Corporate Social Responsibility: Echte Verantwortung oder Mittel zum Zweck?
©2007
Bachelorarbeit
52 Seiten
Zusammenfassung
Der bekannte Satz von Milton Friedman „The business of business is business.“ passt heute nicht mehr in eine komplexe Wirtschaftswelt. Neben Rendite und Shareholder-Value gibt es für ein Unternehmen weitere Gründe, die eigene Marktposition zu sichern. Kurzfristiges Denken, ohne Rücksichtnahme auf das Umfeld, ist für den langfristigen Geschäftserfolg nicht mehr ausreichend. Unternehmen werden nun verstärkt als potentieller Partner zur Lösung von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Problemen gesehen. Unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ bündeln sich diese genannten Merkmale. Es geht hierbei weniger um ethische oder moralische Fragen, sondern um konkrete Konzepte, Systematisierung und Professionalität. In dieser Arbeit wird das Thema Corporate Social Responsibility näher beschrieben und kritisch betrachtet. Es soll insbesondere den Fragen nachgegangen werden, was sich die Unternehmen von diesem Konzept erhoffen, wie sie es umsetzen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Gibt es eine echte unternehmerische Verantwortung gegenüber der Gesellschaft? Was sind die eigentlichen Motive für Corporate Social Responsibility und wo liegt der Nutzen? Im Verlauf der Arbeit werden vorhandene Probleme und Widersprüche benannt und falls möglich, Verbesserungsvorschläge eingebracht.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1.1 Fragestellung und Zielsetzung der Bachelorarbeit
In dieser Bachelorarbeit wird das Thema Corporate Social Responsibility näher beschrie-
ben und kritisch betrachtet. Es soll insbesondere den Fragen nachgegangen werden, was
sich die Unternehmen von diesem Konzept erhoffen, wie sie es umsetzen und welche
Konsequenzen sich daraus ergeben. Gibt es eine echte unternehmerische Verantwortung
gegenüber der Gesellschaft? Was sind die eigentlichen Motive für Corporate Social Res-
ponsibility und wo liegt der Nutzen? Im Verlauf der Arbeit werden vorhandene Probleme
und Widersprüche benannt und falls möglich, Verbesserungsvorschläge eingebracht.
Es wird vorab die These aufgestellt, dass sich nur große, kapitalreiche Unternehmen mit
dem Thema ernsthaft auseinandersetzen können. Sie sehen es dabei überwiegend als
Erfolgsfaktor, stark verbunden mit dem Streben nach Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit.
Diese Bachelorarbeit soll dazu beitragen in der gegenwärtigen Corporate Social Respon-
sibility - Diskussion weitere Klarheit zu schaffen. Zusätzlich dient sie zur Profilschärfung
von in diesem Bereich engagierten Unternehmen und kann somit von Entscheidern als
Grundlage genutzt werden.
1.2 Vorgehensweise und Aufbau
Zu Beginn der Arbeit erfolgt eine Begriffsdefinition und Abgrenzung mit anschließender
Entwicklungsgeschichte. Ein Überblick der Sichtweisen, Erwartungen und Zusammen-
hänge geht den Grundlagen für eine strategische Umsetzung voraus. In dieser werden
durch die Verknüpfung zwischen theoretischen und praxisbezogenen Elementen die Moti-
ve und Schwierigkeiten herausgearbeitet. Im Hauptteil wird anschließend ein Schwer-
punkt auf die Kommunikation und Kapitalmärkte gelegt. Darauf aufbauend erfolgt die Dar-
stellung der klein- und mittelständischen Unternehmen, sowie die Bedeutung von Netz-
werken und der ökonomischen Begründung. Die nachrangigen Kapitel befassen sich u.a.
neben der Evaluation und Standardisierung auch zusätzlich mit den Fragen der Regle-
mentierung und Kooperationen. Den Abschluss der Bachelorarbeit bildet eine kritische
Bewertung mit Ausblick.
