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Afrika. Ressourcensegen oder -fluch: Eine wachstumstheoretische Analyse

©2010 Bachelorarbeit 55 Seiten

Zusammenfassung

Afrika - der ärmste Kontinent der Erde, der doch so reichhaltig an natürlichen Rohstoffen ist - findet nur schwerlich Anschluss an den Rest der Welt. Genau dieser Rohstoffreichtum kann aber für ein langsames Wirtschaftswachstum mitverantwortlich sein, denn der vermeintliche Ressourcensegen entpuppte sich oftmals als Ressourcenfluch. Im vorliegenden Buch wird ein Überblick darüber gegeben, wieso sich ressourcenreiche Staaten oft langsamer entwickeln als Länder, denen weniger natürliche Rohstoffe zur Verfügung stehen. Dazu erfolgt eine wachstumstheoretische Analyse, die die Gründe dieser Entwicklung erklärt. Anhand zweier konkreter Länderbeispiele wird außerdem der sehr unterschiedliche Umgang mit Ressourcen verdeutlicht.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3.3 Falscher Einsatz der Ressourcenerlöse

„Rich parents sometimes spoil their kids. Mother Nature is no exception.” (Gylfason, 2001, Reykjavik, S.850). Dieser Vergleich bringt zum Ausdruck, dass die reiche Ausstattung von Ressourcen Regierungsbeamte dazu verleiten kann, die Bedeutung von nachhaltigem, Wachstum schaffenden Wirtschaften zu vergessen und stattdessen, den womöglichen “Wohlstand“ einfach aus dem Boden zu „extrahieren“. Mit nachhaltigem, Wachstum schaffenden Wirtschaften, sind vor allem effiziente Bürokratie, die Ausweitung von freiem Handel und die Verbesserung der Qualität der Institutionen gemeint.[1]

Obwohl die Ressourcenerlöse die nötigen finanziellen Möglichkeiten für Investitionen in Human- und Sachkapital ermöglichen, werden diese Investitionsfelder oft vernachlässigt. Grund ist eine veränderte Erwartungshaltung durch den Ressourcenboom. Staatliche Sozialtransfers und öffentliche Güter können bei gleichzeitig geringen Steuerzahlungen durch die Ressourceneinkünfte finanziert werden. Versiegen allerdings die Rohstoffeinnahmen, da die Ressourcenvorkommen erschöpft sind, so sehen die Zukunftsaussichten des Landes düster aus. Denn dann wurde in der „goldenen Zeit“ des Ressourcenreichtums keine Basis für zukünftigen Wohlstand- in Form von Ausbildung und Sachkapitalinvestitionen- geschaffen.[2],[3]

Korruption, mangelnde Funktionsfähigkeit von Institutionen, eine schlechte Infrastruktur und fehlende Rechtssicherheit führen dazu, dass private Investitionen aufgrund schlechter Erfolgsaussichten ausbleiben. Erlöse aus den Rohstoffverkäufen könnten für eine Verbesserung genutzt werden, jedoch werden die Gelder viel häufiger für höhere Militärausgaben verwendet. Siehe dazu Abbildung 7 im Anhang. Die Grafik zeigt, dass die Militärausgaben in den OPEC Ländern von 1988 bis 2001 durchschnittlich 6,1% des BIPs betrugen, während die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Zeitraum von 1980- 2001 gerade einmal bei 0,2% lagen. Als Vergleich: Im weltweiten Durchschnitt wurden 2,9% für Militärausgaben und 0,9% des BIP für Forschung und Entwicklung im jeweilig genannten Zeitraum ausgegeben.[4]

