Gleichbehandlung in der Personalbeschaffung: Risikofaktor AGG?
					
	
		©2007
		Studienarbeit
		
			
				44 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Der Einführung des AGG blickten viele Personaler mit großer Sorge entgegen. Was hat das AGG aber an der Rechtslage tatsächlich verändert? Welche Bedeutung kommt dem AGG nach seiner Einführung faktisch zu? Und was genau gilt es eigentlich zu beachten, um mögliche Gefahren und Risiken zu minimieren? Diesen Fragen widmet sich zunächst ein Vergleich der alten und neuen Rechtslage zur Gleichbehandlung in der Personalbeschaffung. Zusätzlich beleuchtet eine empirische Untersuchung innerhalb der Versicherungswirtschaft als Referenzbranche die praktischen Auswirkungen des AGG. Orientiert am Personalbeschaffungsprozess werden Risiken diskutiert und hieraus Handlungsempfehlungen für die praktische Personalarbeit abgeleitet.
			
		
	Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
4 
HGB  
Handelsgesetzbuch 
HS  
Halbsatz 
i. S. 
im Sinne 
i. S. d. 
im Sinne des 
i. V. m. 
in Verbindung mit 
LAG  
Landesarbeitsgericht 
MA  
Mitarbeiter 
Nr.  
Nummer 
PIS  
Personalinformationssystem 
Pkt.  
Punkt 
S.  
Satz 
s.  
siehe 
SGB  
Sozialgesetzbuch 
sog.  
so 
genannte 
StGB  
Strafgesetzbuch 
TP  
Teilprozess 
u. Ä. 
und Ähnlichem 
u. U. 
unter Umständen 
5 
vgl.  
vergleiche 
z. B. 
zum Beispiel 
ZPO  
Zivilprozessordnung 
z. T. 
zum Teil 
§  
Paragraph 
%  
Prozent 
Mathematisches Abkürzungsverzeichnis: 
A 
Anzahl der Bewerbungen des Unternehmens 
i
a
Anzahl der Klagen eines Bewerbers i 
l
a
Kosten einer Klage l 
i
f
relative Häufigkeit von i 
l
h
absolute Häufigkeit von i 
l
h
absolute Häufigkeit von l 
i
Platzhalter für Startobjekt der Summenbildung 
j
Platzhalter für Endobjekt der Summenbildung 
K
Durchschnittliche Kosten pro Klage 
l
Platzhalter für Startobjekt der Summenbildung 
m
Platzhalter für Endobjekt der Summenbildung 
6 
N
 Anzahl 
der 
Beobachtungen 
max
M
Obergrenze an Kosten für AGG-Maßnahmen 
W
Wahrscheinlichkeit je Bewerber in Haftung genommen zu werden 
7 
Symbolverzeichnis: 
Prozessstart 
Entscheidung 
Teilprozess inklusive 
Arbeitsschritte 
Ende 
9 
1. 
Einleitung mit Problemstellung 
Am 18. August 2006 trat in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) das Allgemeine 
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Hierdurch wurden  zum Teil (z. T.) mit deut-
licher Fristüberschreitung  europarechtliche Vorgaben in Form von vier Richtlinien 
umgesetzt, und zwar die: 
  Vierte Gleichbehandlungsrichtlinie vom 13. Dezember 2004 
  Gleichbehandlungsrichtlinie vom 23. September 2002 
  Rahmenrichtlinie Beschäftigung vom 27. November 2000 
  Antirassismusrichtlinie vom 29. Juni 2000 
Noch als sich das AGG im Gesetzgebungsverfahren befand, wurden schon förmliche 
Horrorszenarien für die Unternehmen ausgemalt. Viele sprachen als Folge des AGG 
von einer regelrechten Flut an Arbeitsgerichtsprozessen, zum Beispiel (z. B.) ausgelöst 
durch so genannte (sog.) AGG-Hopper. Derartige und andere Prophezeiungen trugen 
unter den Arbeitgebern (AG) zu einer gewissen Verunsicherung bei. Dies wiederum 
war, neben der im § 12 Absatz (Abs.) 2 Satz (S.) 2 AGG sogar selbst geregelten Schu-
lungsobliegenheit, für so manchen Schulungsanbieter eine wahre Wonne. Man hätte 
fast glauben können, eine neue Goldgräberzeit sei angebrochen, so tummelten sich 
die Anbieter für AGG-Seminare und Ähnlichem (u. Ä.) auf dem Markt, in der Hoffnung 
auf ein Geschäft mit der Angst. Der Angst der AG vor massenweise zivilrechtlichen 
Klagen, beispielsweise initiiert von arbeitslosen Juristen auf der Pirsch nach dem 
schnellen Geld, statt nach einem Arbeitsplatz. 
