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Flugzeugentwicklung am Beispiel des Airbus A380: Von der Idee zur Zulassung

©2010 Studienarbeit 21 Seiten

Zusammenfassung

Der Airbus A380 ist, mit bis zu 853 Sitzplätzen (nur economy class) und 550 Sitzplätzen in einer typischen Drei Klassen-Konfiguration, das größte und mit einem Kerosin Verbrauch von weniger als drei Litern pro Passagier auf 100 Kilometer das effizienteste und umweltfreundlichste derzeit existierende Passagierflugzeug der Welt. Er ist bekannt geworden aufgrund seiner Präsenz in Politik und Medien, neuartigen Technik sowie Entwicklungs- und Lieferverzögerungen. Die vorliegende Studie soll dem Leser die Geschichte, Produktion und Entwicklung des “Riesen-Jets“ näher bringen. Zu Beginn werden die politischen Stolpersteine beim Projektstart vorgestellt. Im weiteren Verlauf wird die wichtigsten Schritte der Produktion, der Zulassung und der Erprobung vorgestellt. Zuletzt werden eine Zusammenfassung und ein Ausblick auf mögliche Weiterentwicklung gegeben.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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2.1.4. Budget- und Gewichts- Probleme
Das Projekt startete mit einem Anfangsbudget von 40 Mio. US-Dollar. Bescheidener konnte der
A3XX Start nicht sein, auch wenn die vier Airbus Partner über zusätzlich eigene Entwicklungsetats
verfügten. Am Ende wurde ein Zwölf-Milliarden-Dollar-Projekt daraus. Es wurden damals 35
verschiedene Rumpfquerschnitte untersucht und vier verschiedene Konfigurationen für den
Doppeldecker entworfen. Diese A3YY-Studie ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt geworden und
brachte die Entwickler immer wieder zu der Maxime 80x80 Meter zurück. ,,Das Mammut-Projekt
drohte immer wieder nicht nur an politischen und finanziellen Querelen zu scheitern, sondern im
Grunde wiederholte sich beim A380 Programm das Dilemma der Airbus-Gründerjahre: Die Visionäre
und Pioniere mussten fürchten, an den Zweiflern zu scheitern. Ein drastisches Beispiel: 18 Monate vor
dem endgültigen Launch war der A380 viel zu schwer geworden. ,,Wir hatten eine Gewichtsexplosion
erlebt; in der Öffentlichkeit wurde das Projekt sogar in Frage gestellt". erzählt Jürgen Thomas. ,,Wir
müssen nochmals 20 Tonnen rausholen. um auf unser definiertes Abfluggewicht zu kommen. Also
mussten wieder neue Werkstoffe ran. Doch das ging natürlich sofort ins Geld." vgl. [A380,2005]
Abbildung 2.1.4. Die Idee des Unterflurcockpits wurde verworfen. Manch andere wurde in das A380-Projekt
eingebracht, Quelle [A380, 2005]
2.1.5. Der Streit um den Standort
Große politische Differenzen und nationale Eitelkeiten, die sich am Ende zu einem großen
Prestigekampf auswuchsen, kosteten viel Zeit und Geld. Von Anfang an war klar: Die dominierenden
französischen Partner würden nie zulassen, dass die Endmontage nicht in Frankreich angesiedelt
werden würde. Immerhin hatten sich mit Hamburg, Rostock, Toulouse und St. Nazaire gleich vier
Städte beworben. ,,Rostock war allen Partnern ein zu großes Risiko, obwohl sich bekannte deutsche
Politiker ­allen voran die damalige CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die sich schon aufgrund ihrer
Mecklenburger Herkunft dieser Region verbunden fühlt ­ für die Ostseestadt stark gemacht hatten."
vgl. [A380,2005] Obwohl Rostock 35% Fördermittel bekommen hätte und Rostock-Laage über einen
großen Flugplatz verfügt hat der potenzielle Standort den Zuschlag nicht erhalten. Angeblich aufgrund
von Mangel an qualifizierten Fachkräften und einer Lage zu weit im Abseits. ,,St. Nazaire kam für die
führenden französischen Airbus-Manager nicht in Frage, weil ihnen in diesem führenden
Werftzentrum Frankreichs die kommunistische Gewerkschaft zu einflussreich war." vgl. [A380,2005]
Es lief alles auf das Duell Toulouse-Hamburg hinaus. Frankreichs Politik stand sowieso hinter
Toulouse. In Deutschland suchte Manfred Bischoff Rückendeckung beim damaligen Bundeskanzler
Gerhard Schröder. ,,Auch wenn sich alle Beteiligten darüber einig waren, dass eine Aufteilung der
direkten Endmontagelinien auf zwei Orte unnötig viel Geld kosten würde. Dem französischen
Ultimatum, ohne die Endfertigung in Toulouse würde es keinen Airbus A380 geben, stand jetzt die
deutsche Forderung gegenüber: Hamburg müsse alternativ das Narrow-Body-Zentrum
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werden." vgl.

