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Literatur der DDR und BRD im Schatten der Berliner Mauer

©2010 Bachelorarbeit 56 Seiten

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, die Literatur aus dem Osten und aus dem Westen zu schildern. Das ist auch ein Vergleich verschiedener Darstellungen von der deutschen Teilung und der Berliner Mauer. Wie haben die Autoren aus der DDR und BRD über die Berliner Mauer und ihre Folgen geschrieben? Die bedeutsamen Fragen dieser Arbeit beziehen sich auf die Wahrnehmung der wichtigsten Ereignisse während der Jahre der deutschen Teilung von den Schriftstellern aus den beiden Teilen Deutschlands. Deswegen werden unter vielen Publikationen drei Werke ausgewählt, die das Thema der Berliner Mauer und der deutschen Spaltung darstellen. Zwei von ihnen stammen aus dem östlichen Teil Deutschlands und dazu gehören „Der geteilte Himmel“ (Christa Wolf) und „Die Geschwister“ (Brigitte Reimann). Das Buch von einem westlichen Autor heißt „Der Mauerspringer“ (Peter Schneider).

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


4
beiden Ländern war ständig anwesend. Die Berliner Mauer galt als ein Symbol der
deutschen Teilung über 28 Jahre und verwandelte das Leben der Ostdeutschen ins
Gefängnis.
Mit der Problematik der deutschen Spaltung haben sich die Schriftsteller schon
kurz nach dem Mauerbau und vor dem Mauerfall beschäftigt. Weil die politischen
Wandlungen in Deutschland, vor allem in Berlin, große Unruhe ausgelöst haben, haben
viele Autoren zur Feder gegriffen und über die neuesten Ereignisse in ihrem Land
geschrieben. Das Thema der Berliner Mauer hat vor allem in dieser Zeit das Interesse an
der politischen und sozialen Situation geweckt. Es gab sehr viele Aspekte der deutschen
Spaltung und der Berliner Mauer. Die Berliner Mauer wurde auch in verschiedenen
Perspektiven gezeigt. Andere Vorstellungen über die Berliner Mauer und die deutsche
Spaltung hatten die östlichen Schriftsteller als die Autoren, die aus dem Westen
stammten. Die Lebensrealität und Verhältnis zu den verschiedenen Systemen wurde in
der Literatur dieser Zeit auf zweierlei Weise verstanden und dargestellt. Dank diesen
Werken kann man unterschiedliche Standpunkte zur Problematik der Berliner Mauer
und deutscher Trennung vorfinden.
Von diesen Voraussetzungen ausgehend wird in der folgenden Arbeit das Thema
der Berliner Mauer und der deutschen Teilung in der Literatur aus der Deutschen
Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland dargestellt. Um diese
Literatur verstehen zu können, wird die Geschichte der Berliner Mauer der Gegenstand
des ersten Kapitels dieser Arbeit sein. Zunächst wird die Situation direkt nach dem
Zweiten Weltkrieg und die Gründung der beiden Staaten besprochen. In diesem Teil
werden die geschichtlichen, politischen und sozialen Aspekte der deutschen Teilung
besprochen. Der Leser kann sich einen historischen Überblick über die deutsche
Nachkriegsgeschichte bis zum Mauerfall verschaffen. Die Geschichte der Berliner
Mauer ist die Basis für Interpretation und Verständnis der östlichen und westlichen
Literatur aus dieser Zeit.
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, die Literatur aus dem Osten und aus dem
Westen zu schildern. Das ist auch ein Vergleich verschiedener Darstellungen von der
deutschen Teilung und der Berliner Mauer. Wie haben die Autoren aus der DDR und
BRD über die Berliner Mauer und ihre Folgen geschrieben? Die bedeutsamen Fragen
dieser Arbeit beziehen sich auf die Wahrnehmung der wichtigsten Ereignisse während
der Jahre der deutschen Teilung von den Schriftstellern aus den beiden Teilen
Deutschlands.

