Controlling der Supply Chain: Grundlagen und Instrumente
©2012
Bachelorarbeit
75 Seiten
Zusammenfassung
Diese Studie geht insbesondere auf die Problemstellung des Controllings für die Bereiche des Supply Chain Controllings ein. Die Supply Chain ist durch die unterschiedlichen Zielvorstellungen der beteiligten Unternehmen sowie ihre räumlich und zeitlich geteilten Aktivitäten der Leistungserstellung geprägt. Daraus resultiert die Notwendigkeit der Koordination der Aktivitäten im Hinblick auf das gemeinsame Ziel der Supply Chain. Hauptaugenmerk wird auf die Frage gelegt, wie dies unternehmensintern als auch unternehmensübergreifend realisiert werden kann. Die Arbeit grenzt anschaulich die Bereiche Controlling, Beschaffung, Beschaffungscontrollings, Supply Chain Mangement (SCM) und Supply Chain Controlling (SCC) ab und definiert die Teilbereiche. In den ersten Kapiteln werden Beschaffung, Controlling, SCM und SCC definiert und untereinander abgrenzt. Hiernach wird eindringlich auf das Thema Supply Chain Controlling eingegangen und die Zielsetzungen werdenerläutert. Nachfolgend wird eine Reihe von Instrumenten untergliedert in Teilbereiche/Kategorien vorgestellt.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der Controlling Regelkreis ... 6
Abbildung 2: Strategische und taktisch operative Ziele der Beschaffung ... 12
Abbildung 3: Mehrstufige Supply Chain ... 17
Abbildung 4: Beanspruchungs- und Belastbarkeitsportfolio ... 28
Abbildung 5: Beziehungscontrolling anhand eines Controlling Zyklus ... 31
Abbildung 6: Implementierungsschritte der U. übergreifenden
Prozesskostenrechnung ... 38
Abbildung 7: Beispiele für strategische und Operative Kennzahlen auf den drei
Ebenene des Supply Chain Controlling ... 48
Abbildung 8: Die Balance Scorecard für das Supply Chain Controlling ... 52
Abbildung 9: Das zukunftsfähige Beschaffungsmanagement ... 57
1
1. Einleitung
Das Controlling stellt einen Ansatz zur Lösung von Koordinations- und
Anpassungsproblemen dar, die zum Bsp. durch die zunehmende Komplexität,
Dynamik, Diskontinuität und Transparenz der Unternehmensumwelt sowie
wachsender Unternehmensgrößen und Märkte entstehen. Um diesen Entwick-
lungen gerecht zu werden, muss sich der Einkaufs- und Beschaffungsbereich an
diese Situationen anpassen, denen ,,Kurzfristiges Denken hat langfristige Folgen."
1
Wie dies unternehmensintern und wertschöpfungskettenübergreifend realisiert
werden kann und welche Vorteile und Nachteile dies zur Folge hat, möchte ich in
der folgenden Arbeit herausstellen.
1.1 Einführung
Das Controlling, welches auf die spezifischen Aufgaben der Beschaffung
ausgerichtet ist, stellt ein Instrument zur Führung und Beseitigung oben
beschreibender unternehmensinterner Probleme dar.
2
Weitergedacht stellt ein
Controlling- System was auf die ganze Wertschöpfungskette ausgerichtet ist ein
effizientes Mittel zur strategischen Zielerreichung dar.