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[A380,2005] Die Fronten waren verhärtet. Aber am Ende unterschrieben der Franzose Jean-Luc
Lagardere
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und Manfred Bischoff das berühmte Protokoll, das nicht nur über die Zukunft des Airbus
A380, sondern über die ganze Industrie entschied. "Der Weg war frei für das aufwändigste Projekt,
das die europäische Luftfahrtindustie je gewagt hatte. Und die deutsche Seite hatte für Hamburg eine
bemerkenswerte Garantie herausgeholt: Sollte die A320-Nachfrage jemals zurückgehen und sollten
einmal Kapazitäten abgebaut werden müssen, würde das zunächst in Toulouse erfolgen." vgl.
[A380,2005]
2.2 Die Produktion
Für die meisten US-Amerikaner ist der Airbus ein französisches Produkt, für viele Franzosen ist er das
sowieso. In Deutschland, Großbritannien und Spanien betrachtet man Airbus etwas realistischer-
nämlich als eine gelungene europäische Zusammenarbeit. Man sollte jedoch nicht außer Acht lassen
dass ein beträchtlicher Teil von den Zulieferern aus aller Welt stammt. So verdienen auch viele US-
Unternehmen inzwischen gut am Airbus-Erfolg, zumal das Hauptfahrwerk (Goodrich),
Elektronikkomponenten (Honeywell, Rockwell Collins) oder Triebwerke (General Electric, Pratt &
Whitney) hochwertige Baugruppen oder Systeme liefern.
2.2.1. Der A380: ein ,,Hightechpuzzle"
Die in aller Welt produzierten Einzelteile werden in mehreren Etappen in Europa zusammengesetzt.
Einzelne größere Puzzlesegmente entstehen zunächst in den vier Airbus-Ländern Deutschland,
Großbritannien, Spanien und Deutschland ehe sie zur Endmontage nach Toulouse gebracht werden.
Diese Vorgehensweise hat sich seit dem Bau der ersten A300
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bewährt. Das Werk im
niedersächsischen Stade , wo die deutschen Verbundwerkstoffspezialisten bereits seit der A310-300
für den Bau des Seitenleitwerks aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) verantwortlich sind, hat
beginnend mit der A340-600 auch die Produktion des hinteren Druckschotts und der
Landeklappenschalen übernommen. ,,Aus Norddeutschland stammen aber noch weitere A380-
Großteile: So werden in Nordenham
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an der Unterweser Rumpfschalen in weitgehend automatisierten
Fertigungsprozessen hergestellt und das Airbus Werk in Bremen liefert schon traditionell die fertig
montierten Landeklappen. In der Hansestadt werden zudem Aluminiumteile für den Rumpf produziert,
ebenso wie in Varel
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, wo rund 4.500 verschiedene Einzelteile entstehen, die größtenteils nach
Nordenham zur weiteren Montage geliefert werden. Dazu gehören beispielsweise Ringspanten, die als
innerer ,,Rahmen" dem Rumpf seine Form geben." vgl. [A380,2005] An der A380-Teileproduktion
sind aber nicht allein Airbus-Standorte beteiligt. Die Elbe-Flugzeugwerke (EFW) sowie das
Militärflugzeugwerk in Augsburg, die beide zum Airbus-Mutterkonzern EADS gehören, liefern
beispielsweise Bodenpaneele für Ober-, Haupt- und Unterdeck des vorderen Rumpfsegments und die
innere Flügelvorderkante. ,,Damit aus vielen dieser einzelnen Puzzle teile bereits in Deutschland
größere Elemente werden, wurde in Hamburg auf der Erweiterungsfläche Mühlenberger Loch die
sogenannte MCA
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-Halle errichtet." vgl. [A380,2005] Dort werden die einzelnen Rumpfschalen zu
kompletten Rumpfsektionen und Rumpfabschnitten zusammengefügt.
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Narro Body Zentrum: Heimat der ,,kleinen Airbusse" A318, A319, A320, A321
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Jean-Luc Lagardere: ein einflussreicher französischer EADS Präsens
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A300: erster von Airbus entwickelter Flugzeugtyp
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Aus den Airbus Werken Nordenham, Varel und Augsburg wurde am 19.01.2009 das EADS
Tochterunternehmen ,,Premium Aerotec" gegründet. vgl. [Prem09]
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MCA: Major Component Assembly ­ Hauptkomponentenzusammenbau

