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Analyse der Wirkungsrichtung von Multimarktkontakt auf Rivalität in unterschiedlichen Erhebungskontexten

©2014 Bachelorarbeit 39 Seiten

Zusammenfassung

Aktuell herrscht zwischen Unternehmen in mehreren Bereichen gleichzeitig starke Konkurrenz. Dadurch entsteht die Fähigkeit Angriffe des Konkurrenten auf einem gemeinsamen Markt A mit einem Gegenschlag auf einem gemeinsamen Markt B zu bestrafen.
Nach der Theorie soll die Wettbewerbsintensität mit zunehmendem Multimarktkontakt sinken und eine stillschweigende Kollusion entstehen. Je nach Erhebungsmodalität ist allerdings nicht eindeutig, ob die Rivalität zwischen Unternehmen nicht vorerst zunimmt und im Anschluss daran beginnt zu sinken. Es wurden also verschiedene Zusammenhänge zwischen Multimarktkontakt und Rivalität festgestellt. Diese Arbeit untersucht die verschiedenen Arten Rivalität zu messen, anhand ausgewählter Studien. Es soll ein Überblick über die Studien des Multimarktwettbewerbs verschafft werden und der Zusammenhang unterschiedlicher Wirkungsrichtungen von Multimarktkontakt auf Rivalität vor dem Hintergrund der verschiedenen Variablen zur Messung von Wettbewerbsintensität in Kontext gesetzt werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Konzeptionelle Grundlagen

In diesem Kapitel soll ein allgemeines Verständnis von grundlegenden Begriffen, die im Laufe dieser Arbeit immer wieder Verwendung finden, geschaffen werden. Hierzu wird das Konzept des Multimarktkontakts (Abschnitt 2.1) sowie dessen Bezug zu Rivalität (Abschnitt 2.2) erläutert, um anschließend die Mutual Forbearance Hypothese (Abschnitt 2.3) vorzustellen.

2.1 Definition Multimarktkontakt

Die Wurzeln des Themenbereichs Multimarktkontakt liegen in den Forschungsgebieten der Industrial Organization Economics (bspw. Bernheim & Whinston, 1990; Edwards, 1955) und der Soziologie (Simmel, 1950). Darauf aufbauend beschäftigen sich vor allem Arbeiten zum strategischen Management (bspw. Chen, 1996; Gimeno & Woo, 1996; Karnani & Wernerfelt, 1985) sowie zur Population Ecology (bspw. Baum & Korn 1996; Barnett, 1993) mit MMC und dessen Auswirkungen (Jayachandran, Gimeno, & Varadarajan, 1999, S. 50).

Der Begriff des Multimarktkontakts beschreibt vereinfacht die Begegnung zweier oder mehrerer Unternehmen auf denselben Märkten (Gimeno & Jeong, 2001, S. 359). Der Grad an Multimarktkontakt, den ein Unternehmen mit jedem einzelnen seiner Konkurrenten hat, ergibt sich aus der Anzahl der Überschneidungen der Märkte, auf denen die Teilnehmer aktiv sind (Baum & Korn, 1999, S. 252).

Als Märkte werden in der Literatur häufig Produkte und Dienstleistungen oder geographische Räume genannt (Jayachandran, Gimeno, & Varadarajan, 1999, S. 50). Ein bekanntes Beispiel zeigen die Unternehmen Google und Microsoft, die sich in der Vermarktung von Bürosoftware, Webbrowsern, Suchmaschinen oder Betriebssystemen für Mobiltelefone gegenüberstehen (Langen, 2010, S. 399 ff.).

Erweitert man das Konzept des Multimarktkontakts insoweit, dass sich Unternehmen nicht nur in mehr als einem Markt begegnen sondern auch auf ihnen miteinander konkurrieren, erhält man den Begriff des Multimarktwettbewerbs (Karnani & Wernerfelt, 1985, S. 87). Auf welche Kombinationen von Konkurrenten ein Unternehmen hierbei trifft, ist abhängig davon in welchen Märkten es operiert.