5
Die Abhandlung konzentriert sich vor allem auf die Darstellung der Beispiele
von der Literatur aus dem Osten und aus dem Westen. Deswegen werden unter vielen
Publikationen drei Werke ausgewählt, die das Thema der Berliner Mauer und der
deutschen Spaltung darstellen. Zwei von ihnen stammen aus dem östlichen Teil
Deutschlands und dazu gehören ,,Der geteilte Himmel" (Christa Wolf) und ,,Die
Geschwister" (Brigitte Reimann). Das Buch von einem westlichen Autor heißt ,,Der
Mauerspringer" (Peter Schneider).
Das zweite Kapitel wird dem Roman von Christa Wolf unter dem Titel ,,Der
geteilte Himmel" gewidmet. Liebe, Entscheidungen und geteilte Stadt stehen in der
Lektüre im Vordergrund. Das Schicksal der Haupthelden wird im Lichte der politischen
Wandlungen in Deutschland dargestellt. Die Autorin verband große Liebe zwischen
Rita und Manfred, ihre widersprüchliche politische Ansichten mit der damaligen
Situation in dem gespaltenen Land. Die Schriftstellerin zeigt, wie die Liebesbande
durch die deutsche Trennung unterdrückt wurden und wie die Haupthelden darauf
reagierten. Dieser Teil der Arbeit beschäftigt sich vor allem mit dem Motiv der
deutschen Teilung und beantwortet die Fragen über den Einfluss der Berliner Mauer auf
die Verliebten und ihr privates Leben.
Das dritte Kapitel dient der Darstellung des Buches von Brigitte Reimann, die
ebenfalls im Osten lebte. In ihrem Werk ,,Die Geschwister", auf das ihr Leben einen
großen Einfluss hatte, werden vor allem die 60er Jahre in Deutschland widergespiegelt.
Die große Liebe zwischen den Geschwistern, Freude im Leben, tägliche
Verpflichtungen wurden durch die Trennung des deutschen Landes geändert. In diesem
Teil der Arbeit werden vor allem die Auswirkungen der Berliner Mauer auf die
einzelnen Menschen dargestellt. Jeder Mensch, der sich in dieser Zeit im getrennten
Deutschland befand und dort lebte, musste auch so wie die Haupthelden schwierige
Entscheidungen treffen, entweder sich dem sozialistischen System unterzuordnen oder
gegen das sowjetische Regime zu kämpfen. Welchen Standpunkt nehmen die
Haupthelden ein und wie reagieren sie auf die deutsche Teilung? Das sind die
bedeutendsten Fragen, auf die man in diesem Kapitel die Antworten finden kann.
Im letzten Teil der vorliegenden Arbeit wird ein Werk aus der Bundesrepublik
Deutschland betrachtet, das ist ,,Der Mauerspringer" von Peter Schneider. Untersucht
wird hier vor allem die Bedeutung der Berliner Mauer vom westlichen Standpunkt und
die Fragen nach dem Sinn des Mauerbaus. Dieses Kapitel konzentriert sich vor allem
auf die Auswirkungen der deutschen Teilung auf die Deutschen und ihre nationale

6
Identität, die sie verlieren könnten. Fünf kürze Geschichte in der Erzählung stellen
verschiedene Mauerspringer dar, ihr Leben und Gründe, warum sie die Grenze der Stadt
übertreten wollen.