Aber an dieser Stelle ein Blick auf die Fakten: Das AGG verfolgt das Ziel, 
,,...Benachteiligungen...zu verhindern oder zu beseitigen"
1
. Dessen Umsetzung ver-
sucht das AGG mit seinen in den §§ 13 fortfolgende (ff.) geregelten Rechten der Be-
schäftigten, z. T. tatsächlich mit scharfen Sanktionen durchzusetzen. 
Auswirkungen des AGG auf die Personalbeschaffung liegen also wirklich nahe. Ob 
sich also nun, gut ein Jahr nach Inkrafttreten des AGG, die oben beschriebenen Sze-
narien bewahrheitet haben oder wie diese de facto aussehen, gilt es in dieser Arbeit zu 
untersuchen. Dafür wird zunächst der Begriff der Personalbeschaffung näher beleuch-
tet und anschließend ein Abgleich zwischen altem und neuem Recht zur Gleichbe-
handlung aufgezeigt. Danach widmet sich diese Arbeit den Effekten, die das AGG auf 
die Personalbeschaffung hat. Insbesondere für diesen Teil wurde eine kleine, selbst 
entwickelte empirische Befragung durchgeführt. Letztlich bietet die Schlussbetrachtung 
eine Zusammenfassung im Hinblick auf das Ziel der zugrunde liegenden Arbeit.
1
 § 1 AGG 
10 
2. 
Grundlagen der Untersuchung 
2.1 
Personalbeschaffung im System des Personalwesens 
Die Aufgabenvielfalt des Personalwesens wird in Funktionsbereiche eingeteilt. Eine 
sehr wichtige Aufgabe ist die Personalbeschaffung. Sie ,,...befasst sich mit der Bereit-
stellung der für das Unternehmen erforderlichen Arbeitskräfte unter qualitativen, quan-
titativen, zeitlichen und örtlichen Aspekten."
2
 Wie sich diese im Gesamtsystem des Per-
sonalwesens einordnet und welche Zusammenhänge dort bestehen, zeigt folgende 
Abbildung: 
Abbildung 1: Personalbeschaffung im System des Personalwesens 
Aufgabe der Personalbedarfsanalyse ist es herauszufinden, wie viel Personal für eine 
Folgeperiode benötigt wird. Um eine qualitative und quantitative Über- und Unterde-
ckung von Personal zu vermeiden, werden gegebenenfalls (ggf.) Personalveränderun-
gen notwendig. Sie treten im Wesentlichen in drei verschiedenen Ausprägungen auf, 
und zwar als Personalfreisetzung, -entwicklung und -beschaffung. Bei der Personalbe-
schaffung kann man folgende Formen unterscheiden: 
 Mehrarbeit ohne Erhöhung der Belegschaft (z. B. durch Überstunden, Erhöhung 
der Arbeitsintensität oder Ausgleich zwischen verschiedenen Abteilungen) 
 vorübergehende Erhöhung der Belegschaft (z. B. durch Einstellung von Aushilfen 
oder durch Arbeitnehmerüberlassungsverträge) 
 dauernde Erhöhung der Belegschaft (Abschluss neuer Arbeitsverträge).
3
2
 Olfert, 2006, S. 101 
3
 vgl. Bisani, 1995, S. 245-246 
o 
d 
e 
r 
oder 
oder 
Dauerhafte 
Erhöhung der 
Belegschaft 
Vorübergehen-
de Erhöhung 
der Belegschaft 
Mehrarbeit 
ohne Erhöhung 
der Belegschaft 
Personaleinsatz 
Personalentlohnung
Personalverwaltung
Personalbetreuung
Personalführung 
Personalbedarfsanalyse
Personalveränderung
Personalfreisetzung
Personalentwicklung
Personalbeschaffung
Anwerbung
Bewerberauswahl 
Einstellung
Eingliederung
P e r s o n a l k o s  t e n m a n a g e m e n t
P 
- 
c 
o 
n 
t 
r 
o 
l 
l 
i 
n 
g 
11 
Bei allen drei Formen ist eine Auswahl zu treffen. Z. B. bei einer Erhöhung der Beleg-
schaft in der Art, dass entschieden werden muss, welcher Bewerber eingestellt wird. 