Insgesamt wird die Vorgehensweise von Multinationalen- bzw. Großunternehmen ebenso
betrachtet, wie das der deutschen Klein- und Mittelständischen. Um die aufgeworfene
Fragestellung zu beantworten, wurden neben der einschlägigen Fachliteratur auch ver-
stärkt Informationen aus dem Internet hinzugezogen. Dies soll den Praxisbezug sicher-
stellen.
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2. Theoretische Grundlagen und Hintergründe
2.1 Begriffsklärung und Abgrenzung
Ob eine Begriffsklärung grundsätzlich und für diese Arbeit überhaupt notwendig ist, kann
eindeutig bejaht werden. Insgesamt herrscht in Literatur und Praxis ein Abgrenzungsprob-
lem. Um daher die Akzeptanz und Glaubwürdigkeit zu fördern, muss bereits an dieser
Stelle ein Konsens gefunden werden. Eine nähere Definition des Begriffs soll Missver-
ständnissen im Verlauf dieser Bachelorarbeit entgegenwirken.
Die Begriffe Corporate Social Responsibility, Corporate Citizenship, Corporate Sustainabi-
lity u.a.m. werden insgesamt nicht nur sehr breit und uneinheitlich verwandt, ihnen steht
als weitere Hürde auch die deutsche Übersetzung gegenüber. Das Wort ,,Social" meint
nicht nur die soziale Verantwortung, sondern beschreibt im angloamerikanischen Sinne
das gemeinnützige Engagement (vgl. Glombitza 2005: 26). Neben den genannten, exis-
tieren in der Praxis die Begriffe Nachhaltigkeit, Philanthropie, schonender Umgang mit
Ressourcen usw. parallel weiter und beziehen sich auf die inhaltliche Leitidee.
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Unter Corporate Social Responsibility versteht man eine dauerhafte Verantwortung für
das Handeln innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Die Balance der Unterneh-
menstätigkeit zwischen ökonomischer Leistung, sozialen und ökologischen Aspekten bil-
den die tragenden Säulen. Es beachtet dabei die Wechselbeziehung von Kapitalgebern,
Mitarbeitern, Gesellschaft und allen weiteren Anspruchsgruppen (vgl. Kuhlen 2005: 7).
Die allgemeine Verantwortung drückt sich im Engagement bzw. den Aktivitäten des Un-
ternehmens aus. Konkret reichen diese von der eigentlichen Geschäftstätigkeit (u.a. nach
ethisch / moralischen Gesichtspunkten) und Produktion (z.B. energiebewusst) über fami-
lienfreundliche Arbeitsbedingungen bis hin zu internationalen Umweltprojekten. Grund-
sätzlich beruht dieses Konzept auf freiwilliger Basis.
Mit dem Begriff Corporate Social Responsibility wird die gesellschaftliche Verantwortung
von Unternehmen wesentlich weiter gefasst, als bei den alternativen Begriffen wie z.B.
Corporate Citizenship. Mutz et al. haben es daher auch als Dach bzw. übergeordnete
Idee, die sonst üblichen Anglizismen nur als Instrument dazu bezeichnet (vgl.
Mutz/Korfmacher/Arnold 2001). Kritiker wenden hierbei ein, die Vielfalt der unterschiedli-
chen Begriffe beschreibe nicht mehr als nur eine reine Verschönerung alter Aktivitäten
und zeige daher auch kein neues Rollenverständnis auf (vgl. Behrent/Wieland 2003: 27).
2
Anhang 1 verdeutlicht die Begriffsentwicklung
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Die Aufgabe ist jedoch nicht die Schaffung neuer Begriffe, sondern die strategische An-
bindung der Aktivitäten an das Kerngeschäft.
In der wissenschaftlichen Diskussion hat sich noch keine einheitliche, befriedigende Defi-
nition des Begriffs durchgesetzt. Die Gründe liegen hier u.a. in den unterschiedlichen Be-
trachtungsweisen der angelsächsischen und europäischen Länder sowie einem stetigen
gesellschaftlichen Wertewandel. Vielmehr erklärt sich der Begriff derzeit aus der Praxis.