3.4 Exzessive Ausgaben

Erwarten Regierungen in der Zukunft höhere Einnahmen, z.B. nach der Entdeckung großer Ressourcenvorkommen, kann dies ein Anreiz für sie sein Schulden aufzubauen. Denn die zu zahlenden Zinsen sinken, wenn der Wechselkurs aufgrund von Kapitalzufluss oder der „Holländischen Krankheit“ steigt. Der Schuldenaufbau wird also attraktiver. Die natürlichen Ressourcen dienen dabei als Sicherung. Wenn aber der Preis für die Ressource und der Wechselkurs sinken, kommen die Volkswirtschaften schnell in eine Misslage, in der sie einer gestiegenen Schuldenlast entgegensehen. Nigeria dehnte seine Schulden beispielsweise in den 1970er Jahren aus, als das Öl-Geschäft boomte.[5] Als die Ölpreise in den 1980ern allerdings fielen, sah sich das Land mit einer erhöhten Schuldenlast konfrontiert. Die Banken verweigerten weitere Darlehen, die zur Begleichung der Zinszahlungen dienen sollten. Gestiegene Zinszahlungen aufgrund der Rückzahlungsverzögerung erhöhen die Schuldenlast weiter.

Weiterhin tendieren ressourcenreiche Volkswirtschaften dazu gesamtwirtschaftlich über ihre Verhältnisse zu leben. Hohe Einnahmen aus dem Rohstoffverkauf ermöglichen übermäßigen Konsum. Dies führt dazu, dass eine Volkswirtschaft nicht wie üblich von unten zu ihrem Steady State konvergiert, sondern von oben. Die übermäßigen Konsummöglichkeiten haben ein „Überschießen“ des langfristigen Gleichgewichts zur Folge. Die Konvergenz zum Steady State von oben führt dann dazu, dass das durchschnittliche Wachstum, auf dem Weg zum Steady State, negativ ist.[6] Dieser Erklärungsansatz für ein langsameres Wachstum ressourcenreicher Staaten soll in der vorliegenden Arbeit -anhand eines ausgewählten Wachstumsmodells- ausführlicher thematisiert werden. Dazu wird zunächst das Standardmodell von Ramsey erläutert und im Anschluss auf das darauf aufbauende Modell von Rodríguez und Sachs näher eingegangen.

4 Ramsey- Modell

Das neoklassische Ramsey- Modell wie es heute bekannt ist, wurde von Frank Ramsey (1928) und durch spätere Arbeiten von Cass (1956) und Koopmans (1965) beschrieben. Daher wird es in der Literatur häufig als Ramsey oder als Ramsey- Cass- Koopmans Modell bezeichnet. Das hier vorgestellte Modell wird in weiten Teilen an die Darstellung von Barro und Sala-i-Martin (1998) angelehnt.

Die Kernaufgabe des Modells ist es festzustellen wie viel eine Gesellschaft sparen sollte, wenn die Wohlfahrtsmaximierung das Ziel darstellt.[7] Wie auch im Standardmodell Solows wird beim Ramsey Modell von einer geschlossenen Volkswirtschaft ohne Staatsaktivität ausgegangen. Es werden Haushalte und Unternehmen modelliert. Unternehmen produzieren unter dem Einsatz von Arbeit und Kapital ein homogenes Gut, welches die Haushalte konsumieren können oder gleichwohl zu Investitionszwecken nutzen können. Die Haushalte stellen die Produktionsfaktoren zur Verfügung und sind ebenso im Besitz der Unternehmen.[8] Im Gegensatz zum Solow Modell ist die Sparquote hier endogen gegeben. Der optimale Konsumpfad und die Sparquote werden demnach durch die Entscheidung der Haushalte und der Unternehmen festgelegt.[9] Man geht von einem repräsentativen Individuum aus, welches Pareto- effiziente Konsumentscheidungen trifft, die dem Durchschnittsverbraucher entsprechen und den Nutzen, unter der Nebenbedingung einer intertemporalen Budgetrestriktion, maximieren.[10] Der Betrachtungshorizont ist unendlich lange und wird dadurch begründet, dass im endlichen individuellen Leben die Vorsorge der Nachkommen eine Rolle spielt und somit altruistisch agiert wird. Zur Vereinfachung kann man sich bei der Betrachtung die Nutzenmaximierung einer ganzen Familiendynastie vorstellen, bei der die einzelnen Individuen durch eine Kette von Erbschaften zwischen den Generationen verbunden sind. Der Lebensnutzen eines Familienmitgliedes hängt dementsprechend auch von dem ihrer Erben ab.[11]

