgl. Woisetschläger, 2012, S. 10) Die Einwohnerzahl von Potsdam und Umgebung (inkl. der angrenzenden Brandenburger Gemeinden und der Berliner Bezirke Spandau und Steglitz-Zehlendorf) liegt bei ca. 930.000 Einwohnern. Der Anteil der 18- bis 69-jährigen befindet sich bei ca. 640.000. (vgl. Amt für Statistik Berlin Brandenburg, 2012) Das bedeutet, dass in etwa 300.000 Fußballinteressierte zwischen der relevanten Altersklasse in der Region Potsdam leben. Dies könnte nach den Fans im Stadion des Sportvereins Babelsberg 03 die 2. Zielgruppe des Konzeptes sein.

In 3. Instanz ist das Konzept auch an die hochgerechnete Gesamtheit in Höhe von 56,3 Mio. „echten“ Fußballfans in Deutschland gerichtet (vgl. Woisetschläger, 2012, S. 10). Allerdings kann sich auch an jeden Bundesbürger in Deutschland ab 15 Jahren gewandt werden. Diese Zahl beläuft sich in etwa auf 70, 5 Mio. (vgl. CIA, 2012).

Motivation

In den meisten Fällen mobilisieren sich Fans für die Spendensammlung, wenn sich der eigene Verein in einer finanziellen Notlage befindet, dadurch die Lizenzvergabe der DFL in Gefahr ist und somit ein sportlicher Abstieg droht. Wie bereits in Kapitel 2.2 unter dem Punkt Fan-Organisationen beschrieben, entwickeln vor allem Fans sehr innovative Modelle, um ihren Verein in diesen schwierigen Zeiten finanziell zu unterstützen. Die Verbundenheit mit dem Verein steht hierbei im Vordergrund. Ein Fußballverein ist mehr als ein Sportverein, der Vereinsmannschaften für den Fußballsport aufstellt. Vereine bringen Menschen aus allen sozialen Gruppen zusammen. Leidenschaft, Emotionen und Begeisterung für den Verein verbinden die Fans. Für viele ist der Fußballclub das wichtigste Hobby, die wöchentlichen Spiele bilden ein Ritual. Der Lieblingsverein stellt einen großen Bestandteil des Lebens dar. Die Motivation, den Verein zu unterstützen, liegt dementsprechend hoch. Aber auch für Personen, die nicht Anhänger des Vereins sind oder kein Interesse am Fußball haben, ist eine Beteiligung durchaus attraktiv. Ein solider wirtschaftlicher Verein schafft Arbeitsplätze und engagiert sich für soziale Projekte. Durch Geschäfte mit den Medien, Vermarkter bis hin zu Hotels, Restaurants, Bars, Logistikunternehmen, Bekleidungsunternehmen, Transportunternehmen, Einzel- und Großhandelsunternehmen, Sicherheitsdiensten, Catering oder Wettanbietern entstehen durch den Spielbetrieb eines Fußballvereins zahlreiche wirtschaftliche Verbindungen, Zahlungsströme und Beschäftigungswirkungen, durch die eine gesamte Region wirtschaftlich profitiert. Eine von der DFL beauftragte Studie von der McKinsey & Company, Inc. ergab, dass aus 100 € Wertschöpfung im Profifußball in anderen Bereichen der deutschen Volkswirtschaft eine Wertschöpfung von ca. 240 € entsteht. Insgesamt kommen mehr als 2/3 der generierten Wertschöpfung anderen Industrien zugute. (vgl. DFL, 2010, S. 6–10) Somit macht eine finanzielle Unterstützung eines einzelnen Fußballvereins auch für Personen Sinn, die wenig bis gar nichts mit dem Verein verbindet.

Konkurrenz von Babelsberg 03 e.V.

Im Grunde ist jeder Fußballverein in Deutschland eine potentielle Konkurrenz, sowohl sportlich als auch im Anwerben von Fans sowie in der Akquisition von Sponsoren.

