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Rentenfinanzierungssysteme im Vergleich: Stellen Kapitaldeckungsverfahren angesichts demographischer Veränderungen die Rentenfinanzierung besser sicher?

©2014 Bachelorarbeit 65 Seiten

Zusammenfassung

„Die Rente ist sicher.“ Dieser, mittlerweile zum geflügelten Wort gewordene Spruch gibt einen ersten Eindruck davon, wie die Politik die Zukunft der gesetzlich ausgezahlten Renten in Deutschland einschätzt. In einer aktuellen Umfrage gaben jedoch über 70% aller Befragten bis zum Alter von 59 Jahre an, Zweifel an der Sicherheit ihrer Rente zu haben. Das Ziel dieser Arbeit ist es daher, die beiden Verfahren der Rentenfinanzierung (Umlageverfahren und Kapitaldeckungsverfahren) zu vergleichen und einen möglichen Übergang vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahren zu untersuchen und zu bewerten. Zunächst werden die wichtigsten Ansprüche an eine gesetzlich vorgeschriebene Rentenversicherung vorgestellt. Hierbei wird insbesondere auf die Faktoren Demographie, Kapitalsicherheit und den Arbeitsmarkt eingegangen. Anschließend werden die Funktionsweisen der Rentenfinanzierungsverfahren vorgestellt. Die vorgestellten Verfahren werden unter der Zuhilfenahme der vorher definierten Anspruchsgrundlage bewertet und strukturelle Unterschiede werden herausgestellt. Es erfolgt die Herleitung der jeweiligen internen Rendite, anhand derer die Verfahren verglichen werden können. Mögliche Unterschiede in der Rendite bieten die Grundlage für einen Wechsel zwischen den Verfahren. Ein Übergangsszenario wird zunächst auf Pareto-Effizienz untersucht. Darüber hinaus werden mögliche intergenerative Umverteilungseffekte, die durch den Übergang entstehen, skizziert. Im Anschluss daran werden mögliche Lösungen der Übergangsproblematik aufgezeigt. Am Ende erfolgt ein Blick auf die Folgen des Übergangs und der Übergang insgesamt wird kritisch hinterfragt. Den Abschluss dieser Arbeit bildet ein Ausblick auf künftige politische Entscheidungsfelder. Hierzu werden die Ansichten der wichtigsten Entscheidungsträger zu der Thematik kurz dargestellt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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5
Eine Darstellung des Altenquotienten, je nach Szenario, befindet sich in Abbildung 3. Hieraus ist zu entnehmen,
dass sich der Altenquotient bis zum Jahre 2030 von derzeit 0,5 auf 0,8 erhöhen wird, unabhängig davon, wel-
ches Szenario gewählt wird.
11
Bis zum Jahr 2060 liegt der Altenquotient, je Szenario, im Bereich zwischen 0,9
und 1. In diesem Fall gäbe es genauso viele Beitragszahler wie Rentner. Die Konsequenzen hieraus sind,
ohne Veränderungen am bisherigen System, stark steigende Beiträge und/oder ein sinkendes Rentenniveau.
12
Die Befürchtung, die Renten seien in der Zukunft nicht mehr sicher, erhält somit ihre Grundlage.
Abbildung 3: Prognostizierte Entwicklung des Altenquotienten in Deutschland
Das jährliche Budget der gesetzlichen Rentenversicherung belief sich 2012 auf eine Viertel Billion Euro, dies sind
fast 10 % des BIP.
13
Derzeit gibt es Überschüsse innerhalb des Umlageverfahrens in Höhe von ca. 30 Mrd. Eu-
ro, dies entspricht 1,7 Monatsausgaben.
14
Eine Mehrheit von 66% ist in einer Umfrage der Ansicht, diese zu
nutzen, um eine größere Reserve anzulegen, die die künftig anfallenden Lasten abfedern könnte.
15
Dies würde
den Einstieg in die Teilkapitaldeckung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bedeuten. In einer weite-
ren Umfrage halten 76 % aller Befragten
16
es für notwendig, dass Rentensystem langfristig ,,umzubauen".
17
Das Ziel dieser Arbeit ist es daher, die beiden Verfahren der Rentenfinanzierung (Umlageverfahren und Kapital-
deckungsverfahren) zu vergleichen und einen möglichen Übergang vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahren
zu untersuchen und zu bewerten.
11
Zu den Szenarien vgl. 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts von 2009
12
vgl. Pimpertz (2005) S. 20.
13
vgl. Bundeszentrale für politische Bildung [2].
14
vgl. Zeit-Online [1]
.
15
vgl. IFD Umfrage 11019 (Januar 2014).
16
Gefragt wurde die Bevölkerung in Deutschland ab 16 Jahren. Siehe Fußnote 17.
17
vgl. IFD Umfrage 11021 (Februar 2014).
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
1,1
2009
2014
2019
2024
2029
2034
2039
2044
2049
2054
2059
Prognose Entwicklung Altenquotient Deutschland
Variante 1W1
Variante 2W1
Variante 3W1
Variante 4W1
Variante 5W1
Variante 6W1
Variante 1W2
Variante 2W2
Variante 3W2
Variante 4W2
Variante 5W2
Variante 6W2