Die Supply Chain ist durch die unterschiedlichen Zielvorstellungen der beteiligten
Unternehmen sowie ihre räumlich und zeitlich geteilten Aktivitäten der
Leistungserstellung geprägt. Daraus resultiert die Notwendigkeit der Koordination
der Aktivitäten im Hinblick auf das gemeinsame Ziel der Supply Chain, logistische
Leistungen kundeneffektiv und -effizient zu erstellen. Das Controlling der Supply
Chain hat daher die Aufgabe, eine zielgerichtete Planung, Gestaltung und
Steuerung der unternehmensübergreifenden Lieferkette zu gewährleisten. In einem
dynamischen und komplexen Umfeld muss das Controlling der Supply Chain dabei
organisatorische, technische und personelle Entwicklungen berücksichtigen, um
Anpassungen nach innen und außen jederzeit unterstützen zu können. Die
vorherrschenden Instrumente des klassischen Controlling sind allerdings primär
unternehmensintern ausgerichtet. Das traditionelle Controlling leistet damit nur
1
Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger *1939, deutscher Chemiker
2
Vgl. Wagner (2007) S. 9
2
einen eingeschränkten Beitrag zur Optimierung der unternehmensübergreifenden
Wertschöpfungskette.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Schon eine Hanseatische Kaufmannsweisheit besagt "Im Einkauf liegt der
Gewinn". Aufgrund zunehmender Komplexität, Dynamik und Diskontinuität der
Unternehmenswelt und wachsender Unternehmensgrößen und Märkte besteht die
moderne Beschaffung aus weit mehr als Einkaufen zu niedrigen Preisen. Damit
Unternehmen im Wettbewerb bestehen können, ist es erforderlich, die Beschaffung
als starken Partner der Wertschöpfung zu positionieren.
Wertbeitrag wird dabei nicht nur durch die Reduzierung des Beschaffungspreises
erzielt. In Zeiten steigender Kundenanforderungen und anspruchsvoller werdender
gesetzlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen muss ein
gezieltes Steuerungskonzept über die gesamte Wertschöpfungskette gestaltet
werden um Wettbewerbsvorteile zu sichern
3
. Diese können monetäre Merkmale
wie Kostensenkungen aber auch qualitätsbezogene Größen sein. Darauf gehe ich
näher in Kapitel 3 und 4 ein, die sich mit den Supply Chain Management und dem
Supply Chain Controlling befassen.
Das Anliegen dieser Arbeit besteht darin, begründet aufzuzeigen, dass ein
funktionierendes SCC einen professionellen Ansatz darstellt, dem Wertbeitrag der
unternehmensübergreifend weiter zu optimieren und Kosten- und Ressourcen-
einsparungen für die gesamte Wertschöpfungskette zu verwirklichen. Zudem
haben gerade Kosteneinsparungen im Beschaffungs- und Einkaufsbereich eine
Hebelwirkung auf alle Unternehmensbereiche.
Daraus ergibt sich folgender Aufbau der Arbeit: Im Kapitel zwei erläutere ich kurz
den Begriff des Controllings insbesondere des Beschaffungscontrollings. Des
Weiteren möchte ich die Ziele und den Nutzen herausstellen. In Kapitel 3 gebe ich
einen Einblick in das Supply Chain Management und seine Ziele. Im vierten Kapitel
vertiefe ich dies, indem ich das Supply Chain Controlling (kurz ,,SCC") definiere und
abgrenze. In 5 Kapitel gebe ich Einblick in ausgewählte Instrumentarien des SCC.
3
Vgl. Piontek (2004) S. 2
3
In Kapitel 6 möchte anhand des Praxisbeispiels der Lieferantenbewertung der
Gebr. Bertrams GmbH & Co. KG kritisch feststellen ob die dargestellten Vorteile
durch ein ausgewähltes Instrument zutreffend sind. In Kapitel 7 komme ich zu
einem abschließenden Fazit und gebe einen Ausblick über zukünftige Ent-
wicklungen. In der nachfolgenden Arbeit sind viele Instrumente des SCC dargestellt
trotzdem ist Darstellung nicht als Vollständig zu betrachten.
4
2. Controlling
Das Controlling, welches vom engl. ,,to control" also ,,steuern" abgeleitet ist,
versteht sich als führungsunterstützende und bereichsübergreifende Querschnitts-
funktion zur Entwicklung und Bereitstellung von Informationen, Instrumenten,
Techniken und Know-how, um die jeweiligen Systeme der Zielsetzung, Planung,
Steuerung, Kontrolle und Koordination in einem Unternehmen zielgerichtet
einzurichten.
4
Um die Vielschichtigkeit an Aufgeben bzw. Funktionen des Controllings zu
verdeutlichen, wird der Begriff ,,Controlling" in diesen Kapitel definiert. Die
Zielsetzung und Aufgaben werden insbesondere im Beispiel des Beschaffungs-
controllings verdeutlicht, da diese Themenstellung zur besseren Abgrenzung der
nachfolgenden Themengebiete ,,Supply Chain Management" und ,,Supply Chain
Controlling" Relevanz besitzt.