Durch die Überschneidungen der Märkte, in denen die verschiedenen Unternehmen miteinander in Konkurrenz stehen, verändern sich die Möglichkeiten der einzelnen Teilnehmer auf Wettbewerbsschläge der Gegenseite zu reagieren (Jayachandran, Gimeno, & Varadarajan, 1999, S. 50).

In der Forschung werden Multimarktkontakt und Multimarktwettbewerb meist im Hinblick auf den Grad der Rivalität zwischen den Unternehmen und der damit verbundenen Mutual Forbearance Hypothese untersucht, welche im Folgenden erläutert werden sollen.

2.2 Begriff der Rivalität im Bezug auf Multimarktkontakte

Die Rivalität (Konkurrenz, Wettbewerbsintensität) innerhalb einer Branche wird als eine der fünf Kräfte zur Messung der Wettbewerbsstärke von Porter im Original bereits 1980 beschrieben (entnommen aus der Übersetzung der 10. Auflage von 1999, S. 50): „Rivalität unter Wettbewerbern entsteht, weil einer oder mehrere der Konkurrenten sich entweder dazu gedrängt fühlen oder die Möglichkeit sehen, ihre Position zu verbessern.“

Rivalität kann sich einerseits in kurzfristigen taktischen Verhaltensweisen wie Preisänderungen, Produktpromotionen oder Serviceverbesserungen äußern oder aber aus langfristigen Manövern, wie Marktein- und -austritten resultieren (Langen, 2010, S. 179).

Je mehr Multimarktkontakte ein Unternehmen mit einem anderen hat, desto größer ist die Gefahr der Vergeltung. Eine Verbesserung der Wettbewerbsposition ist also nicht so risikolos realisierbar wie bei Einzelmarktkonkurrenten, da Interaktionen nun marktübergreifend stattfinden können (Wegberg & Witteloostuijn, 2001, S. 265; Evans & Kessides, 1994, S. 341).

Aufgrund einer gewissen Interdependenz (wechselseitige Abhängigkeit) zwischen den konkurrierenden Multimarktunternehmen wirken sich die Maßnahmen eines Wettbewerbers auch auf die anderen Teilnehmer aus (Caves & Porter, 1977, S. 250). Dieses Verhalten kann zu Vergeltungs- oder Gegenmaßnahmen der betroffenen Konkurrenten führen (Porter, 1999, S. 50).

In der Literatur ergibt sich die Schwierigkeit eine geeignete Variable zu definieren, die das Konstrukt der Rivalität möglichst genau abbildet (Evans & Kessides, 1994, S. 343). Im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Multimarktkontakt und Rivalität entstehen so verschiedene Ansätze zur Operationalisierung von Wettbewerbsintensität (siehe Abschnitt 3.1).

Die Besonderheit bei Rivalität zwischen Multimarktunternehmen besteht darin, dass die Interessen nicht rein konfliktionär zu sein scheinen, sondern bei einem hohen Grad an Multimarktkontakt in eine kooperative Richtung tendieren (Edwards, 1955, S. 355).

2.3 Mutual Forbearance Hypothese

Die Mutual Forbearance Hypothese wird erstmals im Jahr 1955 von Edwards formuliert und besagt, dass ein zunehmender Grad an Multimarktkontakt die Rivalität zwischen den beteiligten Unternehmen verringert. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Konkurrenten zu einer stillschweigenden Kollusion (Einvernehmen, Einigung) bzw. gegenseitiger Duldung entschließen, um eine Vergeltung des Rivalen auf einem der gemeinsamen Märkte zu verhindern (Edwards, 1955, S. 335). Diese wortlose Einigung zwischen Wettbewerbern impliziert, dass die Unternehmen ihre gegenseitigen Motive wahrnehmen und Strategien koordinieren, sodass es nicht zu intensiven Rivalitäten zwischen den Beteiligten kommen kann (Jayachandran, Gimeno, & Varadarajan, 1999, S. 51).

Die Hypothese unterstellt somit einen negativen Zusammenhang zwischen dem Grad an Multimarktkontakt und der Wettbewerbsintensität, d.h., je mehr Märkte sich die Unternehmen miteinander teilen, desto weniger aggressiv werden deren Wettbewerbsschläge gegeneinander (Feinberg & Sherman, 1988, S. 985; Ma, 1998, S. 129; Coccorese & Pellecchia, 2009, S. 245).