4.1 Haushaltssektor

Jeder Haushalt besteht aus mindestens einem Erwachsenen, der zur arbeitenden Bevölkerung zählt und einen Lohn in Höhe von erhält. Die Arbeitszeit wird vereinfachend auf 1 normiert.[12] Das Arbeitsangebot ist in diesem Grundmodell unelastisch, da Freizeit keinen Nutzen stiftet. Die Familien erwarten, dass sie mit der Rate n, aufgrund von Fruchtbarkeit und Sterblichkeit wachsen. Zur Vereinfachung des Modells wird ein exogen gegebenes und konstantes n unterstellt.[13]

Wenn man die Familiengröße der Gegenwart (t=0) auf 1 normiert, so beträgt die Erwachsenenanzahl zum Zeitpunkt t

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei stellt L(t) die Erwachsenenanzahl dar, die auch gleichzeitig die arbeitende Bevölkerung wiedergibt, da diese zur Vereinfachung gleichgesetzt werden.

Der Konsum pro Kopf zum Zeitpunkt t kann mit c(t) bezeichnet werden, wenn man den Konsum mit C(t) bezeichnet.[14]

Jeder Haushalt maximiert seinen Gesamtnutzen U, der durch

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gegeben ist.[15] Der Gegenwartsnutzen des Haushaltes ist demnach eine gewichtete Summe aller zukünftigen Nutzenströme, die sich aus dem momentanen Nutzen pro Person u(c) multipliziert mit der Bevölkerungsanzahl und unter Berücksichtigung der Zeitpräferenz ergibt.[16] Es wird davon ausgegangen, dass > 0, was heißt der Gegenwartsnutzen des Konsums wird höher geschätzt als der zukünftiger Konsum. Der Nutzenzuwachs nimmt dementsprechend ab, je weiter der Konsum in der Zukunft liegt. Je größer , desto weniger trägt zukünftiger Konsum zum Lebensnutzen des Individuums bei.[17] Außerdem wird angenommen, dass > n, so dass das Integral beschränkt ist, wenn c über die Zeit konstant ist. Dies kann man gut sehen, wenn man den Gesamtnutzen U folgendermaßen umstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Barro, R. und Sala-i-Martin, X. nehmen also an, dass Eltern einen abnehmenden Grenznutzen bezüglich der Anzahl ihrer Kinder haben. Die Zeitpräferenzrate sollte also immer größer sein, als die Wachstumsrate der Bevölkerung. Je größer die Bevölkerung ist, desto größer ist der Nutzen für heutigen Konsum.

Dabei ist der Grenznutzen des Konsums steigend (u‘(c) > 0), d.h. je mehr ein Individuum konsumieren kann, desto größer ist sein Nutzen. Allerdings ist der Grenznutzen abnehmen (u‘‘(c) < 0), was wiederum heißt, dass der Nutzenzuwachs mit steigendem Konsum abnimmt. Außerdem gelten folgende zwei Inada- Bedingungen für u(c):

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d.h. der Grenznutzen des Konsums soll unendlich sein, wenn der Konsum gegen null konvergiert. Man kann sich z.B. vorstellen, dass die erste Scheibe Brot einen sehr großen Nutzen für das Individuum darstellt, wenn es fast am verhungern ist.

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d.h. der Grenznutzen geht gegen null, wenn der Konsum ins Unendliche geht. Im Beispiel ist damit die 1000 Scheibe zu einer Mahlzeit gemeint, welche dem Individuum praktisch keinen Nutzen mehr bringt.[18]

Weiterhin hält jedes Individuum ein Vermögen in Höhe von a . Ausgehend von einem Markt mit vollständiger Konkurrenz ist der Arbeitsmarkt im Gleichgewicht geräumt und jedes Individuum arbeitet eine Einheit pro Periode. Das Arbeitseinkommen entspricht also pro Erwachsenem einem Wert von . Insgesamt verfügt jedes Individuum über die Summe des Arbeitseinkommens und des Zinseinkommens . Das Zinseinkommen kann positiv wie auch negativ sein, je nachdem ob das Individuum Ersparnisse oder Kredite aufweist.[19] Beides ist in dem Modell möglich, allerdings wird eine geschlossene Volkswirtschaft angenommen, sodass sich Kredite und Ersparnis letztendlich ausgleichen müssen.[20] Da beide Vermögensformen perfekte Substitute der Wertaufbewahrung sind, muss der Zinssatz r(t) in beiden Fällen gleich groß sein.[21]

