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Mobiler Vertrieb in Genossenschaftsbanken: Ein praxisorientierter Leitfaden nach dem Best-Practice-Prinzip

©2005 Studienarbeit 63 Seiten

Zusammenfassung

Der Aufbau einer mobilen Vertriebseinheit ist eines der am häufigsten diskutierten Themen im Bankenumfeld. Gerade im genossenschaftlichen Bankensektor bestehen deutliche Ertragschancen durch Optimierung des Vertriebs. In aller Regel sind die Volks- und Raiffeisenbanken zwar gut in der Beratung, aber vergleichsweise schwach im Hinblick auf die Nutzung dieser Beratungsstärke zur Generierung von Vertragsabschlüssen und damit von Erträgen.
Im Rahmen der Studienarbeit zum 400. Genossenschaftlichen Bank-Führungsseminar wird versucht, einen Spagat zwischen einer theoretischen Aufarbeitung des Themas und einem praxisorientierten Leitfaden nach dem Best-Practice-Prinzip zu schaffen. Viele Anlagen zu dieser Arbeit können deshalb als Ideensammlung zur Unterstützung beim Aufbau eines eigenen Außendienstteams in jeder Volks- und Raiffeisenbank genutzt werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3.2.2. Angestellte Mitarbeiter

Der Vertrieb über angestellte Mitarbeiter stellt eine weitere Alternative zum Aufbau eines Außendienstes dar. Die Mitarbeiter sind dabei enger in die Gesamtbank eingebunden. Es wird dadurch wesentlich erleichtert, einen ganzheitlichen Auftritt im Rahmen der Verkaufsphilosophie des Hauses darzustellen. Der hohe Qualitätsanspruch, den eine Bank an die traditionelle Beratung anlegt, kann nahtlos auf den mobilen Außendienst übertragen werden. Nicht zuletzt sind Datenschutzprobleme bei dieser Lösung ausgeschlossen.

3.3. Bewertung der möglichen Varianten

Nach Abwägung der dargestellten Überlegungen ergibt sich bei der Implementierung als bankeigener Außendienst mit angestellten Mitarbeitern die beste Kombination aus Steuerungsmöglichkeiten, Identifikation mit der Bank und Qualität der Beratung.

4. Organisatorische Eingliederung

4.1. Integration in bestehende Vertriebseinheiten

Vieles spricht dafür, den neuen Außendienst in bestehende Vertriebseinheiten zu integrieren. Konkurrenz zwischen verschiedenen Einheiten innerhalb des Unternehmens wird vermieden, Kooperation gefördert. Mit der Kombination von stationärem und mobilem Vertrieb durch dieselben Mitarbeiter würde der Wunsch des Kunden nach einem persönlichen Ansprechpartner für alle Fragen ideal erfüllt. Andererseits besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiter die Außendiensttätigkeit zugunsten des traditionellen, stationären Vertriebs vernachlässigen. Es bedarf bei dieser Lösung großer Anstrengungen und einem hohen Maß an Selbstdisziplin der Berater, um die notwendige Vertriebsintensivierung zu erreichen.

4.2. Eigene Vertriebseinheit

Außendienstmitarbeiter müssen völlig anders gesteuert werden als dies Bankmitarbeiter bisher gewöhnt sind. Ebenso müssen die Ziele anders, verkaufsorientierter gestaltet werden. Vertriebskräfte im Außendienst können und dürfen sich nicht hinter Verwaltungsaufgaben verstecken. All dies sind Überlegungen, die zu einer Eingliederung des mobilen Vertriebs als selbstständige organisatorische Einheit führen können. Der Vorteil ist offensichtlich: Die Verkäufer im Außendienst können sich ausschließlich auf ihre Vertriebsaufgabe konzentrieren. Eine gesunde Konkurrenz zu den stationären Vertriebseinheiten kann dabei durchaus befruchtend auf die Verkaufsergebnisse der Gesamtbank wirken.