7
Kapitel 1
Geschichte der Berliner Mauer
"Dass die Berliner Mauer verschwand, ist für mich der Beweis, dass Träume
sich nicht begrenzen lassen und dass der Freiheitswille alle Grenzen überwinden kann.
Das Stückchen Mauer erinnert mich jeden Tag daran."
Farah Pahlavi, Hamburger Abendblatt, Aus aller Welt, 24. April 2004.
1.1. Die Trennung Deutschlands
Der Zweite Weltkrieg endete am 7. bzw. 8 Mai 1945, als das Oberkommando
der deutschen Wehrmacht kapitulierte. ,,Tod und Zerstörung waren längst auf jene
zurückgefallen, die sechs Jahre zuvor in bis dahin ungekannter Hybris daran gegangen
waren, die Welt zu erobern."
2
Vier große Siegermächte : Sowjetunion, Großbritannien,
Frankreich und USA haben am 5. Juni das Schicksal Deutschlands und die oberste
Regierungsgewalt übernommen. Während der Konferenz im Potsdam, die von 17. Juli
bis 2. August 1945 dauerte, haben die Teilnehmer der Beratung ( Harry S. Truman,
Josef Stalin und Winston S. Churchill, dann Clement Attlee) beschlossen, dass
Deutschland die ganze Verantwortung für die Kriegsverbrechen tragen sollte.
3
Laut
Potsdamer Abkommen müsste das besiegte Land demilitarisiert, entnazifiziert und
demokratisiert werden.
4
Es hat sich aber herausgestellt, dass ,,für den wirtschaftlichen
Wiederaufbau Deutschlands und Europas mit der Sowjetunion keine Einigung möglich
war".
5
Die drei westlichen Großmächte: Frankreich, USA und Großbritannien
entschlossen sich, dass sie ihre drei Besatzungsgebiete verbinden und einen
demokratischen Staat bauen würden. Am 20. März 1948 verließen die Sowjets den
Alliierten Kontrollrat.
2
Ulrich Mählert, Kleine Geschichte der DDR. München 2001, S. 15.
3
Vgl. ebd., S. 18.
4
Vgl. Agnieszka Centkowska, Mur berli ski, od podziaáu do jedno ci Niemiec. Toru 2005, S. 5.
5
Wolfgang Ribbe, Jürgen Schmädeke, Kleine Berlin Geschichte. Berlin 1994, S. 200.

8
Die Westmächte wollten in ihren Sektoren eine Währungsreform durchführen,
um die Entwicklung des Staates zu ermöglichen. Die Sowjetunion hat aber
unakzeptable Bedingungen gestellt, deswegen mussten die westlichen Mächte im Juni
1948 die neue Währung nur in ihren Besatzungszonen einführen. Als die Sowjets nach
zwei Tagen eine eigene Währungsreform in ihren Bezirken vornehmen wollten,
brachten die Westmächte die neue Westmark in der sowjetischen Zone in Umlauf.
Die Währungsreformen im westlichen und östlichen Berlin haben gezeigt, dass
die Sowjetunion eine eigene, separate Machtsphäre entwickeln wollte. Das bedeutete,
dass die unterschiedlichen Meinungen zwischen den westlichen Staatschefs und den
Vertretern der Sowjets zu einer wirtschaftlichen Spaltung führen.
6
,,Schließlich war die
sowjetische Deutschlandpolitik seit Mitte der vierziger Jahre darauf ausgerichtet,
dauerhafte militärische Sicherheit für Deutschland zu erlangen, Reparationslieferungen
aus den westlichen Industrierevieren zu erhalten und zu verhindern, dass das deutsche
Potential ganz oder überwiegend in die Hände der Westmächte fiel."
7
Das Ziel der
Sowjetunion war ein eigenes System in ganz Deutschland einzuführen.
8
Zuerst begann
die Sowjetunion eine Blockade der westlichen Sektoren, was den Transport unmöglich
machte. Die Krise begann am 24. Juni 1948 und dauerte fast ein Jahr. Die westlichen
Zonen wurden durch die so genannte Luftbrücke versorgt. Schließlich verlor Moskau in
diesem Konflikt um Berlin die Initiative. Die wesentlichen Unterschiede zwischen
westlichen und östlichen Besatzungsmächten führten zur Entwicklung von zwei
Staaten.
9
Am 24. Mai 1949 trat die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland in
Kraft. Es entstand also eine parlamentarische Demokratie.
10
Am 21. September 1949
begann die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit der Hauptstadt in Bonn zu
existieren. Zwei Wochen später, am 7. Oktober 1949 formierte sich die Deutsche
Demokratische Republik (DDR), die im östlichen Teil von Berlin ihre Hauptstadt hatte.
Die anderen drei Besatzungszonen bildeten das westliche Berlin, das politisch und
wirtschaftlich mit dem Westen verbunden war.
11
Die Grenze zwischen dem Osten und dem Westen wurde von der Grenzpolizei
nicht ausreichend bewacht , deshalb konnten viele Menschen aus der sowjetischen Zone
in den westlichen Sektor fliehen. Es gab auch sehr viele Berliner, die im Osten wohnten
6
Vgl. Ribbe, Schmädeke, Kleine Berlin Geschichte, a.a.O., S. 200.
7
Mählert, Kleine Geschichte, a.a.O., S. 11.
8
Vgl. ebd., S.12.
9
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 7.
10
Vgl. Helmut M. Müller, Deutsche Geschichte in Schlaglichtern. Leipzig. Mannheim 2002, S. 330.
11
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 7.