Die Budgetrestriktion der Haushalte setzt sich dementsprechend zusammen:[22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[23]

Zieht man vom Pro-Kopf-Einkommen den Konsum des Individuums und den Vermögensrückgang durch das Bevölkerungswachstum ab[24], so erhält man das Pro-Kopf-Vermögen.

Lässt man die Kreditaufnahme im Modell zu, so ist es wichtig, diese zu beschränken. Ein Individuum kann sonst ein so genanntes „Ponzi- Game“ á la Bernard L. Madoff betreiben. Hierbei werden die Zinsen von aufgenommenen Krediten durch neue Kredite bezahlt ohne den Anfangskredit jemals zurück zu zahlen. Im Modell kann man diesen Fall ausschließen, indem man restriktiv festlegt, dass neue Schuldenaufnahme am Kreditmarkt nur dann möglich ist, wenn sie geringer wächst als der durchschnittliche Zinssatz .

D.h. die asymptotische Verschuldung darf bestehen, muss aber im Gegenwartswert null betragen. Somit darf das Vermögen der gesamten Bevölkerung asymptotisch nicht negativ sein:[25]

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Der Haushalt maximiert seinen Nutzen U gemäß (2), dabei muss die Budgetbeschränkung (6), die No- Ponzi- Game Condition (7) und der Anfangswert des Vermögens von a(0) beachtet werden. Weiterhin muss dabei berücksichtigt werden, dass der Konsum nicht negativ sein kann (c(t) ). Da die Inada Bedingung besagt, dass der Grenznutzen des Konsums gegen unendlich strebt, wenn der Konsum gegen null konvergiert, können die Nichtnegativitätsbedingungen nicht eintreten und somit vernachlässigt werden.

Zur mathematische Lösung dieses dynamischen Optimierungsproblems kann die Hamilton Funktion[26] genutzt werden. Dabei gibt es zwei Arten der Anwendung: Das Gegenwartsverfahren und das Momentanwertverfahren, welche beide zur gleichen Lösung führen. Im Nachstehenden wird das Momentanwertverfahren angewendet.[27]

Dazu werden folgende Schritte ausgeführt:

i. Hamilton Funktion aufstellen

Der Barwert der Hamilton Funktion ist

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Setzen man für Gleichung (6) ein, so ergibt sich für die Hamilton Funktion folgende Form:

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Der Schattenpreis des Kapitals wird durch λ abgebildet und misst den marginalen Wert einer Einheit Kapital zum Zeitpunkt t in Nutzeneinheiten zum Zeitpunkt null. Das heißt er drückt aus, wie viel es dem Haushalt oder dem Unternehmen wert ist, in einer einzigen Periode, eine „kleine“ Einheit mehr Kapital zu besitzen.[28]

ii. Bestimmung der Optimalitätsbedingungen im Momentanwertverfahren

Zur Lösung der Hamilton Funktion müssen folgende Bedingungen der ersten Ordnung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und die Transversalitätsbedingung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

gelten. Vorausgesetzt das Unendliche wird als Ende des Planungszeitraums interpretiert. So liegt es intuitiv nahe, dass es für die Individuen, die das Ziel der Nutzenmaximierung verfolgen, optimal ist, bis zum Ende des Planungshorizontes ihr verfügbares Kapital aufzubrauchen. Der Wert kann sonst nicht genutzt werden, was einen dementsprechenden Konsumverzicht in der vorherigen Periode bedeutet. Dies wird durch die Transversalitätsbedingung formal ausgedrückt.[29]

iii. Ableiten der Hamilton Funktion nach

(I.) c,

(II.) a

und gleichsetzen mit der jeweiligen Optimalitätsbedingung (aus ii).

