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Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten

©2014 Bachelorarbeit 68 Seiten

Zusammenfassung

Vor allem im Bereich des Onlinehandels gehören wettbewerbsrechtliche Abmahnungen mittlerweile schon zum Alltag. So haben im Jahr 2013 bspw. 60% aller Onlinehändler eine Abmahnung erhalten – Tendenz steigend. Dass Abmahnungen im Falle von wettbewerbsrechtlichen Verstößen in der Regel sinnvoll sind und allen Beteiligten eine schnelle und außergerichtliche Streitbeilegung ermöglichen, hat sich in der Praxis seit 1960 gezeigt. Doch in den letzten Jahren sind vermehrt Tendenzen zu erkennen, bei denen es nicht vorrangig um den wettbewerbsrechtlichen Fundamentalanspruch (den Unterlassungsanspruch) geht, sondern vielmehr eigene betriebswirtschaftliche Interessen in den Vordergrund rücken. So nutzen selbst große Konzerne das Instrument der Abmahnung, um ihre eigenen Absatzpositionen zu sichern. Mögliche Ursachen und Gründe hierfür sind Gegenstand der vorliegenden Ausführungen und werden vom Autor nach einer theoretischen Einführung in das Wettbewerbsrecht anhand praktischer Beispiele erläutert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


4
sei. So gäbe es mehr als 300 Gründe, eine Abmahnung an einen Onlinehändler aus-
zusprechen. Zum anderen sei es im Internet sehr einfach, auch die kleinsten Rechts-
verstöße von Händlern aufzuspüren und diese mittels Massenabmahnungen zur Un-
terlassung aufzufordern. Ferner sei durch die Möglichkeit des fliegenden Gerichts-
standes in Wettbewerbssachen ein Austesten der Gerichte möglich.
Die Bundesregierung teilte diese Auffassung der SPD-Fraktion nicht. Ihr lägen keine
Untersuchungen vor, aus denen verlässlich die Zahl der missbräuchlichen Abmah-
nungen insbesondere im Onlinehandel hervorgehe.
1.2 Zielsetzung
der
Bachelorthesis
Die Frage, die der Autor im Rahmen dieser Bachelorthesis nachgeht, beschäftigt sich
mit dem Ziel wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen im betriebswirtschaftlichen Kon-
text.
Wie unter Punkt 1.1 erläutert, scheint es vor allem in Onlinehandel Interessen und
Tendenzen zu geben, mit Hilfe einer Abmahnung gezielt gegen Mitbewerber vorzu-
gehen. Als Vorwand wird hierzu ein etwaiger Wettbewerbsverstoß eines Konkurren-
ten genutzt, um zum einen die im UWG geregelten Unterlassungsansprüche durch-
zusetzen, zum anderen aber auch, um Konkurrenten gezielt zu behindern, diese mit
Kosten und Risiko eines Verfahrens personell und finanziell zu belasten sowie finan-
zielle Vorteile in Form von Kostenerstattungsansprüchen zu erlangen.
Diesbezüglich werden konkrete Fallbeispiele aufgezeigt und analysiert, die zeigen,
dass für Unternehmen betriebswirtschaftliche Motive eine höhere Rolle bei der Aus-
sprache einer Abmahnung spielen können, als das reine Interesse an einem fairen
und transparenten Markt und der eigentlichen Rechtsverfolgung des abgemahnten
Wettbewerbsverstoßes.

5
1.3 Aufbau der Bachelorthesis
Um die Frage zu beantworten, führt die Bachelorthesis zunächst in die theoretischen
und juristischen Grundlagen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb ein. Hierzu
findet sich unter Punkt 2.1 und 2.2 eine Beschreibung der historischen Entwicklung
des UWG, bevor unter Punkt 2.3 auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung einge-
gangen wird.
Da die Abmahnung in den Fällen, in denen sich außergerichtlich keine Einigung er-
zielen lässt, nur der erste Schritt zu einem langwierigen wettbewerbsrechtlichen Pro-
zess ist, ist unter Punkt 2.4 der allgemeine Verlauf eines wettbewerbsrechtlichen
Verfahrens beschrieben. Dies dient vor allem dazu, die Abmahnung im wettbewerbs-
rechtlichen Kontext einzuordnen und ihre Bedeutung für die Praxis herauszustellen.
Da zur Beurteilung der eingangs gestellten Frage der Tatbestand des Rechtsmiss-
brauchs eine bedeutende Rolle spielt, wird dieser unter Punkt 2.5 ausführlich erläu-
tert.
Punkt 3.1 führt in die Praxis der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ein und vervoll-
ständigt die Ausführungen an Hand von ausgewählten Abmahnfällen mit direktem
praktischen Bezug.
Bevor die Schlussbetrachtung zusammenfassend eine Antwort auf die Eingangsfra-
ge liefert, befasst sich der Punkt 4 zunächst ausführlich und mittels exemplarischer
Fallbeispiele mit der betriebswirtschaftlichen Praxis von Abmahnungen und gibt Ein-
blick in die Motive der Abmahnpolitik einiger Unternehmen, Anwälte und Verbände.

6
2. Theoretische und juristische Grundlagen
2.1 Die
Entwicklung
des
UWG
Seine Wurzeln hat das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz: UWG
3
) im
Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, welches in Form eines Son-
dergesetzes
4
am 27.05.1896 in Kraft trat.
5
Nötig wurde ein solches Gesetz, da im
Zuge der fortschreitenden Industrialisierung sowie der Liberalisierung
6
die Selbstre-
gulierungsmechanismen der Zünfte und Innungen Mitte des 19. Jahrhunderts nicht
mehr ausreichten.
7
Die Massenproduktion wurde dank maschineller Hilfe in vielen
Betrieben eingeführt und diese begannen darüberhinaus, ihre Waren mit Marken zu
kennzeichnen. Richtungsweisende Innovationen wie beispielsweise erfolgreiche
Produkte oder Marken wurden von Mitbewerben imitiert und Warenkennzeichnungen
irreführend gestaltet.
8
So enthielt das Gesetz Regelungen gegen Irreführungen, die
dem § 5 der heutigen UWG-Fassung ähneln sowie Regelungen gegen Geheimnis-
verrat und Anschwärzung.
9
Das Gesetz diente ausschließlich dem Schutz der Mit-
bewerber und eine allgemeine Generalklausel, wie sie das heutige UWG in § 3
kennt, fehlte gänzlich.
10
,,Damit wird man nicht weit kommen. Schon die Überschrift -
unlauterer Wettbewerb -, was das für ein Wort ist; das hört sich an wie Wachtel-
schlag auf dem Felde."
11
, führte Bismarck zu dem Gesetzesentwurf aus, was sich
3
Anm. des Autors: Auf Grund der Lesbarkeit wird im Abschnitt 2.1 auf den Zusatz ,,UWG a.F." und
,,UWG n.F." bei der Nennung von Paragraphen verzichtet.
4
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 5 Rn 2, München
2
2010.
5
Vgl. RGBl 1896, S. 145 sowie Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb, Einl A Rn 1, München 2013.
6
Die Gewerbeordnung von 1869 führte zu einer Gewerbefreiheit.
7
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 1,
München 2013.
8
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 5 Rn 2, München
2
2010.
9
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 1,
München 2013.
10
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 5, München
4
2010.
11
Andreas, Willy/Reinking, Karl Franz (Hg.), Bismarck Gespräche: Von der Entlassung bis zum Tode,
3 (Zeugen ihrer Zeit; Erlebnisse, Berichte, Dokumente) 1963, S. 401.

7
insofern als wahr erwies, als dass das Gesetz keinen umfassenden Schutz vor un-
lauterem Wettbewerb gewährleisten konnte.
12
Erst das Zweite Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das 13 Jahre später am
07.06.1906 beschlossen wurde und ebenso nur die Mitbewerber schützte, schloss
die Lücken.
13
Diesem waren Reformversuche vorangegangen, denen es jedoch an
einer vom Parlament geforderten Generalklausel fehlte.
14
In die finale UWG-Fassung
von 1909 wurden letztendlich die ,,große Generalklausel" in Form des § 1 sowie die
,,kleine Generalklausel" in Form des § 3 integriert.
15
Ein Verstoß gegen den § 1, in-
dem man geschäftliche Handlungen vornahm, die gegen die guten Sitten verstießen,
konnte zu einem Anspruch eines Mitbewerbers auf Schadensersatz und Unterlas-
sung führen. Da diese Klausel aber derart weit gefasst war und in Verbindung mit §
3, der irreführende Angaben ,,im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbe-
werbs"
16
verbot, nahezu jede geschäftliche Handlung durch das Gesetzt erfasst wer-
den konnte, bildete der unbestimmte Rechtsbegriff der guten Sitten den Maßstab für
die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung wettbewerbswidrig war oder nicht.
17
Die Konkretisierung eines Tatbestandes oblag dem Richter, weshalb im Zusammen-
hang mit dem Wettbewerbsrecht auch vom Richterrecht gesprochen wird.
18
Die nächste wegweisende Novellierung des UWG erfolgte im Jahre 1965 mit der Ein-
führung des sogenannten Verbandsklagerechtes für Verbraucherschutzverbände,
was bedeutete, dass das UWG von nun an auch den Schutz der Verbraucher inne
hatte. Da sich bereits mit der Zugabeverordnung von 1932 und dem Rabattgesetz
von 1933 Verbraucherschutzkomponenten außerhalb des UWG etablierten und zu-
dem die herrschende Meinung besagte, dass bereits vor der Novellierung das UWG
12
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 1,
München 2013.
13
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 2,
München 2013.
14
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 6, München
4
2010.
15
Ebd.
16
§ 3 UWG in der Fassung von 1906.
17
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 6, München
4
2010.
18
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 2,
München 2013 sowie Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 6,
München
4
2010.