9
und im Westen arbeiteten. Der mentale Unterschied zwischen den beiden Teilen Berlins
war noch nicht spürbar. Viele Berliner entschlossen sich deswegen für die Flucht.
12
In
der Zeit von 1949 bis Ende 1952 sind etwa 675000 Personen aus dem DDR Gebiet
geflohen.
13
Man kann von zwei unterschiedlichen Flüchtlingswellen reden. Die erste Welle
war die Folge der Zerstörung des Dritten Reiches. Die Einwohner der östlichen Provinz
haben im Jahre 1944 und im Mai 1945 das Gebiet, das im Osten von der Oder und
Neiße liegt, verlassen. Die zweite Welle der Flüchtlinge begann im Jahre 1947 und
erlangte im Jahre 1949 die stärkste Intensität. Die flüchtigen Deutschen wollten nicht in
dem sowjetischen Gebiete, das durch das kommunistische Regime beherrscht war,
wohnen. Der Zustrom der Flüchtlinge war nicht immer gleich, manchmal war er stärker.
Es hing von der politischen und wirtschaftlichen Situation im Land ab. Die wichtigste
für den Westen war die Tatsache, dass die starke, gut qualifizierte und junge
Arbeitskraft ankam. Die Wirtschaft im Westen konnte sich deswegen schneller und
besser entwickeln.
14
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands ( SED) übernahm die Macht in
der sowjetischen Besatzungszone.
15
,,Parallel zu allen Regierungs- und
Verwaltungsebenen bestimmte der streng zentralistische SED-Apparat alle Bereiche der
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft."
16
Innerhalb kurzer Zeit änderte sich das Leben in
der DDR, die politischen und kulturellen Sphären waren immer mehr dem sowjetischen
System ähnlich. Stalin, der sowjetische Politiker und Diktator, wurde in der DDR von
seinen Anhängern immer stärker verehrt.
17
Die Diktatur der Monopartei versuchte, dass
die Einwohner keine eigenen Ideen oder Weltanschauungen haben, sondern nur an
sozialistische, "beste" Partei glauben.
18
Das Motto: ,,Von der Sowjetunion lernen, heißt
siegen lernen" spielte für viele Menschen in DDR eine große Rolle. Die DDR-Verlage
veröffentlichten verschiedene Bücher und Dokumente über die Sowjetunion und Stalin,
um das Volk zu überzeugen, welche Vorteile die Zugehörigkeit zur SED-Partei mit sich
birgt.
19
Die Sowjetunion bereitete einen Fünfjahrplan vor, in dem das Hauptgewicht
12
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 7.
13
Ribbe, Schmädeke, Kleine Berlin Geschichte, a. a. O., S. 210.
14
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 8.
15
Vgl. ebd., S. 9.
16
Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S. 56.
17
Vgl. ebd., S. 58f.
18
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 9f.
19
Vgl. Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S. 59.

10
vor allem auf der Schwer- und Rüstungsindustrie lag. In dieser Zeit entwickelte sich in
der BRD Wirtschaft und in der DDR verschlechterte sich die ökonomische Situation.
Der Beweis dafür ist die Tatsache, dass das monatliche Durchschnittseinkommen im
Jahre 1952 in der DDR nur 300 Mark betrug. Der Unterschied zwischen den beiden
deutschen Ländern wurde zunehmend dicht gemacht. Die Regierung der DDR
beschränkte die Möglichkeiten in das westliche Gebiet zu reisen. Die Grenze zwischen
der BRD und der DDR wurde stärker ausgebaut, der Landverkehr wurde gesperrt und
die Bahn- und Tramübergänge wurden beschränkt. Die Regierung in der DDR war vor
allem von der UdSSR abhängig. Seit dem Jahr 1952 sind wieder sehr viele Menschen
(ca. 160 000) aus der sowjetischen Zone geflohen. Im Jahre 1955 sollen 250 000
Flüchtlinge die Grenze überschritten haben. Diese Angaben umfassen nur diese
Menschen, die sich in westlichen Flüchtlingslagern angemeldet haben. Das heißt, das
die Anzahl der aus der DDR Geflohenen noch größer sein konnte.
20
Während der II. Parteikonferenz, die im Juli 1952 stattfand, beschloss Walter
Ulbricht ­ der Generalsekretär des Zentralkomitees der SED, dass in der DDR
Sozialismus gebaut werden wird.
21
Planmäßig wollten die Regierenden die
Kollektivierung der Landwirtschaft durchführen, Privatwirtschaft sollte aufgehoben
werden. Die ,,illegalen Gruppen" und ,,Klassenfeinde" wurden terrorisiert. Als Stalin,
der kommunistische Führer, im Jahr 1953 starb, begannen die Vertreter der SED um die
Macht zu kämpfen. Die Regierenden gaben zu, dass sie die Fehler der Vergangenheit
wiedergutmachen und die Lebensmittelpreise senken wollen. In der Wirklichkeit sah
das ganz anders aus. Der gesetzliche Mindestlohn wurde abgebaut, die
Lebensverhältnisse verschlimmerten sich. In dieser Zeit wurden die so genannten
Lebensmittelkarten an die Bevölkerung ausgegeben, mit denen die Menschen Kleider
oder Essen kaufen konnten. Diese Ereignisse zeigten nämlich, dass sich die Situation in
der DDR von Tag zu Tag verschlechterte.
22
Der schlechte Lebensstandard der Bewohner Ost-Berlins und die
Unzufriedenheit der Menschen führte dazu, dass es am 17. Juni 1953 zu einer Welle von
Streiks und Demonstrationen auf der Straße kam.
23
Die Arbeiter verließen ihre
Arbeitsplätze und aus dem ökonomischen Protest entwickelte sich politische Revolte,
die sich im ganzen Land ausbreitete. Die Grundforderungen der Demonstranten betrafen
20
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S.10f.
21
Vgl. Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S. 62.
22
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 11.
23
Ribbe, Schmädeke, Kleine Berlin Geschichte, a. a. O., S. 208.

11
vor allem freie Wahlen, den Rücktritt der Regierung und die Befreiung festgenommener
Personen.
24
,,Die Partei- und Staatsführung erwies sich als ohnmächtig. Es bedurfte der
sowjetischen Panzer und der Verhängung des Ausnahmezustandes, um die Lage wieder
unter Kontrolle zu bringen."
25
Die Anzahl der Opfer ist nicht präzis genannt. Nach den
DDR-Angaben sollte es 21 Tote und 187 Verletzte geben. Im Westen sprach man von
260 Verstorbenen.
26
Die SED wollte die ganze Schuld am Aufstand den Provokateuren aus dem
Westen zuschreiben.
27
Für die Vertreter der DDR war es klar, dass die Juniereignisse
von den westlichen Regierenden ausgelöst und gesteuert wurden. Eine ganz andere
Ansicht hatte die Regierung und die Medien der BRD. Sie waren der Meinung, dass in
dem sowjetischen Gebiet eine Art von Volksaufstand gegen die kommunistische
Regierung ausgebrochen ist. Für die DDR-Bewohner war der Tag des 17. Juni eine
Tragödie, weil sie nichts erreichten, sondern eher verloren haben. Viele Opfer und
strenge Strafen führten dazu, dass die Menschen dann für die lange Zeit Angst hatten,
gegen kommunistische Macht zu kämpfen.
28
Solange die SED mit ihrem politischen Apparat existierte, hatten die Menschen
in der DDR nur einen Weg, und das war die Übersiedlung.
29
Eine wichtige Folge der Streiks im Juni 1953 war das rasche
Flüchtlingswachstum. Die Grenze zwischen der DDR und BRD wurde zwar stärker
bewacht, aber das galt nicht für die Grenze, die Berlin teilte. Nur in einem Monat sind
im Jahre 1961 30000 Menschen aus der DDR geflohen. In der Stadt sprach man immer
häufiger von der Abdichtung der Grenze zwischen den beiden Teilen Berlins. Die SED
wollte natürlich die Abwanderungszahlen aus der DDR senken und die Flucht ihrer
Bewohner verhindern.
30
Die schon längst vorbereiteten Pläne von einer Errichtung der
Mauer erblickten das erste Mal das Licht der Welt, als Walter Ulbricht am 15. Juni 1961
während der Pressekonferenz auf die Frage einer Journalistin antwortete:
,,
Ich verstehe
Ihre Frage so, dass es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, dass wir die
Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten.
Mir ist nicht bekannt, dass eine solche Absicht besteht. Die Bauarbeiter unserer
24
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 12.
25
Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S. 75.
26
Wolfgang Ribbe, Jürgen Schmädeke, Kleine Berlin Geschichte, a. a. O., S. 208.
27
Vgl. Ulrich Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S. 76.
28
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 16.
29
Vgl. Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S. 69.
30
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 16.

12
Hauptstadt beschäftigen sich hauptsächlich mit Wohnungsbau, und ihre Arbeitskraft
wird dafür voll eingesetzt. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!"
31
1.2. Mauerbau und die sechziger Jahre
Moskau wollte das Problem der Flüchtlinge schnell lösen. Der Bau der Berliner
Mauer fing man am 13. August gegen 2 Uhr an. Die Bewohner Berlins bemerkten, wie
die Volkspolizisten und NVA-Soldaten (Nationale Volksarmee) die Straßen zwischen
dem westlichen und östlichen Teil Berlins mit Stacheldraht und Barrieren abtrennten.
Viel Arbeit hatten auch SED-Betriebskampfgruppen, die die Straßensperren aus
Pflastersteinen aufstellten. Gegen 3 Uhr wurden die östlichen Patrouillen an den
wichtigsten Orten der Stadt, wie zum Beispiel Unter den Linden oder am
Alexanderplatz postiert. Nur einige Menschen konnten sich in dieser Zeit noch durch
Flucht retten. Die Bewohner der DDR mussten schon zwar in den fünfziger Jahren nur
mit gültiger Erlaubnis in den westlichen Teil Berlins fahren, aber ab 13. August 1961
war das unmöglich. Die Grenze zu Westdeutschland war abgesperrt. In den folgenden
Tagen wurden einzelne Bewohner gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und die
Geschäfte aufzulösen.
32
Die Berliner Mauer wurde von den DDR-Propagandisten als ,,antifaschistischer
Schutzwall" bezeichnet, der bis zum 9. November 1989 die Familienmitglieder und
Freunde voneinander getrennt hat. Es gab sehr viele Menschen, die trotz großer
Gefahren, wie Behinderung, Lebensbedrohung oder sogar Tod, zum westlichen Teil
hingelangen wollten.
33
Vor dem Mauerbau arbeiteten ca. 53 000 DDR-Berliner im anderen Teil der
Stadt, dort hatten sie auch ihre Freunde, Verwandten oder Familie. Nach der
Grenztrennung mussten sie im östlichen Gebiet eine neue Arbeitsstelle suchen. Die
letzten Übergänge nach Westberlin wurden schon am 23. August gesperrt.
34
Die Grenze zwischen Westberlin und Ostberlin zählte 43 km. Die Regierenden
31
Ulrich Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S.96.
32
Vgl. ebd., S.98f.
33
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 18.
34
Vgl. Thomas Flemming, Hagen Koch, Die Berliner Mauer, Geschichte eines politischen Bauwerks.
Berlin 2001, S. 38f.

13
befestigten die Grenze nicht nur mit dem Stacheldraht, sondern es gab dort auch
Minenfelder und viele Kontrolltürme. Das gleiche galt auch für die Grenze zwischen
der DDR und BRD. Diese Sicherung war auch ein Beispiel für die anderen
kommunistischen Länder in Europa.
Die Berliner Mauer wurde von der DDR immer mehr verbessert, weil sie am
Anfang nicht genug die Flucht verhinderte. Nach ein paar Tagen in der Nacht vom
12/13. August erreichte die Mauer schon die Höhe von 3,60 m, sie wurde aus den
Hohlblocksteinen gebaut. Schon nach einem Monat war eine drei Kilometer lange
Mauer zu sehen. Damit die Menschen nicht mehr aus der DDR fliehen konnten, sind
245 Bunker entstanden. Sie hatten nicht nur Schießscharten, sondern auch
Scheinwerfer, Stromaggregate und Munitionslager. Die Hunde begleiteten in den
folgenden Jahren die Wachmänner, damit jeder Flüchtling ergriffen werden konnte.
Es gab ca. 50 000 Grenzschutzangehörige, die ihren Dienst auf den Türmen
oder in den Bunkern leisteten. Ihre Ausrüstung bestand aus Maschinengewehren mit
scharfer Munition. Außer den Polizeibeamten bewachten die Grenzen auch die
Freiwilligen von dem Hilfsdienst, die vor allem in der Nähe von dem Mauergebiet
wohnten. Entweder denunzierten sie die Flüchtlingen bei dem Grenzschutz oder sie
fingen einfach die Flüchtlinge.
35
In den sechziger Jahren baute man den Sozialismus weiter. ,,Die Bevölkerung
sollte politisch neutralisiert werden".
36
Das war nur möglich, wenn sich der
Lebensstandard verbesserte. Deshalb wollte die SED-Führung das Wirtschaftssystem
reformieren. Auf diese Weise hatten die Bewohner Ostberlins keine andere Möglichkeit
als die Anpassung an die sozialistische Ideologie. Die SED hatte die Gelegenheit, neue
Befürworter anzuwerben. Nach dem ökonomischen Wachstum hatte die SED die
Hoffnung, dass sie einen großen Erfolg auch in der Außen- und Innenpolitik erreicht.
37
Nach dem 11. Plenum wurden die Reformen im Osten gestoppt und die
Wirtschaft wurde von der Politik der Sowjetunion bestimmt. "Die erneute Verhärtung
des Kurses und der damit verbundene kulturelle Kahlschlag lähmten das intellektuelle
Leben in der DDR. Die SED belegte Künstler, darunter bereits im November 1965 Wolf
Biermann, mit Auftrittsverboten und ließ die inkriminierten Filme und Bücher aus dem
Verkehr ziehen."
38
Trotzdem versuchten die Regierenden einige Reformen
35
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 19f.
36
Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S.103.
37
Hermann Weber, Die DDR 1945-1990, München 2000, S. 60f.
38
Mählert, Kleine Geschichte, a. a. O., S. 108.

14
durchzuführen, wie z.B. Bildungsreformen. Es entwickelte sich eine bestimmte
Unterrichtsstruktur, die bis in die 90er Jahre dauerte. Der ausgebildete Mensch sollte ein
angepasster Mensch sein. Nach der neuer Verfassung von 1968 sollte überall die
Freiheit der Medien, wie Presse, Rundfunk oder Fernsehen, herrschen. Die Wahrheit
war aber ganz anders, weil die SED die Normen der Freiheit bestimmte. Am Ende der
sechziger Jahre stellten sich neue Schwierigkeiten in der Wirtschaft ein.
39
1.3. Flucht in den Westen
Im Laufe der Zeit ist die Berliner Mauer 4 Meter hoch geworden.
40
Es war fast
unmöglich für die Menschen, die in der DDR lebten, die Grenze zu überqueren. Der
östliche Teil der Mauer wurde weiß bemalt, damit die Grenzschutzangehörigen alle
Flüchtlinge gut sehen konnten und die Bewohner der DDR an der Flucht gehindert
würden. Auf dieser Seite gab es die so genannte Sicherheitszone, die 100 Meter breit
war und von der Stadt mit dem Stahlzaun oder mit der zweiten Mauer getrennt wurde.
Niemand konnte deshalb nah an die Mauer herantreten, sonst wäre jeder Geflohene
erschossen. Die andere, westliche Seite der Mauer sah ganz anders aus. Sie war nämlich
bunt bemalt und mit verschiedenen Skizzen der Sprayer (sog. Graffiti) gezeichnet.
Die Regierung hat die Mauer als ,,das achte Weltwunder" oder ,,das
Jahrhundert-Denkmal" bezeichnet. Sie waren stolz darauf, dass die Berliner Mauer zu
den besten Grenzsicherungssystemen gehört hat. Im Westen herrschten ganz andere
Meinungen und man nannte die Grenze in Berlin als ,,die Schande-Mauer".
Trotz der Gefahr, dass man während der Flucht in den Westen sterben konnte,
gab es sehr viele mutige Menschen, die die Mauer überschreiten wollten. Die Flucht
über die Mauer schien fast unmöglich zu sein, aber sehr vielen Ostberlinern ist es auf
verschiedene Art und Weise gelungen. Der Wunsch nach der Freiheit war so groß, dass
die Flüchtlinge unterschiedliche und manchmal auch außergewöhnliche Mittel und
Wege verwendet haben, um ihr Ziel zu erreichen. Als Beweis gilt hier das Museum
,,Haus am Checkpoint Charlie" in Berlin, wo der Gründer - Reiner Hildebrandt die
ersten Fluchtversuche dokumentiert hat. Er wohnte an der berühmten damals Bernauer
39
Vgl. ebd. a. a. O., S.109f.
40
Vgl. ,,Die Zeit", 17.XI.1989, auch ,,Forum", 24.-31.XII.1989.