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iv. Zur Bestimmung der Goldenen Nutzenregel nutzt man die mit der Optimalitätsbedingung gleichgesetzte Ableitung (I.), indem man sie nach λ auflöst und dann nach der Zeit ableitet.

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v. Danach setzt man dieses Ergebnis in die Ableitung (II.) ein und löst nach der Wachstumsrate des Pro-Kopf-Konsums auf.

Aus Gleichung (II) folgt

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Setzt man die Gleichungen (21) und (22) nun gleich, so ergibt sich für den Zinssatz folgendes:

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Aus Gleichung (23) lässt sich herauslesen, dass der Zinssatz r, also der Ertrag der Ersparnis, auf der linken Seite gleich dem Ertrag des Konsums (die Zeitpräferenzrate für den Gegenwartskonsum abzüglich des Grenznutzenbetrages der durch den späteren Konsum sinkt) entspricht. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Haushalte ein gleichbleibendes Konsumniveau mit wählen werden, falls ist. Die Haushalte werden von dieser Konsumentscheidung nur dann abweichen, wenn ihnen als „Entschädigung“ für den späteren Konsum ein höherer Zinssatz r geboten wird, der weit genug über liegt. Die Konsumentscheidung hängt also nicht unmittelbar vom Einkommen ab, sondern vom Zinssatz. Ist der Zinssatz höher als die subjektive Zeitpräferenz, ist man bereit zu sparen.[30]

Vereinfachen lässt sich die Gleichung (23), wenn für den momentanen Nutzen u(c) folgende, häufig verwendete, Funktion genutzt wird:

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Dann ergibt sich

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als Optimumbedingung.[31]

Der Parameter stellt die Konsumelastizität des (momentanen) Grenznutzens des Konsums dar.[32] Dementsprechend ist die intertemporale Substitutionselastizität des Konsums, welche die Bereitschaft misst, auf heutigen Konsum zu Gunsten zukünftigen Konsums zu verzichten.[33],[34] Die Grenznutzenelastizität des Konsums gibt also den Betrag wider, der gezahlt werden muss, damit der Haushalt späteren Konsum wählt. Je größer die Elastizität ist, desto höher fällt diese Ausgleichszahlung aus.[35] Konvergiert gegen null, so weist die Nutzenfunktion des Haushaltes eine annähernd lineare Form in c auf. Dies bedeutet, dass die Haushalte indifferent sind, wenn sie konsumieren, so lange ist. Also der spätere Konsum durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen wird.[36] Aus Gleichung (25) wird erkenntlich, dass die Elastizität asymptotisch konstant sein muss, wenn ein langfristiges Gleichgewicht erreicht werden soll, in dem r und konstant sind.[37] Je größer die Elastizität ist, desto schneller nimmt der Betrag der Grenznutzenzunahme, bei einem höheren Konsum c, ab.

Interpretation:

- Wenn 0 ,dann
- Je größer die Elastizität ist, desto kleiner ist die Wachstumsrate des Konsums. Denn je empfindlicher der Grenznutzen reagiert, desto gleichmäßiger wird der Konsumpfad verlaufen.
- Je kleiner die Elastizität, desto größer ist die Substitutionsbereitschaft über die Zeit.

4.2 Unternehmenssektor

Wie zuvor schon erwähnt, produzieren die Unternehmen mit den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ein homogenes Gut.

Formal lässt sich dies anhand folgender Produktionsfunktion wiedergeben.

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Wobei Y das Output, K den Kapitaleinsatz, L den Arbeitseinsatz und t, als chronologische Zeit, den exogenen technischen Fortschritt widerspiegelt.[38] Der Output weist konstante Skalenerträge auf

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und die Produktionsfaktoren haben positive, aber abnehmende Grenzproduktivitäten:

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Außerdem gelten die folgenden Inada- Bedingungen,

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welche besagen, dass das Grenzprodukt des Produktionsfaktors gegen unendlich strebt, wenn der Produktionsfaktor gegen null konvergiert, bzw. das Grenzprodukt des Produktionsfaktors gegen null strebt, wenn der Produktionsfaktor gegen unendlich konvergiert.[39]