Nicht aus den Augen verlieren darf man bei dieser Variante allerdings den Kundenwunsch nach persönlicher Betreuung. Durch ein durchdachtes und funktionierendes Kundenüberleitungskonzept ist es aber möglich, dies für die Kunden vorteilhaft darzustellen. Entscheidend bei der Schaffung einer eigenständigen Vertriebseinheit sind somit die Kommunikation mit den Kunden im Vorfeld der Überleitung und die Festlegung von Standards zur Vermeidung von Doppelansprachen.

4.3. Eigene Vertriebseinheit als selbstständiges Tochterunternehmen

Eine Variante der dargestellten eigenständigen Vertriebseinheit ist die Auslagerung der Außendienstmitarbeiter in ein eigenständiges Tochterunternehmen. Für die Kunden sollte eine solche rechtliche Auslagerung nicht erkennbar sein. Für die Bank bietet sie den Vorteil, mit den Mitarbeitern arbeitsvertragliche Vereinbarungen treffen zu können, ohne Rücksicht auf den Banktarifvertrag nehmen zu müssen.[1] Allerdings werden bei dieser rechtlichen Konstruktion ähnliche Schwierigkeiten wie beim Einsatz freier Handelsvertreter entstehen. Obwohl die Berater weiterhin im Angestelltenverhältnis verbleiben, ist aufgrund der im Vergleich zu den Bankkollegen abweichenden Vertragsgestaltung mit größeren Herausforderungen im Hinblick auf Steuerung und Identifikation zu rechnen.

4.4. Bewertung der dargestellten organisatorischen Konzepte

Nach Abwägung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten sollte zumindest für die Startphase ein mobiles Vertriebsteam als eigenständige Organisationseinheit innerhalb der Bank eingegliedert werden. Bei der Integration in bestehende Vertriebseinheiten wäre das Risiko zu hoch, dass sich die Vertriebsintensität nicht wie gewünscht steigern lässt. Eine Ausgliederung in ein selbstständiges Tochterunternehmen wäre eine Option für die Zukunft, nachdem sich ein Außendienstteam erfolgreich am Markt und in der Bank etabliert hat.

5. Beratungsansatz

5.1. Produktansatz

Ein produktbezogener Verkaufsansatz wird häufig von freien Vermögensberatern gelebt. Auch wenn vordergründig stets im Interesse des Kunden gehandelt wird, liegt das wirkliche Interesse des Beraters doch im Verkauf von Produkten mit möglichst hohen Provisionsausschüttungen. Die langfristige Beziehung zum Kunden steht dabei nicht unbedingt im Vordergrund der Überlegungen. „Kurzfristige Zielsetzungen wie beispielsweise der maximale Produktabsatz in einer bestimmten Periode gehen häufig mit dem Risiko der ‚verbrannten Erde’ im eigenen Markt einher.“[2]

5.2. Signalansatz

Beim Signalansatz werden situativ Kundensignale in Verkaufserfolge umgesetzt. Dieser Ansatz ist die Basis der klassischen Cross-selling-Überlegung und in diesem Bereich auch entsprechend erfolgreich. Bei ausschließlicher Konzentration auf die Nutzung von Kundensignalen werden jedoch Abschlusschancen vergeben.

5.3. Teilbedarfsansatz

Der Teilbedarfsansatz geht davon aus, dass im Vorfeld der Beratung eine treffsichere Zielgruppenauswahl durchgeführt wurde. Darin liegen die Chancen aber auch die Risiken dieser Überlegung. Durch die Konzentration auf einzelne Bedarfsfelder besteht die Gefahr, dass Verkaufsmöglichkeiten in anderen Feldern nicht beachtet werden. Eine fehlerhafte Kundenselektion wird sich hier unmittelbar in mangelndem Erfolg niederschlagen.

5.4. Gesamtbedarfsansatz

Durch die Beratung nach dem Gesamtbedarfsansatz erhält der Berater zunächst im Rahmen einer ausführlichen Bestandsaufnahme umfangreiche Informationen des Kunden, insbesondere auch zu Vermögenswerten, die derzeit nicht in der Betreuung der Bank sind. Daneben wird durch langfristig orientierte Beratung, bei der nicht die Maximierung kurzfristiger Provisionen im Vordergrund steht, ein Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Berater aufgebaut, das sich auf die gesamte Geschäftsbeziehung überträgt.