In einer Erweiterung der Mutual Forberance Hypothese kann außerdem festgestellt werden, dass nicht nur ein gemildertes Wettbewerbsklima, sondern auch höhere Unternehmenserfolge aus dem kollusiven Verhalten der Marktteilnehmer resultieren (Sorenson, 2007, S. 115; Yu & Cannella Jr., 2013, S. 79).

Grundsätzlich ergeben sich zwei Erklärungsansätze für die Entstehung von Mutual Forbearance (Jayachandran, Gimeno, & Varadarajan, 1999, S. 51):

Einerseits entwickeln Multimarktunternehmen bei steigendem Multipunktkontakt das Potential auf Angriffe ihrer Gegner in diversen Märkten mit Gegenschlägen zu reagieren. Durch die Möglichkeit, Vergeltungsmaßnahmen in gemeinsamen Märkten durchzuführen, die für den Angegriffenen besonders wichtig oder ertragreich sind und für den Angreifer wiederum nur geringe Kosten verursachen, entsteht eine gewisse Einschüchterung beider Seiten. Die Gefahr einer nachhaltigen Schädigung durch einen anderen Wettbewerber wird bei hohem Multimarktkontakt also stetig größer. Die Ungewissheit über die Reaktionen der Gegenspieler beeinflusst das Verhalten der Wettbewerber und fördert das Phänomen der gegenseitigen Duldung (Baum & Korn, 1999, S. 251; Gimeno, 1999, S. 102 f.; Gimeno & Woo, 1999, S. 240; Stephan, Murmann, Boeker, & Goodstein, 2003, S. 405; Upson & Ranft, 2010, S. 51).

Andererseits wird angenommen, dass eine Art Familiarität zwischen den Unternehmen entsteht, die dazu führt, dass durch den ständigen Multimarktkontakt Verhaltensweisen der Konkurrenten abgeleitet und zukünftige Handlungen besser eingeschätzt werden können (Boeker, Goodstein, Stephan, & Murmann, 1997, S. 126; Haveman & Nonnemaker, 2000, S. 234 f.; Gimeno & Woo, 1999, S. 241). Durch die gesammelten Informationen über die Konkurrenz verbessert sich nicht nur die Vorhersagbarkeit von Wettbewerbsmaßnahmen (Feinberg & Sherman, 1988, S. 986); häufig wird den Unternehmen ihre Interdependenz zueinander erst nach reichlicher Beschäftigung mit den Konkurrenten bewusst (Fuentelsaz & Gómez, 2006, S. 480). Auch diese Tatsache kann die Entstehung von Mutual Forbearance begünstigen.

Die negative Beziehung zwischen MMC und dem Grad an Rivalität, die durch die Mutual Forbearance Hypothese abgeleitet wird, kann im Jahr 1999 durch Baum und Korn erweitert werden. Hierbei ergibt sich eine invertierte (umgekehrte) U-Form, die den Zusammenhang zwischen dem Multipunktkontaktgrad und der Wettbewerbsintensität beschreibt. Es wird festgestellt, dass ein Anstieg der Rivalität zwischen Multimarktunternehmen stattfindet, bevor es zum Phänomen der gegenseitigen Duldung kommt (Baum & Korn, 1999, S. 272). Studien der Folgejahre erzeugen Resultate, die denen von Baum & Korn weitesgehend entsprechen (siehe exemplarisch Haveman & Nonnemaker, 2000; Fuentelsaz & Gómez, 2006).

3 Zusammenhang von MMC und Rivalität anhand ausgewählter Studien

Dieses Kapitel der Arbeit beschäftigt sich mit den Erhebungskontexten ausgewählter Studien. Hierbei werden die vorliegenden Forschungsarbeiten vorerst nach dem abhängigen Konstrukt zur Erfassung von Rivalität (Abschnitt 3.1) unterschieden. Die am häufigsten verwendeten aktionsbasierten Faktoren - Preisanpassung, Markteintritt, Marktaustritt und Wachstum im Markt - werden ausführlich in den Abschnitten 3.1.1/2/3/4 behandelt und bewertet. Anschließend werden in der Literatur vereinzelt genutzte, erfolgsbasierte Variablen zur Erfassung von Rivalität im Multimarktkontext zusammengefasst (Abschnitt 3.1.5).