15
Straße, von wo er beobachten konnte, dass die Ostberliner bereit waren, alles Mögliche
zu unternehmen, um in den Westen zu fliehen. Er sah, wie die ganzen Familien aus den
Wohnblöcken auf die westliche Seite gesprungen sind. Aufsehen erregend war auch die
Flucht von 57 Personen, die die Grenze unter der Mauer überschritten. Der Tunnel
wurde in 10 Monaten ausgehoben und war 140 Meter lang. Damit sich die Flüchtlinge
in dem Tunnel bewegen konnten, half ihnen ein gebauter Holzweg. Zur Fluchtmethode
gehörte auch eine Einkaufstasche, in der sich ein vierjähriger Junge versteckte. Seine
Mutter beförderte ihn illegal in den Westen.
Das Auto war auch ein sehr bekanntes Fluchtmittel. Die Ostberliner wurden
unter dem Auto festgeschnallt oder im Kofferraum versteckt. Mit einem Kleinwagen,
der dem Fiat 500 ähnlich war, konnten sehr viele Personen in den Westen fahren. Die
sowjetischen Grenzschutzangehörigen durchsuchten genau alle Autos, die über die
Grenze fuhren. Nur die kleine ,,Isetta", die ein Wagen für Invaliden war, wurde nicht
kontrolliert. Auf diese Weise fuhr Isetta 18 Mal hin und zurück um die Ostberliner zu
transportieren. Ein anderes Beispiel der Flucht zeigt, dass die Ostberliner alles machen
konnten, um sich auf der westlichen Seite der Mauer zu befinden. Die Rede ist hier von
zwei Familien, die mit einem Heißluftballon in den Westen flohen. Das Fluchtmittel
wurde zu Hause nach der einfachen Anweisungen hergestellt. Eine andere Familie glitt
mit einem Gürtel in den Westen hinunter.
41
Seit dem 13. August 1961 bis zur Hälfte des Jahres 1981 versuchten 23 000
Ostberliner in den Westen zu fliehen. Bis zum Sommer 1989 stieg die Zahl der
Flüchtlinge auf fast 50 000.
42
Sie wurden im Westen auch als Sperrbrecher bezeichnet.
Die Zahlenangaben über den Toten an der Berliner Mauer sind sehr unterschiedlich.
Nach den neusten Ermittlungsergebnissen des Museums ,,Haus am Checkpoint Charlie"
sind bei der Berliner Grenze 227 Flüchtlinge ums Leben gekommen. 190 Menschen
sollten nach dem Tag des Mauerbaus, d.h. 13. August 1961 getötet worden sein.
Insgesamt gibt es 1065 Grenz- und Mauertote.
43
Sehr viele Flüchtlinge kamen ins Gefängnis. Nach den Angaben des Amnesty
International gab es nur im Jahre 1979 in der DDR von 5000 bis 7000 politische
Gefangene. Das waren vor allem die Menschen, die in den Westen fliehen wollten.
44
Die Behörden der BRD wollten die Gefangenen kaufen. Sie bezahlten deshalb sehr viel
41
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 22f.
42
Vgl. ebd., S. 23.
43
Vgl. http://www.berlinermaueronline.de/geschichte/mauertote.htm , Zugriff am 26.02.2010.
44
Vgl. Centkowska, Mur berli ski, a. a. O., S. 23.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783958208391
ISBN (Paperback)
9783958203396
Dateigröße
714 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Uniwersytet Marii Curie-Skłodowskiej w Lublinie
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
1
Schlagworte
literatur schatten berliner mauer
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