2.1 Definition und Grundlagen des Controllings
Immer komplexere Umweltfaktoren, die immer dynamischer auf Organisationen
einwirken, eine zunehmend komplexere Unternehmenswelt und wachsende
Differenzierung von Unternehmen bezüglich der Angebotenen Produkte und
Dienstleistungen und der nachgefragten Märkte verlangen neue Planungs- und
Steuerungsinstrumente. Insbesondere um Kommunikations- und Koordinations-
probleme zu bekämpfen, Flexibilität zu fördern, Fixkostenintensität zu verringern,
Führungsfunktionen/-instanzen zu unterstützen und zu fördern und als effizientes
Instrument bei volkswirtschaftliche Turbulenzen und Unsicherheiten zu wirken.
5
Fälschlicherweise wird der Begriff Controlling mit dem Begriff Kontrolle gleich-
gesetzt. Richtigerweise ist Controlling aber weit mehr als das, nämlich ein
funktionsübergreifendes Steuerungskonzept mit der Aufgabe der ergebnis-
orientierten Koordination von Planung, Kontrolle und Informationsversorgung.
6
4
Vgl. Rickards (2007) S. 8
5
Vgl. Jung (2003) S. 1 - 3
6
Vgl. Horvath (2006) S. 5
5
Horváth bezeichnet den Controller oder das Controlling schlicht als das
,,...wirtschaftliche Gewissen..."
7
und Littkemann spricht vom ,,...ökonomischer
Souffleur...".
8
Grundsätzlich unterscheidet man beim Verständnis von Controlling folgende
Dimensionen/Funktionen:
Informationsfunktion
Führungsfunktion
Koordinationsfunktion
Die Koordinationsaufgabe bedeutet, dass durch Management im Hinblick auf das
Unternehmensergebnis hin geplant und kontrolliert wird. In der Praxis entwickelt
sich der Controller vom Dienstleister zum Berater.
9
Umwelteinflüsse wie z. Bsp.
Steigende Dynamik, stagnierende Märkte, schnellere Technologieentwicklungen
und kürzere Produktlebenszyklen wirken stärker auf die Unternehmen ein.
10
Jedes Unternehmen verfolgt eine bestimmte Strategie, für deren Erreichung eine
Zweckmäßige Gestaltung der betrieblichen Prozesse und die Schaffung einer
geeigneten Organisationsstruktur gewährleistet werden muss.
11
Controlling
bezeichnet eine Führungs- und Managementfunktion, die von unterschiedlichen
Aufgabenträgern vollzogen wird.
12
7
Horvath (2006) S. 5
8
Littkemann (2006) S.10
9
Vgl. Horvath (2006) S. 6
10
Vgl. Horvath (2006) S. 8
11
Vgl. Horvath (2006) S. 8
12
Vgl. Weber/Schäffer (2008) S.4
6
2.2 Zielsetzung des Controllings
Controlling hat sich in der Unternehmenspraxis stetig weiterentwickelt und ist zu
einer modernen Führungsfunktion geworden, das aus keiner Unternehmung mehr
wegzudenken ist.
13
Das Controlling sorgt für bessere Strategie-, Ergebnis- Finanz- und
Prozesstransparenz und trägt zur Wirtschaftlichkeit bei. Es organisiert
unternehmensübergreifend und zukunftsorientiert, moderiert und gestaltet
Managementprozesse bei Zielfindung, Planung und Steuerung, um zielorientierter
zu handeln. Es ist verantwortlich für Daten und Informationsversorgung und deren
Pflege.
14
Es dient Lotse zum Gewinn mit Informationsservice, Entscheidungs-
service und Koordinationsservice und Planungsmoderator eines Unternehmens
bzw. Wertschöpfungskette.