Abschnitt 3.2 versucht die angegebenen Studien nach dem Industriekontext in dem sie stattfanden zu unterscheiden. Die Forschung zum Thema Multimarktkontakt beschränkt sich hauptsächlich auf gewisse Industriebereiche. Daher werden die Luftfahrtbranche (Abschnitt 3.2.1), der Bereich der Finanzdienstleistungen (Abschnitt 3.2.2) sowie einige andere Wirtschaftsbereiche (Abschnitt 3.2.3) und die zugehörigen Studien vorgestellt. Um anschließend einen Überblick zu verschaffen, werden die beschriebenen Instrumente zur Operationalisierung von Rivalität aus Abschnitt 3.1 mit den verschiedenen Branchen in denen die Studien zum Multimarktkontakt stattfanden, tabellarisch zusammengeführt (Abschnitt 3.2.4).

Im Anschluss werden die sich ergebenden Wirkungsrichtungen von Multimarktkontakt auf Rivalität präsentiert und mögliche Strukturen zur Differenzierung der verschiedenen Ergebnisse abgeleitet (Abschnitt 3.3). Hierbei werden die Resultate der Studien nach linear negativem (Abschnitt 3.3.1) oder invertiert U-förmigem (Abschnitt 3.3.2) Zusammenhang zwischen MMC und Wettbewerbsintensität unterschieden und zusätzliche Aspekte der Analyse aufgeführt (Abschnitt 3.3.3).

3.1 Differenzierung nach abhängigem Konstrukt zur Erfassung von Rivalität

3.1.1 Preisanpassung als wettbewerbsstrategische Aktion

Studien, die das Preisniveau als Indikator für Wettbewerbsintensität verwenden, begründen diese Entscheidung mit der Tatsache, dass Preisanpassungen einfach und direkt zu beobachten seien. Durch sie lassen sich Wettbewerbsschläge zeitnah feststellen (Langen, 2010, S. 184).

Preise zu nutzen, um seine gegenwärtige Wettbewerbsposition zu verbessern, ist ein allgemein bekanntes Mittel und wird daher bei einer Vielzahl von Forschungsarbeiten herangezogen, um die Ausprägung der Rivalität zwischen den Unternehmen darzustellen (z.B. in Gimeno & Woo, 1996; Gimeno & Woo, 1999; Singal, 1996; Evans & Kessides, 1994).

Preisanpassungen als wettbewerbsstrategische Aktion werden von den Unternehmen als weniger kostspielig angesehen, da hiermit nur ein Teil der eigenen Umsätze in Gefahr gebracht wird (Feinberg, 1984, S. 244).

Eine Preissenkung in einem Markt kann von Multimarktkonkurrenten als aggressiver Angriff gedeutet werden. Mit Rücksicht auf die Mutual Forbearance Hypothese findet ein Großteil der Forscher heraus, dass bei hohem Multipunktkontaktgrad ein hohes Preisniveau vorherrscht (Barros, 1999; Feinberg & Sherman, 1988; Fernández & Marín, 1998; Evans & Kessides, 1994; Singal, 1996; Parker & Röller, 1997; Feinberg, 1985; Gimeno, 1999; Gimeno & Woo, 1996; Jans & Rosenbaum, 1996).

Als Begründung nennen die Autoren, dass durch kollusives Preissetzungsverhalten der beteiligten Unternehmen die Preise ansteigen (Jans & Rosenbaum, 1996, S. 392). Es wird argumentiert, dass es durch Abschreckung und Familiarität zu einem Rückgang der Preiskämpfe zwischen Multimarktunternehmen kommt (Gimeno & Woo, 1999, S. 249). Aufgrund der Wahrnehmung ihrer wechselseitigen Abhängigkeit und der Gefahr einer Vergeltung durch wettbewerbsorientierte Preissetzung entsteht die Bereitschaft der Unternehmen zu Mutual Forbearance (Greve, 2000, S. 820).