Bei einer positiven sportlichen Entwicklung eines Vereins wächst die Anzahl der Fans und die Einnahmemöglichkeiten durch gute finanzstarke Sponsoren steigen an. In der Region Berlin-Potsdam wird das große Fanpotenzial durch die beiden Berliner Spitzenvereine Hertha BSC und FC Union Berlin größtenteils ausgeschöpft. Für Sportbegeisterte ist zudem im Handball mit den Berliner Füchsen, im Eishockey mit den Eisbären und im Basketball mit Alba Berlin weiteres erstklassiges Angebot vorhanden. Dadurch ist die Konkurrenz für einen Drittliga– Verein wie den Sportverein Babelsberg 03 sehr groß. Auch die Frauenfußballmannschaft Turbine Potsdam weist durch den sportlichen Erfolg sicherlich einen höheren Stellenwert auf als Babelsberg 03.

3.3. Marketingkonzept - Produkt-, Preis, Kommunikations-, Vertriebspolitik des dargestellten Konzeptes

Kommunikationspolitik

Die Kommunikationsstrategie ist in fünf Phasen (Phase 1 bis 5) unterteilt. In Phase 1 werden Organisationen und Unternehmen gezielt angesprochen, um Kooperationen zu schaffen und dadurch erste Sponsoren zu generieren. Prinzipiell ist es denkbar, die bereits vorhandenen Sponsoren des Vereins über das Projekt zu informieren und diese in das Konzept einer Fördergenossenschaft mit einzubeziehen. Ebenfalls sollten möglichst einflussreiche Personen, sogenannte Opinion Leader, und die eigenen Sportler des Vereins angesprochen werden, welche eine breite Aufmerksamkeit genießen (vgl. Pepels, 1997, S.). In der 2. Phase wird die Genossenschaft durch die Aufstellung einer Satzung (Bezeichnung für den Gesellschaftsvertrag), Wahl des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Eintragung der Gesellschaft errichtet. Die Mindestanzahl der Gründungsmitglieder beträgt drei Mitglieder. Die Genossenschaft wird danach in das Genossenschaftsregister eingetragen, welches bei dem für das Handelsregister zuständigen Gericht geführt wird. (vgl. §§ 1 ff. GenG). Daraufhin wird in der 3. Phase das Förderprojekt über diverse Medien wie z. B. Printmedien, viral über Blogs, Soziale Netzwerke und regionale Newsseiten verbreitet und öffentlich bekannt gemacht. Diese Phase verläuft durchgehend und beginnt direkt nach der Genossenschaftsgründung. Durch eine eigene Webseite und eigene Videos wird in Phase 4 eine selbst gesteuerte Viralität erzeugt und das Modell durch bspw. Plakate im Stadion beworben. Diese Phase sollte möglichst parallel mit Phase 3 verlaufen, so dass sich potentielle Interessenten, welche durch die Öffentlichkeitsarbeit bereits erste Informationen erhalten haben, direkt über das Förderprogramm informieren und Mitgliedschaften beantragen können. Die letzte Phase 5 wird durch eine große Werbekampagne (Zeitungsartikel, Werbespots) gekennzeichnet.

Je nach Akzeptanz und Resonanz des Förderprojekts kann hierdurch das innovative Finanzierungsmodell auch überregional, national und sogar international bekannt gemacht werden. Im Anhang befindet sich eine vereinfachte Abbildung der Strategie (Anhang 8, S. XIII).

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958207417
ISBN (Paperback)
9783958202412
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Potsdam
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Sportökonomie innovative Finanzierung Fußball Genossenschaft wirtschaftliche Schwierigkeit
Zurück

Titel: Alternative und innovative Finanzierungsmodelle von Fußballvereinen: Darstellung einer innovativen Finanzierungsmöglichkeit und deren Akzeptanz bei den Fans
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
58 Seiten
Cookie-Einstellungen