Für diese Arbeit wurde der Ausdruck Corporate Social Responsibility (CSR) gewählt, da
er die gesamte Bandbreite der Verantwortung bzw. des Engagements im Unternehmen
abdeckt. Die Vielfältigkeit der Aktivitäten wird mit eingeschlossen und erlaubt daher eine
ganzheitliche Betrachtungsweise.
2.2 Entwicklung und Situation von Corporate Social Responsibility
Die neueren Diskussionen und Impulse über CSR stammen aus den Vereinigten Staaten.
Seit den 80iger Jahren wurde das Thema ,,unternehmerische Verantwortung" aufgrund
positiver Erfahrungen einiger großer Firmen verstärkt diskutiert (u.a. bei Coca-Cola). Die
USA befanden sich zu dieser Zeit in einer Wirtschaftskrise. Arbeitsplätze gingen verloren,
das Bildungsniveau sank. Der soziale Problemdruck, auch aufgrund mangelnder Siche-
rungsnetze, verschlechterte die Absatzmärkte. Von den Unternehmen für bisher selbst-
verständlich angenommene Voraussetzungen in der Gesellschaft brachen weg.
Diese Situation führte auch zu einer deutlichen Sensibilisierung im öffentlichen Bewusst-
sein. Standen vorher nur die kurzfristige Profitmaximierung und die Kapitalgeber im Mit-
telpunkt, wurde nun die Mitverantwortung unternehmerischen Handelns öffentlich gefor-
dert. Kooperationen zwischen Wirtschaft, Politik und Non-Profit-Organisationen (NPO)
sollten eine Lösung bieten. Das Ziel: Eine Verbesserung der gesellschaftlichen Situation
als eine wesentliche Grundlage für einen funktionierenden Absatzmarkt (vgl. Herbo-
te/Bartz 2006: 9-22). Dies wurde als Win-Win-Situation bezeichnet. Heute ist CSR in den
Vereinigten Staaten ein etablierter Bestandteil der Unternehmenspolitik.
Durch die Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen fand eine schnelle Übertragung der
Idee auf andere Länder statt, auch verstärkt nach Europa. Wenn auch unter anderen Be-
zeichnungen, so ist in Deutschland das unternehmerische Engagement ebenfalls schon
lange weit verbreitet. Spenden und Sponsoring für Kultur, Sport und Soziales bilden tradi-
tionell bis heute einen großen Teil der Maßnahmen (vgl. Hermanns 2006: 10ff).
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Die Politik unterstützt die Ziele von CSR ebenfalls. Mit der Lissabon-Strategie von 2000
will die Europäische Union ,, [...] im Rahmen des globalen Ziels der nachhaltigen Entwick-
lung ein Vorbild für den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt in der Welt
sein." (vgl. Lissabon Strategie 2000)
Aktuell wird das CSR-Konzept von den deutschen Managern zunehmend als Strategie
verstanden und hält verstärkt Einzug in groß-, klein- und mittelständische Unternehmen.
In den NPOs und Wohlfahrtsverbänden wächst ebenfalls das Interesse daran (vgl. Garth-
Mingels 2005).
2.3 Exkurs: Dimensionen der Finanzkraft von Großunternehmen
Um ein grobes Verständnis über die finanzielle Größenordnung von Multinationalen- bzw.
Großunternehmen zu erhalten, erfolgt an dieser Stelle ein kleiner Exkurs. Einige der ,,Glo-
bal Player" verfügen mittlerweile über einen Jahresumsatz, der teilweise höher liegt, als
das Bruttoinlandsprodukt (BIP) einzelner Länder. DaimlerChrysler übertriff das BIP von
Ländern wie Polen, Indonesien und Südafrika, General Motors das BIP von Dänemark.
Die 500 größten Unternehmen erzeugen ca. 25% der weltweiten Wertschöpfung und be-
schäftigen 0,05% der Weltbevölkerung (vgl. Gazdar/Kirchhoff 2004: 15).
