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Analyse der realen und nominalen Rohstoffpreisdynamiken: Öl- und Goldpreisdynamiken in den USA, Kanada, Japan und der Schweiz

©2014 Masterarbeit 52 Seiten

Zusammenfassung

Jeffrey A. Frankel, Professor an der Harvard University, diskutiert in seinem publizierten Arbeitspapier "Expactations and Commodity Price Dynamics: The Overshooting Model" analytisch die Dynamik des Rohstoffpreises in Abhängigkeit einer makroökonomischen Veränderung. Dabei identifiziert er ein Überschießen des realen Rohstoffpreises als Antwort auf eine Geldmengenerhöhung und den damit verbundenen Rückgang des Zinssatzes in einer geschlossenen Volkswirtschaft. Die empirische Untersuchung des theoretischen Grundkonzepts blieb jedoch unerforscht. Auf Grund dessen knüpft diese Arbeit mit der empirischen Untersuchung der Dynamik des Rohstoffpreises an die Erkenntnisse von Frankel (1986) an. Die Kernfrage lautet dabei explizit, ob sich die theoretisch betrachteten Rohstoffpreisdynamiken auch empirisch im Falle einer offenen Volkswirtschaft bestätigen lassen.
Die empirische Untersuchung dieser Arbeit besteht darin, die realen und nominalen Rohstoffpreisschwankungen aufgrund der verschiedenen Einflüsse zu analysieren. Dabei werden die vielfältigen Faktoren in zwei Arten von Störungen zusammengefasst - in reale (z.B. ausgelöst durch Ressourcen- und Technologieänderungen, die zu Angebots- und Nachfrageverschiebungen führen) und nominale Schocks (z.B. monetäre Veränderungen wie eine Geldmengenerhöhung oder die Reduzierung des Zinssatzes). Dieser Ansatz wird unter Verwendung eines strukturellen vektorautoregressiven Modells (SVAR-Modell) nach Blanchard und Quah (1989) realisiert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2. Das theoretische Grundmodell

Um die Dynamik von realen und nominalen Rohstoffpreisen zu analysieren, beschäftigt sich das nachstehende Kapitel zuerst mit einem theoretischen Grundmodell. Dieses wurde von Frankel (1986) in Anlehnung an das Modell von Dornbusch (1976) entwickelt und berücksichtigt an Stelle des Wechselkurses den Rohstoffpreis in einer geschlossenen Volkswirtschaft. Hierzu werden theoretische Konzepte des Modells von Dornbusch hinzugezogen und dieses analytisch hergeleitet. Anschließend wird im Kapitel 2.2 die Dynamik des Rohstoffpreises als Antwort auf einen nominalen Schock auf Grundlage rationaler Erwartungsbildung grafisch betrachtet und analysiert.

2.1 Das modifizierte Dornbusch-Modell nach Frankel

In seiner Studie verwendet Frankel (1986) das klassische von Dornbusch entwickelte Modell[1] zur Erklärung für das Überschießen des Wechselkurses als Reaktion auf monetäre Schocks in einer Volkwirtschaft . Das von Frankel entwickelte System zur Bestimmung der Rohstoffpreisdynamik formalisiert die Idee des Überschießens des Rohstoffpreises als Antwort auf die Änderung der erwarteten Wachstumsrate der Geldmenge als nominalen Schock. Er definiert die zwei unterschiedlichen Preis­notationen in logarithmierter Form mit als den Preis für Rohstoffe[2] und als den Preis für Industriegüter. Da Rohstoffe homogen und lagerfähig sind, führt dies zu der Arbitrage-Bedingung,[3] dass die erwartete Rate der Änderung des Rohstoffpreises abzüglich der Lagerhaltungskosten[4] gleich dem kurzfristigen nominalen Zinssatz sein muss:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Rohstoffpreis wird zusammen mit dem Rest des Modells unter der Annahme rationaler Erwartungen ( ) bestimmt. Die erwartete Änderung des Rohstoffpreises entspricht also der tatsächlichen Änderung des Rohstoffpreises. Da der Industriegüterpreis als fix angenommen wird, kann dieser auf Änderungen der Nachfrage nur langsam mit der Zeit in Übereinstimmung mit einer erwartungs­erweiterten Phillipskurve reagieren:[5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei ist die Nachfrage nach Industriegütern, der langfristige Output in diesem Sektor und die Reaktionsfähigkeit des Industriegüterpreises auf Nachfrage­änderungen. Die langfristige erwartete Inflationsrate oder auch die erwartete Wachstumsrate der Geldmenge wird durch repräsentiert.[6] Der Nachfrageüberschuss ( ) ist positiv abhängig von der Differenz zwischen dem Rohstoff- und Industriegüterpreis und negativ abhängig vom realen Zinssatz:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei kann der Parameter ein beliebiger konstanter Term für ein langfristiges Gleichgewicht mit einem Nachfrageüberschuss von null ( ) sein. So lässt sich im langfristigen Gleichgewicht der relative Preis der zwei Preisniveaus auf einen gegebenen Wert nieder.[7] Der reale Zinssatz lässt sich auf den gegebenen konstanten Wert ( ) nieder.[8] Einsetzen von (2.3) in (2.2) ergibt schließlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im nächsten Schritt wird der Geldmarkt im Modell berücksichtigt. Zunächst wird die klassische Geldnachfragegleichung (Dornbusch, 1976) dargestellt mit:

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Dabei ist der natürliche Logarithmus der nominalen Geldmenge, das allgemeine Preisniveau, der Gesamtoutput, die Elastizität der Geldnachfrage in Bezug auf den Output und die Semielastizität der Geldnachfrage im Bezug auf den Zinssatz. Die Nachfrage nach realem Geld ist hierbei also eine Transaktionsnachfrage abhängig vom Zinssatz und dem realen Output. Das nominale Geldangebot entspricht nicht dem realen Geldangebot ( ).[9] Das allgemeine Preisniveau ist ein Durchschnitt aus dem Industriegüterpreis mit dem Gewichtungsfaktor (mit ) und dem Rohstoffpreis mit dem Gewichtungsfaktor ( ). Somit gilt der Verbraucher­preisindex:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einsetzen von (2.6) in (2.5) ergibt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anschließend betrachtet Frankel das langfristige Gleichgewicht der Geldnachfragegleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei nutzt er das Ergebnis, dass der langfristige reale Zinssatz ( ) dem Term entspricht. Die Differenz der beiden Gleichungen (2.7) und (2.8) ergibt:

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Hierbei unterstellt Frankel, dass es keine erwartete Änderung der Geldmenge gibt ( und nimmt aus Gründen der Vereinfachung weiter an, dass der Output zum potenziellen Outputniveau fix ist ( ).[10] Im Anschluss ergibt sich die Änderungsrate des Rohstoffpreises durch Kombination von Gleichung (2.1) mit (2.9):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Analog entspricht die erwartete Änderungsrate des Industriegüterpreises den Gleichungen (2.4) und (2.9) unter Verwendung der Annahme :

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Die Gleichungen (2.10) und (2.11) können nun zur Veranschaulichung in der Matrixform wie folgt dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei und die Dynamik des Preisniveaus darstellen. Die Terme , , und sind Koeffizienten für einen Stabilitätstest, um zu prüfen, ob das System gegen sein langfristiges Gleichgewicht konvergiert. Die Ausdrücke und verdeutlichen die langfristige Abweichung des Industriegüter- und Rohstoffpreises von ihren langfristigen Gleichgewichten. Schließ­lich bilden der Parameter und der Ausdruck ( ) die Störterme. Die Lösungen für die erwarteten zukünftigen Industrie- und Rohstoffpreisniveaus unter der Voraussetzung, dass von Null gegen unendlich konvergiert, lauten dann wie folgt:

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Die quadratischen Gleichungen von (2.12) ergeben die Lösung der Anpassungsgeschwindigkeit :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei ist das Ergebnis, dass die Anpassungsgeschwindigkeit negativ wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nachfolgend stellt Frankel die beiden Gleichungen von (2.13) in Form der Änderungsrate dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im speziellen Fall, dass der Preis von Industriegütern perfekt flexibel ist,[11] ist der Parameter unendlich groß. Somit passt sich das komplette System unverzüglich seinem langfristigen Gleichgewicht an. Mit der bisherigen Modellentwicklung stellt Frankel fest, dass die rational erwartete Änderungsrate des Rohstoffpreises die einfache regressive Form der Gleichung (2.16) annimmt. Die Kombination mit der Arbitrage-Bedingung (2.1) ergibt:

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Hierbei zeigt sich, dass, wenn eine Änderung in der makroökonomischen Politik den realen Zinssatz ( ) über (unter) das langfristige Gleichgewichtsniveau anhebt (senkt), der Rohstoffpreis als Antwort auf den nominalen Schockimpuls sein langfristiges Gleichgewicht unterschreitet (überschreitet). Der Preis von Rohstoffen muss umgehend unterschätzt (überschätzt) werden, sodass eine Erwartung über eine zukünftige Zunahme (Abnahme) des Rohstoffpreises erzeugt wird, die den hohen (niedrigen) realen Zinssatz ausgleicht. Ferner kann festgestellt werden, je höher die Geschwindigkeit der Anpassung ist, desto weniger stark reagiert der Preis der Rohstoffe. Die langsame Anpassungsgeschwindigkeit bei Industriegütern (mit dem direkt verbunden ist) führt zum Überschießen in den Rohstoffmärkten (Frankel, 1986).[12]

Doch was bestimmt eigentlich genau das langfristige Gleichgewicht des Rohstoffpreises ? Frankel erklärt, dass die relativen Preise langfristig durch exogene Faktoren determiniert werden. Dadurch ergibt sich unter Verwendung der langfristigen Geldnachfragegleichung (2.8):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einsetzen in (2.17) ergibt dann:

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Hierbei zeigt sich, dass zusätzlich zum Effekt des realen Zinssatzes eine nicht-antizipierte Änderung der erwarteten langfristigen Wachstumsrate der Geldmenge das aktuelle langfristige Gleichgewicht des Rohstoffpreises und deshalb auch den aktuellen Rohstoffpreis ändert. So stellt das Modell sowohl die negative Wirkung des realen Zinssatzes als auch den positiven Effekt der erwarteten langfristigen Geldmengenänderung auf den Rohstoffpreis dar. Um den unmittelbaren Einfluss einer Änderung in der Wachstumsrate der Geldmenge als Quelle eines nominalen Schocks auf den realen Rohstoffpreis zu messen, bedient sich Frankel zunächst der Gleichung (2.1), die er mit (2.16) kombiniert um letztendlich Gleichung (2.18) einfließen zu lassen, damit die Änderung des langfristigen Rohstoffpreises verdeutlicht wird:

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Schließlich nutzt Frankel die Änderung in Gleichung (2.5) unter der Berücksichtigung, dass nur der Zinssatz und der Rohstoffpreis und nicht der Industriegüterpreis unabhängig sind, auf einen monetären Schock zu reagieren ( ), und kombiniert diese Bedingung mit Gleichung (2.20) um das abschließende Ergebnis zu erhalten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

An dieser Stelle ist erkenntlich, dass bei einer Änderung der Geldmenge der Rohstoffpreis zunächst über sein langfristiges Gleichgewicht hinausschießt, weil der Wert des Koeffizienten von transitorisch größer als der Rest des Systems wird. An der Stelle, an der die Anpassungsgeschwindigkeit gegen unendlich konvergiert, die Preisanpassung also unverzüglich stattfindet und es somit keine Unterschiede zwischen dem Rohstoff- und Industriegüterpreis hinsichtlich der Reaktionsgeschwindigkeit gibt, tritt kein vorübergehendes Überschießen des Rohstoffpreises auf (Frankel, 1986).[13]

2.2 Graphische Betrachtung der Rohstoffpreisdynamik

Um die Wirkungsketten des im Kapitel 2.1 dargestellten Modells zu veranschaulichen, beschäftigt sich der folgende Abschnitt mit der grafischen Analyse der dynamischen Effekte des Rohstoffpreises.

Die Abbildung 1 zeigt die Dynamik des Rohstoffpreises bei einer nicht-antizipierten Geldmengenerhöhung.

Abbildung 1 Rohstoffpreisdynamik einer nicht-antizipierten Geldmengenerhöhung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Dornbusch (1976), eigene Bezeichnung.

Die Abbildung 1 stellt die PP-Kurve und die Parallelverschiebung der LM-Kurve von LM0 nach LM1 dar. Dabei verbindet die PP-Kurve alle Punkte, bei denen das allgemeine Preisniveau konstant ist und somit die Kombinationen von Preisverhältnis und Rohstoffpreis darstellt, bei denen der Güter- und Geldmarkt im Gleichgewicht ist. Diese Gerade neigt sich aufwärts, weil eine Zunahme des Rohstoffpreises die gesamte Nachfrage stimuliert und ein höheres Preisniveau benötigt (aufgrund der Bedingung ), um die gesamte Nachfrage wieder zu ihrem ursprünglichen Niveau zu führen. Rechts (links) von der PP-Kurve ist ein Nachfrageüberschuss (Angebots­überschuss) und das Preisniveau steigt (sinkt). Die LM-Kurven stellen das Verhältnis des allgemeinen Preisniveaus und des Rohstoffpreises dar, bei dem der Rohstoffpreis konstant und der Geldmarkt im Gleichgewicht ist. Eine größere Geldmenge muss durch ein höheres Preisniveau und einen steigenden Rohstoffpreis ausgeglichen werden. Erwartungen einer Preiserhöhung herrschen rechts von der jeweiligen LM-Kurve und links existieren Preissenkungserwartungen (Dornbusch, 1976).

Transitorische Reaktion (Punkt A nach Punkt B)

Bei einem nominalen Schock - der Zunahme der Geldmenge - übersteigt im Punkt A das Geldangebot die Geldnachfrage. Um die Geldnachfrage ins Gleichgewicht zu bringen, sinkt der reale Zinssatz. Dadurch steigt der reale Rohstoffpreis so lange, bis eine hinreichend hohe Preissenkungserwartung erreicht ist und überschießt dabei seinen neuen Gleichgewichtspunkt C im Punkt B. Dies liegt zum einen an der Arbitrage-Bedingung (2.1),[14] die dazu führt, dass der Rohstoffpreis kurzfristig stärker ansteigen muss als seine erwartete langfristige Zunahme. Zum anderen liegt es an der trägen Anpassungsgeschwindigkeit des Industriegüterpreises (Gleichung 2.17) und an dem Einfluss des Terms der Geldmengenänderung auf die unmittelbare Änderung des Rohstoffpreises in Gleichung (2.21). Durch diesen Verlauf bilden sich bei den Wirtschaftsakteuren rationale Erwartungen über eine zukünftige Preissenkung der Rohstoffe, die den niedrigeren Zinssatz ausgleichen.[15] Wenn die Erwartungen der Preissenkung dann im Gleichgewicht sind, sind die Akteure bereit, ihre Rohstoff­bestände trotz geringerer Kosten abzugeben (Frankel, 2006).

Langfristige Anpassung (Punkt B nach Punkt C)

Mit der Zeit passt sich das allgemeine Preisniveau an die Änderungen der Geldmenge an und steigt. Infolgedessen kehren die reale Geldmenge, der reale Zinssatz und der Rohstoffpreis entlang des Sattelpfads von Punkt B zum neuen langfristigen Gleich­gewichtspunkt C. Dabei ist der reale Rohstoffpreis im neuen Gleichgewicht der selbe wie im Ausgangspunkt A und somit im Niveau langfristig konstant.

3. Die empirische Betrachtung

Nachdem die Theorie der Rohstoffpreisdynamik anhand des von Frankel modifizierten Grundmodells (1986) dargestellt wurde, analysiert das nachstehende Kapitel empirisch die Aussagefähigkeit des theoretischen Grundkonzepts mit Hilfe einer vektorauto-regressiven Schätzung (VAR) bzw. einer strukturellen vektorautoregressiven Schätzung (SVAR) nach Blanchard und Quah (1989). Dazu wird zunächst im Kapitel 3.1 das empirische Modell analytisch dargestellt. Anschließend werden die Ergebnisse der Rohstoffpreisdynamiken mit Hilfe von Impuls-Antwort-Funktionen und der Prognose-fehlervarianz präsentiert und analysiert.

3.1 Das empirische Modell

Bei einem VAR- bzw. SVAR-Schätzverfahren werden die Variablen einerseits durch ihre eigenen verzögerten Werte (autoregressiver Prozess) und andererseits durch die verzögerten Werte der anderen Variablen erklärt. Aus diesem Grund können sich die im Modell betrachteten Variablen gegenseitig beeinflussen und sind somit endogen. Bei der Schätzung mit den zwei Variablen des nominalen und realen Rohstoffpreises bedeutet dies konkret, dass beispielsweise die Zeitreihe des nominalen Rohstoffpreises auch von den vergangenen und aktuellen Werten des realen Rohstoffpreises beeinflusst wird.

Somit gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da Rohstoffpreise in der Regel einen Trend aufweisen, sind ihre logarithmierten Werte nicht stationär. Erst die Differenzenbildung erzeugt eine Stationarität der Zeitreihe.[16] Die Variablen sind dann der Ordnung I(1) integriert. Dabei entspricht der Ausdruck in Gleichung (3.1) der ersten Differenz des logarithmierten realen Rohstoffpreises und der ersten Differenz des logarithmierten nominalen Rohstoffpreises. Folglich entspricht der Wachstumsrate des realen und nominalen Rohstoffpreises in Gütereinheiten der betrachteten Volkswirtschaft. Aufgrund der differenzierten I(1)-Variablen wird mit einem Vektor-Fehlerkorrekturmodell[17] erklärt. Das restringierte VAR-Modell mit der Lag-Länge p entspricht zunächst der folgenden Struktur:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Matrixschreibweise stellt dar, dass dabei eine ( )-Matrix ( bezeichnet die endogenen Variablen im Modell) (für jedes ) und die Konstante wie auch mit den Residuen ein ( )-Vektor ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ferner wird angenommen, dass die Anzahl der Beobachtungen ausreichend groß ist, damit gewährleistet wird, dass die White-Noise Eigenschaften mit einem Erwartungswert von Null, nicht vorhandener Autokorrelation und Homoskedastizität besitzt (Sims, 1980).

Die Effekte verschiedener Störungen können mithilfe eines SVAR-Modells analysiert werden. Dazu wird das VAR-Modell mit der Matrix für die kontemporären Beziehungen zwischen den -Werten und der Matrix für die nicht beobachtbaren strukturellen Einflüsse in den Modellvariablen erweitert. Daher folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit ergibt sich die reduzierte Form des SVAR-Modells:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Matrix gibt durch die wechselseitigen Beziehungen beider Modellvariablen die kombinierten Effekte der Residuen des nominalen und realen Rohstoffpreises an. Hierbei lassen sich die strukturellen Einflüsse in und jedoch nur äquivalent zu den bekannten Parametern der Kovarianzmatrix identifi­zie­ren (Blanchard und Quah, 1989). Allerdings beinhalten die Matrizen mit und mit zusammen vier unbekannte Parameter.[18] Die Kovarianzmatrix enthält mit und jedoch nur drei für die Schätzung wichtige Informationen.[19] Aus diesem Grund bedarf es für die Schätzung der unbekannten Werte zusätzlicher Restriktionen in und , da ansonsten aus der reduzierten Form die Koeffizienten der strukturellen Form nicht identifiziert werden können (Lastrapes, 1992).

Hierfür haben Blanchard und Quah (1989) eine Methode entwickelt, um mit Hilfe von langfristigen Restriktionen die strukturellen Schocks zu berechnen. Bei dieser Verfahrensweise wird die Matrix als Einheitsmatrix angenommen. Folglich gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit .

Die permanenten strukturellen Schocks in den Variablen sind dann:

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wobei die Matrix die kumulierten Reaktionen auf einen Impuls beinhaltet (Hamilton, 1994). Für das Modell mit den zwei Variablen des realen und nominalen Rohstoffpreises bedeutet dies konkret:

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Dabei lautet die langfristige Neutralitätsbedingung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter der Annahme, dass die Zeitreihen der differenzierten I(1)-Variablen stationär sind, kann das System vereinfacht in der Moving-Average -Form[20] dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Koeffizienten bis bezeichnen hierbei die Polynome des Lag-Operators L. Die langfristige Neutralitätsbedingung der Gleichung (3.9) als zusätzlich implementierte Systemrestriktion lässt sich dann wie folgt darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Dynamik des Rohstoffpreises kann mit Hilfe einer Impuls-Antwort-Funktion beobachtet werden. Dabei wird die Reaktion des realen und nominalen Rohstoffpreises über die Zeit auf einen einmaligen realen oder nominalen Schock (in Höhe eines Standardfehlers) analysiert. Da in Gleichung (3.10) die Residuen in und nicht miteinander korreliert sind, ist aus diesem Grund von orthogonalen Schocks die Rede (Sims, 1980). Dies ermöglicht die Analyse des kausalen Zusammenhangs zwischen den einzelnen Störungen und der Preisveränderung. Dabei misst der Koeffizient ) den kumulativen Effekt eines nominalen Schocks ( ) auf den realen Rohstoffpreis ( ) nach k Perioden. Genauer geben die Koeffizienten bis an, wie sich ein nominaler Schock in oder ein realer Schock in auf den aktuellen Wert des realen ( ) oder des nominalen Rohstoffpreises ( ) auswirken. Wird die Zeitreihe um eine Periode fortgesetzt, so lassen sich die Einflüsse einer Veränderung von und auf die zukünftigen Werte von und analysieren. Im Falle der langfristigen Neutralitätsrestriktion hat also ein nominaler Schock in einen transitorischen, aber keinen permanenten Einfluss auf das Niveau des realen Rohstoffpreises. Auf der anderen Seite kann eine reale Störung in auf den realen und nominalen Rohstoffpreis kurzfristig und langfristig wirken. Mithilfe dieses SVAR-Modells wird also geschätzt, ob es kurzfristig zu einer Abweichung von der gesetzten Neutralitätsbeschränkung kommt und ein nominaler Schock kontemporär auf das Niveau des realen Rohstoffpreises wirkt.[21]

Eine weitere Analysemöglichkeit für die Dynamik des Rohstoffpreises ist die Prognosefehlervarianz. Vereinfacht berechnen lässt sich dabei der Prognosefehler aus der Differenz des Rohstoffpreises der Periode und der Vorperiode (Lütkepohl, 1990):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für den Fall der Analyse der realen Rohstoffpreiszeitreihe lässt sich die Varianz des Prognosefehlers des realen Rohstoffpreises für Perioden wie folgt berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da die Polynome und positiv sind, steigt folglich die Varianz des Prognosefehlers mit der Zeit. Die Gleichung (3.13) stellt dar, dass die Varianz des realen Rohstoffpreises aus den Anteilen eines realen und nominalen Schocks besteht. Insgesamt lässt sich die Varianz des Prognosefehlers einer Variablen auf beide Schocks aufteilen. Besitzt beispielsweise ein nominaler Schock in zu keinem Zeitpunkt einen transitorischen noch einen permanenten Erklärungsgehalt für die Varianz des Prognosefehlers des realen Rohstoffpreises ( ), dann würde sich die Dynamik des realen Rohstoffpreises völlig unabhängig von einem nominalen Schock und der nominalen Rohstoffpreiszeitreihe ( ) entwickeln. Hingegen wäre der reale Roh­stoffpreis vollständig endogen, wenn ein nominaler Schock als einzige Quelle die Varianz des realen Rohstoffpreises für alle k Perioden erklärt.

Zusammenfassend die Vorgehensweise des empirischen Modells. Zuerst wird die reduzierte Form (Gleichung 3.5) geschätzt. Anschließend werden die strukturellen Matrizen und der Koeffizienten mithilfe der langfristigen Neutralitätsrestriktion (Gleichung 3.11) identifiziert. Darauf aufbauend wird mit der ermittelten Matrix von der Vektor als Funktion des realen und nominalen Schocks konstruiert, um die dynamischen Effekte und die relative Bedeutung von Störungen auf die Roh­stoffpreisdynamik zu analysieren.

3.2 Analyse der Ölpreisdynamiken in den USA

Mit Hilfe des in Kapitel 3.1 vorgestellten Modells werden in diesem Abschnitt die Dynamiken des realen und nominalen Ölpreises in den USA untersucht. Dabei wird analysiert, welche kausalen Beziehungen zwischen dem realen und nominalen Ölpreis bestehen und wie sich ein realer und nominaler Schock auf die einzelnen Variablen auswirkt.

Der empirischen Untersuchung liegen Monatsdaten von Januar 1990 bis März 2014 zu Grunde. Dabei sind die Daten des nominalen Ölpreises in US-Dollar je Barrel (Crude Oil Prices: West Texas Intermediate) der Federal Reserve Bank of St. Louis und der amerikanische Konsumerpreisindex zum Basisjahr 2010 der OECD-Datenbank entnommen. Der reale Ölpreis lässt sich aus dem Quotienten des nominalen Rohstoffpreises und dem Konsumerpreisindex berechnen.

Modellspezifikation am Beispiel des Ölpreises in den USA

Zunächst wird am Beispiel des Ölpreises in den USA veranschaulicht, dass die Zeitreihen nicht kointegriert und erst durch die Differenzenbildung stationär sind. Dabei ist eine stationäre Zeitreihe für eine adäquate Modellspezifikation erforderlich, damit die Regression Eigenschaften umfasst, die nicht nur für einzelne Zeitpunkte gelten. Dafür werden zunächst die Zeitreihen des logarithmierten nominalen (LOG_Nominal) und realen (LOG_Real) Ölpreises der USA für den Zeitraum von Januar 1990 bis März 2014 in Abbildung 2 betrachtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Berechnung.

Abbildung 2 Verlauf der logarithmierten Ölpreise in den USA

Wie die Abbildung 2 darstellt, weisen beide Variablen deutliche saisonale Muster auf, da weder der Erwartungswert noch die Varianz im Zeitverlauf konstant sind. Deshalb lässt der Verlauf ein nicht stationäres Verhalten der Variablen vermuten. Statistisch werden hierbei die Zeitreihen auf Stationarität unter Berücksichtigung der Trend­komponente getestet. Mithilfe des Augmented-Dickey-Fuller -Tests werden die Zeitreihen auf eine Einheitswurzel (=Nichtstationarität) mit Hilfe des Software-programms R überprüft (Dickey und Fuller, 1981). Für beide Variablen lässt sich dabei die Nullhypothese, dass eine Einheitswurzel vorliegt, auf dem 10% Signifikanzniveau nicht verwerfen, da die Teststatistiken jeweils größer als die kritischen Werte sind (Ergebnisse im Anhang 1).

Zum Testen der Kointegrationsbeziehung zwischen dem realen und nominalen Ölpreis wird der Test der Residuen von Engle und Granger (1987) verwendet. Dieser beruht auf dem Dickey-Fuller -Test, allerdings mit modifizierten kritischen Werten. Wie der R -Output im Anhang 2 zeigt, sind die Testwerte beider Zeitreihen größer als der berechnete kritische Wert nach MacKinnon (2010). Deshalb kann die Nullhypothese, nach der keine Kointegrationsbeziehung zwischen den beiden Zeitreihen besteht, mit einer zehn prozentigen Irrtumswahrscheinlichkeit nicht verworfen werden.

Für die korrekte Modellspezifikation werden die Zeitreihen durch Differenzenbildung (Trendbereinigung) stationarisiert (siehe Kapitel 3.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Wachstumsraten der Ölpreise in den USA

Quelle: eigene Berechnung.

Die Abbildung 3 veranschaulicht das Ergebnis des nominalen und realen Ölpreises nach der Differenzenbildung. Dargestellt sind nun die monatlichen Wachstumsraten der Preise. Besonders auffällig dabei sind die zwei Ausreißer in Zeiten des zweiten Golfkriegs Anfang der 1990er Jahre und der Finanz- und Wirtschaftskrise ab Anfang 2008. Mithilfe des Augmented-Dickey-Fuller -Tests lässt sich nun statistisch überprüfen, dass die Daten stationär sind. Wie das Ergebnis im Anhang 3 darstellt, sind beide Teststatistiken hoch signifikant und kleiner als der jeweilige kritische Wert. Somit kann zum 99 % Signifikanzniveau die Nullhypothese einer Einheitswurzel verworfen werden.

Ein weiterer bedeutsamer Spezifikationsbaustein ist die richtige Wahl der Lag-Länge . Die Literatur schlägt im Fall von Monatsdaten dabei eine Länge von ohne saisonale Dummy-Variablen vor (Lastrapes, 1992). Diese Wahlentscheidung wird mit Hilfe von Selektionskriterien unterstrichen. Dabei ist die Lag-Länge zu wählen, bei der die Informationskriterien ihr Minimum besitzen. Nach dem Akaike - und dem FPE -Informationskriterium ist hierbei p mit 12 Lags zu wählen (Ergebnisse im Anhang 4), damit einerseits das Modell nicht fehlspezifiziert ist und andererseits die Anzahl der Freiheitsgrade nicht zu groß wird (Sims, 1980). In das Modell werden demnach die um bis zu zwölf Perioden verzögerten Werte als erklärende Variable mit aufgenommen.

Analyse der Ölpreisdynamiken in den USA

Im Anschluss an die Modellspezifikation folgt die Analyse der dynamischen Effekte von realen und nominalen Schocks auf die Ölpreise mit dem im Kapitel 3.1 vorgestellten Modell.

[...]


[1] Dornbusch unterstellt u.a. trägen Preisen eine mittelfristige Anpassung, Güterpreisen eine verzögerte Reaktion und, dass Kapitalmärkte sofort reagieren. Insgesamt klassifiziert er unterschiedliche Anpassungsgeschwindigkeiten auf den Kapital- und Gütermärkten (Dornbusch, 1976).

[2] Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden alle Rohstoffe zusammengefasst (Frankel, 1986).

[3] Arbitrage bedeutet in dieser Verbindung, dass unterschiedliche Preise gleicher Rohstoffe auf verschiedenen Märkten ausgenutzt werden. Infolge dessen passen sich die Preise aber an und der gewinnbringende Vorteil existiert nur vorübergehend (Ross, 1976).

[4] In empirischen Studien werden neben den Lagerhaltungskosten andere Kostenfaktoren, wie beispielsweise die Gewinnerzielung durch sofortige Verfügbarkeit der Rohstoffe oder der Unsicherheit des Mitwirkens, berücksichtigt (Frankel, 2006).

[5] Bordo (1980) lieferte empirische Beweise dafür, dass die Preise von Rohstoffen schneller als die Industriegüterpreise auf makroökonomische Änderungen reagieren.

[6] Werden andere Interpretationen zugrunde gelegt, so gibt es keine modellspezifischen qualitativen Unterschiede (Obstfeld und Rogoff, 1984).

[7] Der Einfachheit halber wird hier der Wert null angenommen, sodass der langfristige Industriegüterpreis dem langfristigen Rohstoffpreis entspricht ( ).

[8] Die Beschreibung ( ) als realer Zinssatz ist ungenau, da der kurzfristige Zinssatz ist, während die erwartete langfristige Inflationsrate darstellt. Frankel weist darauf hin, dass die Modellspezifikation qualitativ unverändert bleibt, wenn die erwartete kurzfristige Inflationsrate eingesetzt wird (Obstfeld und Rogoff, 1984).

[9] Im Dornbusch-Modell ist das Niveau des realen Outputs fix bei Vollbeschäftigung gesetzt und die Preise (in diesem Fall der Industriegüterpreis) reagieren träge auf den Nachfrageüberschuss im Gütersektor. Folglich hat Geldmengenerhöhung keinen anfänglichen Einfluss, weder auf den realen Output, noch auf den Industriegüterpreis (Dornbusch, 1976).

[10] Frankel verweist darauf, dass wenn der Output fix ist, der Nachfrageüberschuss aus Lagerbeständen kommen muss. Vorzuziehen ist, den Industriegüteroutput endogen durch die Nachfrage zu bestimmen ( und ). Das Modell wird durch diese Erweiterung nicht qualitativ verändert (Dornbusch, 1976).

[11] Das bedeutet, dass die Reaktionsfähigkeit auf den Nachfrageüberschuss unendlich groß ist.

[12] Da der Rohstoffpreis flexibler und nicht so träge wie der Industriegüterpreis ist und sofort reagiert, überschießt der Preis der Rohstoffe (Frankel, 1986).

[13] Eine Änderung des Wachstumsrate von ändert den langfristigen Gleichgewichtspreis um . Das Ausmaß des anfänglichen Überschießens ist dann das selbe wie für die Änderung des Niveaus.

[14] Neben den Lagerhaltungskosten haben auch andere Kostenfaktoren, wie beispielsweise die Gewinnerzielung durch sofortige Verfügbarkeit der Rohstoffe oder die Unsicherheit des Mitwirkens, einen Einfluss (Frankel, 2006).

[15] Rohstoffe, die bevorzugt gehalten werden, müssen ausreichend überschätzt werden, sodass Erwartungen über zukünftige Rohstoffpreissenkungen entstehen, die den niedrigeren Zinssatz ausgleichen (Frankel, 1986).

[16] Empirische Bestätigung in Kapitel 3.2.

[17] Da durch Differenzenbildung der Daten unter Umständen erhebliche Informationsverluste entstehen berücksichtigt dieses Modell die Kointegrationsbeziehungen. Dies ermöglicht die Ermittlung der kurzfristigen Schwankungen und der langfristigen Gleichgewichtsbeziehungen (Phillips, 1998).

[18] Die Nullrestriktionen in und sind dabei praktische Normalisierungen (Lastrapes, 1992).

[19] Lastrapes (1992) verdeutlicht dies mit der Gleichung: . Dabei werden drei nicht lineare Gleichungen in vier unbekannten Gleichungen definiert.

[20] Mit (Lastrapes, 1992).

[21] Vgl. mit den theoretischen Implikationen im Kapitel 2.

Details

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Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2014
ISBN (PDF)
9783958207776
ISBN (Paperback)
9783958202771
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
SVAR-Modell Blanchard Quah Impuls-Antwort-Funktion Rohstoffpreise Empirische Analyse
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