5.5. Bewertung der möglichen Beratungsansätze

In Tabelle 2 werden die verschiedenen Beratungsansätze übersichtlich zusammengefasst. „Durch die Trennung zwischen Analyse und Beratung ist der Gesamtbedarfsansatz die produktivste, chancenreichste und am stärksten kundenorientierte Alternative beim Vertrieb von Finanzdienstleistungen.“[3] Im Rahmen einer umfassenden Vertriebsinitiative zur Sicherung und Erhöhung der Kundenbindung durch Schaffung eines mobilen Vertriebs muss für Volks- und Raiffeisenbanken die Beratung nach dem Gesamtbedarfsansatz im Mittelpunkt der Bemühungen stehen. Die Verwertung von Kundensignalen bringt dabei Zusatzabschlüsse im Rahmen der Gesamtbedarfsberatung. Teilbedarfsberatungen können als Reaktion auf konkrete Kundenwünsche durchaus durchgeführt werden, sollten jedoch nicht die eigentliche Vertriebsstrategie sein.

6. Integration in ein Multi-Kanal-Konzept

6.1. Zielgruppe des mobilen Vertriebs

„Nach dem Grundsatz ‚structure always follows strategy’ bilden homogene Kundensegmente die Grundlage für die zukünftige strategische, taktische und operative Ausrichtung der Kreditgenossenschaften.“[4] In der Grundsegmentierung wird dabei nach Individual-, Betreuungs- und Servicekunden (A-, B- und C-Kunden) unterschieden. Die Kriterien und Werte, auf deren Basis die Grundsegmentierung vorgenommen wird, sind der Tabelle 3 zu entnehmen.

Für den Aufbau eines mobilen Vertriebs ist zu überlegen, welche Kundengruppe einerseits ausreichend Potenzial für Verkaufserfolge bietet und andererseits nicht bereits durch eigene oder fremde Berater umfassend betreut wird.

In einem ersten Schritt bietet sich dafür die Gruppe der B- und C-Kunden an. Während Individualkunden durch die zugeordneten Berater schon immer umfassend auch außerhalb der Bankräume und üblichen Öffnungszeiten betreut wurden, mussten viele B-Kunden auf diese Dienstleistung verzichten. Für Servicekunden war noch vor kurzer Zeit eine Beratung in den eigenen Räumen nur durch die freien Finanzdienstleister denkbar. Beide Kundengruppen bieten aber ausreichend Verkaufspotenzial, um die notwendigen Erträge eines Außendienstes zu sichern.

6.2. Konkurrenzsituation mit vorhandenen Vertriebseinheiten

In der Startphase eines mobilen Vertriebs besteht die große Gefahr, dass sich die unterschiedlichen Vertriebseinheiten innerhalb der Bank gegenseitig Konkurrenz machen. Eine überzogene Konkurrenz kann dabei zwar kurzfristig zur Steigerung der Verkaufsaktivitäten führen, mittel- und langfristig wird dadurch aber zuviel Energie für innerbetriebliche Kämpfe verbraucht. Ein einheitliches Kundenmanagement wird verhindert und Kannibalisierungseffekte herbeigeführt.[5] Die verschiedenen Vertriebskanäle müssen also wie in Abbildung 6 dargestellt in einem integrierten Multi-Kanal-Konzept gebündelt werden.

6.3. Kundenzuordnung

Eine wichtige Frage ist die Zuordnung einer eigenen Kundenverantwortung für die Außendienstmitarbeiter. Im Falle einer festen Kundenzuordnung besteht die Gefahr, dass die Nettomarktzeit des Außendienstmitarbeiters ähnlich drastisch zurückgeht, wie wir das heute von stationären Mitarbeitern kennen. Durch administrative Aufgaben, die sich trotz aller Bemühungen nicht immer vermeiden lassen, wird viel Zeit gebunden. Im Falle einer festen Kundenzuordnung zum mobilen Vertrieb ist nicht auszuschließen, dass sich insbesondere angestellte mobile Vertriebsmitarbeiter hinter administrativen Aufgaben verstecken und diese als Gründe für fehlende Vertriebserfolge ins Feld führen.