Diese Zahlen tragen sicherlich auch dazu bei, dass in der Öffentlichkeit gegenüber den
großen Konzernen eine gewisse Voreingenommenheit bezüglich ihrer globalen Rolle
herrscht. Eine der grundlegenden Fragen von CSR lautet daher auch, ob sich die Unter-
nehmen ihrer Verantwortung, die sie aufgrund dieser Macht besitzen, tatsächlich bewusst
sind (vgl. Weber et al. 2004: 248). Insbesondere global agierende Unternehmen haben
durch ihre Größe und Finanzkraft eine Marktsituation erschaffen, in der sie nicht mehr
zwangsweise von der Nachfrage abhängig sind. Sie gestalten das marktwirtschaftliche
Modell teilweise eigenständig. Die Tatsache, dass sie dazu in der Lage sind, bildet die
Grundlage der Forderungen nach verantwortungsvollem Handeln (vgl. Dyllick 1992: 112).
3. Anspruchsgruppen, Verantwortungsbegriff und verschiedene Sichtweisen
In der Diskussion über CSR wird zum großen Teil nur die Seite der Unternehmen betrach-
tet. Dabei ist durchaus darüber nachzudenken, wer etwas von den Unternehmen erwarten
kann, bzw. darf. Jede der Stakeholder bzw. Anspruchsgruppe definiert für sich den Begriff
,,unternehmerische Verantwortung" unterschiedlich. Das Einflusspotential kann je nach Art
und Größe der Interessen sehr groß sein. Für ein Unternehmen ist es daher äußerst wich-
tig, das Netzwerk, in dem es agiert, zu kennen und zu pflegen (vgl. Dyllick 1992: 43).
Dennoch würde das Unternehmen in einen Zielkonflikt geraten, wenn es ernsthaft ver-
sucht allen dieser Erwartungen gerecht zu werden (vgl. Wühle 2007: 23).
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Folgende Grafik verdeutlicht die Bedeutung und Zusammenhänge der einzelnen
Anspruchsgruppen gegenüber dem Unternehmen:
Eine Befragung der deutschen Bürger ergab folgendes: 76% sind der Ansicht, dass Un-
ternehmen übermäßig profitieren und nicht genug dafür tun, es an die Gesellschaft wieder
zurückzugeben (vgl. Financial Times 2006). Weiterhin sind 86% der Meinung, dass Un-
ternehmen, die sich aktiv um ihre soziale Verantwortung bemühen, erfolgreicher sind als
solche, die sich entsprechende Anstrengungen sparen. Die meiste gesellschaftliche Ver-
antwortung liegt laut der Aussagen zwar bei den Großunternehmen, doch sieht bereits
jeder dritte Befragte die mittelständischen Unternehmen ebenfalls in der Pflicht. Kritik gab
es ebenfalls bezüglich der Informationspolitik über CSR. 74% sehen in diesem Punkt
noch Nachholbedarf (vgl. Lunau/Wettstein 2004: 98).
Die Sichtweise der Unternehmen steht diesen Erwartungen nicht direkt gegenüber. Eine
Befragung unter 500 Top-Entscheidern der deutschen Wirtschaft im Jahr 2005 führte zu
folgender Kernaussage: Die Unternehmen sehen sich nicht als reine Gewinnmaximierer
(vgl. Bertelsmann Stiftung 2006a).
- 60% bezeichnen sich als aktiv auf dem Gebiet der gesellschaftlichen Verantwortung
- größte Hindernisse für CSR: hohe zeitliche Belastung, Kosten, fehlende Messbarkeit
- bei großen Unternehmen spielen die Kapitalgeber zu 88% eine wichtige Rolle für CSR
- die Verantwortung orientiert sich dabei primär an den Kunden 97% und Mitarbeitern 96%
- Motivation & Unternehmenskultur sind wichtigere Treiber als die Erwartungen von außen
Was dabei genau von den Unternehmen als ,,gesellschaftliche Verantwortung" verstanden
wird, zeigt die folgende Abbildung 2.
