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Anforderungsprofile in Stellenanzeigen: Eine empirische Analyse im Bereich der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre

©2014 Bachelorarbeit 50 Seiten

Zusammenfassung

Sieht man sich die Anforderungsprofile der Stellenanzeigen potentieller zukünftiger Arbeitgeber an, so steht man vor dem Problem, dass diese eine Vielzahl an unterschiedlichen Anforderungen beinhalten, die meist sehr unterschiedlich formuliert und im Hinblick auf ihre Aussage zum Teil schwer zu definieren sind. Deshalb lassen sich die Art und der Umfang der Anforderungen nicht unmittelbar aus den Stellenanzeigen entnehmen. Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, die wesentlichen Anforderungen empirisch herauszuarbeiten und diese jeweils verständlich zu erläutern.
Es erfolgt im Rahmen dieser Studie insbesondere eine Betrachtung von Studierenden, welche ihr Studium auf die betriebliche Steuerlehre ausgerichtet haben. Diesen bietet sich aufgrund dieser Spezialisierung eine Auswahl an bestimmten Berufen, bei welchen das betriebliche Steuerrecht im Vordergrund steht oder welche dies zumindest als wesentlichen Aufgabenbereich beinhalten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


III. Stand der Forschung

In einer Umfrage der HIS GmbH (Hochschul-Informations-System GmbH) wurden Hochschulabsolventen befragt, wie sie Ihre eigenen Kompetenzen einschätzen. Es galt festzustellen, inwiefern die Studenten während ihrer Bildungslaufbahn bestimmte Kompetenzen aufbauen konnten und auf welchem Stand diese Kenntnisse nach Abschluss des Studiums waren. Befragt wurden Absolventen verschiedener Fachrichtungen. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde auch darauf eingegangen, welche Bedeutung Anforderungsprofile und die dafür geforderten Kompetenzen für das berufliche Handeln haben.[1] Im Wesentlichen wurde festgestellt, dass die Kompetenzen der Absolventen ein durchaus unterschiedliches Niveau annehmen und dabei Defizite aufweisen können. Es wurden Kompetenzen und die Kompetenzdefizite nach Fachbereich, Geschlecht, Art des Studiengangs und nach Herkunft (Ost- oder West-Deutschland) verglichen.[2] Es handelt sich bei dieser Umfrage um eine reine Selbsteinschätzung der Absolventen. Es ist hieraus noch nicht erkennbar, welche Kompetenzen von Unternehmen tatsächlich gefordert werden.

Es findet sich hierzu einer Online-Umfrage der DIHK mit dem Titel „Erwartungen der Wirtschaft an Hochschulabsolventen“ aus dem Jahr 2011. Daran haben sich 2.175 Unternehmen in 77 von 80 IHK-Bezirken in Deutschland beteiligt. Dabei haben sich u.a. folgende wichtige Erkenntnisse ergeben:

- Die Unternehmen sind mit den Abschlüssen der Absolventen zunehmend unzufrieden.
- Es mangelt den Absolventen an praktischer Erfahrung.
- Neben Fachwissen ist auch die Persönlichkeit von Bedeutung.
- Der Fachkräftemangel nimmt zu.[3]

Es stellt sich nun die Frage, inwieweit sich die Meinungen der Absolventen und Unternehmen in den Anforderungsprofilen der Stellenanzeigen wiederfinden. An diesem Punkt knüpft diese Abschlussarbeit speziell in Bezug auf Hochschulabsolventen der betrieblichen Steuerlehre an.

IV. Definition des Begriffs der Steuern und der betrieblichen Steuerlehre

Es ist zunächst zu definieren, was unter Steuern im Allgemeinen und speziell unter betrieblicher bzw. unter betriebswirtschaftlicher Steuerlehre zu verstehen ist.