15
Abbildung 1: Der Controlling Regelkreis
16
13
Vgl. Horváth (2002) S. 4-5
14
Vgl. Horvath (2006) S. 7
15
Vgl. Weber/Schäffer (2008) S. 19
16
In Anlehnung an Horváth (2006) S. 12
Leistungsmaßstäbe
festsetzen (palnung
Abweichungen
korrigieren,
Gegenmaßnahmen
Soll - Ist - Vergleich
7
In der Literatur ist die Meinung zur Hauptzielsetzung leicht differenziert. Während
Weber, Horváth und Küpper die Koordinationsfunktion als Zielsetzung definieren
setzen Hahn, Reichmann und Serfling den Schwerpunkt auf die Informations-
versorgung.
17
Gemeinsam ist aber in allen Ansätzen ein mehrdimensionales Zielsystem, welches
sich aus dem Erfolgsstreben und Optimierungsgedanken herleitet. Der
Koordinations- und Steuerungsgedanke steht im Vordergrund.
18
In einer weiteren Auslegung dient das Controlling zudem der Versorgung mit
entscheidungsrelevanten Informationen und der Koordination verschiedener
Funktions- bzw. Teilbereiche des Unternehmens als Teil des Führungsprozesses.
19
Demnach geht das Controlling weit über das monetäre ausgelegte Rechnungs-
wesen hinaus, da es auch semi-quantitativer und nicht monetärer Ziele, qualitativer
Informationen der Gewinnung, Verarbeitung und Aufbereitung bedarf und
Entscheidungsrelevanz besitzt.
Zusammengefasst ist Controlling ein System das gesamtunternehmerisch eine
Unterstützungsfunktion zur Zielerreichung bietet, die Grundlage zur Entscheidungs-
findung und Informationsversorgung bietet. Und den Informations- und Datenfluss
im Unternehmen strukturiert und koordiniert.
In der Literatur werden die Ziele des Controllings im Regelfall in strategische und
operative differenziert.
20
Strategische Zielsetzungen des Contollings sind langfristig angelegte Ziele, die
nicht zwingend Formalziele wie Gewinn darstellen müssen, sondern auch
Sachzeile darstellen - sogenannte nicht finanzielle Ziele.
21
Controlling-Ziele dienen
dabei der Verbesserung der Gesamtzielerreichung, die den dauerhaften Fort-
bestand des Unternehmens gewährleistet.
22
17
Vgl. Littlemann (2006) S. 11 nach Günther/Niepel (2000) S. 230
18
Vgl. Littkemann (2006) S.10
19
Vgl. Littkemann (2006) S. 10
20
Vgl. Piontek (2004) S. 16 22; Vgl. Jung (2003) S. 16 18; Littkemann (2006) S. 14
21
Vgl. Ziegenbein (2007) S. 103
22
Vgl. Jung (2003) S. 9
8
2.3. Beschaffungscontrolling
Für die bessere Themenvertiefung in Bezug auf Supply Chain werde ich im
folgendem das Thema Beschaffungscontrolling weiter definieren.
Beschaffungscontrolling ist die Planung, Steuerung und Kontrolle jeglicher Art von
Betriebs- und Geschäftsprozessen, welche zur Beschaffung der im Unternehmen
benötigten materiellen Güter und der dazu gehörigen Dienstleistungen notwendig
sind.
23
Das Beschaffungscontrolling, als spezifisches Bereichscontrolling, kann definiert
werden als eine zukunftsorientierte Unterstützungsfunktion des Beschaffungs-
managements bei Planung und erfolgsorientierter Steuerung der Beschaffungs-
aktivitäten, im Sinne von Erfassung, Analyse und Optimierung von Beschaffungs-
kosten sowie Messung des Beschaffungserfolgs unter Bereitstellung relevanter
Informationen. Oftmals wurde in der Literatur die Kostenseite überbetont. Erst in
den vergangenen Jahren wurde der Beitrag der Beschaffung zum Unternehmens-
erfolg gezielt untersucht.
24
Das koordinationsorientierte Controlling nach Horvath setzt auf die besondere
Koordinationsfunktion des Controllings und sieht die Hauptaufgabe in der
Koordination von Planung, Kontrolle und Information. Die Koordinationsfunktion
des Controllings wird hinsichtlich der verschwindenden Unternehmensgrenzen
bedingt durch die Tendenz zur Bildung von Kooperationen und Netzwerken auch
nach außen hin immer wichtiger.