Wird andererseits auf eine Kundenzuordnung völlig verzichtet kann der zentrale Kundenwunsch nach einem festen Ansprechpartner nicht erfüllt werden. Der Kunde hätte von Fall zu Fall einen anderen, neuen Berater. Ein guter Kompromiss ist die Doppelzuordnung des Kunden zu einem Berater in der Bank und einem festen Außendienstmitarbeiter. Dadurch kann sich einerseits der Außendienstmitarbeiter völlig auf den Verkauf konzentrieren, andererseits treten gegenüber dem Kunden stets dieselben zwei Mitarbeiter der Bank auf. Dies ist zwar noch nicht idealtypisch, kommt dem Modell „one face to customer“ aber noch sehr nahe.

6.4. Überleitungskonzept

Ein durchdachtes und funktionierendes Überleitungskonzept ist entscheidend für den Erfolg des mobilen Vertriebs. Der Kunde nimmt die Überleitung vom stationären Berater zum mobilen Vertriebsmitarbeiter zunächst als Wechsel des Beraters wahr. Der feste Ansprechpartner, der dem Kunden bisher bekannt ist, darf deshalb im Rahmen einer mobilen Vertriebsinitiative nicht verschwinden. Im Gegenteil: Er muss für den Kunden das zentrale Bindeglied zur Bank bleiben. Der Außendienstmitarbeiter wird als Spezialist im Rahmen der gesamtbedarfsorientierten Beratung vorgestellt. Das Vertrauen der Kunden zu „ihren“ stationären Beratern muss auf die mobilen Kollegen übertragen werden.

Im Rahmen des Überleitungskonzepts ist auch sicherzustellen, dass die Mitarbeiter im mobilen Vertrieb ausreichend mit „guten“ Adressen versorgt werden. Eine Konkurrenzsituation zwischen stationärem und mobilem Vertrieb darf nicht entstehen.

6.5. Zusammenfassung Multi-Kanal-Integration

„Unter Multi-Kanal-Vertrieb versteht man das koordinierte Zusammenspiel aller Vertriebswege der Bank.“[6] Der Kunde hat die Wahl, welchen Vertriebsweg er im Einzelfall nutzen will. Gerade deshalb ist eine zentrale Koordination und Steuerung unverzichtbar. Ansprechpartner für den Kunden und alle internen Fragen zu dem Kunden muss auch weiterhin der verantwortliche Berater in der Bank sein. Mobile Vertriebskollegen sind als Ergänzung zu sehen, deren Beratungs- und Verkaufserfolge sowohl der Festigung der Kundenbindung als auch der Steigerung der Erträge der Bank dienen. Beide Ziele sind letztlich auch dem zugeordneten, stationären Berater dienlich.

7. Terminsteuerung

Für den Erfolg eines mobilen Vertriebs ist die konsequente Terminplanung ein entscheidendes Kriterium. Außendienstmitarbeiter können und dürfen nicht auf Bringgeschäft warten, sondern sind auf eine ausreichende Anzahl an Terminen angewiesen. Davon ausgehend, dass der mobile Vertrieb sich ausschließlich auf die Kundenberatung und den Verkauf konzentrieren kann, erscheint eine Termindichte von 15 bis 20 Terminen pro Woche und Mitarbeiter ideal.

Grundsätzlich kann eine ausreichende Anzahl an Terminen für den Außendienst in einer genossenschaftlichen Bank auf drei Wegen gewährleistet werden: Die Signalerkennung und Kundenansprache über den verantwortlichen Berater und Weiterleitung an den Außendienst, die Anlass- oder Vertriebskampagnenbezogene Ansprache selektierter Kunden und Outbound-Aktivitäten unter Einschaltung eines Call-Centers.[7]

Die Kombination aller drei Möglichkeiten ist sicherlich ideal, um dauerhaft eine ausreichend hohe Zahl an Kundenterminen für ein mobiles Vertriebsteam zu sichern.