8
nicht ausschließlich dem Zweck des Konkurrentenschutzes dienlich sei, war die Er-
weiterung um den Schutz der Verbraucher folgerichtig.
19
Im Jahr 1986 wurde das UWG mehrfach geändert. Durch das Zweite Gesetz zur Be-
kämpfung der Wirtschaftskriminalität erhielten vor allem Strafvorschriften gegen die
Industriespionage sowie gegen missbräuchliche Schneeballsysteme Einzug in das
Gesetz. Ferner wurde der Gedanke des Verbraucherschutzes durch eine dement-
sprechende Reformpolitik gegenüber dem UWG weiter ausgeführt, sodass bei-
spielsweise die Werbung für Waren verboten wurde, deren Verfügbarkeit mengen-
mäßig beschränkt ist (§ 6d). Weiterhin erfolgte eine Einschränkung für Werbemaß-
nahmen mit Preisgegenüberstellungen (§ 6e) und Verbrauchern, die sich durch fal-
sche Angaben getäuscht fühlten, wurde ein Rücktrittsrecht eingeräumt.
20
2.2 Gemeinschaftsrechtlicher Einfluss auf das UWG
Mitte der achtziger Jahre begann das Gemeinschaftsrecht, auf das UWG Einfluss zu
nehmen. Den Anfang machte die Richtlinie 84/450/EWG zur Angleichung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften über irreführende Werbung, welche jedoch
ausschließlich den Schutz von Gewerbetreibenden beinhaltete.
21
Auf eine Umset-
zung der Richtlinie und damit eine Änderung des UWG wurde seitens der Bundesre-
gierung jedoch verzichtet, da diese die Auffassung vertrat, das UWG entspreche auf
Grund seiner Generalklausel in § 3 bereits den Anforderungen der Richtlinie.
22
Im Jahr 1994 mussten die §§ 6d sowie 6e, die 1986 eingeführt wurden, auf Grund
europäischer Rechtsprechung entfernt werden. Bereits zu Zeiten der Einführung der
beiden Paragraphen acht Jahre zuvor waren diese in Bezug auf das Europarecht
strittig.
23
19
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 5
f., München 2013.
20
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 13 f., München
4
2010.
21
Vgl. Artikel 1 der Richtlinie des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und
vergleichende Werbung (84/450/EWG); ABl. EG Nr. L 250 v. 19.9.1984 S. 17-20.
22
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 15, München
4
2010.
23
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 16, München
4
2010.

9
Im Jahr 2000 erforderte die EU-Richtlinie 97/55/EG aus dem Jahr 1997 sowie der
Druck des EuGH auf die deutsche Rechtssprechung
24
eine weitere Anpassung des
UWG an das Gemeinschaftsrecht, was die Einbeziehung der vergleichenden Wer-
bung anging. So wurde der § 3 zu § 3 Satz 1, um § 3 mit Satz 2 durch folgenden
Wortlaut zu ergänzen: ,,Angaben über geschäftliche Verhältnisse im Sinne des Sat-
zes 1 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung". Sachlich betrachtet
führte diese Anpassung des UWG bezüglich der Irreführung jedoch zu keinen Ände-
rungen, da bereits die herrschende Meinung die Auffassung vertrat, dass auch ver-
gleichende Werbung nicht irreführend sein darf.
25
Die umfassende Reform des UWG im Jahr 2004 nahm ihren Anfang bereits dadurch,
dass im Jahr 2001 die Zugabeverordnung sowie das Rabattgesetz in Hinblick auf die
europäische Harmonisierung des Lauterkeitsrechts aufgehoben wurde.
26
Zudem
wurde auch zur weiteren Modernisierung des Rechts gegen unlauteren Wettbewerb
eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die Verbraucher sowie beteiligte Wirtschaftskreise
zu einer Ausarbeitung eines den Mitbewerbern sowie Verbrauchern gleichermaßen
schützenden Rechtsrahmens einbezog.
27
Bei der dann erfolgten Reform des UWG
im Jahr 2004 an die Anforderungen der Richtlinie 84/450/EG wurde der Wortlaut des
§ 3, welcher vorher dem des § 1 entsprach, neu gestaltet. So wurde beispielsweise
der Begriff der ,,guten Sitten" durch ,,unlautere Wettbewerbshandlungen" moderni-
siert. Zu inhaltlichen Änderungen kam es diesbezüglich, mit Ausnahme der Erset-
zung des Begriffes, jedoch kaum.
28
Zudem stellte der § 3 fortan im neuen UWG die
einzige Generalklausel dar. Die einzelnen Fallgruppen, die zuvor unter Berufung auf
die Generalklausel des alten § 3 durch die Rechtsprechung definiert wurden, wurden
durch den Gesetzgeber in das neue UWG unter § 4 aufgenommen und darüberhin-
aus in dem Anhang zu § 3 konkretisiert. Ferner war es Ziel des Gesetzgebers, soge-
nannte Bagatellverstöße durch das UWG nicht mehr zu erfassen. So heißt es in § 3,
24
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 9,
München 2013.
25
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 5 Rn 9, München
2
2010.
26
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 11,
München 2013.
27
Ebd.
28
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 5 Rn 9, München
2
2010.

10
dass unlautere Wettbewerbshandlungen nur dann verboten sind, wenn sie ,,geeignet
sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sons-
tigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen". Die Funktionsfähig-
keit dieser Bagatellschwelle ist jedoch umstritten.
29
§ 1 erwähnt nun erstmalig den Verbraucher als Schutzsubjekt und definiert ihn in § 2
Abs. 1 Nr. 3 als Marktteilnehmer. Der Begriff des Verbrauchers wird darüberhinaus in
§ 2 Abs. 2 konkretisiert, indem direkt auf § 13 BGB Bezug genommen wird. Trotz der
direkten Erwähnung des Verbrauchers im neuen UWG kommt ihm nach § 8 Abs. 3
keine Klagebefugnis zu Gute, um gegen etwaige unlautere Wettbewerbshandlungen
vorzugehen. Diese Klagebefugnis obliegt weiterhin den Mitbewerbern, entsprechen-
den Berufsverbänden, den Industrie-, Handels, oder Handwerkskammern sowie ge-
mäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 ,,qualifizierten Einrichtungen" nach § 4 des Unterlassungskla-
gegesetzes, worunter die Verbraucherschutzverbände fallen. Die Abmahnung wird
erstmalig im Gesetz in § 12 Abs. 1 erwähnt und neu ist zudem die direkte und aus-
schließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte gemäß § 13.
Die aus dem Jahr 2005 stammende EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken
(UGP-Richtlinie) der Verordnung 2005/29/EG begründete im Jahr 2008 eine erneute
Reform des UWG, welche insofern verspätet kam, als dass die UGP-Richtlinie mit
dem Ziel der Vollharmonisierung des Verbraucherschutzes innerhalb der EU-
Mitgliedsstaaten bis zum 12.06.2007 umzusetzen und bereits ab dem 12.12.2007
anzuwenden war.
30
Diese neue Richtlinie zielte ausschließlich auf den Verbraucherschutz ab und bein-
haltete eine Stärkung des Binnenmarktes durch die Verbesserung und Vollharmoni-
sierung des europäischen Verbraucherschutzes. Deshalb findet die UGP-Richtlinie
nur in dem Bereich Anwendung, in dem sich Unternehmen direkt an Verbraucher
richten (business to consumer, B2C), was im Grunde alle Werbe- und Marketing-
maßnahmen von Unternehmen betrifft. Sicherstellen soll die Richtlinie die ,,freie Kau-
fentscheidung" des Verbrauchers ­ ohne (durch Werbung hervorgerufene) innere
oder äußere Zwänge.
31
Mittelbar durch diese Bestimmung werden weiterhin aber
29
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 5 Rn 9, München
2
2010.
30
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 37, München
4
2010.
31
Vgl. Leitfaden UGP-Richtlinie - Neue Regeln für Werbung und Vertrieb, Wettbewerbszentrale
7/2009, S. 1.

11
auch Mitbewerber vor unlauteren Geschäftspraktiken geschützt, sodass der ,,faire
Wettbewerb" auch durch die UGP-Richtlinie gewährleistet ist.
32
Die sich im nun neuen UWG befindliche wesentliche Änderung betrifft die General-
klausel in § 1. ,,Unlauterer Wettbewerb" wird durch ,,unlautere geschäftliche Handlun-
gen" ersetzt, was sich in § 2 fortsetzt und fortan wie folgt definiert wird: Eine ,,ge-
schäftliche Handlung [ist] jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder
eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss [...]".
Entgegen der alten UWG-Fassung werden unlautere Handlungen nicht mehr aus-
schließlich vor Zustandekommen eines Geschäftsabschlusses durch das Gesetz er-
fasst, sondern auch währenddessen sowie danach.
Eine weitere Neuheit stellt der § 5 a ,,Irreführung durch Unterlassen" dar und reiht
sich in die Paragraphen ein, die vor allem den Verbraucherschutz stärken, da hier
von den Unternehmen gegenüber Verbrauchern vor allem Transparenz verlangt wird.
So stellt das Verschweigen von Tatsachen eine Irreführung des Verbrauchers dar,
was insofern schädlich ist, als dass die Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers
durch die Kommunikations- oder Werbestrategie, die wesentliche Merkmale bzw.
Informationen bezüglich der Ware, der Dienstleistung oder des Unternehmens an
sich verschweigt, getrübt sei.
33
Wie bereits erwähnt, wurde das neue UWG durch einen Anhang zu § 3 Abs. 3 erwei-
tert. In diesem wurde die sogenannte ,,Black List" der UGP-Richtlinie übernommen,
welche einen Beispielkatalog von unlauteren geschäftlichen Handlungen enthält, die
stets und unter allen Umständen unzulässig sind.
34
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich das deutsche Gesetz gegen den un-
lauteren Wettbewerb innerhalb der letzten 120 Jahre durch wirtschaftlichen und ge-
meinschaftspolitischen Einfluss zu einem Gesetz entwickelt hat, welches den Fokus
immer mehr auf den Schutz des Verbrauchers legt ­ und dies, obwohl dem Verbrau-
cher gemäß § 8 Abs. 3 keine Klagebefugnis zukommt.
32
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 1 Rn 39, München
4
2010.
33
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 35,
München 2013.
34
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Einl A Rn 40,
München 2013.

12
2.3 Die
Abmahnung
im
UWG
Entwickelt wurde die Abmahnung aus der anwaltlichen Praxis und hat seit etwa 1960
eine überaus hohe Bedeutung für die außergerichtliche Beilegung von wettbewerbs-
rechtlichen Streitigkeiten zweier Parteien.
35
Seit der UWG-Reform aus dem Jahre
2004 ist sie in § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG normiert und stellt in ihrem Grundwesen eine
,,Mitteilung eines Anspruchsberechtigten an einen Verletzer"
36
(im Folgenden:
Schuldner) dar, die ein im Einzelnen zu bezeichnendes wettbewerbsrechtliches
Fehlverhalten aufzeigt und den Schuldner binnen einer bestimmten Frist zur Unter-
lassung auffordert. Da es in § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG heißt, dass die Berechtigten
eines Unterlassungsanspruchs den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen
Verfahrens abmahnen sollen, ist die Abmahnung ein außergerichtliches Instrument
zur fakultativen außergerichtlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches
gemäß § 8 Abs. 3 UWG.
37
In der Regel ist der Abmahnung eine strafbewährte Un-
terlassungserklärung beigefügt und beinhaltet somit neben der oben genannten
Funktion ein ,,Angebot auf den Abschluss eines Unterwerfungsvertrages"
38
gemäß §§
145 ff BGB, weshalb auch von der ,,Doppelnatur"
39
der Abmahnung gesprochen wird.
Ziel der Abmahnung soll es zum einen sein, dem Schuldner außergerichtlich die
Möglichkeit zu geben, Wettbewerbsverstöße abzustellen und sich durch die strafbe-
währte Unterlassungserklärung zu verpflichten, in Zukunft die beanstandeten Ver-
stöße nicht mehr zu begehen.
40
Zum anderen dient die Abmahnung der Entlastung der Gerichte. So werden laut
Teplitzky beispielsweise 90-95% aller wettbewerbsrechtlichen Beanstandungen au-
ßergerichtlich durch das Abmahnverfahren beigelegt.
41
Ähnliches wurde bei der Neu-
35
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 84 Rn 1, München
4
2010.
36
Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 12 Rn 1.3, München
31
2013.
37
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 1, Baden-Baden
2
2013.
38
Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 4, Baden-Baden
2
2013.
39
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 12 Rn 5, Mün-
chen 2013.
40
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 84 Rn 1, München
4
2010.
41
Vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren: Unterlassung - Beseitigung - Aus-
kunft - Schadensersatz, Kap. 41 Rn 3, Köln
10
2011.

13
fassung des UWG zum Jahr 2004 in der Stellungnahme zur Neufassung des Geset-
zes der Bundesregierung im Jahr 2003 betont.
42
Da es sich bei der Abmahnung um eine so genannte Soll-Vorschrift handelt, ist die
Abmahnung keine Prozess- bzw. Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage auf
Grund des geahndeten Wettbewerbsverstoßes und somit keine Rechtspflicht.
43
Nach
gängiger Rechtsprechung muss der Anspruchsberechtigte (im Folgenden: Gläubiger)
jedoch auf Grund des § 93 ZPO grundsätzlich abmahnen, bevor er ein Gericht auf-
sucht.
44
Dies trifft nicht zu, sofern die Abmahnung aus objektiver Sicht des Gläubi-
gers keinen Erfolg verspricht oder für diesen unzumutbar ist. Hier ist jedoch eine Ein-
zelfallbetrachtung vorzunehmen, da die vorangegangenen Gründe bezüglich der
Entbehrlichkeit einer Abmahnung sehr restriktiv zu beurteilen sind.
Grundsätzlich kann eine Abmahnung formlos ausgesprochen werden, also auch tele-
fonisch, was jedoch umstritten ist.
45
Zur Beweissicherung, dass eine Abmahnung
tatsächlich ausgesprochen wurde, was in einem eventuell anstehendem Klagever-
fahren von Bedeutung ist, empfiehlt sich jedoch die Schriftform sowie die Sicherstel-
lung des Zuganges der Abmahnung beim Schuldner beispielsweise durch Einschrei-
ben per Rückschein.
46
2.4 Das
allgemeine
wettbewerbsrechtliche
Verfahren
Wie im vorhergehenden Punkt beschrieben, beinhaltet die Abmahnung regelmäßig
eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Bleibt die Unterlas-
sungserklärung durch den Schuldner aber aus, hat der Gläubiger die Möglichkeit,
einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, sofort eine Klage zu
erheben oder ein Verfahren vor einer Einigungsstelle gemäß § 14 UWG einzuberu-
fen. Auf Grund der für die Praxis geringen Bedeutung
47
der letztgenannten Eini-
gungsstellen bleiben sie bei den folgenden Ausführungen außer Betracht.
42
Vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 25.
43
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 5, Baden-Baden
2
2013.
44
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 12 Rn 6, Mün-
chen 2013.
45
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 13, Baden-Baden
2
2013.
46
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 14, Baden-Baden
2
2013.
47
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 15 Rn 10, München
2
2010 sowie Göt-
ting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 15 Rn 3, Baden-Baden
2
2013.

14
Die Abbildung 1 stellt den üblichen Verfahrensweg in wettbewerbsrechtlichen Strei-
tigkeiten dar. Die einzelnen Punkte der Abbildung werden nachfolgend erläutert.
Abbildung 1: Wettbewerbsrechtliches Verfaren
48
2.4.1 Der Unterlassungsanspruch
Begeht beispielsweise ein Unternehmen bei einer geschäftlichen Handlung einen
Verstoß gegen die wettbewerbsrechtlichen Regelungen des UWG, so haben Mitbe-
werber oder auch Verbraucherschutzverbände Anspruch auf Unterlassung bezüglich
der nicht rechtskonformen geschäftlichen Handlung. Dieser Unterlassungsanspruch
muss jedoch zunächst vom Gläubiger gegenüber dem Schuldner erwirkt werden.
Wie in obigem Abschnitt beschrieben, ist der Abmahnung in der Regel eine vorfor-
mulierte Unterlassungserklärung beigefügt, da die Abmahnung den Schuldner auf-
fordern muss, eine Unterlassungserklärung sowie ein Vertragsspracheversprechen
abzugeben.
49
Mit Unterschrift dieser unterwirft sich der Schuldner dem Gläubiger und
48
Nach Vorlage von: Dr. Omsels, Hermann-Josef, omsels.info- Der Online-Kommentar zum UWG,
http://www.omsels.info/v-das-verfahren-oder-wie-laeufts-ab/c-abmahnung/1-uebersicht, Zugriff am
10.02.2014.
49
Vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren: Unterlassung - Beseitigung - Aus-
kunft - Schadensersatz, Kap. 41 Rn 14, Köln
10
2011.

15
attestiert ihm gegenüber, die geahndeten Wettbewerbsverstöße fortan nicht mehr zu
begehen, ihm jedoch im Falle eines erneuten Verstoßes bezüglich der abgemahnten
Sache die Vertragsstrafe zu zahlen, was einem Schadensausgleich gleich kommt.
50
Die Höhe der Vertragsstrafe muss dabei so gemessen sein, dass der Schuldner jeg-
lichen Anreiz verliert, den Verstoß zu wiederholen und somit die Vertragsstrafe in
Kauf zu nehmen.
51
Dabei wird die Vertragsstrafe in der vorformulierten Unterlas-
sungserklärung in der Regel zunächst vom Gläubiger mit einem festen Betrag fest-
gesetzt. Die Höhe der Vertragsstrafe ist vom Einzelfall abhängig und berücksichtigt
unter Anderem die Art, Schwere und das Ausmaß des Verstoßes
52
sowie die Gefahr
für den Gläubiger, die von dem Verstoß ausgeht.
53
Grundlage des Unterlassungsanspruchs bildet § 8 Abs. 1 UWG, welcher auslegt,
dass der Unterlassungsanspruch stets in die Zukunft gerichtet ist.
54
Dies bedeutet,
dass in dem Unterlassungsanspruch vornehmlich ein Instrument zur Abwehr zukünf-
tiger Wettbewerbsverstöße des Schuldners zu sehen ist, was zudem dazu führt, dass
ein Unterlassungsanspruch nicht erst dann besteht, wenn ein gegenwärtiger Verstoß
vorliegt, sondern bereits dann, wenn von einer drohenden Gefahr einer zukünftigen
unzulässigen geschäftlichen Handlung auszugehen ist.
55
Dies ist insbesondere dann
der Fall, wenn eine Wiederholung einer zurückliegenden und bereits abgeschlosse-
nen unzulässigen geschäftlichen Handlung vermutet wird (Verletzungsunterlas-
sungsanspruch).
56
In der juristischen Praxis stellt der Unterlassungsanspruch den
,,wettbewerbsrechtliche[n] Fundamentalanspruch schlechthin"
57
dar und ist das wich-
tigste Instrument der Rechtsdurchsetzung.
58
50
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 8 Rn 198, München
2
2010.
51
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 12 Rn 197,
München 2013.
52
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 8 Rn 204, München
2
2010.
53
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 12 Rn 199,
München 2013.
54
Vgl. Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 8 Rn 1.7, München
31
2013.
55
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 8 Rn 3,
München 2013.
56
Vgl. Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn 6, München
4
2010.
57
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 8 Rn 1, Mün-
chen 2013.
58
Ebd.

16
Unterschreibt der Schuldner die vom Gläubiger vorgefertigte Unterlassungserklärung
oder gibt er eine modifizierte Unterlassungserklärung ab, gesteht er ein, den geahn-
deten Wettbewerbsverstoß begangen zu haben und dieses Fehlverhalten zukünftig
zu unterlassen. Diese Handlung des Schuldners bedeutet zudem, dass die Abmah-
nung im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG berechtigt war und der Schuldner im Zuge
dessen die dem Gläubiger entstandenen Kosten der Abmahnung erstatten muss.
59
In
der Praxis enthalten Abmahnungen deshalb detaillierte Kostenfestsetzungen des
Gläubigers sowie die Aufforderung zur Begleichung der durch die Abmahnung ent-
standenen Kosten.
60
Folgt der Schuldner dieser Aufforderung nicht, kann der Gläubi-
ger die Erstattung der Abmahnkosten einklagen.
2.4.2 Die einstweilige Verfügung
Die einer Abmahnung beigefügte bzw. eine vom Schuldner modifizierte Unterlas-
sungserklärung ist binnen einer durch den Gläubiger im Rahmen gesetzlicher Rege-
lungen angemessenen Frist, in der Regel eine Woche,
61
vom Schuldner zu unter-
zeichnen und an den Gläubiger auszuhändigen, damit der Anspruch auf Unterlas-
sung in Kraft tritt. Geschieht dies nicht, kann der Gläubiger seinen Unterlassungsan-
spruch in einem beschleunigten Verfahren mit Hilfe der einstweiligen Verfügung zu-
nächst vorläufig gerichtlich durchsetzen.
62
Das UWG regelt dieses in § 12 Abs. 2.
Voraussetzung für den Antrag einer einstweiligen Verfügung ist jedoch, dass eine
besondere Dringlichkeit in der Sache vorliegt und der Antrag auf Erlass einer einst-
weiligen Verfügung von einem Anwalt formuliert wird.
63
Diese Dringlichkeit ist insbe-
sondere dann gegeben, wenn dem Gläubiger auf Grund des langwierigen Klagever-
fahrens, welches außerhalb des einstweiligen Verfügungsverfahren bestritten werden
müsste, Nachteile beispielsweise dadurch entstehen, dass ein Mitbewerber über die-
se Dauer unzulässige geschäftliche Handlungen vornimmt.
64
Dass diese besondere
59
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 33 ff., Baden-Baden
2
2013.
60
Vgl. Anlage I.
61
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 22, Baden-Baden
2
2013.
62
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 12 Rn 93, München
2
2010.
63
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 12 Rn 143, München
2
2010.
64
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 12 Rn 97 f., München
2
2010.

17
Dringlichkeit besteht, ist dem Gericht, bei dem die einstweilige Verfügung beantragt
wird, glaubhaft zu machen. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass dem Gericht
Beweismittel vorgelegt werden, die die geahndeten Wettbewerbsverstöße aufzeigen
oder durch eidesstattliche Versicherungen von Zeugen sowie Sachverständigengut-
achten.
65
Diese Beweismittel müssen dem Gericht entgegen des § 937 ZPO auf
Grund der Dringlichkeit nicht mündlich vorgetragen werden ­ ein schriftlicher Antrag
sowie Abschriften der Beweismittel genügen.
66
Sieht das Gericht die besondere
Dringlichkeit in der Sache sowie die Plausibilität der Ausführungen des Gläubigers,
würdigt es die Beweise und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
wird gegebenenfalls stattgegeben. Bei dieser Entscheidung durch Beschluss wird der
Schuldner nicht angehört. Der Beschluss ist zudem auch nicht begründet und wird
nur dem Antragssteller zugestellt.
67
Dieser hat nun die Wahl, ob er von der Verfü-
gung Gebrauch machen will ­ sprich diese vollziehen möchte oder nicht. Entscheidet
er sich für die Vollziehung, was den Regelfall darstellt, muss er tätig werden und den
Beschluss des Gerichtes innerhalb von einem Monat nach Beschlussfassung nach-
weislich an den Gläubiger zustellen.
68
Nach der Zustellung an den Schuldner kann dieser Widerspruch bei dem Gericht
einlegen, welches den Beschluss erlassen hat. Für den Widerspruch ist an sich keine
Frist zu beachten ­ er kann also auch längere Zeit nach dem Beschluss erfolgen. Es
ist jedoch zu beachten, dass das Widerspruchsrecht verwirkt sein kann, wenn ein
längerer Zeitraum nach der Beschlussfassung verstrichen ist.
69
Dieser Zeitraum be-
trägt in der Regel sechs Monate,
70
ist im Einzelfall jedoch durch Auslegung zu ermit-
teln.
71
Der Widerspruch ist schriftlich durch einen Anwalt und unter Darlegung der
Gründe zu formulieren, die für die Aufhebung der einstweiligen Verfügung geltend
65
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 12 Rn 100 f., München
2
2010.
66
Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 12 Rn 374,
München 2013.
67
Vgl. Fezer, Lauterkeitsrecht §§ 5 - 20, 2 (UWG), § 12 Rn 121 f., München
2
2010.
68
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 314, Baden-Baden
2
2013.
69
Vgl. Melullis, Klaus-J., Handbuch des Wettbewerbsprozesses unter besonderer Berückstichtigung
der Rechtsprechung, Rn 244, Köln
3
2000.
70
Vgl. Götting/Nordemann (Hrsg.), UWG, § 12 Rn 299, Baden-Baden
2
2013.
71
Teplitzky, UWG Großkommentar, Vor § 13 Rn 98, Berlin 1991.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2014
ISBN (eBook)
9783958208322
ISBN (Paperback)
9783958203327
Dateigröße
5.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Bremen
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
wettbewerbsrechtliche abmahnungen gesichtspunkten
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Titel: Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten
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