25
2.3.1 Aufgaben und Ziele des Beschaffungscontrollings
Vorrangiges Ziel des Beschaffungscontrollings ist es, das Beschaffungs-
management zu unterstützen, seine Entscheidungen zur Erreichung der
Beschaffungsziele optimal zu treffen, Insbesondere muss es sicherstellen, dass der
Einkauf auf einem hohen Informationsstand über alle relevanten Daten des
Beschaffungsmarktes verfügt. Es muss also Informationen beschaffen oder
23
Vgl. Littkemann (2006) S.139
24
Vgl. Piontek (2004) S. 45
25
Vgl. Friedl (2003) S.2
9
generieren und dem Management mögliche Implikationen aus diesen
Informationen, dies sich auf die Beschaffungsziele auswirken, verdeutlichen. In
erster Linie sind folgende Informationskategorien zu beschaffen, zu analysieren
und auf ihren Wertgehalt bzw. ihre Veränderlichkeit zu kontrollieren:
26
x Information und wirtschaftliches Umfeld
x Informationen
über
die
Angebotsentwicklung
x Informationen über die Nachfrageentwicklung der Produktionsfaktoren
x Informationen über die Wirkungen beschaffungspolitischer Instrumente
Die Analyse und Kontrolle des unternehmensspezifischen Beschaffungsmarktes
soll Veränderungen und Bewegungen aufzeigen wie z.B. Konkurrenzbeziehungen,
Distributionsgrad, Kommunikationsstruktur usw.. Neben der Konkurrenzanalyse
müssen die Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, wie z.B. Inter-
nationalisierung der Märkte, Vor- und Nachteile des Standortes etc.. Die auf dem
Beschaffungsmarkt angebotenen Materialien müssen hinsichtlich Qualität, Menge
und Wert des Angebots untersucht werden.
27
Als operative Aufgabe des Beschaffungscontrollings wird die Optimierung und
Nutzung bestehender Erfolgspotenziale angesehen.
"Die Analyse der Material- und Lieferantenstruktur steht im Vordergrund, um
Mengen und Wertplanungen kostenmäßig zu steuern und zu kontrollieren. Eine
effiziente Informationsbereitstellung erlaubt die Überwachung von Zielerreichung
und Zielverfehlung".
28
"Strategisches Beschaffungscontrolling bedeutet, dass systematisch zukünftige
Chancen und Risiken auf dem Beschaffungsmarkt und seinem Umfeld erkannt und
beobachtet werden".
29
Aufgabe des strategischen Beschaffungsmanagements ist die langfristige
Sicherung und Verbesserung von Wettbewerbsvorteilen für das Unternehmen.
Strategisch wird allgemein und auch im Kontext des Beschaffungsmanagements
verstanden als Schaffung und Erhaltung von Erfolgspotenzialen.
30
26
Vgl. Horvath (2006) S. 8 ff.
27
Vgl. Heuer (1988) S. 190
28
Jung (2003) S. 474
29
Jung (2003) S. 469
30
Vgl. Littkemann (2006) S.137 ff.
10
Im Rahmen der Integrationsfunktion muss das Beschaffungsmanagement die
fremdbezogenen Produkte und Leistungen der Lieferanten in den Wertschöpfungs-
prozess des eigenen Unternehmens eingliedern. Durch Standardisierung der
Beschaffungsobjekte kann hier die Schnittstelle zwischen Unternehmen und
Zulieferer verbessert werden. Durch Standardisierung bietet sich zudem die
Möglichkeit, die Bedarfe verschiedener Unternehmensbereiche/-niederlassungen
zu vereinheitlichen und zu bündeln und so Synergien zu erschließen.
31
Bedingt durch verkürzte Produktlebenszyklen spielt Zeit eine entscheidende Rolle.
Das Unternehmen muss demnach in die Lage versetzt werden, neue, innovative
Produkte vor der Konkurrenz zur Marktreife zu bringen. Lieferanten spielen hier
aufgrund ihrer hohen Technologie- und Produktkenntnis eine entscheidende Rolle.