Wie in BARRO und SALA-I-MARTIN (1998) gezeigt, existiert ein lanfristiges Gleich­gewicht bei einer konstanten Rate des technischen Fortschritts nur dann, wenn dieser in arbeitsvermehrender Form auftritt.[40] Daher kann die Produktionsfunktion als

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geschrieben werden, wobei die Arbeitsmenge in Effizienzeinheiten darstellt und der Technikstand, der mit der konstanten Rate wächst, durch die Variable A(t) ausgedrückt wird. Die Technikfunktion ist somit

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und das Ausgangsniveau A(0) wird auf eins normiert.[41]

Der Output und das Kapital pro effizienter Arbeitseinheit sind dementsprechend

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Die Produktionsfunktion in Pro-Kopf-Form ist

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wobei ist. Damit ergeben sich die Grenzproduktivitäten der Faktoren wie folgt:

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Weiterhin wird angenommen, dass bei der Variation der Kapitalleistung keinerlei Zusatzkosten, wie beispielsweise Installation von Maschinen oder ähnliches, aufkommen. Die Haushalte entscheiden, ob die Outputeinheit konsumiert wird, oder eine Einheit zusätzlichen Kapitals K zur Verfügung steht. Der Preis des Kapitals kann in Einheiten von C auf eins fixiert werden. Dies gilt allerdings nicht in den Randlösungen in denen der gesamte Output einseitig konsumiert oder in neues Kapital investiert wird.[42]

Für die Aufwendung einer Einheit Kapital müssen die Unternehmen den Preis R an die Haushalte zahlen. Es wird zusätzlich angenommen, dass das Kapital mit der Rate verschleißt. Als Zinsertrag ergibt sich somit

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Die Haushalte können Kapital aber auch in Form eines Darlehens an andere Haushalte vergeben, wobei sich äquivalent ergibt.[43]

Als Gewinnfunktion der Unternehmen ergibt sich zu jedem Zeitpunkt t

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Bei der Maximierung des Gewinns ist kein intertemporaler Effekt zu berücksichtigen. Die Maximierung erfolgt in jeder Periode unter gegebenem Einsatz der effektiven Arbeit und bei vollständiger Konkurrenz werden auch r und als gegeben unterstellt. Die Maximierung stellt sicher, dass

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in jeder Periode erfüllt ist. Bei gewählter Kapitalintensität in Effizienzeinheiten entspricht das Grenzprodukt des Kapitals also dem der Kapitalkosten.[44]

Der sich durch die Maximierung ergebende Gewinn kann positiv, negativ, wie auch null sein. Sollte der Gewinn positiv sein, so könnte das Unternehmen theoretisch durch die Wahl eines unendlich großen Produktionsniveaus, einen unendlich großen Gewinn erzielen. Wenn der Gewinn negativ ist, stellt das Unternehmen die Produktion ein.[45]

Daher muss der Lohn w so gewählt werden, dass der Gewinn im Gleichgewicht null beträgt. Diese Bedingung wird erfüllt, wenn die gesamten Faktorkosten von Arbeit und Kapital den Erlösen entsprechen, denn dann ist das Unternehmen indifferent bezüglich seines Produktionsniveaus. Daraus ergibt sich für eine gewählte Kapitalintensität (bei der gilt) ein Lohnsatz w von

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Setzt man in die Gleichung (42) die Gleichungen (43) und (44) ein, so kann gezeigt werden, dass sich immer ein Gewinn von null ergibt.[46]

Es erfolgt hier keine Aussage über die Höhe des Produktionsniveaus eines Unternehmens, jedoch wird die Kapitalintensität in Effizienzeinheiten wie auch das aggregierte Produktionsniveau bestimmt.[47]

[...]


[1] Vgl. Gylfason, T., Reykjavik, 2001, S. 850.

[2] Vgl. Bardt, H., 2005, S.6.

[3] Siehe für weiter Informationen das Paper von (Gylfason, T., Reykjavik, 2001). Dort wird der Zusammenhang von Ressourcenreichtum, Bildungsausgaben und Wachstum untersucht.

[4] Vgl. Bardt, H., 2005, S.6f.

[5] Siehe Abbildung 6 im Anhang zur Entwicklung des Ölpreises.