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Außerdem wird ein Teil der oberen Rumpfschale von Sektion 15 (über den Tragflächen), welches
dann zur Montage an das Werk im französischen St. Nazaire übergeben wird gefertigt. ,,Die einzelnen
Sektionen werden im Übrigen nicht nur einfach zusammengebaut, sondern gleichzeitig mit den
wichtigsten Flug- und Kabinensystemen ausgerüstet ­beispielsweise mit den elektrischen und
hydraulischen Leitungen, aber auch mit den Rohren der Klimaanlage und der Wasser- und
Abwassersysteme, was erheblich dazu beiträgt, dass der eigentliche Zusammenbau das Flugzeuges in
der Endmontage später gerade einmal eine Woche in Anspruch nimmt." vgl. [A380,2005] Die 2,30
Meter hohen Mini-Flügel an den Tragflächenenden (Wingtips) werden aus Faserverbundwerkstoffen
hergestellt und von einem ausgewiesenen Spezialisten für dieses Material produziert. Das
Unternehmen Hawker de Havilland stammt aus Australien und gehört zum Boeing-Konzern. So
profitiert auch der große Airbus-Konkurrent ein wenig vom Erfolg des Airbus A380.
Abbildung 2.2.1.1. Hier in Stade werden seit vielen Jahren Bauteile aus Kohlefaserverbundwerkstoff (CFK), wie
das hintere Druckschott oder das Seitenleitwerk, hergestellt. Quelle [A380, 2005]
Abbildung 2.2.1.2. Die im Werk Nordenham produzierten Rumpfschalen aus Glare werden anschließend in
Hamburg Finkenwerder zum Ganzen Rumpfsegment weiterverarbeitet. Quelle [A380, 2005]

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Abbildung 2.2.1.3.Schon in Hamburg wird die an der Elbe gefertigte und ausgerüstete Sektion 18 mit der aus
Spanien stammenden und aus CFK gefertigten Sektion 19 (das Rumpfheck) zusammengefügt. Gemeinsam
bilden sie eines der drei großen Segmente, aus denen in der Endmontage in Toulouse der Rumpf
zusammengesetzt wird. Quelle [A380, 2005]
2.2.2. Ein Flügelpaar aus 32.000 Einzelteilen
Die spanischen Airbus-Werke sind spezialisiert auf die Fertigung von Bauteilen aus
Kohlefaserverbundwerkstoffen. In Getafe (bei Madrid) wird die hintere Rumpfsektion 19, an der
Höhen- und Seitenleitwerk angebracht werden, hergestellt. Außerdem wird dort die daran
anschließende hintere Rumpfspitze, in der die APU
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installiert wird, gefertigt. Hier entstehen zudem
die Fahrwerksklappen und die ersten Fertigungsschritte des Höhenleitwerks, wobei einige Bauteile aus
dem Werk in Illescas zugeliefert werden. Die Fertigstellung des Höhenleitwerks und der Einbau von
Hydraulik, Elektrik und Treibstoffsystem erfolgen dann allerdings im andalusischen Puerto Real nahe
der Hafenstadt Cadiz, wo auch die Verkleidung des Rumpf-Flügel-Übergangs sowie das zweiteilige
Seitenruder entstehen. Im Wareneingang im walisischen Broughton treffen die etwa 32.000 Bauteile
ein, aus denen ein Flügelpaar des A380 besteht. ,,Diese Bauteile und bereits vormontierte
Komponenten werden in einem 83.500 Quadratmeter großen Gebäude zu kompletten Flügelkästen mit
einer Länge von jeweils mehr als 45 Metern zusammengesetzt und mit den notwendigen Treibstoff-,
Hydraulik- und Pneumatiksystemen sowie der elektrischen Verkabelung ausgerüstet. Großbritannien
ist traditionell für die Airbus-Tragflächen zuständig. Daher werden in Broughton über die Montage
hinaus auch die Stringer (Längsversteifungen) für die Flügelbeplankung sowie 18 der insgesamt 20
Bleche, aus denen sich die Beplankung zusammensetzt, hergestellt. Die beiden verbleibenden Bleche
werden übrigens aus Korea zugeliefert." vgl.[A380,2005] Entwickelt wurden die Tragflächen im Werk
Filton in der Nähe von Bristol. Dort werden die Flügelhinterkanten und ein großer Teil der
Flügelrippen gefertigt.
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APU: Auxiliary Power Unit ­ Hilfsgasturbiene