Abb. 1: Einfluss der diversen Anspruchsgruppen / Quelle: Gazdar/Kirchhoff 2004: 123
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Je nach Bewertung der gesellschaftlichen Gesamtsituation, wie die derzeitige hohe Ar-
beitslosigkeit, kann der Schwerpunkt der Verantwortung unterschiedlich ausgelegt wer-
den. Die unterschiedlichen Sichtweisen werden auch beim Personalabbau deutlich. Wäh-
rend dies für die Mitarbeiter und Gesellschaft eine verantwortungslose Tat ist, argumentie-
ren die Unternehmen dagegen. So sei die Personalreduzierung bereits eine Form der
Verantwortungsübernahme, denn sie trägt zum Erhalt der anderen Arbeitsplätze bei.
Ebenso könne nur ein effizientes Unternehmen auch zukünftig verantwortungsvoll han-
deln.
Sogar innerhalb des Unternehmens kann die Strategie, aufgrund unterschiedlicher Sicht-
weisen, voneinander abweichen (vgl. Gazdar/Kirchhoff 2004: 159). Jeder der Verantwort-
lichen sieht überwiegend nur seinen eigenen Teilbereich:
- das Marketing denken weniger an Nachhaltigkeit, sondern an die schnelle Profilierung
- die Umweltspezialisten sind von Input, Output und technischen Auswirkungen
beeindruckt ohne an den größeren Zusammenhang zu denken
- das Controlling sieht Gefahren in unbekannten Risiken, die durch Umweltversäumnisse
entstehen
- die Rechtsabteilung befürchtet Ansprüche und Einsprüche, wenn sich das Unternehmen
zu sehr im CSR in den Vordergrund stellt
Abb. 2: Begriffsauffassung der Unternehmen / Quelle: Bertelsmann Stiftung 2006a
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4. Corporate Social Responsibility in der Unternehmensstrategie
4.1 Theorie der Nachhaltigkeit
Zunächst ist ein Unternehmen eine ökonomische Einheit mit dem primären Ziel Gewinn
zu erzielen. Letztendlich geht es bei jeder Entscheidung im Management um Nachhaltig-
keit im weitesten Sinne: Es muss heute immer so geplant und gehandelt werden, dass die
Zielsetzung der nächsten Bilanz positiv erfüllt und die Planung der Zukunft eingehalten
wird.
Bis heute gibt es in der Wirtschaftsethik keine eigenständige Theorie der Nachhaltigkeit
als Grundlage für CSR. Vielmehr scheint es mehrere Zugänge zu diesem komplexen
Thema zu geben. Suchanek sieht darin die Gefahr, dass es ohne ein Verständnis und
ohne fundierte Theoriebildung dieses Begriffes als ,, [...] Rechtfertigung beliebiger Maß-
nahmen bzw. eines ,,business as usual" angenommen werden kann". (vgl. Suchanek
2006: 4) Sofern kein bestimmter Anreiz gegeben ist, wird ein gemeinsames Interesse vie-
ler Menschen nicht realisiert, wenn der Einzelne zwar die direkten Kosten, nicht jedoch
den direkten Nutzen seines Beitrages erfährt.
3
Das Problem verschärft sich mit zuneh-
mender Gruppengröße (Weltbevölkerung) und der Langfristigkeit (unendlich) des gemein-
samen Interesses.
Die Forderung der Nachhaltigkeit widerspricht daher der Nutzenmaximierung des homo
oeconomicus bzw. die des Unternehmers. Übertragen auf CSR bedeutet dies, dass es für
das Unternehmen andere Anreize geben muss um nachhaltig zu wirtschaften.
4.2 Grundlegende Motive für Corporate Social Responsibility
In der lokalen und globalen Produktionskette sind u.a. funktionierende Markt- und Politik-
mechanismen, gebildete Mitarbeiter, kaufkräftige Kunden und vorhandene Infrastrukturen
wesentliche Voraussetzungen für ein Unternehmen. Es besteht daher ein langfristiges
Interesse diese notwendigen Bedingungen zu stützen oder zu schaffen. Diese Einsicht ist
keineswegs bei jedem Unternehmen ein Selbstverständnis: Öffentliche Güter, wie Umwelt
und Bildung wurden und werden von Trittbrettfahrern genutzt. Diese investieren nicht in
soziales und ökologisches Kapital, sondern treten die negativen Konsequenzen an die
Gesellschaft ab (vgl. Bertelsmann-Stiftung 2006b). Eine Handlungsnotwendigkeit für Un-
ternehmen besteht deshalb, da die lokale bzw. globale Politik zukünftig (teilweise) nicht
mehr in der Lage ist diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
3
bekannt als ,,Tragik der Allmende" (vgl. Lenk/Becker 1996: 7)
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Aus diesem Grund heraus herrscht ein ureigenes Interesse an CSR, um die Funktions-
weise der eigenen Märkte abzusichern.
Des Weiteren ist das unternehmerische Dasein und Handeln nicht per se legitim, sondern
erfordert die indirekte Zustimmung der Gesellschaft. Dies wird allgemein als die ,,license
to operate" bezeichnet und bildet ein weiteres Motiv für die Übernahme gesellschaftlicher
Verantwortung. Verstößt ein Unternehmen mit seinen Geschäften gegen die vorhandenen
Werte und Normen einer Gesellschaft, wird es von dieser entsprechend sanktioniert.
Insbesondere die Konsumenten haben eine Macht, in der ein Boykott die Folge sein kann.
Der Shell-Konzern erkannte im Jahr 1995 mit der Öl-Plattform ,,Brent Spar" deutlich was
geschieht, wenn man diese ,,licence to operate" verliert (vgl. Wühle 2007: 9).
Weiterhin übernimmt CSR im Schadensfall eine gewisse Versicherungsfunktion. Kommt
es beispielsweise zu einem Umweltskandal, kann dessen Bewertung in der Öffentlichkeit
besser ausfallen, wenn das Unternehmen hier bereits seit Jahren in Vorleistung gegangen
ist. Hat sich das Unternehmen vorher nicht um entsprechende soziale oder ökologische
Belange gesorgt bzw. nur auf das Notwendigste im Rahmen der Gesetzte beschränkt, ist
dieser Fehltritt schwieriger auszugleichen. Die Folgen eines Fehlverhaltens können gra-
vierend sein. Ein Imageverlust führt zu Umsatzeinbrüchen, der Aktienkurs sinkt und die
Loyalität der Mitarbeiter und Geschäftspartner nimmt ab. Die größte Gefahr geht hierbei
nicht von staatlichen Sanktionen aus, sondern vielmehr durch Aktionen von sog. ,,pres-
sure Groups" wie Greenpeace oder Human Rights Watch (vgl. Glombitza 2005: 15).
Derartige Organisationen haben wichtige Kontrollfunktionen übernommen und können
Fehlverhalten aufdecken und z.B. schnell über das Internet verbreiten.
Einer der wichtigsten Gründe für verantwortungsvolles Handeln liegt deshalb in der äuße-
ren Wahrnehmung, im Image. Durch die Übernahme von Verantwortung, über die reinen
Geschäftstätigkeiten hinausgehend, erhält das Unternehmen eine positive Wertschät-
zung. Eine Steigerung des Bekanntheitsgrades und Markenwertes fördert dann den Ab-
satz. Das Marketing alleine reicht hierfür nicht mehr aus. Die Konkurrenz, auch aufgrund
der Globalisierung, ist mittlerweile in fast allen Branchen sehr groß. Parallel nimmt die
Homogenität der Produkte zu. Das Preis- / Leistungsverhältnis wird dabei immer ver-
gleichbarer und erfordert eine Marken- bzw. Produktprofilierung. Die einzigartigen Pro-
duktmerkmale (Unique Selling Propositions bzw. USP) müssen durch zusätzliche Anga-
ben geschaffen werden. Solche produktbezogenen Verbraucherinformationen gibt es un-
ter anderem bereits in der Forstwirtschaft oder Lebensmittelindustrie wie der Bio-Kost
(vgl. Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management 2006: 20-23).
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Ist ein Produkt mit der zusätzlichen Information ,,Herstellung im ökologischem Anbau" ge-
kennzeichnet, entsteht dadurch für den Konsumenten ein hochwertigeres Produkt. Er be-
lohnt dann durch den Kauf dieses Produktes die verantwortungsvolle Herstellungsweise.
Bereits heute kaufen 37% der Konsumenten bevorzugt Produkte von umweltbewussten
Unternehmen (vgl. Glombitza 2005: 18). Dabei verlassen sie sich auf Informationen wie
u.a. von Stiftung Warentest. Diese prüft mittlerweile auch soziale und ökologische Krite-
rien der Unternehmensverantwortung (vgl. Stiftung Warentest). Jedoch nicht nur bei End-
konsumenten, auch im Bereich der Business-to-Business Geschäftsfeldern wird CSR im-
mer mehr zu einem wichtigen Thema, speziell in Wertschöpfungs- und Zuliefererungsket-
ten (das sog. Supply-Chain-Management) (vgl. Manhart/Grießhammer 2006: 59).
Dies ist nur eine Auswahl der grundlegenden Motive für eine verantwortungsvolle Unter-
nehmensführung. Die Interessen für gesellschaftliche und ökologische Verantwortung
können vielfältig sein. Auch religiöse oder traditionell moralische Motive, wie beispielswei-
se in Familienunternehmen, spielen eine Rolle. Letztendlich ergeben sich Überlegungen
zur Umsetzung von CSR aus den direkten Vorteilen und dem eigentlichen Nutzen. Darauf
soll im Folgenden näher eingegangen werden.
4.3 Wettbewerbsvorteile durch unternehmerische Verantwortung
Abhängig vom Umfang, der Art und Intensivität des Engagements können sich die Vortei-
le unterschiedlich darstellen. In der Literatur werden dazu u.a. folgende genannt (vgl. Kuh-
len 2005: 9-10):
- intangible assets
4
(z.B. Vertrauen)
- bessere Beziehung zu Politik und Gesellschaft
- Schaffung und Stabilisierung von Absatzmärkten
- gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation
- erleichterte Rekrutierung von qualifiziertem Personal
- zufriedenere Kunden und langfristige Kundenbindung
- positive Auswirkungen auf Marktposition und Wettbewerb
- verbesserte Konditionen am Kapitalmarkt (Börse und Banken)
- verbesserte Marktkenntnisse und genaueres Risikomanagement
- höhere Sozialkompetenz der Mitarbeiter (siehe Corporate Volunteering)
- Kostensenkung durch Energieeinsparungen und verbesserte Umweltbilanz
- ein besseres Image bzw. Reputation des Unternehmens und seiner Marken
4
in der CSR-Literatur als ,,immaterielle Vermögenswerte", siehe auch Anhang 2
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Zusätzlich gewinnen die Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern
(z.B. sozialen Einrichtungen) wichtige Daten und Informationen. Diese können dann der
Produktentwicklung und Marktforschung dienen. Dazu konkret ein Beispiel: Die Firma
Otto Bock stellt unter anderem Produkte aus den Bereichen der Orthopädie-Technik, Pro-
thesen und Rehabilitation her. Laut eigenen Angaben arbeiten sie mit der Stiftung ,,Kinder
von Tschernobyl" zusammen, um Kinder mit körperlichen Fehlbildungen zu versorgen.
Ebenso werden die Athleten der Paralympics unterstützt (vgl. Otto Bock 2006). Dabei
werden die eigenen Produkte genutzt, um diese quasi nebenbei hinsichtlich Benutzbarkeit
bzw. Verbesserungsmöglichkeiten zu testen. Hierdurch erhält Otto Bock wertvolle Pro-
dukt- und Zielgruppen-Informationen und fördert gleichzeitig durch sein Engagement be-
nachteiligte Menschen.
Dass sich durch die Anwendung von CSR wesentliche Vorteile ergeben können, um die
eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, streiten die Manager als Grundmotiv auch
nicht ab. Bei einer Umfrage im Jahr 2002, basierend auf den Ergebnissen von 1.200 be-
fragten Top-Managern, wurde folgendes ermittelt: 68% sind der Meinung CSR sei wichtig
für die Profitabilität und insgesamt wird dem Konzept ein hoher Stellenwert eingeräumt
(vgl. PricewaterhouseCoopers 2002).
4.4 Überblick der Instrumente und Handlungsfelder
Die Bezeichnungen ,,übergreifende Verantwortung" und ,,gesellschaftliches Engagement"
sind relativ ungenaue Begriffe für eine Vielzahl von Aktivitäten. Das Handlungsfeld um-
fasst dabei harte Themen wie die Verhinderung von Kinderarbeit oder die Einhaltung von
sozialen Mindeststandards in der Zulieferungskette bis hin zu Sponsoring der örtlichen
Kunstgalerie. Für die Umsetzung werden u.a. folgende Instrumente genutzt:
- Geld- und Sachspenden
- zweckgebundenes Marketing
- Corporate Volunteering (siehe Punkt 4.5)
- Social Sponsoring (z.B. Telekom & Radsport)
- betriebliche Sozialleistungen (Kinderbetreuung)
- Umweltschutz (CO
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- Reduzierung, Fernwärme)
- Medienarbeit bzw. Lobbyarbeit für soziale Anliegen
- soziales Engagement in der Gesellschaft (z.B. gegen häusliche Gewalt)
- Kultur-, Sport und Bildungsprojekte (Unterstützung von Schulen, Museum)
- regionale Projekte (am jeweiligen Standort, z.B. Trinkwasseranlage im Ausland)
- Unterstützung von NPOs und Institutionen mit Geld, Know-How und Arbeitskraft
- unternehmenseigene Organisationen (z.B. Robert Bosch-Stiftungen im Bereich Medizin)
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Es gibt eine Vielzahl möglicher Aktivitäten, aus denen sich das Unternehmen ein passen-
des Portfolio zusammenstellen kann. Hierzu bedarf es einiger strategischer Überlegun-
gen, insbesondere was das Unternehmen damit für sich und andere erreichen will (siehe
Abb. 3) Dabei können die Maßnahmen auf vorhandene Strukturen wie z.B. Risikomana-
gement oder Unternehmenskommunikation aufgebaut werden (vgl. Riess 2006: 19).
4.5 Beispiel - Corporate Volunteering
Als eine der internen CSR-Maßnahmen gibt es das betriebliche Freiwilligenprogramm
(Corporate Volunteering), das in den USA wesentlich weiter verbreitet ist als in Europa
(vgl. Gazdar/Kirchhoff 2004: 47). Die Idee dahinter: Ehrenamtliches Engagement wird
vom Unternehmen ins Leben gerufen, gesteuert und gefördert. Die Mitarbeiter führen auf
freiwilliger Basis soziale Projekte durch, wie beispielsweise die Errichtung eines neuen
Kinderspielplatzes. Dazu zählt auch die Unterstützung des bereits bestehenden Ehrenam-
tes von Mitarbeitern in ihrer Freizeit. Unter dem Motto ,,HP vor Ort" schenkt das Technolo-
gie-Unternehmen Hewlett-Packard jeder Organisation, in der sich ein Mitarbeiter privat
ehrenamtlich engagiert, eines seiner Produkte (vgl. Hewlett-Packard 2006: 7). Eine weite-
re Möglichkeit im Rahmen eines betrieblichen Freiwilligenprogramms ist die befristete
Entsendung von Führungskräften in eine soziale Organisation. Als Praktikant können sie
neue Sichtweisen erfahren und ihre diversen Kompetenzen dort sinnvoll einbringen. Un-
ternehmen wie Airbus oder Siemens nehmen bereits daran teil (vgl. SeitenWechsel).
Abb. 3: strategische Vorüberlegungen für CSR-Projekte / Quelle: Gazdar/Kirchhoff 2004: 360
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Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2007
- ISBN (eBook)
- 9783958208759
- ISBN (Paperback)
- 9783958203754
- Dateigröße
- 11.7 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Fachhochschule im Deutschen Roten Kreuz Göttingen (Hochschule wurde zum 01.10.2008 geschlossen)
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Schlagworte
- corporate social responsibility echte verantwortung mittel zweck