[6] Vgl. Rodríguez, F., Sachs, J, 1999, S.4.

[7] Vgl. Maußner A., Klump, R.: [Wachstumstheorie] Heidelberg, 1996, S.115f.

[8] Vgl. Pelka, G.J.: [Wachstum und Strukturwandel] Marburg, 2005, S.41.

[9] Vgl. Barro, R.J., Sala-i-Martin, X.: [Wirtschaftswachstum] München, 1998, S.68.

[10] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.68f.

[11] Vgl. Maußner, A. et al., 1996, S.116.

[12] Vgl. Heer, B.: [Umwelt, Bevölkerungsdruck und Wirtschaftswachstum in den Entwicklungsländern], Köln, 1997, S. 14.

[13] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.69.

[14] Vgl. Heer, B., 1997, S.15.

[15] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.69.

[16] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.70.

[17] Vgl. Maußner, A. et al., 1996, S.118.

[18] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.70.

[19] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.71.

[20] Vgl. Pelka, G.J., 2005, S. 43.

[21] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.71.

[22] Im nachfolgenden werden die Zeitindizes immer dann vernachlässigt, wenn der Zusammenhang eindeutig ist.

[23] Ein Punkt über einer Variablen bezeichnet hier und im Folgenden die erste Ableitung der Variablen nach der Zeit.

[24] Geht man von einem gegebenen A mit der Rate n aus, so wird das Pro-Kopf-Vermögen a mit zunehmender Bevölkerung sinken.

[25] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.71f.

[26] „Die Hamilton- Funktion beschreibt die totale Auswirkung der Entscheidung u zum Zeitpunkt t, die in einen direkten und einen indirekten Effekt zerlegt werden kann.“ Feichtinger, G., Harl, R.: [Optimale Kontrolle ökonomischer Prozesse] Wien, 1986, S. 29.

[27] Vgl. Wellmann, A., Hunseler J.: [Wachstumstheorie] München, 2004, S.37f.

[28] Vgl. Feichtinger, G. et al. S. 29.

[29] Vgl. Pelka, G.J., 2005, S.47.

[30] Vgl. Barro R.J. et al.,1998, S.73.

[31] Vgl. Ebd., S. 74.

[32] Vgl. Maußner, A. et al., 1996, S. 121.

[33] Vgl. Ebd., S.118.

[34] Mit Hilfe der L’Hôpital Regel kann man zeigen, dass für u(c)= ln(c) gilt.

[35] Vgl. Barro R.J. et al.,1998, S.73f.

[36] Vgl. Barro R.J., et al.,1998, S.74.

[37] Vgl. Ebd., S.74.

[38] Vgl. Ebd., S.77.

[39] Vgl. Heer, B., 1997, S.17.

[40] Siehe dazu näher Barro R.J. et al.,1998 S. 39f.

[41] Vgl. Barro R.J. et al.,1998, S.78.

[42] Vgl. Barro R.J. et al.,1998, S.78.

[43] Vgl. Ebd. S.79.

[44] Vgl. Ebd., S.79f.

[45] Vgl. Ebd., S.79f.

[46] Vgl. Barro R.J. et al.,1998, S.80.

[47] Vgl. Ebd., S.80.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783958207448
ISBN (Paperback)
9783958202443
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Entwicklung Korruption Holländische Krankheit Botswana Nigeria

Autor

Helen Bolender ist Volkswirtin und wurde 1988 in Fulda geboren. Nach einem Bachelorstudium der Wirtschaftswissenschaften an der Julius-Maximilians Universität Würzburg und der Universität Zürich schloss die Autorin im Frühjahr 2014 ihr Volkswirtschaftsstudium mit dem akademischen Grad des Master of Science erfolgreich in Würzburg ab. Die Autorin motiviert die Ergründung volkswirtschaftlicher Zusammenhänge, um einen Ausbau wirtschaftlicher und sozialer Gerechtigkeit anzustoßen. Im vorliegenden Buch verbindet sie ihr besonderes Interesse an volkswirtschaftlichen Wachstumstheorien mit einem entwicklungspolitischen Thema.
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