Bedingt durch die tendenziell sinkende Wertschöpfungstiefe im Unternehmen steigt
der Entwicklungsanteil der Lieferanten an neuen Produkten an. Aufgabe des
strategischen Beschaffungsmanagements ist es, geeignete Lieferanten aus-
zuwählen und im Rahmen des Lieferantenmanagements einzubinden, um so
Entwicklungs- und Kostenvorteile nutzen zu können.
32
Neben der Analyse der externen Entwicklungen muss das Beschaffungscontrolling
die internen Stärken und Schwächen mit denen der Konkurrenz vergleichen.
33
Auswählen von Schlüsselfaktoren und deren Beurteilung im Vergleich zur
Konkurrenz
Ermittlung und Feststellung der kritischen Ressourcen
Profildarstellung der Stärken und Schwächen der unternehmenseigenen
Beschaffung im Vergleich mit der Konkurrenz.
Sowohl die quantitative als auch qualitative Funktionskontrolle der Beschaffung soll
auf die Überprüfung und das Ausnutzen des Handlungsspielraums der
unternehmenseigenen Beschaffung gerichtet sein.
34
Kontrolle des kostengünstigen Funktionierens der Beschaffung (defensiver
Handlungsspielraum).
31
Vgl. Jäger (2009) S. 15
32
Vgl. Littkemann (2006) S. 137 f.
33
Vgl. Jung (2003) S. 467
34
Vgl. Piontek (2004) S. 64 ff.
11
Suche und Überprüfung neuer Beschaffungsmöglichkeiten (Offensiver
Handlungsspielraum).
Kontrolle des Ausschöpfungsgrades des Kostensenkungspotenzials in der
Beschaffung.
Kontrolle des Ausschöpfens des Versorgungspotenzials
Wertmäßige Funktionskontrolle
Die Ziele des Beschaffungscontrollings lassen sich aus den Zielen des
Beschaffungsressorts ableiten.
35
2.3.2 Beschaffungsziele
[Grundsätzliche] ,,Aufgabe der Beschaffung ist die wirtschaftliche Bereitstellung der
Beschaffungsobjekte in erforderlicher Qualität, zum günstigsten Preis, in
ausreichender Menge, zum richtigen Zeitpunkt und am nachgefragten Ort"
36
.
In der Praxis kann zwischen den Beschaffungsbegriff im weiteren Sinn und einem
Beschaffungsbegriff im engeren Sinn unterschieden werden. Eine sehr weit
gefasste Begriffsabgrenzung nennt als Ziel der Beschaffung die Bereitstellung aller
Elemente, die zur Erreichung des Unternehmensziels notwendig sind, aber nicht im
Unternehmen selbst hergestellt werden. Zu diesen Elementen zählen hierbei neben
Dienstleistungen und materiellen Gütern auch Kapital, Arbeit, Informationen,
Energie und Rechte. Die materiellen Güter können des Weiteren in Investitions-
bzw. Anlagegüter, direkte sowie indirekte Güter unterteilt werden.
37
Direkte Güter sind die im Kerngeschäft der Unternehmung eingehenden
Materialien. Indirekte Güter sind Stoffe, die nicht direkt in das Produkt eingehen -
sogenannte MRO (Maintenance, Repair and Operations) Güter. Anlagegüter
kennzeichnen sich in der Regel durch ihren langfristigen Verbleib im Unternehmen
und der Bindung hoher Kapitalbeträge. Die Grenze zu den indirekten Gütern ist
hierbei fließend. Deshalb zählen viele Autoren Anlage- und Investitionsgüter zu den
indirekten Gütern.
38
35
Vgl. Friedl (2003) S. 103
36
Jung (2003) S. 467
37
Vgl. Littkemann (2006) S. 136
38
Vgl. Plümer (2003) S.146 f.