8. Personalauswahl und Training

8.1. Anforderungen an Außendienstmitarbeiter

Während Bankmitarbeiter im traditionellen Selbstverständnis Kredite „gewährt“ und „Anträge“ bearbeitet haben, müssen Mitarbeiter im mobilen Vertrieb eine andere Sicht mitbringen. Ihr Antrieb ist der Wille zum Erfolg.[8] Mitarbeiter im Außendienst müssen sich immer wieder selbst motivieren und auch weitgehend selbst steuern. Eigeninitiative, Einsatzbereitschaft und Belastbarkeit sind unverzichtbar für eine erfolgreiche Arbeit. Die Arbeitszeiten richten sich an den Wünschen der Kunden aus: Abend- und Wochenendtermine sind die Regel, nicht die Ausnahme. Die herkömmliche Unterteilung des Tages in Arbeits- und Freizeit wird aufgehoben. Entscheidend für den Erfolg des Außendienstmitarbeiters ist seine Vertriebsorientierung. „Neben der Durchführung von ausführlichen Bedarfsanalysen ist es wichtig, den Fokus vor allem auf die daraus resultierenden Verkaufserfolge zu lenken.“[9] Das anspruchsvolle Anforderungsprofil in Tabelle 4 setzt deshalb Schwerpunkte in verkäuferischen und motivatorischen Komponenten.[10]

8.2. Maßnahmen zur Personalauswahl

Im mobilen Vertrieb entscheidet die Auswahl der richtigen Mitarbeiter wesentlich mehr als im stationären Bankvertrieb über Top oder Flop.[11] Basis für die Mitarbeitersuche sind Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil. Im Rahmen der Auswahl geeigneter Mitarbeiter für ein Außendienstteam sind sowohl die fachlichen als auch die verkäuferischen Qualitäten zu prüfen. Es bietet sich an, Eignungstests in Form von Assessment Centern durchzuführen. Die Teilnehmer werden dabei aufgefordert, verschiedene Aufgaben auszuführen, die realistische Arbeits- und Entscheidungssituationen aus dem Alltag darstellen sollen.[12] Vier Teilbereiche sind dabei unverzichtbar:

- Ein schriftlicher Test zur Beurteilung des fachlichen Wissenstandes und gleichzeitig der Stressresistenz,
- eine Diskussionsrunde unter den anwesenden Bewerbern, um Teamfähigkeit und Durchsetzungskraft zu beurteilen,
- ein simuliertes Verkaufsgespräch, bei dem durch Beobachter die Fähigkeiten zur Gesprächsführung geprüft werden und
- mehrere reale Telefongespräche mit Kunden der Bank, um Beratungstermine für Kollegen zu vereinbaren.

Durch diese Kombination werden die Teilnehmer gefordert und alle wichtigen Eigenschaften für Mitarbeiter eines mobilen Vertriebsteams können durch die Beobachter beurteilt werden. Die Wahrnehmungen und Beurteilungen der verschiedenen Beobachter werden nach Durchführung aller Teilaufgaben abgeglichen. Aus dem sich daraus ergebenden Gesamtbild wird eine Aussage hinsichtlich der Eignung des Bewerbers getroffen.

Ergänzt werden kann diese Beurteilung durch die Einbeziehung eines strukturierten Persönlichkeitstests. Beispielsweise werden von der Fa. Insights International wissenschaftlich fundierte Tests angeboten, die durch gezielte Analysen die Erkennung von Potenzialen bei der Auswahl von Bewerbern unterstützen.[13] Ein Beispiel einer solchen Auswertung ist auszugsweise als Abbildung 7 beigefügt.

8.3. Schulung und Coaching

Die Mitarbeiter im Außendienst müssen ihr Fachwissen stets auf dem aktuellsten Stand halten. Dazu gehören regelmäßige Schulungen und Selbststudium im Hinblick auf relevante Bank- und Verbundprodukte sowie Neuerungen im regulatorischen und gesetzlichen Umfeld.