Hohe Preise werden ebenfalls dadurch gerechtfertigt, dass die konkurrierenden Unternehmen sich gegenseitige ‚Spheres of Influence’ (Einflussbereiche) gewähren. Jede Firma spezialisiert sich auf bestimmte Teilmengen der gemeinsamen Märkte. Eine starke Überschneidung der Einflussbereiche soll somit verhindert werden und äußert sich letztendlich in einem allgemein höheren Preisniveau bzw. einer verbesserten Gewinnsituation (Bernheim & Whinston, 1990, S. 11; Fuentelsaz & Gómez, 2006, S. 479; McGrath, Chen, & MacMillan, 1998, S. 725).

Durch die kooperative Preissetzung möchten die Multimarktunternehmen ihren Konkurrenten demonstrieren, dass sie nicht an einem erbitterten Preiskampf interessiert sind, sondern nach der Regel ‚live and let live’ (leben und leben lassen) vorgehen möchten (Bernheim & Whinston, 1990 S. 11; Haveman & Nonnemaker, 2000, S. 234; Boeker, Goodstein, Stephan, & Murmann, 1997, S. 126). Hierauf aufbauend kann auch der positive Zusammenhang zwischen Unternehmenserfolgen und Multipunktkontakt erklärt werden. Aufgrund der höheren Preise, bei steigendem MMC, wachsen auch die Margen bzw. die Umsätze und Gewinne der Unternehmen (Upson & Ranft, 2010, S. 50).

Eine reine Operationalisierung von Rivalität über das Preisniveau erscheint kurzfristig zwar sinnvoll, ist aber für eine umfassende Darstellung des Konzepts der Wettbewerbsintensität nicht ausreichend (Greve & Baum, 2001, S. 15). Zur Wirkungsrichtung von MMC auf den Rivalitätsgrad sollten erklärende Variablen von höherer Komplexität verwendet werden (Bernheim & Whinston, 1990, S. 22). So finden Kang, Bayus & Balasubramanian beispielsweise heraus, dass Multimarktunternehmen in der PC-Branche nicht Preise sondern Produkteinführungen als Vergeltungswaffe benutzen (Kang, Bayus, & Balasubramanian, 2010, S. 425).

Das Argument, Preise seien leicht von Konkurrenten beobachtbar, wird 2008 von Greve widerlegt. Selbst wenn Preise beispielsweise in der Versicherungsindustrie durch homogene Produkte leichter zu beobachten sind, finden Unternehmen Wege, um ihre Preissetzung in gewissem Maße zu individualisieren. Dies erfolgt meist durch Risikobewertungen der Versicherungsnehmer, die speziell der Entscheidungsgewalt der einzelnen Firmen obliegen. D.h., auch wenn ausgewiesene Preise für die Konkurrenten ersichtlich sind, können diese nachträglich noch angepasst werden, ohne dass die Gegenspieler etwas davon merken und ggf. Vergeltungsschritte eingeleitet werden könnten (Greve, 2008, S. 235 f.).

3.1.2 Markteintritt als wettbewerbsstrategische Aktion

Unternehmen können grundsätzlich auf verschiedene Weise in Märkte ihrer Konkurrenten eintreten. Als bekannte Möglichkeiten bieten sich die Aufnahme von Exporten, Joint Ventures, Erweiterungen der Produktpalette und Übernahmen anderer Firmen an.

Markteintritte stellen ähnlich wie Preisanpassungen eine Art aggressives Marktverhalten der Konkurrenz gegenüber dar (Fuentelsaz & Gómez, 2006, S. 482).

Auch hier wird das Argument angebracht, Markteintritte seien direkt beobachtbare Verhaltensweisen (Chen, 1996, S. 109), die nützliche Informationen über das Ausmaß der Wettbewerbsintensität im Multimarktkontext geben können (Fuentelsaz & Gómez, 2006, S. 480).