6
1.2. Konkretisierung der Aufgabenstellung
Innerhalb dieser Bachelorarbeit gilt es die Frage zu beantworten, ob Kapitaldeckungsverfahren, gerade in Anbe-
tracht der aktuellen demografischen Entwicklung, eine bessere Finanzierung der gesetzlichen Rentenversiche-
rung in Deutschland ermöglichen.
Zur Beantwortung dieser Frage sind zunächst folgende untergeordnete Fragen zu klären:
1. Wie funktionieren die Verfahren?
2. Worin unterscheiden sie sich?
3. Ergeben sich grundsätzlich Vorteile durch ein Kapitaldeckungsverfahren?
4. Ist ein Übergang vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahren vorteilhaft?
1.3. Struktur der Untersuchung
Die Analyse der Thematik im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird folgende Struktur aufweisen.
Zunächst werden in Kapitel 2 die wichtigsten Ansprüche an eine gesetzlich vorgeschriebene Rentenversicherung
vorgestellt. Hierbei wird insbesondere auf die Faktoren Demographie, Kapitalsicherheit und den Arbeitsmarkt
eingegangen. Anschließend werden, aufbauend auf den vorher definierten Ansprüchen, die Funktionsweisen der
Rentenfinanzierungsverfahren in Kapitel 3 vorgestellt. Explizit wird hierbei auf reine Umlage- sowie Kapitalde-
ckungsverfahren, aber auch auf Mischverfahren der beiden Varianten eingegangen. Die vorgestellten Verfahren
werden unter der Zuhilfenahme der vorher definierten Anspruchsgrundlage bewertet und strukturelle Unter-
schiede werden herausgestellt.
Im darauffolgenden Kapitel 4 erfolgt die Herleitung der jeweiligen internen Rendite, anhand derer die Verfahren
verglichen werden können. Die Berechnung erfolgt hierbei in einer idealisierten Modellwelt. Aufgrund dessen
werden sowohl das Ergebnis, als auch die Modellannahmen im Anschluss auf ihre Gültigkeit hinterfragt.
Mögliche Unterschiede in der Rendite bieten die Grundlage für einen Wechsel zwischen den Verfahren. Hierbei
wird nur auf den Übergang vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren eingegangen. Der andere Fall,
der Übergang aus einem Kapitaldeckungsverfahren in ein Umlageverfahren, erweist sich als weniger problema-
tisch und wurde in der Vergangenheit bereits vollzogen.
18
Daher wird dieser Fall im Rahmen dieser Bachelorar-
beit nicht weiter betrachtet. In Kapitel 5 wird das Übergangsszenario zunächst auf Pareto-Effizienz untersucht.
Darüber hinaus werden mögliche intergenerative Umverteilungseffekte, die durch den Übergang entstehen,
skizziert. Im Anschluss daran werden mögliche Lösungen der Übergangsproblematik aufgezeigt. Am Ende des
Kapitels erfolgt ein Blick auf die Folgen des Übergangs und der Übergang insgesamt wird kritisch hinterfragt.
Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit werden daraufhin in einem Fazit in Kapitel 6 zusammengefasst. Es
erfolgt hierbei auch der Rückblick auf die ursprüngliche Aufgabenstellung. Den Abschluss dieser Arbeit bildet ein
Ausblick auf künftige politische Entscheidungsfelder, hierzu werden die Ansichten der wichtigsten Entschei-
dungsträger zu der Thematik kurz dargestellt.
18
Dieser Übergang ereignete sich schrittweise 1957-1969 in der BRD. Vgl. Tegtmeier (1998) S. 246f.

7
2. Anforderungen an Rentenfinanzierungssysteme
Das folgende Kapitel bildet die Grundlage für die Vorstellung der beiden Verfahren in der Rentenfinanzierung.
Hierzu werden zentrale Ansprüche an ein Rentenfinanzierungssystem aufgezeigt. Die Ansprüche lassen sich
dabei aus verschiedenen Bereichen zusammenstellen. Zunächst werden die demographischen Anforderungen an
das Rentensystem formuliert. Anschließend werden externe Risiken, die ein Rentensystem gefährden könnten,
betrachtet. Mögliche Wechselwirkungen mit dem Arbeitsmarkt bilden den dritten Bereich der Ansprüche. Am
Ende des Kapitels werden weitere zusätzliche Ansprüche an ein Rentensystem dargelegt.
2.1. Demographie
Demographische Aspekte spielen in Bezug auf die Wahl eines geeigneten Rentensystems, wie eingangs gezeigt
wurde, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Einerseits sollte sich das System robust gegenüber demographi-
schen Änderungen zeigen,
19
andererseits sollte es auch dabei unterstützen, demographische Verwerfungen
insgesamt zu vermeiden.
20
Das System sollte sich, falls es dennoch zu einer instationären Bevölkerungsentwicklung käme, flexibel anpas-
sen lassen, um geeignet auf die neue Situation reagieren zu können. Dabei sollten geeignete Mechanismen eine
gerechte Verteilung innerhalb des Systems bewirken.
21
Die Vermeidung von Instationaritäten durch das Rentensystem, könnte beispielsweise dadurch erfolgen, dass
ein generativer Anreiz durch das System der Rentenversicherung geschaffen würde.
22
Darüber hinaus gibt es
sicherlich weitere Maßnahmen zur Stabilisierung der demographischen Entwicklung.
2.2. Externe Risiken
Ein Rentenfinanzierungssystem sollte idealerweise immun gegen externe Schocks sein. Aus der deutschen Ge-
schichte lassen sich vor allem zwei große Gefahren für ein Rentensystem ausmachen. Zunächst sorgte die Hy-
perinflation in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts für eine massenweise Entwertung der bis dahin erworbe-
nen Ansprüche.
23
Der zweite große Schock erfolgte kurz darauf. Im Rahmen des zweiten Weltkriegs wurde ein
Großteil des volkswirtschaftlichen Kapitalstocks, die Grundlage des damaligen Rentensystems, zerstört. Eine
Rentenfinanzierung war im bestehenden System so nicht mehr möglich.
24
Neben diesen großen Einschnitten, sollte sich das System andererseits auch robust gegen jüngere Ereignisse
erweisen. Insbesondere seien hierzu die Finanzkrise mit Ausbruch im Jahr 2007 und die sich anschließende bis
heute anhaltende Niedrigzinsphase (vgl. Abbildung 4) genannt.
25
19
vgl. Ebert (2005) S. 128ff.
20
vgl. Börsch-Supan (2000) S. 3; Sinn (2013) S. 4.
21
vgl. Ebert (2005) S. 125.
22
vgl. Sinn (2013) S. 19.
23
vgl. Fenge (1997) S. 1; Verbon (1988); Tegtmeier (1998) S. 425.
24
vgl. Fenge (1997) S. 1; Verbon (1988); Tegtmeier (1998) S. 425.
25
vgl. Wiso Diskurs (2012) S. 8f.; Paritätische Wohlfahrt (2013) S. 4.