Nicht zu vernachlässigen ist die permanente Weiterentwicklung im persönlichen und verkäuferischen Bereich. Es bietet sich an, dies durch Coachings und regelmäßige Qualitätszirkel zu fördern. Im Rahmen eines wöchentlichen Treffens des mobilen Vertriebsteams können aktuelle Erlebnisse, Erfolge und auch Misserfolge in der Gruppe diskutiert und Optimierungsansätze erarbeitet werden.

Der Leiter des Außendienstes muss in erster Linie Coach für seine Mitarbeiter sein. Er muss in einer modernen Leistungsorganisation davon Abschied nehmen, selbst der Macher zu sein, sondern muss sich mit der Rolle des Trainers und Coachs identifizieren.[14]

Im Rahmen des Coachings begleitet der Coach den Berater bei akquisitorischen Telefongesprächen und Beratungsterminen. Im anschließenden Auswertungsgespräch zwischen Coachee und Coach werden Schwachstellen analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet. Nach einer Übungsphase, in der der Coachee die erarbeiteten Optimierungen umsetzt, erfolgt ein weiteres Coaching zur Erfolgsbeurteilung und Festigung der vereinbarten Maßnahmen. „Coaching ist somit Hilfe zur Selbsthilfe“[15] für den Vertriebsmitarbeiter.

9. Verkaufsunterstützung

9.1. Gesprächsleitfäden und Verkaufshilfen

Gespräche mit dem Ansatz der Gesamtbedarfsberatung und langfristigen Finanzplanung müssen stringent geführt werden. Der grundsätzliche Aufbau (siehe Abbildung 8) entspricht dem jedes Verkaufsgesprächs für Finanzdienstleistungen, muss aber aufgrund der Vielzahl der abzufragenden Themenfelder noch strukturierter sein. Der Gesprächsleitfaden umfasst somit den gesamten Ablauf eines Gesprächs.[16]

Durch die Gesprächsführung muss es der Berater schaffen, alle Bedarfsfelder zusammen mit dem Kunden abzuarbeiten und dabei latente Bedarfe zu wecken. Bereits während der Analysephase legt der Berater die Grundlage für den späteren Verkaufserfolg. Durch optimal gestaltete Gesprächsleitfäden können die Mitarbeiter bei der zielgerichteten Gesprächsführung unterstützt werden. Idealerweise verschmelzen Gesprächsleitfaden und Verkaufshilfe zu einer Einheit. Die Verkaufshilfen unterstützen den Berater durch eine aufbereitete Problemdarstellung beim Einstieg in die unterschiedlichen Themenfelder und visualisieren schwierige Fragestellungen zur Lösung des Problems für die Kunden. Gleichzeitig dienen sie als Gesprächsanker, um strukturiert alle Handlungsfelder abzuarbeiten. Die Volksbank Reutlingen hat dafür eine Kundenmappe entwickelt, die auszugsweise in Abbildung 9 wiedergegeben ist.

9.2. Technische Hilfsmittel

Ein mobiler Außendienst muss durch adäquate technische Hilfsmittel unterstützt werden. Insbesondere die Kommunikationsmöglichkeit mit den anderen Organisationseinheiten der Bank ist über Mobiltelefon und mobile Anbindung an die elektronischen Kommunikationswege sicherzustellen. Für komplexe Beratungen sollte der Mitarbeiter über ein zeitgemäßes Notebook mit den üblichen Beratungsprogrammen verfügen. Ein qualitativ hochwertiger mobiler Drucker zur Erstellung von Kundenausdrucken ist ebenfalls unverzichtbar.

Selbstverständlich ist ein Fahrzeug, um Termine beim Kunden wahrnehmen zu können. Grundsätzlich sind dafür sowohl bankeigene als auch die Nutzung privater Fahrzeuge denkbar. Bei der Nutzung der Privatfahrzeuge der Angestellten müsste die Bank sowohl die gefahrenen Kilometer als auch eventuelle Unfallkosten erstatten. Ein zusätzliches Kostenrisiko entsteht durch mögliche Ersatzansprüche der Mitarbeiter bei Schäden durch außergewöhnliche Abnutzung. Bei bankeigenen Fahrzeugen können diese Risiken über passende Leasing- und Serviceverträge weitgehend abgeschirmt werden. Darüber hinaus ist durch eine auffallende werbliche Gestaltung bei ausreichender Präsenz im Straßenbild ein Werbeeffekt durch Firmenfahrzeuge zu erzielen (Abbildung 10).