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Auch die Integration von Systemen und Komponenten sowie Tests finden hier statt. Im französischen
Meaulte entstehen die Sektionen 11 und 12 (die Nase und das Cockpit) und die Fahrwerksschächte des
Jumbos. Der Flügelmittelkasten wiederum stammt aus Nantes, die Pylone, an denen die vier
Triebwerke aufgehängt werden, kommen aus dem Airbus-Werk St. Eloi in Toulouse. ,,Die wichtigste
Rolle neben der Endmontage selbst kommt dem Standort St. Nazaire zu. Etwa 2.300 Mitarbeiter sind
mit Zusammenbau und Ausrüstung des Vorderrumpfes (mit den aus Meaulte und Hamburg gelieferten
Segmenten) sowie des zentralen Rumpfabschnitts, für den wiederum Hamburg und Meaulte sowie das
Werk Nantes und der Partner Alenia aus Italien Komponenten zur Verfügung stellen, beschäftigt." vgl.
[A380,2005]
Abbildung 2.2.2.Die Fertigung ähnelt einem riesigen Puzzle, dessen Einzelteile aus aller Welt stammen. Auch
wenn das Werk in Broughton die Flügelkästen liefert und Bremen die Landeklappen beisteuert, stammen viele
Einzelteile der Baugruppen von Zulieferern die nicht zu Airbus gehören. Quelle [A380,2005]
2.2.3. Die Endmontage, Innenausstattung und Lackierung
Die Jean-Luc-Lagardere-Halle am Toulouser Flughafen Blagnac ist eine der größten ihrer Art
weltweit. Diese Halle, der sogenannte FAL
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, ist 500 Meter lang, 250 Meter breit und 46 Meter hoch.
Sie wurde aus 32.000 Tonnen Stahl sowie 250000 Kubikmetern Beton errichtet. Alle Sektionen
werden dort in der sogenannten Station 40 in speziell dafür vorgesehenen Vorrichtungen positioniert
und anschließend von einer fünfstöckigen und 1200 Tonnen schweren Arbeitsplattform
eingeschlossen. Zuerst werden die drei großen Rumpfsektionen miteinander verbunden, und dann die
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FAL: Final Assembly Line ­ Finale Montagestraße

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beiden Tragflächen angebaut, welche mit mehr als 4000 Nieten befestigt werden. Danach folgt die
Installation der Heckspitze, der Leitwerke und Ruder, das Fahrwerk sowie die Rumpf-Flügel-
Verkleidung. Nun kann die Maschine auf eigenen Rädern zu einer der drei parallelen Stationen 30
rollen. Dort verbleibt das Flugzeug im Regelfall drei Wochen um die letzten Bauteile zu erhalten.
Dazu gehören die vier Triebwerke und sämtliche Systeme. ,,Daran schließt sich eine umfassende
Prüfung aller elektrischen und hydraulischen Systeme sowie der beweglichen Teile ­ Höhen- und
Seitenruder, Klappen, Vorflügel, Spoiler ­ an. Zwar werden, wie bei allen Airbus-Programmen üblich,
die einzelnen Sektionen bereits an den jeweiligen Produktionsstandorten getestet, aber mit den
zusätzlichen Checks nach der Endmontage soll sichergestellt werden, dass alle diese Komponenten
auch fehlerfrei zusammenarbeiten." vgl. [A380,2005] Anschließend erfolgt ein weiterer Test, bei dem
der Kabinendruck weit über das im späteren Flugbetrieb zu erwartende Maß hinaus erhöht wird, um
mögliche Undichtheiten zu entdecken. Die Kabinenausstattung und die Lackierung erfolgten in
Hamburg Finkenwerder, in zwei eigens zu diesem Zweck errichteten Hallen. In der
Ausstattungsmontage erhalten die Flugzeuge die Wand- und Deckenverkleidungen, die Beleuchtung,
die Toiletten und die Bordküchen, sowie die von den Fluggesellschaften spezifizierte und zumeist
auch direkt eingekaufte Bestuhlung und das heute unverzichtbare IFE
10
-System. In der Lackierhalle,
die gleichzeitig Platz für zwei A380 bietet, wird der Flieger in Handarbeit, komplett lackiert und erhält
die typischen Farben der betreffenden Airline. Dies dauert etwa 14 Tage. Dabei werden für die
eigentliche Lackierung gerade einmal drei Tage benötigt, die restliche Zeit entfällt auf das Abdecken
nicht zu lackierender Flächen und die Trocknung. Nun ist der ,,Gigant" fertig zur Auslieferung. Die
Auslieferungen für Europa und den Mittleren Osten werden in Hamburg durchgeführt. Ansonsten
steht ein Überführungsflug nach Toulouse ins dortige Auslieferungszentrum auf dem Programm.
Abbildung 2.2.3. In der Jean-Luc-Lagardere Halle (Station 40) wird aus den drei großen Rumpfsegmenten, den
Tragflächen und den Leitwerken dann ein vollständiges Flugzeug. Quelle [A380,2005]
10
IFE: In-Flight Entertainment ­ Bordunterhaltungssystem

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2.2.4. Gewichtseinsparungen durch neue Werkstoffe
Die Zeiten, in denen ein Flugzeug größtenteils aus Aluminium bestand und an besonders belasteten
Stellen der festere aber auch deutlich schwerere Stahl verwendet wurde, sind lange vorbei.
Andererseits ist auch längst noch nicht der Zeitpunkt gekommen, an dem ein Flugzeug dieser Größe
ausschließlich aus ,,Kunststoffen" besteht. Stärker als in jeder anderen Industrie spielt im Flugzeugbau
das Gewicht eine entscheidende Rolle. Und mehr als einmal hat sich ein Hersteller für das in der
Anschaffung teurere Material entschieden, wenn dadurch einige Kilogramm Gewicht und damit über
das gesamte Flugzeugleben etliche Tonnen Treibstoff gespart werden können. Die Anforderungen an
die Werkstoffeigenschaften an verschiedenen Stellen des Flugzeuges sind unterschiedlich. ,,So müssen
im Bereich um die Cockpitscheiben sowie die Flügel- und Leitwerksvorderkanten besonders
widerstandsfähig gegen Vogelschlag sein, eine Gefährdung die an der Rumpfseite naturgemäß keine
große Rolle spielt. Hier sind vor allem Korrosionsbeständigkeit und eine hohe Festigkeit gegen
statische Belastungen gefragt, während rund um die Türen ein langsames Risswachstum und eine
große Restfestigkeit auch bei auftretenden Schäden von besonderer Bedeutung sind."vgl. [A380,2005]
Wenn man die Triebwerke und Fahrwerke einmal außen vor lässt, besteht die A380 nur noch zu 61
Prozent aus dem klassischen Werkstoff Aluminium. Der Rest sind Metalle wie Stahl und Titan sowie
Verbundwerkstoffe (Kohle- und Glasfaser, aber auch Aluminium-Kohlefaser-Verbindungen). Bei der
A380 macht der Anteil der Kohlefaserverstärkten Kunststoffe (Deutsch: CFK, Englisch: CFRP) ca. 22
Prozent aus. Allein bei den Flügelmittelkästen zur Verbindung der Tragflächen mit dem Rumpf spart
gegenüber der Verwendung der modernsten Aluminiumlegierungen etwa 1,5 Tonnen Gewicht.
Weitere wichtige Elemente aus CFK sind das Seitenleitwerk, das Höhenleitwerk und -ruder, das
hintere Druckschott, das komplette Rumpfheck, die Bodenträger des oberen Passagierdecks und die
Hälfte der Flügelrippen. ,,Neben Verbundwerkstoffen basierend auf Kohlefasern, die im unlackierten
Zustand durch ihre glatte schwarze Oberfläche auffallen, werden auch solche mit Quarz- und
Glasfaserverstärkung verbaut, erstere an der Flugzeugspitze , dem Radom, weil das für Radarstrahlen
,,durchsichtig" sein muss, letztere für nicht tragbare blitzschlaggefährdete Bauteile wie die
Tragflächenvorderkante." vgl.[A380,2005] Ein weiterer Verbundwerkstoff ist äußerlich von
Aluminium nicht zu unterscheiden, denn Glare besteht aus aufeinander folgenden Lagen von 0,3 bis
0,5 Millimeter dickem Aluminium und in einem Kleber (Harz) eingebetteten Glasfasern mit einer
Schichtdicke von 0,125 Millimeter. Glare kommt fast für die komplette obere Rumpfschale ­ mit
Ausnahme des Bereiches direkt über den Tragflächen ­ sowie an den Leitwerksvorderkanten zum
Einsatz. Die Eigenschaften dieses Werkstoffes lassen sich durch die Dicke und Anzahl der
Aluminiumlagen sowie durch die Wahl der Faserrichtungen beeinflussen. Weitere Vorteile sind ein
geringer Rissfortschritt und eine hohe Restfestigkeit bei auftretenden Beschädigungen. Außerdem ist
es weniger korrosionsanfällig, da die Faserschicht das Durchdringen von Feuchtigkeit blockiert. Es
lässt sich aber ebenso einfach reparieren wie Aluminium. ,,Nicht ganz so hoch wie der Glare-Anteil an
der A380 ist der eines weiteren Werkstoffes, der aufgrund seiner Zusammensetzung Gewicht sparen
hilft. ,,Al-Li (Aluminium-Lithium) zeichnet sich dadurch aus, dass für jedes Prozent Lithium, das in
die Legierung eingebracht wird, die Dichte des Material hergestellten Bauteils ­ um drei Prozent sinkt.
Gleichzeitig nimmt der sogenannte Widerstand, den er einer Verformung entgegensetzt, um fünf
Prozent zu." vgl.[A380,2005]. Die Bodenträger für das Hauptdeck und die Sitzschienen sind aus
diesem Material gefertigt. Aber auch bei den Metallwerkstoffen ist die Zeit nicht stehen geblieben. So
werden bestimmte Aluminiumlegierungen unter Berücksichtigung der auftretenden Belastungen
gezielt ausgewählt. ,,Während beispielsweise auf der Flügelunterseite eine gewisse Toleranz gegen
Beschädigung (hohe Restfestigkeit, geringerer Rissfortschritt) verlangt wird, ist auf der Oberseite im
rumpfnahen Bereich eher die Ermüdungsfestigkeit von Bedeutung, wohingegen zur Flügelspitze hin
vor allem die Stabilität des Materials gefragt ist." vgl.[A380,2005] Neu ist auch eine Vielzahl von
neuen Titanlegierungen, die zum Beispiel bei Triebwerken und Fahrwerk zum Einsatz kommen und
dafür billigere aber schwerere Stahlwerkstoffe ersetzen. Zu den bedeutendsten Veränderungen, die

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Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783958208223
ISBN (Paperback)
9783958203228
Dateigröße
48.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
bbw Hochschule
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Entwicklung Jürgen Thomas Boeing Hightechpuzzle Triebwerk

Autor

Axel Jörn, B. Eng., wurde 1982 in Güstrow geboren. Nach seiner Berufsausbildung als Anlagenmechaniker in einem kleinen Unternehmen der Handwerksbranche, entschied sich der Autor, seine fachlichen Qualifikationen im Bereich der Technik durch einen staatlich geprüften Techniker für Maschinenbau -Konstruktion- und ein Studium weiter auszubauen. Das nebenberufliche Studium zum Bachelor of Engineering - Mechatronik- an der Berlin-, brandenburgischen- Wirtschaftshochschule schloss er im Jahre 2013 erfolgreich ab. Bei seiner Tätigkeit in der Entwicklung und im Projektmanagement bei Airbus sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Luftfahrtbranche. Hierbei entwickelte der Autor ein besonderes Interesse an der Flugzeugentwicklung.
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