Steuern sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 AO „Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.“ Als Teil der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre ist die betriebliche (bzw. betriebswirtschaftliche) Steuerlehre eine spezielle Theorie der Unternehmenspolitik.[4] Sie befasst sich mit der Besteuerung der Unternehmen und der Unternehmer bzw. der Gesellschafter. Sie hat dabei die Aufgabe festzustellen, welche Steuern im Unternehmen anfallen, unterschieden nach den verschiedenen Steuerarten. Des Weiteren werden die Bestimmungsfaktoren der Steuerbelastungshöhe erklärt und zielorientierte Verhaltensregeln im Rahmen der Steuerplanung bzw. Steuerpolitik formuliert. Eine weitere Aufgabe ist die Gestaltung des Steuerrechts, indem Einfluss auf die Gesetzgebung und Rechtsprechung genommen wird.[5]

V. Studiengänge mit dem Schwerpunkt der betrieblichen Steuerlehre

Sowohl an Universitäten als auch an Fachhochschulen werden wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge angeboten. Dabei kann die Spezialisierung auf die betriebliche Steuerlehre in unterschiedlicher Weise erfolgen.

An einigen Universitäten bzw. Fachhochschulen ist es möglich, durch entsprechende Modulwahl das Studium auf die betriebliche Steuerlehre auszurichten.[6] Es gibt jedoch auch Studiengänge, die von Vornherein auf die betriebliche Steuerlehre ausgerichtet sind.[7] Einen erhöhten Praxisbezug bieten Duale Studiengänge.[8] Die größte Flexibilität bieten Fernstudiengänge. Das Studium kann dem unter Umständen bereits bestehenden Arbeitsleben des Studierenden angepasst werden und oftmals existiert keine Höchststudienzeit.[9]

VI. Begriff der Anforderung und Definition des Anforderungsprofils

Eine Anforderung stellt einen Anspruch dar, welcher von den Unternehmen an die Leistung der zukünftigen Mitarbeiter gestellt wird.[10] Das Anforderungsprofil beinhaltet zum einen, wie sich der künftige Arbeitgeber einen Bewerber vorstellt. Zum anderen dient es dem Bewerber aber auch als Informationsbasis über die ausgeschriebene Stelle. Eine häufig gewählte Darstellungsform ist die Listenform. Darin angegeben werden die gewünschten Merkmale und Fähigkeiten, welche ein Bewerber mitbringen sollte.[11]

Anforderungsprofile gibt es in verschiedenen Arten. Dabei unterscheidet man zwischen Mindestprofil, Höchstprofil, Idealprofil, Negativprofil und Irrelevanzprofil.[12] Das Mindestprofil beschreibt die Grenze zu unterqualifizierten Bewerbern mittels Musskriterien bzw. Knock-Out-Kriterien und durch Bevorzugungskriterien. Im Gegensatz dazu legt das Höchstprofil die Grenze zu überqualifizierten Bewerbern fest. Damit soll eine Unzufriedenheit bei Arbeitnehmern wegen Unterforderung vermieden werden. Das Idealprofil beschreibt mittels Wunschkriterien, welche Anforderungen ein idealer Bewerber erfüllen solle. Das Negativprofil, oder auch Tabuprofil, beschreibt, welche Eigenschaften ein Bewerber nicht mitbringen sollte. Wird in Anforderungsprofilen festgelegt, welche Eigenschaften keine Rolle spielen sollen, so wird ein solches Anforderungsprofil als Irrelevanzprofil bezeichnet.[13]

VII. Grundlagen zur empirischen Analyse

Die Anforderungen, welche in den Anforderungsprofilen innerhalb der Stellenanzeigen zu finden sind, können sehr vielfältig sein. Jede Stellenanzeige weist andere Anforderungen auf, da jede Stelle andere Fähigkeiten erfordert. Dennoch finden sich bestimmte Anforderungen wiederholt in den Stellenanzeigen. Um die wesentlichen Anforderungen herauszuarbeiten, soll eine empirische Analyse der Stellenanzeigen erfolgen. Zunächst ist jedoch zu klären, was unter einer empirischen Analyse zu verstehen ist und wie im Rahmen der empirischen Analyse im Allgemeinen vorgegangen wird.

A. Begriffe der empirischen Analyse

Unter dem Adjektiv „empirisch“ versteht man, dass etwas auf Erfahrung beruht.[14] Mit Erfahrung ist hierbei die Informationsgewinnung mit Hilfe der Sinne gemeint. Dabei sind nicht lediglich die menschlichen Sinne gemeint. Vielmehr fallen hierunter auch technische Apparate, wie z.B. Kameras oder Mikroskope. Empirische Forschungsmethoden basieren damit auf der Informationsgewinnung bzw. Datenbeschaffung über die Realität bzw. Teilaspekte der Realität.[15]

Dabei gilt es eine empirische Frage zu beantworten. Hierfür müssen zunächst Daten gesammelt werden.[16] Die Daten ergeben sich, wenn man gewisse Untersuchungseinheiten bzw. Merkmalsträger untersucht.[17] Bei Untersuchungseinheiten handelt es sich z.B. um einzelne Personen, um Betriebe oder um Zeitungsartikel. Jedes Untersuchungsobjekt hat gewisse Merkmale, welche wiederum verschiedene Ausprägungen annehmen können.

B. Vorgang der empirischen Analyse

1. Grundgesamtheit und Stichprobe

Es muss festgestellt werden, welche Grundgesamtheit an Merkmalsträgern vorliegt. Als Grundgesamtheit bezeichnet man alle Merkmalseinheiten, die untersuchbar sind und welche die gleichen Merkmale bzw. gleiche Merkmalskombinationen aufweisen.[18] Im Prinzip ließen sich sämtliche Stellenanzeigen untersuchen, was jedoch in der Praxis nicht durchführbar ist. Vielmehr wird man nur einen Bruchteil der Grundgesamtheit untersuchen können. Dieser Bruchteil wird dann als Stichprobe bezeichnet. Von den Ergebnissen aus der Untersuchung der Stichprobe kann dann auf die Grundgesamtheit geschlossen werden.[19]

Man unterscheidet bei der Auswahl der Untersuchungseinheiten zwischen willkürlicher, bewusster und zufälliger Auswahl.[20] Im Rahmen dieser Abschlussarbeit erfolgt die Auswahl der Stellenanzeigen unter zuvor festgelegten Einschränkungen (s.u.) durch einfache Zufallsauswahl. Jeder Merkmalsträger der Grundgesamtheit hat hierbei die gleiche Chance, in die Stichprobe zu gelangen.[21]

2. Form der Datenerhebung und Festlegung der Merkmale

Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Instrumente der Datenerhebung unterscheiden. Dies sind Inhaltsanalyse, Beobachtung und Befragung. Zur Anwendung in dieser Abschlussarbeit kommt lediglich die Inhaltsanalyse. Diese ist zugleich eine Form der Datenerhebung und eine Analysetechnik, mittels derer Erkenntnisse bezüglich der zu analysierenden Objekte erlangt werden können. Hierbei erfolgt eine Zerlegung eines „Bedeutungsträgers“ in „Elemente“.[22] Als Bedeutungsträger dienen im Rahmen der im Folgenden durchgeführten Analyse die Stellenanzeigen und die zu analysierenden Elemente stellen die einzelnen Anforderungen dar.

Zunächst wird ein Kategoriensystem erstellt, anhand dessen festgelegt wird, in welche Elemente die Dokumente zerlegt werden sollen.[23] Jäger wählt eine Unterteilung nach Sozialkompetenz, Persönlichkeitskompetenz, Methodenkompetenz und Fachkompetenz.[24] Unter dem Begriff Kompetenz versteht man „die Lern- und Leistungsfähigkeit des Menschen in anwendungsbezogenen beruflichen Kontexten.“[25] Wie sich bei der Analyse noch zeigen wird, lassen sich die von den Unternehmen genannten Anforderungen jeweils einer solchen Kompetenz zuordnen. Daher wird für diese Abschlussarbeit diese Kategorisierung gewählt.

3. Vorgang der Analyse

Nachdem die Kategorien feststehen und die einzelnen Anforderungen den Kategorien zugeordnet werden können, muss nun festgestellt werden, in welcher Häufigkeit die einzelnen Anforderungen in den Stellenanzeigen genannt werden. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Stellenanzeigen lässt sich damit die Frage beantworten, welchen Stellenwert die einzelnen Anforderungen einnehmen. Eine häufige Nennung einer bestimmten Anforderung lässt darauf schließen, dass diese Anforderung eine wesentliche Bedeutung hat. Wird eine Anforderung nur vereinzelt genannt, ist sie nur bei diesen speziellen Unternehmen von Bedeutung, kann aber im Allgemeinen nicht als wesentliche Anforderung angesehen werden.

Welche Stellenanzeigen konkret in die Analyse einfließen, wird im nächsten Abschnitt erläutert.

VIII. Auswahl der zu analysierenden Stellenanzeigen

Die Auswahl der Stellenanzeigen erfolgte aus der Sicht eines Studierenden, welcher unmittelbar nach dem Studium eine berufliche Tätigkeit aufnehmen möchte und der keine weitere Berufsausbildung besitzt.

Die Stellenanzeigen wurden in Zeitraum zwischen dem 1. Mai 2014 und dem 31. Mai 2014 zufällig ausgewählt. Dabei war das Grundkriterium, dass von dem Bewerber ein wirtschaftswissenschaftliches Studium gefordert wird, wobei nicht explizit eine Ausrichtung auf die betriebliche Steuerlehre bzw. das Steuerrecht gefordert sein musste. Es reichte aus, dass der Aufgabenbereich der Stelle deutlich auf das betriebliche Steuerrecht ausgerichtet ist. Um eine Analyse zu ermöglichen, musste in den Stellenanzeigen ein klares Anforderungsprofil zu finden sein.

Als Quelle für die Stellenanzeigen wurden zunächst die Karriereseiten der sogenannten Big Four untersucht. Dies sind die vier umsatzstärksten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften Deloitte, Price Waterhouse Coopers (PWC), Ernst & Young und KPMG.[26] Relevante Stellenanzeigen konnten weiterhin über Online-Portale und Suchroboter gefunden werden. Als Online-Portale wurden http://www.stepstone.de und http://jobboerse.arbeitsagentur.de/ gewählt. Suchroboter durchsuchen sowohl mehrere Online-Portale, als auch die Websites der Unternehmen selbst. Als Suchroboter wurde http://www.indeed.de gewählt.

Die Durchsicht verschiedener (Fach-)Zeitschriften und Zeitungen wie das Handelsblatt, die Zeit oder die Süddeutsche Zeitung oder „Der Betrieb“ sowie der Stellenanzeigen auf den zughörigen Webseiten ergab, dass hier im beobachteten Zeitraum keine relevanten Stellenanzeigen zu finden waren.

Im Ergebnis fanden sich 317 Stellenanzeigen. Darunter sind 111 Stellenanzeigen von den Big Four Unternehmen, 106 Stellenanzeigen von Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften und 100 Stellenanzeigen von sonstigen Unternehmen. Bei den sonstigen Unternehmen handelt es sich in erster Linie um Industrieunternehmen verschiedener Branchen. Es fanden sich Stellengesuche z.B. für Steuerberater, Steuer- und Prüfungsassistent, Steuerspezialist, Consultant Tax oder Mitarbeiter Steuern. Dabei ließ die Bezeichnung meist nicht eindeutig auf die Anforderungen schließen, weswegen die Untersuchung nicht getrennt nach den Stellenbezeichnungen erfolgt ist.

Nach der Erläuterung der zu untersuchenden Stellenanzeigen erfolgt im folgenden Abschnitt die empirische Analyse der herangezogenen Stellenanzeigen.