12
Aufgrund der aufbauorganisatorischen Gestaltung einer Unternehmung, findet das
weit gefasste Beschaffungsverständnis in der Praxis weniger Rückhalt. Vielmehr
wird im Normalfall die Beschaffung von Investitionsgütern, Personal, Kapital,
Informationen und Rechten an spezialisierte Organisationseinheiten übertragen
z.B. Personalbeschaffung durch Personalabteilung. Zur Beschaffung im engeren
Sinne zählt somit die wirtschaftliche Versorgung einer Unternehmung mit direkten
Gütern (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie fertig bezogene Teile) und indirekten
Gütern (MRO) und den dazugehörigen Dienstleistungen
39
. Um diese Zielsetzung
weiter zu konkretisieren, können sie in strategische und taktisch operative Ziele
gegliedert werden (siehe Abb.2):
Beschaffungsziele
Strategische Ziele
Taktisch operative Ziele
· Sicherstellung der Materialversorgung
- Wahrung der Flexibilität
- Risikostreuung
- Steigerung der vertikalen Integration
- Wahrung der Unabhängigkeit
- Sicherung der langfristigen
Wachstumsrate
-Beschaffungsseitige Diversifikation
· Sicherung der Qualität
- Sicherung des Standards des
Materials
- Sicherung des
Technologiestandards
· Sicherung
der
Beschaffungsmarktposition
- Sicherung der Preisstabilität
- Wahrung des Ansehens der
Unternehmung
· Sicherung der Preisstabilität
· Sicherung der Personalqualität
· Optimierung
der
Beschaffungskosten
- Optimierung der Einkaufspreise
- Optimierung der Bezugs-.
Bereitstellungs- u.
Beschaffungsverwaltungskosten
· Sicherung der Materialqualität
· Sicherung der Liquidität
· Sicherung der Lieferbereitschaft
Abbildung 2: Strategische und taktisch operative Ziele der Beschaffung
40
39
Vgl. Littkemann (2006) S. 138 und Jung (2003) S. 467
40
In Anlehnung an Friedl (2003) S. 3
13
Als Phasen des Beschaffungsprozesses können 1. Beschaffungsvorbereitung, 2.
Beschaffungsanbahnung, 3. Beschaffungsabschluss und 4. die Beschaffungs-
realisation genannt werden.
41
2.3.3 Notwendigkeit eines Beschaffungscontrollings
Neben den in Abb. 2 aufgelisteten Beschaffungszielen bzw. der Unterstützungs-
funktion des Controllings zur Erreichung der Beschaffungsziele kann das
Beschaffungscontrolling u.a. folgende Punkte positiv beeinflussen:
-
Wertbeitrag der Beschaffung.
Bislang wurde der Beschaffungsbereich
hinsichtlich seines Erfolgsbeitrags unterschätzt und demzufolge populärere
Bereiche wie Produktion und Absatz fokussiert. Demzufolge wurde das
Potenzial der Beschaffung nicht ausgenutzt.
42
-
Einfluss der Beschaffung auf die Unternehmensrendite. Die Rendite,
berechnet aus dem Quotienten von Gewinn und investiertem Kapital, wird
über zwei Komponenten durch die Beschaffung beeinflusst. Zum einen kann
die Beschaffung über eine Reduktion der Material- und Prozesskosten
Einfluss auf die Umsatzhöhe nehmen und zum anderen den Kapital-
umschlag über eine Reduktion der Kapitalbindungskosten (Anlage und
Umlaufvermögen) positiv beeinflussen.
43
-
Einfluss der Beschaffung auf den EVA-Wert (Economic Value Added). Der
EVA-Wert berechnet sich aus der Differenz von Nettogewinn nach Zinsen
und Steuern und eingesetztem Kapital. Die Beschaffung kann über eine
Gewinnsteigerung mittels Reduzierung der Herstellkosten und eine
Kapitalbindungskostensenkung zur Steigerung des EVA beitragen.
44
-
Hebelwirkung der Beschaffung. Um aktiv Einfluss auf den Unter-
nehmenserfolg zu nehmen, müssen die so genannten Hebel der
Beschaffung eingesetzt werden. Es gibt hierbei drei Arten von Hebeln:
Hebel mit einer direkten Wirkung auf die so genannte Top Line wirken auf
den Umsatz, Hebel mit Wirkung auf die Bottom Line reduzieren die Kosten.
41
Vgl. Piontek (2004) S. 37 f
42
Vgl. Piontek (2004 S. 26 ff.
43
Vgl. Wagner (2007) S. 28
44
Vgl. Weber (2007) S. 172
14
Die dritte Art von Hebeln wirkt auf den Kapitaleinsatz und hat die
Reduzierung des Anlage- und Umlaufvermögens zum Ziel.