Studien, die diese Variable zur Operationalisierung von Rivalität nutzen, untermauern ihre Entscheidung durch die Erklärung, dass in Märkten mit geringem MMC jedes Unternehmen die Absicht hat, in mindestens ein paar gemeinsame Märkte einzutreten. Damit soll die Fähigkeit der Vergeltung gegenüber den Multimarktkonkurrenten signalisiert und die Möglichkeit, sich gegen Angriffe zu schützen, ausgebaut werden (Baum & Korn, 1999; Haveman & Nonnemaker, 2000, S. 237). Steigt der Grad an Multimarktkontakt, so steigen auch die strategische Familiarität und die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der Konkurrenz (Fuentelsaz & Gómez, 2006, S. 482). Den Teilnehmern wird ihre voneinander abhängige Verflechtung bewusst und die Unternehmen beginnen mit der Vermeidung weiterer Markteintritte (Yu & Cannella Jr., 2013, S. 86; Haveman & Nonnemaker, 2000, S. 236; Baum & Korn, 1996, S. 264). Die Firmen können durch Steigerung des Multipunktkontakts somit direkten Einfluss auf das Verhalten ihrer Konkurrenten nehmen (Fuentelsaz & Gómez, 2006, S. 481).

Forschungsarbeiten, die das Markteintrittsverhalten als Variable zur Beschreibung von Rivalität wählen, kommen daher meist zu dem Schluss, dass ein invertiert U-förmiger Zusammenhang zwischen MMC und Wettbewerbsintensität besteht (Baum & Korn, 1999; Stephan, Murmann, Boeker, & Goodstein, 2003; Fuentelsaz & Gómez, 2006).

Wissenschaftliche Untersuchungen, die einen linearen Zusammenhang zwischen der Markteintrittsrate und dem Kontaktgrad herausfanden, wurden meist Anfang bis Mitte der 1990er Jahre veröffentlicht (Baum & Korn, 1996; Cotterill & Haller, 1992). Die darauf folgenden Arbeiten stellen meist ein invertiert U-förmigen Verlauf fest.

Im Gegensatz zum Preissetzungsverhalten stellt die Beobachtung der Markteintritte von Multimarktunternehmen eine Variable dar, deren Aussagekraft langfristiger ist. Baum & Korn argumentieren, dass Preisanpassungen von Multimarktkonkurrenten häufig das Ergebnis von vorherigem Eintreten in den Markt des Rivalen seien und damit die Eintrittsrate besser geeignet ist, um Wettbewerbsintensität zu operationalisieren. Außerdem sind wettbewerbsstrategische Aktionen dieser Art nicht so problemlos rückgängig zu machen wie eine Preisentscheidung (Baum & Korn, 1996, S. 257 f.). Die Theorie besagt, dass es außerdem ein moderates Level an Multimarktkontakt geben muss, damit Mutual Forberance enstehen kann (Greve & Baum, 2001, S. 7).

Durch die zahlreichen Möglichkeiten in Märkte einzutreten, ergibt sich die Schwierigkeit der konkreten Definition eines Markteintritts. Da Unternehmen auf verschiedene Weise in Märkte eintreten können, sollte in Zukunft auf eine exakte Eingrenzung der Begrifflichkeit hingearbeitet werden (Yu & Cannella Jr., 2013, S. 101).

Auch diese Art der Operationalisierung von Wettbewerbsintensität kann also nicht zweifellos generalisiert werden (Haveman & Nonnemaker, 2000, S. 265; Stephan & Boeker, 2001, S. 252).

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783958208049
ISBN (Paperback)
9783958203044
Dateigröße
702 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
Mutual Forbearance Rivalität Konkurrenz Netzwerk Multimarktunternehmen

Autor

Susanne Lachmund, B.Sc., wurde 1989 in Bensberg geboren. Ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln schloss die Autorin im Jahre 2014 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Science erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen im unternehmerischen Kontext. Ihr Studienschwerpunkt lag auf dem Bereich des Internationalen Managements, was sie dazu inspirierte, Multimarktunternehmen in ihrer Abschlussarbeit zu betrachten und das Thema Rivalität ausgiebiger zu beleuchten.
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