8
Abbildung 4: Niedrigzinsphase seit 2009
Darüber hinaus ist es notwendig, evtl. verfügbare Vermögen innerhalb des Rentensystems gegen politische
Einflüsse abzusichern, da ansonsten eine kurzfristige Abschmelzung droht, wie sie sich in den 60er und 70er
Jahren ereignete.
26
Weitere Unsicherheiten können sich durch die sog. biometrischen Risiken, wie z.B. eine
unerwartete hohe Langlebigkeit, ergeben.
27
2.3. Arbeitsmarkt
Der Arbeitsmarkt stellt in Bezug auf das Rentensystem einen wichtigen Faktor dar. Zur Finanzierung der Renten
ist es notwendig, unabhängig vom gewählten Verfahren, Beiträge zu erheben. Diese Beiträge werden aus dem
Einkommen während des Erwerbslebens gezahlt. Daher gestaltet sich die Beitrags- und Leistungspolitik in der
Rentenversicherung je nach Situation auf dem Arbeitsmarkt. In diesem Zusammenhang stellt hohe und lang
andauernde Arbeitslosigkeit die größte Gefahr für die Finanzierung der Renten dar.
28
Ein ideales Rentensystem
muss geeignete Instrumente zur Abfederung dieses Risikos bereithalten. Konjunkturbedingte Schwankungen in
der Beschäftigung sind ebenfalls zu berücksichtigen. Das Rentensystem sollte sich jedoch nicht als Instrument
der Arbeitsmarktpolitik verstehen. Hieraus können sich schädliche Wechselwirkungen, wie z.B. Frühverren-
tungswellen ergeben.
29
Diese stellen zugleich eine doppelte Belastung für das Rentensystem dar, da die Be-
troffenen statt Beitragseinzahlungen zu leisten, nun Rentenauszahlungen erhalten.
30
Eine weitere Gefahr kann sich dadurch ergeben, dass weniger Menschen sozialversicherungspflichtig, und damit
auch rentenbeitragspflichtig beschäftigt sind.
31
Daher gilt es, sofern man im Rahmen des Rentensystems von
einer Pflichtversicherung ausgeht, sicherzustellen, dass nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Beitragsbefreiung
bestehen.
32
Zudem sollte die Beitragsbelastung im internationalen Vergleich nicht so hoch werden, dass die
arbeitsfähige Bevölkerung auswandert.
33
26
vgl. Tegtmeier (1998) S. 427f; Borchert (2000) S. 22.
27
Vgl. Schmähl (1998) S. 266.
28
vgl. Schmähl (1998) S. 267.
29
vgl. Börsch-Supan (1997) S. 24.
30
vgl. Barr/Diamond (2009) S. 21.
31
vgl. Börsch-Supan (2000) S. 7.
32
vgl. Neumann (1998) S. 261; Börsch-Supan (2000) S. 2.
33
vgl. Sinn (2013) S. 8f.; Lachmann (2002) S. 83.
0
1
2
3
4
5
6
7
Leitzinsentwicklung seit 1999 und aktuelle Niedrigzinsphase
EZB (Euro)
FED (Dollar)

9
2.4. Weitere Ansprüche
Über die drei im vorausgegangenen Abschnitt behandelten Themenkomplexe lassen sich noch weitere Ansprü-
che festhalten.
Im Optimalfall ist ein Rentensystem geeignet, volkswirtschaftliche Wachstumsimpulse hervorzurufen.
34
Dies
spielt insbesondere bei möglichen Übergangsszenarien eine wichtige Rolle. Die Verwaltungskosten, die durch
das Rentensystem hervorgerufen werden, sollten möglichst gering ausfallen, da ansonsten die Rendite des Sys-
tems wieder entwertet würde.
35
34
vgl. Ebert (2005) S. 125.
35
vgl. Börsch-Supan (2000) S. 15.

10
3. Funktionsweisen der Verfahren
Nachdem im letzten Kapitel die wichtigsten Ansprüche an ein Rentenfinanzierungssystem festgehalten wurden,
erfolgt nun die Vorstellung verschiedener Rentenfinanzierungssysteme. Zu Beginn werden die grundsätzlichen
Gestaltungsmöglichkeiten eines Rentenfinanzierungssystems aufgezeigt. Hierbei erfolgt auch die Definition und
Einordnung der verschiedenen in der Literatur geläufigen Bezeichnungen. Im Anschluss daran werden die Funk-
tionsweisen der zwei idealtypischen Verfahren, reine Kapitaldeckung und reine Umlage erläutert und bewertet.
Danach erfolgt die Betrachtung von Mischverfahren. Den Abschluss bildet ein struktureller Vergleich der mögli-
chen Verfahren.
3.1. Grundlagen
In diesem Abschnitt werden die grundsätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten eines Rentenfinanzierungssystems
veranschaulicht.
Zur Finanzierung eines Alterssicherungssystems kann primär auf zwei Quellen zurückgegriffen werden, die Leis-
tungen des Systems können entweder aus Beiträgen oder Steuern bezahlt werden.
36
In einem auf Beiträgen
aufgebauten System erwerben die Beitragszahler typischerweise einen Anspruch auf eine Gegenleistung. Im
Unterschied dazu werden im steuerfinanzierten System keine Ansprüche durch die Zahlung begründet. In der
Realität ließe sich die Finanzierung auch auf beiden Säulen aufbauen. So geschieht dies mit einem Steueranteil
von 24,1% im Jahr 2012 auch im aktuellen Verfahren in Deutschland.
37
Auf der Leistungsseite lassen sich wiederum zwei Varianten unterscheiden. Nach dem Prinzip der Teilhabeäqui-
valenz richtet sich die Leistung an jeden Versicherten nach seinen persönlichen Beiträgen. Im Idealfall gibt es
einen festen Beitrags/Leistungs-Bezug, so dass sich die Leistung bei Verdoppelung des geleisteten Beitrags
ebenfalls verdoppelt.
38
Dem gegenüber erhalten alle Leistungsempfänger nach dem Prinzip der Beitragsäquiva-
lenz eine pauschale Rente, selbst wenn sich die geleisteten Beiträge unterscheiden sollten.
39
Man spricht in
diesem Zusammenhang auch von einem Rentensystem mit intragenerativen Umverteilungselementen. In der
deutschen gesetzlichen Rentenversicherung wird, trotz einiger Abweichungen, primär nach dem Prinzip der
Teilhabeäquivalenz verfahren.
40
Betrachtet man die zeitliche Entwicklung von Beiträgen und Leistungen so lassen sich zwei unterschiedliche
Formen ableiten. Entweder wird der Beitragssatz oder das Rentenniveau über den zeitlichen Verlauf hinweg
konstant gehalten.
41
Das Rentenniveau ist hierbei als Verhältnis von Durchschnittsrente dividiert durch Durch-
schnittslohn definiert.
42
Daneben ließe sich auch ein System realisieren, in dem weder Beitragssatz noch Ren-
tenniveau konstant gehalten werden.
36
vgl. Schroeter (1999) S. 24.
37
vgl. Bundeszentrale für politische Bildung [3]
38
vgl. Schroeter (1999) S. 26; Fenge (1997) S. 24f.
39
vgl. Kolb (1985) S. 127f; Wagner (1984) S.81f; Krupp (1981) S. 124.
40
vgl. Bundeszentrale für politische Bildung [4]; Schmähl (2000) S. 413.
41
vgl. Schroeter (1999) S. 27.
42
vgl. Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 57 (1998) S. 1.

11
Abbildung 5: Strukturierung der Rentenfinanzierungssysteme
Grundsätzlich kann ein Alterssicherungssystem obligatorisch, also als Pflichtversicherung, ausgestaltet sein oder
auf freiwilliger Teilnahme beruhen.
43
Zwei Kombinationen aus den genannten Parametern sind besonders verbreitet. Dies sind zum einen sog. Bis-
marck-Systeme, die eine beitragsfinanzierte Lebensstandardsicherung im Alter im Rahmen einer Versicherungs-
leistung gewährleisten und zum anderen Beveridge-Systeme, die eine steuerfinanzierte pauschale Grundrente
für die gesamte Bevölkerung zur Armutsvermeidung im Alter auszahlen.
44
All diese Gestaltungsmöglichkeiten lassen sich grundsätzlich sowohl auf Umlage- als auch auf Kapitaldeckungs-
verfahren anwenden. Nachstehend erfolgt die systematische Einordnung der verschiedenen Rentenfinanzie-
rungsverfahren. In der Literatur gibt es keine eindeutige Begriffsdefinition der verschiedenen Verfahren. Gerade
im Bereich der Kapitaldeckung werden gleiche Begriffe oft für verschiedene Verfahren verwandt. Diese Bachelo-
rarbeit folgt der Definition, auf die in der Literatur am häufigsten verwiesen wird. In Abbildung 5 ist die struktu-
relle Übersicht über die verschiedenen Finanzierungsverfahren dargestellt.
Zunächst lassen sich die Finanzierungsverfahren grundsätzlich in Kapitaldeckungsverfahren und Umlageverfah-
ren unterteilen. Erfolgt die Kapitaldeckung in der Form, dass jede künftige Rentenforderung durch Kapital ge-
deckt ist, so spricht man auch von einem Anwartschaftsdeckungsverfahren. Praktisch stellt dies nichts anderes
dar, als dass jeder Beitrag, abstrahiert von Verwaltungskosten, zu 100% in den Aufbau eines Kapitalstocks in-
vestiert wird. Dem gegenüber stellen Abschnittsdeckungsverfahren eine Mischform zwischen Kapitaldeckungs-
verfahren und Umlageverfahren dar. Bei dem Abschnittsdeckungsverfahren entspricht die Höhe des Kapital-
stocks der Summe aller in einem bestimmten Zeitraum anfallenden Auszahlungen. Ist der Kapitalstock aufge-
baut, werden die Leistungen aus den Beiträgen und der Rendite des Kapitalstocks finanziert.
45
Im reinen Umla-
geverfahren wird kein Kapitalstock aufgebaut, die Finanzierung erfolgt ausschließlich aus den laufenden Ein-
nahmen.
43
vgl. Tegtmeier (1998) S. 423.
44
vgl. Schmid (1996) S. 59.
45
vgl. Harbrecht (2002) S. 4.
Finanzierungsverfahren
Umlageverfahren
Kapitaldeckungs-
verfahren
Anwartschaftsdeckungs-
verfahren
Abschnittdeckungs-
verfahren
Reines Umlageverfahren
Größe des benötigten Kapitalstocks

12
Zusammenfassend lassen sich demnach unterscheiden:
46
1. Steuer- von Beitragssystemen
2. Teilhabeäquivalenz von Beitragsäquivalenz
3. Beitrags- von Rentenniveaukonstanz
4. Obligatorische von freiwilligen Systemen
5. Als Kombination aus obigen Punkten: Bismarck- von Beveridge-Systemen und
6. Umlagefinanzierte von kapitalgedeckten Systemen
In den kommenden Abschnitten werden die Funktionsweisen des Umlage- und des Kapitaldeckungsverfahrens
detailliert vorgestellt.
3.2. Umlageverfahren
Zur Finanzierung der Renten wird, wie bereits erwähnt, in Deutschland derzeit das Umlageverfahren verwendet.
Darüber hinaus findet es Anwendung in anderen gesetzlichen Sozialsystemen, wie der Kranken- und Pflegever-
sicherung.
47
International ist es das am weitest verbreitete System zur Finanzierung gesetzlicher Renten.
48
Der
folgende Abschnitt analysiert die Funktionsweise des Umlageverfahrens und bewertet es in Bezug auf die im
Vorfeld definierten Ansprüche.
Im Umlageverfahren werden die eingenommen Beiträge direkt in Form von Rentenzahlungen wieder ausge-
zahlt. Es können weder Kredite oder Reserven im nennenswerten Umfang aufgenommen bzw. gebildet wer-
den.
49
Das Umlageverfahren wird oft mit dem Begriff Generationenvertrag in Verbindung gebracht.
Es hebt die intrafamiliäre Umverteilung von den wirtschaftlichen Aktiven zu den nicht mehr Aktiven auf ein ge-
samtgesellschaftliches Niveau.
50
Zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Verfahrens ist es notwendig, dass
Anreizelemente für die Beitragszahler vorhanden sind. Dies können Normen/Konventionen, staatlicher Zwang
oder das Versprechen einer späteren Gegenleistung sein.
51
In Deutschland besteht für einen Großteil der Bevöl-
kerung staatlicher Zwang, als auch der Anspruch auf eine relative Beteiligung an der wirtschaftlichen Leistungs-
fähigkeit der künftigen Generation.
52
Zur späteren Bewertung des Umlageverfahrens wird im folgenden Ab-
schnitt der Zusammenhang zwischen Beiträgen und Rentenzahlungen hergeleitet.
Ausgangspunkt aller Überlegungen ist folgende Budgetgleichung:
53
+
=
46
vgl. Homburg (2000) S. 379.
47
vgl. Pimpertz (2005) S. 4; Wiso Diskurs (2012) S. 7.
48
vgl. Schmähl (2000) S. 410f.; Jagob (2004) S. 53.
49
vgl. Breyer (2000) S. 385.
50
vgl. Harbrecht (2002) S. 4.
51
vgl. Breyer (2000) S. 385.
52
vgl. Faik (2006) S. 2.
53
vgl. Jagob (2004) S. 54; Homburg (1988).

13
Unter der Annahme, dass die Beiträge proportional zum Einkommen erhoben werden,
54
lässt sich die Budget-
gleichung wie folgt für die Periode t, die i.d.R. ein Jahr umfasst, darstellen
55
:
+
=
Die Anzahl der Beitragszahler E
t
multipliziert mit dem durchschnittlichen Einkommen
und dem Beitragssatz b
t
ergeben die Beitragseinnahmen. Der Steuerzuschuss wird durch T
t
symbolisiert. Die Ausgaben ergeben sich
durch Multiplikation der Rentneranzahl R
t
mit der durchschnittlichen Rente .
56
Diese Gleichung wird nun auf
verschiedene Faktoren hin untersucht. Zunächst wird eine neue Variable eingeführt, das Rentner-zu-
Beitragszahler Verhältnis.
Es kann näherungsweise angenommen werden, dass dieses Verhältnis dem demographischen Altenquotienten
entspricht.
57
Setzt man diesen Ausdruck in die Budgetgleichung ein, so ergibt sich:
+
=
Führt man nun weiterhin das Rentenniveau als Quotient aus Durchschnittsrente und Durchschnittseinkommen
ein:
=
ergibt sich die Budgetgleichung mit
als Steuerzuschuss relativ zur Lohnsumme
zu:
=
-
Der Beitragssatz entspricht demnach dem Produkt aus Altenquotient und Rentenniveau abzüglich einer Bei-
tragssenkung in Folge des Steuerzuschusses.
lässt sich auch wie folgt berechnen:
=
=
-
=
/
1 - /
Hierbei sind A
t
die gesamten Ausgaben in Periode t und T/A
t
ist der ausgewiesene Steueranteil zur Finanzierung
der Rentenausgaben.
Das Einsetzen in die Budgetgleichung ergibt:
(
/
1 - /
+ 1) =
= (1 - / )
54
In Deutschland erfolgt die Beitragserhebung bis zu einem bestimmten Einkommen (Beitragsbemessungsgrenze) proportional.
55
Fenge (1997) berücksichtigt in seiner Budgetgleichung explizit die vom Volk zur Verfügung gestellte Arbeitszeit.
Dieser Faktor wird vorliegend als extern angesehen.
56
vgl. Jagob (2004) S. 54; Börsch-Supan (1997) S. 28.
57
vgl. Kapitel 1.1.

14
Die obige Budgetgleichung lässt sich nun auf ihre Richtigkeit überprüfen, hierzu sind sämtliche Parameter ein-
zusetzen. In Deutschland gilt aktuell = 18,9%
58
, = 0,51
59
, = 44,2%
60
,
/
= 24,1%
61
. Setzt man die
Parameter ein, so ergibt sich:
= (1 - / )
= 17,1% 18,9%
Der theoretische Beitragssatz liegt in diesem Modell also zurzeit ca. 10 % unter dem tatsächlichen Beitragssatz.
Der Unterschied ist zum einen auf die unsicheren Parameter
und
sowie auf den Verzicht von Verwaltungs-
kosten, die Beitragsbemessungsgrenze und Änderungen in den Reserven zurückzuführen. Insgesamt lässt sich
jedoch festhalten, dass die hergeleiteten Gleichungen in der Lage sind, den tatsächlichen Beitragssatz nähe-
rungsweise zu beschreiben.
Der Beitragssatz der Periode t lässt sich daher direkt aus dem Produkt der drei Faktoren ,
und
(1 - / )
bestimmen. Anders formuliert entspricht der Beitragssatz in etwa dem Produkt aus Altenquotient, Rentenniveau
und dem Deckungsanteil der Beitragseinnahmen. Diese Erkenntnis wird bei der anschließenden Bewertung wei-
terverwendet.
Bewertung
Das Umlageverfahren ist abhängig von der demographischen Entwicklung, dies lässt sich anhand der oben auf-
gestellten Gleichung direkt nachvollziehen.
62
Der Beitragssatz entwickelt sich bei konstantem Steuerzuschuss
und Rentenniveau proportional zu dem Altenquotienten. Andersherum fällt das Rentenniveau bei konstantem
Beitragssatz reziprok zum Altenquotient. Diese Tatsache ist der größte Nachteil des Umlageverfahrens. Die de-
mographische Entwicklung wird weiterhin nicht durch die Verwendung des Umlageverfahrens begünstigt. Man
erhält unabhängig davon ob man selbst Kinder hat eine Rente, die im Zweifel von den Kindern anderer finan-
ziert werden muss.
63
Auch dieser Faktor stellt einen Nachteil des Umlageverfahrens dar.
So anfällig sich das Verfahren gegenüber demographischen Veränderungen zeigt, gegenüber externen Risiken,
wie Kapitalentwertung, Krieg und Kurseinbrüchen ist es außerordentlich robust.
64
Dies wurde in der Vergangen-
heit mehrfach bestätigt und war ein wichtiger Grund zur Einführung und Beibehaltung des Umlageverfahrens.
65
Die Gefahr, dass Gelder innerhalb des Rentensystems durch politische Maßnahmen zweckentfremdet werden,
ist zwar vorhanden, jedoch besteht lediglich Zugriff auf die laufenden Einnahmen.
66
Die eigene Rente bleibt in
diesem Zusammenhang dennoch lediglich ein Versprechen des Staats.
67
58
vgl. Bekanntmachung des Gesamtversicherungsbeitragssatzes und des Faktors F für das Jahr 2014
59
vgl. 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts von 2009
60
vgl. Deutsche Rentenversicherung [1].
61
vgl. Bundeszentrale für politische Bildung [3].
62
vgl. Börsch-Supan (1997) S. 27; GDV Volkswirtschaft Nr. 1 (2003) S. 2f.
63
vgl. Börsch-Supan (2000b) S. 3; Pimpertz (2005) S. 18.
64
vgl. Harbrecht (2002) S. 5.
65
vgl. Borchert (2000) S. 22.
66
vgl. Börsch-Supan (2000b) S. 3.
67
vgl. Neumann (1998) S. 260.

15
Das Umlageverfahren ist in Bezug auf die Arbeitsmarktsituation abhängig von der verfügbaren Lohnsumme. Bei
steigender Arbeitslosigkeit sinkt die Lohnsumme, so dass entweder die Renten gesenkt, oder die Beiträge er-
höht werden müssen, wobei letztere Maßnahme die angespannte Situation noch verschärfen dürfte.
68
Ein großer Vorteil des Umlageverfahrens ist, dass es sich, abgesehen von tiefgreifenden demographischen Ver-
änderungen, durch Variation der Beitragssätze, des Rentenniveaus und des Staatzuschusses leicht an neue
Situationen anpassen lässt. Dies kam beispielsweise auch bei der deutschen Wiedervereinigung zum Tragen.
69
Darüber hinaus wird bei Neueinführung des Umlageverfahrens ein ,,Ur-Geschenk" an die erste Empfängergene-
ration ausgezahlt.
70
Die Verwaltungskosten sind im Umlageverfahren eher gering einzuschätzen, da z.B. keine
ausgedehnte Vermögensverwaltung benötigt wird.
71
Die sog. Dynamisierung der Renten, also die Anpassung
der Renten an die Lohnentwicklung (=const.), ermöglicht es, die Rentner am wirtschaftlichen Fortschritt des
Landes zu beteiligen.
72
Die weiteren Gestaltungsmöglichkeiten lassen sich eingeschränkt im Umlageverfahren umsetzen: Wie bereits
aufgezeigt, ist eine Steuer- und Beitragsfinanzierung möglich. Die Teilhabeäquivalenz lässt sich umsetzen. Bei
Unterstellung von Beitragsäquivalenz sind möglicherweise zusätzliche Anreizeffekte notwendig. Das Umlagever-
fahren setzt eine Pflichtversicherung voraus, ansonsten wären die Ansprüche einer hohen Unsicherheit ausge-
setzt.
In folgender Tabelle sind die Vor- und Nachteile des Umlageverfahrens zusammenfassend dargestellt.
Vorteile
Nachteile
+ Robust gegen Krisen
+ Flexibel
+ ,,Ur-Geschenk"
+ Geringe Verwaltungskosten
+ Dynamisierung
- Stark Demographie abhängig
- Negative generative Anreize
- Rente ist Staatsversprechen
- Abhängig von Arbeitsmarktsituation
Tabelle 1: Vor- und Nachteile des Umlageverfahrens
3.3. Kapitaldeckungsverfahren
Das Kapitaldeckungsverfahren in Form des Abschnittdeckungsverfahrens wurde vor der Umstellung auf das
Umlageverfahren ursprünglich zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland verwen-
det.
73
In letzter Zeit erhielt die kapitalgedeckte Altersvorsorge durch Einführung der Riester-Rente wieder mehr
Gewicht.
74
Die Finanzierung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge erfolgt in erster Linie kapitalgedeckt.
75
68
vgl. GDV Volkswirtschaft Nr. 1 (2003) S. 3.
69
vgl. Schmähl (2000) S. 422.
70
vgl. Wiso Diskurs (2012) S. 7; Börsch-Supan (2000a) S. 2; GDV Volkswirtschaft Nr. 1 (2003) S. 3.
71
vgl. Börsch-Supan (2000a) S. 16f.
72
vgl. Tegtmeier (1998) S. 426; Schmähl (2000) S. 408.
73
vgl. Lachmann (2002) S. 78.
74
vgl. GDV Volkswirtschaft Nr. 1 (2003) S. 9.
75
vgl. Tegtmeier (1998) S. 422

16
Die nachstehenden Ausführungen zum Kapitaldeckungsverfahren beziehen sich auf das Anwartschaftsde-
ckungsverfahren. Die Struktur der Untersuchung entspricht derjenigen des Umlageverfahrens. Im Kapitalde-
ckungsverfahren werden, wie im Umlageverfahren, Beiträge erhoben. Diese Beiträge werden nicht direkt wieder
ausgezahlt, sondern zum Aufbau eines Kapitalstocks verwendet. Im Ruhestand werden die verzinsten Beiträge
aus dem Kapitalstock als Rente ausgezahlt, so dass der Kapitalstock bis zum Tod gerade aufgebraucht ist.
76
Die
Auflösung entspricht einem ,,Verkauf" des Kapitalstocks an die nächste Generation.
77
Die Anwendung des Kapi-
taldeckungsverfahrens setzt voraus, dass den eingezahlten Beiträgen auch eine entsprechende Kapitalnachfrage
gegenübersteht und dass sich das Vermögen im Ruhestand auch wieder liquidieren lässt. Die zentrale Budget-
gleichung des Kapitaldeckungsverfahrens ergibt sich aus der Annahme, dass der Barwert der Rente dem Bar-
wert der persönlichen Beiträge entspricht.
78
Die Berechnung dieser Budgetgleichung gestaltet sich bei Annahme
variabler Zinssätze, Einkommen und Rentenleistung kompliziert. Daher wird im Folgenden versucht, die relevan-
ten Faktoren mit Hilfe von zwei Näherungsmodellen auszumachen. Hierbei wird die verbleibende Lebenserwar-
tung nach Beginn der Erwerbstätigkeit mit L bezeichnet. Der zeitliche Anteil dieser Lebenserwartung, in der eine
Rente bezogen wird, wird mit a bezeichnet.
Nach NEUMANN lautet die Budgetgleichung für ein repräsentatives Individuum:
79
(
)
(
)
=
(
)
(
)
Die Beiträge werden in dieser Gleichung im Zeitraum von 0 bis (1-a)L eingezahlt und die Rente im Zeitraum von
(1-a)L bis L bezogen. Der Beitragssatz ist konstant. Der Zinssatz wird konstant mit dem Wert i angenommen.
Sowohl die Rente, als auch die Einkommen wachsen mit derselben Rate g. Es wird also von einem konstanten
Rentenniveau ausgegangen. Durch Integration ergibt sich:
80
=
(
- 1)
-
, -
Anhand dieser Gleichung lässt sich feststellen, dass der Beitragssatz entscheidend von dem Verhältnis aus Le-
benserwartung zu Rentenbezugsdauer a abhängt.
Der Beitragssatz lässt sich einfacher herleiten, wenn man von einer Modellwelt ausgeht, in der es nur zwei
gleichlange Perioden gibt, dem sog. OLG-Modell.
81
In der ersten Periode zahlt man Beiträge ein, in der zweiten
werden die verzinsten Beiträge als Rente ausgezahlt. In dieser Modellwelt ergibt sich folgende Budgetglei-
chung:
82
83
( + 1) =
76
vgl. Harbrecht (2002) S. 15.
77
vgl. Neumann (2002) S. 60.
78
Ebenda.
79
Ebenda.
80
Die Herleitung erfolgt nach Neumann (2002) S. 60.
81
Das Modell wird bei dem Effizienzvergleich in Kapitel 4 genauer erläutert.
82
vgl. Jagob (2004) S. 62.
83
Auch in dieser Gleichung wird die angebotene Arbeitszeit vernachlässigt.

17
Die Beitragszahler der Periode t erhalten in der Periode t+1 ihre eingezahlten Beiträge zuzüglich Zinsen als Ren-
ten ausgezahlt. Von einem Steuerzuschuss wird in dieser Gleichung abgesehen. Er ließe sich als Zinssteigerung
interpretieren. Man erkennt, dass der Beitrag unabhängig von der Anzahl der Beitragszahler E
t
ist. Stellt man
die Gleichung um, so ergibt sich der Beitragssatz zu:
=
1
+ 1
=
+ 1
Geht man also davon aus, dass Ewerbs- und Rentenbezugsdauer gleich lang sind, entspricht der Beitragssatz
dem abgezinsten Lohnersatzniveau
.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Beitragssatz als eine Funktion der folgenden Variablen aufge-
fasst werden kann:
= ( , , , , , )
Der Beitragssatz im Kapitaldeckungsverfahren steigt bei längerer relativer Rentenbezugsdauer a, höherem Ren-
ten- bzw. Lohnersatzniveau und stärkerem Rentenwachstum . Weiterhin sinkt er bei steigendem Zinssatz
und Einkommenswachstum .
Natürlich ergeben sich Wechselwirkungen zwischen den Parametern, so hängt
von
und ab. Die Abhän-
gigkeiten des Beitragssatzes werden mit in die nun folgende Bewertung eingehen.
Bewertung
Das Kapitaldeckungsverfahren scheint unter der Betrachtung der Budgetgleichung unabhängig von der demo-
graphischen Entwicklung zu sein. Auch wenn keine demographische Kennzahl in die Berechnung des Beitrags-
satzes einfließt, so hängt die Funktionsfähigkeit des Verfahrens von vielen weiteren Faktoren ab, die ihrerseits
der demographischen Entwicklung unterliegen. In der Literatur ist das Ausmaß der demographischen Abhängig-
keit umstritten. Teilweise wird argumentiert, dass das Kapitaldeckungsverfahren keinerlei Vorteile gegenüber
dem Umlageverfahren in Bezug auf die demographische Abhängigkeit habe. Andere Autoren sind der Ansicht,
das Kapitaldeckungsverfahren weise nur eine vernachlässigbare demographische Abhängigkeit auf. Die Argu-
mente beider Seiten seien nachfolgend kurz dargestellt.
Ausgangspunkt der Debatte sind drei relevante Faktoren.
Erstens könnte aufgrund der demographischen Verschiebung der Faktor Arbeit relativ zum Faktor Kapital knap-
per werden.
84
Infolge dessen könnten die Löhne steigen und die Zinsen sinken.
85
Dieser Effekt wird durch die
höhere Kapitalakkumulation im Kapitaldeckungsverfahren weiter verstärkt.
86
Dem gegenüber argumentiert
NEUMANN, dass das Kapital aufgrund des technischen Fortschritts stets knapper als Arbeit seien werde.
87
Zweitens könnten sich bei Renteneintritt der stark besetzen Kohorten Kurs- und somit Kapitalverluste ergeben.
88
Dies ist darauf zurückzuführen, dass viele Verkäufer auf nur relativ wenige Käufer treffen, das Wertpapierange-
bot also die Nachfrage übersteigt.
89
84
vgl. GDV Volkswirtschaft Nr. 1 (2003) S. 6.
85
vgl. Tegtmeier (1998) S. 437.
86
vgl. GDV Volkswirtschaft Nr. 1 (2003) S. 9.
87
vgl. Neumann (2002) S. 64.
88
vgl. GDV Volkswirtschaft Nr. 1 (2003) S. 6.
89
vgl. Heigl/Kaatheder (2001).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2014
ISBN (eBook)
9783958208421
ISBN (Paperback)
9783958203426
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Darmstadt
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
rentenfinanzierungssysteme vergleich stellen kapitaldeckungsverfahren veränderungen rentenfinanzierung
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Titel: Rentenfinanzierungssysteme im Vergleich: Stellen Kapitaldeckungsverfahren angesichts demographischer Veränderungen die Rentenfinanzierung besser sicher?
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