IX. Analyse der Stellenanzeigen bezüglich der wesentlichen Anforderungen

Ausgehend von der oben erläuterten Kategorisierung nach Jäger werden im Folgenden die Stellenanzeigen bezüglich der unterschiedlichen Anforderungen analysiert. Zum besseren Verständnis erfolgt des Weiteren eine knappe Definition zu jeder Anforderung. Zwischen den Big Four, den Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften und den sonstigen Unternehmen können sich Abweichungen ergeben. Es soll eine getrennte Betrachtung nur dann erfolgen, soweit dies zu nennenswerten Erkenntnissen führt. Die Analyse beschränkt sich auf die wesentlichen Anforderungen, welche nicht nur vereinzelt in den Stellenanzeigen benannt werden, da eine allumfassende Analyse über die Beantwortung der Forschungsfrage hinausgehen würde.

A. Fachkompetenz

Die Fachkompetenz umfasst zum einen theoretische Kenntnisse, welche zur Erledigung der Aufgaben notwendig sind, und zum anderen auch praktische Fähigkeiten und Kenntnisse. Diese Fachkenntnisse lassen sich bei entsprechender Begabung erlernen, trainieren und gegebenenfalls verändern.[27] Die Fachkompetenz unterteilt sich in elementare Fähigkeiten, auch bezeichnet als Kernkompetenz, und spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten, welche für den jeweiligen Beruf relevant sind.[28]

1. Elementares und spezialisiertes Allgemeinwissen

Das Elementare Allgemeinwissen umfasst grundlegende Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben, Reden, Rechnen und logisches Denken sowie darüber hinaus Fremdsprachenkenntnisse und Kenntnisse in der Anwendung verschiedener EDV-Software (wie z.B. MS Office). Diese Kenntnisse werden in der Regel in der schulischen Laufbahn oder durch die allgemeine Lebenserfahrung aufgebaut. Spezialisiertes Allgemeinwissen umfasst gehobene Literaturkenntnisse, höhere Mathematik oder spezielle Computeranwendungen (wie z.B. DATEV oder SAP). Diese Kenntnisse werden vor Allem im Rahmen des Studiums oder während der Berufsausbildung bzw. beruflichen Tätigkeit entwickelt.[29]

In den Stellenanzeigen kommt die Anforderung solcher Fähigkeiten unter den Begriffen Zahlenverständnis, EDV- bzw. IT-Kenntnisse und Fremdsprachen- bzw. Englisch-Kenntnisse zum Ausdruck. Welche Kenntnisse konkret von den Unternehmen gefordert werden, wird in den folgenden Abschnitten erläutert.

a) Zahlenverständnis

Zahlenverständnis bedeutet, sich mit Zahlen besonders gut auszukennen bzw. gut mit Zahlen umgehen zu können.[30] Zahlenaffinität bedeutet darüber hinaus, eine Vorliebe für Zahlen zu haben.[31] Es konnte nachgewiesen werden, dass das Zahlenverständnis nicht angeboren und eng an die Sprache gekoppelt ist.[32] Das Verständnis sollte nicht auf das reine Zählen beschränkt sein, sondern auch die vier Grundrechenarten, Prozentrechnung und das Rechnen mit Brüchen und Dezimalzahlen sollten sicher beherrscht werden.[33] Spezielle Kenntnisse im Bereich der Wirtschaftsmathematik, wie sie im Rahmen des Studiums der Wirtschaftswissenschaften vermittelt werden, ergänzen das grundlegende Zahlenverständnis. Schon aus den gesetzlichen Normen ist erkennbar, dass bei der Anwendung der Gesetze ein gutes Zahlenverständnis notwendig ist. Betrachtet man z.B. § 32a EStG zur Berechnung der tariflichen Einkommensteuer für einen Steuerpflichtigen mit einem zu versteuernden Einkommen zwischen 13.470 € und 52.881 €, ergibt sich die tarifliche Einkommensteuer aus der Formel „ “, wobei z „ein Zehntausendstel des 13 469 Euro übersteigenden Teils des auf einen vollen Euro-Betrag abgerundeten zu versteuernden Einkommens“ ist (vgl. § 32a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und S. 4 EStG).

In 6,31 % der gesamten Stellenanzeigen wird ein gutes Zahlenverständnis bzw. Zahlenaffinität gefordert. Dabei wird in 14,00 % der Stellenanzeigen der sonstigen Unternehmen und in 4,50 % der Stellenanzeigen der Big Four dieses Zahlenverständnis gefordert. Lediglich in 0,94 % der Stellenanzeigen von Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften wird ein gutes Zahlenverständnis explizit gefordert.

An der Hochschule Essen werden seit 1979 Eingangswissenstests mit Studienanfängern durchgeführt. Dass die Forderung nach Zahlenverständnis durchaus gerechtfertigt ist, zeigen die Ergebnisse der Tests mit Studienanfängern im Sommersemester 2012. Man konnte feststellen, dass bei der Bearbeitung der Aufgaben nicht schlampig und nachlässig gearbeitet wurde und dass eine „totale Abhängigkeit vom Taschenrechner bereits bei einfachsten Rechnungen“ besteht.[34]

b) Sprachkenntnisse

Bis auf wenige Ausnahmen werden lediglich englische Sprachkenntnisse gefordert. In diesem Abschnitt werden daher die Anforderungen an Bewerber bezüglich der englischen Sprache untersucht.

Die Analyse der Stellenanzeigen ergab folgendes Ergebnis:

Tabelle 1 - Englischkenntnisse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es ist deutlich erkennbar, dass im Bereich der steuerlichen Berufe englische Sprachkenntnisse von einer großen Anzahl der Unternehmen gefordert werden. Hierbei fällt auf, dass insbesondere die Big Four (90,99 %) und die sonstigen Unternehmen (82,00 %) Englisch-Kenntnisse voraussetzen. Aber auch die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften fordern in einer Mehrzahl der Stellenanzeigen (54,72 %) Kenntnisse der englischen Sprache. Im Schnitt werden zu 30,91 % gute und zu 23,97 % sehr gute Englisch-Kenntnisse gefordert. In 17,67 % der Stellenanzeigen werden die gewünschten Kenntnisse mit Begriffen wie verhandlungssicher, fließend oder praxisorientiert beschrieben. Was die Unternehmen von den Bewerbern erwarten, wenn sie diese Begriffe wählen, kann man aus den möglichen Sprachnachweisen ableiten. So gibt es Zertifikate, welche das Sprachniveau nach den Niveaustufen des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen bescheinigen. Hierbei reichen die Sprachkenntnisse vom Niveau eines Lernanfängers (A1) bis zum Experten (C2). Fließende Sprachkenntnisse sind nach dieser Kategorisierung ab einem Sprachniveau ab Stufe C1 anzunehmen.[35] Das Cambridge Zertifikat bescheinigt Sprachkenntnisse auf Niveaustufen von A1 bis C2. Speziell für die berufliche Qualifikation dient der TOEIC (Test Of English for International Comunication), welcher die Sprachkenntnisse mit den Niveaustufen A1 bis C1 zertifiziert. Neben den zwei genannten Zertifikaten gibt es noch einige weitere.[36] Ebenso können Sprachkenntnisse über Zeugnisse der Schulen oder über abgelegte Prüfungen an Hochschulen nachgewiesen werden.

Interessant ist weiterhin, dass zwar das geforderte Sprachniveau näher angegeben wird, nicht aber die Art der Kenntnisse. Hierbei hätte man erwarten können, dass spezielle Sprachkenntnisse aus dem wirtschaftlichen bzw. steuerlichen Bereich gefordert werden.

Darüber hinaus wünschen sich die Big Four in 16,22 % der Stellenanzeigen, dass diese Fremdsprachenkenntnisse im Rahmen eines Auslandsaufenthalts gefestigt wurden.

c) EDV-Kenntnisse

Bei der täglichen Arbeit sind EDV-Kenntnisse in der heutigen Zeit unabdingbar. Dabei gibt es spezielle Anwendungssoftware, welche in den Unternehmen genutzt wird. Insgesamt werden in 58,68 % der Anforderungsprofile EDV- bzw. IT-Kenntnisse gewünscht. Welche EDV-Kenntnisse von den jeweiligen Unternehmen konkret gefordert werden, soll in der folgenden Analyse hinterfragt werden.

(1) MS Office

MS Office-Kenntnisse werden in 48,90 % der gesamten Stellenanzeigen vorausgesetzt. Microsoft stellt mit seinem Software-Paket Office mehrere Programme zur Verfügung. Es beinhaltet neben weiteren Komponenten Word, Excel, PowerPoint und Outlook. Word ist ein Textverarbeitungsprogramm für die Erstellung von Briefen, Protokollen, Memos oder sonstigen Dokumenten. Excel ist ein Tabellenkalkulationsprogramm für die übersichtliche Darstellung und Berechnung verschiedener Sachverhalte. In Excel können z.B. Zinsberechnungen erstellt und Bilanzen dargestellt werden. PowerPoint dient zur digitalen Darstellung von Folien innerhalb von Präsentationen im Rahmen eines Vortrags. Outlook ist ein E-Mail Programm, welches auch eine Aufgaben- und Terminverwaltung beinhaltet.

(2) DATEV

Bei der DATEV eG handelt es sich um ein Softwarehaus und einen IT-Dienstleister, welcher Software speziell für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und deren Mandanten zur Verfügung stellt. Dabei umfasst das Leistungsspektrum vorrangig die Bereiche „Rechnungswesen, Personalwirtschaft, betriebswirtschaftliche Beratung, Steuern, Enterprise Ressource Planning (ERP), IT-Sicherheit sowie Organisation und Planung“.[37]

Die Analyse hat ergeben, dass vor Allem Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften mit 37,74 % Kenntnisse in der Anwendung der DATEV-Software fordern. Die Big Four geben in 8,11 % der Stellenanzeigen an, dass sie DATEV-Kenntnisse wünschen. Sonstige Unternehmen fordern DATEV-Kenntnisse lediglich in 7 % der Stellenanzeigen. Insgesamt findet sich die Anforderung nach DATEV-Kenntnisse in 17,67 % der Stellenanzeigen.

(3) SAP

Die SAP AG hat weltweit über 258.000 Kunden in 180 Ländern. Davon sind mehr als 80 % kleine und mittelständische Unternehmen.[38]

Es handelt sich bei SAP um ein ERP-System. Dies greift im Unternehmen auf eine gemeinsame Datenbasis zu und unterstützt die betriebswirtschaftlichen Prozesse im gesamten Unternehmen, z.B. im Bereich des Finanzwesens und des Controllings.[39]. Es kommt das Client/Server-Prinzip zur Anwendung. Es erfolgt also eine Trennung von Präsentation, Verarbeitung und Datenhaltung.[40] Die Mitarbeiter bekommen an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz (Client) lediglich die Präsentation auf den Bildschirm geliefert, während Verarbeitung und Datenhaltung auf einem zentralen Server erfolgen.[41] Jeder Anwender hat einen bestimmten Arbeitsbereich, in dem er sich bewegen darf. Dies wird durch eine Berechtigungsprüfung ermittelt.[42]

SAP enthält diverse Anwendungskomponenten für alle Bereiche des Unternehmens. So stellt z.B. das Modul SAP FI alle Funktionen für das externe Rechnungswesen zur Verfügung, das Modul SAP CO dient der Entscheidungsfindung des Managements mittels Planung und Kostenrechnung und das Modul SD stellt Funktionen für das Vertriebssystem – also Verkauf, Versand und Fakturierung – zur Verfügung.[43] Es gibt noch einige weitere Module, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.

Die Analyse hat ergeben, dass sich die Anforderungen gegensätzlich zu den Ergebnissen bei den DATEV-Kenntnissen verhalten. Hauptsächlich werden in 38,00 % der Stellenanzeigen der sonstigen Unternehmen SAP-Kenntnisse gefordert, während lediglich 2,70 % der Big Four und 1,89 % der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften diese voraussetzen. Insgesamt werden SAP-Kenntnisse in 13,56 % der Stellenanzeigen vorausgesetzt.

(4) Sonstige Software

Andere Software-Kenntnisse werden nur in vereinzelten Stellenanzeigen genannt. Es handelt sich dabei z.B. um Software wie Audicon IDEA, Addison Lexware, Business Objects und MS-Navision. Aufgrund der eher geringen Bedeutung wird auf diese Software nicht weiter eingegangen.

[...]


[1] Vgl. URL: Schaeper (2014) S. 34ff

[2] Vgl. ebd. S. 1ff

[3] Vgl. URL: Heidenreich (2011) S.2f

[4] Vgl. Braun (2012) S.26

[5] Vgl. Braun (2012) S.25f

[6] Vgl. z.B. URL: Georg-August-Universität Göttingen - Durch entsprechende Modulwahl kann der Schwerpunkt „Finanzen, Rechnungswesen, Steuern“ im Zeugnis ausgewiesen werden.

[7] Vgl. z.B. URL: Fachhochschule Worms

[8] Vgl. z.B. URL: DHBW Duale Hochschule Baden-Württemberg

[9] Vgl. z.B. URL: Fernuniversität Hagen

[10] Vgl. Scholze-Stubenrecht (2011) S.144 „Anforderung“

[11] Vgl. Weuster (2012) S.37

[12] Vgl. ebd. S.44

[13] Vgl. ebd. S.44f

[14] Vgl. Scholze-Stubenrecht (2011) S.510 „empirisch"

[15] Vgl. Stier (1999) S.4f

[16] Vgl. Beller (2008) S.11

[17] Vgl. Raithel (2008) S.37

[18] Vgl. ebd. S.54

[19] Vgl. Beller (2008) S.85

[20] Vgl. Raithel (2008) S.55

[21] Vgl. Eckstein (2014) S.16

[22] Vgl. Stier (1999) S.161f

[23] Vgl. ebd. S.164ff

[24] Vgl. URL: Jäger (2011) S.78

[25] Sonntag (2012) S.188

[26] Vgl. URL: Lünendonk GmbH (2013) S.1

[27] Vgl. Lang (2000) S.33

[28] Vgl. URL: Jäger (2011) S.131

[29] Vgl. URL: Jäger (2011) S.131f

[30] Vgl. Scholze-Stubenrecht (2011) S.1909 "verstehen"}

[31] Vgl. ebd. S.114 "-affin"

[32] Vgl. Spaepen (2011)

[33] Vgl. Lang (2000) S.33

[34] Vgl. Bausch (2014) S.10f

[35] Eine genaue Beschreibung der Niveaustufen findet sich auf http://www.europaeischer-referenzrahmen.de/ (geprüft am 15.07.2014)

[36] Eine gute Übersicht über die Zertifikate findet sich auf http://www.europaeischer-referenzrahmen.de/englisch-sprachzertifikate.php (geprüft am 15.07.2014)

[37] Vgl. URL: DATEV eG (2014) – „Zukunft gestalten. Gemeinsam.“

[38] Vgl. URL: SAP AG (2014)

[39] Vgl. Maassen (2006) S.1

[40] Vgl. ebd. S.2

[41] Vgl. ebd. S.16

[42] Vgl. ebd. S.31

[43] Vgl. URL: Schwickert S.5f

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783958208025
ISBN (Paperback)
9783958203020
Dateigröße
790 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Kommunikationsfähigkeit Fachkompetenz Methodenkompetenz Sozialkompetenz Persönlichkeitskompetenz

Autor

Raphaela Fellinger, B. Sc., wurde 1985 in München geboren. Ihr Studium der Wirtschaftsinformatik an der Fernuniversität Hagen schloss die Autorin im Jahr 2014 mit dem akademischen Grad Bachelor of Science erfolgreich ab. Den Schwerpunkt setzte sie dabei auf das Steuerrecht und schrieb dementsprechend ihre Seminar- und Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Steuerrecht. Ihre Ausbildung zum Steuerfachangestellten hatte sie bereits 2007 erfolgreich abgeschlossen und arbeitet seitdem in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftprüfungsgesellschaft und sammelte dabei zusätzlich umfassende praktische Erfahrung im Bereich des Steuerrechts.
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