9.3. Datenbereitstellung

Die Mitarbeiter im Außendienst sind auf aktuelle Daten aus den Banksystemen angewiesen. Über das Notebook muss ein jederzeitiger Zugriff auf die Bankdatenbasis inklusive Kundendaten, wichtige aktuelle Informationen und Konditionen sowie das Terminsteuerungsmodul möglich sein.[17] Aufgrund der technischen Beschränkungen der derzeitigen Bankbasissysteme ist dies für den Außendienst der Genossenschaftsbank nur eingeschränkt möglich. Insofern sind mobile Vertriebsmitarbeiter darauf angewiesen, Kundentermine im Büro in der Bank vorzubereiten und die notwendigen Kundendaten in Papierform für den Beratungstermin im Vorfeld zu erstellen.

Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit der Datenbereitstellung sind die gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz. Beim hier beschriebenen Modell eines Außendienstes mit angestellten Bankmitarbeitern sind die mobilen Kollegen den stationären gleichgestellt. Anders ist die rechtliche Situation, falls die Bank externe Mitarbeiter einsetzen möchte. Die Zulässigkeit der Weitergabe von Kundendaten an beauftragte Dritte Rahmen des § 28 BDSG ist in der Literatur umstritten. Zu den Dritten gehören in diesem Zusammenhang auch Mitarbeiter anderer Unternehmen des genossenschaftlichen FinanzVerbundes. Zur Schaffung rechtlicher Sicherheit wäre deshalb die vorherige, ausdrückliche Zustimmung des Kunden erforderlich.[18] Diese liegt der Bank in den meisten Fällen jedoch nicht vor.

[...]


[1] Vgl. Börchert, R., Kasten, L. (2000), S. 201

[2] BVR (2004), S. 35

[3] Winter, R. (1995), S. 14 f.

[4] BVR (2003a), S. 2

[5] Vgl. Braun, S. (2004), S. 3

[6] BVR (2004), S. 9

[7] Vgl. Henkes, S. (2005), S. 2

[8] Vgl. Göbel, K. (2004), S. 2 ff.

[9] Ströhm, R. (2003), S. 1

[10] Vgl. Henkes, S. (2005), S. 2

[11] Vgl. Reichert, T. (2003), S. 1

[12] Vgl. Heeg, F., Münch, J. (1993), S. 383

[13] Vgl. Insights (2005)

[14] Vgl. Hamann, A., Huber, J. (1998), S. 13

[15] Grote, M. (2001), S. 258

[16] Vgl. BVR (2003b), S. 82

[17] Vgl. Klimpke, T. (1998), S. 6

[18] Vgl. Aepfelbach, R. (2004), S. 3

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2005
ISBN (PDF)
9783958208216
ISBN (Paperback)
9783958203211
Dateigröße
5.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Akademie Deutscher Genossenschaften ADG e.V.
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Organisation Multi-Kanal-Konzept Terminsteuerung Personal kritischer Erfolgsfaktor

Autor

Jochen Wurster wurde 1971 in Metzingen geboren. Aufbauend auf der Berufsausbildung zum Bankkaufmann schloss er sein Studium zum Dipl.-Bankbetriebswirt VR an der Akademie Deutscher Genossenschaften e.V. im Jahre 2005 sehr erfolgreich ab. Seit der Ausbildung war der Autor in verschiedenen Positionen in genossenschaftlichen Banken tätig. Er sammelte dabei umfassende praktische Erfahrungen in allen Feldern der Strategie- und Unternehmensentwicklung sowie der Organisation und dem Projektmanagement. Seine praktischen Erfahrungen beim Aufbau eines Außendienstteams sind in dieses Buch eingeflossen. Das Buch soll dabei eine praxisorientierte Arbeitshilfe und Leitfaden für Kolleginnen und Kollegen sein und will gleichzeitig die theoretische Aufarbeitung der Thematik nicht aus den Augen verlieren.
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