Handelt es sich um Mehrarbeit ohne Erhöhung der Belegschaft, hat man u. U. zu wäh-
len, welche Mitarbeiter Überstunden leisten sollen/dürfen/müssen. Die Personal-
beschaffung konkretisiert sich bei einer Erhöhung der Belegschaft in einem Prozess, 
der die Anwerbung, die Bewerberauswahl, die Einstellung und die Eingliederung um-
fasst. Er ist auf den Personaleinsatz gerichtet, der dann wiederum Auswirkungen auf 
die nächste Personalbedarfsanalyse haben wird. Die Personalbeschaffung wird durch 
den Personaleinsatz ergänzt und moderiert, ist aber letztlich als eigene, der Personal-
beschaffung übergeordnete Funktion zu verstehen.
4
Als eine besondere Form der Personalbeschaffung ist das Personalleasing in Gestalt 
von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen als unechte Leiharbeit
5
 zu nennen. Personal-
leasing scheint immer dann besonders attraktiv, wenn ohne großen Einarbei-
tungsaufwand eine befristete Stellenbesetzung vorzunehmen ist.
6
2.2 
Personalbeschaffung als Prozess 
Wie sich im Kapitel 2.1 bereits angedeutet hat, kann Personalbeschaffung in unter-
schiedlichen Formen und Arten betrieben werden. Bei der Wahl einer bestimmten Art 
oder Form der Personalbeschaffung gibt es verschiedenste Einflussfaktoren, so z. B. 
der Beschaffungsaufwand in zeitlicher, personeller und finanzieller Hinsicht, Erfolgs-
wahrscheinlichkeit der Beschaffung oder auch die Risikoausprägung der einzelnen 
Beschaffungsformen und arten, um nur einige zu nennen. Deshalb erscheint es sinn-
voll, den Entscheidungsprozess vom Personalbedarf bis hin zur Stellenbesetzung ex-
emplarisch zu skizzieren. Bei Abbildung 2 ist zu beachten, dass die als Rechteck dar-
gestellten Bestandteile selbst auch wieder einen Teilprozess (TP) darstellen.
7
 Nachfol-
gend einige ausgewählte Arbeitsschritte der verschiedenen Teilprozesse: Um eine 
Stelle intern oder extern auszuschreiben, ist es notwendig, Kriterien für ein Anforde-
rungsprofil zu definieren. Außerdem ist die Wahl der Medien für die Ausschreibung 
sowie ihre Gestaltung erforderlich. Es sind Instrumente zu bestimmen und inhaltlich 
auszugestalten (z. B. beim Assessment Center (AC) in Form von Übungen), mit deren 
Hilfe eine Bewerberselektion durchgeführt wird. Entscheidungen nach erfolgten Aus-
4
 vgl. Klimecki/Gmür, 2005, S. 163 und 176 
5 
zur Abgrenzung echter und unechter Leiharbeit: s. Dütz, 2005, S. 68
6
 Weitere Ausführungen zur Leiharbeit s. beispielsweise: Schmeisser, 2006, S. 42 ff.; Scholz, 2000, S. 465 ff.; Olfert, 
  2006, S. 124 ff. 
7
 Aus Rücksicht auf den Umfang dieser Arbeit werden die einzelnen Teilprozesse nicht ausführlich, sondern lediglich im 
  Hinblick auf ihre AGG-Relevanz selektiv dargestellt. 
12 
wahlprozessen müssen kommuniziert werden. Auch grundlegend organisatorische 
oder technische Rahmenbedingungen sollten hierbei Berücksichtigung finden. Inwie-
weit z. B. verschiedene Bewerbungswege zugelassen sind
8
 oder wie ein Personalinfor-
mationssystem (PIS) ausgestaltet ist und zum Einsatz kommt, kann mannigfaltige 
Auswirkungen haben.
9
Abbildung 2: Personalbeschaffung als Prozess
10
2.3 
Analyse zur Änderung der Rechtslage durch die Einführung des AGG 
Durch die folgenden Ausführungen wird klargestellt und in der Schlussbetrachtung 
noch einmal zusammenfassend dargelegt, dass sich die Rechtslage durch die Einfüh-
8
 Beispielsweise nur Online-Bewerbungsmaske oder nur Papierbewerbungen zulassen 
9
 z. B. wirtschaftliche aber auch haftungsbeschränkende Auswirkungen 
10
 Zur Erklärung der Symbole s. Abkürzungsverzeichnis 
nein 
nein 
ja 
nein 
Externe Anwerbung 
durchführen (z. B. 
Stellenanzeige etc.) 
ja 
nein 
ja 
nein 
ja 
ja 
nein 
ja 
nein 
Leiharbeit günstiger 
als eigene Beschaf-
fung? 
ja 
Beschaffung 
durchgeführt 
Überstunden Durch-
führung gewährleisten 
(z. B. Betriebsrats-
zustimmung etc.) 
Mehrbedarf 
an Personal 
Mehrbedarf 
Dauerhaft? 
Überstunden günstiger 
als Erhöhung der Be-
legschaft? 
Arbeitnehmerüber-
lassungsvertrag 
abschließen 
Stelle ausschließlich 
intern besetzen? 
Personalberater 
beauftragen 
Eingliederung 
vornehmen 
Stelle aus-
schließlich extern 
besetzen? 
Beschaffung 
selbst durch-
führen? 
Zusätzliche externe 
Besetzung denkbar? 
Auswahlentschei-
dung treffen 
Interne Anwerbung 
durchführen  
(z. B. Ausschreibung) 
Auswahlprozess 
festlegen, organi-
sieren und durch-
führen 
13 
rung des AGG zwar quantitativ geändert hat, aber qualitativ eher wenig wesentliche 
Änderungen eingetreten sind. 
2.3.1  Beschreibung der Rechtslage vor Einführung des AGG 
Artikel (Art.) 3 des Grundgesetzes (GG) der BRD beinhaltet einen allgemeinen Gleich-
heitssatz sowie spezielle Diskriminierungsverbote. Das GG wirkt direkt jedoch nur auf 
die öffentliche Gewalt und nicht auf den Privatrechtsverkehr, wo die Privatautonomie 
im Vordergrund steht. Dieser wird durch Art. 3 GG allerdings über die öffentliche Ge-
walt beeinflusst, z. B. bei der Auslegung von Generalklauseln durch Gerichte.
 11
Arbeitsrechtlich bedeutsame Diskriminierungsverbote, die direkt auf den Privatrechts-
verkehr wirken, finden sich in den §§ 611a, 611b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) alte 
Fassung (a. F.) bezüglich des Geschlechtes sowie im § 81 Abs. 2 Sozialgesetzbuch 
(SGB) IX a. F. im Hinblick auf Behinderung. Die §§ 611a BGB a. F. und 81 Abs. 2 SGB 
IX a. F. sind sinngemäß und wörtlich fast identisch. Bis auf sehr eng gefasste Ausnah-
men
12
 kann bei einer Ungleichbehandlung wegen des Geschlechtes bzw. einer Behin-
derung angemessene Entschädigung verlangt werden, die auf bis zu drei Mo-
natsgehälter beschränkt ist, wenn der Bewerber auch ohne Benachteiligung nicht ein-
gestellt worden wäre. Hierbei gelten gemäß (gem.) § 611 a Abs. 4 BGB a.F. und § 81 
Abs. 2 Nummer (Nr.) 4 SGB IX a.F. leicht unterschiedlich geregelte Ausschlussfristen, 
denen sich gem. § 61 b Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) eine Klagefrist anschließt. 
Über diese Entschädigung hinaus, kann der Bewerber Schadenersatz verlangen. Hier-
zu könnten folgende Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen: 
  Culpa in contrahendo (cic): §§ 280 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit (i. V. m.) 311 
Abs. 2 und 241 Abs. 2 BGB 
  Haftung aus unerlaubter Handlung: §§ 823 Abs. 1 und 2, 826 BGB 
  Analogie zum sachenrechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch: 
§ 1004 BGB.  
Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch nach cic ist gem. § 311 Abs. 2 Nr. 1 
BGB, dass Verhandlungen aufgenommen wurden. Dies dürfte in den meisten Diskrimi-
nierungsfällen allerdings nicht der Fall sein. Wurden sie jedoch aufgenommen, so 
muss der AG gem. § 280 Abs. 1 S. 1 Halbsatz (HS) 1 BGB eine Pflichtverletzung be-
gangen haben, die sich im Falle der Diskriminierung im § 241 Abs. 2 BGB konkretisiert. 
11
 vgl. Stork, 2006, S. 31 
12
 Diese Ausnahmen dürften für Versicherungsunternehmen keine Bedeutung haben. 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2007
- ISBN (Paperback)
- 9783958203488
- ISBN (eBook)
- 9783958208483
- Dateigröße
- 3.2 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Note
- 1
- Schlagworte
- gleichbehandlung personalbeschaffung risikofaktor
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing
 
					