45
-
Materialkostenanteil. Durch die steigende Höhe des Materialkostenanteils
wächst die Bedeutung der Beschaffung und damit ihr Potenzial zur
Umsatzbeeinflussung: Mit einer Senkung der Materialkosten um 0,5 %
kommt man auf einen vergleichbaren Effekt wie bei einer Umsatzsteigerung
um 10 %.
46
-
Global Sourcing. Internationalisierung der Beschaffungsmärkte birgt
Chancen und Risiken für die Beschaffung eines Unternehmens. Z. Bsp.
Günstigere Einkaufspreise bei längeren Transportwegen und
dementsprechend größeren Versorgungsrisiko.
47
-
Tendenzen im Beschaffungsbereich. Netzwerk und Kooperationsstrategie,
Verschlankung der Produktionstiefe, Beschaffung als Entwicklungspartner,
kürzere Produktlebenszyklen, Erschließung neuer Beschaffungsfelder
uvm.
48
Diese Ausführungen zeigen, welche Bedeutung, aber auch, welche Verantwortung
der Beschaffungsbereich eines Unternehmens hat. Daraus folgt die absolute
Notwendigkeit einer zielgerichteten und ergebnisorientierten Steuerung des
Beschaffungsbereichs in Form einer Beschaffungscontrolling-Funktion. Diese dient
auch der Schaffung von Transparenz hinsichtlich des Wertbeitrags der Be-
schaffung und bildet damit die Basis für eine Neupositionierung der Beschaffung in
der Unternehmenshierarchie.
49
45
Vgl. Jahns (2006) S. 31
46
Vgl. Wagner (2007) S. 51
47
Vgl. Rogler S. (2002) S. 61
48
Vgl. Werner (2010) S.23
49
Vgl. Piontek S. 44 nach Katzmarzyk, (1988) S.110
15
3. Supply Chain Management
,,Einigkeit bringt Stärke."
50
Dies ist ein passendes Zitat um das unternehmens-
übergreifende Management das Supply Chain Management (kurz ,,SCM") zu
beschreiben. Keine Firma kann es sich heute noch leisten, allein zu wirtschaften.
Partnerschaften werden immer wichtiger, der effektive Austausch von Information
kann über Gewinn und Verlust entscheiden.
51
Gerade in Hinsicht auf die
Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft und die damit
einhergehenden Kosten-, Wettbewerbs- und Anpassungsdruck.
52
Wenn Entscheidungen einen großen Einfluss auf die Leistung anderer
Unternehmen in der Supply Chain haben, ist es wichtig, diesen Faktor zu
berücksichtigen. Wie kann z. Bsp. durch Produkt- und Prozessdesign die
Leistungen der Supply Chain gesteigert werden, Informationsverfälschungen
vermieden und eine optimale Wertschöpfungskette kreiert werden?
Natürlich entsteht dadurch eine kritische Abhängigkeit aufgrund intensiver
Zusammenarbeit. Dies kann gerade in schlecht aufgestellten Lieferketten zu
erheblichen Folgen für die beteiligen Unternehmen führen.
53
Im Folgendem möchte ich in Abschnitt 3.1 das Supply Chain Management näher
definieren. In Abschnitt 3.2 gehe auf die Ziele bzw. Zielsetzung des SCM ein und in
Abschnitt 3.3 grenze ich die Begrifflichkeit von anderen Methoden ab.
3.1 Definition
,,There is no question that companies can realize lucrative benefits by
networking".
54
Im weiteren Sinne bezeichnet der Begriff ,,Supply Chain" eine vertikale Kooperation
in einer unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette. Im engeren Sinne sind
es vernetzte Leistungserstellungs- und Leistungsverwertungsprozesse innerhalb
50
Vgl. Thonemann (2005) S. 442
51
Vgl. Leitl (2005) S. 37
52
Vgl. Jehle (2005) S. 2
53
Vgl. Leitl (2005) S. 37
54
Jehle (2005) S. 4
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (eBook)
- 9783958208810
- ISBN (Paperback)
- 9783958203815
- Dateigröße
- 951 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Note
- 2,7
- Schlagworte
- controlling supply chain grundlagen instrumente
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing