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Möglichkeiten zur Umsetzung der Blue Ocean Strategy in der ICT-Branche: Dargestellt am Beispiel der T-Systems International GmbH

©2014 Bachelorarbeit 51 Seiten

Zusammenfassung

Den Autoren W. Chan Kim und Renée Mauborgne zufolge ist eine langfristige Sicherung der eigenen Unternehmensposition nur über das Schaffen neuer Märkte, auf denen es keine Konkurrenz gibt, möglich. Der von diesen Autoren geschaffene und als Blue Ocean Strategy bezeichnete Ansatz soll in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden und auf die Herausforderungen der ICT-Branche im Bereich Automotive angewandt werden.
Die Fragestellung der Arbeit lautet, ob junge Startup-Unternehmen einem großen ICT-Dienstleister und vorliegend insbesondere der T-Systems International GmbH, im Sinne der Blue Ocean Strategy, einen Vorteil verschaffen können. Dargestellt wird dieses Thema im Hinblick auf Produkte und Lösungen für den T-Systems Kunden Volkswagen im Automotive-Umfeld. Anschließend werden die theoretisch und praktisch erläuterten Aspekte durch Experteninterviews aller drei beteiligten Stakeholder untermauert. Befragt werden leitende Angestellte der T-Systems, der Volkwagen AG und aus der Gruppe der Startup-Unternehmen zu Innovationsthemen und Herausforderungen auf dem Markt, wichtigen Kriterien zur erfolgreichen Zusammenarbeit sowie Anforderungen an zukünftige Produkte.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Definition

Im Rahmen der Blue Ocean Strategy werden zwei unterschiedliche Märkte unterschieden. Die bestehenden und bereits bekannten Märkte werden als Red Oceans bezeichnet. Bei Blue Oceans hingegen handelt es sich um unbekannte Märkte, die bisher noch nicht erschlossen wurden.

Die Grenzen der Märkte in Red Oceans sind klar definiert und die Wettbewerbsregeln bekannt. Auf diesen Märkten kämpfen die Unternehmen um Marktanteile und um einen Nachfragevorsprung gegenüber den Wettbewerbern. Je dichter diese Branchen werden, desto kleiner werden Wachstums- und Gewinnchancen. Der Red Ocean ist somit geprägt von Massenware, einem harten Konkurrenzkampf und einem immensen Kostendruck.

Das Gegenteil dazu stellt der Blue Ocean dar. Hier geht es um noch nicht erschlossene Märkte, die Generierung einer komplett neuen Nachfrage und den Ausblick auf ein äußerst profitables Wachstum.[1]

Die meisten Blue Oceans entstehen durch eine Ausweitung der vorherigen Marktgrenzen aus Red Oceans heraus. Dennoch sind Blue Oceans mehr als ausschließlich auf technischem Fortschritt basierende Neu- oder Weiterentwicklungen bestehender Produkte und Dienstleistungen.[2] Dadurch, dass die Spielregeln in Blue Oceans erst noch festgelegt werden müssen, gibt es hier keinen Wettbewerb. Für die Unternehmen wird es dennoch wichtig bleiben sich dem Konkurrenzkampf zu stellen, denn Red Oceans werden weiterhin existieren. Durch zunehmend gesättigtere Märkte und ein die Nachfrage übersteigendes Angebot müssen die Unternehmen jedoch über den Tellerrand des Wettbewerbs hinausschauen. Nur so können sie Blue Oceans erobern und sich langfristig ein profitables Wachstum sichern.[3]

In der folgenden Abbildung 1 werden die wesentlichen Unterschiede von Red Oceans und Blue Oceans einander gegenüber gestellt und miteinander verglichen.

Abbildung 1: Strategien für Red Oceans und Blue Oceans

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kim, W.; Mauborgne, R., 2005a, S.17.

Während in Red Oceans versucht wird, durch Wettbewerb auf dem vorhandenen Markt die Konkurrenz zu schlagen und die bestehende Nachfrage unter den Wettbewerbern aufzuteilen, werden in Blue Oceans neue Märkte geschaffen. Dort wird der Konkurrenz ausgewichen und eine neue Nachfrage erschlossen.[4] Durch den Wegfall des kostenintensiven Wettbewerbs wird der auf Red Oceans etablierte Zusammenhang zwischen Kosten und Nutzen ausgehebelt. Eine Entscheidung zwischen Differenzierung oder niedrigen Kosten ist nicht mehr notwendig. In einem Blue Ocean können die Unternehmen gleichzeitig Differenzierung und niedrige Kosten realisieren. Dementsprechend können Unternehmen dank der Blue Ocean Strategy ihren Kunden einen höheren Nutzen offerieren und gleichzeitig die eigenen Kosten senken. Kim und Mauborgne bezeichnen diesen Zusammenhang als Nutzeninnovation.[5]

Im Rahmen der Umsetzung der Blue Ocean Strategy finden explizite Management-Maßnahmen Beachtung, die in den folgenden Kapiteln beschrieben werden.

2.3 Analysewerkzeuge: Strategisches Profil und Nutzenkurve

Als ein zentrales strategisches Analysewerkzeug stellen Kim und Mauborgne die Strategy Canvas und die Value Curve vor. Für die Begriffe Strategy Canvas und Value Curve prägte Reinhart Nagel als deutsche Übersetzung die Termini strategisches Profil und Nutzenkurve, welche auch in der vorliegenden Arbeit Verwendung finden sollen.[6]

Die Nutzenkurve ist das wesentliche Element des strategischen Profils. Bei der Nutzenkurve handelt es sich um eine grafische Darstellung des relativen Angebots eines Unternehmens bezogen auf die einzelnen Wettbewerbsfaktoren des Marktes. Mithilfe des strategischen Profils und der Nutzenkurve können das Angebot eines Unternehmens und die Angebote etwaiger Konkurrenten dargestellt und miteinander verglichen werden.[7]

Das strategische Profil erfüllt zwei Zwecke. Zum einen illustriert es an der Abszissen-Achse, welche Faktoren einen Markt bzw. eine Branche determinieren. Es wird erkennbar, welche Faktoren, Produkte und Dienstleistungen derzeit die Grundlage für den Wettbewerb bilden und in welche Aspekte die Konkurrenz investiert. Der zweite Zweck des strategischen Profils ist es, die Angebotsebene abzubilden, die Käufer bei den auf der Abszissen-Achse abgebildeten Faktoren des Wettbewerbs erhalten. Diese Ebene wird auf der Ordinaten-Achse des strategischen Profils abgebildet. Während ein hoher Wert bei einem Faktor bedeutet, dass das Unternehmen dem Kunden bei dem betreffenden Faktor einen großen Mehrwert bietet und viel in diesen investiert, stellt ein niedriger Wert diejenigen Faktoren dar, die in dem betreffenden Unternehmen bewusst oder unbewusst vernachlässigt werden.[8]

Im Folgenden sollen die Charakteristika des strategischen Profils zur Verdeutlichung der praktischen Implikationen dieser Analysewerkzeuge anhand eines Beispiels aus der US-amerikanischen Weinindustrie dargestellt werden.

Abbildung 2: Strategisches Profil der US-amerikanischen Weinindustrie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kim, W.; Mauborgne, R., 2005a, S.23.

Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, wurde der US-amerikanische Weinmarkt trotz zahlreicher Anbieter im Wesentlichen von zwei strategischen Profilen geprägt. Sowohl Anbieter von Premium- als auch von Billigweinen wiesen ein vom Verlauf her ähnliches Profil auf, wenngleich auf unterschiedlichem, dem jeweiligen Marktsegment entsprechenden Niveau.[9]

Kennzeichnend für die Billigweine sind in erster Linie der in Relation sehr niedrige Verkaufspreis und die anderen Wettbewerbskriterien mit niedrigem Ausschlag. Während die Kriterien Preis, Marketing, Alterungsfähigkeit, Prestige, Komplexität und die Palette von Weinsorten alle niedrige bis sehr niedrige Werte aufzeigen, weicht die Verwendung von Fachtermini als einziges Kriterium mit einem relativ hohen Wert ab. Hierbei handelt es sich um einen in der Weinindustrie elementaren Aspekt, durch den betont wird, dass es sich bei der Weinherstellung um Kunst und gleichermaßen eine Wissenschaft handelt. Ausschließlich Kennern ist es vorbehalten, diese für Laien unverständliche Fachsprache zu verstehen.[10]

Wie Abbildung 2 ebenfalls zu entnehmen ist, zeichnet ein über alle Wettbewerbskriterien hinweg relativ hoher Wert die Weine des Premium-Segments aus.

Die Strategien beider Weinkategorien sind zwar auf unterschiedlichen Höhen der Angebotsebene angesiedelt, dennoch weisen sie einen fast parallelen Verlauf auf. Um diese strategischen Nutzenkurven nachhaltig ändern zu können und so einen neuen Markt und neue Kundengruppen erschließen zu können, reichen das fortwährende Benchmarking und der harte Wettbewerb nicht aus.[11] Lediglich durch die Änderung des strategischen Fokus kann eine solche Änderung erreicht werden. Mit dem Fokus weg von der Konkurrenz und hin zu den Alternativen sowie von Kunden zu Nichtkunden lässt sich das Problem der Entscheidung zwischen Differenzierung und Kostenführerschaft lösen. Auf diese Weise kann über die Branchengrenzen hinweg ein neuer Nutzen für die Käufer generiert werden.[12]

Genau dies hat die australische Kellerei Casella Wines mit der neuen Produktlinie [yellow tail] auf dem US-amerikanischen Markt umgesetzt. Die Kellerei fand heraus, dass für die meisten erwachsenen Amerikaner das Weintrinken zu kompliziert und komplex ist. Die Alternativen wie Bier, Cocktails und andere Spirituosen wurden in Amerika dreimal so viel konsumiert wie Wein. Aus diesem Grund strebte die Kellerei an, einen Wein zu kreieren, der einfach zu trinken ist und wieder Spaß macht. Dadurch konnte ein neuer Nutzen generiert werden. In der Konsequenz ließen sich neue Kundengruppen erschließen, die vorher keine Weintrinker waren.[13] Zur Erzeugung dieser neuen Nutzenkurve bediente sich Casella Wines dem Vier-Aktionen-Format, das im Folgenden vorgestellt werden soll.

2.4 Implementierungsinstrument: Vier-Aktionen-Format

Während das strategische Profil inklusive der dazugehörigen Nutzenkurve im Rahmen der Blue Ocean Strategy das wesentliche Analysewerkzeug darstellt, handelt es sich bei dem Vier-Aktionen-Format um das Instrument zur Implementierung dieser Strategie. Zur Generierung einer neuen Nutzenkurve ist es nötig, diejenigen Aspekte zu rekonstruieren und umzugestalten, die für den Käufer einen Nutzen bedeuten. Die umseitig in Abbildung 3 aufgeführten vier Einflussgrößen bieten Unternehmen die Möglichkeit, die Probleme des Markts zu untersuchen und zu beurteilen. So kann bei gleichzeitig niedrigen Kosten eine höhere Differenzierung erreicht werden und eine neue Nutzenkurve erzeugt werden.[14]

Abbildung 3: Vier-Aktionen-Format

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kim, W.; Mauborgne, R., 2005a, S.26.

Diejenigen Faktoren, die vom Markt als selbstverständlich vorausgesetzt werden, jedoch keinen Nutzen mehr haben, gilt es zu eliminieren. Auf diesen Faktoren hat viele Jahre der Wettbewerb aufgebaut. Mittlerweile werden sie häufig nur noch als Standardfaktoren angesehen und verringern den Nutzen für Kunden eventuell sogar.[15]

Ein weiterer Aspekt zielt darauf ab, die Angebote, die durch den andauernden Wettbewerb in die Höhe getrieben wurden, bis weit unter das Standardniveau der Branche zu reduzieren. Durch diese Produkte oder Dienstleistungen erhöhen sich die Kosten der Unternehmen und sie bieten dem Käufer mehr, als dieser de facto nachfragt und konsumieren kann.[16]

Als drittes sollten die Faktoren, die einen Nutzen haben und von den Kunden bisher als Kompromiss wahrgenommen wurden, weit über den Standard der Branche gesteigert werden.

Der letzte Punkt befasst sich mit der Schaffung neuer Nutzenquellen und Kundengruppen. Durch die neu gewonnene Nachfrage wird den Unternehmen die Möglichkeit gegeben, die Preisstruktur der Branche zu verändern. Besonders durch die Eliminierung und Kreierung können den Kunden völlig neue Erfahrungen geboten werden und die bestehenden Wettbewerbsregeln werden außer Kraft gesetzt.[17]

Casella Wines hat mit seinem Produkt [yellow tail] dieses Vier-Aktionen-Format angewandt und die bisherigen Standards der Branche aufgelöst, was im Folgenden dargestellt wird.

2.4.1 Implementierung des Vier-Aktionen-Formats am Beispiel von [yellow tail]

Mit der Schaffung eines neuen strategischen Profils weitete die Kellerei die Grenzen des vormals gesättigten Weinmarkts erfolgreich aus und kreierte somit einen Blue Ocean. Casella schuf einen Wein, der weniger Wein war, als vielmehr ein Getränk für gesellige Runden und der auch andere Kundengruppen ansprach. Viele Bier- und Cocktailtrinker ließen sich durch dieses neue Angebot überzeugen, was für Casellas [yellow tail] eine hohe Nachfrage bedeutete.[18]

Abbildung 4: Strategisches Profil der Weinindustrie in den USA ergänzt um [yellow tail]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kim, W.; Mauborgne, R., 2005a, S.29.

Abbildung 4 illustriert, wie es Casella gelang, sich von den anderen Wettbewerbern der Branche signifikant abzusetzen.

Die Nutzenkurve von [yellow tail] weist einen deutlich anderen Verlauf auf, als die der Premium- und Billigweine. Casella wandte alle vier Aktionen – Eliminierung, Reduzierung, Steigerung und Kreierung – an und schaffte dadurch ein neues Profil auf dem Weinmarkt.[19]

Nach der Analyse der Alternativgetränke Bier und Cocktail sowie der Betrachtung von Nichtkunden kreierte Casella drei neue Faktoren: Leichte Trinkbarkeit, einfache Auswahl sowie Spaß und Abenteuer. Diese neuen Faktoren finden sich auf der Abszissen-Achse in Abbildung 4 wieder. Sämtliche andere Faktoren wurden entweder eliminiert oder bis unter den bisherigen Branchenstandard reduziert.[20]

Wie schon eingangs dargestellt lehnte die Mehrheit der amerikanischen Konsumenten Wein bis dato ab, da für sie der Geschmack zu kompliziert erschien. Für [yellow tail] wurde der vormals als komplex empfundene Geschmack durch einen fruchtig, süßen Geschmack ersetzt. Somit war Casellas neuer Wein im Ergebnis ein leicht zu trinkender Wein, der die Masse der Alkoholtrinker ansprach.[21]

Die Auswahl eines Weins wurde ebenfalls erleichtert. Während eine umfangreiche Palette an verschiedenen Weinen vormals als Qualitätsmerkmal galt, reduzierte Casella diese Auswahl drastisch. Lediglich zwei Weine wurden angeboten: Ein Chardonnay als Weißwein und ein Shiraz als rote Variante.[22]

Der dritte neugeschaffene Faktor Spaß und Abenteuer wurde durch Verkäufer erreicht, die die typische Kleidung des australischen Outbacks trugen. Zusätzlich wurde der Wein in schwarzen Flaschen abgefüllt, auf denen ein leuchtend orangefarbenes Känguru abgebildet war. Das zuvor sehr elitäre Image, das von der breiten Öffentlichkeit als einschüchternd empfunden wurde, wich dem Abenteuer der australischen Kultur und dem damit assoziierten Spaß.[23]

Die önologischen Fachtermini, die Alterungsfähigkeit und die traditionelle Verkaufsförderung durch Werbemaßnahmen wurden eliminiert. Während die Wichtigkeit der Faktoren Komplexität des Weins, Palette der Weinsorten und Prestige des Weinguts drastisch auf ein Minimum reduziert wurde, konnte Casella den Preis für [yellow tail] sogar über dem der Billigweine ansiedeln.[24]

In dieser von Kim und Mauborgne genutzten Fallstudie wird deutlich, dass die im Rahmen des Vier-Aktionen-Formats geforderte Erhöhung von mindestens einem Faktor weit über den Branchenniveau bei [yellow tail] nicht belegt werden kann. In der einschlägigen Literatur finden sich lediglich Hinweise auf eine leichte Erhöhung des Faktors Preis über das Niveau der Billigweine. Um zu veranschaulichen, dass auch andere Faktoren des Vier-Aktionen-Formats in unterschiedlicher Ausprägung umgesetzt werden können, werden im Folgenden ausgewählte weitere Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung der Blue Ocean Strategy prägnant dargestellt.

2.4.2 Exemplarische Umsetzungsbeispiele der einzelnen Faktoren

In der Literatur werden u.a. die folgenden Unternehmen bzw. Produkte als erfolgreiche Beispiele für das Schaffen eines Blue Ocean angeführt: Cirque du Soleil, Southwest Airlines, The Body Shop [25] sowie das Buchhandelsunternehmen Borders and Barnes and Noble.[26] Bei den im Folgenden dargestellten vier Erfolgsbeispielen konzentriert sich der Autor der vorliegenden Arbeit lediglich auf den am deutlichsten umgesetzten Aspekt des Vier-Aktionen-Formats in dem jeweiligen Beispiel. Es wird also jeweils ein Beispiel für Eliminierung, Steigerung, Reduzierung und Kreierung vorgestellt.

Cirque du Soleil – Eliminierung

Cirque du Soleil ist eines der bekanntesten Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung der Blue Ocean Strategy. Das Management schaffte sich aus der, von einer immer weiter sinkenden Nachfrage geplagten, Zirkus-Industrie einen äußerst profitablen neuen Markt. Die Hauptkostentreiber des traditionellen Zirkus, nämlich Tiere und Artisten, wurden eliminiert und durch Subjekte aus Oper, Ballett und Konzerten ersetzt. Die neue Kundengruppe des Unterhaltungsprogramms war älter und zahlungsfreudiger als die des konventionellen Zirkus.[27] Die Schaffung eines neuen Marktes erfolgte im Fall von Cirque du Soleil somit primär über die Eliminierung von Tieren und Artisten im Zirkuskonzept.

Southwest Airlines – Steigerung

Die US-amerikanische Fluglinie Southwest Airlines, eines der ältesten Blue Ocean Beispiele, betrachtete sich selbst als Alternative zum Auto, nicht zu anderen Airlines. Dadurch wurde eine Nutzeninnovation für bisherige Nichtkunden geschaffen: Reisende, die bisher aufgrund geringerer Kosten das Auto dem Flugzeug als Reisemittel vorzogen. Durch den Wegfall von zusätzlichen Dienstleistungen, wie beispielsweise verschiedener Sitzklassen oder Mahlzeiten, konnten die Flugpreise gesenkt werden. Die Abflugfrequenzen, der Fokus auf einen freundlichen Service, die Flughafen-Netzdichte sowie die Check-In-Geschwindigkeit wurden erhöht. Die hohe Reisegeschwindigkeit des Flugs wurde so mit dem niedrigen Preis und der Flexibilität des Autos kombiniert und neue Kundengruppen konnten erschlossen werden.[28] Das Erfolgsbeispiel von Southwest Airlines kann somit als gutes Beispiel für die Steigerung von Wettbewerbsfaktoren verwendet werden.

The Body Shop – Reduzierung

Ein weiteres Beispiel für die Erreichung neuer Kundengruppen ist The Body Shop. Durch die gesenkte Betonung des traditionellen, elitären und bourgeoisen Auftritts der Kosmetikbranche und die Fokussierung der natürlichen Inhaltsstoffe und schlichten Verpackungen konnte The Body Shop hohe Kosteneinsparungen generieren. Somit wurde mit niedrigen Preisen und Kosten ein neuer Nutzen für Kunden mit anderen ethischen und gesundheitlichen Ansprüchen geschaffen.[29] The Body Shop stellt somit ein Beispiel für die Reduzierung von Wettbewerbsfaktoren bis weit unter das Branchenniveau dar.

Borders and Barnes and Noble – Kreierung

Das Buchhandelsunternehmen hat den Fokus nicht wie herkömmliche Buchhandlungen ausschließlich auf den Moment des Buchkaufs gelenkt, sondern darauf, was der Kunde vor, während und nach dem Bücherkauf tut. So richtete Borders and Barnes and Noble Sitzecken und Kaffeebars in ihren Filialen ein, weil sie herausfanden, dass die Kunden vor dem Kauf gerne in den Büchern schmökern oder danach in Ruhe bei einem Kaffee die ersten Seiten lesen wollen. Diese Kundenbedürfnisse wurden in den traditionellen Buchhandlungen mangels eines solchen Angebots außer Acht gelassen und somit Kundenpotentiale verschenkt.[30] Borders and Barnes and Noble kreierte somit vollkommen neue Faktoren, denen zuvor im Wettbewerb keine Bedeutung beigemessen wurde.

2.5 Abgrenzung zu den Wettbewerbsstrategien nach Porter

In diesem Kapitel wird die zuvor umfangreich erläuterte Blue Ocean Strategy abgegrenzt von den Wettbewerbsstrategien nach Michael E. Porter. Zu diesem Zweck werden zunächst die Kerninhalte von Porters Strategie herausgestellt und im Anschluss zu denen der Blue Ocean Strategy in Kontrast gesetzt.

Porter zufolge beeinflusst die Struktur der Branche maßgeblich die Spielregeln auf dem bestehenden Markt und folglich die Strategien der im Markt angesiedelten Unternehmen.[31] Die Wettbewerbsintensität einer Branche wird laut Porter von der Macht der folgenden fünf Wettbewerbskräfte beeinflusst: Potentielle neue Konkurrenten, Abnehmer, Ersatzprodukte, Lieferanten und bestehende Wettbewerber in der Branche. Die summierte Stärke der fünf Wettbewerbskräfte determiniert letztlich das Gewinn- und Erfolgspotential dieser Branche.[32] In der folgenden Abbildung 5 wird das sogenannte Fünf-Kräfte-Modell illustriert.

Abbildung 5: Fünf-Kräfte-Modell nach Porter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Mintzberg, H.; Ahlstrand, B.; Lampel, J., 2005, S.101.

Das Ziel unternehmerischer Wettbewerbsstrategien ist es, die Spielregeln auf dem Markt zu beherrschen und eventuell sogar zugunsten des Unternehmens beeinflussen zu können.[33] Dazu ist es notwendig, sich der Summe der fünf Einflussgrößen auf die Wettbewerbsintensität bewusst zu werden.[34] Die derzeitig am bestehenden Markt angesiedelten Unternehmen werden durch potentiell neue Konkurrenten bedroht, die fortlaufende Investitionen und Preisgrenzen bedingen.[35] Des Weiteren hat die Verhandlungsstärke und Preissensibilität der Abnehmer einen entscheidenden Einfluss auf die Wettbewerbsintesität. Eine hohe Verhandlungsmacht der Abnehmer beispielsweise wirkt sich negativ auf die Preise aus, die die Unternehmen am Markt verlangen können.[36] Eine weitere Bedrohung der Wettbewerber ergibt sich aus der Substitutionsneigung der Abnehmer oder der relativen Preisleistung der Ersatzprodukte.[37] Auch die Verhandlungsstärke der Lieferanten determiniert die Intensität des Wettbewerbs beispielsweise durch die Kosten für die Produktions-Inputs.[38]

Ebenso bestimmen die Wettbewerber der Branche selbst die Intensität der Rivalität und somit die des Wettbewerbs.[39] Die Rivalität der Unternehmen hängt u.a. von deren Heterogenität, Fixkosten oder dem Branchenwachstum ab.[40]

Porter geht ebenfalls auf die relative Position des Unternehmens in seiner jeweiligen Branche ein. Langfristig gilt es, durch überdurchschnittliche Leistung Wettbewerbsvorteile zu erringen und diese zu verteidigen.[41] Drei Positionen bzw. Strategietypen innerhalb der Branche lassen sich aus den Wettbewersvorteilen eines Unternehmens ableiten: Kostenführerschaft, Differenzierung und die Konzentration auf Nischen.[42]

In Abgrenzung zur Blue Ocean Strategy bezieht sich Porter auf einen bestehenden Markt, auf dem eine bestehende Nachfrage unter den Wettbewerbern aufgeteilt werden soll. Es gilt, sich als Unternehmen durch Aufdecken der Chancen und Risiken seiner Branche strategische Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und somit die Regeln des Wettbewerbs zu bestimmen. Eine Entscheidung zwischen Differenzierung und Kostenführerschaft ist laut Porter zwingend zu treffen. Im Sinne der Blue Ocean Strategy liegt Porters Fünf-Kräfte-Modell ein Red Ocean zugrunde.

Die Blue Ocean Strategy hingegen besagt, dass ein Unternehmen durch Schaffung einer Nutzeninnovation dem Wettbewerb ausweicht und somit einen neuen Markt und eine neue Nachfrage kreiert. Auf diesem Markt gibt es zu diesem Zeitpunkt keine Wettbewerber und keine Wettbewerbsregeln. Aufgrund der geschaffenen Nutzeninnovation für den Kunden ist eine Entscheidung zwischen Differenzierung und niedrigen Kosten nicht notwendig.

3 T-Systems International GmbH

3.1 Unternehmensprofil

Bei der T-Systems International GmbH (T-Systems) handelt es sich um eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Telekom AG. Kerngeschäft der T-Systems sind Dienstleistungen im Bereich Informationstechnik (IT) und Telekommunikation (TK) für Großunternehmen und öffentliche Einrichtungen. Die Großkundensparte der Telekom ist international mit Niederlassungen in über 20 Ländern vertreten. Der Hauptsitz der T-Systems befindet sich in Frankfurt am Main. Weltweit beschäftigt die T-Systems circa 50.000 Mitarbeiter, von denen ungefähr 27.000 an deutschen Standorten arbeiten. Die T-Systems führt mit einem Umsatz von 9,5 Mrd. € den deutschen ICT-Markt an.[43]

Das operative Geschäft der T-Systems ist in zwei Bereiche gegliedert: Vertrieb und Delivery. Während sich der Vertrieb mit Kundenbeziehungen und allen anderen vertriebsnahen Funktionen befasst, steht die Delivery für Lieferungs- und Leistungsbeziehungen und betreut das bereits bestehende Geschäft.[44]

Die Kernkompetenz des Unternehmens sind die integrierten ICT-Services aus einer Hand. Durch den Konzernhintergrund ist die T-Systems in der Lage IT, TK und Mobilfunk in integrierter Form anzubieten. Mit einem Helpdesk in 28 Sprachen und 72 Rechenzentren ist die T-Systems in der Lage, 1,3 Mio. sogenannte Managed Seats zu betreuen. Da in der Großkundensparte der Telekom der Kunde immer das jeweilige Unternehmen ist, wird die Anzahl der betreuten Arbeitsplatzsysteme als Managed Seats bezeichnet. Bei den skalierbaren Plattformen hat die T-Systems 41 Mio. SAP-Systeme im Betrieb.

Betreut werden derzeit 70% der Top-100-Unternehmen in Deutschland. Des Weiteren steht die T-Systems nach Kundenzahlen an zweiter Stelle der ICT-Dienstleister für den Bereich Automotive und Manufacturing in Europe/Middle-East/Africa (EMEA).[45]

Auch aktuellen technischen Trends wird die T-Systems gerecht: Cloud Computing und die darauf basierenden mobilen Lösungen, Big Data und die nicht zuletzt durch die zunehmende Cyberkriminalität immer wichtiger werdende IT-Sicherheit sind die Zukunftsfelder, in denen die T-Systems agiert.[46] So kommunizieren beispielsweise bereits über 300.000 Mitarbeiter in Kundenunternehmen über Cloud-Lösungen der T-Systems.[47]

[...]


[1] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.4.

[2] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2009, S.4.

[3] Vgl. Scheuss, Ralph, 2012, S.108.

[4] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.5.

[5] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.16.

[6] Vgl. Nagel, R einhart, 2009, S.48.

[7] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.25.

[8] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.24.

[9] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.25 ff.

[10] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.26.

[11] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.27.

[12] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.28.

[13] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2009, S.8.

[14] Vgl. Johnson, Gerry; Scholes, Kevan; Whittington, Richard, 2011, S.109 ff.

[15] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.29 ff.

[16] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.29 ff.

[17] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.29 ff.

[18] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005b, S.105 ff.

[19] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.32 ff.

[20] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.33 ff.

[21] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005b, S.105 ff.

[22] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.33.

[23] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005c, S.32.

[24] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.33.

[25] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2004, S.72 ff.

[26] Vgl. Grant, Robert M., 2005, S.281.

[27] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2005a, S.33 ff.

[28] Vgl. Lechner, Christoph; Müller-Stewens, Günter, 2005: S.402 ff.

[29] Vgl. Kim, W. Chan; Mauborgne, Renée, 2004, S.72 ff.

[30] Vgl. Grant, Robert M., 2005, S.281.

[31] Vgl. Porter, Michael E., 1979, S.137 ff.

[32] Vgl. Porter, Michael E., 2013, S.37 ff.

[33] Vgl. Porter, Michael E., 1987, S.43 ff.

[34] Vgl. Mintzberg, Henry.; Ahlstrand, Bruce; Lampel, Joseph, 2005, S.101.

[35] Vgl. Porter, Michael E., 2001, S.62 ff.

[36] Vgl. Porter, Michael E., 1996, S.61 ff.

[37] Vgl. Porter, Michael E., 2014, S.26.

[38] Vgl. Magretta, Joan, 2012, S.44.

[39] Vgl. Kotler [et al.], 2009, S.123.

[40] Vgl. Porter, Michael E., 2014, S.26.

[41] Vgl. Porter, Michael E., 2013, S.78.

[42] Vgl. Porter, Michael E., 2014, S.33.

[43] Vgl. T-Systems International GmbH, 2014a, S.5 ff.

[44] Vgl. Deutsche Telekom AG, 2013, S.1.

[45] Vgl. T-Systems International GmbH, 2014a, S.5 ff.

[46] Vgl. Deutsche Telekom AG, 2013, S.1.

[47] Vgl. T-Systems International GmbH, 2014a, S.5 ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783958207875
ISBN (Paperback)
9783958202870
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Provadis School of International Management and Technology AG
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,3
Schlagworte
Nutzenkurve Strategisches Profil Vier-Aktionen-Format Porter T-System

Autor

Larissa Kleinert, B.A., wurde 1991 in Hannover geboren. Ihr duales Studium im Fach Betriebswirtschaftslehre schloss die Autorin im Jahr 2014 mit dem Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Während des dualen Studiums bei der Deutschen Telekom AG sammelte die Autorin bereits umfassende Erfahrungen in der Telekommunikationsbranche und im Vertrieb der Großkundensparte der Deutschen Telekom in Richtung Volkswagen. Die Aktualität der Blue Ocean Strategy für den Konzern animierte sie deshalb zur wissenschaftlichen Prüfung des Themas im Rahmen ihrer Bachelorthesis.
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